Der Sandregenpfeifer - Vogelfreunde Kaltenkirchen

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Der Sandregenpfeifer
Charadrius hiaticula (Linné, 1758)
© T. Ratjen (150354)
Systematik:
Ordnung:
Unter Ordnungen:
Familie:
Gattung:
Unterarten:
Namen:
Englisch:
Französisch:
Italienisch:
Holländisch:
Spanisch:
Charadriiformes - Watvögel
Charadrii - Regenpfeiferartige
Charadriidae - Regenpfeifer
Charadrius
Charadrius hiaticula hiaticula; Charadrius hiaticula semipalmatus,
teilweise wird Charadrius hiaticula psammmodroma und Charadrius
hiaticula tundrae gelistet.
Common Ringed Plover; Ringed Plover
Grand Gravelot; Pluvier grand-Gravelot
Corriere grosso
Bontbekplevier
Chorlitejo Grande
Verbreitung: Holarktisch, in der Tundren-, der borealen und gemäßigten Zone. Alaska und
Kanada von der Beaufort-See, der Banks- und Victoria-Insel, der Boothia-Halbinsel und der
Ellesmere-Insel südwärts bis zur Königin-Charlotte-Insel, Nord-Britisch Columbia, Jamesbai,
New Brunswick und Nova Scotia. Grönland, Island, Färöer, Spitzbergen, Bäreninsel, Nowaja
Semlja und die Neusibirischen Inseln und von der Nordküste Eurasiens südwärts bis zu den
Britischen Inseln, zur Südküste der Nord- und Ostsee, bis ins Westsibirische Tiefland und
zum Anadyr-Golf.
Die bei uns vorkommende NF ist Kurz- oder Mittel- bis Weitstreckenzieher, der die südlichen
Teile des Brutareals nicht vollständig räumt, andererseits aber die westliche Sahara offenbar
nur in sehr kleiner Zahl überquert. Das Winterquartier der Nominatform erstreckt sich von
den Britischen Inseln südwärts über Frankreich und die Iberische Halbinsel bis NW-Afrika.
Bestand: Der europäische Brutbestand wird zu Beginn des 21. Jahrhunderts auf 120.000 bis
220.000 Brutpaare geschätzt. Länder mit mehr als 10.000 Brutpaaren sind unter anderem
Grönland, Island, Norwegen, Russland und Schweden. An der Küste und den
binnenländischen Tiefebenen von Belgien, Niederlande, Deutschland und Polen kommen
insgesamt etwa 1.800 bis 2.600 Brutpaare vor.
Der Sandregenpfeifer gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht und ist in der Roten
Liste in Kategorie 1 gelistet. Sandregenpfeifer gelten außerdem als eine der Arten, bei denen
die Klimaerwärmung sich besonders deutlich auf die Verbreitung auswirken wird. Ein
Forschungsteam, das im Auftrag der britischen Umweltbehörde und der RSPB (dt. Königliche
Gesellschaft für Vogelschutz - Europas größte Organisation, die sich um den Schutz von
Wildvögeln kümmert) die zukünftige Verbreitungsentwicklung von europäischen Brutvögeln
auf Basis von Klimamodellen untersuchte, geht davon aus, dass bis zum Ende des 21.
Jahrhunderts zwei Drittel des aktuellen Verbreitungsgebietes für diese Art keine geeigneten
Lebensräume mehr bieten. Das gilt unter anderem für die Brutgebiete in Polen, den baltischen
Staaten, dem südliche Teil Großbritanniens und Fennoskandinaviens sowie der Küste
Frankreichs und der Nordsee. Im Norden Europas bieten auf Grund der Klimaerwärmung
zwar unter anderem das Franz Josef Land neue Verbreitungsmöglichkeiten. Diese
Arealausweitung im Norden kann jedoch die Arealverluste im Süden nicht kompensieren.
Beschreibung: Länge 18 bis 20 cm. Ad. Jahreskleid Männchen: Eine schwarze (manchmal
braunschwarze), nur von einem weißen Stirnband unterbrochene Gesichtsmaske zieht sich
von der Oberschnabelbasis in einem breiten Band bis in die Ohrgegend, bedeckt den vor und
über der vorderen Augenhälfte gelegenen Teil der Stirn und schließt das Auge auch nach oben
mit einem schmalen schwarzen Saum ein. Im Gegensatz zu den meisten FlußregenpfeiferBrutkleidern schließt das Sandbraun von Scheitel und Nacken unmittelbar an das schwarze
Stirnband an. Der beim Flußregenpfeifer durchgehende weiße Überaugenstreifen beginnt
beim Sandregenpfeifer häufig erst über der hinteren Augenhälfte. Kinn, Kehle und ein
ringsum geschlossener Halsring weiß. Dahinter ein auf der Vorderbrust individuell
unterschiedlich breites schwarzes Kropfband, das sich (stetig schmaler werdend) auf dem
Vorderrücken schließt. Rücken, Bürzel, Oberschwanzdecken, Schulterfedern, Ellbogenfedern,
Kleine und Mittlere Oberflügeldecken warm sandbraun, Unterseite weiß. Zentrales
Steuerfederpaar warm sandbraun mit dunklem Spitzenteil, Steuerfeder 6 weiß, Steuerfeder 5
mit weißer Außen- und vorwiegend weißer Innenfahne, die restlichen Steuerfedern wie 1,
aber mit mehr oder weniger breitem weißem Spitzenteil. Handschwingen dunkelbraun mit
hellerer Innenfahne. Armschwingen weiß, die Braunfärbung im Spitzenteil der äußeren
reduziert sich mehr und mehr auf die Außenfahne und fehlt auf den innersten vollständig.
Daumenfittich und Große Handdecken dunkelbraun mit nach innen breiter werdendem
weißem Spitzensaum. Große Armdecken sandbraun mit breitem weißem Spitzensaum.
Achselfedern und Unterflügeldecken weiß.
Ad. Jahreskleid Weibchen: Wie ad. Jahreskleid Männchen, Wange (oft ganze
Gesichtsmaske) aber nicht schwarz, sondern braun, manchmal haben allerdings auch 0,1 sehr
dunkle oder sogar schwarzbräunliche Wangen. Weißer Stirnfleck gewöhnlich größer und
gegenüber der schwarzen Gesichtsmaske weniger kontrastreich begrenzt. Ausdehnung und
Färbung des Kropfbandes schwanken bei Männchen und Weibchen individuell sehr stark;
braune, fast unterbrochene Kropfbänder kommen aber nur bei Weibchen vor. Jugendkleid:
Wie ad. Jahreskleid, aber ohne schwarzweiße Gesichtsmaske und ohne schwarzes Kropfband.
Die bei ad. schwarze Gesichtsmaske ist im Jugendkleid braun wie der Scheitel oder wenig
dunkler; Stirn und Überaugenfleck sind weißlich beige, nicht rein weiß. Das Kropfband ist
dunkelbraun, auf der Unterseite beige bis hellbraun und durch breite helle Federsäume
zusätzlich verengt. Schnabel der frischgeschlüpften Jungvögel schwarz. Schnabel: Juv. mit
orangefarbenem Fleck an der Schnabelwurzel, bei ad. zur Brutzeit orange mit etwa 7–8 mm
langer schwarzer Spitze, im Herbst schwarz mit kleinem orangefarbenem Fleck an der
Schnabelwurzel. Füße bei frischgeschlüpften Jungen an Vorder- und Oberseite bräunlich mit
bläulichem Anflug, an Hinter- und Unterseite gelblich braun, bei juv. bräunlichrot. Bei ad. zur
Brutzeit orangerot, im Herbst bräunlichrot. Krallen schwarz. Augen: Iris braunschwarz.
Nackte Hautstellen: Augenring bei juv. dunkelgrau; zur Brutzeit bei Männchen ad. gelb
(oder sogar orangegelb), bei Weibchen ad. grau, bisweilen mit wenig Gelb in den
Augenwinkeln. Bei ad. Herbstvögeln schwarz. Die zuverlässigsten Unterscheidungsmerkmale
von Männchen und Weibchen im ad. Jahreskleid sind die Färbung der Wangen und der
nackten Augenringe.
Biotop: Zur Brutzeit bewohnt der Sandregenpfeifer den Bereich um die mittlere
Hochwasserlinie auf Sand-, Klei oder Kiesböden flacher Meeresküsten, Dünenränder,
Grabensenken am Fuße der Seedeiche, trockene kurzgrasige Strandwiesen, im Binnenland
entsprechende See- und Flussufer, gelegentlich auch natürliche oder künstliche
Sandablagerungen, Spülflächen, sandige Äcker (Raps, Kartoffel, Getreide, Brachland) oder
Heideflächen, abgelassene Fischteiche, Kiesgruben, Braunkohlegruben und ähnliches,
manchmal mehrere 100 m vom nächsten Gewässer entfernt. Bevorzugter Nahrungsbiotop sind
relativ harte Böden im selben Bereich, vor allem das bei Hochwasser ganz überschwemmte
Watt im Übergangsbereich zwischen Zostera-Wiesen und Quellerzone, aber auch Salzwiesen.
Im Gegensatz zu anderen Watt-Limikolen kann die Art als Augentier leicht in andere Biotope
ausweichen. Im Binnenland halten sich Durchzügler an sandige Ufer, frische und länger
trockenliegende Schlick- oder Schlammflächen von Staustufen, Teichen, Klärteichen usw.,
nach starken Regenfällen sogar an die umliegenden Äcker.
Nahrung: Kleine bis sehr kleine, größtenteils bewegliche Beutetiere. Insekten bilden offenbar
die Hauptnahrung: Laufkäfer, Wassertreter, Schwimmkäfer, Aaskäfer, Kurzflügler,
Schnellkäfer und Wasserkäfer. Pillendreher, Rüsselkäfer, Ringelwürmer, Muscheln und
Schnecken bilden mindestens eine wichtige Ersatznahrung. Andere Beutetiergruppen wie
Crustaceen, Tausendfüßer, Spinnentiere und kleine Stichlinge sowie Vegetabilien (in vielen
Mägen, aber immer in kleinen Mengen) scheinen gewöhnlich eine untergeordnete Rolle zu
spielen.
Bei der Ernährung in der Volierenhaltung möchte ich aus dem hervorragenden Artikel (AZN
Seite 4 / 2005) von Thomas Wendt zitieren. Thomas reichte sein selbst hergestelltes
Weichfutter und Lebendfutter. An Lebendfutter bot er verschieden große Mehlwürmer (sehr
gut ernährt und stets leicht mit Olivenöl und Lebertran benetzt und vitaminisiert), Heimchen,
Wachsmotten, Fruchtfliegen, Buffalos, Ameisenpuppen, Wiesenplankton und
Lichtfallenbeute an. Pellets für Limikolen wurden bei ihm nicht beachtet wenn dieses Futter
zur Verfügung stand.
Fortpflanzung: Das Erlangen der Geschlechtsreife gegen Ende des 1. Lebensjahres dürfte die
Regel sein. Die Partner führen eine Saisonehe mit ausgeprägter Gattentreue. Die Balz wird
schon bei ziehenden Vögeln (z. T. bereits in Afrika) beobachtet. Die Ankunft erfolgt sowohl
verpaart wie einzeln. Getrennter Zug und erneutes Zusammenfinden nach Ankunft am
Brutplatz dürfte häufiger sein. Die Beteiligung eines 3.Vogels bei der Bebrütung und
Aufzucht der Jungen ist beobachtet worden. Obwohl sich die Vögel z. T. gleich nach ihrer
Ankunft im späteren Territorium aufhalten, wächst die Revierbindung erst nach und nach.
Vor allem Erstankömmlinge halten sich zunächst besonders an die besten Nahrungsbiotope
und weichen bei Witterungsrückschlägen mitunter vorübergehend aus. Bei der
Reviergründung kann das Männchen oder das Weibchen den Ausschlag geben, nachher sind
beide Geschlechter gleich reviertreu. Bei Neuverpaarung entscheidet sich das Paar für das alte
Revier des einen oder anderen Partners. Die Eier werden in eine in lockeres Substrat (meist
Sand) gedrehte Mulde, auf Kies- oder Felsunterlage oder in kurze, die Sicht freigebende
Vegetation gelegt. An der Küste liegt das Nest zwischen Spülsaum und Strandnelkenrasen,
wobei dem Bedürfnis nach Tarnung und Orientierungshilfen entsprechend Kies- und
Muschelstrand bevorzugt werden. Auf Wangerooge ist auch das Schotterbett der Inselbahn
immer wieder zur Eiablage benützt worden. Im Binnenland sind Nester an Kahl- bzw.
Kümmerstellen in kurzem Gras, in Kartoffel- und Getreideäckern, auf Schlackehaufen,
Auswürfen von Kaninchenbauen usw. nicht selten. Die in lockeres Substrat gedrehten flachen
Mulden werden alle an bestimmten Stellen (z.B. Steingruppen, einzelnen Grasbüscheln,
Geröllfeldgrenzen) angelegt. Durch Anbringen solcher „Marken“ (in Nestnähe genügt ein
Gegenstand von wenigen cm Durchmesser, Großmarken dienen überdies zur Orientierung aus
größerer Entfernung) können Sandregenpfeifer auf sonst gemiedenen völlig ebenen,
gliederungsarmen Sandstränden zum Scheinnisten veranlasst werden. Durch Schleudern des
sich vom Gelege entfernenden Vogels und Verlegen (auf sich selbst Zurückwerfen mit lang
vorgestrecktem Schnabel erreichbarer Fremdkörper) des Brüters gelangen im Laufe der Zeit
Steinchen, Muschelfragmente, Pflanzenteilchen u. a. aus einem Umkreis von 2–3 m in die zur
Eiablage ausgewählte, im Durchmesser 8–12 cm messende Mulde. Wenn Sandverwehungen
ausbleiben, können die Eier schließlich auf einer mehr oder weniger dicken Schicht kleiner
Materialien liegen. Die Eier sind blaßbräunlich-sandfarben. Kleine, rundliche, scharf
begrenzte schwarze und einige graue Flecke und Punkte sind fast gleichmäßig über die ganze
Oberfläche verteilt und nur am stumpfen Ende etwas gehäuft. Die Gelegegröße beträgt
gewöhnlich 4, selten 3 und ausnahmsweise 5 Eier. Zusammenlegen und Verlegen in
artfremde Nester ist nachgewiesen worden und erklärt wohl auch 5er-Gelege. Wenn
Sandregenpfeifer zu Flußregenpfeifern hinzulegen, nehmen sie das Mischgelege gewöhnlich
in Besitz. Die Hauptlegezeit beginnt auf den Britischen Inseln Ende April, in Mitteleuropa in
der 1.Hälfte Mai. Zweitbruten sind in Südengland, Frankreich, den Niederlanden und der
Bundesrepublik Deutschland häufig. Das l. Ei der 2.Brut wird gewöhnlich schon einige Tage
vor dem Flüggewerden der Jungen der 1. Brut gelegt, während der Eiablage führt das
Männchen allein. Bei Verlust des 1.Geleges sind Nachgelege die Regel. Die Brutdauer beträgt
22–26 Tage, der Legeintervall schwankt zwischen 24 und 48 Stunden; die Ablage eines 4erGeleges bedarf in der Regel 4–6 Tage. Das Weibchen schützt das unvollständige Gelege vor
Regen, Hagel, nächtlicher Kälte und setzt sich sporadisch auch tagsüber für kurze Zeit darauf.
Die regelmäßige Bebrütung beginnt aber erst nach Ablage des letzten, manchmal vielleicht
schon des vorletzten Eies. Vom 19.–21. (24.) Tag nach Ablage des letzten Eies an zeigen sich
die ersten Risse. 2 Tage später sind die Rufe der Küken aus dem Ei zu hören. Die
Schlüpfintervalle variieren zwischen 5–25 (max. 44) Stunden. In der Regel sind die Jungen
21–23 Tage nach dem Schlüpfen flügge. Junge der ersten Brut können sich auch nach dem
Flüggewerden noch einige Zeit führen lassen, werden jedoch früher oder später von den
abermals brütenden Eltern vertrieben.
Literaturquelle:
AZ Lexikon
T. Wendt „Sandregenpfeifer – Zucht + Haltung“ AZN 1/2005
Urs N. Glotz von Blotzheim „Handbuch der Vögel Mitteleuropas“ Vogelzug Verlag
wikipedia
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