Aktienkurse und reale Wirtschaft

Werbung
Aktienkurse und reale Wirtschaft
Ein Artikel von Ottmar Beck (Alltrust AG)
Der Effekt, den die Anlagenkäufe der Notenbanken (Quantitative Easing, QE) ausgelöst
haben, verpufft bereits und wird weltweit einen Bärenmarkt auslösen: Bei den Rohstoffen
wirkt er seit 2010/11 nicht mehr, bei den Schwellenländern seit Ende 2012/13 und seit Mitte
2013 auch nicht mehr am amerikanischen Häusermarkt.
Die Wirtschaft in den USA hat den zarten globalen Wirtschaftsaufschwung angeführt und
deswegen sollte man dem US-Einkaufsmanager-Index besondere Aufmerksamkeit schenken:
Er hat jetzt ein Niveau von 57 Punkten erreicht, das gleichbedeutend mit einer expansiven
Wirtschaft ist. Historisch gesehen hat der Index nur in Erholungsphasen nach Rezessionen
ähnlich hohe Niveaus erreicht. Hatte der Index in der Vergangenheit das Niveau von 55
überstiegen, führte dies regelmäßig zu einer Trendwende nach unten. Vermutlich werden
viele Marktteilnehmer daher von einer weniger starken Wirtschaftserholung zukünftig
überrascht werden. Was mit Sicherheit auch die Aktienkurse belasten wird. Aber im Moment
sehen die meisten Anleger 2014 kaum Wolken am Himmel: Die Marktstimmung ist daher
auch von Optimismus geprägt. Unerwartete Stolpersteine könnten im Jahr 2014 daher die
Stimmung schnell umschlagen lassen.
Ein Blick in die Vergangenheit macht deutlich, warum wir eher skeptisch sind, was die
Hoffnung angeht, am Beginn eines neuen Haussemarktes zu stehen. Die folgende Grafik zeigt
die Entwicklung des S&P-500-Index der letzten 50 Jahren. Folgende Faktoren verliehen dem
Kursanstieg von 1980 bis 2000 Schwung:
1. Inflation und Zinsen waren hoch und fielen in den nächsten 20 Jahren. Das hat die
Rentabilität der Unternehmen verbessert.
2. Die Stimmung war zu Beginn der Periode extrem negativ; erst nach 1990 sind 80
Prozent der Privatanleger auf den fahrenden Zug gesprungen. Der größte Teil dieser
Investoren gehörte der Babyboomer-Generation an.
3. Der „Hightech-Boom“ hat die Preise auf ein extrem hohes Niveau getrieben.
4. Die „reichen“ Konsumenten, angestachelt von fallenden Inflations- und Zinssätzen und
leichtem Zugang zu Krediten, ermöglichten ein künstlich hohes Konsumniveau, ständig
wachsende Unternehmensgewinne und wirtschaftliches Wachstum.
5. Die Unternehmensgewinne haben einen zusätzlichen Schub durch die Deregulierung
ganzer Industrien, Druck auf die Lohnkosten, Outsourcing und Produktivitätswachstum
erhalten.
6. Die Grundsätze des Rechnungswesens wurden vereinfacht, was ebenfalls die Gewinne
der Unternehmen erhöht hat.
7. Die aktienorientierte Vergütung des Managements wurde stark ausgeweitet. Auch das
hat durch kurzfristige buchhalterische Tricksereien zu höheren Aktienpreisen geführt.
Heute ist die Ausgangslage jedoch eine andere: Die Hoffnung, dass die derzeitigen
Höchstkurse der Beginn eines neuen Haussemarktes sind, wird durch die ökonomischen und
fundamentalen Variablen deutlich widerlegt. Stimmung und Bewertungen sind auf einem sehr
hohen Niveau. Zinsen, Inflation, Löhne und Sparraten sind hingegen auf einem historisch
niedrigen Niveau. Das ist normalerweise am Ende einer Aufwärtsbewegung des Aktienmarktes
zu sehen und genau das Gegenteil dessen, was wir zu Beginn der letzten Aufwärtsbewegung
gesehen haben. Zu guter Letzt: Der Konsument, der wichtigste Treiber unserer Wirtschaft,
wird seinen Anteil an der Wirtschaft nicht weiter erhöhen können. Die Babyboomer sind
bereits im Pensionsalter oder erreichen es demnächst und damit sinken ihre
Konsumausgaben. Die nächste Generation wird diese zurückgehende Konsumneigung nicht
ausgleichen können.
Natürlich können die Aktienkurse durch Interventionen der Zentralbanken immer noch höher
getrieben werden. Aber die fehlenden wirtschaftlichen Treiber erhöhen das Risiko für einen
übermäßig großen Rückschlag in der Zukunft. Und dann sind, wie bereits beim letzten
Tiefpunkt der Märkte 1974, nur wenige Privatanleger übrig, um den erfolgreichen Schritt in
die Zukunft zu wagen.
31.01.2014
Herunterladen