Berichte aus der Physik Markus C. Weber Optische Kontrolle der Magnetisierung in austauschgekoppelten magnetischen Bilagen D 386 (Diss. Technische Universität Kaiserslautern) Shaker Verlag Aachen 2005 Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Zugl.: Kaiserslautern, TU, Diss., 2005 Copyright Shaker Verlag 2005 Alle Rechte, auch das des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen Wiedergabe, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen und der Übersetzung, vorbehalten. Printed in Germany. ISBN 3-8322-4749-1 ISSN 0945-0963 Shaker Verlag GmbH • Postfach 101818 • 52018 Aachen Telefon: 02407 / 95 96 - 0 • Telefax: 02407 / 95 96 - 9 Internet: www.shaker.de • eMail: [email protected] Zusammenfassung ISBN 3-8322-4749-1 Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die optischen Kontrollmöglichkeiten der Magnetisierungsdynamik in austauschgekoppelten magnetischen Bilagen, Kernelemente in der magnetoresistiven Sensorik, der magnetischen Datenspeicherung und der Spinelektronik, zeitaufgelöst untersucht. Zur Untersuchung der optischen Kontrolle der Magnetisierungsdynamik auf der Pikosekundenzeitskala wurde ein optisches Pump-Probe-Experiment aufgebaut und für zeitaufgelöste Studien bezüglich maximaler Zeit- und Ortsauflösung optimiert. Dabei lag der Schwerpunkt in der Integration eines Lasersystems zur Erzeugung intensiver Pikosekundenpulse einstellbarer Zentralwellenlänge, Pulsenergie und -repetitionsrate. Das Lasersystem erlaubt die Kombination der Magnetfeldpuls-gesteuerten zeitaufgelösten Magneto-Optik mit der rein optischen Anregung einer magnetischen Probe. Die optische Methode verspricht neue physikalische Phänomene infolge der extrem kurzen Anregungszeiten. Die transiente Kerr-Drehung ist dabei ein zuverlässiges Maß der Magnetisierung und mehr noch der Magnetisierungsrichtung; somit wird die EchtzeitAbbildung der Auslenkung der Magnetisierung aus ihrer Ruhelage möglich. Untersuchungsgegenstand der Pump-Probe-Experimente sind inhärent temperaturabhängige Austausch-Verschiebungssysteme, die sich durch eine in ihrer Ruhelage fixierte Magnetisierung des Ferromagneten auszeichnen. Für reine metallische AustauschVerschiebungssysteme erfolgt erstmals die Identifikation der optischen Kontrolle der Austausch-Verschiebung mittels kurzer Laserpulse. Die Erzeugung eines starken Spin-GitterUngleichgewichts und eines „heißen Spinsystems“ als Folge der Photoanregung zeichnet für die Entkopplung der Bilage innerhalb der Pumppulsdauer verantwortlich, wie Echtzeitmessungen der Spintemperatur an der Ferromagnet/Antiferromagnet-(F/AF)Grenzfläche belegen. Ein Modell zur schnellen thermischen Aktivierung ermöglicht die Quantifizierung der Modulationsstärke und der internen Relaxationszeit der F/AF-Kopplung. Die Photoanregung entkoppelt das System nicht nur ultraschnell, moduliert also die Austausch-Verschiebungsanisotropie, sondern lanciert zeitgleich ein internes effektives Anisotropiepulsfeld. Ein solches internes Pulsfeld kann die Magnetisierung des Ferromagneten einer Austausch-Verschiebungsbilage aus ihrer Ruhelage auslenken und so kohärente, präzessionale Dynamik anregen. Die durch den Pumppuls eingetragene Überschussenergie relaxiert über die Anregung kohärenter Spinwellen. Auf diese Weise läßt sich die Amplitude und Richtung der Präzession optisch kontrollieren. Optisch induzierte, transversale interne Pulsfelder ermöglichen die Abbildung der Magnetisierungstrajektorie und die Rekonstruktion der expliziten Zeitstruktur des internen Pulsfeldes. Die Grenzfläche der Doppelschichten steht im Mittelpunkt der Identifikation der zentralen Dissipationskanäle der optisch angeregten Präzessionsmode. Abhängig von der Stärke der F/AF-Kopplung können die kohärent getriebenen Spins des Ferromagneten ihre Energie an das Gitter des Antiferromagneten abgeben und so effektiv Dämpfung in das System einbringen. Die Magnonen der homogenen Präzessionsmode können an lokalen Fluktuationen des Austausch-Verschiebungsfeldes als Folge der Grenzflächenrauigkeit in energetisch entartete Spinwellenmoden streuen; eine klare Evidenz für die Präsenz von Zwei-MagnonenStreuung. Mehr noch, eine Schwebungssignatur evaneszenter Spinwellenmoden kann zeitaufgelöst nachgewiesen werden. Neben der dominanten homogenen Präzessionsmode der Magnetisierung sind damit auch dipolare Spinwellenmoden in die Laser-angeregte Spindynamik austauschgekoppelter Bilagen involviert. Die Anregung präzessionaler Magnetisierungsdynamik in Austausch-Verschiebungssystmen, im Bild einer „optischen Ferromagnetischen Resonanz“, erlaubt den Nachweis eines ultraschnellen, präzessionsdominierten Schaltvorgangs der Magnetisierung des Ferromagneten im Modellsystem NiFe/FeMn. Erstmals gelingt der Nachweis eines präzessionalen, optisch induzierten Schaltvorganges in austauschgekoppelten Bilagen mit einer Schaltzeit von etwa 500 ps. Technologisch betrachtet werden so optisch-thermisch induzierte, kohärente Schaltvorgänge in magnetischen Schichtsystemen mit Temperaturen realisierbar, die deutlich niedriger als die Curie-Temperaturen typischer Ferromagnete sind. Die Ergebnisse zeigen nicht nur das große Potential der optischen Pump-Probe-Technik, sondern stellen das Speicherkonzept des „Heat-assisted Magnetic Recording“ auf ein breiteres Fundament.