Magnetismus Die Seltenen Erden und die Elemente der Eisengruppe zeigen magnetisch ein sehr unterschiedliches Verhalten. Bei den seltenen Erden spielen Spin-Bahn Kopplung eine grosse Rolle. Bahn und Spin-drehimpuls tragen zum magnetischen Moment gJ µB J bei, und die Elektronen der magnetisch relevanten 5f-Schale sind kernnah und gegen aussen abgeschirmt durch die vollen 5s und 5p Schalen. Hingegen sind bei den Elementen der Eisengruppe die Elektronen der relevanten 3d Schale aussen und sind deshalb empfindlich auf das “Kristallfeld”, i.e. das elektrische Feld der benachbarten Ionen. Kristallfelder In einem Kristall sind die kontinuierlichen Rotationssymmetrien des freien Atoms auf die Symmetriegruppe des Kristalls reduziert, was eine Aufspaltung der entsprechenden Energieniveaus zur Folge hat. Eine allgemeine Diskussion dieser Effekte würde den Rahmen dieser Vorlesung sprengen. Wir begnügen uns deshalb mit einem einfachen, qualitativen Beispiel: Ein besetzter l = 1 Zustand ist im freien Atom dreifach entartet, m =, 0, ±1. Eine der kubischen Symmetrie angepasste Linearkombination sind Wellenfunktionen der Form px = xf (r), py = yf (r), pz = zf (r). Betrachte nun eine Ladungsverteilung von positiven Ladungen bei z = ±d. Dann ist die Symmetrie des freien Atoms gebrochen, es bleibt nur noch eine Rotationssymmetrie um die zAchse. Damit wird pz der unterste Energiezustand und die Entartung des freien Atoms aufgehoben. Ein allgemeines, sehr nützliches Hilfsmittel, um Aufschluss über Aufspaltungen zu erhalten, ist die Gruppentheorie: Sei g ein Element der Symmetriegruppe G, dann gilt [H, D(g)] = 0 (1) wo D(g) der zum Gruppenelement gehörende Operator ist. Ein solcher Operator kann in einem kubischen System zum Beispiel eine Drehung um die z-Achse um π/2 sein, i.e. D = exp{ h̄i π2 Lz }. Ganz allgemein gibt es zu jedem Gruppenelement einen solchen Operator. Es sei nun |nα ein Satz von m entarteten, zum Eigenwert En gehörenden Eigenvektoren, H|nα = En |nα . Dann ist nach obiger Beziehung 1 auch D(g)|nα Eigenvektor zum gleichen Eigenwert En . Demnach ist dieser Zus1 tand aber eine Linearkombination aller zum Eigenwert En gehörenden Eigenvektoren D(g)|nα = Γαβ (g)|nβ (2) β mit einer m × m Matrix Γ. Somit ist der Eigenraum der Darstellungsraum einer irreduziblen Darstellung von G und Γ die Darstellungsmatrix einer m dimensionalen Darstellung der Gruppe G. Nun sind für eine gegebene Symmetriegruppe die irreduziblen Darstellungen, ihre Dimensionen und deren Basisfunktionen bekannt. Das heisst, die Eigenfunktionen transformieren sich nach den irreduziblen Darstellungen Γ der Symmetriegruppe und es ist üblich, entartete Gruppen von Eigenfunktionen gemäss der zugehörigen Darstellung zu klassifizieren Insbesondere lässt sich so völlig allgemein entscheiden, ob gegebene Eigenfunktionen unter Symmetrieverminderung (uniachsialer Druck, etc.) weiter aufspalten oder nicht (zufällige Entartungen können natürlich weiterhin vorhanden sein) ”Quenching” Für die Ionen aus der Fe-Gruppe spielt die LS-Kopplung eine untergeordnete Rolle. Deshalb ist die folgende Aussage von Bedeutung: Für nichtenartete Zustände verschwindet der Erwartungswert des Drehimpulses L = 0. Oben begegneten wir einem einfachen Beispiel für quenching: Der Zustand zf (r) ist Grundzustand, reell, und hat deshalb verschwindenden Erwartungswert von L. Zum Beweis benötigt man den (antiunitären) Zeitumkehroperator T mit der Eigenschaft n|(T −1 |m) = T n|m∗ ; T LT −1 = −L n|L|n = = = = n|T −1 T LT −1 T |n −n|T −1 LT |n −(T n|L|T n)∗ −(n|L|n)∗ (3) wobei im letzten Schritt verwendet wurde, dass |n nichtentartet ist. n|L|n kann aber als physikalische Observable nicht rein imaginär sein, es sei denn, sie verschwinde, q.e.d. 2 Pauli-Spinparamagnetismus, Ferromagnetismus von Metallen Zur Wiederholung: In der vorangehenden Vorlesung wurde gezeigt, dass ein Paramagnet mit magnetischem Moment µ = gJ µB J folgendes Magnetisierungsverhalten zeigt M = N µBJ (βµB) (4) wo B das äussere Feld ist, und BJ (x) = 2J + 1 x 2J + 1 1 coth x − coth 2J 2J 2J 2J (5) die Brillouinfunktion ist. Insbesondere B 1 (x) = tanh x und BJ (x) J+1 x 3J 2 für kleine x. In der vorangehenden Vorlesung wurde gezeigt, dass für einen Paramagneten die Differenz der Wahrscheinlichkeiten ein magnetisches Moment parallel resp. antiparallel zum Feld hat, gegeben ist durch µB/kB T (6) also mit zunehmender Temperatur abnimmt. Dies ist im Gegensatz zu ferromagn. Metallen wie Fe, Co, etc. , die näherungsweise ein temperaturunabhängiges magn Moment besitzen. Wenn wir uns an den Grundzustand des Fermigases und den Einfluss des Pauliprinzips auf Transporteigenschaften erinnern, dann erwarten wir, dass nur ein kleiner Teil T /TF der Elektronen in der Nähe der Fermifläche zur Magnetisierung beiträgt. Elektronen tief im Fermisee können ihren Spin nicht in Feldrichtung drehen, da der umgekehrte Spinzustand schon besetzt ist. In einem heuristischen Argument würde man dann (6) ersetzen durch (T /TF )µB/kB T , was tatsächlich temperaturunabhängig wird. Präziser wird die Anzahl der Spin-↑ resp. Spin-↓ Elektronen N↓ = N↑ = ∞ −∞ ∞ −∞ d f () ρ( + µB B) = d f () ρ( − µB B) = ∞ −∞ ∞ −∞ d f ( − µB B) ρ() d f ( + µB B) ρ() (7) Hier ist ρ() = dN/d (prop. V ) die Elektron-Zustandsdichte für einen Spinzustand und f = 1/[exp{β(−µ)}+1] die Fermiverteilung. Beachte, dass 3 ↓ 2µΒΒ ε B εF { ↓ ↓ { ρ (ε) ↓ 2µΒΒ ρ↓(ε) Figure 1: Pauli-Spinparamagnetismus. Ein äusseres Feld hat eine Verschiebung der Zustandsdichte der beiden Spineinstellungen zur Folge (beachte, dass Spin und Feld entgegengesetzt gerichtet sind !) Die schraffierte Fläche entspricht effektiv der Magnetisierung, die durch das Feld induziert wird. das unendliche Integrationsinterval in der Tat nach unten durch ρ, nach oben durch f begrenzt ist. Im uns interessierenden Grenzfall T → 0 ist f ()) = Θ(F − ) die Stufenfunktion. Für ein 3D Fermigas, ρ() = (3/2)N ()/. Weil µB/F von der Ordnung 10−5 oder kleiner ist, kann man entwickeln und erhält N↓ − N↑ = −2µB B ∞ −∞ d df () ρ d = 2µB Bρ(F ) (8) wo wir − dfd() = δ( − F ) benutzt haben. Dann wird die Magnetisierung M = µB (N↓ − N↑ )/V 3 µ2 B = (Ntot /V ) B 2 F (9) wo Ntot die Gesamtanzahl der Elektronen beider Spineinstellungen ist. In der Tat ist nun die Magnetisierung nicht temperaturabhängig. Ferromagnetismus, Molekularfeldnäherung Wir haben oben gesehen, dass eine Magnetisierung durch ein äusseres Feld induziert werden kann. Wie kommt aber der Ferromagnetismus zustande, bei dem die Momente permanent ausgerichtet sind ? Die einfachste Annahme 4 besteht darin, ein ”inneres” oder ”Molekularfeld” anzunehmen, das magnetische Ordnung induziert, gleichsam dem äusseren Feld im Falle des Paramagneten. Da der Effekt eines solchen Feldes bei tieferen Temperaturen grösser ist, da χ = C/T , erwartet man, dass sich bei genügend tiefen Temperaturen Ordnung einstellt. Damit kann zwar die Existenz eines Phasenübergangs von paramagnetisch ungeordnetem zu ferromagnetischem Verhalten erklärt werden, jedoch bleibt der Ursprung des ”Molekularfeldes” ungeklärt. Die Erklärung eines solchen Austauschfeldes [Weiss, 1906] blieb der Quantenmechanik vorbehalten, in der Tat einer ihrer grossen Erfolge. Die Molekularfeldnäherung besteht darin, die Existenz eines ”inneren Feldes” zu postulieren, für das gilt BA = λM (10) M = χp (Bext + BA ) (11) Damit ist aber (µB p)2 /kB wo χp = C/T die paramagnetische Suszeptibilität ist, mit C = 13 N V und p = gJ [J(J + 1)]1/2 . Damit wird M T = C(B + λM ) und für die Suszeptibilität M C χ= = (12) B T − λC Wie erwartet, divergiert die Suszeptibilität bei einer kritischen ”Curie-Temperatur” (13) Tc = λC Diese Divergenz bedeutet, dass ein infinitesimales äusseres Feld bereits eine makroskopische Magnetisierung erzeugt, ein Anzeichen für das Einsetzen langreichweitiger Ordnung und damit für einen Phasenübergang. Wir können nun die Grösse des Molekularfeldes abschätzen: Für Fe setzen wir Tc = 1000K, s = 1, g = 2, und damit wird λF e = Tc 3kb Tc 5000 = C (N/V )g 2 s(s + 1)µB (14) Dies entspricht dem enormen Molekularfeld von BA = λM = 5000 · 1700 107 G oder 103 T , rund 20mal stärker als die stärksten Magnete, die in (Hochfeld-) Labors existieren. Bevor wir uns der Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung zuwenden, und uns überzeugen, dass es sich um einen Phasenübergang zweiter Ordnung handelt, ein paar allgemeine Bemerkungen zu 5 Phasenübergängen. Obige ”mean-field” Methode ist natürlich eine sehr grobe Abschätzung, die aber mit zunehmender Dimension des Systems besser wird. Allgemein divergieren oder verschwinden bei der Annäherung an einen Phasenübergang Grössen wie Suszeptibilität, Magnetisierung, Korrelationslänge ξ, und spezifische Wärme C in einer charakteristischen Weise, χ(T ) ∝ (T − Tc )−γ , ξ ∝ (T − Tc )−ν M (T ) ∝ (Tc − T )β C ∝ (T − Tc )−α (15) verschiedene experimentelle Systeme können gleiche ”kritische Exponenten” haben, d.h. in die gleiche ”Universalitätsklasse” fallen. Zum Beispiel wird für einen Grossteil der ferromagnetischen Metalle γ = 1.33; für Fe ist γ = 1.33±0.04 Ni γ = 1.35±0.02 und Gd γ = 1.3±0.1. Dies ist bemerkenswert, da Details der Bandstruktur unterschiedlich sind. Mit Hilfe der Renormierungsgruppenmethode können kritische Exponenten berechnet werden. Die Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung unterhalb des Phasenübergangs lässt sich diskutieren, wenn wir zur allgemeinen Definition der Suszeptibilität via Brillouinfunktion zurückkehren. Dann gilt mit BA = λM M (T ) = (N/V )µBJ (βJgJ µB λM ) (16) Für s = 1/2 m )t (17) t mit m = M V /N µ und t−1 = (N/V )µ2 λβ. Damit ist aber klar, dass es unterhalb der kritischen Temperatur t = 1 immer eine Lösung gibt. Bei tiefen Temperaturen gilt: m = 1 − 2e−2m/t (18) m = tanh( und für m = 1 − = 2e−2/t (19) Das heisst, die Molekularfeldnäherung sagt voraus, dass die Sättigung exponentiell erreicht wird. Dies ist aber experimentell klar nicht erfüllt. Vielmehr gilt M/M0 = 1 − α(T /Tc )3/2 . Wir werden unten auf diesen Sachverhalt im Zusammenhang mit Spinwellen zurückkommen. Mikroskopischer Ursprung des Austauschs, Heitler-London Ansatz Um das Zusammenspiel von Pauli-Prinzip, chemischer Bindung und CoulombWechselwirkung zu untersuchen, bietet sich das H2 Molekül als einfachstes 6 Elektron 2 Elektron 1 RA RB H-Atom H-Atom Figure 2: Notation für die Heitler-London Beschreibung des H2 Moleküls. Die Protonen sind bei RA und RB , Elektron 1 hat Koordinate r1 . Die Heitler-London Näherung besteht darin, Zustände zu vernachlässigen, bei denen sich beide Elektronen 1 und 2 in einem Orbital um das gleiche Proton befinden. Beispiel an. Der Hamiltonoperator des Gesamtsystems von zwei Elektronen mit Positionen r1 , r2 um die Kerne bei RA , RB , gegeben durch (h̄ = 1) H = H 1 + H2 + e2 e2 e2 e2 + − − |r1 − r2 | |RA − RB | |r1 − RB | |r2 − RA | H1 = − ∇21 e2 − 2m |r1 − RA | (20) (21) und entsprechend für H2 . Der Hamiltonian H ist die Summe der kinetischen Energie der Elektronen, deren Coulombanziehung zu den Kernen, und der abstossenden Wechselwirkung zwischen Elektronen und Kernen. Da der Hamiltonian mit dem totalen Spin vertauscht, ist der Spinteil χ der totalen Wellenfunktionen Ψχ gegeben durch Singlett, resp. Triplettzustände 1 χs = √ (| ↑↓ − | ↑↓) 2 1 (M = 0) χt = √ (| ↑↓ + | ↑↓) 2 = | ↑↑, | ↓↓ (M = 1, −1) (22) Da die Gesamtwellenfunktion symmetrisch oder antisymmetrisch sein muss ist dementsprechend die Orswellenfunktionen entweder symmetrisch oder antisymmetrisch. Beachte, dass eine solche Trennung in vollständige (Anti)Symmetrie des Bahn und Spinanteils nur für 2-Fermionen Systeme gilt. Ansonsten → Young Tableaux. 7 Die Einelektron-Wellenfunktionen ψA , ψB um die beiden Wasserstoffkerne, die an den Positionen RA , RB sitzen, kann man näherungsweise als Grundzustandsfunktionen ansetzen 1 −|r−RA |/a0 e (23) ψA (r) = πa30 Für die Gesamtwellenfunktion des H2 Moleküls braucht man einen “vernünftigen” Ansatz, der dem Pauli-Prinzip gehorchen soll 1 Ψ± = 2(1 ± S 2 ) [ψA (r1 )ψB (r2 ) ± ψB (r1 )ψA (r2 )] (24) Diese Wellenfunktion ist entweder symmetrisch (”+”) oder antisymmetrisch, und entspricht via Pauli-Prinzip einem Spin-Singlett oder Spin-Triplett Zustand. In diesem Ansatz wurden Anteile weggelassen, wo sich beide Elektronen um einen Kern herum aufhalten. Diese Annahme ist zumindest für grössere Kern-Abstände gerechtfertigt, da man dann zwei unabhängige H Atome erhalten sollte. Die Konstante l ist das Überlapp-Integral l= d3 r ψB∗ (r)ψA (r) = (1 + R R2 + 2 ) e−R/a0 a0 3a0 (25) Die Energie dieses Zustandes ist ± = Ψ± |H|Ψ± = 1 2(1 ± l2 ) AB|H|AB + BA|H|BA ± AB|H|BA ± BA|H|AB mit BA|H|AB = d3 r d3 r ψB∗ (r)ψA∗ (r )HψA (r)ψB (r ) (26) (27) und sinngemäss [ψ ist hier jedoch reell]. Damit wir die Energie aber einfach ± = 1 {AB|H|AB ± BA|H|AB} (1 ± l2 ) (28) Explizite wird nun aber AB|H|AB = 21 + U BA|H|AB = 2l2 1 + V (29) 8 wo U = e2 /R + Vc (R) und V = l2 e2 /R + Vex (R) mit Vc (R) = × dr Vex (R) = 3 3 dr 3 dr ψA2 (r1 )ψB2 (r2 ) e2 e2 e2 − − |r1 − r2 | |r2 − RA | |r1 − RB | d3 r ψB∗ (r1 )ψA∗ (r2 )ψA (r2 )ψB (r1 ) e2 e2 e2 − − |r1 − r2 | |r2 − RA | |r1 − RB | (30) und 1 die Einteilchen-Energie (kin. + Coulomb) eines 1s-Elektrons im H Atom ist; e2 /R die Coulomb-Abstossung der Kerne, und Vex , Vc die zusätzlichen Austausch resp Coulombbeiträge. Die Gesamtenergie lässt sich schreiben als U ±V (31) ± (R) = 21 + 1 ± l2 Typischerweise ist U = Vc (R) + e2 /R positiv und V = Vex (R) + l2 e2 /R negativ. Deshalb liegt + unterhalb − . − − 21 hat kein Minimum als Funktion des Kernabstandes R, + − 21 hingegen ein 3eV tiefes bei R = 1.5a0 , mit der Bindungsenergie dementsprechend prop. zum Überlapp l. Gleichzeitig ist der Spin-Singlett Zustand der Grundzustand! Die Coulomb Wechselwirkung hat eine Spinkorrelation zur Folge. Intuitiv kann man das Ergebnis wie folgt erklären: Die Triplett Energie liegt höher, weil die (antisymmetrische) Ortswellenfunktion keine Aufenthalswahrscheinlichkeit in der mittelsenkrechten Ebene hat. Dies ist jedoch gerade der Ort, wo die Coulombanziehung der beiden H-Kerne maximal ist. Oder andersherum, dies ist der Ort, wo die Coulomb-Abstossung der Kerne maximal abgeschirmt (”gescreent”) wird. Effektiv kann man nun diesen Energieunterschied auf die Spinkoordinaten abwälzen und einen (effektiven) Hamiltonian einführen H = JS1 · S2 + c (32) und da Hχs = −(3/4)Jχs , Hχt = (1/4)Jχt , erhält man J = + − − , c = 14 (− + 3+ ). Für negative J beschreibt (32) ferromagnetische Kopplung zwischen den Ionen, für positive J eine antiferromagnetische Kopplung. Das Heitler-London Modell zeigt einen mikroskopischen Mechanismus auf, wie eine antiferromagnetische Wechselwirkung zustandekommen kann. Ganz allgemein ist in Isolatoren antiferromagnetischer Austausch zwischen Ionen typisch, Beispiele sind die allgegenwärtigen CuO-Verbindungen. 9 Der Ursprung des Ferromagnetismus dagegen ist in engem Zusammenhang mit der Temperaturunabhängigkeit der Pauli-Suszeptibilität zu sehen. In der Tat sind die klassischen Ferromagneten Fe, Co, Ni alle metallisch. Zusätzlich hat die erste Hund’sche Regel gezeigt, dass parallele Spineinstellung eine Konsequenz des ”Austauschloches” in der Paarkorrelationsfunktion für Fermionen ist, welches die Coulombabstossung zwischen den Fermionen für parallele Spineinstellung vermindert. In der Tat zeigt gibt das sogenannte Stoner-Modell ein Kriterium, welches zeigt, dass die intrinsische Tendenz zur Paralleleinstellung von Spins, die nötig ist, um Ferromagnetismus im Grundzustand zu erzeugen, umgekehrt proportional ist zur Zustandsdichte am Ferminiveau. Je grösser die Zustandsdichte, je schwächer darf die intrinsische ferromagnetische Tendenz sein, um makroskopischen Ferromagnetismus zu erzeugen. Auch wenn er sich streng genommen nur auf Isolatoren bezieht, ist der Heisenberg Austausch Hamiltonian (32) der ideale Startpunkt, um eine grosse Klasse von Ferro- und Antiferromagneten zu diskutieren. Wir wenden uns zunächst dem Ferromagnetismus zu. Quantenmechanik von Ferromagneten, Spinwellen Quantenmechanisch wird ein Ferromagnet durch den folgenden ”Heisenberg”Hamiltonian beschrieben H = −2J Sn · Sn+1 n (33) oder explizite in Komponenten zerlegt H = −2J z Snz Sn+1 n 1 − + + (Sn+ Sn+1 + Sn− Sn+1 ) 2 (34) Beachte, dass H rotationsinvariant ist: [H, R] = 0 wo R einen unitärer Rotationsoperator darstellt. 10 (35) Der Einfachheit halber betrachten wir einen spin-1/2 Heisenberg-Hamiltonian, der sich in der folgenden Weise umschreiben lässt1 : H = (J/2) n 1 (Pn,n+1 − 1) 2 (36) Dabei vertauscht Pn,n+1 die Spinzustände am Ort n und n + 1. Die Rotationssymmetrie wird nun aber durch den Grundzustand gebrochen | . . . ↑↑↑↑↑↑↑↑ . . . (37) Was sind die Anregungen des Grundzustandes ? Man ist versucht, den folgenden Zustand anzusetzen, in dem der m-te Spin gedreht ist |m| . . . ↑↑↓↑↑↑↑↑ . . . (38) Dies ist jedoch kein Eigenzustand von H da der Hamiltonian die Spinabweichung transportiert − Sn+ Sn+1 |m = δnm |m + 1 (39) und allgemein ist (H − E0 )|m = −J[|m + 1 + |m − 1] + 2J|m (40) wo E0 = −JN/2 ist. Die Eigenzustände sind demnach ebene Wellen |k = ikm |m und me H|k = E0 |k + 2J(1 − cos k)|k (41) und die Dispersion der Anregungen ist h̄ω = 2J(1 − cos k) (42) Dies führt im langwelligen Grenzfall auf ω ∝ k2 (43) Die Spinwellen haben also kein gap ! In der Tat kann man zeigen, dass der obige Spinwellenzustand für k → 0 einem infinitesimal gedrehten Grundzustand entspricht, der aber gemäss Rotationsinvarianz die gleiche Energie 1 Zum Beweis verifiziert man, dass (36) die gleichen Matrixelemente in der 2-Spin Basis hat wie das ursprüngliche H. 11 haben muss. Dies zeigt, dass die ”gaplosen” Spinwellen unmittelbar verbunden sind mit der Brechung einer kontinuierlichen Symmetrie. Die ”gaplosen” Spinwellen sind nichts anderes als ”Goldstone Bosonen”, deren Entdeckung in der Tat dem obigen Phänomen der Symmetriebrechung in Ferromagneten zu verdanken ist. Verallgemeinert auf höhere Dimensionen wird die Dispersion zB in einem kubischen Gitter h̄ω = 2Js [1 − cos(k · δ))] (44) δ wo δ die nächsten Nachbarn bezeichnet. Auch hier haben die Spinwellen kein Gap. Obige Betrachtungen lassen sich verallgemeinern auf beliebigen Spin mit Hilfe der sogenannten Holstein-Primakoff Transformation, die Spins durch Bosonen ausdrückt: Sn+ = a†n 2s − a†n an Sn− = 2s − a†n an Snz = s − a†n an an (45) Der Hamiltonian lässt sich dann ausdrücken durch quadratische Bosonenoperatoren H = −N Jzs2 + h̄ωk a†k ak (46) k womit sich in der Tat obige Resultate auf beliebigen Spin verallgemeinern lassen Antiferromagneten Antiferromagneten zeichnen sich durch eine ”versteckte” magnetische Ordnung aus, die sich makroskopisch nicht direkt äussert. Die Magnetisierung verschwindet auch unterhalb der Ordnungstemperatur. In der Tat wurde der direkte Nachweis von antiferromagnetischer Ordnung erst durch Neutronenstreuung erbracht. Wir können wiederum wie beim Ferromagneten in der Molekularfeldnäherung vorgehen. Dazu müssen wir aber den Antiferromagneten in zwei Untergitter zerlegen. [Dies ist natürlich nur für bipartite Gitter möglich, für Dreiecksgitter oder Pyrochlor-Gitter ist dies nicht möglich, in der Tat 12 sind letztere ein Beispiel für ”frustrierte” Systeme, die trotz magnetischer Wechselwirkung nicht ordnen !] Damit antferromagnetische Ordnung erzeugt wird, muss nun aber das Feld antiparallel zur Untergittermagnetisierung sein, d.h. T MA = C(Bext − µMB ) T MB = C(Bext − µMA ) (47) wo wir gleich χ = C/T verwendet haben. Aus dem Verschwinden der Determinante des homogenen Gleichungssystems erhält man unmittelbar die Beziehung zwischen Ordnungstemperatur (Néeltemperatur) TN , und dem Molekularfeldparameter µ, TN = µC. Das Lösen des verbleibenden Gleichungssystems ergibt 2C MA + MB = B (48) T + TN also 2C (49) χ= T + TN Da experimentell zwar die funktionale Form der Suszeptibilität stimmt, jedoch TN nicht mit der gemessenen kritischen Temperatur des Phasenuebergangs übereinstimmt, schreibt man auch χ= 2C T +Θ (50) und vergleicht Θ mit dem gemessenen TN . Dabei ist Θ/TN = 5 für MnO, für CoCl2 , CoO, tatsächlich 1.53 bzw 1.13 oder für M nF2 1.24. Zusammenfassend können wir in der folgenden Figur das Verhalten für die verschiedenen diskutierten magnetischen System aufzeigen: Antiferromagnetische Spinwellen Auch in diesem Fall kann man die Holstein-Primakoff Transformation benutzen. Nur hier benötigt man zwei Sätze von Boson-Operatoren SAz = s − a+ a, SBz = −s + b+ b, um um den Néel-Grundzustand ↑↓↑↓↑↓↑↓ herum zu linearisieren. Nach einigen weiteren Transformationen findet man aus der Diagonalform des Hamiltonians die Energie ω 2 = c2 (1 − cos2 k), wo c die Spinwellengeschwindigkeit ist. ω = c| sin ka| 13 (51) b) χ a) c) χ χ AFM FM PM 1/T 1/T χ 1/T χ TC T θ T T TN d) χ: χ : e) Β χ -1 AFM PM Β FM T θ TC Figure 3: Suszeptibilität fuer a) Paramagnet (PM) b) Ferromagnet (FM) und c) Antiferromagnet (AFM). Der Antiferromagnet hat unterhalb der Ordnungstemperatur eine unterschiedliche Suszeptibilität senkrecht zur Ordnung und parallel zur Ordnung. d) Die Eigenschaft χ⊥ > χ bedeutet, dass sich der Antiferromagnet mit Néel Vektor senkrecht zur Feldrichtung einstellt. e) Inverse Suszeptibilität für Antiferro-, Para- und Ferromagnet. Nun gibt es aber ein Problem, das vielleicht für eine Vielzahl der noch ungelösten Probleme in der Festkörperphysik steht: Der Néelzustand ist nicht exakt der Eigenzustand des Heisenberg Antiferromagneten J Si Sj . Das sieht man schon allein daran, dass | ↑↓ kein Eigenzustand von S1 · S2 ist, siehe oben. Es gibt also Quantenfluktuationen im Grundzustand eines Antiferromagneten, die sich mit zunehmend niedriger Dimension drastischer auswirken: Ganz allgemein ist die mittlere Besetzungszahl von Magnonen (Bosonen) ∞ 1 1 nk = d k βω dD k k e −1 ωk −∞ D (52) wo wir im letzten Teil den potentiell gefährlichen langwelligen Teil separiert haben. Nun ist aber für FM ωk ∝ k 2 und AFM ωk ∝ k. Da dD k ∝ k D−1 dk ist, finden wir, dass die Magnonzahl divergiert für F M : D = 1, D = 2 AF M : D = 1 (53) In der Tat haben Mermin und Wagner gezeigt, dass ein istropes FM Heisenberg Modell in D = 1, 2 für T > 0 keine langreichweitige Ordnung zeigt. Ebenso zeigt ein D = 1 AFM für D = 1 keine langreichweitige Ordnung ! 14 ω −π ω J π ka J ka −π π Figure 4: a) Ferromagnetische und b) antiferromagnetische Spinwellen. Erstere sind quadratisch für lange Wellenlängen, letztere linear In der Tat weisen neue numerische Rechnungen darauf hin, dass das 2D antiferromagnetische Heisenberg spin-1/2 Modell tatsächlich langreichweitige Ordnung hat. Es gilt allerdings zu bemerken, dass auch klassische D = 2 Systeme Sonderfälle sein können: Für ein sogenanntes xy System, wo die z-Komponente des Spins unterdrückt ist, gibt es die Möglichkeit des ”Kosterlitz-Thouless” Phasenübergangs, der durch das Binden/Entbinden von Vortizes charakterisiert ist. Schliesslich ist ein wichtiges Ergebnis der Spinwellentheorie ist die Korrektur der Magnetisierung, die die Molekularfeldtheorie exponentiell vorhersagt. Eine explizite Berechnung von nk ergibt, dass die Abweichung ∆M von der Sättigungsmagnetisierung bei niedrigen Temperaturen gegeben ist durch ∆M = const. T 3/2 M 15 (54)