Rund um Antibiotika

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pharmacieplus | Die Gesundheitszeitung | Januar 2009
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Gesundheit
Rund um Antibiotika
Antibiotika sind zur Behandlung bestimmter Infektionen unentbehrlich. Sie stärken den geschwächten
Organismus und helfen ihm, gegen Bakterien anzukämpfen
– vorausgesetzt, dass die Behandlung korrekt durchgeführt wird.
p Kristin Aubort
tikum verordnen, das nur gegen
Antibiotika, von « anti » ( gegen ) und
die Zielbakterie gerichtet ist. Stehen
« bios » ( Leben ) bzw. « gegen lebende
nach einer Laboranalyse mehrere
Organismen », können Leben retten !
Bakterien in Verdacht oder bleibt
Ihr Ziel ist die Zerstörung von Bakder Krankheitskeim unerkannt,
terien. Dadurch helfen sie der
wird ein Breitband-Antibiotikum
natürlichen Körperabwehr, gegen
verschrieben. Dieses wirkt gegen
Infektionen zu kämpfen. « Es ist ein
die Bakterien, die am
Kampf zwischen den
häufigsten in Zusamverschiedenen Verteidimenhang mit der
gungsstrategien der Bak« wait
Krankheit des Patienten
terien und den mögliand watch » auftreten. « Gegenüber
chen Wirkmechanismen
der
Resistenzfrage
der Antibiotika », erklärt
nehmen heute manche Ärzte eine
Hugo Figueiredo, Leiter der pharneue Haltung ein : « wait and
macieplus du vallon in St. Imier.
watch », warten und beobachten !
Behandelt werden vorerst nur die
Symptome; ein Antibiotikum wird
erst verschrieben, wenn sich der
Antibiotika werden Familien
infektiöse Zustand auch nach 5 bis
zugeordnet und enthalten Subs7 Tagen nicht bessert », berichtet
tanzen, von denen manchmal geringe
Hugo Figueiredo.
Mengen genügen, um Bakterieninfektionen spezifisch zu behandeln.
« Durch diese Medikamente konnten
etwa Syphillis, Cholera oder Tuberkulose fast vollständig ausgemerzt
Antibiotika sind als Kapseln,
werden. Doch Vorsicht : bei Viren
Tabletten, Pulver-Sachets, Sirup,
sind Antibiotika wirkungslos ! », präCrème oder Tropfen (für Augen
zisiert der Apotheker. Welche Krankund Ohren) erhältlich; sie können
heiten werden am häufigsten mit
auch als Injektion in die Vene und
Antibiotika behandelt? Nasennebenin schweren Fällen oder bei Hospihöhlen-, Hals- / Rachen-, Mittelohr-,
talisierung auch als Infusion verabLungen- und Blasenentzündungen;
reicht werden. « Antibiotika wurden
ferner Hautinfektionen (Akne, Furunals eine der ersten Medikamentenkel, Wunden …), Zeckenstiche (zur
kategorien als Generika angeboten.
Vorbeugung von Komplikationen),
Letztere ermöglichten ein Angebot
Prostataentzündungen usw., sofern
interessanter und innovativer galedie Krankheiten durch Bakterien
nischer Formen. Seit kurzem gibt
verursacht sind.
es Tabletten, die sich im Wasser in
Suspensionen auflösen. Sie eignen
Ist der Keim identifizierbar, kann
sich bei Schluckproblemen (starke
der Arzt ein Schmalband-AntibioHalsschmerzen, Krebs usw.) ».
Die Wahl des
Medikaments
© Francis Leroy / Biocosmos Editions
Darreichungsform je
nach Bedarf
Beobachten von Streptokokken im Elektronenmikroskop : diese Bakterien leben in
Kolonien
Für Kinder werden nur (meist
wohlschmeckende) Sirupe angeboten, « vor allem, weil diese eine
individuelle, dem Körpergewicht
angepasste Abgabe ermöglichen ».
Säuglingen kann das Medikament
mit einer kleinen « Spritze » (ohne
Nadel) direkt in den Mund geträufelt werden.
Für eine wirksame
Behandlung
Damit die Antibiotikabehandlung
auch wirkt, muss sie korrekt durchgeführt werden. Angst vor Gewöhnung, Müdigkeit, rasche Besserung
des Gesundheitszustands oder
Nebenwirkungen veranlassen viele
Patienten, die Therapie vorzeitig
abzusetzen. Zu Unrecht, denn die
verordnete Dauer und Dosierung
sind für eine erfolgreiche Infektionsbekämpfung unverzichtbar.
« Um eine so genannte « Resistenzselektion » zu vermeiden, muss
die Behandlung gemäss ärztlicher
Verordnung fortgesetzt werden.
Beschliesst der Arzt zum Beispiel,
100 Bakterien in 5 Tagen zu bekämpfen, darf die Behandlung nicht
nach 3 Tagen abgesetzt werden (in
5 Tipps für eine sichere Einnahme von
Antibiotika
pKeine Antibiotika ohne ärztlichen Rat einnehmen ! Antibiotikareste aus
früheren Behandlungen dürfen nur nach Absprache mit dem Arzt ( und
unter Vorbehalt des Verfalldatums ) eingenommen werden.
pVerordnete Dosierung und Behandlungsdauer einhalten.
pDem Arzt und dem Apotheker die Namen aller eingenommener Medikamente angeben, um medikamentöse Interaktionen zu vermeiden.
pMedikamente in ihrer Originalverpackung aufbewahren ( inklusive
Packungsbeilage ! ).
Unser Spezialist : Hugo Figueiredo, Apotheker
der Zeit wurden vielleicht 80 Bakterien getötet), da die restlichen 20
resistent werden können, wenn sie
nicht während 2 weiteren Tagen
vollständig bekämpft werden. Da sie
lernen können, ihre Verteidigungsstrategien zu verbessern, ist das Antibiotikum bei erneuter Anwendung
vielleicht weniger effizient ! », warnt
der Apotheker.
Multiresistente Keime
Der Nationalfonds für die wissenschaftliche Forschung unterstützte
das Nationale Forschungsprojekt
« Antibiotikaresistenz » (NFP 49), das
zur Bereitstellung des nationalen
Überwachungssystems für antibiotikaresistente Krankheitserreger
SEARCH* führte. Dieses gilt als eines
der weltweit besten Kontrollsysteme
für Resistenzen; mit ihm können bei
Bedarf Notfallmassnahmen eingeleitet werden : gezielte Anwendung
von Antibiotika, welche die Ausbreitung von Resistenzen nicht
begünstigen, Hygienemassnahmen
wie etwa Isolation hospitalisierter
Patienten usw.
« In der Schweiz ist die Situation,
verglichen mit anderen europäischen Ländern (vor allem Frankreich)
oder den Vereinigten Staaten, relativ
gut. Die an den Forschungsarbeiten
des NFP 49 beteiligten Wissenschafter stellten unter anderem fest,
dass gewisse multiresistente Keime
in Spitälern aufeinander treffen,
aber auch geschlossene institutionelle Einrichtungen (Kliniken,
Pflegeheime usw.) nicht gefeit seien.
Daher werden Präventivmassnahmen aufgestellt (Desinfizieren von
Händen und Oberflächen, EinwegBehandlungsmaterial usw.), um
die Ausbreitung von Bakterien im
Umkreis geschwächter Bewohner,
die anfälliger für die Folgen einer
Infektion sind, zu vermeiden », führt
Hugo Figueiredo aus – und verleiht
dabei seiner Erwartung gegenüber
den Gesundheitsbehörden unseres
Landes Ausdruck : « Die Bevölkerung
muss über die korrekte Anwendung
von Antibiotika informiert und entsprechend geschult werden, ganz
nach dem Beispiel der öffentlichen
Gesundheitskampagnen bezüglich
Alkohol- und Tabakmissbrauch ».
* Weitere Informationen auf : www.
search.ifik.unibe.ch und www.snf.ch.
Unter der Lupe
Wie steht es mit…
… Kontraindikationen ?
Hugo Figueiredo : Theoretisch gibt
es sie, denn bei Schwangerschaft,
Allergien oder in der Stillzeit muss
man sich überlegen, ob die Behandlung durchgeführt werden kann. In
jedem Fall gilt es aber, Vorteile und
Risiken gegeneinander abzuwägen;
die Entscheidung trifft allein der
Arzt. Und noch einmal : Ein Antibiotikum darf nie ohne ärztlichen Rat
eingenommen werden !
… Vorsichtsmassnahmen ?
Wie bereits erwähnt, darf die Behandlung keinesfalls vorzeitig abgesetzt
werden, auch wenn man das Gefühl
hat, die Krankheit überwunden zu
haben ! Wenn Zweifel aufkommen,
sind der Arzt oder der Apotheker da,
um Fragen zu beantworten.
… Nebenwirkungen?
Es werden öfters Durchfall, seltener
Übelkeit oder gar Bauchschmerzen
beobachtet. Doch selbst in diesen
Fällen darf die Behandlung nicht
ohne Absprache mit dem Arzt abgebrochen werden. Auch allergische
Reaktionen können vorkommen.
Bei Frauen rufen Antibiotikabehand-
pharmacieplus | Die Gesundheitszeitung | Januar 2009
Alkoholkonsum ?
lungen manchmal leider ScheiWie bei den meisten Medikamenten
denpilze hervor. Als zweithäufigste
ist auch hier ein Glas zu den MahlNebenwirkung der gebräuchlichsten
zeiten gestattet. Wichtig ist einfach,
Antibiotika, der Fluoroquinolonen
zurückhaltend zu sein.
(Breitband-Antibiotika), werden
Sehnenschmerzen
… Vorschriften bei
genannt. In solchen
Antibiotika nie
der MedikamentFällen (wie auch bei
ohne ärztlichen
einnahme ?
jeder anderen Reaktion) empfiehlt es
Rat einnehmen ! Für eine optimale
Wirkung müssen
sich, den Arzt oder
bestimmte Antiden Apotheker zu
biotika vor den Mahlzeiten oder
kontaktieren. Antibiotika können
manchmal sogar nüchtern eingeschliesslich auch zu – reversiblen
nommen werden. Um zum Infekoder irreversiblen – Zahnverfärtionsort zu gelangen, muss das
bungen führen !
Medikament nämlich zuerst ins Blut
aufgenommen werden, und diese
… grösserer Müdigkeit ?
Etappe kann durch die Nahrung
Antibiotika selbst verursachen keine
behindert werden.
Müdigkeit, vielmehr tritt eine solche
im Zusammenhang mit der Infek… Risiken einer Antibiotikaeintion auf, gegen die der Organismus
nahme ?
ankämpfen muss. Hingegen ist sie
Man sollte sich bewusst sein, dass
eine Erklärung dafür, weshalb der
bei einer Antibiotikaeinnahme die
Arzt manchmal mit dieser MedikaVorteile stets überwiegen, sofern das
mentenart auch Ruhe verordnet !
Medikament verordnet wurde und
die Behandlung korrekt durchge…. der Gefahr einer Antibiotikaführt wird.
behandlung bei gleichzeitigem
Wie bitte ?
Schimmelpilze ?
1928 : Fleming vergisst im
Labor eine Bakterienkultur.
Bei seiner Rückkehr hatte sich
darauf Schimmelpilz gebildet:
Penicillium glaucum. Dieses
verhinderte das Staphylokokken-Wachstum…
1945 : Sir Alexander Fleming
erhält, mit Howard Florey
und Ernst Boris Chain, den
Nobelpreis für Medizin für
ihre Entdeckung des Penicillins sowie Arbeiten zu dessen
Reinigung und umfangreicher
Herstellung. 1946 : Endlich trifft
das Penicillin in den Apotheken ein, Lungen- und Hirnhautentzündung sowie Syphilllis
können nun behandelt werden.
Doch die Saga des ersten Antibiotikums hatte bereits Jahrhunderte zuvor begonnen, als
Bauern Schimmelpilz von Brot
und Pferdegeschirr entfernten,
um damit Wundinfektionen
vorzubeugen.
Für eine gesunde Umwelt !
Wie zahlreiche andere Länder ist sich die Schweiz inzwischen bewusst, dass diverse, Mikroschadstoffe genannte
Verunreinigungen die Umwelt zerstören. Zu den Hauptverantwortlichen im Medikamentbereich zählen Antibiotika,
Analgetika ( Entzündungshemmer ) und Hormone, deren Rückstände aus Spitälern und Haushalten stammen, aber
auch – besonders bei den Antibiotika – aus der industriellen Tierzucht.
Auch wenn in der Schweiz noch keine Sensibilitätskampagne ausgerufen wurde, sind doch offensichtlich alle Medikamentenhersteller, -verteiler sowie -konsumenten betroffen!
In einem kürzlichen Seminar über Medikamentrückstände in Gewässern betonte das Réseau Lémanique de Toxicologie, dass im Bereich Prävention auf drei Ebenen gehandelt werden kann: Medikamentkonsum beim Menschen
verringern, Zuchttierpraktiken verbessern und ärztliche Verordnungen verfeinern. Die CIPEL, Internationale Kommission für den Gewässerschutz Genfersee, führt ihrerseits regelmässig Analysen des Genferseewassers durch. Und
obwohl die Antibiotikakonzentration gegenwärtig einige Zehntel Nanogramm ( milliardstel Gramm ) pro Liter Wasser
beträgt ( und somit niedrig ist), muss sie ernst genommen werden.
Das Wasser schützen ( und der Umwelt Sorge tragen ) :
So handeln Sie richtig
© www.cipel.org / Tom Tirabosco
Zu Hause
Ausguss, Lavabo, Badewanne und WC sind keine Abfalleimer ! Sortieren Sie Ihre Abfälle nach den geltenden Vorschriften der Wohngemeinde und entsorgen Sie sie entsprechend – aber nie im WC !
pfeste Abfälle ( Wattestäbchen, hygienische Binden, Präservative,
Windeln, Katzenstreu, Vogelkäfigsand usw. )
pgebrauchtes Fritieröl
pgiftige Flüssigkeiten ( Lösungsmittel, Farbreste, Abbeizmittel,
Fotoentwicklerflüssigkeit, Pflanzenschutzmittel usw. ) Diese Flüssigkeiten dürfen nicht gemischt werden, da die Mischung explosiv
sein kann !
Bringen Sie abgelaufene oder ungebrauchte Medikamente (nach
beendeter Behandlung) unbedingt zum Apotheker zurück. Nur durch
fachgerechte Verbrennung können sie, ohne schädliche Auswirkungen
für die Umwelt, beseitigt werden ( Vorsicht : Medikamente sind keine
Bonbons, befolgen Sie die ärztliche Verordnung ! ).
Weitere Infos und spielen
www.cipel.org
Lektüre
Les « astuces durables », http://unipoly.epfl.ch ( nur auf französisch ).
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