Der Zeltlager-Ernährungscheck

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Foto: DRK-Archiv
Der Zeltlager-Ernährungscheck
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Gut soll es schmecken, satt soll es machen und
außerdem noch gesund sein: das Essen beim Zeltlager. Conny Bayer hat dem Verpflegungszug aus Tübingen in die Kochtöpfe geschaut und den Speiseplan
einem Ernährungscheck unterzogen.
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n den letzten Jahren wird
die Forderung nach gesunder Ernährung immer lauter. In Schulen und Kindergärten
wird den Kleinsten beigebracht,
was ausgewogene Ernährung
heißt. Und in den JRK-Leitsätzen heißt es: „Wir passen auf
unsere Gesundheit auf und lernen gemeinsam mit anderen
Kindern und Jugendlichen, wie
man gesund bleibt.“ So zumindest die Theorie. Und was
kommt in den JRK-Zeltlagern
tatsächlich auf den Teller?
Erbsensuppe, natürlich! Oder?
Was ist gesundes
Auszug aus der Einkaufsliste für ein dreitägiges Zeltlager des JRK Tübingen. Hier wird kulinarisch mehr
geboten als Erbsensuppe
JRK-Magazin 4/06
Was ist gesundes Essen?
Nach den Regeln der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung (DGE) zeichnet sich eine gesunde
Kost dadurch aus, dass sie abwechslungsreich ist
und Getreideprodukte und Kartoffeln enthält, die
reich an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen
sind, gleichzeitig aber kaum Fett enthalten. Fünf
Portionen Obst und Gemüse pro Tag sollten es
schon sein, roh, als Saft oder kurz gegart. Auch
Milch und Milchprodukte dürfen nicht zu kurz
kommen. Ein- bis zweimal in der Woche sollte
Fisch auf den Tisch kommen. Fleisch und Wurstwaren versorgen den Körper mit Eisen und den
Vitaminen B1, B6 und B12, sollten aber genau
wie Eier nur in Maßen verzehrt werden. Fett,
Zucker und Salz kommen in einem gesunden
Speiseplan nur in geringen Mengen vor.
Gesundes Essen alleine reicht aber nicht aus. Um
gesund und fit zu bleiben, muss jeder pro Tag
mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen
– am besten Wasser, Tee oder verdünnte Säfte –
und sich ausreichend bewegen.
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1. Tag
Frühstück:
Brot und Brötchen, Marmelade, Schokocreme,
Butter, Müsli und Cornflakes, Jogurt, Obst, Tee,
Kaffee und Milch
Mittagessen:
Mittags gibt’s das schwäbische Nationalgericht:
Linsen und Spätzle mit Saitenwürstchen, zum
Nachtisch Obst.
Abendessen:
Reispfanne mit Schinken, Brokkoli, Karotten,
Pilzen, Paprika und Mais
Auswertung:
Das Frühstück klingt schon mal gut: Reichlich
Getreideprodukte in Form von Brot, Brötchen,
Müsli und Cornflakes. Obst ist dabei, ebenso
Milchprodukte. Ein guter Start in den Tag also.
Aber was ist mit der Schokocreme? Fett und
Zucker pur! Doch Essen soll auch Genuss sein,
das sehen auch die Ernährungsexperten der DGE
ein. Hier kommt es einfach auf die Menge an. Ab
und zu Schokocreme aufs Frühstücksbrot ist in
Ordnung. Mittag- und Abendessen sind auch
ausgewogen. Zieht man mal die Tagesbilanz pro
Person, dann heißt das konkret: 2100 kcal, 72 g
Eiweiß, 67 g Fett. Die DGE empfiehlt für Kinder
und Jugendliche pro Tag etwa 2000 bis 2500 kcal,
50 g Eiweiß, 60 bis 80 g Fett. Damit ist dieser Tag
zwar etwas eiweißlastig, aber nicht schlecht.
Auch Spurenelemente wie Eisen, Vitamine und
Mineralstoffe sind ausreichend vorhanden.
2. Tag
Frühstück:
siehe Vortag
Mittagessen:
südamerikanischer Eintopf mit Brot, zum Nachtisch selbstgemachter Schokopudding
Abendessen:
Bauernfrühstück und Salat
Auswertung:
Ernährungsexperten fordern, dass mehr als 50
Prozent der täglichen Energiezufuhr aus Kohlenhydraten und nicht mehr als 30 Prozent aus Fett
kommen. Und das ist an diesem Tag gegeben,
auch wenn Eintopf, Pudding und Bauernfrühstück erst mal nicht so klingen. Aber im Eintopf
ist relativ viel Gemüse, dafür wenig Wurst und
Hackfleisch – deshalb: Forderung erfüllt. Mit
Salat und Obst kommt zwar frisches Obst und
Gemüse auf den Tisch, aber die Vitaminzufuhr
ist an diesem Tag am unteren Limit. Insgesamt
besteht der zweite Tag den Ernährungscheck –
wenn auch ziemlich knapp!
3. Tag
Frühstück:
siehe Vortag
Mittagessen:
Zum Abschluss gibt es Gulasch mit Spätzle und
Salat, zum Nachtisch für jeden ein Stück Obst.
Auswertung:
Das Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten ist in
Ordnung. Bislang kommen an diesem Tag aber
die Vitamine zu kurz. Diesen Mangel müsste die
dritte Mahlzeit zu Hause ausbügeln.
Fazit
Zugegeben, man kann sich vollwertiger ernähren
als bei einem JRK-Zeltlager. Insgesamt haben sich
die JRKler aus Tübingen mit ihrem Speiseplan
allerdings viel Mühe gegeben. Lobenswert sind die
vielen frischen Zutaten, die vor Ort zu organisieren ja nicht immer einfach ist. Außerdem macht es
mehr Arbeit, eine Tomatensauce frisch zuzubereiten, als Fertigpulver mit Wasser anzurühren.
Dafür enthalten viele Fertigprodukte so genannte
„versteckte Fette“, die sich schnell über den Tag
summieren. Von daher: Kompliment.
Allerdings war in jedem Gericht ein – wenn auch
teilweise kleiner – Fleischanteil. Ein vegetarisches
Essen für alle hätte niemandem geschadet. Auch
die Sache mit den fünf Portionen Obst und
Gemüse am Tag ist noch nicht hundertprozentig
umgesetzt. Obst zum Nachtisch ist gesünder als
Pudding, der kommt dafür besser an – und hebt
die Stimmung unter den Teilnehmern.
Alles in allem kann man sagen: Daumen hoch
fürs JRK Tübingen! Der Speiseplan beweist, dass
Massenverpflegung und gesunde Ernährung, eingeschränktes Budget und frische Produkte, Vitamine und Nascherei keine Gegensätze darstellen.
Conny Bayer
WEITERE INFOS
Möchtest du deinen eigenen Speiseplan unter die Lupe nehmen? Dann gib ihn im Internet
unter www.hbnweb.de/naehrwerttabelle ein und sei gespannt auf die Auswertung.
JRK-Magazin 4/06
Fotos: Roland Bungartz
Der Ernährungscheck
Massenverpflegung und gesunde
Ernährung müssen kein Gegensatz
sein. Das erfordert allerdings Organisationstalent und ein glückliches
Händchen für den Speiseplan
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