Praktikum Abbildungstheorie Versuch 1: ¨Ubertragungsfunktion

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Praktikum Abbildungstheorie
Versuch 1: Übertragungsfunktion eines RC Kreises
1
Versuchsaufbau
Gegeben sei ein RC-Kreis mit folgender Beschaltung, der auch so als Versuchsaufbau dient:
Wird das System mit einem rechteckigen Eingangspuls beaufschlagt, findet
eine Aufladung des Kondensators und eine anschließende Entladung statt. Für
die über den Kondensator abfallende Spannung, d.h. die Ausgangsspannung
des Systems, ergibt sich dabei folgender qualitativer Verlauf:
1
2
Grundlagen des RC-Kreises
Die Lade- und die Entladefunktion des obigen Systems lassen sich wie folgt
beschreiben:
t
ulad (t) = upuls · (1 − e− τ )
t
uentlad (t) = ulad · e− τ
(1)
Dabei sind upuls die Spannung des angelegten rechteckigen Eingangspulses und
τ = R C die Zeitkonstante des Systems.
Aufgabe für die Vorbereitung:
Leiten Sie unter Zugrundelegung der Entladungsfunktion (1) her, dass sich die
Zeitkonstante τ durch zwei Messpunkte (t1 ; uentlad (t1 )) und (t2 ; uentlad (t2 ))
mittels
τ=
t2 − t1
ln(uentlad (t1 )) − ln(uentlad (t2 ))
(2)
bestimmen lässt.
Die folgende Fragestellung klingt zunächst akademisch, hat aber im Weiteren
Verlauf große praktische Relevanz: Was passiert, wenn der rechteckige Eingangspuls zeitlich immer kürzer aber von der Spannung immer höher wird?
Gemeint ist hier der Grenzwert, an dem der Puls zum Dirac’schen Deltafunktional δ(t) wird.
Mathematisch kann dieser Grenzübergang vollzogen werden, indem die Puls1
dauer t = tpuls gegen Null geht und die Spannung upuls zu upuls = tpuls
gesetzt wird, damit das Integral über den Puls den Wert 1 hat, wie von einem
Deltafunktional gefordert. (An dieser Stelle werden die korrekten Einheiten
vernachlässigt!)
2
Auf der Basis dieses Deltafunktionals lässt sich die Spannung berechnen, die
nach“ dem Eintreffen des Deltapulses über dem Kondensator abfällt.
”
t
ulad (t) = upuls · (1 − e− τ )
ulad (tpuls ) = upuls · (1 − e−
tpuls
τ
)
Taylorreihen-Entwicklung der Exponential-Funktion bis zum linearen Glied
liefert:
ulad (tpuls ) = upuls · (1 − (1 −
= upuls ·
tpuls
+ O(2) ))
τ
tpuls
τ
Zusammen mit der oben berechneten Spannung des δ(t)-Pulses upuls = 1/tpuls
ergibt sich:
ulad (tpuls ) =
1
tpuls
1
=
τ
·
tpuls
τ
Da die Pulsdauer im Limes gegen Null geht, kann die obige TaylorreihenEntwicklung nach dem linearen Glied abgebrochen werden.
Aufgabe für die Vorbereitung:
Zeigen Sie, dass der Abbruch der Taylorreihe nach dem linearen Glied keine genäherte, sondern in diesem Fall sogar eine exakte Lösung ist. Hinweis:
Entwickeln Sie dazu die Taylorreihe der Exponentialfunktion ein Glied weiter,
setzen wie oben upuls = 1/tpuls und bilden formal den Limes für t → 0.
Es bleibt also festzuhalten, dass durch einen Deltaimpuls die Spannung ua am
Ausgang des Systems auf den Wert ua (t = 0) = τ1 gesetzt wird. Daran schließt
sich die Entladung des Systems an. Gleichung (1) wird dann zu
t
1
· e− τ
τ
ua (t) =
Obige Gleichung beschreibt das transiente Verhalten des Ausgangssignals nach
Beaufschlagung des Eingangs mit einem Deltapuls. Damit ergibt sich unmittelbar für die Impulsantwortfunktion:
(
h(t) =
1
τ
0 : t ∈ [−∞, 0[
· e
: t ∈ [0, ∞]
− τt
3
(3)
3
Zusammenhang zwischen Übertragungsfunktion und
Impuls-Antwortfunktion
Bei linearen Systemen sind die Impulsantwortfunktion h(t) und die Übertragungsfunktion H(ft ) zu einander Fourier transformiert. Die folgende Grafik
zeigt zudem die weiteren Zusammenhänge zwischen Eingangs- und Ausgangssignal eines linearen Systems.
Die Übertragungsfunktion H(ft ) ist im Allgemeinen eine komplexe Funktion.
Der Betrag der Übertragungsfunktion
|H(ft )| =
q
=
q
H(ft ) · H ∗ (ft )
<2 (H(ft )) + =2 (H(ft ))
(4)
beschreibt die Dämpfung harmonischer Eingangssignale. Die Phase der Übertragungsfunktion
=(H(ft ))
φ(H(ft )) = arg
<(H(ft ))
!
(5)
beschreibt die Phasenverschiebung harmonischer Eingangssignale. Die arg()
Funktion ist im Wesentlichen die arctan() Funktion, nur dass durch Vorzeichenbetrachtung von Zähler und Nenner der Wertebereich von [− π2 , π2 ] auf
[−π, π] erweitert wird.
In der Optik wird die Übertragungsfunktion auch oft Optische Übertragungs”
funktion“ oder Optische Transferfunktion“ bezeichnet. Den Betrag der Ü”
bertragungsfunktion wird in der Optik Amplituden-Übertragungsfunktion“,
”
Amplituden-Transmissionsfunktion“ oder Modulations-Transferfunktion“ ge”
”
nannt, die Phase der Übertragungsfunktion Phasen-Transferfunktion“.
”
Die Impuls-Antwortfunktion wird in der Optik als Punktbild“, Punktbild”
”
funktion“ oder Point Spread Function“ bezeichnet.
”
Im Zusammenhang mit dem RC-Kreis ist der komplexe Charakter der Übertragungsfunktion sofort einsichtig: Wird eine sinusförmige Spannung am Eingang
4
angelegt, findet man am Ausgang eine gedämpfte (Amplitudenmodulation)
und phasenverschobenen (Phasenmodulation) sinusförmige Spannung.
Die obigen Zusammenhänge zischen Ein- und Ausgangssignal und ImpulsAntwortfunktion und Übertragungsfunktion werden besonders einfach, wenn
als Eingangssignal ein Dirac’scher Delta-Puls vorliegt. Da die Faltung einer
Funktion mit dem Dirac’schen Deltafunktional die Funktion selber reproduziert, findet man in diesem Fall am Ausgang direkt die Impuls-Antwortfunktion.
Ebenso findet man in diesem Fall als Ausgangsspektrum die Übertragungsfunktion, da das Eingangsspektrum konstant den Wert 1 hat.
Aufgabe für die Vorbereitung:
Im unten stehenden Bild ist eine typische Amplituden-Übertragungsfunktion
gezeigt. Warum kann sie keine Werte größer 1 annehmen? Wie kann man
einzelne Werte der Amplituden-Übertragungsfunktion des RC-Gliedes mit dem
oben skizzierten Versuchsaufbau ermitteln?
5
4
4.1
Versuchsdurchführung
Aufbau
Verschalten Sie den Versuchsaufbau wie oben dargestellt.
4.2
Messung der Übertragungsfunktion
Speisen Sie über den Frequenzgenerator bei konstanter Amplitude (z.B. 10 V)
harmonische Signale unterschiedlicher Frequenz ft ein (1 kHz, 10kHz, 20 kHz,
30 kHz ... 100 kHz, 200 kHz, 300 kHz ... 500 kHz).
Auf dem Oszilloskop sollten Sie dabei Eingangs- und Ausgangssignal beobachten können, wie in der nachstehenden Abbildung gezeigt.
Notieren Sie für jeden Messpunkt eingestellte Frequenz ft , eingestellte Eingangsamplitude ue , gemessene Ausgangsamplitude ua und gemessene Zeitverzögerung ∆t zwischen Ein- und Ausgangssignal.
Berechnen Sie für jeden Messpunkt die Phasenverschiebung gemäß
∆t
T
= 2π ∆t ft
φ = 2π
Berechnen und zeichnen Sie die Amplituden-Übertragungsfunktion und die
Phasen-Übertragungsfunktion.
4.3
Bestimmung der Impuls-Antwortfunktion
Legen Sie an den Schaltkreis mit dem Funktionsgenerator ein geeignetes Rechtecksignal an und stellen Sie das Oszilloskop so ein, dass Sie auf dem Schirm
die Entladekurve sauber aufgelöst betrachten können.
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Lesen Sie am Oszilloskop auf der 2 Wertepaare (t ; U (t)) ab und notieren
Sie diese. Berechnen Sie daraus mit Hilfe von Gleichung (2) die Zeitkonstante
τ . Hinweis: Um ein besonders präzises Ergebnis zu erhalten, sollte das erste
Wertepaar von einem möglichst frühen Stück der Entladungskurve stammen
(t ≈ 0) und das zweite Wertepaar von einem mittleren“bis hinteren“ Stück
”
”
(t ≈ RC). Würde das zweite Wertepaar von einem zu weit hinten“ liegenden
”
Stück der Entladungskurve abgelesen, ist zwar die Bestimmung des Spannungswertes recht präzise, aber die der zugehörigen Zeit sehr unpräzise.
Geben Sie mit diesem Ergebnis und Gleichung (3) die Impuls-Antwortfunktion
des Systems mathematisch korrekt an.
4.4
Berechnung der Übertragungsfunktion aus der Impuls-Antwortfunktion
Wie oben dargestellt, ist die Übertragungsfunktion H(ft ) die Fourier Transformierte der Impuls-Antwortfunktion h(t). Berechnen Sie die Übertragungsfunktion
zunächst geschlossen durch das Lösen der Fourier-Integrals:
H(ft ) = F(h(t))
=
=
Z
∞
h(t) e−i 2π ft t dt
−∞
Z ∞
1
0
τ
t
· e− τ · e−i 2π ft t dt
Beachten Sie, dass die untere Integrationsgrenze auf Null angehoben werden
kann, da die Impuls-Antwortfunktion (3) für negative Zeiten verschwindet.
Hinweis: Das Integral ist elementar und einfach zu lösen.
Geben Sie die komplexe Übertragungsfunktion H(ft ) eines RC-Kreises an. Geben Sie weiterhin die Übertragungsfunktion H(ft ) dieses konkreten RC-Kreises
durch Einsetzen des für die Zeitkonstante τ ermittelten Zahlenwertes an.
4.5
Vergleich der ermittelten Übertragungsfunktionen
Zerlegen Sie die in Kapitel 4.4 berechnete Übertragungsfunktion (ohne eingesetzte Zahlenwerte) in den Real- und den Imaginärteil.
Berechnen Sie dann mit Hilfe von Gleichungen (4) und (5) die AmplitudenTransferfunktion und die Phasen-Transferfunktion. Geben Sie sowohl das allgemeine Ergebnis als auch das mit konkret eingesetzter Zeitkonstante an.
Fertigen sie einen Graphen an, in dem gleichzeitig die gemessene und die hier
berechnete Amplituden-Transferfunktion eingezeichnet ist.
Fertigen sie einen Graphen an, in dem gleichzeitig die gemessene und die hier
berechnete Phasen-Transferfunktion eingezeichnet ist.
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