Vergleichende Beobachtungen an verschiedenen S

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Ein anderes DCG-Mitglied konnte aber trotzdem nicht widerstehen und kaufte
einige Exemplare. Sie überlebten, wie von mir befürchtet, den Transport beinahe
ticht. Zu Hause angekommen, lagen sie in den Plastiktüten auf der Seite.
Glücklicherweise gelang es meinem Bekannten, sie doch wieder,,auf die Beine" zu
bekommen.
Inzwischen sind die Fische auf eine Größe von etwa sechs Zentimetern herangewachsen und schwimmen nun doch bei mir. Zu ihrem Verhalten ist nicht viel zu sagen: Es entspricht dem der anderen Cyprichromis. Doch scheinen sie etwas schwieriger an eine neue Umgebung zu gewöhnen zu sein. Sie haben in der ersten Zeitbei
mir kaum gefressen und waren sehr scheu. Nach einer Woche legte sich das aber. -
Ist anderen DCG-Mitgliedern mehr über diese außergewöhnlichen Fische
be-
kannt? Für kurze Hinweise wäre ich sehr dankbar.
Vergleichende Beobachtungen an
verschiedenen S chneckenbuntbarschen
Uli Ruß
Wie bei vielen anderen Aquarianern auch, gilt unsere besondere Liebe den Schnekkenbuntbarschen, die aufgrund ihrer geringen Größe und ihres interessanten Verhaltens geeignete Objekte für die Aquarienhaltung darstellen. Aber schon, nachdem ich die ersten zwei verschiedenen Arten pflegte, stellte ich fest, daß sehr große
Verhaltensunterschiede bestehen, über die ich hier zusammenfassend berichten
wi11.
Unter den zahlreichen Cichliden, die den deutschen Namen ,,schneckenbuntbarsch" tragen, sind viele Arten, die im engeren Sinne nicht dazuzurechnen sind.
Ich meine hiermit Arten, bei denen die Schnecke nur eine Funktion a1s Fluchthöhle
(zum Beispiel Pseudotropheus lanisticola) oder als Bruthöhle (zumBeispiel Lamprologus,,daflflodil", L. compressiceps, Telmatochromis spec., ,,Schnecken-Telmatochromis" vom caninus-Typ) hat, ohne daß eine spezifische Bindung an die Schnecke
als Brut- und Wohnhöhle vorhanden ist.
Die ,,echten" Schneckencichliden möchte ich hier unter dem Vorbehalt, daß ich
noch nicht alle Arten gepflegt habe, nach morphologischen und Verhaltensge-
sichtspunkten in vier Gruppen einteilen:
l, Lamprologus ocellatus, L. wauthioni, L. ornatipinnis;2. L. brevis, L.,,magarue";3.
L. meeli, L. kiritvaithai;4. L. multifasciatus.
Lamprologus ocellatus, L. brevis, L. meeli, L. kiritvaithaiwd L. multifasciatus sind
die Arten, die ich gepflegt habe und auf die sich folglich meine Beobachtungen in
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r.o-t,rfo
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erster Linie beziehen. Sol1te eine der Einordnungen falsch sein oder ein Pfleger an-
dere Beobachtungen gemacht haben, so bitte ich, mir diese mitzuteilen und im
übrigen zu berücksichtigen, daß unsere Fische ,,Individualisten" sind und sich soje
nach Tier und Pflegebedingungen sehr verschieden verhalten können.
Der kleine ,,Kämpfer"
Lamprologus ocellatus ist der ,,Idealtyp" eines Schneckencichliden. Er ist ständig
dabei, seine Schnecke umzubauen; sie muß die richtige Neigung und Tiefe haben.
Er ist auch der einzige Schneckencichlide neben - mit einigen Einschränkungen L. multifasciatas, der schon von klein auf ein Schneckenhaus besetzt. Jedes Tier
nimmt eine eigene Schnecke in Anspruch, wobei die Weibchen mit relativ kleinen
Revieren zulrieden sind (etwa 15 Zentimeter Durchmesser), während die Männchen in der Regel das ganze Becken beanspruchen (Revierdurchmesser rund 80
Zentimeter). Innerhalb dieses Großrevieres um seine Schnecke herum duldet es
die Weibchen, die ihrerseits den oben genannten Abstand zueinander einhalten.
Aus dieser Art der Revieraufteilung lolgt auch, daß die Männchen ausgesprochen
polygam sind.
Bei der Haltung der Tiere ist zum ersten zu berücksichtigen, daß die Fische
untereinander und zu anderen Beckeninsassen (auch viel größeren) recht aggressiv
sind. Besonders in kleinen Aquarien ist daher von einer Vergesellschaftung mit anderen tagaktiven Bodenhschen abzuraten; das gilt auch für die anderen Schneckenbuntbarsche.
Bei der Pflege und Zucht ist vor al1em daraufzu achten, daß L. ocellatus im Futter
anspruchsvoller ist a1s die anderen Arten: Während die auch überwiegend mit Trokkenlutter zu ernähren sind, frißt L. ocellatus diese Kost nur gelegentlich als Abwechslung.
Werden diese Bedingungen (Futter, Beckenmitbewohner, Raumbedarf) erfüllt,
gelingt auch die Zucht in der Regel ohne weiteres Zutun. Die Tiere sind nicht
sehr produktiv; so haben erwachsene Weibchen 15 bis 20 Junge, laichen aber
häufig in l4täglichem Abstand, so daß, wenn die älteren Jungfische gerade frei
schwimmen, schon wieder Larven in der Schnecke vorhanden sind. Das kann, wenn
man die Jungen ausdrehen wil1, sehr ärgerlich sein. Es ist meist auch möglich,
die Jungtiere bis zu einer Größe von etwa 1.5 Zentimetern bei den Alttieren zu
lassen, doch ist das sehr verschieden und vor allem vom Männchen abhängig. Die
Seite 87: Oben links: Lamprologus ocellatus, Pärchen bei der Balz vor einem
Schneckenhaus. Oben rechts: Ein Männchen läßt einen Jungfisch unbehelligt auf
seinem Rücken ,,spielen". Mitte links: Larnprologus kiritvaithai: Paar vor rler gemeinsamen Wohn- und Brutschnecke. Mitte rechts: Larnprologus kiritvaithai: Männchen
in Drohstellung. Unten links: Lamprologus !,magarae": Pärchen, links das Weibchen. Unten rechts: Weibchen von Lamprologus meeli - Alle Fotos: Ruß
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Lamprologus multifasciatus, im natürlichen
Lebensraum fotografi ert
Jungen bleiben auch bis zu dieser Größe meist in der Schnecke der Mutter, doch
werden mit dem Wachstum der Aktionsradius größer und die Bindung schwächer;
auch Kidnapping durch andere Weibchen kommt vor. Die Aufzucht ist an sich nicht
schwierig, doch reagieren die Kleinen sowohl auf schlechtes Wasser als auch auf
ein Umsetzen recht empfindlich.
Die ,,Friedlichen"
Lamprologus örevls unterscheidet sich äußerlich gar nicht so sehr von I. ocellatus beide Arten haben die gleiche Größe und eine ähnliche Körperform -, im Verhalten
sind sie aber völlig verschieden. Die Männchen yon L. breyis sind streng monogam
und bewohnen sogar mit dem Weibchen dieselbe Schnecke. Das Revier um die
Schnecke ist sehr klein und hat nur einen Radius von fünf bis zehn Zentimetern.
Daraus und aus der - verglichen mit Z. ocellatus - geringen Aggressivität ergibt sich,
daß L. brevis besser als L. ocellatus zu vergesellschaften ist. Das gilt aber nur,
wenn man nicht züchten wi1l, denn die Jungen verlassen mit dem Freischwimmen
sofort die Schnecke und sind so in einem Gesellschaftsbecken verloren. Erst mit Erreichen der Geschlechtsreife wird wieder eine Schnecke besetzt.Die Zahlder Jungfische ist rund doppelt so groß wie bei Z. ocellatus; sie werden nicht von den Eltern
verfolgt.
Die ,,Robusten"
Lamprologus meelitnd L. kiritvaithai urtterscheiden sich von den vorgenannten Arten vor al1en Dingen durch die Größe. Während bei I. ocellatus wd L. brevis dre
Männchen rund vier Zentimeter groß werden, erreichen schon die Weibchen von I.
meeli u;ad L. kiritvaithai Längen von über ftinf Zentimetern; die Männchen kön-
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nen bei L. kiritvaithai ungeführ acht, bei L. meelisogar zehn Zentimeter groß werden.
Dieser Unterschied macht sich in den Ansprüchen dieser Arten bemerkbar; sie sind
deutlich robuster a1s die kleineren Schneckenbuntbarsche und besitzen auch ein
größeres Durchsetzungsvermögen. So greilen zum Beispiel sowohl Männchen als
auch Weibchen bei einer Bedrohung rücksichtslos die Hand des Pflegers an, was bedingt durch die lir Lamprologr.rs-Verwandte typischen Hundszähne - vor allem
bei den großen Männchen recht schmerzhaft sein kann. Gegen andere Fische können sie sich lolglich ohne Schwierigkeiten durchsetzen; es kommt aber dabei kaum
zu Verletzungen, da sich diese kompromißlosen Angrifle auf die unmittelbare Umgebung beschränken, die bald von den anderen Fischen gemieden wird.
Wenn man diese Fische
artgerecht halten will,
muß man ihnen auch im
Aquarium eine Schnekkenhalde bieten
Wenn im Aquarium nur
einzelne Schneckenhäuser vorhanden sind.
gräbt L. multifasciatus
sehr intensiv
Fotos: Büscher
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Die Männchen von L. meeli sind ausgesprochen polygam und besetzen ein Großrevier (Durchmesser etwa einen Meter); daraus folgt, daß man in den meisten Aquarien nur ein Männchen halten kann. ln diesem Revier sledeln sich dann die Weibchen an, die einen Abstand von mindestens 20 Zentimetern voneinander brauchen,
sol1 es unter ihnen nicht ständig zu Streitereien kommen. lnteressant ist, daß das
Männchen die streitenden Weibchen häufig regelrecht trennt, indem es zwischen
sie schwimmt und sie in ihre Schnecken scheucht. Manchmal werden die Weibchen
sogar durch Maulzerren,,diszipiiniert".
I. kirirvaithai weniger stark ausgeprägt. Das Männchen hat
ein kleineres Revier (Durchmesser etwa 70 Zentimeter), in dem sich meist nur ein,
seltener zwei Weibchen befinden. Sind mehrere Weibchen im Aquarium, kann das
im Revier geduldete Weibchen von Zeit zt Zeit wechsein. Bei der Fortpflanzung
und der Brutpflege gibt es einige Besonderheiten. So müssen zum Beispiel die
Männchen vor der Schnecke abspermen, da sie in der Regel gar nicht in sie hinein
passen. Die Brutpflege ist in erster Linie Sache des Weibchens; das Männchen hilft
meist nur bei der Verteidigung der Schnecke, zum Beispiel gegen sehr große Fische.
Allerdings habe ich bei L. kiritvaitlral beobachtet, daß das Männchen Junghsche,
die sich zu weit von der Schnecke der Mutter entlernt haben, ins Maul nahm und in
den Schwarm zurück spuckte.
Die Zahl der Jungen ist bei diesen beiden Arten höher als bei den anderen und
liegt zwischen 40 und 50. Sie bleiben ungef?ihr einen Monat in der Schnecke der
Mutter, vergrößern aber ihren Aktionsradius ständig, so daß ein genaues Ende der
Brutpflege nicht anzugeben ist. Mit dem Schlüpfen der nächsten Brut endet aber
Die Polygamie ist bei
endgültig die Duldung durch die Mutter.
Die kleinen,,Tielbauarbeiter"
Lamprologus multifasciatus ist der Zwerg unter den Zwergbuntbarschen, denn die
Männchen werden gerade vier, die Weibchen sogar nur 2,5 Zentimeter groß. Auch
in seinem Verhalten gibt es kaum eine Parallele zu den oben besprochenen Arten.
Lamprologus multifasciatus lebt paarweise in kleinen Kolonien. Dabei beträgt der
Abstand von Paar ztPaar rund 20 Zentimeter. Jedes Pärchen hebt eine Grube aus,
deren Größe bei mir immer durch die Glasscheibe und die Dicke der Kiesschicht
beschränkt war (Durchmesser 20, Tiefe 10 Zentimeter). Zu welchen Leistungen die
Tierchen tatsächlich fTihig sind und welche Größe die Gruben in der Natur errei
chen, weiß ich leider nicht. Die Schnecken sammeln sich mehr oder weniger ungeordnet am tiefsten Punkt der Kuhle; es kommt aber auch vor, daß eine nicht genehme Schnecke aus der Grube herausgeworlen wird.
In diesem Schneckenfriedhoflebt dann ein Pärchen mit mehreren Jungen verschiedener Altersstufen; es hndet also eine richtige Etagenzucht statt. Interessanterweise müssen die Jungen nicht unbedingt die eigenen sein. Sie werden geduldet, bis sie
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Ein Männchen von
Lamprologus brevis
Foto: Büscher
praktisch erwachsen sind. Das ist aber fiir den Züchter auch bitter nötig, denn die
Produktivität dieses Fischleins ist außerordentlich gering: uns ist es mit zwei pärchen nicht gelungen, in einem Vierteljahr mehr als sechs Jungtiere zu erhalten. Andere Züchter waren etwas erfolgreicher, doch sind die Zahlen auch dort sehr gering.
Die Aggressivität der Tiere untereinander - sowohl zwischen Männchen und
weibchen als auch zwischen verschiedenen Pätchen - war bei uns nicht sehr groß;
leider habe ich aber auch schon anderes gehört. Auch konnte ich nie beobachten,
daß das Männchen Junge angegriflen und getötet hätte, wie das bei einem
belreundeten Aquarianer geschehen ist. Aufgefallen istmirbeiz. multifasciatus ein
geringes Durchsetzungsvermögen gegenüber Schnecken, die in ihrem Becken
reichlich vorhanden waren. vielleicht ist hierin die Ursache für unseren besonders
kleinen Zuchterlolg zu suchen.
Abschließend möchte ich noch einige allgemeine Regeln für die Pflege von
Schneckenbuntbarschen zusammenfassen
:
1. Sandboden oder feiner Kies sind unbedingt erforderlich (die Tiere müssen
graben können).
2. Als Gesellschaft in normal großen Aquarien kommen keine anderen tagaktiven
Bodenfische in Frage, wie zum Beispiel andere Schneckencichliden, panzerwelse
(C o ry d o ra s), B uckelkoplbuntbarsche.
3. Der pH-Wefi sollte über 7 liegen, die Temperatur zwischen 24 und27 Grad.
4. Regelmäßig sollten die kleinen Arten (außer L. meeli und L. kiritvaithai) mit
frisch geschlüpften Artemia-Nauplien oder vergleichbarem Futter ernährt werden,
da das den Alttieren gut bekommt und die Jungfische schon in der Schnecke Nahrung benötigen, bevor man sie zum erstenmal sieht.
5. Als ,,Behausung" eignen sich die Gehäuse von Apfelschnecken, Weinbergschnecken und ähnliche. Dabei muß natürlich die Größe der Fische berücksichtigt
werden. So nehmen L. multifasciatus auch Schnirkelschneckengehäuse, während
sich unser Z.-z eeli-Mannchet in einer faustgroßet Lanistes-Schnecke aus dem Malaw i see eingerichtet hat.
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