Aufgabenbeispiel Kurvenfahrt Ein Auto (Masse m = 1,2 t) fährt bei

Werbung
Aufgabenbeispiel Kurvenfahrt
Ein Auto (Masse m = 1,2 t) fährt bei trockener Fahrbahn mit der Geschwindigkeit v = 90 km/h
um eine Linkskurve. Die Kurve ist kreisförmig mit einem Radius von r = 110 m.
a) Beschreiben Sie kurz, welche Kraft dafür sorgt, dass das Auto nicht „aus der Kurve getragen“ wird.
b) Berechnen Sie den Betrag dieser Kraft bei der Kurvenfahrt und zeichnen Sie in einer
Skizze die Richtung der Kraft ein.
c) Die Beifahrerin sagt, sie werde bei der Kurvenfahrt gegen die Innenseite der Beifahrertür
gedrückt. Erklären Sie dieses Phänomen unter Zuhilfenahme des Trägheitssatzes.
d) Die für die Verkehrssicherheit zuständige Behörde beschließt, vor der Kurve ein Verkehrsschild mit der Aufschrift „Bei Nässe 80 km/h“ aufzustellen. Beurteilen Sie die Maßnahme. Beziehen Sie in Ihre Überlegungen mit ein, dass bei nasser Fahrbahn die
maximale Haftkraft des Autos auf der Fahrbahn etwa 1/3 seiner Gewichtskraft beträgt.
Lösungen
a) Die Haftkraft zwischen Gummi und Asphalt sorgt dafür, dass das Auto auf der Kreisbahn
gehalten wird. Die Haftkraft ist die Zentripetalkraft.
b) Fz =
mv2
= 6, 8 kN , die Kraft ist zum Kreismittelpunkt hin gerichtet.
r
c) Gemäß dem Trägheitssatz würde die Beifahrerin sich weiter geradeaus bewegen, wenn
keine Kräfte auf sie wirken. Durch die verschlossene Beifahrertür wird die Beifahrerin zusammen mit dem Auto auf die Kreisbahn gezwungen. Die Zentripetalkraft auf die Frau
wird also durch die Beifahrertür ausgeübt, was ihr das Gefühl des „hinein gedrückt Werdens“ vermittelt.
d) Die maximale Haftkraft (und damit die maximal mögliche Zentripetalkraft) ist gegenüber
der Situation bei trockener Straße deutlich reduziert. Bei gegebenem Radius ist die einzige Möglichkeit, die notwendige Haftkraft zu verringern, eine Reduzierung der Geschwindigkeit. Bei nasser Fahrbahn gilt
2
m v max
1
→ v max = 68 km h
mg =
3
r
Bei den Gegebenheiten ist also nur noch eine Maximalgeschwindigkeit von 68 km/h möglich. Die Maßnahme der Behörde ist an sich sinnvoll, jedoch muss die Geschwindigkeit
auf 60 km/h begrenzt werden.
Fz,max =
Es wäre auch möglich, die für 80 km/h notwendige Haftkraft zu berechnen, festzustellen,
dass diese größer ist, als 1/3 der Gewichtskraft und in ähnlicher Weise zu argumentieren.
Kommentar
Im Aufgabenbeispiel werden zentrale Inhalte aus dem Lehrplan-Kapitel „Die Mechanik Newtons“/Kreisbewegung thematisiert. Schwerpunkte bilden neben dem Fachwissen die Kompetenzbereiche Kommunikation und Bewertung.
Bei Teilaufgabe a) soll der Alltagsbegriff des „aus der Kurve getragen Werdens“ in die physikalische Fachsprache übersetzt werden. Durch die Formulierung des Arbeitsauftrags, werden die Schülerinnen und Schüler zu den entscheidenden Begriffen Zentripetalkraft und
Haftkraft geführt, mithilfe derer das System beschrieben werden kann. Die Vorstellung des
„aus der Kurve getragen Werdens“ entspringt der Erfahrung der Zentrifugalkraft, die lediglich
die Autoinsassen spüren.
Während bei Teilaufgabe b) eine einfache Rechnung durchzuführen und die Kraftrichtung
anzugeben ist, wird in Teilaufgabe c) der Perspektivwechsel zwischen Beobachtern im Wagen (Beifahrerin) und solchen außerhalb aufgegriffen. Wieder geht es darum, eine Alltagssituation aus physikalischer Sicht zu beleuchten und verbal zu begründen, worin die Ursache
des „sich hineingedrückt Fühlens“ liegt. Das Niveau dieser Aufgabe ist erheblich höher als
das der vorangegangenen, weshalb als Argumentationsgrundlage der Trägheitssatz angegeben wird. Dieser zählt zu den grundlegendsten Fachkenntnissen der Mechanik.
Bei der letzten und anspruchsvollsten Teilaufgabe d) werden die Schülerinnen und Schüler
mit einem wichtigen Thema der Verkehrssicherheit konfrontiert und sollen eine Maßnahme
der zuständigen Behörde beurteilen. Die Informationen, die die Schülerinnen und Schüler bei
dieser Aufgabe erhalten, zeichnen keinen bestimmten Weg vor; sie müssen selbst erkennen,
welche Information wie zu nutzen ist.
Unstrittig ist, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung sinnvoll ist, doch ist es aufgrund der
Informationen möglich, auch eine quantitative Aussage über die maximale Kurvengeschwindigkeit zu treffen. Dies sollen die Schülerinnen und Schüler erkennen und die Ergebnisse der
entsprechenden Rechnung in ihre Argumentation einfließen lassen.
Die Aufgabe eignet sich zum Einsatz als Lern- oder Wiederholungsaufgabe genauso wie als
Prüfungsaufgabe.
Herunterladen