die amerikanischen medien im vietnamkrieg

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seminararbeit "technologie- und medientheorie"
verena artinger
die amerikanischen medien
im vietnamkrieg
Der Fernsehkrieg.
Kaum
ein anderes Ereignis hat in den
sechziger und siebziger Jahren
die Weltöffentlichkeit so bewegt
wie der Vietnamkrieg. Für die
Vereinigten Staaten endete der
Konflikt 1975 mit der ersten militärischen Niederlage.
Zwei Millionen Vietnamesen
und 58.000 US-Soldaten wurden
im Verlauf der militärischen Auseinandersetzungen getötet.
Vietnam war zugleich der erste Fernsehkrieg der Geschichte.
Als Anfang der fünfziger Jahre
die USA ihre Beraterfunktion im
Vietnamesischen Bürgerkrieg aufnahmen, interessierte sich die
amerikanische Öffentlichkeit aber
noch kaum für die Geschehnisse
in Indochina.
Auch die Medien nahmen wenig Notiz von diesen Aktivitäten
und boten der Bevölkerung
so gut wie keine Information und Aufklärung zu
diesem Thema an. Selbst
mit dem direkten militärischen Eingriff der Vereinigten Staaten in das
Seegefecht im Golf von
Tongking 1964 zeigte
sich die amerikanische
Öffentlichkeit relativ
teilnahmslos.
Umfragen ermittelten, dass zwei Drittel
der Bevölkerung angaben, dass sie wenig
oder kaum Interesse an
der Entwicklung von
Süd-Vietnam hätten.
Erst ab Mitte 1966
und besonders 1967
wurden vermehrt Stimmen aus der Bevölkerung laut, die das Eingreifen Amerikas
kritisierten und sogar als Fehler geben. Die Gruppe der Kriegsbezeichneten. Interessant ist da- gegner stieg immens an: zwibei, dass sich diese verstärkte schen November 1968 und SepAntikriegsstimmung zumeist nicht tember 1970 stieg die Anzahl von
im aktiven Protest oder Demon- 19 auf 55 Prozent. Je mehr also
strationen zeigte, sondern allein die versprochenen militärischen
in Meinungsumfragen.
Erfolge ausblieben, desto stärker
Das Meinungsforschungsinsti- wurde der Protest gegen den
tut Gallup z.B. führte solche Um- Krieg in der Bevölkerung, desto
fragen in den Jahren 1964 bis größer wurde die Antikriegs1973 durch und
bewegung.
kam zu dem ErMedien.
gebnis, dass die
Einen nicht unZahl der Kriegswesentlichen
gegner erst mit
Anstoß zur
zunehmender
AntikriegsbeDauer des Krieges
wegung brachständig stiegen.
ten die MediDie Protestrufe
en, die erstund die Forderunmals – und
gen, die USA solle
auch das einsich endlich aus
zige Mal in eidem Vietnamkrieg
nem Krieg im
Oben:
Präsident
John
F.
zurückziehen, wurden
20. JahrhunKennedy
immer lauter, bis sich Unten: Der Feind: Ho Chi
dert – unzenschließlich der Großteil Minh als Anführer des
suriert berichder amerikanischen kommunistischen Nordens ten konnten.
Bevölkerung späteDie Kriegsstens nach der Tetberichterstatter
Offensive 1968 diesen
konnten ohne
Rufen anschloss.
staatliche KonDie Tet-Offensive
trolle das Gewar der Wendepunkt
schehen vor
des Krieges: der
Ort mit BeSchock über das Verrichten und
sagen der amerikaniBildern dokuschen Militärs saß tief
mentieren.
– und der anschliene direkte
ßende Proteststurm
Zensur war
drängte die amerikaaus einem einnische Regierung in
fachen Grund
die Enge.
nicht gegeben:
Dieses Phänomen war für Der amerikanische Kongress hatAmerika eine neue Erfahrung: Es te niemals eine Kriegserklärung
hatte noch nie eine so breite Geg- gegen Vietnam ausgesprochen.
nerschaft aus der Bevölkerung Der Krieg wurde als solcher von
gegen die außenpolitische Ent- der amerikanischen Regierung
scheidungen der Regierung ge- von Anfang an lediglich als
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 1
„amerikanische Unterstützung“
betitelt, eine direkte Zensur hätte
die Presse wohl auch misstrauisch gemacht.
Außerdem ging die Regierung
von einem kurzen und schmerzlosen militärischen Einsatz in Vietnam aus und stellte diese Ansicht auch so in der Öffentlichkeit
dar. Dass sich dies sehr bald als
fataler Irrtum herausstellen sollte,
schien ihr anfangs nicht möglich
zu sein.
Als sich dann bald ein MedienHeer von über mehreren hundert
Journalisten in Saigon gebildet
hatte, waren direkte Eingriffe des
Militärs an der Quelle der Nachrichten kaum noch möglich. Also
wurde versucht den Druck der
Zensur später auf höherer Ebene
(in den Redaktionen in der Heimat) auszuüben.
Im Glauben eines kurzen
Kriegseinsatzes befürwortete aber ein Großteil der
Medien – Presse, Radio
und Fernsehen – zunächst die Kriegspolitik
der Regierung und
hielten das vorgegebenen Ziel vom schnellen,
sauberen Krieg mit
entsprechenden Nachrichten am Leben.
Doch mit der untergehenden Glaubwürdig der
Regierung, die trotz aller
Versprechen den
Krieg nicht mit
Erfolg zu Ende bringen
konnte, wandelte sich die
allgemeine öffentliche Meinung – und damit
auch die Haltung
und Berichterstattung der Medien. ren, sondern zu Hause in Amerika
Das Fernsehen stellte sich selbst.
jetzt auf die Seite derer, die gegen
Das zielte auf zwei „Hauptden Krieg protestierten. Der Viet- feinde“: die Medien und die Stunamkrieg war nun das alles be- dentenbewegung. So habe zum
herrschende Thema der Medien einen die freie, unkontrollierte und
und der öffentlichen Diskussio- unpatriotische Presse die amerinen. Insbesondere die Tet- kanische Öffentlichkeit demoraliOffensive 1968 bildete den ent- siert, indem sie ein verzerrtes Bild
scheidenden Wendepunkt.
der Kämpfe in Vietnam präsenDie Fehltierten.
einschätzung
Noch heute
des amerigibt es die „Lekanischen
gende“, es seien
Militärs, mit
die Medien gekurzem
wesen, die den
Einsatz den
Vi e t n a m k r i e g
kommunientschieden
stischen
hätten.
Vietminh
Zum Beispiel
schnell in
mit vermeintlich
die Schrandemoralisierend
ken verwirkenden Fernweisen zu
sehberichten
können, endete Präsident Lyndon B. Johnson
über das Masals das Trauma
saker im südviin Vietnam
Amerikas im 20.
etnamesischen
Jahrhundert.
Dorf Mylai durch
Denn: Vietnam
Soldaten der
war der erste
US-Armee im
und einzige
März 1968. Eine
verlorene Krieg
Geschichte, die
der USA.
nur allzu oft von konservativen
Aus einem vermeintlichen Politikern, Journalisten und
„Blitzkrieg“ wurde ein Krieg, den Kriegsgegnern damals wie heute
die Supermacht USA über zwei aufgewärmt und für die eigenen
Jahrzehnte lang kämpfte und ge- Interessen eingesetzt wird.
gen das kleine Vietnam verlor.
Tatsächlich gab es im neuen
Medium
Fernsehen zunächst weSündenböcke. Mehrere der Bilder
von den Verbrechen
amerikanische Regierungen weider
US-amerikanischen
Streitkräfgerten sich jedoch noch Jahre
danach, das politische und militä- te noch von verstümmelten amerische Versagen einzugestehen. rikanischen Soldaten oder den
Statt Selbstkritik war man auf Hinrichtungswellen der Kommuder Suche nach einem Sünden- nisten in den von ihnen eroberten
bock. Immer wieder wurde be- Gebieten. Dass die Fernsehzuhauptet, der Krieg wurde nicht in schauer unter dem Eindruck eiden Dschungeln Vietnams verlo- nes „ungeschönten Realismus"
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 2
ins Lager der Friedensbewegung
wechselten, davon kann keinesfalls die Rede sein.
Opfer/Täter. Zwar waren niemals zuvor (und danach, z. B.
Golfkrieg) Korrespondenten und
Fotografen so nah am Kriegsgeschehen wie in Vietnam. Doch
anders als das hässliche Bild
vom schuldhaften Handeln
der USA, wie sie in
„Apocalypse Now" auf der
Leinwand zu sehen sind,
zeigten viele Fotos Anfang
des Krieges nur amerikanische Opfer, selten die
Täter: der Sanitäter mit
der blutigen Kopfbinde,
der fürsorglich seine
verletzten Kameraden
versorgt, der Soldat, der
sich verzweifelt über
seinen sterbenden Kameraden beugt.
Selten gab es Fotos von
gewalttätigen Amerikanern zu sehen, statt
dessen allenfalls folternde Südvietnamesen.
In Studien wurden
außerdem die genauen Inhalte der Berichterstattung während
der Jahre des Krieges
untersucht. Lediglich drei
Prozent der Berichte
zeigten wirkliche
Kampfhandlungen bei
denen Tote oder Verwundete zu sehen waren.
Was die Zuschauer
zu sehen bekamen,
waren Bilder von landenden Flugzeugen, von
hohen Gräsern, die im
Wind der Helikopter
schwankten, von ame-
rikanischen Soldaten, die mit
schussbereitem Gewehr im Gelände herumliefen, und ab und
zu Explosionen mit einer dunklen
Rauchsäule im fernen Hintergrund.
Unter den Soldaten machte
sich die Gewöhnung an eine solche Berichterstattung bemerkbar.
In der Gegenwart von Fernsehkameras begannen sie wie
Schauspieler in
der eigenen Inszenierung zu
posieren.
Glaubte
man den Bildern, dann ging
die Gewalt von
der anderen
Seite aus.
E i n Tr u g schluss, wie
das Kriegsverbrechen
von Mylai
bewies.
Über ein
Jahr lang
schafften
es die Militärbehörden erfolgreich,
die Ermordung knapp
400 vietnamesischer Bauern
zu vertuschen,
bis Ende 1969
erste Fotos und
Berichte in den
US-Printmedien
erschienen. Für
kurze Zeit verloren die nationalen Sicher-
heitsorgane die Kontrolle über
den Fall – mit der Folge, dass
eine unabhängige Untersuchung
eingeleitet werden musste.
Doch die öffentlich moralische
Sensibilisierung hielt nur für kurze
Zeit an. Der befehlführende Leutnant William Calley jr. wurde zwar
vor ein Kriegsgericht gestellt und
zu lebenslänglicher Zwangsarbeit
verurteilt, später
jedoch von Präsident Nixon begnadigt.
Schock. Das,
Oben:
was die amerikaDie
nische BevölkeTragödie
von Mylai rung erst später
Unten:
zu Hause vor den
Der verBildschirmen als
antwortErgebnis der Tetliche
Offensive zu seLeutnant
hen bekam, verWilliam
setzte sie dann in
Calley
einen kollektiven
Schock: das
Fernsehen zeigte
nun schonungslos
die Brutalität des
Krieges, zeigte
verwundete Soldaten, leichenübersäte Straßen,
brennende Dörfer.
Mit den Augen
der Journalisten
sahen entsetzte
Amerikaner in
Millionen von
Wohnzimmern,
wie das Land, das
ihre Soldaten
schützen sollten,
niedergebrannt,
verwüstet, zerbombt wurde. Alle
Argumente und
Erklärungen des
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 3
Präsidenten wurden als Manipu- Studenten. Die Studentenbelationen und Lügen entlarvt.
wegung zum anderen habe laut
Verdrängen. Das Entsetzen Neokonservativen wiederum das
der Nation war groß, denn sie innenpolitische Klima mit Parolen
und Demonstranahmen plötzlich
tionen geschäin einer bisher
digt.
ungekannten
Die AntikriegsB r u ta l i t ä t d e n
bewegung war
wahren und den
das Produkt
schmutzigen
zweier ProtestKrieg der ameribewegungen der
kanischen Militärs
fünfziger Jahre,
in Vietnam war.
nämlich der AntiDoch je größer
nuklearbewedas Ausmaß der
gung und der
Gewalt, desto
Bürgerrechtsbegrößer der Drang
wegung. Beide
zu verdrängen
Gruppen beund der Wunsch
dienten sich der
zur NormalisieMittel des gerung. Die Täter
waltlosen Widerwurden zu Opfern
standes.
einer übermächtig
Ende der
erscheinenden Proteste der Bevölkerung
fünfziger und AnBefehlshierarchie
fang der sechzistilisiert. Nicht das
ger Jahre wurden
Vergessen der
die Ideen der
Verbrechen von
beiden BeweMylai in den Megungen von Studien war der
dentenorganisaSkandal, sondern
tionen aufgeihre Legitimation
griffen und in eials notwendige,
ner Bewegung
wenngleich "unvereinigt. Im
schöne" BegleitGrunde ist es
erscheinung des
aber missverKrieges in Indoständlich, von
china.
einer reinen AnDie Presse in
den Vereinigten Staaten war ge- tikriegsbewegung zu sprechen.
nauso nationalistisch eingestellt Denn die Opposition gegen den
wie die Mehrheit der Bevölkerung. Krieg hatte vielfältige Wurzeln
Erst als die öffentliche Meinung und Ausdrucksformen.
Die Antikriegsbewegung war
ins Schwanken geriet, vor allem
durch die Studentenproteste, än- vielmehr ein kulturelles und poliderten auch die Journalisten ihre tisches Phänomen, eine gesellschaftliche Strömung, die viele
kriegsbejahende Haltung.
Bewegungen vereinte.
1965, als die USA verstärkt in
den Vietnamkrieg eingriffen, waren die Antikriegsbewegungen
noch kaum organisiert, aber mit
zunehmender Dauer des Krieges
änderte sich dies rasch.
1967 wurde die Antikriegsbewegung eine Bewegung von nationaler Bedeutung. Immer wieder
versammelten sich viele tausende
Menschen vor dem Pentagon in
Washington, um zu protestieren.
Der Großteil der AntikriegsAktivisten war gegen Gewalt, sie
schrieben Briefe an die Regierung
oder protestierten auf Straßen.
Aber eine kleine Zahl von ihnen
war radikaler und verantwortlich
für Bombendetonationen, sie attackierten die Polizei und verübten Vandalenakte.
Die Vietnampolitik Washingtons interessierte bald die gesamte amerikanische Bevölkerung.
Es war aber nur eine relativ kleine
Antikriegsbewegung, die sich
wirklich politisch aktiv engagierte.
Meinungsumfragen ergaben,
dass der Anteil der „stillen“ Kriegsgegner etwa sechzig Mal größer
war als die organisierte Antikriegsbewegung.
Demonstrationen. Insgesamt aber nahmen Antikriegsbewegung und Antikriegsstimmung
schließlich erheblichen Einfluss
auf die Politik in Washington.
Hunderttausende Menschen demonstrierten in New York, in Washington, in Boston. Dieser immense öffentliche Druck hat im
entscheidenden Maße zu dem
Umdenken der Regierung und zu
einer forcierten Beendigung des
Krieges beigetragen.
Insgesamt habe die fehlende
moralische, politische und wirtschaftliche Unterstützung der Be-
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 4
völkerung schließlich die amerikanische Streitmacht in die Knie
gezwungen und zur Niederlage
in Vietnam geführt. Das ist noch
heute die Meinung vieler Konservativer in den USA. Im Zuge dieser Diskussion liefern sich vor
allem Erzkonservative
und Kriegsgegner
noch heute heiße
Debatten.
kritisch und unvoreingenommen
aus Vietnam berichteten, und die
damit die amerikanischen Leser
und Zuschauer wachgerüttelt haben wollen.
Sind diese und die anderen
Fernseh-Journalisten des Vietnamkrieges
die eigentlichen Sieger,
die
den
Kampf um
Die Kriegsdie öffentliberichterstatter.
che Meinung
Die Präsentationsform
gewonnen
der Fernsehnachrichhaben und
ten, die im späteren
damit den
Verlauf des Vietnamamerikanikrieg vor allem auf den
schen RückEinsatz von „Schockzug
aus
Momenten" setzte, um
Vietnam erden Bürgern die Reazwangen?
lität des Krieges zu
Hunderte
zeigen, wurde somit zu
Kriegsbeeiner zentralen Antrieb
richterstatter
im wachsenden inund Fotonenpolitischen Wigrafen fanderstand gegen die
den selbst
Cover des Life-Magazins
amerikanische Miliim November 1965 inmitten der
tärpräsenz in SüdostSchusslinien
asien.
d e n To d .
Der Vietnamkrieg
Aber immer
brachte eine neue Waffe zum wieder trieb es die KriegsberichtVorschein: die Fernseh- erstatter nach Hanoi und Saigon
Kamera. So sahen es je- und immer wieder riskierten sie
denfalls nicht nur die ihr Leben.
Neokonservativen und
Fest steht: Ihre Bilder und
Kritiker der Medien, son- Fernsehberichte zeichneten das
dern auch die Kriegsbe- Bild vom schmutzigen Krieg der
richterstatter selbst. Aber Amerikaner in Vietnam. Und siin einem anderen Zu- cher waren die allabendlichen
sammenhang.
Bilder wüster Zerstörung, Bilder
es
V i e t n a m - des Leids und des Todes ameriKorrespondenten, die kanischer Soldaten massiver Ansich als Vorkämpfer für trieb des wachsenden innenpolie i n e w a h r h a f t i g e tischen Widerstands gegen den
Kriegsberichterstattung amerikanischen Krieg in Inochina,
gesehen haben, die entlarvten sie doch immer wieder
die falschen Versprechen der Regierung für einen baldigen, erfolgreichen Sieg.
Doch wie verlockend waren
auch die journalistischen Voraussetzungen, die die Berichterstatter
umgaben: Sie konnten über Vietnam mehr schreiben und zeigen
als über jeden anderen Krieg,
darunter auch regierungskritische
Berichte.
Denn die amerikanischen Politiker und Militärs hatten eben
kein ausgearbeitetes Konzept einer Pressepolitik und keine gänzliche Kontrolle über die Presse,
weil eine Zensur ja nicht möglich
war.
Die Vietnam-Berichterstatter
waren wohl aber nicht die Hüter
der Moral und Wahrheit und die
Helden in einem erfolgreich absolvierten Meinungskrieg, für die
sie sich gerne im nachhinein ausgaben. Die wenigsten waren
wahrheitsliebende Pazifisten oder
erkannten den Krieg an sich als
sinnlos.
Die Motivation der Berichterstatter war eher woanders zu finden: Vielleicht in der Dramatik
des Kampfgeschehens, das sie
erstmals hautnah miterleben durften, vielleicht eine Faszination an
Gewalt und Tod – oder ganz einfach: journalistischer Ehrgeiz.
Auswirkungen bis
heute. Das kleine Vietnam hat
zwar gegen die Supermacht Amerika den Krieg gewonnen, aber
die Schäden des Krieges muss
das Land allein tragen und muss
mit dem Trauma leben, an dem
es täglich durch die immer noch
herumliegenden Flugzeugwracks,
durch die immer noch detonierenden Minen und Bomben, durch
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 5
die oft lebensunfähig geborenen Kinder erinnert
wird.
Die Lehren. Die Erfahrung, die Amerika im
Krieg gegen Vietnam in
erster Linie machte, war
die Erfahrung der öffentlichen
Meinung.
Obwohl hier
die Theorien
auseinandergehen, wie
wohl die
amerikanische Bevölkerung
sich verhalten
hätte, wenn der
Krieg der amerikanischen Regierung gegen den
Kommunismus in
Vietnam schneller
und erfolgreicher
verlaufen wäre,
so steht doch
eins fest: Die
Macht der öffentlichen Meinung kombiniert mit der
Macht
der
Fernsehbilder
waren hier am Ende doch stärker als
die Macht der Regierung und der Militärs. Der
Ruf nach Frieden übertönte die
Reden des Präsidenten und der
Regierung.
Welche Rolle dabei das
Fernsehen bzw. die Macht
der Fernsehbilder im einzelnen einnahm, wird bis
heute debattiert. Vietnam
war der erste Fernseh-
krieg der Geschichte und niemand hatte Erfahrung in diesem
Zusammenhang im Umgang mit
dem noch relativ neuen Medium
und seiner Wirkung als Massenkommunikationsmittel: weder die
Regierung, noch die Medienmacher selbst, noch die Bevölkerung.
Weltbewegende Bilder: Die
Erschießung
eines Vietcong und die
Flucht vietnamesicher
Kinder vor
den Napalmbomben.
Manipulation“ vom Vietnamkrieg
gelernt. Im Golfkrieg wurden zwar
Nachrichten in Echtzeit generiert,
aber wie sich später herausstellte
zensuriert und gefiltert. Auch im
Kosovo (und nun im der „Krieg
gegen den Terrorismus“ in Afghanistan) ging die amerikanische
Regierung das Risiko einer unkontrollierten Berichterstattung nicht mehr ein.
Nicht zu vergessen ist
nun auch die Wirkung des
„neuen“ Mediums Internet,
das eine völlig neue Art der
Generierung und Verbreitung von Nachrichten ermöglicht. Die Überprüfung
von Meldungen auf ihre
Richtigkeit bzw. auf ihren
Verfasser sind ein großes
Problem.
Im Falle des Konfliktes
in Afghanistan, wo die
Bevölkerung und die Medienlandschaft mehrheitlich
hinter der Regierung stehen, reagierte Präsident Bush mit
der Errichtung eines eigenen Propagandaministeriums, welches
auch gezielt (!) Falschmeldungen
in Umlauf bringen soll.
Das Problem der amerikanischen Medien zu Beginn schwerwiegender Konflikte und Kriege
geschlossen hinter der Regierung
und dem Präsidenten zu stehen,
hat sich seit dem Vietnamkrieg
aber nicht gebessert. Warum das
so ist, lässt sich vielleicht mit dem
Aussage eines amerikanischen
Journalisten erklären: „Zuerst bin
ich Amerikaner, dann Journalist!“.
Die Debatten über den Einfluss der Medien auf Verlauf und
Ausgang des Vietnamkrieges und
der Streit um die wahrheitsgemäße Darstellung haben auch die
nachfolgenden Kriege – Golfkrieg,
Kosovo-Krieg – nachhaltig beein- Verena Artinger
flusst.
FH Joanneum Graz
Leider haben die Amerikaner Juni 2002
aber nur im Bereich der „Medien-
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 6
Quellenangaben.
Black Star – 60 Years of Photojournalism.
Spiegel Online, www.spiegel.de, 8. Oktober 2001
Derriere Onlinemagazin für Politik und Gesellschaft, www.derriere.de, 31. August 2001
Die Zeit, www.diezeit.de, Ausgabe 33/2001
Fakten zum Vietnamkrieg: http://mitglied.lycos.de/TheHype/krieg.htm, ohne Datum
Fotos:
Black Star – 60 Years of Photojournalism.
Privates Archiv – http://hometown.aol.com/rtoartilleryfo/hellshalfacre.html, ohne Datum
die amerikanischen medien im vietnamkrieg 7
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