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 Gymnasium und Realgymnasium Mürzzuschlag
8680 Mürzzuschlag, Roseggergasse 10
Vorwissenschaftliche Arbeit Titel der vorwissenschaftlichen Arbeit: Conformal Mapping Eine Einführung in die konforme Abbildung im Allgemeinen und im Speziellen in der Aerodynamik Verfasser: Thomas Albert Maierhofer Mürzzuschlag, im Februar 2015 Prüfungsgebiet: Mathematik Klasse: 8B Schuljahr: 2014/15 Betreuerin: Prof. Mag. Birgit Leistentritt Abstract
Das Ziel dieser Vorwissenschaftlichen Arbeit ist es, eine Einführung in das Thema Conformal Mapping (konforme Abbildungen), ein Teilgebiet der komplexen Analysis, zu geben
und eine praktische Verwendung desselben, anhand einer Anwendung in der Aerodynamik,
zu veranschaulichen.
Die Arbeit baut auf der Behandlung der theoretischen Grundlagen und Eigenschaften der
komplexen Zahlen auf und erklärt die komplexen Funktionen, welche den Grundstein für
die konformen Abbildungen darstellen. In weiterer Folge wird auf deren wichtigste Eigenschaften detailliert eingegangen und es werden verschiedene Klassen von konformen
Abbildungen erläutert.
Abschließend wird eine praktische Anwendung in der Aerodynamik, im Speziellen die Bedeutung dieser für die Modellierung von Tragflächenprofilen, gezeigt. Hierbei wird sowohl
theoretisch als auch graphisch veranschaulicht, wie sich durch Änderung einzelner Parameter, die zahlreichen Formen der Abbildung ergeben.
Abstract
The aim of this thesis is to introduce the topic Conformal Mapping which is part of Complex Analysis, and to demonstrate a practical application in Aerodynamics of the same.
The paper commences with introducing the theoretical principles and properties of complex numbers and explains complex functions, which form the basis for conformal mappings. Additionally their most important properties will be covered in detail and various
classes of conformal mappings will be shown.
Finally a practical application in aerodynamics is illustrated, with focus on its importance
for the modelling of aerofoils. In the course of this it is demonstrated theoretically as well
as graphically how changes in distinct parameters result in various shapes of the image.
2
Vorwort
Mit dem Thema der komplexen Analysis wurde ich erstmals im Rahmen der Austrian
Summer School 2013, in Saalbach, konfrontiert. Während eines Workshops erhielten wir
von Univ.-Prof. Dr. F. Haslinger, Universität Wien, eine Einführung in dieses Themengebiet der Mathematik.
Bei einem Gespräch mit meinem Bruder über diesen Workshop stellte sich heraus, dass er,
von seiner Teilnahme an der Austrian Summer School 2011, ein Skriptum über Conformal
Mapping, das auf komplexer Analysis aufbaut, besitzt. Nachdem ich mich damit befasst
hatte und vor allem von der beschriebenen Anwendung in der Aerodynamik fasziniert
war, wusste ich, dass ich das Thema meiner vorwissenschaftlichen Arbeit in Mathematik
gefunden hatte.
Daraufhin begann ich mich in dieses Thema einzulesen und je mehr ich mich darin vertiefte, umso mehr fühlte ich mich in meiner Wahl bestätigt.
3
Inhaltsverzeichnis
Abstract
2
Vorwort
3
1 Einleitung
6
2 Komplexe Zahlen
7
2.1
Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.2
Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.3
Die graphische Darstellung komplexer Zahlen
. . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.4
Elementare Rechenoperationen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.4.1
Addition und Subtraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.4.2
Multiplikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2.4.3
Division . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
2.4.4
Konjungiert komplexe Zahl
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
Der Fundamentalsatz der Algebra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
2.5
3 Komplexe Funktionen
12
3.1
Definition und Begriffserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
3.2
Differenzieren im Komplexen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
3.2.1
Begriffserklärung und Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
3.2.2
Regeln für das Differenzieren in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
3.2.3
Analytische Funktionen
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Cauchy-Riemann Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
3.3
4 Konforme Abbildungen
4.1
17
Definition und Begriffserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
17
4.2
Konformer Abbildungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
4.3
Die Riemannsche Zahlenkugel und stereographische Projektionen . . . . .
20
4.3.1
Koordinatenbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
4.3.2
Kreisverwandtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
4.3.3
Winkeltreue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
Gebrochen lineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
4.4.1
Ganze lineare Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
4.4.2
Inversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
Möbiustransformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
4.5.1
Eigenschaften von Möbiustransformationen . . . . . . . . . . . . . .
31
4.5.2
Möbiustransformationen auf der Riemannschen Zahlenkugel . . . .
33
Abbildung von Kreisen und Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
4.4
4.5
4.6
5 Anwendung in der Aerodynamik - Tragflächenprofile
37
5.1
Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
5.2
Die Funktion w = z 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
5.2.1
Abbildung von Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
5.2.2
Abbildung von Kreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Joukowski Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
5.3.1
Zusammensetzung der Joukowski Funktion . . . . . . . . . . . . . .
40
5.3.2
Graphische Darstellung der Joukowski Funktion und Auswirkungen
5.3
von Änderungen der Parameter x, y . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
6 Zusammenfassung
46
Literaturverzeichnis
47
Abbildungsverzeichnis
49
Selbstständigkeitserklärung
51
5
1 Einleitung
Conformal Mapping (konforme Abbildungen) ist ein Teilbereich der komplexen
Analysis. Es gibt in zahlreichen Gebieten der Mathematik und Physik eine Vielzahl an
Anwendungsmöglichkeiten, die sich aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften ergeben. Ein
Beispiel dafür wäre die häufig benutzte Verwendung der konformen Abbildungen in der
Luftfahrttechnik, im Speziellen der Aerodynamik zur Entwicklung von Tragflächen.
Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, das Thema konforme Abbildungen von Grund auf zu
erklären und einen Einblick in eine Anwendung in der Aerodynamik zu gewähren. Am
Beginn wird zunächst eine Einführung in die komplexen Zahlen gegeben, anschließend
werden die komplexen Funktionen behandelt, die eine Grundlage für die konformen Abbildungen bilden. Im Kapitel Konforme Abbildungen werden vor allem eine Einführung in
das Verfahren und einige ihrer Eigenschaften behandelt. Abschließend gibt es einen kurzen
Einblick in eine Anwendung in der Aerodynamik, bei der auf eine Art der Berechnung von
Tragflächenprofilen eingegangen wird.
Grundsätzlich basiert diese vorwissenschaftliche Arbeit auf dem Selbststudium der Thematik unter Verwendung diverser Fachliteratur (siehe Literaturverzeichnis). Sie wird durch
Beispiele und einer Programmierung in MATLAB, zur graphischen Darstellung von verschiedenen Abbildungen bis zum Tragflächenprofil, ergänzt. Zur Erarbeitung der Grundlagen zeigten sich die Bücher Complex Variables - Introduction and Applications“ von
”
Mark J. Ablowitz und Athanassios S. Fokas1 und Komplexe Zahlen und ebene Geometrie“
”
2
von Joachim Engel als sehr hilfreich.
1
Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications. 2. Auflage. Cambridge: Cambridge University Press, 2003,
2
Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie. 2., verbesserte Auflage. München: Oldenbourg
Verlag, 2011,
6
2 Komplexe Zahlen
2.1 Geschichte
Als einer der wichtigsten Mathematiker bei der Entdeckung der komplexen Zahlen gilt
Hieronimo Cardano (1501-1576). Er beschrieb in seinem 1545 erschienenen Buch Ars
√”
magna“ die unmöglichen Lösungen der Gleichung x(10 − x) = 40 mit x1,2 := 5 ± −15.
√
√
Dieser Ausdruck, der Form a + −b bzw. a + i b 1 , welcher die sogenannte numeri
”
√
2
imaginarii“ (eingebildete Zahl) i := −1 beinhaltet, ist seither der Mathematik erhalten
geblieben.
Leonhard Euler (1707-1783) führte das Symbol i ein. Er konnte mit dieser neuen“ Zahl
”
und seiner 1748 entwickelten Eulerschen Formel“
”
eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ
eine wichtige Verbindung zu grundlegenden Funktionen herstellen und erreichte somit,
dass die komplexen Zahlen immer mehr Anerkennung fanden.3
Durch Carl Friedrich Gauß (1777-1855) wurden die komplexen Zahlen endgültig als echte“
”
Zahlen anerkannt. Mithilfe der geometrischen Darstellung in der Gaußschen Zahlenebene
(siehe Kapitel 2.3) konnte er die komplexen Zahlen anschaulich“ machen.4
”
1
vgl. Heuser, Harro: Lehrbuch der Analysis Teil 1. 10., durchgesehene Auflage. Wiesbaden: Springer
Fachmedien, 1993, S. 41
2
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 6
3
vgl. Forst, Wilhelm; Hoffmann, Dieter: Funktionentheorie erkunden mit Maple. 2., überarbeitete und
aktualisierte Auflage. Berlin: Springer Spektrum, 2012, S. 2
4
vgl. Roth, Jürgen: Die Zahl i - fantastisch, praktisch, anschaulich. Sekundarstufe I, 10. Schuljahr.
In: mathematik lehren. 2003, Nr. 121, S. 47-49, S. 48
7
2.2 Definition
Definition 2.2.1. Die Menge der Komplexen Zahlen C ist definiert durch:
C := {x + iy : x, y ∈ R},
wobei x der Realteil <(z) und y der Imaginärteil =(z) einer komplexen Zahl z ist und
i2 = −1 (i ∈ C).
(Definitions-Quelle: 5 )
Um zeigen zu können, dass in C dieselben Rechenregeln gelten wie in R benötigen wir
in C := R2 lediglich zwei Operationen:
(x1 , y1 ) + (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 )
(x1 , y1 ) (x2 , y2 ) := (x1 x2 − y1 y2 , x1 x2 + y1 y2 ) .
Daraus folgt, dass (C, +, ·) ein kommutativer Körper ist und es gelten somit ∀ z ∈ C
dieselben Gesetze wie für die reellen Zahlen, sofern diese rein über die Körperaxiome
erreicht werden können.6 Außerdem gilt, dass zwei komplexe Zahlen z1 und z2 genau dann
gleich sind, wenn ihre Realteile und Imaginärteile gleich sind:
z1 = z2 ⇔ x1 + iy1 = x2 + iy2 ⇔ (x1 − x2 ) = i (y2 − y1 )
⇔ (x1 − x2 )2 = (−1) (y2 − y1 )2 ⇔ x1 = x2 , y1 = y2 .
2.3 Die graphische Darstellung komplexer Zahlen
Eine Besonderheit tritt bereits bei der Darstellung einer komplexen Zahl auf. Jede reelle
Zahl kann als Punkt auf einer Zahlengerade dargestellt werden. Damit man aber komplexe
Zahlen geometrisch darstellen kann, benötigt man ein zweidimensionales Koordinatensystem, einen komplexen Raum“ (Gaußsche Zahlenebene). Jede komplexe Zahl z = x + iy
”
kann als zweidimensionaler Vektor xy seiner Realteile und Imaginärteile verstanden werden (vgl. Abbildung 2.1). Wie man in Kapitel 2.4 sehen kann, ist es sinnvoll, komplexe
5
vgl. Forst, Wilhelm; Hoffmann, Dieter: Funktionentheorie erkunden mit Maple, S. 4
6
vgl. ebda, S. 4
8
Zahlen in Polarkoordinaten (r, ϕ): x = r cos ϕ, y = r sin ϕ, (r ≥ 0) darzustellen.
Somit kann man komplexe Zahlen z in der Polarform schreiben:7
z = x + iy = r(cos ϕ + i sin ϕ)
⇔ z = re(iϕ) = r(cos ϕ + i sin ϕ).
={z}
y = r cos ϕ
x = r sin ϕ
z = x + iy = reiϕ
r
ϕ
<{z}
Abb. 2.1: Darstellung einer komplexen Zahl in der Gaußschen Zahlenebene
2.4 Elementare Rechenoperationen
2.4.1 Addition und Subtraktion
Nimmt man zwei komplexe Zahlen z1 = x1 + iy1 und z2 = x2 + iy2 , dann ist:8
z1 + z2 = x1 + x2 + i (y1 + y2 ) .
Die Subtraktion von zwei Zahlen ∈ C funktioniert nach denselben Prinzipien wie die
Addition, indem man jeweils die < und die = der Zahlen subtrahiert.
2.4.2 Multiplikation
Für das Produkt zweier komplexer Zahlen z1 und z2 gilt:
z1 z2 = x1 x2 − y1 y2 + i (x1 y2 + x2 y1 ) .
7
vgl. Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications,
S. 3f.
8
vgl. Johnson, R.S.: An introduction to the theory of complex variables. 2012.
Als Download: http://bookboon.com/de/an-introduction-to-the-theory-of-complex-variables-ebook
(Zugriff: 24.08.2014)
9
Die Multiplikation von z1 und z2 kann jedoch viel einfacher in Polarform dargestellt werden.
z1 z2 = r1 eiϕ1 r2 eiϕ2 = r1 r2 ei(ϕ1 +ϕ2 )
2.4.3 Division
z1
x1 + iy1
(x1 + iy1 ) (x2 − iy2 )
(x1 + iy1 ) (x2 + iy2 )
=
=
=
=
z2
x2 + iy2
(x2 + iy2 ) (x2 − iy2 )
x22 + y22
x1 x 2 + y 1 y 2
x2 y1 − x1 y2
=
+i
x22 + y22
x22 + y22
Bei der Division kann man genauso wie bei der Multiplikation erkennen, dass es einfacher
ist in Polarform zu rechnen.
z1
r1 eiϕ1
r1 i(ϕ1 −ϕ2 )
=
·e
=
iϕ
2
z2
r2 e
r2
2.4.4 Konjungiert komplexe Zahl
Zu einer komplexen Zahl x + iy existiert eine konjugiert komplexe Zahl, welche durch
z̄ := x − iy definiert ist und deren Produkt z z̄ ∈ R+ beträgt.9
z z̄ = x2 + y 2
z z̄ = (reiϕ )(re−iϕ ) = r2
2.5 Der Fundamentalsatz der Algebra
Von jedem Polynom, bis einschließlich 4. Grades, lassen sich dessen Nullstellen mit den
jeweiligen Lösungsformeln bestimmen. So kann man die Nullstellen von quadratischen
Gleichungen mit den quadratischen Lösungsformeln berechnen und für Polynome 3. und
4. Grades ist es möglich, diese durch Verwendung der Lösungsformeln von Cardano zu
erhalten.
So erhält man für die Gleichung der Form x3 + px + q = 0, unter Anwendung der Formel
9
vgl. Heuser, Harro: Lehrbuch der Analysis Teil 1, S. 43
10
von Cardano, die Lösung:10
s
x=
3
q
− +
2
r q 2
2
s
+
p 3
3
+
3
q
− −
2
r q 2
2
+
p 3
3
.
Das eigentliche Problem ergibt sich jedoch ab Polynomen 5. Grades. Ein wesentlicher Faktor, von der die Lösbarkeit abhängt, ist die Grundmenge. Nimmt man z.B. die Gleichung
z 2 + 1 = 0, so hat diese in R keine Lösung, jedoch in der Grundmenge C besitzt sie die
Lösungen L = {±i}.
Die erste Version des Fundamentalsatzes stammt von Carl Friedrich Gauß. Sie besagt, dass
jede Gleichung vom Grad n (n ≥ 1) in der Form:
f (z) = an z n + an−1 z n−1 + ... + a1 z + a0 = 0
∀ai ∈ C
in C mindestens eine Lösung besitzen muss. Daraus kann man nun schließen, dass wenn
z0 Lösung der Funktion f (z) ist, diese in ein Produkt aufgespalten werden kann:
f (z) = (z − z0 ) · f1 (z),
in dem f1 (z) ein Polynom des Grades n − 1 ist. Dies wiederum besagt, dass man in C jedes
Polynom vom Grad n komplett in Linearfaktoren zerlegen kann:
f (z) = an (z − z0 ) · (z − z1 ) · (z − z2 ) · ... · (z − zn−1 ).
Die zweite Fassung des Fundamentalsatzes sagt aus, dass jede Gleichung mit derselben
Form wie zuvor exakt n Nullstellen in C besitzt. Zusätzlich zu den vorherigen Bedingungen muss jedoch gelten, dass an 6= 0 ist. Somit kann man in C jedes Polynom in genau n
Linearfaktoren aufspalten, woraus folgt, dass der Körper (C, +, ·) algebraisch abgeschlossen ist.
Da man nun jede Gleichung in C lösen kann, benötigt man keine weiteren Zahlenerweiterungen, um eine Gleichung lösen zu können.11
10
vgl. Roth, Jürgen: Die Zahl i - fantastisch, praktisch, anschaulich. Sekundarstufe I, 10. Schuljahr, S. 47
11
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 89f.
11
3 Komplexe Funktionen
3.1 Definition und Begriffserklärung
Definition 3.1.1. Unter einer komplexen Funktion f einer komplexen Variablen z versteht
man eine Abbildung, welche jedem Element z ∈ D, D ⊆ C genau ein Element w ∈ T ,
T ⊆ C zuordnet.
f : D → T, f : z 7→ w = f (z)
D wird als Definitionsmenge von f (z), T als Zielmenge der Funktion f (z) und W als
Wertemenge von f (z) bezeichnet, für die gilt:
W = {w ∈ T | ∃ z ∈ D : w = f (z)}.
(Definitions-Quelle: 1 )
Jede komplexe Funktion ordnet einem reellen Zahlenpaar (x, y), wobei z = x + iy ∈ D,
genau ein eindeutiges Zahlenpaar (u, v) zu, sodass w = u + iv ∈ T erfüllt ist. Für u und v
gilt, dass sie reelle Funktionen von x und y sind.
Dadurch kann man jede komplexe Funktion in ihren Realteil <(z) und ihren Imaginärteil
=(z) aufspalten:2
w = f (z) = f (x + iy) = u(x, y) + iv(x, y).
1
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 111
2
vgl. Greuel, Otto; Kadner, Horst: Komplexe Funktionen und konforme Abbildungen. 3. Auflage. Leipzig:
Springer Fachmedien, 1990, S. 24
12
1
Beispiel 3.1.1. Gegeben sei die Funktion w = f (z) = .
z
Da w = u + iv und z = x + iy ist, kann diese folgendermaßen zerlegt werden:
1
1
x − iy
x
y
=
·
= 2
−i 2
2
x + iy
x + iy x − iy
x +y
x + y2
x
y
⇒ <(w) : u(x, y) = 2
und
=(w)
:
v(x,
y)
=
.
x + y2
x2 + y 2
w=
Um eine komplexe Funktion geometrisch darstellen zu können, benötigt man für die
Definitionsmenge D eine z-Ebene und für die Zielmenge T eine w-Ebene.3
iy
iv
T
D
z
w
x
u
z-Ebene
w-Ebene
Abb. 3.1: Geometrische Darstellung der Funktion w = f (z)
3.2 Differenzieren im Komplexen
3.2.1 Begriffserklärung und Definition
Definition 3.2.1. Die Differenzierbarkeit einer Funktion w = f (z) in einem Punkt z0 ist
durch die Existenz des Grenzwertes vom Differenzenquotienten definiert:
f (z0 + ∆z) − f (z0 )
∆w
= lim
.
∆z→0
∆z→0 ∆z
∆z
f 0 (z0 ) = lim
Damit dies erfüllt ist, muss gelten, dass w0 = f (z0 ) und somit w0 + ∆w = f (z0 + ∆z) ist.
(Definitions-Quelle: 4 )
Die Definition ist nur dann gültig, wenn sich z0 innerhalb des Bereiches, für den die
Funktion definiert ist, befindet. Ist z0 jedoch ein Randpunkt dieses Bereiches, so benötigt
3
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 112
4
vgl. ebda, S. 113
13
man ∀ ausreichend kleinen > 0 ∃ δ > 0 sodass gilt:
|f (z) − w0 | < immer dann, wenn 0 < |z − z0 | < δ.
Graphisch wird in der Abbildung von w = f (z) zu jedem Punkt innerhalb des Kreises
δ = |z − z0 | ohne z0 ein Punkt innerhalb des Kreises = |w − w0 | abgebildet. Nur wenn
unabhängig von der Richtung der Annäherung z → z0 geht, kann ein Grenzwert existieren
und daraus folgt, dass w → w0 geht.5
w = f (z)
w0
δ
z0 z
w
z-Ebene
w-Ebene
Abb. 3.2: Punkte mit |z − z0 | < δ abgebildet auf |w − w0 | < Die Differentialrechnung im Komplexen kann nach denselben Regeln, wie sie auch für
die Durchführungen der Differentiation im Reellen gelten, ausgeführt werden. Allerdings
muss zusätzlich beachtet werden, dass die zu differenzierende Funktion zumindest in einem
gewissen Umfeld um einen Punkt z0 kontinuierlich ist.6
5
vgl. Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications,
S. 20f.
6
vgl. Johnson, R.S.: An introduction to the theory of complex variables S. 29
14
3.2.2 Regeln für das Differenzieren in C
Für das Differenzieren von Funktionen in C gelten dieselben Grundregeln wie für Funktionen in R.
1.
2.
3.
f (z) = z n ⇒ f 0 (z) = nz (n−1)
√
1
f (z) = z ⇒ f 0 (z) = √
2 z
1
1
f (z) = ⇒ f 0 (z) = − 2
z
z
4.
f (z) = g(z) · h(z) ⇒ f 0 (z) = g 0 (z) · h(z) + g(z) · h0 (z)
5.
f (z) = g(h(z)) ⇒ f 0 (z) = g 0 (h(z)) · h0 (z)
Beweisen lässt sich jede einzelne Regel analog für C zu den Beweisen dieser für R.7
3.2.3 Analytische Funktionen
Definition 3.2.2. Eine Funktion f (z) ist genau dann an der Stelle z0 differenzierbar,
wenn für eine Funktion f : C ⊃ W → C, W der Grenzwert
f 0 (z0 ) := lim
z→z0
f (z0 + ∆z) − f (z0 )
f (z) − f (z0 )
= lim
∆z→0
z − z0
∆z
existiert. Die Funktion f (z) ist analytisch an der Stelle z0 , falls ∃ > 0 sodass f (z) komplex
differenzierbar für jedes z mit |z − z0 | < ist. Kann man f überall in W differenzieren, so
heißt f analytisch auf W . Wenn W = C ist, so bezeichnet man f als eine ganze Funktion.
(Definitions-Quelle: 8 )
7
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 114f.
8
vgl. Bobenko, Alexander I.: Komplexe Analysis. Berlin: 21. November 2006. Als Download:
http://page.math.tu-berlin.de/∼bobenko/Lehre/Skripte/FT.pdf (Zugriff: 12.12.2014) S. 4
15
3.3 Cauchy-Riemann Differentialgleichungen
Verwendet man nun die Regeln der Differentialrechnung und schreibt eine Funktion
w = f (z) mithilfe ihrer Transformationsgleichungen u(x, y) und v(x, y) an, so erhält man:
w = f (z) = u(x, y) + iv(x, y)
f (z + ∆z) − f (z)
∆z→0
∆z
u(x + ∆x, y + ∆y) − u(x, y)
v(x + ∆x, y + ∆y) − v(x, y)
= lim
+i
.
∆z→0
∆x + i∆y
∆x + i∆y
f 0 (z) = lim
Der Grenzwert dieser Funktion muss immer existieren und denselben Wert haben, unabhängig davon, wie man sich an z annähert. Man kann nun zwischen zwei Fällen unterscheiden, einmal nähert man sich der reellen Achse an und das zweite Mal der imaginären.
Fall 1:
u(x + ∆x, y) − u(x, y)
v(x + ∆x, y) − v(x, y)
f (z) = lim
+i
∆x→0
∆x
∆x
∂u(x, y)
∂v(x, y)
=
+i
∂x
∂x
0
Fall 2:
u(x, y + ∆y) − u(x, y)
v(x, y + ∆y) − v(x, y)
f (z) = lim
+i
∆y→0
i∆y
i∆y
∂u(x, y) ∂v(x, y)
= −i
+
∂y
∂y
0
Aufgrund der Voraussetzung, dass alle Grenzwerte den gleichen Wert haben müssen folgt:
∂u(x, y)
∂v(x, y)
=
∂x
∂y
∂u(x, y)
∂v(x, y)
−
=
.
∂y
∂x
Diese zwei Gleichungen besitzen die Bezeichnung Cauchy-Riemann Differentialgleichungen. Ist eine komplexe Funktion f (z) = u(x, y) + iv(x, y) differenzierbar, dann erfüllt sie
die Cauchy-Riemannschen Differentialgleichungen.9
9
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 115f.
16
4 Konforme Abbildungen
4.1 Definition und Begriffserklärung
Definition 4.1.1. Eine komplexe Abbildung einer Funktion f : D 7→ C heißt genau dann
konform, wenn sie winkeltreu, analytisch auf D, orientierungstreu und injektiv ist.
1.
f ist analytisch
2.
f ist injektiv
3. ∀z ∈ D : f 0 (z) 6= 0
(Definitions-Quelle: 1 )
Einer konformen Abbildung liegt allgemein zu Grunde, dass eine Kurve aus der
z-Ebene in die w-Ebene abgebildet wird. Zunächst betrachte man eine Kurve k für die
gilt, dass z = z(t), t ∈ R. Der Differenzenquotient zweier benachbarter Punkte z0 und
z1 = z0 + ∆z = z(t0 + ∆t) lässt sich berechnen mit:
z(t0 + ∆t) − z(t0 )
∆z
=
.
∆t
∆t
∆z
. Um sich
∆t
nun den Winkel einer Tangente ausrechnen zu können bildet man, wie im Reellen, den
dz
Grenzwert, wobei ∆t → 0 geht. Mit arg
ist es möglich die Richtung der Tangente in z0
dt
anzugeben.
Die Richtung der Sekante ergibt sich nun durch den Winkel bzw. das arg
Der Schnittwinkel zwischen den Tangenten zweier Kurven k1 und k2 im Punkt z0 in der
z-Ebene kann berechnet werden, indem man die beiden Steigungswinkel beider Tangenten
voneinander subtrahiert, also γ2 − γ1 . Bildet man nun diese Kurven in die w-Ebene ab, so
1
vgl. Löwen, R.; Schroth, A.E.; Wirths, K.-J.: Funktionentheorie. Als Download:
http://www.iaa.tu-bs.de/et/ft.pdf (Zugriff: 12.11.2014) S. 20
17
schneiden sie sich im Punkt w0 = f (z0 ). Nach den Cauchy-Riemann Differentialgleichungen wissen wir, dass jede Abbildung einer Kurve von der z-Ebene in die w-Ebene einer
Drehstreckung entspricht. Deshalb darf behauptet werden, dass sich die Tangente an w0
gegenüber jener Tangente an z0 nur um den Winkel arg(f 0 (z0 )) dreht:2
(γ2 + arg(f 0 (z0 ))) − (γ1 + arg(f 0 (z0 ))) = γ2 − γ1 .
Daraus folgt, dass der Schnittwinkel erhalten bleibt und somit ist eine differenzierbare
Funktion winkeltreu.
Um die Streckung einer Kurve zu beschreiben betrachtet man die Änderung des Betrages:
|f (z) − f (z0 )|
|∆w|
= |f 0 (z0 )|.
= lim
z→z0
∆z→0 |∆z|
|z − z0 |
lim
Es werden also in einem Bereich um z0 die Abstände um denselben Faktor |f 0 (z0 )| gestreckt. Man nennt f im Kleinen maßstabsgetreu, wenn w = f (z) differenzierbar ist und
der Faktor |f 0 (z0 )| =
6 0.3
4.2 Konformer Abbildungssatz
Die Cauchy-Riemann Differentialgleichungen spielen in weiterer Folge auch eine wesentliche Rolle für die konformen Abbildungen, da man mithilfe von ihnen nachweisen kann,
dass eine Abbildung konform ist.
Satz 4.2.1. Ist eine Abbildung f (z) für einen Definitionsbereich D ∈ C analytisch, dann
ist für jeden Punkt z ∈ D mit Ableitung f 0 (z) 6= 0 die Abbildung konform. Das wiederum
heißt, dass für diese Punkte Winkeltreue erfüllt ist.
(Satz-Quelle: 4 )
Beweis. Angenommen f ist eine analytische Funktion, dann kann mithilfe der Identifikation der komplexen Ebene C mit der reellen Ebene R2 die Funktion f als Funktion von
2
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 117f.
3
vgl. ebda, S. 118f.
4
vgl. Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications,
S. 314
18
R2 zu sich selbst gesehen werden.
f˜(x, y) := (<f (x + iy), =f (x + iy)) = (u(x, y), v(x, y))
Zunächst benötigt man noch die Jacobi-Matrix J. Grundsätzlich weiß man:

f˜(x, y) = 
u(x, y)
v(x, y)

.
Die Jacobi Matrix der Funktion f˜ lautet also:

J(x, y) :=
ux uy

∂(u, v) 
.
=
∂(x, y)
vx vy
Da zu Beginn jedoch festgelegt wurde, dass es sich um eine analytische Funktion handelt
und somit die Cauchy-Riemann Differentialgleichungen erfüllt sind, kann für einen Punkt
die Jacobi Matrix definiert werden. So kann für z = x + iy ∈ C festgelegt werden, dass
a = ux (x, y) = vy (x, y) und b = uy (x, y) = −vx (x, y) ist. Schreibt man a und b nun als
Polarkoordinaten, also (r cos ϕ, r sin ϕ), so erhält man:

J(x, y) = 
a
b
−b a


 = r
cos ϕ
sin ϕ
− sin ϕ cos ϕ

,
die Matrix einer Drehstreckung.

Man stelle sich nun zwei Kurven ψ1 (t) = 
u1 (t)
v1 (t)


 und ψ2 (t) = 
u2 (t)
v2 (t)

 vor.
Bildet man den Differentialquotienten dieser z.B.:


u01 (t)
dψ1 
,
=
dt
v 0 (t)
1
so erhält man die Steigung der Tangenten dieser Kurve in jedem beliebigen Punkt.
Bildet man nun ψ1 ab, so ist:
f˜ ◦ ψ1 = f˜(ψ1 (t)).
19
Es darf nun angenommen werden, dass
df (ψ1 (t))
dψ1
=J·
.
dt
dt
Dasselbe darf auch für ψ2 gemacht werden und da die Jacobi-Matrix eine Drehstreckung
bewirkt, bleibt der Winkel, den die beiden Tangenten einschließen, erhalten. Weiters bleibt
auch die Orientierung erhalten.
Es folgt daraus, dass es sich in jedem Punkt um eine konforme Abbildung handelt, für den
seine Ableitung ungleich 0 ist.
(Beweis-Quelle: 5 )
4.3 Die Riemannsche Zahlenkugel und stereographische
Projektionen
In einigen Fällen erwies sich die Gaußsche Zahlenebene als unpassend für die geometrische
Veranschaulichung von komplexen Zahlen. So führte der Mathematiker Bernhard Riemann
(1826-1866) die Riemannsche Zahlenkugel ein, da sich herausstellte, dass sich eine Kugel
besser für die Darstellung eignet. Dabei entspricht jede komplexe Zahl genau einem Punkt
auf der Kugel. Übertragen kann man einen Punkt der z-Ebene indem man ihn mit dem
Nordpol verbindet und die dabei entstandene Gerade mit der Kugelsphäre schneidet (vgl.
Abbildung 4.1). Je weiter ein Punkt P vom Mittelpunkt der Kugel entfernt ist, umso näher
ist der Schnittpunkt Q, mit der Kugelsphäre und der Geraden P N , dem Nordpol N der
Kugel. Würde man sich nun den Punkt ∞ vorstellen, so würde der Schnittpunkt mit der
Kugel genau dem Nordpol entsprechen.6
5
vgl. Bruin, Peter: Proof of conformal mapping theorem. Zürich: 21. März 2013.
Als Download: http://planetmath.org/sites/default/files/texpdf/34502.pdf (Zugriff: 22.12.2014)
6
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 103
20
4.3.1 Koordinatenbeziehungen
Somit kann man also die komplexen Zahlen mit Punkten des R3 beschreiben. Jede komplexe Zahl z = x + iy, kann man folgendermaßen auf die Einheitskugelsphäre
2
3
S := {(ξ1 , ξ2 , ξ3 ) ∈ R :
3
X
ξa2 = 1}
a=1
übertragen. Setzt man nun mit N (0/0/1) als Nordpol und P (x/y/0) als Punkt ein, so
erhält man:
 
 
 
ξ1
x
0
 
 
 
 
 
 
Q = ξ2  = λ y  + (1 − λ) 0
 
 
 
ξ3
0
1
Unter Einbeziehung der Einheitssphärengleichung
3
P
(0 < λ ∈ R) .
ξa2 = 1 erhält man:
a=1
λ=
2
.
x2 + y 2 + 1
Dadurch können wir über
ξ1 =
2x
z + z̄
2y
i (−z + z̄)
x2 + y 2 − 1
z z̄ − 1
=
,
ξ
=
=
,
ξ
=
=
2
3
2
2
2
2
2
2
x +y +1
z z̄ + 1
x +y +1
z z̄ + 1
x +y +1
z z̄ + 1
eine stereographische Projektion ζ von C auf S 2 \ {N } und mit
ξ2
ξ1
, y=
1 − ξ3
1 − ξ3
ξ1 + iξ2
also z =
1 − ξ3
x=
die Umkehrabbildung beschreiben.7
7
vgl. Forst, Wilhelm; Hoffmann, Dieter: Funktionentheorie erkunden mit Maple, S. 13
21
(4.1)
ξ3
N
Q
y, ξ2
z
x, ξ1
P
Abb. 4.1: Darstellung einer komplexen Zahl auf der Riemannschen Zahlenkugel8
4.3.2 Kreisverwandtschaft
Unter der Kreisverwandtschaft versteht man, dass Kreise in der z-Ebene auf der Riemannschen Kugel auch als Kreise erscheinen. Um dies zeigen zu können verwendet man
die Eigenschaften der Koordinatenbeziehungen und betrachtet einen allgemeinen Kreis der
Form:
x2 + y 2 + αx + βy = γ
und
γ>−
α2 + β 2
.
4
α β
α2 + β 2
2
Der Mittelpunkt dieses Kreises ist (− , − ) und der Radius r = γ +
.
2
2
4
Durch Einsetzen von x, y aus 4.1 erhält man die Gleichung:
ξ12
ξ22
αξ1
βξ2
+
+
+
=γ
2
2
(1 − ξ3 )
(1 − ξ3 )
1 − ξ3 1 − ξ3
ξ12 + ξ22
+ αξ1 + βξ2 = γ(1 − ξ3 ),
1 − ξ3
welche für Kreispunkte im R3 erfüllt ist. Diese Punkte Q liegen jedoch auch auf der Riemannschen Zahlenkugel und müssen somit die Kugelgleichung erfüllen:
ξ3 (1 − ξ3 )
+ αξ1 + βξ2 = γ(1 − ξ3 )
1 − ξ3
8
geänderter TikZ/LaTeX Code. Quelle: Trzeciak Tomas M.: Example: Stereographic and cylindrical map projections. 8. August 2008. Als Download: http://www.texample.net/tikz/examples/
map-projections/ (Zugriff: 15.11.2014)
22
bzw.
ξ3 (1 + γ) + αξ1 + βξ2 = γ.
Da es sich hierbei um eine lineare Gleichung handelt, befinden sich alle Bildpunkte in
derselben Ebene. Schneidet man diese Ebene mit der Riemannschen Kugel, so ergeben die
Schnittpunkte selbst wieder einen Kreis.9
4.3.3 Winkeltreue
Man stelle sich zwei Geraden g1 und g2 vor, die in der z−Ebene den Winkel γ einschließen.
Die Abbildung dieser beiden Geraden entspricht auf der Riemannschen Zahlenkugel zwei
Kreisen g10 und g20 . Es soll nun der Winkel γ = γ 0 gelten, wobei der Winkel zwischen
den zwei Kreisen definiert ist durch den Winkel, den die beiden Tangenten t1 und t2
einschließen. Um dies zeigen zu können, genügt es zu beweisen, dass die Tangente t1 im
Nordpol N parallel zur Geraden g1 ist.
Der Kreis g10 liegt in derselben Ebene wie N und g1 . Außerdem liegt die Tangente t1 an
g10 in der Tangentialebene der Riemannschen Kugel, die durch den Punkt N geht, welche
parallel zur z-Ebene ist. Somit entspricht die Schnittgerade der beiden Ebenen genau der
Tangente t1 . Daraus folgt, dass t1 k g1 ist (vgl. Abbildung 4.2). Dasselbe gilt nun auch für
t2 und g2 : t2 k g2 .
Da die Tangenten in N nun parallel zu den Geraden in z sind, ist der Winkel
^g1 , g2 = ^t1 , t2 .10
t1
N
g10
g1
z
Abb. 4.2: Stereographische Projektion - t1 k g1
9
10
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 106
vgl. ebda, S. 106
23
4.4 Gebrochen lineare Funktionen
Definition 4.4.1. Man spricht von einer gebrochen linearen Funktion, wenn für die Abaz + b
bildung gilt: w =
, mit a, b, c, d ∈ C, unter der Voraussetzung, dass c, d nicht gleichcz + d
zeitig 0 sein dürfen.
(Definitions-Quelle:
11
)
Fall 1: Zuerst betrachtet man c = 0 und d 6= 0:
a
b
⇒ w = f (z) = z + = mz + n
d
d
m, n ∈ C.
Diese Funktion wird als ganze lineare Funktion bezeichnet (vgl. Kapitel 4.4.1).
Fall 2: Als Nächstes setzt man fest, dass c 6= 0 ist. Der Ausgangsterm w =
az + b
kann
cz + d
mithilfe einer Polynomdivision umgeformt werden, sodass:
w=
a ad − bc
1
az + b
= −
·
.
cz + d
c
c
cz + d
a
sein und daher wäre die Abbildung
c
konstant und nicht umkehrbar. Aus diesem Grund kann man voraussetzen,

 dass ad−bc 6= 0
Würde man nun ad − bc = 0 setzen, so würde w =
ist. In weiterer Folge kann man einer Abbildung die Matrix M = 
a b
 zuweisen. Daraus
c d
folgt, dass die Determinante der Matrix M ungleich 0 ist:
a b =
det M = 6 0.
c d
Es ergibt sich ein weiterer Sonderfall, wenn a = d = 0 und b = c = 1:
1
⇒ w = f (z) = .
z
Dieser Sonderfall wird allgemein als Inversion bezeichnet (vgl. Kapitel 4.4.2).
Die Besonderheit von gebrochen linearen Funktionen liegt darin, dass man jede als
11
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 121
24
Verkettung einer ganzen linearen Funktion, einer Inversion und einer weiteren ganzen
linearen Funktion anschreiben kann.
p = h(z) = cz + d
(ganze lineare Funktion)
1
(inverse Funktion)
p
bc − ad
a
w = l(q) =
q+
(ganze lineare Funktion)
c
c
q = k(p) =
Verbindet man diese drei Funktionen miteinander f = l(q) ◦ k(p) ◦ h(z), so erhält man
wieder die Ausgangsform von einer gebrochen linearen Funktion:12
w = f (z) = l(k(h(z))) =
bc − ad
1
a
az + b
+ =
.
c
cz + d c
cz + d
4.4.1 Ganze lineare Funktionen
Definition 4.4.2. Ganze lineare Funktionen sind Spezialfälle von gebrochen linearen
Funktionen. Eine ganze lineare Funktion ist vorhanden, wenn f (z) = mz + n mit m, n ∈ C
und m 6= 0.
(Definitions-Quelle:
13
)
Beispiel 4.4.1. Gegeben sei die Funktion f (z) = (1 + 2i)z.
Wir betrachten das Verhalten der Funktion am Beispiel des kartesischen Koordinatensystems. Ihre Abbildung wird um den Winkel arg(1 + 2i) = tan−1 ( 12 ) gedreht und um den
√
Faktor |1 + 2i| = 5 gestreckt.
Da es sich um eine konforme Abbildung handelt, wird jede gerade Linie als gerade Linie
abgebildet, alle Winkel bleiben erhalten und somit werden auch alle Quadrate als solche
abgebildet.
12
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 121f.
13
vgl. The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings. 1. Auflage. Malta: Gutenberg Press Limited, 2006, S. 5f.
25
−2 + 6i
v
f (z) = (1 + 2i)z
y
2 + 2i
0
x
0
u
Abb. 4.3: Abbildung des kartesischen Koordinatensystems unter f (z) = (1 + 2i)z
Es können nicht nur Drehungen und Streckungen durchgeführt werden, sondern auch Spiegelungen und Transformationen, bei denen ebenso die geometrischen Formen erhalten bleiben. Allerdings ändert eine Spiegelung die Orientierung der Winkel und ist deshalb keine
konforme Abbildung. Funktionen die transformiert werden haben im allgemeinen die Form
f (z) = z + n und sind immer konforme Abbildungen.
Unter den linearen Funktionen gibt es einige Sonderfälle, die es wert sind, einzeln betrachtet zu werden:
1. m = 1 :
w =z+n
(a) n = 0 → w = z.
Nachdem w = u + iv und z = x + iy ist folgt, dass x = u und y = v. Ist dies
der Fall, so spricht man von einer identischen Abbildung.
(b) n 6= 0 → w = z + b.
Diese Abbildung ist durch eine Translation dargestellt. Die geometrischen Figuren sind zueinander kongruent.14
2. m 6= 1, n = 0 :
w = mz
(a) |m| = 1 ⇒ m = cos γ + i sin γ, 0 ≤ γ < 2π
Daraus folgt, dass die Funktion mit dem Winkel γ um den Ursprung gedreht
wird.
14
vgl. Greuel, Otto; Kadner, Horst: Komplexe Funktionen und konforme Abbildungen, S. 98f.
26
(b) m ∈ R, dann kann man m als m = p, p ∈ R+ schreiben.
→ w = pz, γ = 0 und die Funktion f ist eine zentrische Streckung mit p als
Streckungsfaktor.
(c) m = p(cos γ + i sin γ), p 6= 1, γ 6= 0
In diesem Fall wird eine Drehstreckung durchgeführt. Es wird um den Faktor
p skaliert und um den Winkel γ gedreht.15
Eine konforme Abbildung einer ganzen linearen Funktion kann somit als eine Zusammensetzung einer Streckung, einer Drehung und einer Verschiebung ausgedrückt werden.16
4.4.2 Inversion
Definition 4.4.3. Die Inversion oder Umkehrfunktion f ist definiert als:
1
f : C \ {0} → C, f : z 7→ w = .
z
(Definitions-Quelle:
17
)
4.4.2.1 Abbildung eines Punktes
1
Bildet man einen Punkt z = reiϕ unter der Inversion w =
ab, so ist die Abbildung
z
1
dieses Punktes w = f (z) = iϕ . Für den abgebildeten Punkt gilt, dass die Distanz zum
re
Nullpunkt genau dem Kehrwert des anfänglichen Abstandes entspricht. Außerdem ist der
Winkel entgegen der Richtung des ursprünglichen, jedoch bleibt die Größe dieselbe. Man
kann deshalb beobachten, wie jeder Punkt, der außerhalb des Einheitskreises liegt nach
Innen (vgl. Abbildung 4.4) und jeder der innerhalb liegt nach Außen (vgl. Abbildung 4.5)
abgebildet wird. Eine Ausnahme hierbei stellen diejenigen Punkte dar, welche exakt auf
dem Einheitskreis liegen (vgl. Abbildung 4.6). Sie werden auf der reellen Achse gespiegelt
und sind somit die zugehörigen konjugiert komplexen Zahlen.18
15
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 122f.
16
vgl. The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings, S. 5f.
17
vgl. ebda, S. 7
18
vgl. Needham, Tristan: Anschauliche Funktionentheorie. 2. Auflage. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2011, S. 144
27
z
={z}
B
={z}
z
r
O
ϕ
−ϕ
1
r
B
={z}
O
<{z}
r
r z
O
ϕ
−ϕ
1
z
<{z}
1
r
1
z
1
r
ϕ
−ϕ
<{z}
=r
1
z
Abb. 4.4:
Abb. 4.5:
Abb. 4.6:
z außerhalb des
z innerhalb des
z auf dem Einheitskreis
Einheitskreises
Einheitskreises
4.4.2.2 Abbildungen von Kreisen und Geraden
In den folgenden zwei Beispielen betrachten wir die Abbildung einer Geraden und eines
Kreises durch die Inversion:
Beispiel 4.4.2. Gegeben sei die Gerade y + 4x = 1.
Wir wissen, dass z = x + iy und w = u + iv ist. Zusätzlich muss gelten, da die Abbildung
1
1
unter w = durchgeführt wird, dass z = :
z
w
z = x + iy =
1
u − iv
= 2
.
u + iv
u + v2
Man kann nun x und y durch u und v ausdrücken:
x=
u2
u
,
+ v2
y=
28
−v
.
+ v2
u2
(4.2)
Nun setzt man für x, y in die Ausgangsgleichung ein:
−v
+4
2
u + v2
u
2
u + v2
=1
−v + 4u = u2 + v 2
−u2 + 4u − v 2 − v = 0
"
#
2
1
1
(−1) (u − 2)2 − 4 + v +
−
=0
2
4
2
17
1
2
= .
(u − 2) + v +
2
4
(4.3)
Betrachtet man die Gleichung 4.3, so kann man erkennen, dass es sich um eine Kreisgleichung der Form (u2 − <M )2 + (v 2 − =M )2 = r2 handelt. Die Abbildung der Geraden
i
y +4x = 1 unter der Inversion entspricht also einem Kreis mit dem Mittelpunkt m = 2−
2
√
17
und dem Radius r =
.
2
Beispiel 4.4.3. Gegeben sei der Kreis (x − 3)2 + y − 42 = 25.
(x − 3)2 + (y − 4)2 = 25
x2 − 6x + 9 + y 2 − 8y + 16 = 25
x2 − 6x + y 2 − 8y = 0
Da wir nach 4.2 wissen, dass x =
u2
−v
u
, y= 2
ist, kann man für x und y in die
2
+v
u + v2
obige Gleichung einsetzen:
u
2
u + v2
2
2
u
−v
−v
−6
+
−8
=0
u2 + v 2
u2 + v 2
u2 + v 2
u2 + (−v)2
u
−v
−6
−8
=0
(u2 + v 2 )2
u2 + v 2
u2 + v 2
1
u
−v
−6
−8
=0
u2 + v 2
u2 + v 2
u2 + v 2
1 − 6u + 8v = 0
6u − 8v = 1.
29
(4.4)
Aus der Gleichung 4.4 kann man erkennen, dass der Kreis als Gerade abgebildet wird.
Grund dafür ist, dass der Kreis in der z-Ebene durch den Koordinatenursprung geht.19
Lemma 4.4.1. Jede Punktmenge ∈ C, welche die Gleichung der Form
a(x2 + y 2 ) + bx + cy + d = 0 mit a, b, c, d ∈ R und b2 + c2 > 4ad erfüllt, stellt eine Gerade
oder einen Kreis dar. Dabei gilt:
(i) Wenn a = 0 handelt es sich immer um eine Gerade.
(ii) Nur wenn d = 0 geht der Kreis oder die Gerade durch den Koordinatenursprung.20
Beweis.
(i) Ist a=0, dann folgt nach b2 + c2 > 4ad, dass b2 + c2 > 0 sein muss. Dies ist allerdings
nur zutreffend, wenn b und c nicht gleichzeitig 0 sind. Daraus lässt sich schließen,
dass unter dieser Bedingung immer eine Gerade entstehen muss.
(ii) Für a 6= 0 darf durch a dividiert werden:
bx cy d
+
+ =0
a
a
a
2
2
2
2
b
b
c
c
4ad
− 2 + y+
x+
− 2 + 2 =0
2a
4a
2a
4a
4a
2 c 2 b2 + c2 − 4ad
b
+ y+
=
.
x+
2a
2a
4a2
x2 + y 2 +
Ist b2 + c2 > 4ad, so ist die Gleichung eine Kreisgleichung.
Der Kreis oder die Gerade geht durch den Ursprung, dann und nur dann, wenn
x = y = 0, was wiederum genau dann erfüllt ist, wenn d = 0.
(Beweis-Quelle:
19
vgl. The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings, S. 8f.
20
vgl. ebda, S. 9
21
vgl. ebda, S. 10
30
21
)
4.5 Möbiustransformationen
az + b
mit a, b, c, d ∈ C
cz + d
und ad − bc =
6 0 nennt man Möbiustransformation. Sie sind definiert im Bereich aller
Definition 4.5.1. Jede Abbildung in der Form w = f (z) =
komplexer Zahlen, für die cz + d 6= 0 gilt. Ist c 6= 0, so umfasst der Definitionsbereich
a
d
Df = C \ {− } und für die Wertemenge Wf = C \ { }. Andernfalls umfasst sowohl die
c
c
Wertemenge als auch der Definitionsbereich alle Elemente von C.
(Definitions-Quelle:
22
)
Diese Transformationen sind nach dem deutschen Mathematiker August Ferdinand Möbius
benannt und werden häufig auch als bilineare Transformationen oder gebrochen lineare
Transformationen (siehe Kapitel 4.4) bezeichnet.
4.5.1 Eigenschaften von Möbiustransformationen
Die wichtigsten Eigenschaften der Möbiustransformationen seien hier aufgezählt:
(i) Wie bereits in Kapitel 4.4 gezeigt, lässt sich jede Möbiustransformation als Kombination zweier ganzer linearer Funktionen und einer inversen Funktion schreiben.
(ii) Weiters wurde bereits in Lemma 4.4.1 behandelt, dass jede Möbiustransformation
Kreise und Geraden als solche abbildet.
(iii) Aus
dem
konformen
Abbildungssatz
(vgl.
Kapitel
4.2)
folgt,
dass
Möbiustransformationen konform sind. Es gilt somit für jeden Punkt
d
z ∈ C \ {− , ∞}, dass dieser komplex differenzierbar und seine Ableitung
c
f 0 (z) 6= 0 und daher dessen Abbildung konform ist.
(iv) Möbiustransformationen bilden eine Gruppe. Für Möbiustransformationen gilt, dass
das Inverse und das Produkt von ihnen ebenfalls Möbiustransformationen sind und
sie sind somit geschlossen unter der Operation Multiplikation. Das Inverse der Funktion f (z) ist gegeben durch:
dz − b
.
−cz + a
Aus diesen Änderungen a → d, b → −b, c → −c, d → a, woraus sich ad−bc → ad−bc
ergibt, folgt, dass das Inverse von f eine Möbiustransformation ist.
22
vgl. Forst, Wilhelm; Hoffmann, Dieter: Funktionentheorie erkunden mit Maple, S. 235
31
Um zu zeigen, dass das Produkt von zwei Transformationen auch eine
Möbiustransformation ist, bildet man ihr Produkt. Angenommen z2 = f2 (z) und
az + b
, dann erhält man durch
w = f1 (z2 ) und f1 , f2 sind von der Form f (z) =
cz + d
Verknüpfen von f1 und f2 , sprich w = f1 (f2 (z)) = f3 :
f3 (z) =
a3 z + b 3
.
c3 z + d 3
Es ist nun möglich a3 = a1 a2 +b1 c2 , b3 = a1 b2 +b1 d2 , c3 = c1 a2 +d1 c2 , d3 = c1 b2 +d1 d2
zu berechnen. Es bleibt zu zeigen, dass a3 d3 − b3 c3 = (a1 d1 − b1 c1 )(a2 d2 − b2 c2 ) 6= 0,
damit f3 (z) ebenfalls eine Möbiustransformation ist.23
Beweis. Damit a3 d3 − b3 c3 = (a1 d1 − b1 c1 )(a2 d2 − b2 c2 ) 6= 0 erfüllt ist, muss jeder
Faktor (a1 d1 − b1 c1 ) und (a2 d2 − b2 c2 ) ungleich 0 sein.
Wir wissen, aus der Definition (vgl. 4.5.1) einer Möbiustransformation (bilinearen
Transformation), dass ad − bc 6= 0 ist. Außerdem ist sowohl f1 als auch f2 jeweils
eine gebrochen lineare Transformation. Daraus folgt, dass für beide Faktoren gelten
muss, dass sie ungleich 0 sind. Nachdem wir nun das Produkt zweier Faktoren, welche
nicht 0 sein dürfen, nach Definition bilden, muss dieses auch kleiner oder größer als
0 sein.
Die Identität dieser Gruppe ist gegeben durch b = c = 0 und a = d = 1, wodurch
w = f (z) zu w = z reduziert wird.
Es ist somit gezeigt, dass Möbiustransformationen eine Gruppe bilden.
(v) Jede Transformation hat 1 oder 2 sogenannte Fixpunkte, welche bei der Abbildung
von z → w ihre Position beibehalten. Sie werden also nicht von einer Ebene auf eine
andere, sondern auf die Ebene selbst abgebildet. Man kann diese Punkte durch Lösen
az + b
der Gleichung z =
, oder anders geschrieben cz 2 − az + dz − b = 0, berechnen.
cz + d
Interessanter ist die zweite Form dieser Gleichung, da man erkennen kann, dass mit
Ausnahme von c = 0, a = d oder c = b = 0, eine quadratische Gleichung vorliegt
und man zwei Fixpunkte erhält.24
23
vgl. Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications,
S. 366f.
24
vgl. ebda, S. 370
32
(vi) Durch eine Möbiustransformation werden inverse Punkte auch als inverse Punkte
abgebildet.
r
r2
r1
z2
z1
z0
Abb. 4.7: Abbildung von zwei inversen Punkten z1 , z2
Liegen zwei Punkte z1 und z2 auf einer Gerade mit dem Kreismittelpunkt z0
und erfüllen sie die Bedingung:
|z0 − z1 | · |z0 − z2 | = r2 ,
mit dem Radius r und dem Mittelpunkt z0 , so sind z1 und z2 invers. Da die
zwei Punkte mit z0 auf einer Gerade liegen, kann man für z1 = z0 + r1 eiϕ und
für z2 = z0 + r2 eiϕ schreiben. Der Abstand der beiden Punkte zum Mittelpunkt z0
beträgt r1 bzw. r2 . Sind z1 und z2 invers, so müsste gelten, dass r1 · r2 = r2 bzw.
(z1 − z0 ) · (z¯2 − z¯0 ) = r2 . Es ist nun möglich, die beiden Punkte wie folgt darzustellen:
z1 = z0 + r1 eiϕ ,
z2 = z0 +
r2 iϕ
e ,
r1
r 6= 0.
Ändert sich der Radius des Kreises, so werden auch die Punkte z1 , z2 verschoben.
Geht r1 → 0, so nähert sich z1 dem Punkt z0 an und z2 geht gegen ∞.25
4.5.2 Möbiustransformationen auf der Riemannschen Zahlenkugel
Mithilfe von stereographischen Projektionen kann man jede Möbiustransformation durch
eine einfache Bewegung der Riemannschen Zahlenkugel in R3 darstellen. Wie bereits vorher
gezeigt, kann man jede bilineare Transformation durch eine Kombination von Rotationen,
Translationen, Inversionen und Streckungen in C darstellen.
Die Riemannsche Kugel bietet hierzu eine sehr anschauliche Möglichkeit, um diese Operationen graphisch darstellen zu können. Mithilfe einer Projektion der komplexen Ebene auf
25
vgl. Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications,
S. 372
33
die Kugel kann man, mit einfachen Bewegungen dieser, die Transformationen darstellen:
◦ Rotationen: Durch Drehen der Kugel um die vertikale Achse (0, 0, ξ3 ).
◦ Translationen: Diese entsprechen einer Parallelverschiebung der Kugel entlang der
Ebene (ξ1 , ξ2 , 0).
◦ Streckungen: Indem man die Kugel entlang seiner vertikalen Achse (0, 0, ξ3 ) verschiebt, verkleinert oder vergrößert man die Abbildung auf C.
◦ Inversion: Eine Inversion erhält man, indem man die Kugel um die horizontale-Achse
(ξ1 , 0, 0) mit dem Winkel π rotieren lässt.26
Abb. 4.8: Darstellung einer Möbiustransformation durch Bewegungen der Riemann
Kugel27
4.6 Abbildung von Kreisen und Geraden
Satz 4.6.1. Wenn zwei Kreise K1 und K2 zwei allgemeine Kreise darstellen, so existiert
immer eine Möbiustransformation, welche den Kreis K1 zu K2 abbildet.
(Satz-Quelle:
26
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 148f.
27
Quelle: Douglas N. Arnold and Jonathan Rogness: Mobius Transformations Revealed. 2007.
Als Download: http://www.ima.umn.edu/∼arnold/moebius/ (Zugriff: 21.12.2014)
28
vgl. The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings, S. 24
34
28
)
Beweis. Man nimmt drei voneinander verschiedene Punkte α, β, γ, welche auf dem
Kreis K1 liegen und bildet diese ab. Für diese drei Punkte existiert genau eine
Möbiustransformation f (z), die sie zu α0 , β 0 , γ 0 abbildet. Da die Abbildung Kreise ergibt und α, β, γ auf K1 liegen, müssen α0 , β 0 , γ 0 sich auf K2 befinden. Die Abbildung
des Kreises K1 entspricht dem Kreis K2 .
(Beweis-Quelle:
29
)
√
Beispiel 4.6.1. Gegeben sei der Kreis K1 = {z : |z − (1 + i)| = 2}, welcher durch die
−z + 2
Möbiustransformation f (z) =
abgebildet wird:
z+2
Zuerst ist es notwendig drei Punkte des Kreises in der z-Ebene zu bestimmen:
α = 0,
β = 2,
γ = 2 + 2i.
Als nächsten Schritt bildet man diese in die w-Ebene ab:
α = 0 7→ 1 = α0
β = 2 7→ 0 = β 0
γ = 2 + 2i 7→ −
1 + 2i
= γ 0.
5
√
−z + 2
wird der Kreis K1 = {z : |z − (1 + i)| = 2} zum
z+2
√
1
1−i
und den
Kreis K2 = {z : |z − (1 − i)| = 0, 5}, welcher den Mittelpunkt z0 =
2
2
√
Radius r = 0, 5 hat, abgebildet. Die graphische Darstellung dieser konformen Abbildung
Unter der Abbildung f (z) =
ist in Abbildung 4.9 dargestellt.
f (z) =
={z}
K1
−z + 2
z+2
={z}
2 + 2i
0
0
2 <{z}
K2
1 + 2i
−
5
Abb. 4.9: Abbildung des Kreises K1 mit f (z) =
29
1
<{z}
−z + 2
nach K2
z+2
vgl. The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings, S. 24
35
Beispiel 4.6.2. Gegeben sei die Gerade L = {z : <(z) = =(z)} ∪ {∞}, welche durch die
z+i
Möbiustransformation f (z) =
abgebildet wird.
z−i
Um eine Gerade abbilden zu können, ist es möglich nach dem exakt gleichen Schema
wie im vorhergehenden Beispiel vorzugehen. Da eine Gerade nur eine Spezialform eines
allgemeinen Kreises darstellt, ist ebenfalls das Dreipunktschema anwendbar, wobei durch
Verwendung von ∞ die Berechnung häufig vereinfacht werden kann.30
Zuerst wählen wir drei Punkte α, β, γ ∈ L:
α = 0,
γ = ∞.
β = 1 + i,
Anschließend werden diese drei Punkte abgebildet:
α = 0 7→ −1 = α0
β = 1 + i 7→ 1 + 2i = β 0
γ = ∞ 7→ 1 = γ 0 .
z+i
Durch Abbilden der Geraden L mit der gebrochen linearen Transformation f (z) =
z−i
√
entsteht der Kreis K = {z : |z − i| = 2} (siehe Abbildung 4.10) mit Mittelpunkt z0 = i
√
und Radius r = 2, .
∞
={z}
L
={z}
z+i
f (z) =
z−i
K
1+i
0
1 + 2i
−1
<{z}
1
Abb. 4.10: Abbildung der Geraden L durch f (z) =
30
<{z}
z+i
nach K
z−i
vgl. The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings, S. 26
36
5 Anwendung in der Aerodynamik Tragflächenprofile
5.1 Motivation
In den vorangehenden Kapiteln wurde die Theorie von den Anfängen der komplexen Zahlen
bis hin zu wichtigen Grundlagen der konformen Abbildungen behandelt. Damit kann nun,
ausgehend von den vorhergehenden Kapiteln, auf eine Anwendung in der Aerodynamik
eingegangen werden. Der russische Mathematiker und Aerodynamiker Nikolay Yegorovich
Zhukovsky (1847-1921) gilt als einer der wichtigsten Vorreiter für die moderne Aerodynamik. Dank seiner Verbindung der Strömungslehre mit den konformen Abbildungen gelang
es erstmals die Strömungen auf einem Tragflächenprofil darzustellen. Durch Anwendung
der Joukowski Funktion an Kreisen können Tragflächenprofile berechnet und konstruiert
werden.
5.2 Die Funktion w = z 2
Definition 5.2.1. Die Funktion w = z 2 ist eine konforme Abbildung für alle Punkte
z ∈ C\{0}. Durch ihre Anwendung werden die Radien quadriert und die Winkel verdoppelt.
(Definitions-Quelle: 1 )
Betrachtet man eine komplexe Zahl:
z = x + iy = r(cos ϕ + i sin ϕ)
1
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 153
37
und bildet diese mithilfe von w = f (z) = z 2 ab, so erhält man:
w = x2 − y 2 + 2ixy = r2 (cos 2ϕ + i sin 2ϕ).
(5.1)
Vergleicht man nun diese Abbildung eines Punktes z mit dessen Darstellung in der
z-Ebene, so kann man erkennen, dass der Radius quadriert wurde und sich der Winkel ϕ verdoppelt hat.
Aufgrund des Quadrats ergeben sich bei der Abbildung einige Besonderheiten:
(i) Für <(z) > 0 gilt, dass sich auch seine Abbildung im positiven reellen Bereich
befindet.
(ii) Ist <(z) < 0, wird dieser ebenfalls im positiven reellen Bereich abgebildet.
(iii) =(z) wird jedoch immer im negativen Bereich der reellen Achse abgebildet.2
5.2.1 Abbildung von Geraden
Satz 5.2.1. Die Abbildung einer Geraden durch die Funktion w = z 2 , die einen Winkel
ϕ mit der reellen Achse einschließt und den Abstand d > 0 auf der imaginären Achse
zum Koordinatenursprung hat, ist eine Parabel. Der Winkel, den diese Parabel mit der
horizontalen Achse einschließt, beträgt 2ϕ und die Distanz zum Ursprung ist d2 .
(Satz-Quelle: 3 )
Beweis. Nachdem nach 5.1 die Winkel verdoppelt und die Radien quadriert werden, genügt
es zu zeigen, dass eine Gerade, mit dem Ausgangsabstand |d|, als Parabel mit Abstand
d2 abgebildet wird. Ohne Verletzung der Allgemeinheit genügt es zu zeigen, dass dies für
eine zur reellen Achse parallelen Gerade der Form y = d stimmt.
Jeder Punkt, der auf der Geraden liegt, ist gegeben durch z = x + id. Bildet man jeden
beliebigen Punkt mit w = z 2 ab, so erhält man:
w = z 2 = (x + id)2 = x2 + 2xid − d2 .
2
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 153f.
3
vgl. ebda, S. 154
38
Betrachtet man den letzten Teil der Gleichung, so fällt auf, dass es sich um eine quadratische Gleichung der Art y = ax2 + bx + c, mit a = 1, b = 2id und c = −d2 handelt. Daraus
folgt, dass das Abbild eine Parabel mit dem Abstand d2 zum Ursprung ist.
(Beweis-Quelle: 4 )
5.2.2 Abbildung von Kreisen
Definition 5.2.2. Durch Abbildung eines Kreises K mit der Funktion w = z 2 entsteht
eine Pascalsche Schnecke, welche genau dann eine innere Schleife hat, wenn der Koordinatenursprung der z-Ebene innerhalb des Kreises liegt.
(Definitions-Quelle: 5 )
(a) Für jeden Kreis, dessen Mittelpunkt dem Ursprung entspricht, gilt, dass die Abbildung eines solchen wiederum denselben Mittelpunkt erhält und nur dessen Radius r
quadriert wird.
(b) Ist r = 1, so bleibt auch der Radius konstant.
(c) Ist das Bild eines Kreises achsensymmetrisch, so schließt seine Symmetrieachse, im
Vergleich zur Geraden, welche den Koordinatenursprung mit dem Mittelpunkt des
Kreises verbindet, einen doppelt so großen Winkel mit der reellen Achse ein.6
Satz 5.2.2. Die Abbildung eines Kreises K mit dem Radius r und dem Mittelpunkt m,
dessen Ursprung um d verschieden ist, schneidet ihre Symmetrieachse im Abstand (r ± d)2
zum Koordinatenursprung, welcher nicht zwischen den beiden Schnittpunkten liegt.
(Satz-Quelle: 7 )
Beweis. Ebenfalls wie bei Geraden gilt, dass Radien quadriert und Winkel verdoppelt
werden. Daher genügt es zu zeigen, wie sich die beiden Schnittpunkte verhalten, wenn
sich m auf der reellen Achse befindet. Die Abbildung hat die Nullstellen (r + d)2 und
(r − d)2 . Da die Nullstellen des Kreises (r + d) und (r − d) Elemente der reellen Achse, also
4
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 154
5
vgl. ebda, S. 156
6
vgl. ebda, S. 155
7
vgl. ebda, S. 155
39
reelle Zahlen sind, die mit w = z 2 auf (r + d)2 und (r − d)2 abgebildet werden, folgt, dass
diese ebenfalls reelle Zahlen sind, da das Quadrat einer reellen Zahl immer einer solchen
entspricht.
(Beweis-Quelle: 8 )
5.3 Joukowski Funktion
Nikolay Y. Zhukovsky (Joukowski) hat eine komplexe Funktion gefunden, durch die es
möglich ist einen Kreis als Kontur eines stromlinienförmigen Körpers darzustellen.
Definition 5.3.1. Gegeben ist die Joukowski Transformation durch:
1
J(z) :=
2
1
z+
.
z
Man definiert J für z ∈ C \ {0} als analytisch und für ∀z ∈ C \ {−1, 0, 1} als konforme
Abbildung.
(Definition-Quelle: 9 )
5.3.1 Zusammensetzung der Joukowski Funktion
Die Joukowski Abbildung kann mithilfe verschiedener Funktionen dargestellt werden. Um
w−1
diese Transformationen zu bestimmen, ist es sinnvoll zuerst den Quotienten
zu
w+1
betrachten:
1
z+
w−1
2
= 1
w+1
z+
2
1
1
1
−1
z+
−1 2z
z
2
z
= ·
=
1
1
1
2z
+1
z+
+1
z
2
z
2
z 2 − 2z + 1
z−1
= 2
=
.
z + 2z + 1
z+1
Es lässt sich nun aus Gleichung 5.2 folgern:
1
w=
2
1
z+
z
.
8
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 156
9
vgl. Forst, Wilhelm; Hoffmann, Dieter: Funktionentheorie erkunden mit Maple, S. 245
40
(5.2)
Verwendet man nun die Transformationen
g(z) =
z−1
,
z+1
g −1 (z) =
1−z
,
1+z
h(z) = z 2 ,
so ist es unter Einbezug der Gleichung 5.2 möglich durch Verketten der zwei
Möbiustransformationen g(z) und g −1 (z) und der Transformation w = z 2 :
w = f (z) = g −1 (h(g(z))),
die Joukowski Funktion zu erhalten.10
5.3.2 Graphische Darstellung der Joukowski Funktion und
Auswirkungen von Änderungen der Parameter x, y
Durch Verschieben des Kreises im komplexen Raum ergeben sich durch die Joukowski
Transformation verschiedene Arten von Abbildungen. Jedoch nur durch Verschiebung in
eine bestimmte Richtung ist es möglich Joukowski-Tragflächenprofile zu erzeugen.
Im Folgenden werden verschiedene Fälle der Abbildungen gezeigt:
(i) Die Abbildung des Einheitskreises K = {z : |z| = 1} entspricht einer Geraden
entlang der reellen Achse.
Abb. 5.1: Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z| = 1}
10
vgl. Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie, S. 156f.
41
(ii) Entspricht der Mittelpunkt m dem Koordinatenursprung, so wird der Kreis K, mit
r ∈ R+ \ {1}, als Ellipse abgebildet.
Abb. 5.2: Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z| = 1, 5}
(iii) Wenn der Kreis nun entlang der reellen Achse verschoben wird, ergeben sich zwei
weitere unterschiedliche Abbildungen. Wird der Kreis in die positive Richtung der
reellen Achse verschoben, entsteht ein in die negative reelle Achse schmälerwerdendes
symmetrisches Tragflächenprofil. Bei Verschiebung in den negativen Bereich wird
diese um die imaginäre Achse gespiegelt.
Abb. 5.3: Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z − 0, 5| = 1, 5}
42
Abb. 5.4: Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z + 0, 5| = 1, 5}
(iv) Durch Verschieben des Kreises entlang der imaginären Achse entsteht eine, zu dieser
symmetrische Figur, die gegen ihre Ränder schmäler wird. Je nachdem ob man sie
in Richtung des positiven oder negativen imaginären Bereiches verschiebt, ist die
Figur nach unten bzw. oben gekrümmt.
Abb. 5.5: Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z − 0, 5i| = 1, 5}
Abb. 5.6: Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z + 0, 5i| = 1, 5}
43
(v) Liegt der Mittelpunkt m des Kreises K innerhalb des 1. Quadranten, so ergibt sich
ein um die imaginäre Achse gespiegeltes Tragflächenprofil. Dabei muss gelten, dass
m = x + iy, mit x, y ∈ R+ und |x|, |y| < r.
Abb. 5.7: Joukowski Transformation des Kreises
K = {z : |z − (0, 35 + 0, 35i)| = 1, 4}
(vi) Befindet sich nun der Mittelpunkt des Kreises im 4. Quadranten, so ist die Joukowski
Transformation ähnlich zu dem Tragflächenprofil aus Fall (v), aber um die reelle
Achse gespiegelt.
Abb. 5.8: Joukowski Transformation des Kreises
K = {z : |z − (0, 35 − 0, 35i)| = 1, 4}
44
(vii) Eine weitere Möglichkeit ist, dass m im 3. Quadranten liegt, wodurch wieder
ein ähnliches Tragflächenprofil wie im Fall (vi) entsteht, diesmal jedoch um die
imaginäre Achse gespiegelt.
Abb. 5.9: Joukowski Transformation des Kreises
K = {z : |z − (−0, 35 − 0, 35i)| = 1, 4}
(viii) Die eigentlichen, für die Aerodynamik interessanten, Joukowski-Tragflächenprofile
ergeben sich, wenn für den Kreismittelpunkt m = x + iy gilt:
x ∈ R− , y ∈ R+ und x, y < r.
⇒ m muss sich im 2. Quadranten befinden.11
Abb. 5.10: Joukowski Tragflächenprofil durch Transformation des Kreises
K = {z : |z − (−0, 12 + 0, 15i)| = 1, 15}
11
vgl. Walsh, Paul: Introduction to Conformal Mapping in Aerodynamics. 2007. Als Download:
http://www.ryerson.ca/∼p3walsh/aer504/conformal.doc (Zugriff: 28.11.2013), S. 4f
45
6 Zusammenfassung
In dieser vorwissenschaftlichen Arbeit wird das Thema Conformal Mapping (konforme
Abbildungen) und eine Anwendung dieser, zur Berechnung von Tragflächenprofilen
behandelt. Es werden die grundlegenden Eigenschaften, die für das konforme Abbilden
relevant sind, dargestellt.
Da konforme Abbildungen auf komplexen Zahlen aufbauen, werden der Leserin
bzw. dem Leser diese in Kapitel 2 näher gebracht.
Anschließend beschäftigt sich das 3. Kapitel mit komplexen Funktionen, die eine Grundlage für die konformen Abbildungen sind. Dieser Teil erläutert, was eine komplexe Funktion
ist, wann man von einer analytischen Funktion spricht und wie man im Komplexen
differenziert.
Nach dieser Einführung folgt eine Auseinandersetzung mit konformen Abbildungen in
Kapitel 4. In diesem Abschnitt der Arbeit werden die Besonderheiten der konformen
Abbildungen gezeigt. Aus der Definition der konformen Abbildung geht hervor, dass sie
immer winkeltreu, komplex differenzierbar, orientierungstreu sowie injektiv ist.
Im 5. Kapitel folgt nun eine Anwendung der konformen Abbildung in der Aerodynamik.
Dieses Kapitel setzt sich zum Ziel zu zeigen, wie man zur Ausgangsfunktion (Joukowski Funktion), die zur Berechnung von Tragflächenprofilen dient, kommt und welche
Voraussetzungen für die Ausgangssituation gelten müssen, damit ein Tragflächenprofil
abgebildet werden kann.
Die Konforme Abbildung ist eine Methode um die Theorie der Potentialströmung
für die praktische Aerodynamik nutzbar zu machen. Damit lassen sich Auftriebsberechnungen an Tragflächen durchführen.
Eine weitere Vertiefung in dieses Thema würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten.
46
Literaturverzeichnis
Ablowitz, Mark J.; Fokas, Athanassios S.: Complex Variables. Introduction and Applications. 2. Auflage. Cambridge: Cambridge University Press, 2003.
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http://planetmath.org/sites/default/files/texpdf/34502.pdf (Zugriff: 22.12.2014)
Engel, Joachim: Komplexe Zahlen und ebene Geometrie. 2., verbesserte Auflage. München:
Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2011.
Forst, Wilhelm; Hoffmann, Dieter: Funktionentheorie erkunden mit Maple. 2.,
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Heuser, Harro: Lehrbuch der Analysis Teil 1. 10., durchgesehene Auflage. Wiesbaden:
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http://bookboon.com/de/an-introduction-to-the-theory-of-complex-variables-ebook
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http://www.iaa.tu-bs.de/et/ft.pdf (Zugriff: 12.11.2014)
47
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Als Download: http://bookboon.com/de/elementary-analytic-functions-ebook
(Zugriff: 03.09.2014)
Needham, Tristan: Anschauliche Funktionentheorie. 2. Auflage. München: Oldenbourg
Wissenschaftsverlag, 2011.
Roth, Jürgen: Die Zahl i - fantastisch, praktisch, anschaulich. Sekundarstufe I, 10. Schuljahr. In: mathematik lehren, 2003. Nr. 121, S. 47-49.
The Open University: Complex Analysis UNIT A2 Complex Functions. 1. Auflage.
Malta: Gutenberg Press Limited, 2008.
The Open University: Complex Analysis UNIT D1 Conformal Mappings. 1. Auflage.
Malta: Gutenberg Press Limited, 2006.
Walsh, Paul: Introduction to Conformal Mapping in Aerodynamics. 2007. Als Download:
http://www.ryerson.ca/∼p3walsh/aer504/conformal.doc (Zugriff: 28.11.2013)
48
Abbildungsverzeichnis
2.1
Darstellung einer komplexen Zahl in der Gaußschen Zahlenebene . . . . . .
9
3.1
Geometrische Darstellung der Funktion w = f (z) . . . . . . . . . . . . . .
13
3.2
Punkte mit |z − z0 | < δ abgebildet auf |w − w0 | < . . . . . . . . . . . . .
14
4.1
Darstellung einer komplexen Zahl auf der Riemannschen Zahlenkugel . . .
22
4.2
Stereographische Projektion - t1 k g1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
4.3
Abbildung des kartesischen Koordinatensystems unter f (z) = (1 + 2i)z . .
26
4.4
z außerhalb des Einheitskreises
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
4.5
z innerhalb des Einheitskreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
4.6
z auf dem Einheitskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
4.7
Abbildung von zwei inversen Punkten z1 , z2 . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
4.8
Darstellung einer Möbiustransformation durch Bewegungen der Riemann
Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
−z + 2
4.9 Abbildung des Kreises K1 mit f (z) =
nach K2 . . . . . . . . . . .
z+2
z+i
4.10 Abbildung der Geraden L durch f (z) =
nach K . . . . . . . . . . . .
z−i
34
5.1
Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z| = 1} . . . . . . . . . .
41
5.2
Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z| = 1, 5} . . . . . . . . .
42
5.3
Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z − 0, 5| = 1, 5} . . . . . .
42
5.4
Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z + 0, 5| = 1, 5} . . . . . .
43
5.5
Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z − 0, 5i| = 1, 5} . . . . .
43
5.6
Joukowski Transformation des Kreises K = {z : |z + 0, 5i| = 1, 5} . . . . .
43
5.7
Joukowski Transformation des Kreises
K = {z : |z − (0, 35 + 0, 35i)| = 1, 4} . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.8
35
36
44
Joukowski Transformation des Kreises
K = {z : |z − (0, 35 − 0, 35i)| = 1, 4} . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
44
5.9
Joukowski Transformation des Kreises
K = {z : |z − (−0, 35 − 0, 35i)| = 1, 4} . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
5.10 Joukowski Tragflächenprofil durch Transformation des Kreises
K = {z : |z − (−0, 12 + 0, 15i)| = 1, 15} . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
45
Selbstständigkeitserklärung
Ich, Thomas Albert Maierhofer, erkläre, dass ich diese vorwissenschaftliche Arbeit
eigenständig angefertigt und nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und
Hilfsmittel benutzt habe.
Langenwang, 19. Februar 2015
.......................................................................
Thomas Albert Maierhofer
51
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