Zahnnachwuchs per Laser

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Zahnregeneration
Zahnnachwuchs per Laser
Die bereits zur antibakteriellen Zahnbehandlung eingesetzten medizinischen Laser sollen sich
auch für eine Regeneration der Zahnsubstanz nutzen lassen.
Quelle: © LosRobsos - Fotolia.com
11.06.2014 Die zweiten Zähne kommen noch von selbst. Gehen sie verloren, ist
kraftvolles Zubeißen nur noch mit Gebiss oder Implantat möglich. Doch Forscher
entwickeln Methoden, um die Dritten nachzuzüchten – mit Stammzellen, mit
Zahngerüsten, mit Druck und sogar mit Laser.
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Zähne aus dem Labor
Viele Tierarten können mehrfach neue Zähne bilden. Beim Menschen werden die
Milchzähne jedoch nur einmal ersetzt. Im Labor wird nun versucht, die Stammzellen für
die Zahnbildung künstlich anzuregen.
Wenn ein Hai kraftvoll zubeißt, dann können dabei ruhig ein paar Zähne verloren gehen. Der
Kiefer der Fische schiebt ununterbrochen neue Zahnreihen nach vorne. Bei Elefanten
wachsen die Backenzähne bis zu sieben Mal nach. Und Nagetiere können sich die
Schneidezähne bedenkenlos
herunterraspeln, weil sie sich stetig
regenerieren. Nur beim Menschen
wächst nach den zweiten Zähnen
nichts mehr – außer dem Aufwand für
Brücken, Implantate oder den Erhalt
des Gebisses. Ganz selten jedoch
sprießt mal ein später, dritter Zahn und
zeigt, dass auch im menschlichen
Kiefer Stammzellen für
Zahnnachwuchs schlummern. Jetzt
Entfernte Zähne lassen sich in Zukunft vielleicht
haben Forscher diese Zellen aus dem
regenerieren oder nachzüchten.
Tiefschlaf geweckt – per Laser.
Quelle: © Kautz15 - Fotolia.com
Biotooth, ein Mäusezahn aus der Retorte
Schon vor rund zehn Jahren gelang es erstmals, im Labor Zähne zu züchten. Paul Sharpe
vom King’s College in London verwendete bestimmte Stammzellen von Mausembryonen, aus
denen sich normalerweise außer Zähnen auch Blut oder Bindegewebe entwickeln können,
sogenannte mesenchymatische Stammzellen. Wenn Sharpe die Zellen mit Epithelzellen
zusammenbrachte, also hautorganbildenden Zellen, ließ sich daraus ein „Biotooth“ züchten. So
nannte der Forscher den Retortenzahn, den er seitdem mit seiner Firma Odontis entwickelt.
Innerhalb von „zwei Jahren“ wollte Sharpe erste Tests am Menschen wagen und „in zwanzig“
Jahren die ersten lebenden Zähne transplantieren. Doch daraus wurde vorerst nichts. Denn
das Züchten des Mäusezahns war nur mit Stammzellen aus Mausembryonen möglich – die
beim Menschen nicht zur Verfügung stehen. „Wir müssen in Erwachsenen eine Quelle für
eine ausreichende Menge von Epithel- und Mesenchymzellen finden, um das Züchten eines
Biotooth zu einer machbaren Alternative zu Zahnimplantaten zu machen“, räumte Sharpe
kürzlich ein. Derzeit experimentiert der Forscher mit Zahnfleisch von Patienten und kombiniert
es mit Mesenchymzellen aus der Maus, die Zähne bilden können. Im Kiefer von Mäusen
wuchs diese Zellkombination tatsächlich zu Zähnen heran, die Zahnbein, -schmelz und wurzeln enthielten. Sharpe: „Jetzt müssen wir einen Weg finden, Mesenchymzellen von
Erwachsenen zu kultivieren, die zur Zahnentwicklung fähig sind, da wir bislang nur
embryonale Mesenchymzellen dazu bringen, das zu tun.“
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Mehr Licht, mehr Zahn
Laser sind in der Lage, die im Körper schlummernden Regenerationsfähigkeiten zu
wecken und die Bildung von neuem Zahnbein anzuregen.
Sharpes Kollegen sind mittlerweile andere Wege gegangen. Anstatt die Zahnentwicklung
außerhalb des Körpers in der Gewebekultur nachbauen zu wollen, versuchen sie die im
Körper schlummernden
Regenerationsfähigkeiten zu wecken.
Zum Beispiel mit einem Laser. So
gelang es dem Forschungsteam von
David Mooney von der Harvard
University mit Laserlicht geringer
Energie das Wachstum von Zahnbein
zu induzieren, dem auch Dentin
genannten knochenartigen Gewebe
unter dem Zahnschmelz. Auf die Idee,
Laserlicht zu verwenden, um Zähne zu
regenerieren, kam der Forscher
Praveen Arany, bis vor kurzem noch
Mitarbeiter in Mooneys Team, weil
„Laserlicht geringer Energie sich
therapeutisch bereits bewährt hat“, so
Arany. Seit den 1960ern gibt es teils
widersprüchliche Hinweise, dass
Lichttherapie biologische Prozesse
Rasterelektronenmikroskopische Falschfarben-
beeinflussen kann, sei es Haarwuchs
Aufnahme eines mit Zellen besiedelten
oder Hautverjüngung. Anders als bei
Polymergerüsts zur Bestimmung von
vielen anderen, umstrittenen
Laserbehandlungseffekten in 3D-Kulturen.
Anwendungen von Licht ist es Arany,
Quelle: © Arany PR et al.]
inzwischen am National Institute of
Dental and Craniofacial Research, jedoch gelungen, den Wirkmechanismus aufzuklären. Denn
die Stammzellen im Zahn werden nicht direkt vom Licht zur Produktion von Zahnbein
angeregt. Laut der Veröffentlichung im aktuellen Fachmagazin „Science Translational
Ein ganzer Zahn lässt sich auf diese Weise jedoch nicht „herbeilasern“. „Der Laser kann die
Entwicklung von Zahnbein induzieren, weil es einen bestimmten Schalter, TGF ( engl.
transforming growth factor; deut. transformierender Wachstumsfaktor)-beta-1, aktiviert“, sagt
Arany. Ein kompletter Zahn bestehe aber auch aus anderen spezialisierten Geweben, wie dem
Zahnschmelz, dem Zahnzement an der Zahnwurzel und dem Ligament, das den Zahn mit dem
umgebenden Kieferknochen verbindet. „Es wird noch daran geforscht, welche Schalter und
Bedingungen die Entwicklung dieser Gewebe anstoßen können.“ Es sei also schwierig
vorauszusagen, ob auch diese Schalter mit Hilfe einer Laserbehandlung umgelegt werden
können.
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Anwendungsnahe Medizintechnik
Die neue regenerative Technik könnte in Zahnarztpraxen bei der Kariesbehandlung
eingesetzt werden.
Auch wenn der Laser noch keine ganzen Zähne herbeizaubern kann, könnte die Technik bald
in den Zahnarztpraxen Anwendung finden, meint sein Kollege Jeremy Mao von der Columbia
University, weil sie auf eindrucksvolle Weise ein bestimmtes Problem löst: Wenn bei
Kariesbehandlungen ein so tiefes Loch gebohrt werden muss, dass Zahnbein oder sogar das
durchblutete Mark verletzt wird, dann
könnte die Laserbehandlung dafür
sorgen, dass Zahnbein nachgebildet
wird und der Zahn nicht abstirbt.
„Laser-Technologie wird bereits in
vielen Zahnarztpraxen eingesetzt“, sagt
Arany. „Sowohl der Patient als auch
der Arzt sind mit dieser Medizintechnik
vertraut.“ Das allein sei schon ein
Grund, warum die Technik schneller
Quelle: © pgottschalk - Fotolia.com
zur Anwendung kommen könnte als
ein Medikament, abgesehen von den
weniger aufwändigen regulatorischen Hürden für Medizingeräte im Vergleich zu
Medikamenten. „Was die Kosten betrifft, ist ein einfaches Gerät, das mehrfach verwendet
werden kann, kosteneffizienter als klinische Reagenzien“, sagt Arany.
Jeremy Mao geht einen anderen Weg, um Zähne nachzuzüchten. Er verwendet poröse,
hartschaumartige Gerüste aus einem biologisch abbaubaren Polymer und baut sie in den
Kiefer ein. Dieses Gerüst ist durchlässig für Zellen und durchsetzt mit stimulierenden
Substanzen und wird so geformt wie der natürliche Zahn des Patienten. Diese
wachstumsfördernden Stoffe sollen die Zellen aus dem umliegenden Gewebe des Patienten
anlocken, die einen Zahn nachbilden können. Mao testet dieses Verfahren, das bei Ratten
bereits funktioniert hat, inzwischen in der Klinik – die ersten Tests überhaupt, die ein
natürliches Nachwachsen dritter Zähne beim Menschen möglich machen sollen. Die Patienten
seien solche, denen ein Zahn entfernt und ein neuer eingesetzt werden soll, sagt Mao: „Der
Zahnarzt wird uns CT-Bilder von dem Zahn schicken, der entfernt werden soll, und wir
werden dann ein anatomisch entsprechendes, dreidimensionales Zahngerüst rekonstruieren
und dem Arzt zur Implantation schicken.“ Bei Patienten, die bereits einen Zahn verloren haben,
wird das Zahngerüst vom gegenüberliegenden Zahn rekonstruiert.
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Kuscheln für den Zahnersatz
Für die Zahnregeneration ist eine mechanische Anregung implantierter Zellen wichtiger
als zelluläre Wachstumsfaktoren.
Damit die Zellen einen Zahn und kein anderes Organ bilden, sind nicht nur chemische
Moleküle, sondern auch ein mechanischer Einfluss nötig. So ist zum Beispiel das
Zusammenballen von Zellen auf engstem Raum wichtig, um die Zahnentwicklung zu
beginnen. „Diese mechanische Anregung ist für die Zahnregeneration wichtiger als
Wachstumsfaktoren“, meint Don Ingber vom Wyss-Institut für biologisch inspirierte
Ingenieurstechnik der Harvard Universität in Cambridge, Massachusetts. Sein Forschungsteam
hat ein Gel entwickelt, mit dessen Hilfe
das Zusammenpressen der Zellen
imitiert wird. Dazu werden
Zahnvorläuferzellen, die
Quelle: © fovito - Fotolia.com
Mesenchymzellen, zunächst im Gel
verteilt. Sobald das Gel in den Körper übertragen und der normalen Körpertemperatur
ausgesetzt wird, schrumpft es zusammen. Dadurch werden die Zellen in unmittelbare
Nachbarschaft gebracht – und zur Zahnbildung angeregt: „Sie fangen an, zahnartiges
Knochenmaterial zu bilden“, sagt Ingber. „Um einen vollständigen Zahn zu regenerieren,
müssen wird allerdings die mechanisch aktivierten mesenchymalen Zellen noch mit anderen
zahnbildenden, epithelialen Zellen, kombinieren.“ Diese Epithelzellen, aus denen sich Haut
und andere Oberflächen-Organe bilden, hatte Ingber schon 2011 zusammen mit
Mesenchymzellen in die gut durchblutete Nierenkapsel von Mäusen implantiert und dort das
Wachstum eines kompletten Zahns mit Dentin, Schmelz und Wurzel induziert. Sein Ziel ist, das
Gel mitsamt den nötigen Zellen in den Kiefer der Patienten einzusetzen, um so einen neuen
Zahn wachsen zu lassen.
Bevor Mao, Ingber, Arany oder andere Forscher Experimente an Menschen wagen können,
muss allerdings geklärt werden, ob das künstliche Nachzüchten von Zähnen wirklich kein
Risiko birgt. Wenn Zellen, die sich eigentlich nicht mehr teilen und schon gar nicht Zähne
bilden sollen, zu einer künstlichen Entwicklung und Vermehrung angeregt werden, könnten
sie auch zu unerwünschten Gewebetypen auswachsen – im schlimmsten Fall sogar krebsartig
wuchern. „Zellen aus dem eigenen Körper, inklusive dessen Stammzellen, stehen unter
Kontrolle lokaler und systemischer Faktoren“, sagt Mao. Solche Zellen zu verwenden sei
deshalb weniger riskant als fremde Zellen zu transplantieren, die im Labor herangezüchtet
wurden.
Immun gegen Cola
Veranlassung, überhaupt ein Risiko einzugehen, besteht nicht, schließlich geht es nur um ein
schönes Lächeln, nicht das Leben. „Die heute eingesetzten Implantate aus Metall sind sehr
erfolgreich – und halten sogar Cola und anderen Süßigkeiten stand“, sagt Mao. Doch es gibt
mitunter auch Probleme. „Um die Implantate herum können Entzündungen und
Knochenverlust auftreten.“ Außerdem wachsen und verändern sich metallene Implantate nicht
gemeinsam mit dem umgebenen Kieferknochen, wie es natürliche Zähne tun – deshalb sind
Implantate für Kinder bislang keine gute Wahl.
Noch versucht Mao, die Zellen im Kiefer mit Hilfe von künstlichen Gerüsten zum Nachbilden
von Zähnen zu bewegen. Doch künftig sollen die im Kiefer schlummernde Fähigkeit des
Menschen reaktiviert werden, nach den ersten die zweiten Zähne zu bilden – ob nun per
Spritze oder per Laser. „Ich glaube wirklich, dass das möglich sein wird“, sagt Mao. Wann das
sein wird, sieht sich Mao außerstande vorherzusagen. „Man kann nun mal nicht vorhersagen,
wann ein großer wissenschaftlicher Durchbruch passieren wird.“
Originalliteratur:
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
Veröffentlichung von Arany et al bei Translational Medicine
Übersichtsartikel von Mao: Stem Cells in the Face: Tooth Regeneration
and Beyond
Weiterführende Informationen:

Artikel "Researchers use light to coax stem cells to repair teeth"

Artikel "New shrinking gel steers tooth tissue formation"
© medizintechnologie.de/sk
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