diegottesanbeterin erobertdennorden

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10. März 2017
Früher war es nur im Süden
der Alpen warm genug für
Mantis religiosa
Thema
DIE GOTTESANBETERIN
EROBERT DEN NORDEN
von Martina Kobiela / pd
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Die Gottesanbeterin ist für ihren
Sexualkannibalismus bekannt.
Es heisst, dass das Weibchen das
Männchen während des Geschlechtsverkehrs bei lebendigem Leibe verschlingt. Dabei
beginnt es mit dem Kopf des
Männchens. Denn das beeinträchtigt den Kopulationsakt
nicht, da dieser vom letzten Hinterleibsnervenknoten des Männchens gesteuert wird. Die Männchen der Mantis religiosa, wie
die Gottesanbeterin wissenschaftlich heisst, denken also
tatsächlich mit ihren Genitalien.
Tatsächlich jedoch kommt es nur
selten vor, dass die Weibchen die
Männchen während des Sexualaktes verspeisen, wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu)
in einem Mediencommuniqué
zur Wahl des Insekts des Jahrs
2017 erläutert. Hingegen komme es durchaus auch vor, dass
Männchen sich gegenseitig auffressen oder dass ein Weibchen
das andere verschlingt. “Wir
wollen mit unserer Wahl diese
faszinierende Vertreterin der
Fangschrecken ehren und mit
Vorurteilen aufräumen”, begründet Prof. Dr. Thomas Schmitt,
Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts
in Müncheberg und Vorsitzender
des Auswahl-Kuratoriums, die
Entscheidung, Mantis religiosa
zum Insekt des Jahres 2017 zu
küren.
Deswegen wählt ein internationales Kuratorium seit 1999 ein
Insekt des Jahres für Deutschland, Österreich und die
Schweiz: Die Erfahrung zeige,
dass gezielte Informationen über
ökologisch ausserordentlich bedeutungsvolle aber oft unterschätzte und vernachlässigte Insekten zu einer breiteren Akzeptanz in der Bevölkerung führten
und unbegründete Vorurteile abbauen hülfen.
Expansion dank Erderwärmung
Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) findet sich besonders oft
in Böschungen oder in Gärten.
Es muss nur etwas in der Nähe
blühen, sodass andere Insekten ihre Beutetiere - angelockt werden. Da sie sehr wärmebedürftig
ist, beschränkt sich ihr Vorkommen in Europa auf warme und
trockene Orte. Im Süden des
Kontinents kommt die Gottesanbeterin im gesamten Mittelmeerraum gängig vor. Auch im
Tessin lebt sie häufig an sonnigen Lagen.
Im Norden war sie bis vor Kurzem nur selten anzutreffen. Die
Gottesanbeterin gehört zu den
Arten, die sich mit der Klimaerwärmung immer weiter nach
Norden ausbreiten. Ursprünglich stammt Mantis religiosa aus
Afrika. Von dort haben sich die
bis zu 75 Millimeter langen
Weibchen und mit bis zu 60
Millimeter deutlich kleineren
Männchen über Südeuropa immer weiter ausgebreitet. Einige
der Fundorte nördlich der Alpen
mögen auch auf Verschleppung
als unbeabsichtigtes “Urlaubsmitbringsel” aus dem Süden zurückgehen. Aber insgesamt sei
die Art ein gutes Beispiel für die
Auswirkung des globalen Klimawandels auf die mitteleuropäische Tierwelt. Mit steigenden Temperaturen werde sich
die Gottesanbeterin voraussichtlich immer weiter ausbreiten, heisst es von Seiten des internationalen Kuratoriums “Insekt des Jahres”.
Ungiftig und unschädlich
Gottesanbeterinnen sind nicht
giftig und gelten auch nicht als
Schädlinge. Sie beissen auch
nicht. Jedoch sollten sie nicht
eingesammelt werden, denn sie
sind geschützt. Zwar wird die
Haltung der Fangschrecken in
Terrarien oder auf Zimmerpflanzen immer beliebter, Wildfänge dürfen dafür jedoch nicht
genutzt werden.
An ihren Fangarmen hat die
Gottesanbeterin Widerhaken,
die verhindern, dass einmal gefangene Beutetiere wieder entkommen. Sie hat keine Zähne
sondern Mandibeln als Fresswerkzeuge. Sie frisst Spinnen,
Bienen, Fliegen, Feldheuschrecken und andere Insekten,
manchmal sogar Kleintiere, die
sich in ihrer Nähe bewegen.
Die Gottesanbeterin hat ausserordentlich gute Augen. Dank
der grossen runden Facettenaugen, die weit auseinanderliegen,
hat sie ein grosses Blickfeld.
Die meisten Facettenzellen dienen dazu, Bewegung zu registrieren. Einige ihrer Augenzellen in der Mitte des Auges sind
besonders auf die Weitsicht eingestellt und erlauben es ihr, viele Details wahrzunehmen. Deshalb kann Mantis religiosa häufig dabei beobachtet werden,
wie sie ihren Kopf ruckartig bewegt, um sich irgendetwas genauer anzusehen. Wenn sie eine
Beute entdeckt hat, die etwas
weiter entfernt ist, beginnt sie
Die im Tessin häuig vorkommenden Tiere sitzen meist ruhig auf Planzen und spähen nach Beute
ganz langsam zu klettern und
macht dabei schaukelnde Bewegungen. Mit dem Schaukeln
imitiert sie ein Blatt im Wind.
Sie schnappt extrem schnell zu.
Auch aus völligem Stillstand.
Mit blossem Auge kann die Bewegung nicht erkannt werden.
Gottesanbeterinnen sitzen zwar
meistens regungslos und lauern
auf Beute, doch sie haben Flügel und können fliegen. Eine
Insekt des Jahres 2017
Leicht zu erkennen, schwer zu finden
Es gibt wohl wenige Insekten, die so einfach zu erkennen
sind wie die Gottesanbeterin: Der dreieckige Kopf ist breiter
als lang mit grossen weit voneinander entfern liegenden Facettenaugen. Das wohl eindeutigste Merkmal sind die zu
Fangarmen ausgebildeten, grossen Vorderbeine, die an einem verlängerten Brustsegment hervorgehen. Während die
Weibchen grösser sind und nur kurze Flügel haben, haben
die kleineren und schlankeren Männchen voll ausgebildete
Flügel. Obwohl die Gottesanbeterinnen relativ gross sind (bis
zu 7.5 cm), sind sie nicht leicht in der Natur zu finden. Das
liegt daran, dass sie meist still auf einer Pflanze sitzen und
nach Beute spähen. Ihre Anwesenheit zeigt sich vor allem im
Herbst durch die auffallenden 10 bis 30 mm grossen pilzartigen Eigelege, die sogenannten Ootheken, die an Pflanzen befestigt sind. Die Eier überwintern in den Ootheken. Die Larven
schlüpfen im Frühling.
mk
fliegende Gottesanbeterin zu sehen ist jedoch eine Seltenheit.
Gottesanbeterinnen erspähen
Beute mit ihren Augen und
sind – unter anderem – deshalb
tagaktiv.
Sie erlebt nur einen Sommer
Die Gottesanbeterin lebt nur ein
Jahr lang. Nachdem die Tiere im
Frühling als Larven geschlüpft
sind, durchlaufen sie – je nach
Geschlecht – bis zu sechs verschiedene Larvenphasen. Bereits in diesem jungen Stadium
lebt Mantis religiosa räuberisch
und ernährt sich ausschliesslich
von anderen Kleinsttieren, die
sie bei lebendigem Leib verspeist. Erst im Hochsommer tauchen die ersten erwachsenen
Tiere auf. Etwa zwei Wochen
nach der Häutung zum Erwachsenenalter werden die Tiere geschlechtsreif. Einige Tage nach
der Begattung legen die Weibchen ihre Eier in einer sogenannten Oothek ab. Sie schlagen dazu
ein Sekret aus ihrem Hinterleib
schaumig und legen darin bis zu
200 Eier ab. Diese Eigelege befestigen die Sechsbeiner an
Pflanzen, aber auch an Regenrinnen, Gartentischen und -stüh-
len, Fensterbänken und allen anderen Gegenständen, die dem
Weibchen geeignet scheinen.
Die Schaummasse erhärtet
schnell und gibt der nächsten
Generation von Gottesanbeterinnen Schutz vor kalten Temperaturen und anderen Wettereinflüssen im Winter. Im Herbst
verenden die erwachsenen Tiere,
während ihre Nachkommen in
den gut isolierten Eigelegen
überwintern. Die erwachsenen
Tiere erwarten ihren Tod oft regungslos und werden oft von
grösseren Tieren, wie zum Beispiel Vögeln, gefressen, bevor
der Winter einbricht.
Das Insekt des Jahres wird seit
1999 proklamiert. Die Idee hierzu stammte vom Prof. Dr. Holger Dathe, damaliger Leiter des
Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg. Ein Kuratorium, dem
namhafte Insektenkundler und
Vertreter wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen
angehören, wählt jedes Jahr aus
zahlreichen Vorschlägen ein Insekt aus. Der Nabu ist vertreten
durch Werner Schulze, Sprecher
des Bundesfachausschusses Entomologie.
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