Referat Alain Di Gallo, Chefarzt KJPD Basel

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Kinderpsychiatrie heute und morgen
Bewährtes und Herausforderungen
Symposium «Auf dem Weg»
Schaffhausen, 9. Juni 2016
Alain Di Gallo
Kind und Schule
› 75% der 8-9 Jährigen gehen gerne zur Schule.
› Nur noch die Hälfte der 9-14 Jährigen fühlt sich in der Schule wohl.
› Praktisch alle Studien finden einen Rückgang der Schulzufriedenheit im
Altersverlauf.
› Die Erklärung dafür ist unklar.
› Steigender Leistungsdruck?
› Abnehmende Leistungsbereitschaft?
› Ca. 15% der Schulkinder zeigen ernst zu nehmende Zeichen von
Schulstress oder Schulangst.
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| 2
Shellstudie 2010: Qualitative Interviews
mit Jugendlichen
«Die von uns befragten Jugendlichen beschreiben ihr Leben
nicht als ‘unter Druck’, sondern als erfüllt mit ihren eigenen
Ideen, Wünschen, Interessen und Ambitionen, die sie
verwirklichen möchten. Sie erleben sich nicht als getrieben von
äusseren Zwängen, auf die sie reagieren müssen, sondern
gestalten selbstwirksam und zuversichtlich ihre Zukunft.»
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| 3
Häufigkeit psychischer Krankheiten bei
Kindern und Jugendlichen
Psychiatrische
Symptome im
klinischen Bereich
Beeinträchtigung
im Alltag
20.2 %
12.4 %
21.3 %
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| 4
Konsum von Zigaretten und Alkohol (mind. wöchentlich),
und Cannabis (mind. monatlich) bei 15-Jährigen
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5
Alkohol – Rauschtrinken in den letzten 30d
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6
Häufigkeit des Rauschtrinkens
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7
Schweizerisches Suchtmonitoring 2014
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Psychische Gesundheit und Krankheit bei
Kindern und Jugendlichen
› Die epidemiologischen Studien der letzten 65 Jahre zeigen, dass 15-22%
aller Kinder und Jugendlichen innerhalb eines Jahres mindestens eine
psychische Krankheit aufweisen.
› Es bestehen keine gesicherten Hinweise auf eine Zunahme der
Gesamtprävalenz.
› Zugenommen haben aber die Sensibilität und Aufmerksamkeit für
psychisches Leiden. Die verbesserte Diagnostik erlaubt eine
Differenzierung der Störungsbilder und zeigt wohl eher eine scheinbare
als absolute Zunahme gewisser Krankheiten.
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Psychische Gesundheit und Krankheit bei
Kindern und Jugendlichen
› Aktuelle Daten in den USA zeigen, dass heute die wichtigsten fünf
Gesundheitsprobleme, die Kindern und Jugendlichen Einschränkungen
in ihrem Alltagsleben aufzwingen, im mentalen Bereich liegen.
› Die meisten Kinder entwickeln sich günstig, aber die Hälfte der Eltern
fühlt sich verunsichert, woran sie sich in der Erziehung halten sollen.
› 50% der psychiatrischen Krankheiten beginnen im Alter von < 15 Jahren
und 75% im Alter von < 25 Jahren.
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Die aktuelle Situation der Kinder- und
Jugendpsychiatrie in der Schweiz
Doctorfmh.ch, Mai 2016 (Ärzteverzeichnis der FMH)
› Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie:
› Praxen:
› Spitalärzte und angestellte Ärzte:
551
222
(Bei 1,5 Millionen unter 19-jährigen ergibt das ein Verhältnis von
1:2000 und damit eine der höchsten Dichten weltweit.)
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Die aktuelle Situation der Kinder- und
Jugendpsychiatrie in der Schweiz
Umfrage zur Praxistätigkeit (SGKJPP, 2011)
› 588 Personen wurden angeschrieben
› 113 (19%) haben geantwortet
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Geschlecht (N = 113, 46 Männer und
67 Frauen)
männlich
40.70%
weiblich
59.30%
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| 13
Vergleich Geschlecht Therapeut in Bezug auf
Arbeitsprozentsatz 2010
20%
15%
Frauen
Männer
10%
5%
0%
< 16 Std.
16-24 Std.
24-32 Std.
32-40 Std.
> 40 Std.
N = 113, Frauen = 67, Männer = 46;
Unterschiede sind signifikant (p < .001)
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| 14
Alter (N = 113)
24.80%
18.60%
16.80%
16.80%
14.20%
6.20%
1.80%
< 40 J.
0.90%
40-45 J. 45-50 J. 50-55 J. 55-60 J. 60-65 J.
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> 65 J.
keine
Angabe
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Ort der Praxis (Stadt/Land N = 113)
keine Angabe
4%
Land 22%
> 100‘000
45%
25‘000-50‘000
21%
Stadt 74%
50‘000-100‘000
8%
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Gesellschaftsstruktur der Schweiz (1)
Anteil der 0-20 jährigen:
1900:
1970:
2012:
2050:
40 %
31 %
22 %
0-20 Jahre
> 65 Jahre
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17 %
28 %
| 17
Gesellschaftsstruktur der Schweiz (2)
Die Gesellschaft baut auf der Familie auf. Aber die Familienstrukturen
ändern sich: Eineltern- und Patchworkfamilien nehmen zu.
Kinder, die in der Schweiz mit einem Elternteil aufwachsen:
1980:
2000:
8%
12 %
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| 18
Gesellschaftsstruktur der Schweiz (3)
Ca. 70 % der Mütter mit Kindern < 14 Jahren sind erwerbstätig.
Sehr oft in Teilzeit.
Externe Kinderbetreuung:
› 1991:
› 2001:
› 2004:
14 %
28 %
41 %
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Gesellschaftsstruktur der Schweiz (4)
Die Familie wird in der Schweiz weitgehend als Privatangelegenheit
betrachtet.
> 50 % der externen Betreuung erfolgt durch Verwandte und Bekannte.
Es besteht ein Bedarf von mindestens 50‘000 weiteren Betreuungsplätzen
für Kinder im Vorschulalter.
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Gesellschaftsstruktur der Schweiz (5)
Soziale Netzwerke
12-19 jährige (2008):
96 % internet Zugang
70 % Computer im eigenen Zimmer
50 % internet im eigenen Zimmer
«Netcapped» Kinder werden zu Aussenseitern
«Online» versus «offline» Realität
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Wie definieren wir psychische Krankheit?
› Als neurologische Dysfunktion?
→ pathophysiologischer Prozess
› Als Störung der seelischen Anpassung?
→ psychopathologische Klassifikation
› Als subjektive Erfahrung?
→ seelisches Leiden
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Wird passend gemacht...?
› Perfekter Körper?
→ Fitness, Wellness
→ schlank sein (aber nicht zu sehr...)
› Perfekte Leistung?
→ Förderung (um jeden Preis?)
→ Nachhilfe
→ Methylphenidat
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DIAGNOSTIK
Multiaxiale Klassifikation:
Achse 1 Klinisch psychiatrisches Syndrom («F-Diagnose»)
Achse 2 Umschriebene Entwicklungsstörungen
Achse 3 Intelligenzniveau
Achse 4 Körperliche Symptomatik
Achse 5 Assoziierte, aktuelle, abnorme psychosoziale Verhältnisse
Achse 6 Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung
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DIAGNOSTIK
Achse 1
Klinisch psychiatrisches Syndrom («F-Diagnose»)
Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0)
Achse 2
Umschriebene Entwicklungsstörungen
Achse 3
Intelligenzniveau
Achse 4
Körperliche Symptomatik
Achse 5
Assoziierte, aktuelle, abnorme psychosoziale Verhältnisse
Achse 6
Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung
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DIAGNOSTIK
Achse 1
Klinisch psychiatrisches Syndrom («F-Diagnose»)
Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0)
Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters (F93.2)
Nicht organische Enuresis (F98.0)
Achse 2
Umschriebene Entwicklungsstörungen
Isolierte Rechtschreibstörung
Achse 3
Intelligenzniveau
Klinisch durchschnittliche Intelligenz
Achse 4
Körperliche Symptomatik
Adipositas
Achse 5
Assoziierte, aktuelle, abnorme psychosoziale Verhältnisse
Elterliche Überfürsorge und verzerrte innerfamiliäre
Kommunikation
Achse 6
Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung
Ernsthafte soziale Beeinträchtigung in den Bereichen Kontakt
zu Gleichaltrigen und Schule
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Der Bezug von Methylphenidat in der CH
Kühne R., Rapold R., 2011, SÄZ, 1295-1299. „Helsana Studie“
› 2006-2009:
› Anteil Bezüger stieg um 42 % (von 0,26 % auf 0,37 %)
› Durchschnittliche Dosis stieg um 9,7 % (von 5600 mg auf 6200 mg pro
Jahr)
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| 28
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| 29
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| 30
Der Bezug von Methylphenidat in der CH
Kühne R., Rapold R., 2011, SÄZ, 1295-1299. «Helsana Studie»
Wer verschreibt Methylphenidat?
› Pädiater:
27,8 %
› Allgemeine und Innere Medizin: 25,6 %
› Psychiater:
24,9 %
› Kinder- und Jugendpsychiater:
10,5 %
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| 31
Übergänge
Von Lebensphase zu Lebensphase
Von Setting zu Setting
Von Fach zu Fach
Von Schnittstellen zu Nahtstellen
Von Fragmentierung zu Synapsen
Von Ort zu Ort
Versorgungsketten
› Prävention
› Ambulante Angebote
› Aufsuchende Hilfen
- Konsiliar- und Liaisonangebote
- Hometreatment
› Tagesklinische Behandlung
› Stationäre Behandlung
› Intensivbehandlung / geschützter Rahmen
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| 33
Interdiszplinarität
Herausforderungen interdisziplinärer Kooperation
(Fegert, 2011)
› Unterschiedliche «Sprache» und Bewertung
› Misstrauen an Schnittstellen und Systemgrenzen
› Gerangel um oder Hin- und Herschieben der Federführung
› Abbrüche in Delegationsketten
› Kostenübernahme
Interdisziplinarität
› Erwachsenenpsychiatrie
› Psychologie
› Pädiatrie
› Pädagogik
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Erwachsenenpsychiatrie
Adoleszentenpsychiatrie , FMPP
› Psychologie
› Pädiatrie
› Pädagogik
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Psychiatrie
› Psychologie
4000 Medizin
Studierende
› Pädiatrie
7000 Psychologie
› Pädagogik
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Psychiatrie
› Psychologie
› Pädiatrie
Psychosomatik, Kinderschutz
› Pädagogik
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Psychiatrie
› Psychologie
› Pädiatrie
› Pädagogik
Behandlung ↔ Erziehung
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Psychiatrie
› Psychologie
› Pädiatrie
› Pädagogik
› Sozialarbeit
Schulsozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Psychiatrie
› Psychologie
› Pädiatrie
› Pädagogik
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
gemeinsame elterliche Sorge
KESB
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Interdisziplinarität
› Erwachsenenpsychiatrie
› Psychologie
› Pädiatrie
› Pädagogik
› Sozialarbeit
› Rechtssystem
› Wirtschaftssystem, Oekonomie
› Ethik, Philosophie, Sozialwissenschaften
Aus: Rüegg-Stürm J. (2008), Schweiz. Ärztezeitung, 1413-16
Übergänge
Von Lebensphase zu Lebensphase
Von Setting zu Setting
Von Fach zu Fach
Von Schnittstellen zu Nahtstellen
Von Fragmentierung zu Synapsen
Von Ort zu Ort
Europa 2015
1’
3
0
0’
0
0
0
2 Millionen
700’000
Weltweit im Jahr 2014 ca. 50 Millionen Flüchtlinge, 50% < 18 Jahre alt
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| 45
Schweiz 2015
› 40’000 Asylanträge
› Eritrea > Afghanistan > Syrien
› ¼ der Asylanträge betrafen Minderjährige
› 3% aller Asylanträge in Europa (2% über Balkanroute,
8-10% über Italienroute)
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| 46
Schweiz 2015
› 40’000 Asylanträge
› Eritrea > Afghanistan > Syrien
› ¼ der Asylanträge betrafen Minderjährige
› 3% aller Asylanträge in Europa (2% über Balkanroute,
8-10% über Italienroute)
› Vergleich zu 2014:
› 24’000 Asylanträge
› 3,8% aller Asylanträge in Europa
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| 47
Minderjährige Asylsuchende
› 2015 gingen in der Schweiz rund 2500 Asylgesuche von unbegleiteten
Minderjährigen ein. Ca. 100 von ihnen waren < 12 Jahre alt.
› Geschlechterverhältnis
› Begleitete Minderjährige: Je 50% Knaben und Mädchen
› Unbegleitete Minderjährige: 85% Knaben
› Manche unbegleiteten Minderjährigen reisen in Gruppen, zeitweise
auch begleitet von Erwachsenen. Oft wissen die Eltern, dass ihre
Kinder das Land verlassen haben und auf der Flucht sind.
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| 48
Minderjährige Asylsuchende
› Unbegleitete Jugendliche berichten häufiger über traumatische
Erfahrungen im Heimatland als begleitete Jugendliche.
› Auch von grossen Belastungen auf der Flucht wird berichtet:
› Trennungen
› Sexuelle und körperliche Gewalt
› Erzwungene Arbeit
› Keine Schul- und Bildungsmöglichkeiten
› Sorge um die Eltern
› Körperliche Krankheiten
› Infektionen (u.a. Mittelohr, Haut)
› Mangelernährung (Eisenmangel)
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| 49
Minderjährige Asylsuchende
› Es gibt wenig zuverlässige Zahlen zu den psychischen Auffälligkeiten der
Betroffenen. Die Angaben beruhen weitgehend auf Untersuchungen mit
einfachen Screening-Instrumenten.
› 20-80% der unbegleiteten Minderjährigen zeigen psychische Probleme:
› Posttraumatische Belastungssymptome
› Depressive Symptome
› Angstsymptome
› Selten Auffälligkeiten im Verhalten (im Selbsturteil weniger
als Stichproben aus der Allgemeinbevölkerung. Im Fremdurteil aber Anzeichen für gehäuftes Auftreten)
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| 50
Minderjährige Asylsuchende
› Die Auffälligkeiten zeigen eine hohe Stabilität. Es wird auch im
Ankunftsland über belastende Lebensereignisse und -umstände
berichtet, was eine Erholung erschwert.
› 80-20% zeigen keine psychischen Auffälligkeiten.
› Als Schutzfaktoren werden genannt:
› Soziale Unterstützung
› Bildungsmöglichkeiten
› Kontakt zur Familie im Heimatland
› Religion
› Vermeidung
› Hoffnung
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Minderjährige Asylsuchende
› Die Flüchtlingskrise ist auch eine ethische Krise. In manchen Ländern
ist der Ausdruck eine Untertreibung, in anderen eine Übertreibung.
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Minderjährige Asylsuchende
Was tun?
› Im Zentrum steht die Gewährleistung der humanitären
Grundbedürfnisse: Sicherheit, Schutz vor Diskriminierung,
Recht auf Bildung
› Keine Trennung von Familien
› Raum für so viel Privatsphäre wie möglich
› Spielmöglichkeiten und Schulbesuch
› Die Betreuungspersonen in den Empfangszentren und Asylunterkünften
müssen über Aufmerksamkeit und Kenntnis für psychische Krankheitszeichen verfügen. Ein einfacher Zugang für sie zu einer psychiatrischpsychologischen Kontaktstelle muss gewährleistet sein.
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Zukunft
› Versorgungsqualität
› Versorgungsgerechtigkeit
› Subsidiarität
Versorgungsqualität
› Evidenz
› Leitlinien
› Erkenntnisse zum Verständnis von Risiken, Ursachen und
schützenden Faktoren
- und für die Zusammenhänge zwischen den drei!
› Ausgewogenheit der Angebote
- allgemeine Psychiatrie ↔ Spezialangebote
- ambulant ↔ tagesklinisch ↔ aufsuchend ↔ stationär
Versorgungsgerechtigkeit
Die Verteilung und der Zugang zu den zur Verfügung stehenden
Ressourcen sollten nach Schweregrad geregelt sein:
› Je schwerwiegender die Störung desto primärer die Hilfe:
- Psychosen
- frühkindlicher Autismus
- schwere depressive Episoden mit Suizidalität
- Persönlichkeitsstörungen
- Suchtstörungen
- Posttraumatische Störungen
-…
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Subsidiarität
Die Behandlungsangebote sollten:
› möglichst wenig invasiv sein
- präventiv vor ambulant vor aufsuchend vor tagesklinisch vor
stationär vor intensivmedizinisch
› so gut wirksam wie möglich sein
- Evidenz- und Leitlinien-gestützt
› nachhaltig sein
› ökonomisch sein
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