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Einführung in die sphärische Astronomie
Ing. Karl Vlasich
Burgenländische Amateurastronomen
Oktober 2000
Die scheinbare Himmelskugel
Punkte und Linien an der Himmelskugel
Der jeweils beobachtbare, über dem Horizont befindliche Teil des Himmels wölbt sich in Gestalt
einer Halbkugel über dem Beobachter. Die scheinbare Himmelskugel ist ein Abbild des
unbegrenzten Raumes, in den der Beobachter blickt. Sie dient als Hilfsvorstellung dazu, die von
einem bestimmten Beobachtungsort aus sichtbaren Stellungen der Gestirne zu beschreiben.
Vielfach wird sie auf Abbildungen so dargestellt, dass sich der Betrachter auf einem gedachten,
außerhalb der Kugel (oder Halbkugel) angenommenen Standort befindet.
Die Trennlinie zwischen dem sichtbaren und dem nicht sichtbaren Teil der scheinbaren
Himmelskugel ist der Horizont. Als mathematischer Horizont, d.h. als exakte Kreislinie rund um
den Beobachter, ist er im allgemeinen nur auf See sichtbar. Meist wird der Beobachter von einem
unregelmäßigen Landschaftshorizont umgeben. Senkrecht über dem Beobachter befindet sich
als gedachter Punkt der Zenit. Sein Gegenpunkt an der unsichtbaren Himmelskugel ist der Nadir.
Die gedachte Kreislinie, die durch Zenit, Südpunkt, Nadir und Nordpunkt führt, heißt
Himmelmeridian (auch Mittagslinie) des Beobachtungsortes. Der Himmelsmeridian teilt den
Himmel in eine östliche und eine westliche Hälfte.
Alle Gestirne bewegen sich scheinbar auf parallelen Kreisbahnen um die beiden Himmelspole.
Für Beobachter auf der Nordhalbkugel der Erde befindet sich der Himmelsnordpol über dem
Horizont im Norden. Er ist durch den nahebei befindlichen Polarstern leicht aufzufinden. Der
südliche Himmelspol ist von Europa aus nicht sichtbar. Zwischen beiden Polen verläuft durch den
Standort des Beobachters die gedachte Himmelsachse. Der Winkel zwischen der Richtung zum
Himmelsnordpol und der Richtung zum Nordpunkt des Horizonts (beides vom Beobachter aus
gesehen) ist die Polhöhe. Sie ist stets gleich der geographischen Breite des Beobachtungsortes.
Deshalb befindet sich der Himmelsnordpol für einen Beobachter in Nordeuropa höher am Himmel
als für Beobachter in weiter südlicher gelegenen Ländern.
Der größte Kreis an der scheinbaren Himmelskugel, dessen Ebene senkrecht zur Himmelsachse
steht, ist der Himmelsäquator. Er teilt die Himmelskugel in eine nördliche und eine südliche
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Hälfte. Für einen Beobachter auf der Nordhalbkugel der Erde ist der über dem Horizont
befindliche Teil des Himmelsäquators ein geneigter Halbkreis, der durch den Ostpunkt und den
Westpunkt des Horizonts verläuft und im Süden, wo er den Meridian schneidet, seine größte Höhe
erreicht. Diese Höhe des Himmelsäquators im Süden , der Äquatorkulm, ist von der
geographischen Breite des Beobachtungsortes abhängig:
Höhe des Äquatorkulms = 90° minus geogr. Breite
Wegen der Neigung des Himmelsäquators gegen den Horizont kann man auf der Nordhalbkugel
der Erde auch Teile der südlichen Himmelshalbkugel sehen.
Scheinbare tägliche Bewegung
Die scheinbare tägliche Bewegung aller Gestirne an der Himmelskugel ist eine Widerspiegelung
der Erdrotation; sie wird als scheinbare Rotation der Himmelskugel von Ost über Süd nach West
um die Himmelsachse wahrgenommen. Eine Umdrehung der Himmelskugel dauert einen
Sterntag.
Ein Sterntag, das heißt die Dauer einer Rotation der Erde um ihre Achse bezogen auf den
Sternenhimmel dauert 23 Stunden 56 Minuten 4,1 Sekunden. Der mittlere Sonnentag, mit einer
Dauer von 24 Stunden, bezieht sich auf die Rotation der Erde in Bezug zur Sonne.
Könnte man 24 Stunden lang die Gestirne
ununterbrochen beobachten, so würde man
feststellen:
Alle Gestirne beschreiben Kreise parallel
zum Himmelsäquator (bzw. um die
Himmelspole) Die meisten Gestirne gehen
daher in der Osthälfte des Horizonts auf und
in der Westhälfte des Horizonts unter. Ein
Stern der exakt am Himmelsäquator steht,
benötigt 6 Stunden vom Aufgang im Ostpunkt
bis zum Meridiandurchgang und weitere 6
Stunden bis zum Untergang im Westpunkt. Diese Zeitspanne nennt man auch den halben
Tagbogen. Gestirne die weiter südlich stehen gehen südlich vom Ostpunkt auf südlich und vom
Westpunkt unter und haben einen kleineren Tagbogen. Gestirne die nördlich des
Himmelsäquators stehen gehen nördlich des Ostpunktes auf nördlich des Westpunktes unter. Sie
haben einen größeren Tagbogen und sind damit länger sichtbar.
Es gibt auch Sterne, die ständig über dem Horizont bleiben. Solche Sterne heißen
Zirkumpolarsterne. Für Beobachter in Europa
sind z.B. alle Sterne des Sternbildes Großer Bär
Zirkumpolarsterne. Daneben gibt es auch Sterne die
niemals aufgehen und ständig unter dem Horizont
bleiben.
Im Laufe seiner scheinbaren tägliches Bewegung
geht jedes Gestirn innerhalb von 24 Stunden
zweimal durch den Meridian des
Beobachtungsortes. Dieser Durchgang wird als
Kulmination oder Meridiandurchgang des
Gestirns bezeichnet. Je nachdem, ob diese südlich
oder nördlich vom Himmelnordpol erfolgt,
unterscheidet man die obere und die untere
Kulmination. Die untere Kulmination ist nur bei Zirkumpolarsternen beobachtbar.
Befindet sich die Sonne in oberer Kulmination, so ist Mittag, zum Zeitpunkt ihrer unteren
Kulmination ist Mitternacht.
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Da der Himmelnordpol für Beobachtungsorte auf unterschiedlichen
geographischen Breiten unterschiedlich hoch am Himmel steht, sind auch die
Bahnen der Gestirne bei der scheinbar täglichen Bewegung für solche
Beobachtungsorte unterschiedlich stark gegen der Horizont geneigt.
Für Beobachter in hohen geographischen Breiten sind die scheinbaren Bahnen
der Gestirne nahezu parallel zum Horizont; fast alle Gestirne sind zirkumpolar.
Demgegenüber steigen die Gestirne für einen Beobachter in geringer
geographischer Breite sehr steil am Horizont empor, und nur wenige Gestirne
sind zirkumpolar. Auch die Lage der Sternbilder relativ zum Horizont
unterscheidet sich für beide Beobachter beträchtlich. Ein Beobachter; der sich
nahe dem Erdäquator befindet, kann im Laufe der Zeit fasst den gesamten
nördlichen und südlichen Sternhimmel sehen.
Beobachter auf der Südhalbkugel der Erde können den nördlichen Himmelspol
nicht sehen. Für sie befindet sich dafür der Himmelssüdpol über dem Horizont.
Im Gegensatz zum Himmelsnordpol ist dort jedoch kein auffälliger Stern zu
finden. Auch für Beobachter auf der Südhalbkugel der Erde gehen die Gestirne
in der Osthälfte des Horizonts auf, aber sie durchlaufen die obere Kulmination
im Norden.
Die jährliche Veränderung des Himmelsanblicks
Infolge der Umlaufbewegung der Erde um die Sonne scheint sich für einen Beobachter auf der
Erde die Sonne langsam relativ zu den Sternbildern an der Himmelskugel zu bewegen. Da in der
Ebene der Erdbahn vorwiegend Sternbilder mit Namen
von Tieren liegen, wird dieser von der Sonne jährlich
scheinbar durchlaufene Bereich als Tierkreis
bezeichnet. Man sagt: „Die Sonne durchläuft die
Tierkreissternbilder“. In Wirklichkeit ist es die
Bewegung der Erde, die dadurch wahrnehmbar wird.
Die Sternbilder des Tierkreises werden nacheinander
von der Sonne überstrahlt und sind dadurch für einen
Beobachter auf der Erde jeweils 1 bis 2 Monate lang
unsichtbar. Beispielsweise scheint in den Tagen um den
21. März die Sonne, von der Erde aus gesehen, das
Sternbild Fische zu durchlaufen. Es befinden sich zu
dieser Zeit gleichzeitig mit der Sonne am Tageshimmel.
Die scheinbare jährliche Sonnenbahnlinie durch die Sternbilder des Tierkreises wird als Ekliptik
bezeichnet. Ekliptik und Himmelsäquator sind
gegeneinander geneigt (Schiefe der Ekliptik=23°27’);
sie schneiden sich in zwei Punkten.
Der Schnittpunkt, in dem die Sonne, von der Südhälfte
des Himmels kommend, auf die Nordhälfte des
Himmels überwechselt, trägt den Namen
Frühlingspunkt. Er befindet sich im Sternbild Fische.
Der Zeitpunkt, in dem der Sonnenmittelpunkt den
Frühlingsmittelpunkt überquert, heißt astronomischer
Frühlingsanfang. Den zweiten Schnittpunkt
zwischen Ekliptik und Himmelsäquator bezeichnet
man als Herbstpunkt. Er befindet sich Sternbild
Jungfrau.
Den nördlichsten Punkt der Ekliptik erreicht die
Sonne zu Sommerbeginn am 21. Juni, den südlichsten
zu Winterbeginn am 21. Dezember. Der Tagbogen der
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Sonne ändert sich je nach Position der Sonne in der Ekliptik. Zu Sommerbeginn wird der längste
Tagbogen erreicht, zu Winterbeginn der kürzeste. Auf der Südhalbkugel der Erde sind die
Verhältnisse umgekehrt.
Astronomische Koordinatensysteme
Um die Positionen der Gestirne im Raum festlegen zu können, bedient man sich verschiedener
Koordinatensysteme. Im der Astronomie verwendet man in der Regel dreidimensionale
Koordinatensysteme um Gestirnsörter anzugeben.. Hinzu kommt als vierte Dimension die Zeit.
Meistens werden in der Himmelkunde sphärische Polarkoordinaten (Kugelkoordinaten) benutzt.
Zwei Winkel (α
α und β) geben die Richtung und r die Distanz eines Raumpunktes vom Ursprung
(Nullpunkt) des Koordinatensystems an. Will man nur die Richtung eines Gestirns festlegen, so
genügen zwei Winkelangaben.
Je nach Lage des Ursprungs und der Bezugsebene unterscheidet man verschiedene
Koordinatensysteme. Die astronomischen Koordinatensysteme werden nach Lage der
Bezugsebene benannt (zB. Horizontalkoordinaten, Äquatorialkoordinaten, Ekliptikalkoordinaten,
Galaktische Koordinaten).
Horizontales Koordinatensystem
Für den Beobachter auf der Erdoberfläche ist das horizontale Koordinatensystem das natürlichste.
Von Bedeutung ist es allerdings hauptsächlich für die Navigation und die Berechnung von Aufund Untergangszeiten.
Der Ursprung des Koordinatensystems ist der Beobachtungsort (geographische Länge und Breite).
Die Bezugsebene ist der (mathematische) Horizont.
Vom Horizont aus wird die Höhe h (genauer: Höhenwinkel) eines Gestirns gemessen. Gestirne
am Horizont haben die Höhe 0°. Die Senkrechte der Horizontebene durchstößt die Himmelskugel
im Zenit. Der Zenit hat eine Höhe von 90°. Gestirne unterhalb des Horizonts haben einen
negativen Höhenwinkel. Statt der Höhe wird auch die Zenitdistanz z verwendet.
Es gilt:
z = 90°-h.
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Die zweite Koordinate des Horizontsystems wird in der
Ebene des Horizonts gemessen und heißt das Azimut A.
Das Azimut wird in der Astronomie vom Südpunkt aus
in Richtung West gezählt. Ein Gestirn in Südrichtung hat
das Azimut A=0°, in Westrichtung A=90°, in
Nordrichtung A=180° und in Ostrichtung A=270°.
In der Navigation wird das Azimut von der Nordrichtung
über Ost gezählt. Beim Berechnen und Verwenden von
Azimutwerten ist immer auf die verwendete Zählweise
zu achten.
Es gilt: ANavigation = AAstronomisch +180°
Wegen der scheinbaren täglichen Bewegung der Gestirne und der Kugelgestalt der Erde sind die
Koordinaten des Horizontsystems vom Beobachtungsort und vom Zeitpunkt der Beobachtung
abhängig.
Äquatoriales Koordinatensystem
Das Äquatorialsystem wird für die Einstellung eines Teleskops auf ein bestimmtes Gestirns oder
die Angabe von Gestirnsörtern in einem Katalog verwendet.
Das Äquatorialsystems entspricht einer Projektion
des Gradnetzes der Erde auf die Himmelskugel.
Die Bezugsebene des Systems ist der
Himmelsäquator. Die Deklination δ gibt den
Winkelabstand eines Gestirns vom
Himmelsäquator an. Sie ist positiv bei Gestirnen
nördlich des Himmelsäquators und negativ bei
Gestirnen südlich des Himmelsäquators. Ein
Gestirn am Himmelsäquator hat eine Deklination
von 0°, ein Gestirn am nördlichen Himmelspol
von +90°.
Die zweite Koordinate wird in der Ebene des
Himmelsäquators gemessen. Beim
mitrotierenden (bewegte) Äquatorsystem ist der Nullpunkt für die Rektaszension α der
Frühlingspunkt (siehe oben), wobei die Rektaszension vom Frühlingspunkt in Richtung Ost
gezählt wird.
Der Winkel der Rektaszension wird im Zeitmaß von 0h bis 24h angegeben, wobei folgende
Beziehung gilt:
Zeitmaß
24h
1h
1m
1s
Winkelmaß
=
=
=
=
360°
15°
15’
15”
Das ortsfeste (starre) Äquatorsystem wird für die Einstellung von Gestirnen mit Teleskopen auf
äquatorialen Montierungen verwendet. Bezugsebene und Deklination sind identisch wie beim
bewegten Äquatorsystem. Anstatt der Rektaszension bestimmt der Stundenwinkel die
Gestirnsposition.
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Der Stundenwinkel τ (auch t) wird vom Schnittpunkt des Äquators mit dem Meridian in
Richtung West gezählt. Ein Gestirn im Meridian hat den Stundenwinkel 0° bzw. 0h. Der
Stundenwinkel wird üblicherweise nicht in Winkelgrad, sondern wie die Rektaszension im
Zeitmaß angegeben.
Der Stundenwinkel eines Gestirns wächst mit ablaufender Zeit an. Zwei (Stern-)Stunden nach
dem Meridiandurchgang hat ein Gestirn den Stundenwinkel t=2h, dies entspricht 30° im
Winkelmaß.
Für die Zählung des Stundenwinkels gibt es zwei Möglichkeiten: entweder von 0h bis 24h in
Richtung West-Nord-Ost und Süd oder aber positiv Richtung West und negativ Richtung Ost.
Die Sternzeit
Die beiden Äquatorsysteme sind über die
Sternzeit θ miteinander gekoppelt. Die
Sternzeit entspricht dem Stundenwinkel des
Frühlingspunktes. Geht für einen
Beobachtungsort der Frühlingspunkt durch
den Meridian (obere Kulmination) so ist es
0 Uhr Sternzeit. Die Sternzeit wird von 0h
bis 24h gezählt.
6 Uhr Sternzeit
Es gilt folgende Beziehung:
Stundenwinkel t = Sternzeit θ – Rektaszension α
Kennt man die Rektaszension eines Gestirns (zB. aus einem Katalog) und die Sternzeit (zB.
abgelesen von einer Sternzeituhr), so kann man den Stundenwinkel bestimmen um eventuell ein
Fernrohr einzurichten.
Umgekehrt lässt sich daraus ableiten: Geht ein Gestirn
durch den Meridian, so hat es einen Stundenwinkel von
t=0h (oder 0°). Seine Rektaszension entspricht dann der
Sternzeit.
Dies gilt für alle Beobachter auf der selben geografischen
Länge. Befindet man sich weiter östlich, so ist die Sternzeit
weiter vorangeschritten. Eine Differenz von einem
Längengrad entspricht 4 Minuten Sternzeit.
2 Uhr Sternzeit
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Beziehungen zwischen Koordinatensysteme
Für zahlreiche Zwecke ist es notwendig, die Koordinaten eines Systems in das andere
umzurechnen. In dieser Einführung werden wir uns im folgenden nur mit den beiden
besprochenen Koordinatensytemen beschäftigen.
Der Meridianschnitt
Eine Reihe von Beziehungen zwischen dem Horizontalsystem und dem Äquatorialsystem können
mit Hilfe des Meridianschnitts dargestellt werden.
Die Polhöhe entspricht der geografischen Breite φ, der Äquatorkulm, also die Höhe des Äquators
über dem Südhorizont beträgt 90°-φ.
Ein Gestirn geht durch den Zenit, wenn seine Deklination δ der geogr. Breite φ entspricht. Alle
Gestirne die sich nicht weiter als die geogr. Breite vom Himmelsnordpol entfernen, das heißt
δ>=90°-φ, sind zirkumpolar.
Ein Gestirn erreicht bei seiner oberen Kulmination eine Höhe von h=90°-φ+δ.
Ein Gestirn mit einer Deklination von –δ<90°-φ steigt am Beobachtungsort mit der Breite φ nicht
über den Horizont.
Umwandlung von Äquatorialkoordinaten in Horizontalkoordinaten
Möchte man Äquatorialkoordinaten in Horizontalkoordinaten oder umgekehrt umrechnen, bedient
man sich des nautischen (auch astronomischen) Dreiecks. Das nautische Dreieck wird aus dem
Gestirn, dem Himmelsnordpol und dem Zenit gebildet. Alle Formeln zur Umrechnung der
Systeme wurden aus dem nautischen Dreieck abgeleitet.
Es gelten folgende Beziehungen:
sin h = sin φ * sin δ + cos φ* cos δ * cos t
(1)
tan A = sin t / ( cos t * sin φ - tan δ * cos φ)
(2)
Anmerkung zur Berechnung des Azimut:
Die arcus tangens-Funktion liefert nur Werte zwischen –90° und +90°. Um Werte von 0° bis 360°
zu erhalten, ist die Umwandlung von kartesischen in Polarkoordinaten zu verwenden, wie sie in
wissenschaftlichen Tascherechnern üblich ist.
Die oben angeführte Formel liefert den Azimut vom Süden Richtung West gezählt. Um den
Azimut von Norden über Osten zu erhalten sind 180° zu addieren.
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Es werden folgende Symbole benutzt:
A
h
φ
δ
t
Azimut in Grad, gemessen von S über W, N, O
Höhe in Grad
geogr. Breite in Grad
Deklination in Grad
Stundenwinkel in Grad
Die Berechnung des Stundenwinkels t
Der Stundenwinkel t eines Gestirn ist definiert als:
t=θ–α
(3)
t
Stundenwinkel in Stunden (durch Multiplikation mit 15 erhält man Grad)
α
Rektaszension in Stunden
θ
Ortssternzeit in Stunden
Um den Stundenwinkel eines Gestirns für einen bestimmten Zeitpunkt zu erhalten ist die
Berechnung der Sternzeit erforderlich.
Die Bestimmung der Sternzeit
In allen astronomischen Jahrbüchern ist die Sternzeit an einem beliebigen Datum für den Ort
Greenwich (geogr. Länge λ=0°), für 0h Uhr UT (universal time, Weltzeit) abgedruckt.
Ist die Sternzeit für Greenwich gegeben, kann die Ortssternzeit wie folgt berechnet werden:
θ = θ0 + λ / 15 + TZ*1.002738
θ
θ0
λ
TZ
(4)
Ortssternzeit in Stunden
Sternzeit in Greenwich, 0h UT in Stunden
geogr. Länge in Grad (positiv für östliche Längen)
Zeitpunkt der Beobachtung in UT
Der Zeitpunkt der Beobachtung in UT kann wie folgt berechnet werden:
TZ = Uhrzeit – Differenz zur Weltzeit – Sommerzeit
Die Differenz zur Weltzeit beträgt für Österreich +1h, die Sommerzeit +1h von Ende März bis
Ende Oktober, sonst 0h.
Wichtige Anmerkungen:
Bis 1982 wurden geogr. Längen in östlicher Richtung NEGATIV gezählt. Mit Beschluss der IAU
1982 wurden dieses System umgedreht und geogr. Längen werden in östlicher Richtung POSITV
gemessen. Bei der Verwendung von Formeln ist dies unbedingt zu berücksichtigen.
Auf die Berechnung der Sternzeit für Greenwich θ0 wird hier nicht weiter eingegangen und auf
das Literaturverzeichnis verwiesen.
Weitere Berechnungen
Möchte man den Meridiandurchgang eines Gestirns berechnen, bedient man sich der
Kulminationsbedingung:
Ortssternzeit θ = Rektaszension α
(5)
Durch Umwandlung der Sternzeitformel (4) erhält man den Zeitpunkt TZ der Kulmination, wenn
die Sternzeit in Greenwich θ0 aus Tabellen entnommen oder berechnet wird.
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Auf und Untergang eines Gestirns errechnet man nach Umwandlung der Höhenformel (1):
cos t0 = (sin h0 - sin φ * sin δ) / (cos φ* cos δ)
t0
h0
(6)
Stundewinkel des Gestirns bei Erreichen der Höhe h0 in Grad
Höhe des Objekts in Grad, für welche der Stundenwinkel berechnet wird
Setzt man für h0 die gewünschte Höhe des Objekts ein (zB. 0° für den Aufgang bzw. Untergang)
erhält man beim errechneten Stundenwinkel t0 den halben Tagbogen. Auf- und Untergang erhält
man durch:
θA = α – t0
(7)
θ U = α + t0
(8)
t0
Stundenwinkel des Gestirns bei Erreichen der Höhe h0 in Stunden
α
Rektaszension in Stunden
θA Ortssternzeit für Aufgang in Stunden
θU Ortssternzeit für Untergang in Stunden
Durch Umwandlung der Formel (4) kann die Uhrzeit für Aufgang und Untergang des Gestirns
berechnet werden.
Anmerkung: Bei der Berechung von Kulmination, Auf- und Untergang von Sonne, Mond und
Planeten ist zu berücksichtigen, dass sich die Koordinaten dieser Himmelskörper ständig ändert.
Für die Berechnung sind daher spezielle Algorithmen notwendig. (siehe Literaturverzeichnis)
Die Refraktion
Setzt man in Formel (6) als Höhe 0° zur Berechnung des Auf- und Untergangs ein, so
vernachlässigt man die Lichtbrechung in der Atmosphäre.
Als atmosphärische Refraktion bezeichnet man die Krümmung des Lichtes während seines
Weges durch die Erdatmosphäre. Die atmosphärische Refraktion ist im Zenit null, in 45° Höhe
etwa eine Bogeminute. Am Horizont beträgt sie etwa 35’. Sonne und Mond sind deshalb in
Wirklichkeit unter dem Horizont, wenn sie scheinbar auf- oder untergehen.
Für die Berechnung von Auf- und Untergängen sind daher folgende Werte zu verwenden:
Objekt
Sterne und Planeten
Sonne
Mond
Bürgerliche. Dämmerung
Nautische Dämmerung
Astronomische Dämmerung
Höhe
- 0,567°
- 0,833°
+ 0,125°
- 6°
- 12°
-18°
Ausgewählte Literatur
Einführungen in die sphärische Astronomie:
Astrowissen, Kosmos-Franckh, Hans-Ulrich Keller
Meyers Handbuch Weltall, Bibliographisches Institut
Astronomie, Lehrbuch für die Sekundarstufe I, Volk und Wissen Verlag
dtv-Atlas zur Astronomie, Deutscher Taschenbuch-Verlag, Joachim Herrmann
Literatur zur Ephemeridenrechnung
Astronomical Formulae for Calculators, Willmann-Bell, Inc, Jean Meeus
Astronomische Algorithmen, Johann Ambrosius Barth, Jean Meeus
Grundlagen der Ephemeridenrechnung, Sterne und Weltraum, Oliver Montenbruck
Astronomie mit dem Personal Computer, Oliver Montenbruck, Thomas Pfleger
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