Medizin für Körper und Geist - Intervie mit Dr. Werner Geigges

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In der Rehaklinik Glotterbad werden Krankheiten bio-psycho-sozial betrachtet –
Interview mit Chefarzt Dr. Werner Geigges (Quelle: Freiburger Stadtkurier)
Die Psychosomatische Medizin versteht den Menschen immer mehr als Ganzes. In der
Rehaklinik Glotterbad werden deshalb die bio-psycho-sozialen Faktoren der Patienten
betrachtet. Der Stadtkurier Freiburg sprach mit Dr. Werner Geigges, Chefarzt der Rehaklinik
Glotterbad über die Hintergründe und Behandlungsmöglichkeiten.
SK:
Worin
liegen
die
Ursachen
von
psychosomatischen Störungen?
Dr. Geigges: Wir sprechen von bio-psychosozialen Faktoren, die in einer komplexen
Weise zusammenspielen. Biologische Faktoren
des
erkrankten
Körpers
stehen
in
Wechselbeziehung zu den seelischen und
sozialen Aspekten, dem aktuellen aber auch
früheren Umfeld des Menschen. Hinter einer
schweren Erkrankung finden sich oft frühere
traumatische Beziehungserlebnisse, sei es in
der Kindheit oder im Berufsalltag. Daraus
können
sich
chronische
Stresserkrankungen entwickeln, die
auf
eine
Krankheitsentwicklung
miteinwirken,
beispielsweise
bei
Depressionen, Herzinfarkt oder auch
Diabetes.
Ein
chronisch
unkontrollierbarer Stress entsteht.
Die Ursachen sind vielfältig und
müssen
individuell
betrachtet
werden.
SK: Wie kann den Betroffenen
geholfen werden?
Dr. Geigges: Die Hilfen laufen auf
vielen Ebenen ab. Das fängt mit
präventiven Themen an, dass der
Einzelne sich selbst Gedanken über mögliche
Veränderungen in seinem Leben macht, die
„Work-Life-Balance“ findet. Unser Angebot ist
vielschichtig.
Wir
bieten
beispielsweise
Präventionswochen an, in denen wir dem
Menschen Hilfestellungen zur Aktivierung und
Pflege seiner persönlichen Ressourcen geben.
Daneben bieten wir im Zentrum für Ambulante
Psychosomatische Rehabilitation in Freiburg
(ZAPR) ganztägig ambulante Therapien an,
eingebunden in das natürliche Umfeld des
Patienten. In der Rehaklinik Glotterbad kann
der Patient abseits des Alltagsstress stationär
genesen. Unsere Heilpläne sind jeweils
individuell abgestimmt und betrachten die
körperliche Erkrankung, beispielsweise die
Einstellung des Zuckerhaushaltes bei Diabetes
und gleichzeitig die mit einhergehenden
seelischen
Probleme,
wie
beispielsweise
Essstörungen.
Es
gibt
unendlich
viele
Wechselwirkungen zwischen den körperlichen
und seelischen Faktoren, die sich auch auf den
sozialen Bereich auswirken und umgekehrt.
SK: Wie sieht es mit der Kostenübernahme
aus?
Dr. Geigges: Ist die berufliche Leistungsfähigkeit
eingeschränkt
oder
bedroht,
beispielsweise durch Burnout, dann gibt es
eine Kostenübernahme durch die Deutsche
Rentenversicherung.
Auch
Krankenkassen
übernehmen Behandlungskosten.
SK: Welchen Patienten kann die
Rehaklinik Glotterbad helfen?
Dr. Geigges: Die Patienten, die bei
uns behandelt werden, kann man in
drei Gruppen aufteilen. Zum einen
diejenigen
mit
chronischkörperlichen
Erkrankungen
kombiniert mit einem seelischen
Ungleichgewicht, beispielsweise eine
Krebserkrankung, die mit einer
Depression
einhergeht,
ein
plötzlicher
Herzinfarkt,
der
Todesängste entwickelt oder die
schon
angesprochene
DiabetesErkrankung mit Essstörungen. Die zweite
Gruppe sind Menschen mit chronischen
Schmerzen,
sowohl
mit
vom
Arzt
diagnostizierten Gründen als auch unerkannten
Ursachen. Hier bieten wir Hilfe bei der
Behandlung des Schmerzes. Bei der dritten
Gruppe stehen die seelischen Störungen im
Vordergrund. Seien es Depressionen, Ängste
oder ein Trauma-Erlebnis. Jeder braucht dabei
seine individuelle Therapie, die wir mit ihr oder
ihm abstimmen.
SK: Wie sieht solch eine Behandlung in der
Regel aus?
Dr. Geigges: Am Anfang steht das individuelle
Behandlungskonzept. In unserer Rehaklinik
arbeiten wir auch mit gruppentherapeutischen
Angeboten, unter Einbeziehung kreativer
Methoden wie Kunst- oder Musiktherapie oder
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Körperorientierte Psychotherapie. Viele dieser
Menschen
haben
sich
aufgrund
ihres
Krankheitsbildes sozial abgeschottet. In der
Gruppentherapie wird der Patient aus dem
Alleinsein herausgeführt. Zudem gibt es bei
uns auch physiotherapeutische Angebote wie
Sport- und Bewegungstherapien, Gymnastik
oder Nordic Walking. Ein wichtiger Faktor ist
auch
die
Gesundheitsund
Ernährungsberatung, damit der Patient lernt
sein Leben eigenverantwortlich und gesund zu
führen. Entspannung und Abkehr aus unserer
hektischen Gesellschaft sind selbstverständlich
auch wichtige Faktoren.
SK: Gibt es einen Wandel in der Behandlung in
den letzten Jahren?
Dr. Geigges: Aus den beruflichen und
gesellschaftlichen
Veränderungen
heraus
resultiert, dass wir die Wechselwirkungen
stärker betrachten. Dabei hat sich das Bild der
Reha verändert. Früher dominierten eher
unspezifische Kur-Maßnahmen. Heute erhalten
Patienten ein Therapieprogramm mit einem
individuellen
und
störungsspezifischen
Konzept.
SK: Inwieweit ist der ruhige Standort der
Rehaklinik Glotterbad für die Behandlung
wichtig?
Dr. Geigges: Das Glotterbad als Sanatorium
wurde in den 1920er Jahren erbaut. Man
wollte die Nähe zur Großstadt aber auch gleich
in der Natur sein. Das bietet der Standort
heute noch. Ein stationärer Aufenthalt bietet
dem Menschen die Möglichkeit aus seinem
Alltag herauszutreten, wir sprechen von einer
Musterunterbrechung. Vereinfacht gesagt, man
kann sich dem Alltagsstress entziehen und
Ruhe finden. Das ist für eine Genesung in der
Regel sehr wichtig.
SK: Kann man es in Zahlen fassen, wie vielen
Menschen die Rehaklinik helfen konnte?
Dr. Geigges: Die Patienten werden direkt
nach der Behandlung und sechs Monate später
durch den Rentenversicherungsträger befragt.
Weit über 90 Prozent der Patienten sagen dass
sie von der Behandlung profitiert haben. Viele
Patienten können nach der Reha wieder
beruflich integriert werden. 75 bis 80 Prozent
der Rehabilitanden sind auch zwei bis drei
Jahre nach der Reha weiter im Berufsleben,
obwohl etliche von ihnen vor der Reha bereits
einen Rentenantrag gestellt hatten.
SK: Wie kann man die Dienste der Rehaklinik
in Anspruch nehmen?
Dr. Geigges: Die meisten Patienten werden
über Hausärzte oder Psychiater auf uns
aufmerksam. Aber auch das Regionalzentrum
der Deutschen Rentenversicherung informiert
über
die
Rehaklinik.
Und
inzwischen
informieren sich viele über das Internet über
unser Angebot.
SK: Die psychosomatische Rehabilitation hat
sich in den vergangenen Jahren stark
gewandelt. Welchen Wandel erwarten Sie in
den kommenden Jahren?
Dr. Geigges: Das eine ist, dass es einen
enormen Zuwachs an Bedarf gibt, Stichwort
Burnout. In den letzten 20 Jahren hat sich die
Zahl der Krankheitstage in diesem Bereich
verdreifacht,
bei
der
Frühverrentung
verdoppelt. Die heutigen Ambulanzplätze
reichen schon jetzt nicht aus. Darüber hinaus
verändert sich die Arbeitswelt sehr stark. Diese
Faktoren haben Einfluss darauf, wie sich die
Reha weiterentwickeln wird. Der Bezug zur
Arbeitswelt wird sich verstärken und es werden
hier neue Konzepte entwickelt werden. Wir
selbst sind dabei einen großen Verbund in
Südbaden zu gründen, um eine enge
Kooperation
zum
Wohle
der
Patienten
erreichen zu können.
Die Rehaklinik Glotterbad ist eine Fachklinik
für Psychosomatik, Psychotherapeutische
und Innere Medizin.
Hier
werden
auf
Grundlage
Psychosomatischer Medizin Therapien im Rahmen
eines
stationären
oder
ambulanten
Aufenthalts angeboten. Die Rehaklinik ist
eine
moderne,
bestens
ausgestattete
psychosomatische Fachklinik im Glottertal
bei Freiburg.
Behandelt werden Patienten mit chronisch
internistischen Erkrankungen insbesondere
mit psychosozialem Hintergrund wie unter
anderem Störungen des Essverhaltens,
Ängsten
und
Depressionen,
posttraumatischen Belastungsstörungen und
Burn-Out-Syndrom.
Der ganzheitliche Ansatz der Klinikmit einem
bio-psycho-sozialen
Behandlungskonzept
beinhaltet die kompetente medizinische
Versorgung mit besonderem Augenmerk auf
die seelische und soziale Dimension des
Krankseins.
Neben
der
stationären
Rehabilitation bietet die Klinik mit ihrem
angegliederten Zentrum für Ambulante
Psychosomatische Rehabilitation in Freiburg
(ZAPR) auch die Möglichkeit zur ganztägig
ambulanten Rehabilitation. Dies ist vor
allem bei Patienten sinnvoll, die vom
Einfluss ihres sozialen Umfeldes profitieren
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