Kundenbindung beginnt am Telefon

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Marketing
Servicequalität
Kundenbindung beginnt
am Telefon
Eine Untersuchung zur Servicequalität am Telefon zeigt: Grundlegende
Kommunikationsregeln werden beim Erstkontakt häufig missachtet. Dadurch
können dem Heim potenzielle Kunden verloren gehen.
Von Oliver Roesler
D
ie Telefonservicequalität prägt den ersten Eindruck, den sich potentielle Interessenten von
einer Einrichtung machen. Ziel sollte daher sein,
schon am Telefon mittels detaillierter Informationen und Verständnis für den Anrufer, die Kundenzufriedenheit und damit eine erste Bindung an
das Haus sicherzustellen. Wettbewerbsvorteile und
ein positiver Beitrag zur Rentabilitätssicherung
sind logische Folgen aus unternehmerischer Sicht.
Dies gilt insbesondere für Pflegeeinrichtungen,
denn der Kunde hat die freie Wahl und damit die
Möglichkeit, Angebote kritisch zu hinterfragen.
Professionelles Marketing entwickelt sich daher
zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Raumausstattungen, Lage, Reputation des Betreibers
usw. sind und bleiben wichtige Elemente der er-
Verbesserungen sind ohne
große Investitionen möglich
folgreichen Positionierung. Jedoch muss auch die
Kundenbindung, die sich insbesondere über Kundenzufriedenheit herstellen lässt, als der entscheidende Wettbewerbsfaktor angesehen werden.
Die positive Entwicklung der Servicequalität
in der Hotellerie kann hier als Orientierungshilfe herangezogen werden. Einrichtungen, die sich
nicht dem neuen Serviceniveau verschreiben, sind
mittelfristig existenziell gefährdet.
Die Servicequalität am Telefon otpimieren w
• Benennen Sie mehrere Ansprechpartner für potentielle
Interessenten.
• Alle Mitarbeiter mit Telefonkontakt sollten entsprechend
geschult sein.
• Erfassen Sie die Adresse und Telefonnummer der Anrufer.
• Bieten Sie einen Rückruf an.
• Die Positionierung gegenüber dem Wettbewerb sollte
allen Mitarbeitern bekannt sein.
Die Unternehmensberatung Adveris prüfte
2008 im Rahmen des „Mystery-Call-Check Altenhilfe Bundesrepublik“ bei über 100 Einrichtungen
die Telefonservicequalität. Dabei wurden konfessionelle Einrichtungen, freigemeinnützige Träger
sowie Einrichtungen privater Anbieter getestet.
Die Einrichtungen wurden mehrfach im Abstand
von Wochen zu unterschiedlichen Tageszeiten angerufen, um so eine unverfälschte Untersuchung
zu gewährleisten. Die geschulten Testanrufer simulierten eine Ernstfallsituation.
Bei der telefonischen Ansprache bedarf es der
besonderen Einfühlung in das Gegenüber, um
keine Ängste und Sorgen hervorzurufen oder zu
verstärken. Darüber hinaus kann mit einer einfühlsamen und individuellen Ansprache ein guter
Kontakt hergestellt werden. Gerade Menschen in
schwierigen Lebenssituationen reagieren dankbar auf Verständnis und gehen offener auf das
Dienstleistungsangebot der Einrichtung zu. Umso
entscheidender ist es, dass die Mitarbeiter diese
Situationen realisieren und bewusst gestalten.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Mitarbeiter
teilweise hoch motiviert und sehr freundlich sind,
jedoch nur sehr wenig informieren können. Ihnen
ist offenbar nicht bewusst, mit welchen Erwartungshorizonten die Anrufer auf sie zukommen
und welche Informationen grundsätzlich in einem
Kundengespräch genannt werden sollten. Zum
Teil treten sie auch entnervt auf, geben dem Anrufer das Gefühl, zu stören, präsentieren aber auf
der inhaltlichen Ebene relativ präzise die Angebotspalette ihres Hauses und weisen auf Vorteile
gegenüber der Konkurrenz hin.
Schwachpunkt vieler Einrichtungen scheint zu
sein, dass es nur eine kompetente Ansprechperson
gibt, die Auskunft geben kann. Das hat zur Konsequenz, dass auf diese Person verwiesen wird und
der Kunde öfter anrufen muss, bis er den richtigen
Gesprächspartner erreicht. Teilweise ist niemand
zu sprechen, oder bei einer Anrufzeit um zehn
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Brauchbarkeit der gebotenen Informationen
5,56 %
Uhr ist ein Anrufbeantworter zu hören, der einem
mitteilt, dass man in der Zeit zwischen 9 und 17
Uhr anrufen solle.
Häufig wird nicht die emotionale schwierige
Lage berücksichtigt, in der sich Angehörige befinden. Damit versäumen Mitarbeiter in diesem
Moment die beste Chance, dem Angehörigen zu
helfen und ihn so erfolgreich für die eigene Einrichtung zu interessieren. Die fast schon durchschnittlich anzutreffende Gehetztheit, die dem
Anrufer das Gefühl von Bedrängtheit gibt, hinterlässt ein deutliches Unwohlsein. Auf die Frage,
was die eigene Einrichtung von anderen abhebe,
kamen Antworten wie: „Ich kann nicht sagen,
dass wir besser sind als andere“, oder „Wir können nicht sagen, ob sich Ihre Mutter bei uns wohl
fühlt.“ Dies weist auf Defizite mit solchen Gesprächssituationen hin. Auch bezüglich der Verbindlichkeit zeigten sich erhebliche Mängel. Keine Aufnahme von Telefonnummer, Adresse oder
E-mail; kein Angebot eines Rückrufes oder einer
Warteliste, obwohl diese häufig vorhanden ist.
Insgesamt ist es dem überwiegenden Teil der
getesteten Einrichtungen nicht gelungen, ein einheitliches, positives Bild der eigenen Einrichtung
zu vermitteln. Dieser Umstand erscheint umso
problematischer, als dass die Einrichtungen oftmals über hoch motiviertes Personal verfügen
und bei den Betreffenden eigentlich nur das elementare Wissen über den Verkauf der eigenen
Leistungen und über den Einsatz entsprechender
Kommunikationsmittel fehlt. Darüber hinaus besteht offenbar nur ein sehr geringes Bewusstsein
dafür, dass sich die eigene Einrichtung in einer
zunehmenden Konkurrenzsituation im Markt befindet und sich dementsprechend positiv abheben
und positionieren muss.
Beim telefonischen Erstkontakt ein positives
Bild der eigenen Einrichtung vermitteln
Das Verständnis, dass das Image einer Einrichtung
durch jeden einzelnen Mitarbeiter geprägt wird,
ist leider nur in Ausnahmefällen feststellbar. Pflegeeinrichtungen sollten ihren Kunden das Gefühl
von Vertrauen und Sicherheit geben, schließlich
wird ein sehr empfindliches Thema behandelt:
Viele Angehörige haben ein schlechtes Gewissen,
ihre Eltern in einer stationären Einrichtung unterzubringen. Sie sorgen sich, können aber selbst nicht
den Einsatz leisten, der zur Versorgung erforderlich ist. Gerade in dieser Situation sollte es der zentrale Ansatz sein, beim Kunden mit Hilfe, Fürsorge
und Verständnis aufzutreten, ihm ein Gefühl der
­Sicherheit zu geben und schließlich eine individuelle Lösung für seine Anforderungen anzubieten.
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n Sehr gut
29,26 %
18,15 %
n Gut
n Befriedigend
n Ausreichend
n Mangelhaft
18,15 %
28,89 %
Bei über 55 Prozent der getesteten Einrichtungen wird die Qualität der
Informationen als unbefriedigend bewertet. Der potenzielle Kunde hat
also nicht die notwendigen Informationen erhalten.
Grafik: adveris
Erfreulich ist, dass ohne große Investitionen
sowohl das Image der Einrichtung als auch deren Belegung verbessert werden kann. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Ursachen für
Fehlverhalten in der Kommunikation oft darin
liegen, dass die eigenen Verhaltensweisen und deren Wirkung wenig reflektiert werden. Bei vielen
Kunden das Gefühl der Sicherheit
geben und Lösungen anbieten
Mitarbeitern war das Gefühl der unzureichenden
Wertschätzung ihrer Leistung zu erkennen. Anerkennungs- und Sanktionierungsmechanismen
scheinen unzureichend kultiviert zu sein, obwohl
eben diese verlässliche Steuerungselemente der
Personalmotivation darstellen.
Die Verantwortlichen einer Einrichtung müssen erkennen, dass sich das Potenzial effizienter
Kommunikation selten von alleine entfaltet. Die
Kombination aus einer unabhängigen Messung
der Servicequalität sowie der Befähigung der
Mitarbeiter zum empathischen und informativen
Kommunikationsverhalten verspricht die größten
Erfolgschancen. Insbesondere die Möglichkeiten
des Vergleiches mehrerer Einrichtungen ermöglicht es den Führungskräften, auf direktive Anweisungen zu verzichten und alternativ auf Basis von
erarbeiteten Standards, die Qualitätsentwicklung
als gemeinsame Aufgabe zur nachhaltigen Sicherung der Arbeitsplätze zu moderieren.
¬
> www.adveris.de, E-mail: [email protected]
Oliver Roesler ist Berater mit dem
Schwerpunkt Strategisches Marketing bei
der Adveris Unternehmensberatung
GmbH mit Hauptsitz in Münster.
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