Versuch 5: Messung der Thermospannung nach der Kompensationsmethode Seite 1 _____________________________________________________________________________ Aufgaben: Messung der Thermospannung eines Thermoelementes im Bereich 200 - 1000 C, Bestimmung der Thermokraft Messverfahren: Erwärmen der Lötstelle im Wasserbad, Bestimmung der Spannung durch Kompensation Vorkenntnisse: Spannungsteiler, Fehlerrechnung Lehrinhalt: Thermoelektrische Effekte: Seebeck, Peltier; Kompensationsmethode Literatur: Praktikumsbücher Wenn man zwei Drähte aus verschiedenem Material (z.B. Kupfer-Konstantan) zu einem Leiterkreis verbindet und die Kontaktstellen (Lötstellen) auf unterschiedliche Temperaturen bringt, so entsteht eine Spannung. Diese Thermospannung verursacht einen Strom, der mit einem empfindlichen Drehspulmessinstrument nachweisbar ist. Die Thermospannung für ein Grad Temperaturunterschied heißt Thermokraft. Sie liegt in der Größenordnung von 10-5 Volt pro K. Wir wollen hier den Zusammenhang zwischen der Thermospannung und der Temperaturdifferenz untersuchen. Um die Messung möglichst genau zu halten, soll im Thermoelement kein Strom fließen. Da wir auf dem Arbeitsplatz nur elektrodynamische Messgeräte zur Verfügung haben, in deren Messwerk zur Anzeige ein Strom fließen muss, wird hier die Kompensationsmethode angewandt. + Abb. 1 + 5V = - - R2,2 R 2,1 R1 mA R1 = Stöpselwiderstand R2,1 = Schiebewiderstand R2,2 = Schiebewiderstand = Nullinstrument mA = Amperemeter In der abgebildeten Schaltung fließt durch das Thermoelement genau dann kein Strom, wenn der Spannungsabfall UH am Stöpselwiderstand R1 gleich der Thermospannung UTH ist. Durch geeignete Wahl von R1 und R2 (Schiebewiderstand) kann man dies erreichen. UTH lässt sich nach dem Ohmschen Gesetz berechnen: UTH = UH = I @ R1 (dabei ist I der Strom durch R1) Die Stromlosigkeit des Thermoelementes wird mit dem Nullinstrument (empfindliches Drehspulmessgerät) nachgewiesen. Lässt sich Stromlosigkeit nicht erreichen, ist die Polung der Schaltung zu überprüfen. Physikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main Versuch 5: Messung der Thermospannung nach der Kompensationsmethode Seite 2 _____________________________________________________________________________ Aufgaben 1.) Man messe die Thermospannung bei verschiedenen Temperaturdifferenzen (mindestens acht) während des Erwärmens und während des Abkühlens. Es ist eine graphische Darstellung der Thermospannung in Abhängigkeit von der Temperaturdifferenz anzufertigen (mit Fehlerbalken). 2.) Man gebe die Thermokraft an (Steigung der Geraden in Aufgabe 1), möglichst mittels linearer Regression. Fehlerangabe aus der Unsicherheit der Steigung aufgrund der Fehlerbalken sowie als Standardabweichung der linearen Regression (in letzterer ist die Unsicherheit der Temperaturmessung allerdings nicht enthalten!). 3.) Wie kann das Entstehen der Thermospannung erklärt werden? Durchführung Schaltung nach Abb. 1 aufbauen. Die Lötstellen befinden sich in den beiden mit Wasser gefüllten Reagenzgläsern zusammen mit den Thermometern. Den Magnetrührer, die Heizspirale und die Wasserkühlung setzt man durch Einschalten der Steckerschalter in Betätigung. Der Magnetrührer hat außerdem an seinem Gehäuse eine Einstellung für die Rührgeschwindigkeit - Mittelstellung hat sich bewährt. Nach dem Aufheizen und Ausschalten der Heizung steigt die Temperatur noch für einige Sekunden um etwa 1 Grad an, weil die im Heizelement gespeicherte Energie noch an das Wasser abgegeben wird. Danach fällt die Temperatur wesentlich langsamer durch die Wärmeableitung an die Umgebung. Die genaueste Temperaturdefinition ist beim Überschreiten des Maximums gegeben - die Temperatur ist dann für einen kurzen Augenblick konstant und genau dann ist die Messung auszuführen. Während des Abkühlens durch eingeschalteten Kühlwasserfluß ergibt sich das entsprechend entgegengesetzte Verhalten, wobei oberhalb der Zimmertemperatur kein Temperaturminimum entsteht. Durch kurzes Heizen und Ausschalten der Kühlung kann aber auch während der Abkühlphase ein für die Messung günstiger Temperaturstillstand herbeigeführt werden. Zusatzbemerkung Das Thermoelement ist speziell im Hochtemperaturbereich die genaueste Methode zur Messung von Temperaturen. Die moderne Messtechnik verwendet empfindliche Operationsverstärker mit hohen Eingangswiderständen, so dass praktisch kein Strom fließt und die Thermospannung ohne Kompensationsschaltung direkt gemessen werden kann. Da elektrische Schaltungen gewöhnlich aus Leitern verschiedenen Materials zusammengesetzt sind, stört der Thermoeffekt bei sehr empfindlichen Messungen (z.B. Galvanometerversuch, wenn Übergangsstellen unterschiedlich erwärmt werden). Physikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main Versuch 5: Messung der Thermospannung nach der Kompensationsmethode Seite 3 _____________________________________________________________________________ Zur Fehlerbetrachtung Beim Experimentieren stellt man sofort fest, dass trotz sorgfältigstem Abgleich des Nullinstruments der Strom durchaus verschieden ausfallen kann. Hier handelt es sich offensichtlich um einen statistischen Fehler, der nur durch Fleiß - mehrere Messungen - verringert werden kann. Da sich als Ergebnis ein linearer Zusammenhang zwischen der Thermospannung und der Temperaturdifferenz ergibt, kann anstelle der mehrfachen Messungen bei jeder Temperatur auch die lineare Regression zum Ausgleich des statistischen Fehlers verwendet werden: liegen hinreichend viele (ca. 20) Messungen vor, so ergibt sich der statistische Fehler aus der Streuung der Messwerte gegen die Ausgleichsgerade. Den Einfluss der systematischen Fehler berechnet man dann aus ∆UTH = R1 @ ∆I + I ∆R1 Diese systematischen Unsicherheiten trägt man als Fehlerbalken in die lineare Regression ein. Beim Vergleich von systematischen und statistischen Fehlern ist dann zu diskutieren, ob die Ausgleichsgerade durch alle Fehlerbalkenintervalle geht oder nicht. Warum Kompensationsmethode? (Spannungsmessung ohne Stromentnahme) 1.) Kein Spannungsabfall am inneren Widerstand, es wird die "wahre" Quellenspannung (Urspannung, elektromotorische Kraft EMK) gemessen (vergleiche Versuch 4). 2.) Kein Spannungsabfall an den Übergangswiderständen der Steckverbindungen und auf den Leitungen, der die Messung der kleinen Thermospannung verfälschen würde. 3.) Kein PELTIER-Effekt, d.h. keine der Temperaturdifferenz entgegengerichtete Abkühlung bzw. Erwärmung der Lötstellen (ein Strom würde die warme Lötstelle abkühlen und die kalte erwärmen). 4.) Keine Erzeugung JOULEscher Wärme. 5.) Das Nullinstrument muss zwar sehr stromempfindlich, braucht aber nicht im µV-Bereich geeicht zu sein. Physikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main