1 Grundlagen 1.1 Relationen und Abbildungen Die Definition einer Relation ist ganz einfach: Eine Relation R zwischen zwei Mengen X und Y ist eine Teilmenge R ⊆ X × Y . Gilt X = Y , so heißt R eine Relation auf X. Man schreibt x R y falls (x, y) ∈ R. Beispiel 1.1 • X: Menge der MathematikerInnen. Y : Menge der WirtschaftswissenschaftlerInnen. Eine Relation zwischen X und Y wird z.B. durch ”Mathematiker x war Tutor von Wirtschaftswissenschaftler y” erklärt. • Sei X die Menge aller Frauen, Y die Menge aller Männer. Als Relation zwischen X und Y wählen wir ”verheiratet”. 1 • A = {1, 2}, B = {2, 3}. Dann ist A × B = {(1, 2), (1, 3), (2, 2), (2, 3)}. Wir erhalten z.B. folgende Relationen: R1 = {(a, b) ∈ A × B : a = b} = {(2, 2)} R2 = {(a, b) ∈ A × B : a < b} = {(1, 2), (1, 3), (2, 3)} R3 = {(a, b) ∈ A × B : a ≤ b} = {(1, 2), (1, 3), (2, 3), (2, 2)} = A × B R4 = {(a, b) ∈ A × B : a + b = 2} = ∅ 2 Man kann Relationen auch durch Graphen verdeutlichen. Dazu malen wir die Menge A und die Menge B auf und verbinden zwei Elemente mit einem Pfeil genau dann, wenn sie in Relation miteinander stehen: Diese Beispiele zeigen, dass an jedem Punkt kein, ein oder mehrere Pfeile beginnen können. Genauso kann an jedem Punkt kein, ein oder mehrere Pfeile ankommen. 3 Solche Pfeildiagramme sind natürlich unhandlich, wenn die Mengen X und Y unendlich sind. Sind X und Y Zahlbereiche, können wir versuchen, die Menge der Punkte (x, y) ∈ R in einem Koordinatensystem zu skizzieren. 4 Abbildungen In den Wirtschaftswissenschaften haben wir es meistens mit Abbildungen zu tun. Eine Abbildung f aus X nach Y ist eine Relation zwischen X und Y , so dass es zu jedem x ∈ X höchstens ein y ∈ Y gibt, so dass x und y in Relation zueinander stehen. Bezeichnung: f : X → Y . Das Element y wird mit f (x) bezeichnet. Die Menge X heißt die Menge der unabhängigen Variablen, die Menge Y bezeichnet die abhängigen Variablen, denn wenn wir x kennen, kennen wir auch f (x). In unserer Pfeildarstellung bedeutet dies, dass in jedem Element x ∈ X höchstens ein Pfeil beginnt. 5 Beachte, dass nicht jedem x ∈ X ein y ∈ Y zugeordnet werden muss. Wir benutzen hier manchmal folgende Sprechweise: Wenn jedem x ∈ X höchstens ein y zugeordnet wird, so sprechen wir von einer Abbildung aus X nach Y . Wird jedem x ∈ X genau ein f (x) zugeordnet, so wollen wir von einer Abbildung von X nach Y sprechen: 6 Das hat Vorteile, wenn man komplizierte Formel hat wie etwa x f (x) = 5 , 3 x + 3x − x − 4 aufgefasst als Abbildung aus R nach R, weil man von vornherein gar nicht weiß, für welche x der Nenner 0 wird, wo die Abbildung also gar nicht definiert ist. Die Menge der x ∈ X, für die f (x) erklärt ist, nennen wir den Definitionsbereich von f und bezeichnen mit D(f ). Der Definitionsbereich D(f ) muss nicht ganz X sein, wie die obigen Beispiele zeigen. Beachten Sie bitte, dass der Definitionsbereich alle x ∈ X enthält, für die es ein f (x) gibt, er ist also in einem gewissen Sinne maximal. 7 Beispiel 1.2 Wir definieren f : R → R durch f (x) = x21−1 . Dieser Ausdruck ist natürlich nur erklärt, wenn x2 − 1 6= 0. Also ist f eine Abbildung aus R nach R. Der Definitionsbereich ist R \ {±1}. Beispiel 1.3 Wir betrachten f : R → R definiert durch f (x) = lg x (dekadischer Logarithmus). Weil der Logarithmus nur für positive Zahlen erklärt ist, ist der Definitionsbereich also R+: 1 0.5 5 x 10 –0.5 –1 –1.5 –2 8 15 20 Machen Sie sich bitte nicht zu viele Gedanken über die Frage, ob eine Abbildungen von oder aus einer Menge X erklärt ist. Wichtig ist nur, dass bei der Beschreibung einer Abbildung durch eine Vorschrift, wie z.B. lg x oder x21−1 zu beachten ist, dass diese Vorschrift für einige Werte von x möglicherweise nicht definiert ist. Oft liegt das daran, dass man nicht durch 0 dividieren darf. Andere Möglichkeiten: Logarithmen oder Wurzeln negativer Zahlen sind nicht definiert. Manche trigonometrische Funktionen haben Stellen, wo sie nicht definiert sind, z.B. tan(π/2) ist nicht definiert. Abbildungen werden oft auch Funktionen genannt. Meistens spricht man von Funktionen, wenn die Mengen X und Y Zahlbereiche sind. Wenn wir hier von Zahlbereichen sprechen, meinen wir nicht etwa nur R, sondern auch R × R, R × R × R usw. Denken Sie daran: Ökonomische Daten hängen fast nie nur von einer Variablen ab. 9 Injektiv, Surjektiv, Bijektiv Eine Abbildung f : X → Y heißt: injektiv wenn aus f (x1) = f (x2) stets x1 = x2 folgt; surjektiv, wenn es zu jedem y ∈ Y (mindestens) ein x ∈ X gibt mit f (x) = y; bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist und es zu jedem x ∈ X ein y gibt mit f (x) = y (f also insbesondere eine Abbildung von X nach Y ist). Für die Pfeildarstellung von Abbildungen bedeutet das folgendes: injektiv: in jedem y ∈ Y endet höchstens ein Pfeil surjektiv: in jedem y ∈ Y endet mindestens ein Pfeil bijektiv: in jedem y ∈ Y endet genau ein Pfeil und in jedem x ∈ X beginnt genau ein Pfeil. 10 Graphisch: Ist f eine injektive Abbildung, so definieren wir f −1 : Y → X durch folgende Vorschrift: f −1(y) = x, wobei x ∈ X durch die Eigenschaft f (x) = y bestimmt ist. Beachte, dass x wegen der Injektivität eindeutig bestimmt ist. In unseren Pfeilbildern bedeutet dies einfach, dass wir jeden Pfeil umdrehen. Die Abbildung f −1 : Y → X heißt die zu f inverse Abbildung. Beachte, dass auch f −1 injektiv ist. Ferner ist f bijektiv genau dann wenn f injektiv und surjektiv ist und zusätzlich f −1 auch surjektiv ist. 11 Bei einer bijektiven Abbildung geht von jedem Punkt in X genau ein Pfeil aus und in jedem Punkt aus Y endet genau ein Pfeil. Das heißt insbesondere, dass X und Y gleich viele Elemente haben. 12 Verknüpfung von Abbildungen Seien f : X → Y und g : Y → Z zwei Abbildungen. Wir definieren die Abbildung g ◦f : X → Z wie folgt: (g ◦f )(x) = g f (x) . (Also: Wir wenden erst f auf x an, dann auf den Wert f (x) die Abbildung g.) Wichtig ist es, sich zu merken, dass g ◦ f bedeutet, erst f und dann g anzuwenden. 13 2 2.1 Funktionen einer Variablen Einführende Beispiele Kostenfunktion und Stückkostenfunktion: Das Unternehmen Miel produziert hochwertige Waschmaschinen. Es hat monatliche Fixkosten von 170.000 ¤. Die sind unabhängig von der produzierten Menge. Pro produziertem Stück fallen variable Kosten (vor allem Material und Löhne) von 500 ¤ an. Die monatlichen Gesamtkosten des Unternehmens (in ¤) betragen dann K(x) = 170.000 + 500x, wobei x die Anzahl der im Monat produzierten Waschmaschinen ist. Bei 100 Waschmaschinen fallen also Gesamtkosten an in Höhe von K(100) = 230.000, 14 bei 1000 Stück K(1000) = 670.000. K heißt die Kostenfunktion. Wenn man nicht an den Gesamtkosten K interessiert ist, sondern an den Kosten pro produziertem Stück, so erhält man die Stückkostenfunktion S(x). Sie ergibt sich aus der Kostenfunktion K(x) einfach durch K(x) S(x) = . x In obigem Beispiel ist 170.000 170.000 + 500x = 500 + . S(x) = x x Bei 100 produzierten Waschmaschinen ist das also S(100) = 2300, bei 1000 Maschinen S(1000) = 670. 15 Weitere ökonomische Funktionen sind Nachfrage-Funktion (Preis-Absatz-Funktion): Sei p der Preis eines Gutes, N die nachgefragte (abgesetzte) Menge. Die Nachfragefunktion ist dann N (p). Üblicherweise wird N (p) kleiner, wenn der Preis p steigt. So könnte z.B. (p ausgedrückt in ¤) N (p) = 100.000 − 500p (2.1) sein. Das heißt, bei einem Preis von 10 ¤ beträgt die Nachfrage 95.000 Stück, bei einem Preis von 13 ¤ nur 93.500 Stück. Oft wird auch umgekehrt die Funktion p(N ) betrachtet. Angebotsfunktion: Sei p der Preis eines Gutes, A die vom Produzenten zu dem Preis auf den Markt gebrachte Menge. Die Angebotsfunktion ist dann A(p). Angebotsfunktionen sind typischerweise monoton steigend. 16 Erlösfunktion: Für N abgesetzte Güter zum Stückpreis p(N ) ist der Erlös in Abhängigkeit von der Menge N E(N ) = N · p(N ). Hierbei ist berücksichtigt, dass der Preis p von der Nachfrage N abhängt, typischerweise mit hoher Nachfrage steigt. In Abhängigkeit vom Preis p ist die Erlösfunktion E(p) = N (p) · p. Wenn wir die Nachfragefunktion (2.1) benutzen, erhalten wir E(p) = 100.000p − 500p2. Eine typische Frage ist: Für welchen Preis p wird der Erlös E(p) maximal. Solche und ähnliche Fragen werden wir mit etwas mathematischer Theorie beantworten können. 17