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Ein heilloses Wirrwarr
-
Hemichomis Peters, 1858
Jörg Freyhof
Die zweifellos farbenprächtigsten cichliden west- und Zentralafrikas gehören in eine
Gattung, die jeder kennt und die doch niemand wirklich durchschaut. Hemichromis,
von Peters 1858 aufgestellt für einen oberflächlich der Gattung Chromis ähnelnden
cichliden, der sich durch einen bemerkenswert vorspringenden unterkiefer und eine
stark vereinfachte Kieferbezahnung auszeichnet. Peters gab die Typuslokalität des
neuen Taxon als ,,Africa occidentalis, Guinea" an. Eine sehr ungenaue Bezeichnung,
die zur damaligenZeit die westafrikanische Küste von Guinea b.is zum Niger-Delta
umfaßte. Im Jahre 1862 definierte Günther die Gattung neu. seine Gattungscharakterisierung war so weit gefaßt, daß er selbst und zahlreiche andere Autoren Cichliden hier-
her stellten, die wohl kaum wirklich mit Hemichroruls verwandt sind, wie etwa
Hemichromis sacra Günther, 1864 (: Tristramellct sacra) , Hemichromis bloyeti Sav
vage, 1882 (: Haplochromis bloyeti) lld Hemichromis voltae Steindachner, I 888 (:
Chromidotilapia guntheri). Der große Ichthyologe G. A. Boulenger speckte die Gattung dann im Jahre 1915 drastisch ab. Nur zwei Alten blieben: Hemichromis fasciatus
Peters, lB58 und Hemichromis bimaculatas Cill, 1862. Diese Lösung des problems
mit zwei leicht erkennbaren Arten war weitgehend befriedigend und blieb lange unangefochten. Auch Leveque et al. (1992) greifen wieder nach dieser Lösung, denn alles
andere ist und bleibt schwierig.
Erst 1965 zeigten Burchard & Wickler, daß sich unter dem Namen Hemichromis fasciotus zwei,,Formen" verstecken, die im südwestlichen Nigeria zusammen vorkommen, sich also wie Arten verhalten, aber nach morphologischen Kriterien nicht rennen
lassen. Angeregt durch dieses Phänomen, widmete sich der amerikanische Ichthyologe P. V. Loiselle der Gattung. Er legte 1979 eine umfassende Revision vor, in der der
alte H. fasciatas in drei, H. bimaculatu.s Gill, 1862 in sieben Arten unterteilt wurde.
Zudem wurde Paratilapia cerasogaster Boulenger, l9l5 der Gattung Hemichromis
zugeordnet. Diese Revision fand breite Beachtung, löstejedoch ein allgemeines Chaos
in der Namensgebung diverser Cichliden aus. Der Grund hierfür liegt vor allem in der
Revision selbst, die in weiten Teilen kaum nachzuvollziehen ist. Loiselle hat eine
Reihe von Arten erkannt, aber die Revision ist vor allem bei den Roten cichl.iden sehr
unübersichtlich. Doch so schwierig, wie sich die Gattung momentan präsentiert, ist sie
gar nicht. Ein großer Teil der Arten läßt sich recht problemlos bestimmen
- wenn man
nur weiß, wie. Allerdings gibt es trotzdem noch eine Reihe ungelöster Fragen.
Am einfachsten ist es immer noch, die Typusart der Gattung, H. fasciatus, zu erkennen. Bei reifen und dominanten Tieren in Prachtfärbung sind Kehle, Brust und Bauch
rot. zwischen den fünfFlankenflecken sind zahlreiche feine. dunkle Punkte zu finden.
Jungfische und riere im ,,Schlichtkleid" sind kaum zu identifizieren. Hemichrornis
fasciatws ist ein typischer nilotisch-westafrikanischer Fisch, der sowohl in den Regenwaldgebieten als auch in den Savannenflüssen zu finden ist. Die Tiere suchen Brack-
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Hemichromis
frempongi aus
dem BosumtweSee in Ghana
wassel aufund sin<l in breiten F1üssen, Reisfeldern, winzigen Savannenbächen ebenso
anzutreffen wie in reißenden Bergbächen. Nur in einigen kleinen Bächen der dichten
Regenwälder 1'ehlt die Art manchmal . Hemichromis' .fascicrttLs ist sicher der anpassungsfähigste und am weitesten verbreitete Cichlide Westafrikas. lnteressanterweise
endet sein Verbreitungsgebiet in Nigeria. Die Art fehlt in Kamerun, und aus dem
gesamten Zentralafrika sind nur zwei Fundorte bekannt (Zentralafrikanische Republik). Hier wirdHentichromis fasciatus von seiner Schwestemalt, Hemichrornis elon-
gafr.rs(Guichenot. 1859), ersetzt. DieseArtkommtzwarinWestaflikavor, wosievor
allem in Nigeria häufig für die Aquaristik gefangen wird, ist aber auch aus dem alten
Regenwaldblock (Guinea. Sierra Leone, Liberia) bekannt. lhr geschlossenes velhreitungsgebiet scheint jedoch erst in Togo zu beginnen. Dort, wo beide Arten zusammen
vorkommen, gibt es Hinweise darauf. daß H. eLongctr,s Biotope meidet, die von 11.
in denen H.
fctsciatttsbesiedelt werden. So sind es oftmals kleine Regenwaldgewässer,
elongattts gefunden wird. Die Art ist in Zentralafrika äußerst weit verbreitet und in
allen möglichen Lebensräumen zu finden. Sie erreicht jm Süden Angola, besiedelt das
obere System des Sambesi und den Okavango. Während H. Jasciatus innerhalh des
schon recht großen Verbreitungsgebietes nahezu übelall gleich aussieht , ist H . elonga/ils ausgesprochen formenreich. Tiere aus Guinea, Sierra Leone und Nigeria beispielsweise ffagen auf goldgelbem Grund zahlreiche rote Längsstreifen. Bei aggressiven
Tieren färbt sich die Kehle schwarz. In Gabun, wo der Typusfundort liegt, weisen die
Fische neben den Längsstreifen noch eine auffältig rote Kehl-, Brust- und Bauchfärbung auf. Einem im südöstlichen Kamerun gefangenen 11. elongatus fehlten die sonst
typischen Längsstreifen; dafür war die unterseite der Fische plächtig lot. In der Aquaristik wird momentan - wenn sich überhaupt jemand für diese Tiere interessiert - so
verfahren, daß alles, was nicht H. fastiotr,Ls ist, einfach als H. elongatr.rs bezeichnet
wird. Das ist wohl auch die sinnvollste Lösung, solange man noch nicht überschaut, ob
es sich einfach nur um fließend ineinander übergehende Formen oder um klar zu tlennende PopuJationen handelt.
Eine weitere Art innerhalb dieses Komplexes konnte Loiselle (1979) beschreiben:
Hemichrom.is Jt entpongi, im Bosumtwi-See in Ghana endemisch. Dieser Fisch, der
sichgutvon//. fasciatttstndH.elongatusabgrenzenläßt,gleichtinderFärbungwitzi-
Hemichromis
fasciatus aus
Brama Torvn in
Sierra Leone
gerweise einem Hemichromis , der im Dja im Südosten Kamemns gefangen wurde.
Vermutlich wird erst eine weitere Revision jener extrem schwierigen Fische Licht in
das zur Zeit bestehende Dunkel bringen. Offensichtlich ist aber die Form der ausgesprochen ubiquitären Fische so optimiert, daß sie sich morphologisch extrem ähneln.
Eine schlechte Grundlage für die mit fixiertem Material ar.beitenden Ichthyologen . . .
Was den Platz betrifft, sind alle Vertreter der Hemichromis-fasciatus-Gruppe aquaristisch anspruchsvoil. Becken unter 1000 Liter Inhalt sind, wenn man mehrere Tiere
zusammen halten will, oft noch zu klein. Vergesellschaften lassen sich die unangenehrren Cichliden schon als Jungtiere schlecht. da sie dazu neigen, anderen Fischen ständig in die Flossen zu beißen. Andererseits gibt es kaum einen prächtigeren Anblick a1s
ein großes. jungeführendes Paar dieser großen Hemichromist
Ahnliches gilt auch für die Roten Cichliden, die noch immer in der Gattun g Hetnichromls stehen, allerdings mit der nächsten Revision wohl abgetrennt werden. Der bekanntesteRoteCichlide islHemichromisbimaculatus Gill, 1862. Beschrieben ausLiberia.
gelangte die Art erstmals aus Sien'a Leone zu uns. Um die Identität dieser Tiere gab es
viele Unklarheiten. So wulden 1976 von Payne & Trewavas Fische aus Sierra Leone
als Hemichrotnisy'rgax beschrieben, da sie stark von allen anderen den A utoren damals
bekannten Roten Cichliden abwichen.
Leider hatten Payne & Trewavas den Typus von H. bimaculctus nicht untersucht, und
es unterliefihnen ein unglücklicher Fehler. Denn im nachhinein stellte sich heraus. daß
die neue Art dem Typus von H . bimaculatu,s so sehr ähnelte, daß die Autoren ein Jahr
später ihren H. .fi.tgar wieder einzogen (Trewavas & Payne 1977). Damit wurde aber
klar, daß all die Roten Cichliden, die seit über 100 Jahlen als H. bimoculattLs bezeichnet wurden, diesen Namen zu Unrecht tlugen. ln seiner bald folgenden Revision
beschäftigte sich Loiselle ( 1 979) eingehend mit dem Thema und kam zu dem Schluß,
daß acht Cichliden aus dieser Gr-uppe als gültige Arten anzuerkennen sind. Interessanterweise unterscheiden sich jedoch die als H . fu g ar beschriebenen Fi sche mertl ich von
a1len 11. binacuLatus, die bisher aus Liberia importiert worden waren. Unterschiede,
die für die genannten Autoren keine Rolle spielten, sind vermutlich doch nicht so
unwichtig. Auffälligstes Unterscheidungsmerkrral für denjenigen. der sich mit lebenden Fischen beschäftigt, ist vor allem die Ausprägung des Lateralfleckes. der bei 11.
2'7
Männchen von
Hemichromis
letourneauxi aus
dem Maryut-See
in Agypten, dem
Typusfundort
der Art
Hemichromis
letourneauxi,
Weibchen aus
dem Maryut-See
Nur selten
wurde bisher
Hemichromis
cristatus aus
dem Ogba-Fluß
in Nigeria
importiert
Männchen der
gelbkehligen
Population von
Hemichromis
stellifer
Aus dem
Loffa-Flußsystem
stammt dieses
Männchen von
Hemichromis
himaculatus
Ausgesprochen
farbenprächtige
Hemichromis
bimaculatus
wurden aus
Liberia eingeführt
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bimactLlatus einheitlich dunkel ist. Bei H. fugax sind die Schuppen, auf denen der
Fleck sich befindet, vor allem am Rand dunkel , im Zentrum dagegen heller, so daß dieser Fleck aufgelockert wirkt. Obwohl Trewavas & Payne ( 1977) ihren Il . fugax etngezogen und mtt H. bimacula/us synonymisiert haben, bleibt ein Restzweifel. Es wäre
nicht erstaunlich. wenn bei einer weiteren Revision H. Jigar wieder als valide Art
anerkannt werden würde.
Während 11.y'rgax bisher nur aus Sierra Leone bekannt ist, ist H . bimaculctlus aus Liberia zu uns gekomrnen. mit einer Ausnahme allerdings: Ein Fisch stammt aus Yapo nahe
A-eboville in der Küstenregion der zentralen Cote d'Ivoire (Wilkerling 1981). Eine
Verbreitung der Art bis in diese Region ist somit zu erwaten.
Berde Hemichrorzl.s -Arten sind langgestreckte Fische mit einer für einen Roten Cichliden auffaltend langen und spitzen Schnauze. Die Körperform dieser Tiere, vor allem'
wenn sie noch nicht ausgewachsen sind, ähne1t mehr einem sehr gedrungenen H. ftts'
ciatus als anderen Roten Cichliden. Wie bei allen Arten können die Ausprägung der
Rotfärbung. die Verteilung und Intensität der blauen Clanzpunkte und die Flammenzeichnung am Kopf sehr stark variieren und sind als Bestimmungsmerkmale nicht zu
gebrauchen. Die auffällige Jugendzeichnung mit dem für alle Hemichromls charakteristischen dunklen Lateralband ist bei 11. bimaculttttLs wesentlich länger zu sehen als bei
anderenArten, wie das auchPayne &Trewavas (1976)beschrieben. Diebeiden Cichliden sind also sehl einfach zu erkennen und nur für den sehr oberflächlichen Beobachtel mit anderen Arten zu verwechseln. Importe ohne sichere Herkunft gehören einer
der prächtigsten PopuJationen von H . bimactLl.atLLs an sie zeigen ein unglaublich intensives Rot mit eilel sehl starken Flammenzeichnung auf den Kiemendeckeln. In Sierra
Leone kommtll . bimaculatus (H JugcLx) uchtmit anderen Roten Cichliden zusammen
vor. Welche ökologischen Faktoren sie gegenüber anderen Arten abgrenzen, ist allerdings nicht bekannl. Hetnichromis bimaculants (H. fugctx) konnten immer nur im Landesinneren gefangen werden. Eine klare Bindung an bewaldete Biotope, wie von
Payne & Trewavas (1976) hervorgehoben, war nicht zu erkennert.
In stark gestörten Lebensräumen, wie Reisfeldern oder Gewässern im Buschland (a1te
Rodungen) sowie nahe der Küste und im Brackwasser wat immer nut H . gLLttattts Ginther. I 862 zu finden. Die Art wurde von Günther nach Material mit dem Fundort ,,Cape
Colony" beschrieben. Die zeitgenössische Bezeichnung,,Cape Colony" bezog sich
abel auf das heutige Südafrika, in dem sicher nie Rote Cichliden vorkamen. Loiselle
(1979) untersuchte die Art erneut und stellte fest, daß Hemichrom.is guttatlts der typische Rote Cichlide ist, der fast überall abgebildet wird, wenn auch selten unter seinem
richtigen Namen. Leider fand dieses Ergebnis kau41 Eingang in die aquaristische T.iteratur. Nach Loiselle ( 1979) hat H. guttcttlts in Westafrika ein disjunktes Verbreitungsgebiet. Zum einen ist die Art von Nipoue in Cote d'Ivoire bis zum Densu in Ghana zu
finden. zum anderen kommt sje vom Hedjo in Togo bis zum Kribi in Kamerun vor. Im
Verbreitungsgebiet von H. guttatus gesammeJte Tiere verschiedener Populationen
(Cavalty, Bia, Densu, Nigerdelta) sind alte etwas verschieden, gehören aber zweifellos zu einer Art, obwohl ein wichtiges Merkmal. der eiförmige Flankenfleck, nicht
immer auftritt. Erstaunlicherweise tauchten solche Fische aber auch aus Gambia und
Sierra Leone auf. Hier sollte 11. guttatus gar nicht vorkommen. Bemerkenswert ist,
daß in einem kleinen Bach bei Brama Towri in Sierra Leone von gelben Tieren nahezu
.
30
Unbeschriebene
Hemichromis-
Art
aus Guinea
ohne blaue Punkte und mit olangefarbener Brust bis zu knallroten Fischen mit einem
Maximum an blauen Iridophoren rlle Übergänge zu finden waren. Beide Extreme und
alle Ubergänge wurden auch schon mehrfach aus Nigeria. aiso fast vom anderen Ende
westafrikas. importiert. Es ist zu vermuten, daß H. gfitatus entlang der gesamten
westafrikanischen Küste vorkommt, von Gambia bis Nigeria. Er ist überall einer cler
häufigsten Roten Cichliden. Die Identität der Art ist recht kompliziert. So ist es zurnrndest mir nicht möglich. den von Loiselle beschliebenen H . paynei Loiselle. I 979 von
H. guttatus zu trernen. Mil gelang es zwar. an insgesamt 14 Fundorten in S.iera
Leone, wo dieser Fisch überall verbreitet sein soll, diese Tier-e zu fängen. aber vom
TypusfundortJiegenieiderkeirreTierevor. obH.pttt:neiübelhaupteinevalicleArtist,
und ob sich hinter der vielfalt von Populationen, die dann unter.Ii. gLtttotus. zasafimer.
gefaßt sirrd. mehr als eine Art verbirgt, müssen weitere Arbeiten zeigen. v.iele der
schwierigkeiten, die es mit den Roten cichliden gibt, hängen vor allem clamit zusarrmen, daß man verschiedene Populationen dieser Art mit versch.iedelen Namen belegt
hat und dann logischerweise bei Übergängen nicht in der Lage war. die Benennungen
nachzuvollziehen. So bilden zum Beispiel Linke & Staeck (1993) H. guttattts als H.
Itfolili, H. cristurtus undH. pcLynei ab. In dem bekannren,,Aquarien-Atlas" wird die Art
im ersten Band von Riehl & Baensch (19821) ats H. li;falili, im zweiten Band als I/. crlstcttLts Dnd H . paynei (Baensch & Riehl 1985) und im dritten Band dann nochrlals als
H. stellferbezeichnet(Riehl &Baensch 1990). SolltendieTieredannirgendwanneinmal richtig benannt welden, so kann del suchende Aquarianer unter fünf Namen wählen. Das Chaos ist perf'ektl Hätte man sich einmal das farbige cichlidenbuch von Loiselle ( 1985) angesehen, in dem alle ab-sebildeten f1e michrontis richtig bezeichnet sind,
hätte sich ein solches Durcheinander vermeiden lassen. Ilemfu hromis gLtttottts ist ein
mittelgroßer Roter cichlide, dessen lundliche Iridophoren in der vorderen Körper-
hälfte nahezu auf der Mitte der schuppen liegen. Die Art ist die rundköpfigste der
Gattung. und die Rotfärbung ist immer im Bereich der Kehle und des Bauches am
intensivsten. Der Lateralfleck kann, muß aber nicht, tropfenförmig bis langgezogen
sein. charakteristisch ist auch eine goJdfarbene zone zwischen dem Auge und dem
operkularfleck, die nur der sehr roten Farbvariante mit den vielen Iridophoren fehlt.
Eine schwarze Zeichnung in der Rückenllosse fehlt, Querbinden sind nur schwach zu
erkennen.
3l
Rotkehliges
Hemichromisguttatus-Männchen aus Adodo
in Nigeria
Männchen von
Hemichromis
guttatus aus
Brama Town in
Sierra Leone
Völlig rotes
Hemichromisguttatus-Weibchen aus
Brama Town
Hemichromis
guttatus,
Männchen aus
einem Import
aus dem Bendel
State, Nigeria
Hemichromis elongatus aus dem Dja-Fluß bei Lomie in Kamerun
Bei einem weiteren Hemichromis, der schon seit einigen Jahren im Handel auftaucht
und als Hemichromis ,,Brillant" oder ähnlich bezeichnet wird, gibt es sehr widersprüchliche Angaben über die Herkunft. Es scheint sich um eine ZuchtformvonH. gwttatus zu handeln, die aus Asien oder Amerika importiert wird.
Alle bisher bekannten Populationen yon H. guttatus lassen sich leicht von einer anderen, angeblich ebenfalls weit verbreiteten Art, unterscheiden. Es handelt sich um
Hemichromis letourneauxi Sauvage, 1880. Dieser Fisch ist an sich der ,,typische"
Hemichromis der Wüsten und Savannen Westafrikas sowie des Nil. Beschrieben aus
dem Maryut-See südlich von Alexandria in Agypten, sollte dieser Fisch nach Loiselle
(1979') im gesamten Nil, in einigen nordafrikanischen Oasen. im Niger-System. im
Tschad-See und in den zufließenden Gewässern. im Bandama, Sassandra und Komoe
in Cote d'Ivoire, im Voltaund inTogo, im Senegal, in Gambiaund in Guinea sowie im
Gribingui und Shire in der Zentralafrikanischen Republik vorkommen. Lebend importiert wurde die Art bisher vom Typusfundort in Agypten und aus Nigeria. Zwischen den
bisher bekannten Populationen gibt es zwar deutliche Unterschiede, aber die Übereinstimmungen zwischen so weit voneinander entfernt gefangenen Fischen, besonders bei
Weibchen, sind eher überraschend und sprechen für ein einheitliches Erscheinungsbild
der Art. Charakteristisch ist zum Beispiel, daß die Männchen im Prachtkleid eine gelbe
Grundfärbung tragen und eine Rotfärbung diese Grundfarbe überlagern kann, aber
dann in der Ausprägung sehr variabel ist. Die Weibchen sind gr-undsätzlich in der Körpermitte am intensivsten rot gefärbt und nicht, wie bei H. guttatus, im Kehlbereich.
Die Kehle kann bei H. letourneauxl sogar weiß sein. Die Afi ist zudem wesentlich
spitzköpfiger und zierlicher al s H . guttatws . Auch hier sind die Zahl und die Verteilung
11
der Ir.idophoren sehr variabel und nicht zur Bestimmung heranzuziehen. Allerdings
kennen wir noch viel zu wenige Populationen, um uns wirklich ein Bild von der Variabilität der Art zu machen.
Aus Westafrika sind noch zwei Rote Cichliden bekannt, die ausgesprochen selten
importiert wurden und vermutlich nur sehr lokal verbreitet sind. Bei einer Art handelt
es sich um Hemichromis cristatus Loiselle, 1979 aus dem Ogba in Nigeria. Dieser
kleinbleibende Cichlide soll auch im Kolente in Guinea und im Kenini in Ghana vorkommen, was allerdings ein äußerst merkwürdiges Verbreitungsmuster ergäbe. Die
von mil gepllegten Tiere stammen aus dem Einzug des Ogba in Nigeria und entsprechen völlig den in der Erstbeschreibung abgebildeten Fischen. Hemichromis cristatus is| eine unverwechselbare, recht spitzköpfige und schlanke Art, die im Gegensalz zvt H . guttcLtlts und H . letotLrneatLxi eine weinrote Grundfärbung trägt. Weiterhin
zeigt H. cristatus charaktelistischerweise einen sehr he11 umrandeten Lateralfleck und
deutlich in Reihen angeordnete große Glanzpunkte.
Noch einfacher zu erkennen ist ein erst 1993 aus Guinea importierter, unbeschliebener
Roter Cichlide, der durch einen sehr weit nach oben gezogenen Flankenfleck und eine
intensive Flammenzeichnung auf den Kiemendeckeln auffällt. Diese Art ist auch die
einzige, die bei Erregung nicht rot wird. Statt dessen färben sich bei grünlich-beiger
Grundfärbung Kehle, Brust und Bauch dunkelgrau bis fast schwarz.
Während eine Reihe von Fragen, die die GattungHemicltromls in Westafrika aufwirft,
geklärt ist, gibt es immer nochkaum Daten über die Fische aus Zentralafrika. Drei weitere beschriebene Hemichromls-Arten gehören hierher; allerdings scheint es entlang
der Küsten und in den Regenwaldgebieten von Kamerun, Rio Muni und Gabun nur sehr
selten Rote Cichliden zu geben. So haben schon zahlreiche Aquarianer diese Länder
besucht, doch, soweit mir bekannt, hat niemand bisher dort Rote Cichliden gefangen.
Loiselle (1979) nennt H. stellifer aus Gabun und der VR Kongo lund H. gLLttatus alus
dem Kribi in Kamerun, wo wir ihn im Jahre 1990 intens iv, aber leider umsonst gesucht
haben.
Ein Buntbarsch aus diesel zentralafiikanischen Gruppe sollte leicht erkennbar sein,
wurde aber wohl noch nie importiert. Es handelt sich um H. cerasogaster, dem der
Flankenfleck, sonst typisch für alle Roten Cichliden, fehlt. Die Art scheint endemisch
im Lac Mai-Ndombe in Zaire nt leben. aus dem ein so beliebtel Cichlide wie Nanochromis transvestitlLs regelmäßig zu uns kommt. So besteht doch noch eine kleine
Hoffnung. daß dieser Hemiclromis einmal - versehentlich - mit importiert werden
könnte. Ansonsten wurden mir bekannte Rote Cichliden am unteren Zaire in der
Umgebung von Kinshasa für die Aquaristik gefangen, nämhch Hemichromis stellffbr
Loiselle, 1979, eine Art, deren Typusfundort im Pool Malebo liegt. Diese Fische werden in der aquaristischen Literatur meistens als H. cerasogasler (Boulenger, 1899)
bezeichnet. Hemichromis stellifer soll im Zaire bei Brazzaville, in der Umgebung von
Kinshasa, im Ogowe (Gabun) sowie in der VR Kongo in den Flüssen Kouyou und
Likouala vorkommen. Während lebende Rote Cichliden aus Gabun oder der VR
Kongo bisher nicht bekannt wurden, gibt es aus dem unteren Zaire eine Reihe von
Importen. Lebende H. stellfer in Brutfär'bung sind daran zu etkennen, daß die Iridophoren in der zweiten Körperhälfte auf die hinteren Schuppenränder beschränkt sind.
Sie zeigen außerdem eine - wenn auch schwache - Zeichnung aus dunklen Querbän-
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dern. die im Bereich des Lateralfleckes etwas stär'ker hervortreten und oberhalb dieses
Fleckes zu einem oder mehreren kleinen. dunklen Bereichen in der Dorsale verstärkt
sein können. Zudem handelt es sich um eine sehr spitzköpfige Art, die recht groß wird.
Dieser Cichlide läßt sich gut von den westafrikanischen Arten(H. bimaculatus , H. t'ristatus, H. guttatus, H. letotrnea.uxi) und 11. cerasogaster trennen.
Recht ähnlich sind allerdings Fische, die verschiedentlich aus der Umgebung von Bangui importiert wurden. Sie sind zwar von allen Hemichromis H. stellifer am ähnlichsten, bleiben aber kleiner und rundköpfiger. Die Männchen sind hochrückiger und
beide Geschlechter etwas anders gefärbt als H. stellifer. Es könnte sich um H. lifolili
Loiselle, 1979 handeln. Da diese Art aber aus dem Tumba-See beschrieben ist, der
doch ein Stück von Bangui entfernt 1iegt, ist Vorsicht geboten. Loiselle nennt zwar
Fundorte im oberen Ubangui; dennoch sollten diese Fische nicht mit einem Namen versehen werden. bevor nicht wesentlich mehr lebendes Material vorliegt. Heruichromis
sp. ,,Bangui" zählt zu den sehr schönen Arten, die sich, wie alle Roten Cichliden, leicht
nachzüchten lassen, aber keine Verbreitung in der Aquaristik erlangen. Daß Hemichromis so unbeliebt sind, hängt natürlich mit ihrer Unverträglichkeit und hohen
Fruchtbarkeit zusammen. Trotzdem sind sie eine ausgesprochen interessante Gruppe
mit phantastisch gefärbten Arten.
Ich danke allen herzlich (und ganz besonders Roland Numrich), die mir immer wieder
Hemichromis zur Verfügung gestellt haben.
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