Ulrich Sachsse - Göttinger Akademie für Psychotherapie eV

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Wie kann Psychotherapie Menschen mit
posttraumatischen Störungen
verändern?
Ulrich Sachsse, Göttingen
• Symposium
• „Wie kann
Psychotherapie
Menschen
verändern?“
• AFG 12. Mai 2012
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1
Was ist eigentlich ein
Trauma?
Nicht jede Lebensgefahr ist ein Trauma!
Lebensgefahr ist eine Herausforderung an
unsere Stress-Bewältigungssysteme
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309.81 DSM-IV Kriterium A 1
für Posttraumatische Belastungsstörung
A. Die Person wurde mit einem traumatischen Ereignis
konfrontiert, bei dem die beiden folgenden Kriterien
vorhanden waren:
(1) die Person erlebte, beobachtete oder war mit einem
oder mehreren Ereignissen konfrontiert, die
tatsächlichen oder drohenden Tod oder ernsthafte
Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen
Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer
Personen beinhalteten
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3
309.81
DSM-IV Kriterium A 2
für PTBS:
Die Reaktion der Person umfasste intensive
Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen
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Peritraumatische
Informationsabspeicherung
• Direkte Informationsabspeicherung in der
Amygdala und in anderen Regionen des
limbischen Systems:
• Bildfetzen, Standbilder, kurze Videos,
Sätze, Stimmen, Geräusche, Gerüche
• Aktivierung des Priming-Gedächtnisses:
ist so ähnlich, ist also gleich = Gefahr!
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„Sensibilisierung“
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309.81
DSM-IV Kriterium B 1
für PTBS
• Wiederkehrende und eindringliche
belastende Erinnerungen an das Ereignis,
die Bilder, Gedanken oder
Wahrnehmungen umfassen können:
• “Intrusionen” – “Flashbacks”
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Intrusionen und Flashbacks
durch Trigger-Reize
Die peritraumatisch
gespeicherten
Erinnerungsfragmente
können nicht verträumt
oder durch Diskurs
integriert werden:
Reenactments,
Reinszenierungen,
keine Erinnerungen!
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309.81 DSM-IV
Kriterium D für PTBS
• Übererregung
• hyperarousal
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Bindungs-System:
Anxiolyticum, Antidepressivum
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Traumaverarbeitung durch das Soziale
Unterstützungssystem
• Intrusionen zulassen
• Immer wieder drüber reden lassen, aber nicht
ausfragen oder „ausquetschen“
• Akzeptieren mit ungeteilter Loyalität „Du hast
recht, das war Unrecht, Dich trifft keine Schuld,
das hast Du nicht verdient“ – Kritik kommt später
• Gleichzeitig beruhigen „Es ist vorbei“ „Jetzt bist
Du sicher“ „Alles wird wieder gut“
• Sicherheit geben für sicheren Schlaf
• Verträumen, bei Albträumen beruhigen
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Wenn ein Trauma nicht innerhalb
von 4 bis 6 Monaten verarbeitet
ist, war das Soziale
Unterstützungssystem überfordert
In dieser Zeit werden 85 bis 90 % aller
Monotraumata verarbeitet und integriert
(nach sexualisierter Gewalt nur 50%)
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„Desensibilisierung“
Das sensibilisierte
StressVerarbeitungssystem muss
desensibilisiert
werden
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André Brouillet: Charcot mit Blanche Wittman
„Mein Gehirn ist gesättigt wie nach einem Theaterabend.“ S. Freud, Brief an
seine Verlobte Martha Bernays 24.11.1885.
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Wirkmodell heute: nicht Abreaktion
• Trauma-Synthese: Wort, Bild, Affekt und
Körpersensation können gestalthaftganzheitlich erlebt und ertragen werden
• Trauma-Integration: die fragmentarischen
Informationen des impliziten Gedächtnisses
werden ins verbale, explizite Gedächtnis und
Wachbewußtsein integriert
• Eine Traumaexposition war erfolgreich, wenn
der Traumatisierte das Ereignis erinnern kann,
aber nicht muss, ohne dabei oder davon
Symptome zu bekommen (vegetative
Übererregung, Dissoziation, Suchtdruck,
Schneidedruck, Suizidalität)
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Ganz einfach:
Aus unerträglichen und
unkontrollierbaren
Intrusionen und Flashbacks
sollen durch Desensibilisierung
erträgliche und kontrollierbare
Erinnerungen werden
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Problemfeld I:
Psychodynamische Probleme, die durch eine
Traumatisierung induziert oder verstärkt werden
• Verstärkung bereitliegender
familiendynamischer Probleme
• Verstärkung bereitliegender
psychodynamischer, innerer Probleme
bzw. negativer Glaubensüberzeugungen
• Chronifizierung im dynamischen Kontext
(wie Essstörung, Migräne, Schmerz u. a.)
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Problemfeld
II
Traumatisierende
Familien
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Unkontrollierbare
SpontanRegressionen
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Symptomüberschneidung
Borderline-Störung und komplexe PTBS
Borderline
Persönlichkeitsstörung
Komplexe Posttraumatische
Belastungsstörung
Impulsivität in mindestens 2 potentiell
Störung der Affektregulation mit impulsiven und
selbstschädigenden Bereichen
risikoreichen Verhaltensweisen
Wiederholte suizidale Handlungen,
Selbstverletzendes und suizidales Verhalten
Suiziddrohungen
Affektive Instabilität und
Störung der Affektregulation, Impulsivität und
Stimmungsschwankungen
autodestruktives oder risikoreiches Verhalten
Chronisches Gefühl von Leere
-
Unangemessene heftige Wut
Schwierigkeiten, Ärger zu modulieren
Ausgeprägte Instabilität des Selbstbildes oder der
Selbstvorwürfe, Schuldgefühle, Scham,
Selbstwahrnehmung
Gefühl, isoliert von anderen Menschen zu sein
Vorübergehende paranoide oder dissoziative
Dissoziative Symptomatik
Symptome
Muster instabiler aber intensiver
Extremes Misstrauen, Tendenz erneut zum
zwischenmenschlicher Beziehungen
Opfer zu werden
(Idealisierung und Entwertung)
Somatoforme Köperbeschwerden
Verzweifeltes Bemühen, Verlassenwerden zu
-
vermeiden
-
Fehlende Zukunftsperspektive, Verlust von
persönlichen Grundüberzeugungen
22
Multicenterstudie kPTBS & BPS
(Sack, Dulz, Overkamp, Sachsse
Nervenarzt 2012, im Erscheinen)
Fragestellung unter anderem:
– Ist die komplexe PTBS eine von der BPS abgrenzbare
Diagnose?
• Behandlungseinrichtungen
– Traumastation Asklepios Fachklinikum Göttingen
– Borderline Station Asklepios Klinikum Hamburg Ochsenzoll
– Tagesklinik Psychiatrie Asklepios Klinikum Hamburg
Ochsenzoll
– Forensische Psychiatrien (Hamburg, Bremen, Neustadt)
– Psychiatrische Klinik Lübben
– Traumaambulanz Medizinische Hochschule Hannover MHH
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Prävalenz kPTBS bei Patienten mit
Borderline-Persönlichkeitsstörungen
80%
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20%
24
PTBS, komplexe PTBS und komplexe
Dissoziative Störungen bei 136
Patienten mit Borderline-Störung
Studienort
N
PTBS
Komplexe PTBS
Göttingen Traumastation
Hannover Traumaambulanz
Hamburg Tagesklinik
Hamburg Borderline-Station
Lübben Traumaambulanz
Gesamt
22
20
32
42
20
136
22 (100%)
16 (80%)
27 (84%)
26 (60%)
18 (90%)
108 (79%)
14 (64%)
11 (55%)
16 (50%)
22 (52%)
12 (60%)
75 (55%)
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Komplexe
dissoziative Störung
12 (55%)
6 (30%)
15 (47%)
18 (43%)
5 (25%)
56 (41%)
25
Behandlungsergebnisse bei BPS I
(Zanarini und Hörz)
• McLean Study of Adult Development (MSAD):
Zanarini et al
• Collaborative Longitudinal Personality
Disorders Study (CLPS): McClashan et al
• Ein Drittel nach 2 J, zwei Drittel nach 6 J, 85 %
nach 10 J BPS-Kriterien nicht mehr erfüllt
• Alle Patienten in psychotherapeutischer
Behandlung
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Behandlungsergebnisse bei
BPS II (Zanarini und Hörz)
• Ein schlechterer Verlauf bei CSA und
Sucht-Entwicklung
• Schlechtere Behandlungsergebnisse bei
BPS+PTBS und BPS+Sucht
• Besonders spät oder gar nicht änderten
sich die Kriterien 1 und 2: Angst vor dem
Verlassenwerden versus Intensive, aber
ambivalente Beziehungen
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Wie können wir Menschen mit
Bindungsstörungen(BPS)+PTBS helfen?
• Durch Herstellung einer auch unter Stress
überwiegend erwachsenen
therapeutischen Arbeitsbeziehung
• Durch Förderung von Ressourcen und
Selbstmanagement (DBT, PITT, KT)
• Durch Desensibilisierung (EMDR, Screen,
Film-Technik) in einer haltenden
Umgebung (Station)
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