Thomos Weidner Immer wieder werden neue Arten bzw. Popu

Werbung
Thomos Weidner
die ersten Arten auftauchen, die identische Schwarz-
markierungen zeigen, aber eventuell ein abweichendes Brutpflegeverhalten haben oder sich an
Nachdem ich schon im Januarheft 2001 iber Geophagus parnaibae berichtet habe, möchte ich in
nächster Zeitwrd in loser Folge den einen oder anderen Erdfresser in Wort und Bild vorstellen. Dabei
werde ich mich nicht nur auf die Geophagus-Arten
beschränken, sondern auch auf andere Cichliden
dieses Verwandtschaftskreises eingehen.
Immer wieder werden neue Arten bzw. Populationen eingeführt oder ältere Arten auch wiederentdeckt, die kurz nach ihrem Erstimport verschollen sind. Und ganz nebenbei gibt es hin und wieder
auch einige kleinere Beoba0htungen an bereits
bekannten Arten, die für Uberraschungen sorgen.
Bei der Vorstellung der Fische orientiere ich mich
an Lopez-Fernandez und Taphorn, 2004. Wie es
bereits für viele andere neuweltliche Cichliden der
Fall ist, haben die genannten Autoren ebenfalls
damit begonnen, Geophagus-Arten anhand ihrer
Schwarzmarkierungen zu unterscheiden und zu beschreiben. Bisher kann ich diese Vorgehensweise
absolut nachvollziehen und unterstützen. Sicherlich warte ich aber insgeheim aufden Tag, an dem
DcG-lnformolionen 38
(71:
Uls-ls0
Farbmerkmalen eindeutig unterscheiden lassen.
Ich glaube, es ist unmöglich, die genaueAnzahl der
Flüsse mit Namen ,,Rio Negro" in Südamerika zu
ermitteln. Wahrscheinlich hat fast jeder Bundesstaat in Brasilien einen. In allen anderen süd- und
mittelamerikanischen Ländern werden wir wohl
auch dunkles Wasser führende Flüsse mit gleichem
Namen finden. Zu Weltruhm hat es natürlich nur
der große Strom gebracht, der bei Manaus von
Norden her in den Rio Solimoes mündet und sich
mit diesem zum Amazonas vereinigt.
Spricht man gemeinhin vom,,Rio Curua", denken
fast alle Aquarianer sofort an den Fluss, der eben-
falls von Norden im Bundesstaat Pard in
den
Amazonas entwässert. Doch genau um den geht es
nicht: Der hier gemeinte mündet vom Süden her
kommend zunächst in den Rio kiri, der wiederum
über den Rio Xingu in den Amazonas entwässert.
Da ich schon relativ viele Geophagrs sp. aff. altifrons ,,Ctrua" nachgezüchtet und in Umlauf gebracht habe, will ich auf diese Tatsache hier noch
l/{t
einmal ausdrücklich hinweisen. Denn mit einem G.
sp. ,,Curua" (Stawikowski & Werner, 2004) bzw.
G. cf. argyrostictus ,,Cunta" (Weidner, 2000)
haben die im Folgenden vorgestellten Erdfresser
rein gar nichts zu tun: Neben der Herkunft aus dem
nördlichen Amazonaszufluss handelt es sich nämlich um eine Art, die einen Infraorbitalstreifen aufweist und daher eher mit den Wangen- oder
Tränenstricherdfresserrr verwandt sein dürfte.
Bei derhier vorgestelltenArt (?) handelt es sich um
Geophagus, die zwar äußerlich G. altifrons d.}:tneln
und auch in Bezug auf das Fortpflanzungsverhalten
erstaunliche Parallelen dazu aufweisen. Doch
stützt man sich auf die Erstbeschreibung von G.
altifrons und folgt Lopez-Femandez und Taphorn,
so gibt es gerade in den dunklen Zeichnungsmustern deutliche Unterschiede, die darauf hinweisen, dass es definitiv zwei Arlen sind.
Es ist eigentlich relativ einfach, G. altifrons von
anderen Arten zu unterscheiden. denn in erster
Linie ist diese Art in adulten Exemplaren durch
einen extrem kleinen Seitenfleck gekennzeichnet.
Er umfasst teilweise nur eine einzelne Schuppe
oder ist auf nur wenige Schuppen reduziert. Außer-
dem erkennt man auf den Flanken kein dunkles
Zeichnungsmuster aus senkrechten Binden.
146
Stattdessen gibt es lediglich eine horizontal verlaufende dunkle Zone vom Kiemendeckelrand bis
etwa auf Höhe des kaum sichtbaren Seitenflecks.
Sie nimmt etwa die halbe Körperhöhe ein und wird
nur bei aggressiv gestimmten, erschreckten oder
unterdrückten Exemplaren sichtbar. Jugendliche
Exemplare zeigen einen deutlich sichtbaren, mehrere Schuppen umfassenden Seitenfleck, der erst
ab einer Größe von etwa acht Zentimeter immer
kleiner wird. Somit sind gerade Jungtiere relativ
schlecht von anderen Arten der G.-altifrons-
Gruppe zu unterscheiden, und bei Jungtieren unter
fünf Zentimeter ist es fast unmöglich. Auch wenn
G. altifrons insgesamt etwas schlanker vom Körperbau her wirkt als G. sp. aff. altifrons,,Curua".
Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich die Tiere
aus dem Rio Curua nicht als G. cf. altifrons (wahrscheinlich identisch zl G. altifrons) bezeichnen
sollte oder besser als G. sp. aff. altifrons (ähnlich
zl G. altifrons, aber relativ sicher eine andere Art).
Ich habe mich nun aber auf G. sp. aff. altifrons
,,Curua" festgelegt, weil sie keine dunkle Zone vor
dem Seitenfleck besitzt. Stattdessen zeigt sie sogar
auch in neutraler Stimmung eine StreifenzeichSeite I45 und unlen: Bolzendes Mönnchen von
Geophogus sp. off. oltifrons ,,Curuo"
DCG-lnformotionen 38
(71:
l4lt-lsO
nung aus insgesamt sechs blassen senkrechten dunklen Binden, die sich bei gesteigerter Aggressivität
oder während der Brutpflege erheblich intensiviert.
Der Seitenfleck ist zudem deutlich größer und
immer sichtbar. Der Körper ist höher und nicht so
gestreckt wie bei G. altifrons. Auch die Rückenflosse wirkt insgesamt etwas höher. Hinsichtlich
der Färbung besteht jedoch kein Unterschied zu
manch einer Population von G. altifrons und auch
die Schwanzflosse ist - wie für G. altifrons typisch
- fein getüpfelt.
Insgesamt erinnert G. sp. aff. altifrons,,Curua" stark
an den schon lange bekannten G. sp. ,,Altamira" (G.
sp. aff. altifrons (Xingu) bei Stawikowski &
Werner, 2004 und G. sp. aff. altifrons,,Xingu" bei
Gottwald, 2006). Und wie dieser zeigt auch G. sp.
aff. altifrons ,,Curua" insgesamt sechs dunkle
Balken auf den Flanken, wobei der erste knapp hinter dem Auge liegt und nur etwa bis zur halben
Körperhälfte sichtbar ist. Dieser erste Balken verjüngt sich von oben nach unten und wirkt wie ein
umgedrehtes Dreieck, wobei die untere Spitze in
etwa auf Höhe des Brustflossenansatzes endet. Die
Balken 2 bis 5 liegen unterhalb der Rückenflossen
und der Balken 3 läuft direkt durch den Seitenfleck.
DCG-lnformotionen 38
(71:
l4lt-ts0
Dabei fällt auf, dass der untere Bereich
des
Balkens, ab dem Seitenfleck, deutlich intensiver
hervor tritt als der Bereich oberhalb und dass diese
Markierung auch deutlich öfter und ausgeprägter
zu sehen ist, als alle anderen senkrechten Balken.
Balken 5 liegt am Ende der Rückenflosse. Balken 6
umfasst die Schwanzwurzel. Insgesamt wirkt die
Xingu- bzw. Altamira-Form etwas farbloser und
graziler als die Curua-Form.
Aufgrund der unterschiedlichen Fundorle möchte
ich trotz der unübersehbaren Gemeinsamkeiten
zwischen G. sp. ,,Altamta" (G. sp. aff. altifrons
,,Xingu") und dem hier vorgestellten G. sp. aff.
altifrons,,Curga" beide Arten/Formen/Popu-
lationen (!) vorläuhg mit unterschiedlichen Namen
ansprechen. Auf morphologische und genetische
Aspekte kann ich nicht näher eingehen und daher
auch keine voreiligen Schlüsse ziehen, und vor
allen Dingen nicht miteinander verpaaren. Unter-
schiede zwischen beiden Arten kann ich heute
keine nennen, da ich sie derzeit nicht parallel pflegen kann und anhand von Bildern steht die Artdiagnose grundsätzlich auf wackligen Beinen. Es
soll jedoch nochmals ausdrücklich betont werden,
dass alle drei genannten Namen durchaus ein und
den selben Fisch meinen könnten(!).
147
Holbwüchsiges Exemplor
von Geophogus sp.
,,Altomiro". Die Fische wirken forbloser ols Geophogus sp. off. oltifrons
,,Curuo". Zudem isl der
Bolken unterholb des
Seitenfleck nicht so intensiv ousgeprögt.
Unten:
Geophogus sp.,,Altomiro"
beim Abloichen. Die Fische
sind ovophile Moulbrüter,
bei denen houplsöchlich
die Weibchen brüten
Auf die Pflegebedingungen möchte ich an diesel
Stelle nicht ausführlich eingehen. Da sie sich nicht
von anderen Erdfressern unterscheiden. verweise
ich nur auf ei.nige Litelaturstellen (Weidner, 2000;
Weidner 2006, 2001). Auch über das natürliche
Habitat gibt es bei G. sp. aff. altifrons ,,Curua"
nichts Neues zu berichten.
Der bis zu rund 20 Zentimeter lang werdende G. sp.
aff . altifrons ,,Curua" ist ein ovophiler Maulbrüter,
r48
der sich hinsichtlich seines Brutverhaltens nichl
wesentlich von G. altifrorzs unterscheidet. Doch im
Gegensatz zu dieser Art beteiligen sich nach meinen Beobachtungen bei G. sp. aff. altiJrons
,,Curua" die Männchen deutlich früher und intensi-
vel an der Maulbrutpflege. Das ist aber von einer
Vielzahl von äußeren Umständen abhängig ist und
kann somit unter anderen Verhältnissen und in
anderen Aquarien etwas anders aussehen. Auch bei
DCG-lnformolionen 38 (7): 145-l5O
Geophogus sp. off. oltifrons
,,Curuo" zu Beginn der Eiobloge. Die Genitolpopille
des Weibchens (hintenl ist
noch nicht im vollen
Umfong hervorgetreten.
Unten:
Brutpflegendes Weibchen
von Geophogus sp. off.
oltifrons ,,Curuo"
G. sp. aff. altifrons,,Curua" legt das Weibchen die
gelb-orangenen, sehr dotterreichen und etwa zwei
Millimeter messenden Eier schubweise auf einem
vorher oberflächlich gereinigten Substrat ab, das
Männchen gleitet im Anschluss über die Eier und
besamt sie dabei. Unmittelbar im Anschluss daran
nimmt das Weibchen die Eier ins Maul auf. Danach
brütet das Weibchen meist alleine die Brut aus und
das Männchen sichert dabei nur die unmittelbare
DCG-lnformotionen 38
(71:
145-l5O
Umgebung, in der sich das Weibchen aufhält.
Schwimmen die Larven frei, beteiligt sich meist
auch das Männchen direkt an der Maulbrutpflege.
Bisher konnte ich noch nicht beobachten, dass das
Männchen auch Eier aufnimmt. Da das Verhalten
der Erdfresser während der Brutpflege äußerst
variabel ist und ich diesbezüglich schon mehrfach
eines Besseren belehrt wurde wäre aber auch diese
Möglichkeit durchaus denkbar.
Temperaturabhängig und bei geringem Fischbesatz
schwimmen die Jungen nach etwa acht bis zwölf
Tagen erstmals frei. Bei dichtem Besatz brüten die
Weibchen die Larven auch mal zu Tode. da sie sie
einfach nicht ausspucken wollen und die Larven
dann verhungern. Wenn die Larven schwimmen,
beteiligt sich auch das Männchen an der Maulbrutpflege. Dies geschieht meist nicht so intensiv wie
beim Weibchen und auch nur dann, wenn die Junghschanzahl sehr hoch ist. Dann hat das Weibchen
Schwierigkeiten, den Nachwuchs alleine unterzubringen, denn die Kleinen wachsen schnell und
somit wird der Platz in einem Maul bald sehr eng.
Nach etwa 14 bis18 Tagen ist der Junghschsegen
meist wieder verschwunden, denn allzu lange bzw.
zuverlässig pflegen die meisten Geophagus-Arten
nicht. Als äußerst bemerkenswert habe ich aber feststellen müssen, dass G. sp. aff. altifrons ,,Curua"
auch noch im ,,hohen Alter" für Nachwuchs sorgen
will. Denn während die verschiedenen Populationen von G. altifrons speziell vom zweiten bis
zum vierten Lebensjahr besonders produktiv sind,
haben die G. sp. aff. altifrons ,,Curua" bei mir im
biblischen Alter von mindestens acht Jahren erstmals für Nachwuchs gesorgt. In diesem Alter laicht
Geophagus altifrons nach meinen Erfahrungen
kaum mehr ab.
Warzel und Prinz brachten diese Art 1998 von einer
Reise mit und konnten die Fische damals mit einer
aus einem Indianerreservat mitnehmen. Heute ist
dies ein kontrollierles Naturschutzgebiet und somit
ist es absolut undenkbar, dass uns von dort wieder
Wildfänge ereichen werden. Reinhard Prinz überließ mir dankenswerlerweise 2002 die letzten vier
Exemplare und 2004 laichten sie dann erstmals.
Das letzte Mal haben sie im Herbst 2005 gelaicht.
Im folgenden halben Jahr sind dann zwei Tiere, die
bereits immer mehr abgemagert sind und auch
immer farbloser wurden, wahrscheinlich aufgrund
des hohen Alters verstorben. Die restlichen zwei
sind aber noch so munter, dass sie wohl das Jahr
2007 größtenteils (über-) erleben werden. So kann
man mindestens von einer maximalen Lebenserwartung von etwa neun Jahren ausgehen, berücksichtigt man, dass die damals importierten Junghsche auch schon ein paar Monate auf dem Buckel
hatten.
Literotur
Gottwald, J. (2006): Die Geophagus der südlichen Klarwasserzuflüsse des Amzonas in Pra; Brasilien. Aqua. Fachmag. 191:
34-38.
L6pez-Femdndez, H. & D. C. Taphorn (2004): Geophagus abalios, G. dicrozoster and G. winemilleri (Perciformes: Cichlidae),
three new species from Veneztela. Zoolaxa 439: 1,-27
Weidner, T (2000): Südamerikanische Erdfresser. Cichlid Press,
El Paso, 366 pp.
- (2006): Geophagus dicrozoster. DCG-Informn. 37 (1): 1-8
- (2001): Ubenaschendes Fortpflanzungsverhalten bei Geophagus parnaibae Srancr & ScHINDLER, 2006. DCG-Informationen
38 (1): 16-23.
Vielzahl von Genehmigungen und Absicherungen
DCG-lnformotiqnen 38
(71:
145-l5O
Herunterladen