Die gelehrige Schachtel

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Die gelehrige Schachtel
Trägheit  Kraft  Beschleunigung  Drehmoment  Reibung  Haftreibung  Gleitreibung  Geschwindigkeit
Durch eine umfallende Schachtel lässt sich veranschaulichen, dass eine auf einen Körper wirkende Kraft auch stets ein Drehmoment hervorruft, falls der Schwerpunkt des
Körpers nicht auf der Wirkungslinie der Kraft liegt.
Schachtel
Unterlage
Papier
Zugrichtung
Abb. 1
Material
 kleine Schachtel, z.B. Streichholzschachtel, Zigarettenschachtel
 Blatt Papier
Aufbau und Durchführung
Eine kleine Schachtel wird am Ende eines Blattes Papier parallel zum Rand auf ihre
kleinste Seitenfläche gestellt (siehe Abb. 1). Man zieht am anderen Ende des Papiers auf
die folgenden unterschiedlichen Weisen:
1. Wird plötzlich, aber nur mäßig schnell gezogen, so fällt die Schachtel entgegen der
Zugrichtung um.
2. Vergrößert man langsam die Geschwindigkeit und stoppt dann schlagartig, so fällt
die Schachtel in Zugrichtung um.
3. Zieht man ruckartig das Papier unter der Schachtel weg, bleibt sie auf der Unterlage
stehen. In diesem Fall ist es günstig, die Schachtel ganz am Ende des Papiers aufzustellen. Gelingt es nicht, schnell genug zu ziehen, sollte man das Papierende in einem
Bogen nach oben halten, bevor man daran zieht (siehe Abb. 2). Dies hat zur Folge,
dass das Papier unter der Schachtel erst in Bewegung versetzt wird, wenn die Hand
eine hohe Geschwindigkeit erreicht hat.
1
Schachtel
Papier
Zugrichtung
Unterlage
Abb. 2
Erklärung
In allen drei Fällen ist die Trägheit der Schachtel der Auslöser für ihre Reaktion:
1. Die Haftreibung zwischen Papier und Schachtel hat zur Folge, dass während des Ziehens am Papier an dem Schachtelboden eine Kraft


F  ma
(1)

(m: Masse der Schachtel; a : Beschleunigung der Schachtel)
angreift (siehe Abb. 3). (Das Papier entspricht einem Seil, das am Boden der Schachtel befestigt ist und an welchem man zieht.) Ergänzt man im Schwerpunkt S der (ho
mogenen) Schachtel zwei (in der Realität nicht vorhandene) antiparallele Kräfte F ´




und  F ´, (siehe Abb. 3) des gleichen Betrags wie F , so rufen F und  F ´ ein

Drehmoment M mit
M
1
1
hF  hma
2
2
(F aus (1) eingesetzt)
(2)
  
(h: Höhe der Schachtel; a, F, M: Beträge der Größen a , F , M )

hervor, während F ´ zu einer Beschleunigung des Schwerpunkts führt.
b
Schachtel
h
S
F'
F'
Fg
Fg
Papier
F
Abb. 3
A
B
2
Zugrichtung
Wird die Ecke B (siehe Abb. 3) ein wenig angehoben, so tritt ein weiteres Drehmoment M g auf, das sich aus der Gewichtskraft Fg und ihrer in der Ecke A angreifenden Gegenkraft  Fg ergibt (siehe Abb. 3). Soll die Schachtel anfangen zu kippen,
muss


M  Mg

1
1
hma  bmg
2
2

a
b
g
h
(3)
(b: Breite der Schachtel; g: Betrag der Erdbeschleunigung)
gelten. Dies lässt sich durch eine genügend große Beschleunigung von Papier und
Schachtel erreichen. Hat die Schachtel einmal begonnen, um die Ecke A zu kippen,

so wird der Hebelarm von M größer und der von M g kleiner, d.h. bei unveränderten
Kräften bleibt die Bedingung (3) erhalten und die Schachtel fällt ganz um.
2. Ist die Beschleunigung zu klein, um den ersten Fall auszulösen, erreicht das Papier
mit der darauf stehenden Schachtel eine größere Geschwindigkeit. Durch plötzliches
Abbremsen treten die umgekehrten Verhältnisse wie oben ein, und die Schachtel fällt
in Zugrichtung um.
3. Bei besonders großer Beschleunigung ist die Haftreibung zu klein, um Papier und
Schachtel zusammenzuhalten. Sie gleiten aneinander vorbei. Weil die Gleitreibungskraft nur solange an der Schachtel angreift, wie sich Papier und Schachtel berühren,
beginnt diese zwar zu kippen, überschreitet aber während der Krafteinwirkung nicht
den kritischen Punkt, ab welchem sie auch ohne äußeres Drehmoment von selbst
ganz umfällt. Nachdem sich das Papier und die Schachtel nicht mehr berühren, kippt
sie in ihre (stehende) Ausgangslage zurück.
Bemerkungen
Die oben geschilderten Effekte lassen sich auch bei anfahrenden bzw. bremsenden Autos erkennen, wobei sich diese lediglich etwas neigen und sich natürlich nicht überschlagen. Bei einem zügig anfahrenden Auto beobachtet man, dass sich die Motorhaube
um einige Zentimeter hebt, während das Heck etwas absinkt (siehe Abb. 4).
Abb. 4
Ein ähliches Experiment zur gleichen Thematik ist „Das standhafte Fünfmarkstück“.
3
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