Der Skineffekt Prof. Dr. Ursula van Rienen, Institut für Allgemeine Elektrotechnik 27. Januar 2011 Der Skin-Effekt ... ... anhand einer ganz einfachen Anordnung: Eisen-Kern: μr=5.000, κ=106 S/m Spule mit 15 Windungen Wechselstrom 1 A, Frequenzen: 1 Hz, 5 Hz, 50 Hz 2 cm 2 Prof. Dr. U. van Rienen Von weitem ... ... sieht das B-Feld erwartungsgemäß aus: nahezu homogenes Feld im Kern Streufeld, ausgehend von den "Magnetpolen" 3 Prof. Dr. U. van Rienen Numerische Feldsimulation – B-Feld Bei 50 Hz ...: Mittlerer Querschnitt des Kerns 4 Prof. Dr. U. van Rienen Numerische Feldsimulation – B-Feld ... bei 5 Hz ...: Mittlerer Querschnitt des Kerns 5 Prof. Dr. U. van Rienen Numerische Feldsimulation – B-Feld ... und selbst bei 1 Hz ist B-Feld - nicht homogen und - hat ortsabhängige Phase. Ursache: Skineffekt Mittlerer Querschnitt des Kerns 6 Prof. Dr. U. van Rienen Was passiert da? – Wirbelströme! 50 Hz, ca. 15.000 A/m2: 1 Hz, ca. 300 A/m2: • Durch Änderung des B-Felds werden Wirbelströme induziert, schirmen diese aber nach innen ab. • Felder und Ströme konzentrieren sich mit wachsender Frequenz am Materialrand. 7 Prof. Dr. U. van Rienen Eindringtiefe δ δ := 2 ωκ μ Leicht zu merken: 1 δ∝ Frequenz Leitfähigkeit Permeabilität In der Tiefe δ sind die Felder auf 1/e ≈ 1/3 abgefallen (bei ebener Fläche). 8 Prof. Dr. U. van Rienen Eindringtiefe δ Beispiele: δ= 2 2π f κ μ Material μr κ f δ Kupfer 1 5,76 · 107 S/m 1 MHz 66 μm Eisen 5.000 1 · 106 S/m 50 Hz 1 mm Eisen 5.000 1 · 106 S/m 1 Hz 7 mm Beachte: Bei hochpermeablen ("weichmagnetischen") Materialien treten selbst bei kleinen Leitfähigkeiten und Frequenzen niedrige Eindringtiefen auf! 9 Prof. Dr. U. van Rienen Was kann man dagegen tun? - Lamellierung Unterbrechung der Wirbelströme durch dünne nichtleitende Schicht: 1 Hz, ohne Lamelle: 1 Hz, mit Lamelle: 10 Prof. Dr. U. van Rienen Was steckt hinter dem Effekt der Lamellierung? Bei einer Flußänderung ∂B/∂t im Spulenkern treten Induktionsspannungen auf, die im Leiter zu Strömen führen, bei denen wiederum – abhängig von der Leitfähigkeit des Materials – Joulesche Wärmeverluste auftreten. Diese Wirbelstromverluste können durch Lamellierung des Kerns, d.h. Aufteilung in viele durch Papier- oder Lackschichten voneinander isolierte Bleche, wesentlich reduziert werden, weil so die möglichen Stromwege beschränkt werden. 11 Prof. Dr. U. van Rienen Lamellierung führt zu homogenerem B-Feld 5 Hz, mit Lamelle: 5 Hz, ohne Lamelle: Anwendung: z.B. Trafo-Bleche 12 Prof. Dr. U. van Rienen Wie ist der Zusammenhang mit der Diffusionsgleichung? Wir betrachten einen leitfähigen Halbraum und erzeugen an dessen Oberfläche ein zeitlich periodisches Feld. x leitfähiges Medium κ≠0 Vakuum κ=0 y z Die z-Achse zeige ins Innere des Leiters. 13 Prof. Dr. U. van Rienen Welche Annahmen können wir machen? x leitfähiges Medium κ≠0 Vakuum κ=0 y z • Entsprechend der vorliegenden Geometrie unseres Lösungsgebietes können wir annehmen, dass die Feldstärke weder in x- noch in y-Richtung eine Veränderung erfährt. • Somit können wir eine Unabhängigkeit von x und y voraussetzen: ∂ ∂ = =0 ∂x ∂y 14 (1) Prof. Dr. U. van Rienen Erinnerung: Diffusionsgleichungen für B und E In der Magneto-Quasistatik konnten wir den Verschiebungsstrom in den Maxwellschen Gleichungen vernachlässigen und haben die Diffusionsgleichungen für E, J, B und A hergeleitet. Die Näherung gilt, so lange ω κ/ε. Wir gebrauchen nun die Diffusionsgleichungen für E und B: ∂E ΔE = µκ ∂t ΔB = µκ 15 ∂B ∂t Prof. Dr. U. van Rienen Diffusionsgleichungen im zeitharmonischen Fall Bei harmonischer Zeitabhängigkeit und Benutzung der Ihnen bekannten komplexen Schreibweise E(r, t ) = E(r ) cos (ωt + ϕ) = R e {E(r ) e j ωt } H(r, t ) = H(r ) cos (ωt + ψ) = R e {H(r ) e j ωt } mit den komplexen Amplituden (Zeiger, engl.: phasor) E (r ) = E (r ) e j ϕ H(r ) = H(r ) e j ψ erhalten wir für die beiden Diffusionsgleichungen zunächst ΔE = j ω µ κE (2) ΔB = j ω µ κB (3) 16 Prof. Dr. U. van Rienen Zurück zum leitfähigen Halbraum … Wir verwenden nun Gl. (1) (Unabhängigkeit des Feldes von x und y Æ partielle Ableitungen gleich Null) und erhalten für die x- und y-Komponenten der Phasoren E und B: ∂2 E x = j ω µ κE x 2 ∂z ∂2 Bx = j ω µ κB x 2 ∂z analog für Ey (4) analog für By (5) Aus dem Induktionsgesetz und dem Ampère‘schen Gesetz lässt durch Komponentenvergleich bei Beachtung von (1) und der bekannten Zeitabhängigkeit leicht herleiten, dass Bz= Ez= 0 gilt. 17 Prof. Dr. U. van Rienen Wie kommt man von (2), (3) nach (4), (5)? Im kartesischen Koordinatensystem (nur! dort) ergibt die Anwendung des Laplace-Operators auf einen Vektor genau den Vektor, den man erhält, wenn man den Laplace-Oprator auf die Komponenten anwendet. In kartesischen Koordinaten: ∂ 2f ∂ 2 f ∂ 2f Δf = div grad f = 2 + 2 + 2 ∂x ∂y ∂z In Zylinderkoordinaten: 1 ∂ Δf = div grad f = r ∂r 2 ∂ 2f ⎛ ∂f ⎞ 1 ∂ f ⎜ r ∂r ⎟ + r 2 ∂ϕ 2 + ∂z 2 ⎝ ⎠ 18 Prof. Dr. U. van Rienen Wie kommt man von (2), (3) nach (4), (5)? Wir schreiben also zunächst (2) und (3) komponentenweise auf: ∂E x ∂E x ∂E x ΔE x = 2 + 2 + 2 = j ω µκ E x ∂x ∂y ∂z ∂E y ∂E y ∂E y ΔE y = + + = j ω µκ E y 2 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂E z ∂E z ∂E z ΔE z = + + 2 = j ω µκ E z 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂B x ∂B x ∂B x ΔB x = + + 2 = j ω µκ B x 2 2 ∂z ∂x ∂y ∂B y ∂B y ∂B y ΔB y = + + 2 = j ω µκ B y 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂Bz ∂Bz ∂Bz ΔBz = + 2 + 2 = j ω µκ B z 2 ∂x ∂y ∂z 19 Prof. Dr. U. van Rienen Wie kommt man von (2), (3) nach (4), (5)? Nun beachten wir (1), d.h. ∂/∂x = ∂/∂y = 0: ∂E x ∂E x ∂E x + + = j ω µκ E x 2 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂E y ∂E y ∂E y ΔE y = = j ω µκ E y + + 2 2 2 ∂z ∂x ∂y ∂E z ∂E z ∂E z ΔE z = + + 2 = j ω µκ E z 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂B x ∂B x ∂B x ΔB x = + + 2 = j ω µκ B x 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂B y ∂B y ∂B y + + 2 = j ω µκ B y ΔB y = 2 2 ∂x ∂y ∂z ∂Bz ∂Bz ∂Bz + 2 + 2 = j ω µκ B z ΔBz = 2 ∂x ∂y ∂z ΔE x = 20 (4) (5) Prof. Dr. U. van Rienen Wie sieht die Bz-Komponenten aus? Wir gehen vom Induktionsgesetz aus, beachten die harmonische Zeitabhängigkeit und die Feldinvarianz in x und y: ⎛ ∂E z ∂E y − rot E = ⎜ ∂z ⎝ ∂y ⎞ ⎛ ∂E y ∂E x ⎞ ⎛ ∂E x ∂E z ⎞ ⎟ e x + ⎜ ∂z − ∂x ⎟ e y + ⎜ ∂x − ∂y ⎟ e z ⎝ ⎠ ⎠ ⎝ ⎠ = − j ωB = − j ω ( B x e x + B y e y + B z e z ) ⇒ ⎧ ∂E z ∂E y ⎪ ∂y − ∂z = − j ω B x ⎪ ⎪ ∂E x ∂E z − = − jω By ⎨ ∂x ⎪ ∂z ⎪ ∂E y ∂E x ⎪ ∂x − ∂y = − j ω Bz ⎩ ⇒ 21 ⎧ ∂E y ⎪ ∂z = − jω B x ⎪ ⎪ ∂E x = − jω By ⎨ ⎪ ∂z 0 = Bz ⎪ ⎪ ⎩ Prof. Dr. U. van Rienen Wie sieht die Ez-Komponenten aus? Nun gehen wir vom Ampère‘schen Gesetz aus und beachten wieder die harmonische Zeitabhängigkeit und die Feldinvarianz in x und y: ⎛ ∂H z ∂H y ⎞ ⎛ ∂H y ∂H x ⎞ ⎛ ∂H x ∂H z ⎞ − − − rot H = ⎜ ex + ⎜ ey + ⎜ ez ⎟ ⎟ ⎟ ∂z ⎠ ∂x ⎠ ∂y ⎠ ⎝ ∂z ⎝ ∂y ⎝ ∂x = J = κ E x e x + κ E y e y + κ E zez ⇒ ⎧ ∂H z ∂H y ⎪ ∂y − ∂z = κ E x ⎪ ⎪ ∂H x ∂H z − = κ Ey ⎨ ∂x ⎪ ∂z ⎪ ∂H y ∂H x ⎪ ∂x − ∂y = κ E z ⎩ ⎧ ∂H y ⎪ ∂z = κ E x ⎪ ⎪ ∂H x = κ Ey ⎨ ⎪ ∂z ⎪ 0 = Ez ⎪ ⎩ ⇒ 22 Prof. Dr. U. van Rienen Damit haben wir dieses Ergebnis abgeleitet Wir verwenden nun Gl. (1) (Unabhängigkeit des Feldes von x und y Æ partielle Ableitungen gleich Null) und erhalten für die x- und y-Komponenten der Phasoren E und B: ∂2 E x = j ω µ κE x 2 ∂z ∂2 Bx = j ω µ κB x 2 ∂z analog für Ey (4) analog für By (5) Aus dem Induktionsgesetz und dem Ampère‘schen lässt durch Komponentenvergleich bei Beachtung von (1) und der bekannten Zeitabhängigkeit leicht herleiten, dass Bz= Ez= 0 gilt. 23 Prof. Dr. U. van Rienen Lösen der Differentialgleichung (4) liefert Ex ∂2 E x = j ω µ κE x Die allgemeine Lösung der DGL 2. Ordnung (4) 2 ∂z 2 lautet bei Benutzung von p = j ωµκ E x = Ae pz + Be− pz Mit (7) p = (1+ j ) k ωµκ k= 2 erhalten wir (6) E x = Ae kz e jkz + Be−kz e− jkz . 24 (8) (9) Prof. Dr. U. van Rienen Über das Induktionsgesetz liefert Ex dann Hy Wegen (1) ist Ex über das Induktionsgesetz direkt mit Hy ∂E x = − j ωµH y , ∂z verknüpft: (10) woraus wir Hy bestimmen: 1 ∂E x Hy = − j ωµ ∂z 1+ j =− j ωµ =− ωµκ Ae kz e jkz − Be−kz e− jkz ) ( 2 ( j − 1) κ 2k (11) −kz − jkz kz jkz − Ae e Be e ) ( 25 Prof. Dr. U. van Rienen Von der allgemeinen Lösung zur speziellen Lösung Noch zu bestimmen sind die Konstanten A und B. Sie ergeben sich aus den Randbedingungen für das elektrische Feld: 1. Das Feld muss im Innern des Leiters für z→ ∞ auf Null abklingen, da im Medium eine Leistungsumwandlung in Joule‘sche Wärme stattfindet. 2. Die Randwerte an der Oberfläche des Leiters sind vorgegeben. Damit folgt: A = 0, B = E 0 aus 1. aus 2. 26 Prof. Dr. U. van Rienen Die Lösung und ihr Abklingverhalten Somit ist die elektrische Feldstärke gegeben durch E x = E 0e−kz e− jkz (12) Amplitude Mit (11) folgt für die magnetische Feldstärke κE0 Hy = (1− j ) e−kz e− jkz 2k (13) Die Amplitude von Ex nimmt also in z-Richtung exponentiell ab. Kennzeichnend für die Abnahme ist der Faktor δ = 1/k E x (z = δ) E0 1 1 = ≈ ≈ 0.3678 e 2,718 27 (14) Prof. Dr. U. van Rienen Eindringtiefe In der Entfernung δ von der Oberfläche ist die Amplitude also auf den e-ten Teil, d.h. auf ca. 37% des Ausgangswertes abgefallen. Diese Entfernung wird als Eindringtiefe δ (engl. skin depth) bezeichnet und beträgt 1 2 δ= = k ωµκ (15) k wird als Dämpfungskonstante bezeichnet. 28 Prof. Dr. U. van Rienen Eindringtiefe von Kupfer bei 50 Hz und 3 GHz 7 Die Leitfähigkeit von Kupfer beträgt κ = 5,8 ⋅ 10 S , m Vs seine Permeabilität µ = µ0 = 4π ⋅ 10 Am . 7 Beachte: ω κ/ε ( ≈ 7·1018) gilt bei Kupfer für f < 1 THz. Für eine Frequenz f = 50 Hz bzw. f = 3 GHz (Kreisfrequenz ω = 2πf) ergeben sich die Eindringtiefen δ 50 Hz 2 1 = = ω µκ 50 δ 3 GHz = 2 0,066 m≈ m ≈ 1 cm, 7 7 2π⋅ 4π⋅ 10 ⋅ 5,8 ⋅ 10 50 2 0,066 m ≈ 1 µm. ≈ ω µκ 3 ⋅ 109 29 Prof. Dr. U. van Rienen Frequenzabhängigkeit der Eindringtiefe Für technische Frequenzen liegt die Eindringtiefe in der Größenordnung von Zentimetern, während sie für sehr hohe Frequenzen nur Bruchteile von Millimetern beträgt. 30 Prof. Dr. U. van Rienen Stromverteilung im Leiter Wegen J = κE nimmt auch die Stromdichte J exponentiell ab J x = J 0e−kze− jkz Den Effekt, dass Feldstärke und Stromdichte außerhalb der Eindringtiefe nahezu verschwinden, bezeichnet man auch als Skin-Effekt. Teils wird der Effekt auch als Stromund Feldverdrängung bezeichnet. Man kann sich modellartig vorstellen, dass der effektive Gesamtstrom in einer oberflächlichen Schicht der Dicke δ mit konstanter Stromdichte fließt. 31 Prof. Dr. U. van Rienen Welleneigenschaften der Lösung Wenn wir die Zeitabhängigkeit explizit ausdrücken, erhalten wir aus (5.62) und (5.63) E x , H y ∼ e−kz e ( j ωt −kz) (5.66) bzw. nach Bildung des Realteils E x , H y ∼ e−kz cos (ωt − kz). (5.67) Die Feldstärkewerte verändern sich wie eine fortschreitende ebene Wellen. 32 Prof. Dr. U. van Rienen Phasengeschwindigkeit der Welle Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit v der Welle folgt aus der Beziehung Ex , Hy ∼ e −kz ⎡ ⎛ z ⎞⎤ cos ⎢ω ⎜⎜t − ⎟⎟⎟⎥ ⎢⎣ ⎜⎝ v ⎠⎥⎦ (5.68) durch den Vergleich mit Gleichung (5.67) und ergibt die Phasengeschwindigkeit v ω v= k (5.69) Die Feldstärken „wandern“, ähnlich wie eine elektromagnetische Welle, mit der Phasengeschwindigkeit v in positive z-Richtung. 33 Prof. Dr. U. van Rienen Wellenlänge der gedämpften Welle Weil der Vorfaktor e-kz eine starke Dämpfung der Felder bewirkt, handelt es sich allerdings um eine gedämpfte Welle. Mit der Wellenlänge λ 2π λ= k (5.70) schreibt sich der Dämpfungsfaktor für z = λ e−kz = e−2π ≈ 0.002 1, d.h. nach einer Entfernung von z = λ sind die Felder aufgrund der Wärmeverluste im Material nahezu verschwunden. 34 Prof. Dr. U. van Rienen Wellenlänge von Kupfer bei 50 Hz und bei 3 GHz Wir haben die Beziehungen 2π λ= k und δ= also 1 2 = k ωµκ λ = 2π δ Bei f = 50 Hz bzw. 3 GHz hatten wir für Kupfer bereits δ ≈ 1 cm bzw. δ ≈ 1 µm berechnet. Demnach ist λ ≈ 6 cm bzw. λ ≈ 6 µm. 35 Prof. Dr. U. van Rienen Animation: Magnetfeld und Stromdichte in einem Leiter H und J als Funktion von d 36 Prof. Dr. U. van Rienen Woher kommen die „Überschwinger“? E x = Re {E xe jωt } = Re {E 0e − kze − jkze jωt } = Re {E0e jϕ e − kze − jkze jωt } (12) { = Re E0e − kze { = Re E0e − kz j (ωt − kz +ϕ ) } Euler- ( cos (ωt − kz + ϕ ) + j sin (ωt − kz + ϕ ))} Formel = E0e − kz cos (ωt − kz + ϕ ) = E0e − kz cos (ωt − kz ) bei Annahme v. ϕ =0 ⎛ ⎛ ⎞⎞ ⎜ ⎜ ⎟ Einsetzen Def. v. k , ⎟ μκ − kz = E0e cos ⎜ ω ⎜ t − ⋅ z⎟⎟ ω 2 ⎟ ⎟ Ausklammern v. ω ⎜ ⎜ Verzöger ung ⎠ ⎠ ⎝ ⎝ 37 Prof. Dr. U. van Rienen Ebene zeitharmonische Wellen in verlustbehafteten Medien Beginn Einschub Bisher haben wir die Magneto-Quasistatik und damit die Diffusionsgleichung zum Ausgangspunkt genommen. Die Permittivität ε spielte keine Rolle. Als nächstes seien nun Medien betrachtet, die durch die Permittivität ε, die Permeabilität µ und die Leitfähigkeit κ gekennzeichnet seien. Freie Raumladungen sollen nicht existieren. 38 Prof. Dr. U. van Rienen Ebene zeitharmonische Wellen in verlustbehafteten Medien Die Wellengleichungen ∂E ∂ 2E E = µκ + µε 2 ∂t ∂t ∂B ∂ 2B B = µκ + µε 2 . ∂t ∂t (21) (22) seien als bekannt vorausgesetzt. In Anpassung an die komplexe Schreibweise der Felder, führen wir eine komplexe Dielektrizitätskonstante ein: κ εk = ε + = ε (1− j tan δ ε ). jω 39 (23) Prof. Dr. U. van Rienen Ebene zeitharmonische Wellen in verlustbehafteten Medien κ εk = ε + = ε (1− j tan δ ε ). jω (24) Die Leitungsstromdichte wird in εk als Imaginärteil berücksichtigt. Dann tritt an die Stelle der reellen Wellenzahl k die komplexe Wellenzahl k: k = ω µεk = β − j α (25) mit der Dämpfungskonstanten α und der Phasenkonstanten β. 40 Prof. Dr. U. van Rienen Ebene zeitharmonische Wellen in verlustbehafteten Medien Ende Einschub Das elektrische Feld schreibt sich dann zu E = E 0e ( j ωt −kr ) = E 0e ( j ωt −βz) −αz e , sofern wir für k einen Vektor in z-Richtung annehmen. Die Energie, die die Wellen durch die Dämpfung verlieren, wird in Stromwärme umgewandelt. Im Fall hoher Leitfähigkeit ist arg k ≈ 45° und damit α ≈ β. Es war also gerechtfertigt, dass wir statt mit α und β mit der reellen Wellenzahl k gearbeitet haben. 41 Prof. Dr. U. van Rienen Praktische Bedeutung der Halbraumgleichungen Die Abschätzung für die Eindringtiefe erlaubt es, den unendlichen ebenen Leiter als Näherung für eine zylindrische Leitung mit großem Durchmesser (Dδ) zu verwenden, die einen Wechselstrom der Frequenz f führt. x Dπ δ δ y z D 42 Prof. Dr. U. van Rienen Simulation eines Leiterstückes Modell: Modell des Leiters Modell des Leiters mit Schirm Das Modell besteht aus einem Kupferzylinder (Länge = 30 cm, Radius = 3 cm). Um Einflüsse des Magnetfeldes des äußeren Stromes zu vermeiden, wurde die Struktur mit einem supraleitenden Schirm umgeben, welcher einen Abstand von 1 cm zum Leiter hat. Der Strom wird durch eine äußere Quelle eingeprägt. 43 Prof. Dr. U. van Rienen Stromdichte im Leiterquerschnitt f wechsel = 1 Hz f wechsel = 10 Hz f wechsel = 100 Hz f wechsel = 1 kHz 44 Prof. Dr. U. van Rienen Stromdichte im Leiterquerschnitt f wechsel = 100 kHz f wechsel = 1000 kHz Skineffekt: Mit steigender Frequenz konzentriert sich der eingeprägte Strom auf einen immer dünner werdenden Ring an der Leiteroberfläche. 45 Prof. Dr. U. van Rienen Stromdichte im Leiterquerschnitt Stromdichte entlang des Leiterdurchmessers (Length = 3 Leiterachse), [1] = 1 kHz 46 Prof. Dr. U. van Rienen Ferromagnetika Wie im theoretischen Teil schon angemerkt, ist die Eindringtiefe nicht nur eine Funktion der Frequenz, sondern auch die Materialeigenschaften haben signifikanten Einfluss auf die Eindringtiefe. Zur Verdeutlichung wurde die Simulation mit einem Leiter aus Eisen wiederholt. Eisen hat eine verminderte elektrische Leitfähigkeit von etwa 107 S/m, jedoch als ferromagnetischer Stoff ein µr >> 1. In der Simulation wurde ein Wert von µr = 1000 gewählt. Speziallegierungen weisen teilweise sogar noch erheblich größere Werte für µr auf. 47 Prof. Dr. U. van Rienen Ferromagnetika Die Simulation wurde bei einer Frequenz fwechsel = 1 Hz durchgeführt. Es ist eindeutig zu erkennen, dass sich der Strom auf den Leiterrand konzentriert. Dies zeigt eindeutig, dass der Skineffekt nicht nur ausschließlich in der Hochfrequenztechnik zu finden ist. 48 Prof. Dr. U. van Rienen Anwendung: Geschirmtes Gehäuse - Aufgabenstellung Sie bekommen die Aufgabe, einen abgeschirmten Raum zu entwerfen, in den keine HF-Wellen eindringen können. • Die Abschirmung ist aus Aluminium in Kastenform. • Sie soll ebene Wellen ab einer Frequenz von 1 MHz abschirmen. • Es ist gefordert, die Amplitude des elektrischen Feldes innerhalb des Kastens um einen Faktor 106 gegenüber der Amplitude im Außenraum abzuschirmen. Die Leitfähigkeit von Aluminium ist 3,7·107 S/m. 49 Prof. Dr. U. van Rienen Anwendung: Geschirmtes Gehäuse - Annahme Wir vernachlässigen Reflektionen an der Leiteroberfläche, d.h. wir nehmen an, dass die Amplitude direkt hinter der Oberfläche identisch ist zu der an der äußeren Seite der Oberfläche. Da Reflektionen das Feld im Innern reduzieren, ist diese Annahme zulässig. Wir betrachten also den „worst case“. 50 Prof. Dr. U. van Rienen Anwendung: Geschirmtes Gehäuse – Aufgabenstellung Wie stark muss die Wanddicke d mindestens sein, um die Designkriterien zu erfüllen? Zunächst berechnen wir die Dämpfungskonstante k: k = (5.58) μ=μ 0 ωµ0κ = πfµ0κ = π⋅ 106 ⋅ 4 ⋅ π⋅ 10−7 ⋅ 3,7 ⋅ 107 = 1,21⋅ 10 4 2 ⎡ Np ⎤ ⎢ ⎥ ⎢⎣ m ⎥⎦ Für die Amplitude an der äußeren und inneren Oberfläche gilt: 10−6 E0 = E0e − kd wende Logarithmus an ⇔ −6ln10 = −kd ⇒ d = 0,001142 m Die Wand aus Aluminium sollte also 1,142 mm dick sein. Np: Neper; 1 dB ≈ 0,115 Np 51 Prof. Dr. U. van Rienen Anwendung: Geschirmtes Gehäuse - Aufgabenstellung Wie stark muss die Wanddicke d mindestens sein bei Eisen mit κ = 1·107 S/m und µr = 100 ? Zunächst berechnen wir die Dämpfungskonstante k: ⎡ Np ⎤ k = πf 100 µ0κ = π ⋅ 10 ⋅ 400 ⋅ π ⋅ 10 ⋅ 10 = 6,28 ⋅ 10 ⎢ ⎥ ⎢⎣ m ⎥⎦ −7 6 7 4 Für die Wandstärke d ergibt sich dann: 6ln10 d= = 0,00022 m = 0,22 mm k Eisen ist also ein besseres Abschirmmaterial, da der Eisenschirm mehr als 5x dünner ist. Trotz des 2,5-fachen Gewichts von Eisen ist der Schirm leichter als der aus Aluminium. 52 Prof. Dr. U. van Rienen Anwendung: Geschirmtes Gehäuse - Fazit Durch Materialien mit noch höherer Permeabilität kann die Effektivität der Schirmung weiter gesteigert werden. Üblicher ist es jedoch, sehr gut leitende Materialien wie Kupfer zur Schirmung zu verwenden, da sie sich einfacher verarbeiten lassen und auch weitere attraktive Designeigenschaften haben. 53 Prof. Dr. U. van Rienen Wirbelströme in dünnen Platten - Anordnung Wir betrachten nun eine dünne leitfähige Blechplatte: H d κ I E I0 co ch nt i l nd deh e un sge au t ω s y z x H b In ± y-Richtung dringe von beiden Blechseiten eine ebene Welle ins Innere ein. E = Ez e z H = Hx ex 54 (5.126) Prof. Dr. U. van Rienen Wirbelströme in dünnen Platten - Aufgabenstellung Es wird der Hochfrequenz-Widerstand für hohe Frequenzen gesucht (δ << d). Die Gleichungen für die Magneto-Quasistatik lauten: ∂H rot E = −µ ∂t rot H = κE (5.127) (5.128) Wegen der harmonischen Zeitabhängigkeit folgt aus der ∂H Diffusionsgleichung (5.45) ΔH = µκ für H: ∂t ΔH − j ωµκH = 0. 55 (5.129) Prof. Dr. U. van Rienen Wirbelströme in dünnen Platten - Ausgangsgleichung Unter der Annahme, dass Hx nur von y abhängt, folgt hieraus mit ∂2 2 H k Hx = 0 − x 2 ∂y 1+ j 1+ j k= ωκµ = δ 2 (5.130) (5.131) als Kreiswellenzahl und der Eindringtiefe δ nach (5.65). Gleichung (5.130) entspricht der skalaren Helmholtzgleichung, die wir später (Kapitel 6) ausführlicher behandeln werden. 56 Prof. Dr. U. van Rienen Wirbelströme in dünnen Platten – Lösungsschritt 1 Über der Querschnittsfläche A ⊥ ez (⇒ dA = ez) liefert das Durchflutungsgesetz ∫∫ (rot H − κE) dA = 0 A −b / 2 b/2 ∫ x =−b / 2 Hx d y =− 2 dx + ∫ −H x x =b / 2 d y =− 2 dx = I0 →H x y =− d 2 I0 = , 2b (5.132) wobei der Beitrag der Schmalseiten d der Querschnittsfläche zum Umlaufintegral vernachlässigt wurde. 57 Prof. Dr. U. van Rienen Wirbelströme in dünnen Platten – Lösungsschritt 2 Der Lösungsansatz für die skalare Helmholtzgleichung nach Gleichung (5.130) lautet ky H x = C1 e + C2 e −ky d d mit − < y < 2 2 Die Konstanten C1 und C2 sind die zu bestimmenden Amplituden der hin- und rücklaufenden Welle. 58 Prof. Dr. U. van Rienen (32) Wirbelströme in dünnen Platten – Lösungsschritt 3 Für die Randbedingungen auf der Plattenoberfläche ergibt sich mit Gleichung (5.132) I0 H x ( y = d / 2) = − H x ( y = d / 2) = 2b → C1 = − C2 = C I0 / 2b e−kd / 2 − e kd / 2 I0 e ky − e−ky I0 sinh(ky ) = =− kd / 2 −kd / 2 −e 2b e 2b sinh(kd / 2) C = → (22) → Hx ( y ) Hx ( y ) I0k cosh(ky ) 1 ∂ = Hx = − κ ∂y 2bκ sinh(kd / 2) 59 Prof. Dr. U. van Rienen (5.134) (5.135) (5.136) Wirbelströme in dünnen Platten – Feldverteilung Feldverteilung über dem Plattenquerschnitt: Re {Ez} E H d κ I H b l d − 2 y z 0 d 2 Re {Hx} x y Für sehr hohe Frequenzen wird der Strom praktisch vollständig an die Oberfläche y = ± d/2 verdrängt (Skineffekt). 60 Prof. Dr. U. van Rienen Wirbelströme in dünnen Platten – Bestimmung RW und Li Im folgenden werden der Wirkwiderstand RW und die innere Induktivität Li zugeordnet: U = I0 (RW + j ωLi ) = l ∫ E dz = E l z (5.137) z z=0 Mit Ez ≈ Ez (y = d/2) folgt I0 k cosh (kd / 2) I0 (RW + j ωLi ) = l. 2bκ sinh (kd / 2) (5.131) → (5.138) ⎛1+ j d ⎞⎟ RW Li 1+ j coth ⎜⎜ + jω = ⎟⎟ ⎜ ⎝ 2bκδ l l δ 2⎠ eu + e−u coth u = u e − e−u 61 → (5.139) limcoth (1+ j ) α ≈ 1 α 1 Prof. Dr. U. van Rienen (5.140) Wirbelströme in dünnen Platten – RW und Li E 1 ∼ ω 2bκδ 1 1 ′ ∼ Li = 2bκδω ω RW′ = H d κ I l H b y z (5.141) (5.142) x für den längennormierten Wirkwiderstand R'W und die längennormierte innere Induktivität L‘i. Für I = 0 in der Mitte der Platte ergibt sich 1 RW′ (Mitte) = bκδ (5.143) Sein Betrag ist doppelt so groß wie in (40). 62 Prof. Dr. U. van Rienen Einseitige Stromverdrängung auf einer Bandleitung Wechselstrom auf 2 Schienen: d Et Für d δ gilt (5.143) für eine I H En H d I b Et einzelne Schiene. Der gesamte Widerstand der Bandleitung (je Längeneinheit) ist also 2 ′ RW = bκδ 63 (5.144) Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsmodell zur Bandleitung d Et I H En H d Et I b Als Modell dient ein U-Profil aus Kupfer. d = 5 cm b = 20 cm Die Simulation wurde bei einer Frequenz f = 50 Hz durchgeführt. 64 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für J für die Bandleitung Stromdichte im Querschnitt durch das Profil Betrag der Stromdichte Am äußeren Rand erreicht die Stromdichte das 2,5fache des Wertes vom inneren Rand. 65 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für H für die Bandleitung Magnetfeld im Querschnitt durch das Profil Analog zu J ist auch H an den äußeren Rändern um den Faktor 2,5 stärker als an den innen liegenden Rändern. 66 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für E für die Bandleitung Elektrisches Feld im Längsschnitt durch das Profil 67 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsmodell mit größerem Schienenabstand Wie verändert sich die Stromdichteverteilung für den Fall, dass beide Schienen weiter von einander entfernt liegen?? Modell 1 Modell 2 Die stromführenden Schienen befinden sich im zweiten Modell 5cm weiter voneinander entfernt. Länge und Breite wurden nicht geändert. 68 Prof. Dr. U. van Rienen Vergleich von J auf beiden Bandleitungen Modell 1 Modell 2 Mit zunehmendem Abstand konzentriert sich der Strom immer weiter auf den äußeren Rand des Profils. 69 Prof. Dr. U. van Rienen Stromverdrängung in Ankernuten b E⊗ Fe µ>>µ0 Cu H µ = µ0 Fe d Zur Begrenzung des hohen Anlaufstroms bei Asynchronmotoren werden Tiefnutstromläufer verwendet. Im Augenblick des Ausschaltens beträgt die Läuferfrequenz f = 50 Hz und somit δ ≈ 1 cm. 70 Prof. Dr. U. van Rienen Stromverdrängung in Ankernuten b E⊗ Fe µ>>µ0 Cu H µ = µ0 Fe d Bei der sehr geringen Läuferfrequenz des laufenden Motors (Schlupffrequenz) kann mit δ → ∞, d.h. mit dem Gleichstromwiderstand R0 des Läufers gerechnet werden. 71 Prof. Dr. U. van Rienen Stromverdrängung in Ankernuten Wegen µFe µ0 gilt annähernd H ⊥ Fe. Bei genügender Dicke d δ ist der untere Teil der Schiene stromlos. Entsprechend (5.143) gilt daher RW′ = 1 1 µ0 ω = bκδ b 2κ (5.145) Falls d nicht genügend groß ist, muss eine reflektierte Welle berücksichtigt werden. Das Resultat wird dann komplizierter. 72 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsmodell für die Ankernut Kupferstrang: Tiefe d = 13 cm Breite b = 5 cm Der Läuferblock besteht aus einer Eisenlegierung mit folgenden Daten: µr = 1000 κ = 1·107 S/m Die Nut ist mit einem massiven Kupferstrang gefüllt: µr = 1 κ = 5,7 ·107 S/m 73 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für J in der Ankernut bei 1 Hz Simulationsergebnisse bei f = 1 Hz: Die Stromdichte wurde entlang des blau markierten Weges gemessen. Der größte Teil des Stromes konzentriert sich an der Oberfläche des Kupferstranges. 74 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für H in der Ankernut bei 1 Hz H – Feld bei f = 1 Hz Die Feldlinien treten fast senkrecht aus dem Eisen aus (bedingt durch µr Fe µr Cu ). 75 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für J in der Ankernut bei 50 Hz Simulationsergebnisse bei f = 50 Hz (Bei 50 Hz läuft der Motor an): Der Strom konzentriert sich zum größten Teil auf eine etwa 1 cm dicke Schicht an der Oberfläche des Kupferstranges. Nährungsweise kann der Gleichstromwiderstand berechnet werden mit R`≈ l / (κ·δ·b). 76 Prof. Dr. U. van Rienen Simulationsergebnisse für H in der Ankernut bei 50 Hz H – Feld bei f = 50 Hz Neben dem Magnetfeld an der Oberfläche der Kupferschiene gibt es einen zweiten Wirbel am oberen Ende. In diesem Bereich fließt ein Großteil des Stromes! 77 Prof. Dr. U. van Rienen