Die fluorige Phase

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Die fluorige Phase
Organische Chemie mit teil- und perfluorierten
Reagenzien
Von Adrian Komainda & Thimon Schwaebel
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Einleitung
Eigenschaften & Herstellung
Solventien
Katalyse
Synthese-Beispiele
Schlussbetrachtungen
Quellen
Einleitung
1991 Dissertation M. Vogt TH Aachen
1994 Allgemeine Aufmerksamkeit durch
István T. Horváth und József Rábai
(Science 1994, Vol 266, S. 72-75)
Perfluorierte Kohlenstoffe
Verbindungen, die nur aus Kohlenstoff und Fluor
bestehen, bezeichnet man als perfluorierte
Kohlenstoffe.
Eigenschaften:
ƒ unpolar
ƒ hydrophob
ƒ chemisch inert
ƒ gelten als untoxisch
ƒ hohe Dichte (1,7 – 1,9 g cm-3)
ƒ Mischbarkeit mit organischen Lösungsmitteln ist
temperaturabhängig
ƒ hohe Löslichkeit von Gasen (O2, N2, H2, CO, CO2)
Eigenschaften
Lösungsmittel
Summenformel
Dichte bei 25 °C
g cm-3
Löslichkeit von O2
(ml O2/100 ml)
Perfluorheptan
C7F16
1.73
54.8
Heptan
C7H16
0.68
15.2
Perfluoroktan
C8F18
1.78
52.1
Oktan
C8H18
0.70
28.8
Aceton
C3H6O
0.79
25.6
Ethanol
C2H6O
0.79
22.5
Herstellung
Elektrochemische Fluorierung in wasserfreiem HF
ƒ glatte Perfluoralkylierung für Alkohole,
Carbonsäuren und Amine
ƒ für Alkane und Alkylaromaten nur niedrige
Ausbeuten
=> Änderung der Arbeitsbedingung
Herstellung
Änderung der Arbeitsbedingung:
ƒ Lösungsmittel und Elektrolyt (z.B. HF/Pyridin oder
NEt3 · 3 HF)
ƒ Stromdichte
ƒ Elektrodenmaterial
Solventien
Perfluorierte Lösungsmittel können die Produktaufarbeitung
erheblich vereinfachen.
Standardverfahren:
Reaktion
Edukte + Lösungsmittel
Stark vereinfacht
bei perfluorierten
Solventien
Rohprodukte + Lösungsmittel
Abtrennung
Lösungsmittel
Rohprodukte
Produktisolierung
• Produkte und perfluoriertes Lösungsmittel befinden sich in
unterschiedlichen Phasen.
• Erst bei erhöhter Temperatur mischen sich organische und
fluorigePhase.
• Bei dieser erhöhten Temperatur verläuft die Reaktion.
• Nach der Reaktion entmischen sich die organische Phase und die
fluorige Phase.
Produkte separiert vom
Lösungsmittel
Mischbarkeit
Thermoregulierbare Mischbarkeit eines Gemisches aus Heptan /
Perfluor(methylhexan)
a) Bei 20°C
b) bei 40°C
A.Endres & G.Maas, Chem. unserer Zeit, 2000, 34, S. 382
c) Entmischung nach 5 min
Anwendungen
ƒ Beispiel einer Reaktion
ƒ FC-77 = Perfluor(butyl)tetrahydrofuran
Veresterung
Δ
D.W. Zhu, Synthesis 1993, S. 953
in FC-77: 97 °C/ 3.5 h,
Ausb. 82 %
in Toluol: 110 °C/ 5 h,
Ausb. 81 %
Anwendungen
Weitere Anwendungen:
Reaktionen mit kleinen Molekülen wie O2
Beispielsweise aerobe Oxidation von
organometallischen Verbindungen
Hydroperoxidbildung
Hydroperoxidbildung von Alkenen über Organozinkbromide
PFH=Perfluorohexan
I. Klement & P. Knochel, Synlett 1995, S. 1113
Vergleich Ether/PFH
Vergleich der Hydroperoxidbildung mit Ether bzw. PFH als
Lösungsmittel
mit R = Hex
Lösungsmittel
Ether
PFH
Reaktionstemperatur
-90°C
-78°C
Menge Zinkorganyl
3 mmol
3 mmol
Menge Lösungsmittel
1000 ml (!)
50 ml
Ausbeute
66 %
85 %
Hydroperoxid/Alkohol
80:20
98:2
Benzotrifluorid
Ein exemplarisches teilfluoriertes Lösungsmittel:
BTF (Benzotrifluorid)
Eigenschaften:
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Schmelzpunkt 29°C
Siedepunkt 102°C
Dichte 1,2 g/ml
Relativ niedrige Toxizität
Moderater Preis
Löst nicht- und teilfluorierte organische Reagenzien
Von D.P. Curran als Alternative für Dichlormethan vorgeschlagen
In der fluorigen Synthese sorgt es für ein homogenes
Reaktionsmedium
Reaktionsbeispiele
Reaktionen in BTF
Swern-Oxidation
OH
DMSO, (COCl)2,
Et3N
O
-25°C
In CH2Cl2:
71 %
In BTF:
76 %
A. Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit, 2000, 34, S. 382
Reaktionsbeispiele
Mukaiyama Reaktion
R=PhCH2CH2
In CH2Cl2: 68 %
29 %
In BTF:
84 %
A. Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit, 2000, 34, S. 382
16 %
Katalyse
Hydroformylierung
(I.T. Horváth und J. Rábai, Science 1994, Vol 266, Seite 72-75)
Allgemein: 1938 von Otto Roelen entdeckt (Co-Katalysator)
Problem:
Zersetzung des Katalysators beim Destillieren
Hydroformylierung
Entwicklung eines Zweiphasensystems: 1980 von Ruhrchemie/RhônePoulenc
Katalysatoranpassung an die wässrige Phase mit Sulfonatgruppen zur
Rückgewinnung des Katalysators.
Gasphase
CO/H2
Organisch Phase
Toluol + Alken
Wässrige Phase
HRh(CO)[P(C6H4SO3Na]3
Problem:
ƒ Kann nicht für wasserempfindliche
Substanzen verwendet werden.
ƒ Höhere Olefine haben geringe
Löslichkeit in Wasser.
Hydroformylierung
Neues Zweiphasensystem – organische und perfluorierte Phase
Vorteil: hohe Löslichkeit von Wasserstoff und Kohlenmonoxid und
Unmischbarkeit der fluorigen Phase mit Wasser oder
organischen Lösungsmittel
Gasphase
CO/H2
Organisch Phase
Toluol + Alken
Fluorige Phase
C6F11CF3 (Lösungsmittel)
HRh(CO){P[(CH2)2(CF2)6CF3]3}3
Problem:
Katalysator muss in der perfluorierten
Phase lösbar sein.
Lösung:
Markierung des Katalysators mit
perfluorierten Seitenketten.
Markierung
Der Fluorgehalt im Molekül muss größer als 60% sein, damit es sich
gut in der fluorigen Phase löst.
=> Unterschlich lange perfluorierte Ketten werden benötigt.
Herstellung über Perfluoralkyliodide
A. Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S. 382
Markierung
Einführung eines Spacers
Als Spacer dienen z.B. Methylgruppen oder Phenylringe.
Zweck:
•Kompensierung des starken – I-Effekts
•Schutz des katalytischen Zentrums
A. Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S. 382
Hydroformylierung
Markierter Katalysator:
Der Katalysator muss über mehrere Schritte aus Phosphin hergestellt
werden.
Katalyseweg
Gasphase
CO/H2
Organisch Phase
Toluol + Alken
Fluorige Phase
C6F11CF3 (Lösungsmittel)
HRh(CO){P[(CH2)2(CF2)6CF3]3}3
10.5 bar
100 °C
Gasphase
CO/H2
Homogene Phase
kühlen auf 25°C
Gasphase
CO/H2
Organisch Phase
Toluol + Aldehyd
Wiederverwendung
Fluorige Phase
C6F11CF3 (Lösungsmittel)
HRh(CO){P[(CH2)2(CF2)6CF3]3}3
A. Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S. 382
Rohprodukt
Jacobsen-Epoxidierung
Idee: fluorige Phase hat einen Einfluss auf die Selektivität einer Reaktion.
Allgemein:
Jacobsen-Epoxidierung
Die Herstellung des Jacobsen-Katsuki-Katalysators geschieht in
sechsschrittiger Synthese aus modifizierter Salicylsäure.
Mn(III)-Komplex
B. Betzmeier, P. Knochel, Top. Curr. Chem. 1999, 206, S. 61
Jacobsen-Epoxidierung
Beispiel:
O
Mn(III)-Komplex (1.5 Mol%)
t
BuCHO (3 Äq), O2
C8F18 / CH2Cl2, 20 °C
83 %, 92 % ee
B. Betzmeier, P. Knochel, Top. Curr. Chem. 1999, 206, S. 61
Synthesen
ƒ Von D.P. Curran eingeführter Begriff der „Fluorigen Synthese“
ƒ Definition „Fluorige Synthese“: Syntheseplanung in der
Organischen Chemie, die sich die Orthogonalität fluoriger,
organischer und wässriger Phase zunutze macht.
ƒ Perfluorierte Reagenzien (Reaktanden / Produkte) können dabei
durch einfache Zwei- bzw. Dreiphasenextraktion getrennt
werden.
ƒ Ähnelt der Festphasensynthese.
Grignard Reaktion
Die Grignard Reaktion als Beispiel für die
„Fluorige Synthese“
wässrige
Phase
Mg-Salze
organische
Phase
fluorige
Phase
1. Phasenwechsel
A.Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S.382
[C6F13(H2C)2]3SiO
C
R1
R2
Grignard Reaktion
wässrige
Phase
CsOH, CsBr
organische
Phase
Ausbeute: 56-87%
Reinheit: 90-99%
[C6F13(H2C)2]3SiO
C
R1
R2
1)
2)
CsF
Dreiphasenextraktion
fluorige
Phase
2. Phasenwechsel
A.Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S.382
+ FSi[(CH2)2C6F13]3
R2Si[(CH2)2C6F13]3
Fluormarkierung
Wenn einer der Reaktanden bereits hochfluoriert ist, kann bereits
bei der Reaktion die Fluormarkierung vollzogen werden.
Beispielhaft hierfür: Tetrazol
Synthese
Tetrazol Synthese
FC-72: Gemisch aus Perfluorhexanen
(Überschuss)
organisch
fluorig
A.Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S.382
organisch
fluorig
Festphase vs. fluorige Phase
Gegenüberstellung Festphasensynthese – „Fluorige Synthese“
P
Substrat
Reaktion
an der
Oberfläche
P
Produkt
Reinigung
durch
Filtration
P
Produkt
Abtrennung
vom Polymer
P
und
Produkt
F
Substrat
Reaktion in
homogener
Lösung
F
Produkt
Reinigung
durch
Extraktion
F
Produkt
Abtrennung
der fluorigen
Phase
F
und
Produkt
A.Studer, P. Jeger, P. Wipf, D.P. Curran, J. Org. Chem. 1997, 62, S. 2917
Festphase vs. fluorige Phase
Vorteile der „Fluorigen Synthese“ im Vergleich zur
Festphasensynthese
ƒ
ƒ
ƒ
Erlaubt gewöhnliche Reagenzien und
Reaktionsbedingungen
Robuster als Polymere
Einfachere Reaktionskontrolle
Schlussbetrachtungen
Vorteile
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
neue Synthesewege
Möglichkeit neuer chemischer Reaktionen
leichte Isolation von Reaktionsprodukten
schonende Rückgewinnung von
Katalysatoren
Schlussbetrachtungen
Nachteile
ƒ relativ hoher Preis
ƒ ökologische Verträglichkeit ungewiss
ƒ vermutlich hoher Beitrag zum
Treibhauseffekt
ƒ vermutlich langer Verbleib in der
Atmosphäre
Quellen
A. Endres & G. Maas, Chem. Unserer Zeit 2000, 34, S. 382-392
D. P. Curran, Angew. Chem. 1998, S. 1230-1255
D. W. Zhu, Synthesis 1993, S. 953
I. Klement & P. Knochel, Synlett 1995, S. 1113
A. Studer, P. Jeger, P. Wipf, D. P. Curran, J. Org. Chem. 1997, 62, S. 2917
B. Cornils, Angew. Chem. 1997, S. 109, 2147
R. L. Scott, J. Phys. Chem. 1958, 62, S. 136
M. Noel, V. Suryanarayanan, S. Chellammal, J. Fluorine Chem. 1997, 83, S. 31
B. Betzmeier, P. Knochel, Top. Curr. Chem. 1999, 206, S. 61
I. T. Horváth, J. Rábai, Science 1994, 266, S. 72
G. Pozzi, F. Cinato, F. Montanari, S. Quici, Chem. Cummun. 1998, S. 877
M. Cavazzini, F. Montanari, G. Pozzi , S. Quici, J. Fluorine Chem. 1999, 94, S. 183
D. Tra Anh, H. Blancou, A. Commeyras, J. Flourine Chem. 1999, 96, 167
J. G. Riess, M. LeBlanc, Pure Appl. Chem. 1993, 64, 73
http://www.chemie.uni-freiburg.de/orgbio/w3bann/themen.html
http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/00/00H073/t9.pdf
http://www.organic-chemistry.org
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=961367660&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=961367660.pdf
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