10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise1 I. Warum Gottesbeweise

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10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise1
I. Warum Gottesbeweise?
(1) Die Welt genügt sich nicht selbst. Alles Endliche weist über sich selbst hinaus, setzt etwas
voraus, was es selbst nicht ist, aber auch in seinen erfahrbaren Beständen nicht zeigt. Wir
werden darauf gleich ausführlicher zu sprechen kommen. Leibniz hat diese Kontingenz des
Endlichen in folgender Frage auf klassische Weise zusammengefasst: „Warum gibt es überhaupt etwas statt nichts? Denn das Nichts ist einfacher und findet leichter statt als Etwas.
Darüber hinaus, gesetzt dass die Dinge nun einmal existieren müssen, so muss es dafür
Gründe geben, warum sie gerade so sein müssen (wie sie tatsächlich sind) statt anders“ 2.
Also: Weder das Dasein der Dinge (die Tatsache, dass sie sind) noch ihr Sosein (die Tatsache, wie sie sind) ist selbstverständlich, weil es genauso gut anders sein könnte. Wo es eine
(oder mehrere) Alternativen gibt, da bedarf es eines zureichenden Grundes dafür, dass diejenige Alternative eintritt bzw. eingetreten ist, die tatsächlich realisiert ist. Den zureichenden
Grund dafür, dass überhaupt etwas ist statt nichts, und dass alles ist, wie es ist statt anders,
nennen die Menschen in nahezu allen Kulturen und Epochen Gott. In allen Religionen wird
dem, was darin „Gott“ oder „Götter“ heißt jedenfalls diese gründende Funktion zugeschrieben, egal, welche Eigenschaften und Tätigkeiten der Gott und die Götter sonst noch aufweisen mögen. Dass der Urgrund Gott ist, heißt zweierlei:
[a]
Der Urgrund ist nicht irgendein Grund, sondern derjenige Grund, der selber keiner
weiteren Begründung bedarf. So ist er der ursprüngliche, der letzte, oberste und umfassendste Grund, d. h. derjenige Grund, aus dem heraus bzw. von dem her jede Begründung kommt, und in den jede Begründung letztlich zurückführt.
[b]
Der Urgrund ist die aktive Kraft, die selber als hervorbringende (kosmogonische)
und ordnende (kosmologische) Macht in den mannigfaltigen einzelnen Seienden
wirkt. Das aber bedeutet, dass der Urgrund die Dinge nicht einfach irgendwie in’s Dasein setzt, sondern dass er sie als geordnete in’s Dasein setzt, also so, dass sie nicht
einfach chaotische Gebilde sind, sondern Bildungen auf deren spezifische Gestalt es
ankommt und die deshalb Anspruch auf Achtung ihrer eigene Wirklichkeit haben.
Dass der Urgrund nicht irgendeine Welt hervorbringt, sondern eine intelligibel geordnete Welt, die einen Anspruch auf sittliche Achtung in sich trägt, – genau diese Tatsache ist es, die uns veranlasst, statt bloß von einem „Urgrund“ von Gott zu sprechen.
Die Ursache, den Urgrund für das Intelligible und Intelligente, für das Logoshafte,
das wir in der Welt beobachten, ist es, was wir mit dem Terminus „Gott“ bezeichnen.
Zusatz: Gott erschafft solche Dinge, die von sich selbst her zurecht einen Anspruch auf sittliche Achtung (auf Achtung vor ihrer Wirklichkeit) erheben, bei denen es also nicht gleichgültig ist, wie es um
sie steht. Wenn Gott ein Wesen erschafft, das Durst haben kann, dann mag es vielleicht für Gott gleichgültig sein, ob der Betreffende etwas zu trinken bekommt, nicht aber ist es für das betreffende Wesen
selbst gleichgültig. Nicht um Gottes, sondern um seiner selbst willen verlangt der Dürstende nach
Trank. Für einen Dürstenden ist es nicht gleichgültig, ob wir ihm Süßwasser oder Meerwasser zum
Trinken geben. Dass jemand ein Dürstender ist, macht die eigene Wirklichkeit des Betreffenden aus,
die aus sich selbst heraus Anspruch auf Achtung erhebt und diese Achtung auch tatsächlich verdient.
Das Bedürfnis des Dürstenden verdient aber diese Achtung nicht deswegen, weil Gott es befehlen wür-
1
Huber 2006, §§ 88-92
2
Pourquoy il y a plustôt quelque chose que rien? Car le rien est plus simple et plus facile que quelque chose.
De plus, supposé que des choses doivent exister, il faut qu’on puisse rendre raison, pourquoy elles doivent exister ainsi, et non autrement. (Leibniz: Principes de la nature et de la grâce, fondés en raison, § 7)
1
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de, sondern einfach deswegen, weil er Durst hat. Gott ist nicht in dem Sinn Ursprung der Sittlichkeit,
dass er beliebig festlegen würde, was gut und schlecht ist. Dies ist vielmehr in der Natur der Dinge mitgegeben. Wenn Gott einen Dürstenkönnenden erschafft, dann kann er in Bezug auf diesen nicht festsetzen, dass es sittlich gut und geboten sei, ihm nichts zu trinken zu geben. Denn damit würde Gott die
Natur des Bedürfnisses, das er geschaffen hat, selber nicht achten. Aber könnte Gott nicht den Durst so
erschaffen, dass er nicht auf Trinken, sondern auf das Dürsten selbst aus wäre? Nein, dann hätte Gott
nicht den Durst erschaffen. Mit der Natur des Durstes ist eine bestimmte Dynamik verbunden, über die
Gott selbst nicht verfügen kann (außer um den Preis, den Durst zu verfehlen). Gott kann den Durst bzw.
Wesen, die Durst haben können, in das Dasein setzen, aber er kann den Durst und dürstende Wesen
nicht beliebig erfinden, also nicht etwa so, dass bei ihnen der Ausdruck des Durstes darin besteht, nicht
oder nur Unbekömmliches trinken zu wollen. Gott ist nicht Urgrund der Sittlichkeit in dem Sinn, dass
er beliebige sittliche Gebote erlassen könnte, sondern in dem Sinn, dass er Wesen erschafft, in deren
eigener Natur ohne sein Zutun schon bestimmte sittliche Anforderungen eingeschlossen sind. Ohne
Gott gäbe es zwar keine Sittlichkeit in der Welt, aber nicht deswegen, weil Gott nach seinem Belieben
irgendwelche sittlichen Gebote erlässt, die es sonst nicht gäbe, sondern weil er Wesen erschafft, die in
sich selbst und ganz unabhängig von Gott (in ihrer eigenen Wirklichkeit) sittliche Gebote begründen.
Den Dürstenden zu tränken – darauf kommt es nicht wegen Gott an, sondern wegen des Dürstenden
selbst. Dass unsere Kinder gesund und glücklich sind – darauf kommt es nicht wegen Gott an, sondern
wegen unserer Kinder selbst.
(2) Der Urgrund ist empirisch nicht greifbar, er kann es nicht sein, denn er ist nicht ein Ding
unter den anderen, sondern diejenige Macht, die das Dasein von so etwas wie greifbaren Dingen erst möglich macht. Wenn der Urgrund aber empirisch nicht greifbar ist, woher können
wir dann wissen, dass er nicht bloß ein realitätsloser Gedanke, ein Hirngespinst, eine Fiktion
ist? Auf diese Frage versuchen die Gottesbeweise zu antworten. Warum ist die Frage, ob es
Gott gibt, so wichtig? Es gibt dafür zwei Gründe, einen theoretischen und einen praktischexistentiellen.
[a]
Theoretischer Grund: Wenn es keinen Urgrund gibt, dann hängen alle einzelnen
Gründe, die ihrerseits ja wieder begründungsbedürftig sind, in der Luft. Ohne Urgrund
keine abgeleiteten Gründe, ohne ersten Grund keinen zweiten, dritten usw. bis in’s
Unendliche. Die theoretische (betrachtende) Vernunft verliert den Gedanken der Begründung, wenn alle Gründe bloß auf etwas im Letzten Unbegründetes zurückführen
und sich so als wirkliche Gründe auflösen: Ein Grund, der nur ein Unbegründetes als
letzten und obersten Grund angeben kann, ist selber unbegründet, hat keine begründende Kraft. Wenn keine intelligente Macht hinter der Welt steht, dann ist die Welt
letztlich unverständlich, dann ist sie eine große Illusion, denn dann ist nichts von dem,
was uns umgibt, als das, was es zu sein scheint, auch tatsächlich gemeint. Es gibt
dann keine Wirklichkeit, die sein soll, sondern jeder Zustand des Teilchenwirbels ist
gleich gut wie jeder andere, und dass eine zerquetschte Hand schlechter ist als eine
gesunde, das ist nur unsere subjektive Zutat, die nichts mit der Hand selber zu tun hat
und über sie selber nichts aussagt. Damit sind wir schon beim zweiten, dem praktischen Grund.
[b]
Praktisch-existentieller Grund: Wenn wir die Welt betrachten, finden wir in ihr eine
große umfassende Ordnung, angefangen vom Lauf der Sterne über die wunderbar
komplex ineinandergreifenden Naturgesetze bis hin zur sittlichen Ordnung unseres
Handelns. Wenn diese Ordnung – dieses Sosein der Dinge – nicht etwas ist, das in den
Dingen selbst liegt, sondern bloß von uns als Einbildung, Fiktion, subjektive Zutat zu
der in sich völlig wertfreien Wirklichkeit hinzugedichtet wird, dann ist unser normales
menschliches Leben eine Lüge, und alles das, was unserem Leben Erfüllung gibt (ein
schöner Sonnenuntergang, eine gute Tat, die Entdeckung einer naturwissenschaftlichen Wahrheit), ist bloß Selbsttäuschung. Dann sind wir in der Tat absurde Existen-
2
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zen, und es wäre zu fragen, warum wir so leben sollten, als ob alles einen Sinn hätte,
indem wir die Welt erforschen und uns bemühen anständig zu sein, – obgleich wir
doch längst durchschaut haben, dass wir diesen Sinn bloß selber erfinden. Wenn in
den Dingen selbst kein Sinn und keine Ordnung liegt – wenn es also für das Dasein
einer geordneten und sittlich fordernden Welt keinen objektiven Ursprung gibt, sondern wenn wir diese Ordnung bloß subjektiv in die Dinge hineinsehen, dann tun wir
nichts Schlechtes, wenn wir unsittlich handeln: Wenn die Menschenwürde nicht mit
dem Menschen zusammen aus dem Urgrund heraus in das Sein tritt, sondern von uns
bloß hinzuerfundne wird, dann treffen wir, wenn wir die Würde eines anderen missachten, nicht diesen anderen, sondern bloß unsere eigene Erfindung, das beliebige
Bild, das wir uns von ihm machen, das aber mit seiner eigenen Wirklichkeit nichts zu
tun hat.
Die Frage, warum es so wichtig ist, ob Gott existiert, werde ich hernach noch einmal aufnehmen, und die eben gegebene grundsätzliche Antwort weiter ausführen. Das Ungenügen,
das wir an den Gottesbeweisen oft empfinden, liegt insbesondere darin begründet, dass wir in
diesen Beweisen durchaus etwas beweisen, aber eben dasjenige nicht erreichen, was wir erreichen wollen, nämlich wirklich Gott. Aber was ist das Entscheidende an Gott, das die Beweise doch verfehlen? Das vermögen wir nur zu verstehen, indem wir uns Inhalt und Argumentationsart der Gottesbeweise näher ansehen.
II. Systematischer Überblick über die Gottesbeweise
[Huber 2006:]
1. Kosmologische Beweise
[(3)-(1)] (88) Gott ist das Prinzip des Daseins der Wesen, weil er die Macht ist, aus der das
Sein und Existieren der Wesen ursprünglich stammt. Wenn Gott nicht selbst die Quelle des
Seins wäre, müsste er es von etwas anderem her erhalten (wie die endlichen Wesen). Dann
aber wäre nicht er der Urgrund, sondern jenes Andere. Als Urgrund von allem schließt Gottes
Wesen daher das Sein ein. Das heißt, es gehört zu Gottes Wesen, des Seins mächtig zu sein,
er hat es nicht von anderswoher, sondern aus sich selbst (ens a se): Si autem sit ab alia, rursus eodem modo de hac altera quaeretur, an sit a se vel ab alia, donec tandem ad causam
ultimam deveniatur, quae erit Deus.3
Gott ist außerdem das Prinzip des Soseins der Wesen, weil er der unendliche Raum ist, der
überhaupt erst die Möglichkeit all der bestimmten endlichen Gestaltungen konstituiert. Gott
enthält die Fülle aller bestimmten Gestaltungen, die überhaupt möglich sind, in sich (ens perfectissimum): Iam vero lumine naturali manifestum est tantundem ad minimum esse debere
in causa efficiente et totali, quantum in eiusdem causae effectu; nam quaeso, undenam posset
assumere realitatem suam effctus, nisi a causa? et quomodo illam ei causam dare posset, nisi
etiam haberet? Hinc autem sequitur nec posse ... fieri ... quod magis perfectum est, ... ab eo
quod minus4. [Und: „offenbar sehe ich ein, daß mehr Sachgehalt in der unendlichen Substanz
3
„Existiert sie [die Ursache eines endlichen Wesens] aber kraft einer anderen Ursache, so wird es sich wiederum
ebenso von dieser anderen fragen, ob sie aus eigener Kraft oder kraft einer anderen existiert, bis man schließlich
zur letzten Ursache gelangt, die Gott sein wird“ (Descartes 1629, 90f [Meditationes III, 33])
4
„Nun ist aber schon durch das natürliche Licht offenkundig, dass mindestens genausoviel in der wirkenden und
vollständigen Ursache sein muss, wie auch in der Wirkung dieser Ursache ist; denn ich frage, woher denn die
Wirkung ihre Wirklichkeit hernehmen könnte, wenn nicht von der Ursache? Und wie die Ursache sie ihr [der
Wirkung] geben könnte, wenn sie selbst sie nicht ebenfalls hätte? Von daher aber folgt, dass nichts ..., was voll3
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als in der endlichen enthalten ist und daß demnach der Begriff des Unendlichen dem des
Endlichen, d. i. der Gottes dem meiner selbst gewissermaßen vorhergeht. Wie sollte ich sonst
auch begreifen können, daß ich zweifle, daß ich etwas wünsche, d. i. daß mir etwas mangelt
und ich nicht ganz vollkommen bin, wenn gar keine Vorstellung von einem vollkommeneren
Wesen in mir wäre, womit ich mich vergleiche und so meine Mängel erkenne?“ 5.[Einfügung gegenüber Huber 2006. Dort findet sich dieses Zitat in § 17]]
Hinsichtlich des Daseins wie auch des Soseins ist [also] das Endliche für sich selbst ungenügend und der Voraussetzung des Unendlichen (Gottes) bedürftig, d. h. kontingent (§ 17).
Dies ist der Grundgedanke der Gottesbeweise vom kosmologischen Typ.
[Neu gegenüber Huber 2006]
[[(3)-(2) Dieser beruht auf den zwei Grundprinzipien des Denkens: Gedacht und verstanden
ist nur, was sich nicht widerspricht (sonst ist es unmöglich und kann nicht sein: wo aber gar
nichts ist, da kann auch nichts gedacht und verstanden werden), und was einen zureichenden
Grund hat: ex nihilo nihil fit: was nirgendworaus folgt, ist nicht einfach deswegen schon da,
weil es sich in sich selbst nicht widerspricht.
[a]
So bedarf das Sein (das Insgesamt aller Seienden) einer ersten Ursache: Prinzip des
zureichenden Grundes6.
[b]
Ein unendlicher Regress widerspricht sich, weil in ihm zureichender Grund sein soll,
was doch nicht zureichend ist: Prinzip des Nichtwiderspruchs7.
Wozu bedarf es überhaupt zweier Prinzipien für Wahrheit? Das Nichtwiderspruchsprinzip
sollte doch genügen: Was sich widerspricht, muss falsch sein, und was sich nicht widerspricht, ist wahr. Nun das Erste stimmt in diesem Satz, das Zweite nicht. Was sich widerspricht ist falsch, aber nicht alles, was sich nicht widerspricht, ist deswegen auch schon wahr.
Was sich nicht widerspricht, ist nur möglich, d. h. von ihm ist nur wahr, dass es sein könnte,
nicht aber, dass es tatsächlich ist. Derselbe Möglichkeitsbezirk ist mit verschiedenen Wirklichkeiten kompatibel. Ganz elementar ist jede Möglichkeit mit Wirklichsein und Nichtwirklichsein verträglich. Des Weiteren ist jede Möglichkeit nicht nur mit Sein oder Nichtssein
überhaupt verträglich, sondern auch mit unterschiedlichen konkreten Wirklichkeiten kompatibel. Es würde sich widersprechen, dass Sokrates auf der Basis der physiologischen Gesetzmäßigkeiten, wie sie beim Menschen gegeben sind, über das Gefängnis fliegt. Es widerspräche den physiologischen Gesetzen aber weder, dass Sokrates aus dem Gefängnis hinausspaziert, noch widerspräche es ihnen, dass er darin ausharrt. Der Widerspruch sagt uns negativ,
was unmöglich ist; der Nichtwiderspruch sagt uns aber nicht positiv, was wirklich geschieht.
Er sagt uns nur, was möglich ist. Aber dieser Möglichkeiten sind viele, die einander ausschließen (im Gefängnis bleiben, daraus fliehen). Deshalb bedarf es neben dem Nichtwiderkommener ist, aus dem, was es weniger ist, entstehen kann“ (Descartes 1629, 72 [Meditationes III, 14])
5
manifeste intelligo plus realitatis esse in substantia infinita quam in finita, ac proinde priorem quodammodo in
me est perceptionem infiniti quam finiti, hoc est Dei, quam mei ipsius; qua enim ratione intelligerem me dubitare, me cupere, hoc est, aliquid mihi deesse, et me non esse omnino perfectum, si nulla idea entis perfectioris in
me esset, ex cuius comparatione defectus meos agnoscerem? (Descartes 1629, 82f [Meditationes de prima philosophia, III 24])
6
Leibniz: Monadologie, § 31; Prinzipien der Natur und der Gnade, § 8
7
Leibniz: Monadologie, § 32
4
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
spruchsprinzip, das uns die vielen Möglichkeiten zeigt, eines weiteren Prinzips, das uns zeigt,
welche eine dieser Möglichkeiten verwirklicht worden ist. Und dieses zweite Prinzip ist das
Prinzip des zureichenden Grundes. Zwischen den Möglichkeiten des Sokrates entscheidet ein
zureichender Grund: Sokrates hat einen Grund, zu bleiben. Dieser Grund ist für ihn überzeugend, also zureichend, und deswegen verwirklicht Sokrates die Möglichkeit des Ausharrens
im Gefängnis statt die Möglichkeit der Flucht.
(3)-(3) Der Satz vom Widerspruch führt nur auf Vernunftwahrheiten, der Satz vom zureichenden Grund hingegen auf Tatsachenwahrheiten. Vernunftwahrheiten sind notwendig
d. h. ihr Gegenteil ist unmöglich. Hier ist kein Raum für Freiheit. Tatsachenwahrheiten dagegen sind kontingent und ihr Gegenteil ist möglich.8 Hier bedarf es neben der bloßen Widerspruchsfreiheit eines zusätzlichen Agens, das zwischen den Möglichkeiten entscheidet. Somit
bedarf es etwas wie Freiheit. Das Prinzip des zureichenden Grundes strukturiert den Raum
der Möglichkeiten, und so ist es das Prinzip der Freiheit und der Auswahl. Gründe zwingen
den Handelnden nicht physisch, sondern durch Motive, d. h. durch Vorstellungen, in denen
Inhalte zwar wirksam sind, aber nicht unmittelbar, sondern in symbolischer Repräsentanz,
denen der Handelnde erst durch einen Willenakt den Einfluss auf die physische Maschinerie
des Körpers und der Physiologie eröffnen muss. Als Orest die Ermordung seines Vaters
Agamemnon an seiner Mutter Klytemnästra rächen wollte, wirkte das, was jene getan hatte,
mächtig in ihm. Es drängte ihn, das Beil zu nehmen und sie zu erschlagen. Aber das war kein
Nervenreflex, der unmittelbar die Hand Orests in Bewegung gesetzt hätte: die Rachebegier,
die im inneren Bild des erschlagenen Vaters in Orest gegenwärtig war, drängte zur Wirksamkeit, zwang aber nicht physisch. Orest hätte es – rein physiologisch – auch unterlassen können, die Mutter zu erschlagen. Aber er hatte einen zureichenden Grund, der ihn veranlasste,
seine Wahl zu treffen und dem Rachedrängen nachzugeben.
Zusatz: Das Kontingente ist das begründete Zufällige. Es könnte auch nicht sein, ist aber nicht ohne bestimmenden Grund. Dieser Grund gegeben, ist es notwendig. Dass der Grund gegeben ist – das freilich ist nicht
notwendig. Zufällig im strengen Sinn ist das völlig Grundlose.
(3)-(4) Auch in den kosmologischen Beweisen wird Gott nur durch einen gedanklichen
Schluss, eine gedankliche Vermittlung erreicht. Ist er also doch bloß gedanklich? Daher fragt
der ontologische Beweis, ob man nicht vom bloßen Gedanken aus zum wirklichen Sein Gottes gelangen könne, ob man nicht vom bloßen Gedanken Gottes aus sich seines wirklichen
Seins versichern könne. Ist der Gedanke des Urgrunds bloß ein Gedanke?]]
2. Ontologische Beweise
[(3)-(5) (89) Wenn Gottes Wesen das Sein einschließt, dann müsste im Wesensbegriff Gottes
das Sein Gottes immer schon mitgesetzt sein. Um Gottes Existenz zu beweisen, bräuchte
man daher nur seinen Begriff zu denken. Im Gedanken Gottes müsste notwendigerweise das
Sein Gottes mitgesetzt sein. Dies ist der Grundgedanke des ontologischen Gottesbeweises.
Wenn Gott einzig aus sich selbst existiert, dann muss er ein Wesen sein, das so beschaffen
ist, dass es das Sein nicht nicht in sich tragen kann. Wie aber ist eine derartige Beschaffenheit zu denken? Wie muss man den Begriff eines Wesens denken, dass es das Sein (die Existenz) in sich einschließt?
8
Leibniz: Monadologie, § 33
5
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[[2.1 Erster ontologischer Beweis]]
(3)-(6) (90) Erster ontologischer Beweis: Als All der Vollkommenheit (ens perfectissimum)
schließt Gott analytisch das Sein ein. Der Gedanke „All der Vollkommenheit“ enthält auch
das wirkliche Sein. Was es heißt, notwendigerweise zu sein, wird hier mit dem All der Vollkommenheit erklärt: Et certe id quo maius cogitari nequit, non potest esse in solo intellectu.
Si enim vel in solo intellectu est, potest cogitari esse et in re; quod maius est. Si ergo id quo
maius cogitari non potest, est in solo intellectu: id ipsum quo maius cogitari non potest, est
quo maius cogitari potest. Sed certe hoc esse non potest. Existit ergo procul dubio aliquid
quo maius cogitari non valet, et in intellectu et in re.9
[a]
Der logische Einwand gegen diesen Beweis besagt, dass hier nur das gedachte Sein
Gottes erschlossen werde, nicht aber das wirkliche. Dieser Einwand ist jedoch nicht
stichhaltig, denn, wenn er gälte, würde auch in allen anderen Fällen unser Denken uns
nichts über die Wirklichkeit, sondern nur über das Denken selbst sagen. Auch die
Notwendigkeit, dass ein Berg ein Tal bei sich führt, wäre dann nur eine gedachte: Aus
der Vorstellung des Berges würden wir bloß ein fiktives Tal herausanalysieren, aber
nichts über die Wirklichkeit des Berges und des Tales erfahren. Das aber ist absurd
(Huber 2006, §§ 32; 85 Zusatz).
[b]
Der empiristische Einwand gegen diesen Beweis besagt, dass Existenz keine Vollkommenheit ist: „Sein ist offenbar kein reales Prädikat, d. i. ein Begriff von irgend
etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen könne. ... Hundert wirkliche
Thaler enthalten nicht das Mindeste mehr, als hundert mögliche“10. Dieser Einwand
ist stichhaltig. Dass der Urgrund das Sein aus sich selbst hat, muss mehr bedeuten, als
dass er alle Vollkommenheiten oder Gestaltungen (alles „Was“) in sich hat. Denn
Sein/Existenz ist keine Vollkommenheit – keine bestimmte Seinsgestaltung – unter all
den anderen, sondern die Macht, die bewirkt, dass es überhaupt zu Vollkommenheiten
und Gestaltungen kommt. Sein/Existieren ist gar kein „Was“, sondern das „Dass“.
Sein/Existenz ist die über das Zustandekommen von Gestaltungen bestimmende
Macht und steht deshalb auf einer anderen Ebene als diese.
[[2.2 Zweiter ontologischer Beweis]]
(3)(7) (91) Zweiter ontologischer Beweis: Was Aus-sich-selbst-Sein (esse a se) heißt, lässt sich
also nicht mit dem Begriff des ens perfectissimum denken. Descartes hat daher ein anderes
Argument entwickelt11: Gott ist ein Wesen, welches notwendigerweise existiert (ens necessarium), weil er von ungeheurer, ja schlechthin höchster Macht ist und eine so große Macht
das Sein einschließen muss: „Und wenn wir aufmerksam prüfen, ob dem höchst mächtigen
Wesen das Dasein zukomme, ... werden wir klar und distinkt erfassen können, ... daß ihm das
mögliche Dasein zukommt ... Ferner können wir sein Dasein als ein mögliches nur denken,
indem wir zugleich, auf seine ungeheure Macht achtgebend, erkennen, daß es durch seine
9
„Und sicherlich kann das, über dem Größeres nicht gedacht werden kann, nicht im Verstande allein sein.
Denn wenn es wenigstens im Verstande allein ist, kann gedacht werden, daß es auch in Wirklichkeit existiere –
was größer ist. Wenn also das, über dem Größeres nicht gedacht werden kann, im Verstande allein ist, so ist
eben das, über dem Größeres nicht gedacht werden kann, [etwas] über dem [doch] Größeres gedacht werden
kann. Das aber kann gewiß nicht sein. Es existiert also ohne Zweifel etwas, über dem Größeres nicht gedacht
werden kann, sowohl im Verstande als auch in der Wirklichkeit.“ (Anselm 1962, 84-87 [Proslogion, Cap. II])
10
Kant III, 401 (Kritik der reinen Vernunft B 626f)
11
Henrich 1960. – Zum ontologischen Beweis vgl. auch Röd 1992 und Schmidt 2003, 106-145
6
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eigene Kraft existieren kann ... Und so werden wir einsehen, daß das notwendige Dasein in
der Idee des höchst mächtigen Wesens enthalten ist, und zwar nicht durch eine Erdichtung
unseres Verstandes, sondern weil das Dasein zur wahren und unveränderlichen Natur eines
solchen Wesens gehört“12.
Zusatz: Zuerst hatte Descartes versucht, die Notwendigkeit einfach wieder mittels des ersten ontologischen
Argumentes zu denken: Atqui ex eo, quod non possim cogitare Deum nisi existentem, sequitur existentiam a Deo
esse inseparabilem ac proinde illum revera existere; non quod mea cogitatio hoc efficiat, ... sed contra quia
ipsius rei, nempe existentiae Dei, necessitas me determinat ad hoc cogitandum: neque enim mihi liberum est
Deum absque existentia (hoc est ens summe perfectum absque summa perfectione) cogitare.13 – Wenn die Existenz aber keine Vollkommenheit ist (obgleich Descartes davon ausgeht: Meditationes V, 11), dann ist diese
Beweisführung nicht triftig. – Und so entwickelt Descartes die Variante des zweiten ontologischen Arguments,
welche die Notwendigkeit des Seinseinschlusses in Gott nicht durch Berufung auf Gottes Vollkommenheit,
sondern auf seine Macht begründet. Die Existenz ist, so gesehen, nicht einfach analytisch in den Vollkommenheiten Gottes enthalten, sondern liegt in der Macht, durch die sie zu den Vollkommenheiten synthetisch (als
Größe anderer Ordnung) hinzutritt. Die Macht ist nicht eine Vollkommenheit unter anderen, sondern die Kraft,
die bewirkt, dass überhaupt Vollkommenheiten existieren.
(3)-(8) (92) Was es heißt, notwendigerweise zu sein, sollte mit dem Begriff der höchsten
Macht erklärt werden. Das funktioniert jedoch nicht: „Höchste Macht“ ist bloß eine andere
Bezeichnung für eine Macht, die das Sein nicht außer sich haben kann. Aber warum kann sie
es nicht außer sich haben? Aufgrund welcher genauen Beschaffenheit hat diese Macht das
Sein zwangsläufig in sich? Genau diese innere Beschaffenheit der höchsten Macht kann jedoch nicht angegeben und beschrieben werden. Wir wissen nicht, wie eine Macht „funktioniert“, welche das Sein zwangsläufig in sich haben muss. Wüssten wir, wie ein Wesen zu
denken ist, damit es automatisch auch existiert, dann könnten wir selbst ein solches Wesen
durch bloßes Denken hervorbringen.
[c]
12
Der kritizistische Einwand hiergegen besagt, dass wir nicht verstehen, wie eine
höchste Macht es anstellt, des Seins mächtig zu sein. Wir sehen nicht, von welcher
Art eine „Natur“ sein muss, damit sie ein Wesen notwendig existieren lässt: „Die
ganze Schwierigkeit ... beruht darauf, daß es nicht möglich ist, den Begriff der absoluten Notwendigkeit eines Dinges zu bestimmen, das ist zu sagen, worauf seine Denkbarkeit beruhe“14. „Die absolute Notwendigkeit ist ein Grenzbegriff, [der] für sich
aber nicht eingesehen oder begriffen wird“15. Dico ergo quod haec propositio, Deus
est, quantum in se est, per se nota est: quia praedicatum est idem cum subiecto; Deus
enim est suum esse, ut infra patebit. Sed quia nos non scimus de Deo quid est, non est
nobis per se nota16. Dieser Einwand ist stichhaltig: Das ens necessarium ist unverzichtbar, lässt sich aber nicht positiv denken.] [Huber 2006, Ende]
Descartes 1972, 107f (Antwort auf die ersten Einwände gegen die Meditationes)
13
„Dagegen folgt daraus, daß ich Gott nur als existierend denken kann, daß das Dasein von Gott untrennbar ist
und demnach, daß er in Wahrheit existiert, – nicht als ob mein Denken dies bewirkte, ... sondern weil die Notwendigkeit der Sache selbst, nämlich des Daseins Gottes, mich zu diesem Gedanken bestimmt. Denn es steht
mir nicht frei, Gott ohne Dasein – d. h. das vollkommenste Wesen ohne höchste Vollkommenheit – zu denken“
(Descartes 1629, 120f [Meditationes V, 10)
14
Kant: Reflexion Nr. 6277 handschriftlicher Nachlass, zitiert nach Henrich 1960, 169
15
Kant: Reflexion Nr. 6278 handschriftlicher Nachlass, zitiert nach Henrich 1960, 161
16
„Daher sage ich, dass diese Aussage ‚Gott existiert’, was die Sache in sich selbst betrifft, einsichtig ist, weil
ja das Prädikat mit dem Subjekt identisch ist; Gott ist nämlich sein Sein, wie sich hernach zeigen wird. Aber
weil wir von Gott nicht wissen, was er ist, ist es für uns nicht einsichtig“ (Thomas von Aquin: Sth I, 2,1)
7
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
[[2.3 Was bedeutet der Gedanke „id quo maius cogitari nequit“?
(3)-(9) Harald Schöndorf SJ argumentiert17, der ontologische Gottesbeweis besage, dass das
Höchstdenkbare zugleich das Höchstwirkliche sein müsse. Denn zu behaupten, das Höchstdenkbare wäre bloß eine Fiktion (also nur höchstdenkbar, nicht höchstwirklich), hieße, als
höchsten Maßstab unseres Denkens nur das Denken selbst anzusehen. Es gäbe für unsere
Fiktionen kein Beurteilungskriterium außer dieser höchsten Fiktion selber, mithin also gar
keines. Es gäbe kein Kriterium für wahres (zutreffendes) und falsches (unzutreffendes) Denken. Alles Denken wäre nur noch beliebig (Schöndorf 1993, 997; 1001f). Das Argument lautet also: Jeder Gedanke, die Sphäre des Denkens insgesamt, kann wahr oder falsch sein. Das
Denken des Denkens (nicht dieses oder jenes einzelnen Gedankens) setzt somit notwendig
einen Bezug auf eine Sphäre außerhalb des Denkens, unabhängig vom Denken voraus.*
(3)-(10) Das Argument gilt natürlich nur für das Höchstdenkbare. Jedes Einzelgedachte hingegen kann Fiktion sein und kann als solche auch beurteilt werden (wenigstens prinzipiell), –
dies jedoch nur, falls es jenseits des Fiktionalen bzw. Bloß-Gedachten ein Höchstwirkliches
gibt. Indem wir die Falsifizierbarkeit von Fiktionen und/oder ihre Erkennbarkeit als Fiktionen
annehmen, setzen wir in der Tat eine Sphäre jenseits der Fiktionalität – die Sphäre des wirklichen Seins, die Sphäre dessen, was nicht nur fingiert ist und lediglich in sich selber kreist,
sondern auf Wirkliches zutrifft – mithin ein Höchstwirkliches voraus.
(3)-(11) Demnach besagt das ontologische Argument, dass der Anspruch, wahr oder falsch
zu denken, eine Sphäre voraussetzt, die nicht selber bloß wieder Denken ist, sondern von
diesem unabhängig zustande kommt und Bestehen hat. Nichts Einzelnes, was wir als in seiner
Art Höchstdenkbares denken (etwa die glückseligste Insel), muss deswegen auch existieren.
Die Tatsache aber, dass so etwas wie Wahrheit überhaupt stattfinden kann (wenn auch jede
einzelne Aussage falsch sein kann), setzt voraus, dass das Denken überhaupt etwas voraussetzt, das unabhängig vom Denkens besteht, und worauf es zutreffen kann oder nicht. Nicht
dieser oder jener einzelne Gedanke (Begriff) muss auch existieren. Der „größte“ Gedanke
jedoch, der die Totalität aller Gedanken und die Tatsache18 denkt, dass jeder Gedanke wahr
oder falsch sein kann, – dieser alle Gedanken umfassende Gedanke schließt die Sphäre des
Nicht-bloß-Gedachten zwangsläufig ein. Dieser Gedanke, „über den kein größerer gedacht
werden kann“, weil er ja alle Gedanken umfasst –, dieser Gedanke schließt auch das Nichtbloß-Gedachte ein. Das Höchstdenkbare muss tatsächlich als das Höchstwirkliche gedacht
werden, weil ohne Außerdenkbares das Denkbare weder wahr noch falsch sein könnte.**
(3)-(12) Der Gedanke, dass jeder Gedanke wahr oder falsch sein kann, „macht eine Aussage
über die Beziehung unseres ganzen Denkens zur Wirklichkeit“ (Schöndorf 1993, 1003). Daher kann er selber nicht am Nichtgedachten verifiziert werden, „da wir das grundsätzliche
Verhältnis unseres Denkens zur Wirklichkeit nie an Hand irgendwelcher Einzelerfahrungen
feststellen können“ (Schöndorf 1993, 1003). Der Gedanke des Höchstdenkbaren, wenn er das
Höchstwirkliche einschließt, ist so gesehen „bloß ein Gedanke“. Aber es ist kein einzelner
Gedanke, kein einzelner von einem empirischen Subjekt vollzogener Denkakt, der das, wo17
Schöndorf 1993, 991-1003
18
„Wovon das ontologische Argument ausgeht, ist also nicht ein bestimmter Begriff, den man denken oder nicht
denken könnte, sondern die Tatsache (!), daß es etwas gibt, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden
kann“ (Schöndorf 1993, 1003). Das „Größte“ ist eine „Existenz- und Wahrheitsordnung“, die nicht bloß gedacht sein kann, weil sie unserem Denken – sofern dieses wahr oder falsch sein kann, also sich nicht in eigener
Beliebigkeit genügt – „vorgeordnet ist“; andernfalls wären „wir selbst ... der Maßstab aller Wirklichkeit und
unser Denken wäre größer als die Wirklichkeit selbst“ (Schöndorf 1993, 1002). „Größer“, d. i. maßgeblicher.
8
* Und so ist
Gott größer
als gedacht
werden kann:
quiddam
maius quam
cogitari
possit
(Proslogion
XV),
das
Unvordenkliche, das, was
das Denken
nicht selbst
konstituieren
kann.
**
Das
Denken
selbst wäre
sein eigener
Maßstab:
creatura ...
judicaret de
creatore
(Proslogion
III).
Unser
Denken wäre
sein eigener
Richter
hinsichtlich
Wahrheit,
weil es selbst
Schöpfer der
Wahrheit
wäre. Schöpfer
der
Wahrheit zu
sein,
heißt
aber, dasjenige zu setzen,
was Denken
selbst nicht
setzen (konstituieren)
kann. Das ist
absurd: Das
Denken
müsste
dasjenige
setzen, was
Denken nicht
setzen kann.
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
rauf er sich bezieht, verfehlen (und also bloß fiktional sein) kann, sondern es ist der Gedanke
über die Natur von Gedanklichkeit überhaupt, ein Gedanke, der nicht von uns als empirischen
Subjekten erst ersonnen und gesetzt wird, sondern der mit dem Denken selber immer schon
mit- und vorausgesetzt ist. Er ist ein unabhängig von unserem Denkvollzug bestehender Gedanke – unabhängig in dem Sinn, dass er von selbst im Denken zustande kommt, wenn das
Denken sich selber denkt in seiner Eigenschaft, wahr oder falsch sein zu können.
(3)-(13) Das ist es wohl, was Thomas meint, wenn er sagt, Gottes Dasein sei secundum se
evident (per se notum), nicht jedoch quoad nos. Es hängt nämlich nicht von uns ab, uns einen
Gedanken auszusinnen, der nicht bloß Denken ist; all unsere Gedanken können bloße Fiktionen sein. Der einzige Gedanke des wahren oder falschen Denkens aber kann von sich her
nicht „bloß Denken“ sein, weil er die Idee des Kriteriums mit sich führt, an dem sich das
Denken bewähren und das deshalb außerhalb des Denkens stehen muss. Dieser Gedanke ist
der Gedanke von dem, was das Denken insgesamt (also alle und jeden einzelnen Gedanken,
die Totalität aller Gedanken) erst zum Denken macht – also zu einer Repräsentation macht,
die zutreffen (wahr sein) oder nicht zutreffen (falsch sein) kann.
(3)-(14) Wie wir denken müssten, damit nicht nur eine Repräsentation entsteht, die auf ein
Außerhalb des Zutreffens oder Nichtzutreffens verweist, sondern damit das Außerhalb selbst
damit gesetzt wäre, das vermögen wir nicht zu wissen. Anders gesagt: Wir können keinen
Gedanken denken, der in sich selbst Denken und Sphäre des Zutreffens wäre, sondern wir
vermögen immer nur Gedanken zu denken, während wir die Sphäre, in der sie zutreffen,
immer nur voraussetzen können. Wir können nichts so denken, dass es allein durch unser
Denken kein bloßer Gedanke wäre. Unser Denken muss etwas voraussetzen, das es aus sich
selbst nicht setzen, sondern nur voraussetzen kann als etwas, das nicht aus uns (quoad nos),
sondern nur aus jenem Vorausgesetzten selbst (secundum se) zustande kommt und besteht.
(3)-(15) Wir vermögen zu denken innerhalb des vorausgesetzten Raums des Zutreffens oder
Nichtzutreffens. Aber wir vermögen diesen Raum nicht durch unser Denken aufzuspannen.
Denkend setzen wir ihn (als das „Außen“ des Denkens, auf das es als wahrheitswertiges bezogen ist) voraus, er entsteht nicht durch unser Denken, wird nicht durch unser Denken gesetzt. Wenn wir das „Außen“ bloß durch unser Denken setzen würden, wenn es bloß durch
unser Denken zustande käme, kreiste unser Denken nur in sich selbst und hätte keinen Maßstab des Wahren und Falschen, alles wären nur seine Setzungen, mit denen es beliebig schalten kann und die es an nichts messen lassen müsste, das von seinen Setzungen unabhängig
wäre. Unser Denken als Raum des Wahren und Falschen ist nicht durch sich selbst konstituiert. Auf diesen fremden, unabhängigen konstituierenden Grund, den unsere Fiktion als nichtfingiert voraussetzen muss, wenn sie Fiktion von Nichtfiktion (Falschheit von Wahrheit) unterscheiden will, – auf diesen Grund zielt Anselms id quo maius cogitari nequit.
(3)-(16) Das Denken, insoweit es Denken ist, d. h. wahr oder falsch sein kann, setzt notwendig ein Außen voraus, auf das es zutreffen oder nicht zutreffen kann. Notwendig, weil es
sonst nicht Denken wäre (sondern bloß haltlose Fiktionalität). Wir vermögen mittels unseres
Denkens nur Gedanken zu erzeugen, nicht aber das Denken selbst. Das müssen wir (samt
seinem „Außenraum“ des Zutreffenkönnens) wir immer schon voraussetzen. Wie wir den
Gedanken des Denkens selbst denken müssten, damit wir sehen würden, wie der von uns
immer nur vorausgesetzte „Außenraum“ sich notwendig – d. h. einfach dadurch, dass wir
„Denken“ denken – erzeugt, das wissen wir nicht und können wir nicht wissen. Darauf zielt
Kants „kritizistischer“ Einwand.
9
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
III. Reformulierung des ontologischen Gottesbeweises
1. Schellings Kritik an der Metaphysik
(4) Damit zeigt sich als Ergebnis der klassischen Philosophischen Theologie: „Nicht mit dem
wirklich Existirenden, mit dem existiren Könnenden beschäftigt sich die rationale Philosophie“ (O I, 155). Das ist das Resultat der rationalen Philosophie überhaupt. Philosophische
Theologie ist ja nämlich nicht eine Teildisziplin der Philosophie (sodass sie hier bloß Gedanken, dort aber das wirkliche Sein erreicht), sondern in der Philosophischen Theologie resümiert sich die gesamte Philosophie, da in Gott eben das All der Realität, also aller Inhalt aller
philosophischen Disziplinen gedacht wird und gemeint ist. Es gilt immer nur: Gott muss als
seiend gedacht werden, aber er ist nur in dem Fall, dass er ist: „Aus dem Wesen, aus der Natur, aus dem Begriffe Gottes (dieß sind nur gleichbedeutende Ausdrücke) folgt in Ewigkeit
nicht mehr als dieses: daß Gott, wenn er existirt, das a priori Existirende seyn muß, anders
kann er nicht existiren; aber daß er existirt, folgt daraus nicht“ (O I; 156). Negative Philosophie hat das Letzte, das Höchste (eben Gott) nur im Begriff, nur im Denken, nur als Was
oder Wesenheit (als perfectiones, realitates, essentiae, qualitates, allgemeine Gedankenbestimmungen). Nicht aber als existierend, nicht als existierendes Einzelwesen. Die Existenz
wird erschlossen aus dem Begriff, von dem jene Philosophie ausgeht (id, quo maius cogitari
nequit; höchste Macht; absolute Notwendigkeit), was sie aber nicht positiv denken kann. Ein
Begriff existiert nicht in dem Sinn, dass er sich selber denkt (er wird gedacht); aus den Bestimmungen eines Begriffs kann nicht auf gedanklich zwingende Weise zum Existieren (vom
Gedacht-Werden nicht zum Sich-selber-Denken) übergegangen werden. Wir wissen nicht,
welche Begriffe wir wie denken müssen, damit sie durch dieses Denken gleichzeitig reale
Existenz besitzen (anfangen, sich selber zu denken). Der ontologische Beweis geht über vom
Denken zum Sein. Der Begriff ist immer etwas, das außer dem Denken bloß sein kann. Anselm und Descartes glaubten, den Begriff so denken zu können, dass er aus dem Denken heraustreten müsse. Aber tatsächlich blieb er doch nur darin, bei allem Denken kam kein Sein
heraus, sondern nur gedachtes Sein. Das Denken schließt im Gottesbegriff an sich notwendig
das Sein ein (quantum in se, bei Thomas), aber dieses „Notwendig“ vermögen wir nicht zu
denken – wir vermögen es nicht sozusagen effektiv zu denken, also so, dass das, was wir
denken, tatsächlich auch gegeben ist, nämlich die Einheit von Denken und Sein (non est nobis per se nota, Sth I, 2, 1). Das notwendige Sein kann ja kein Begriff sein, der außer dem
Denken bloß sein kann, sondern der außer dem Denken sein muss (O I, 148). Das aber bedeutet, dass wir den Begriff „Notwendig-Sein“ (necessiter esse) nur dann richtig denken,
wenn das gedachte Sein nicht bloß ein Begriff, sondern real existierend ist. Das aber vermögen wir nicht, durch Denken Sein (d. i. das Sich-selber-Denken des Gedachten) zu erzeugen.
Zusatz: Der kritizistische Einwand findet sich bei Schelling folgendermaßen: „Niemand z. B. der den aristotelischen Beweis, daß die Ursachen nicht ins Unendliche fortgehen können, weder der Zahl noch der Art nach,
kennen gelernt, wird das kosmotheologische Argument falsch finden, wenngleich es für sich unzureichend ist,
weil es, wie Kant sagt, das ontologische Argument herbeirufen muß, eigentlich aber, weil es nur bis zum Princip
führt, die Natur des Princips selbst aber nicht durch solche vermittelte Erkenntnis, sondern nur durch unmittelbare Vernunftberührung zu erkennen ist“ (M I, 359). Das kosmologische oder kosmotheologische Argument
führt zu einem Seinsgrund, dessen inneres Wirken nicht erfasst ist, denn wir schließen nur aus der Wirkung auf
das Dass der Ursache, kennen aber nicht ihr Wie (so wie wir im Computer den Techniker erkennen, der ihn
gemacht hat, ohne ihn innerlich, d. h. ohne seine technische Kunst zu kennen, denn sonst könnten wir den Computer selber machen). Wir müssten mit unserer Vernunft (dem Organ des „Vernehmens“) das innere Wirken
dieses Urgrund „berühren“, um seiner eigenen inneren Natur und Wirkweise inne zu werden. Der ontologische
Beweis meint, dies leisten zu können: Der Begriff des vollkommensten oder des mächtigsten Wesens schließe
das Sein ein. Das vollkommenste oder mächtigste Wesen zu denken, schließe dessen Existenz ein. Tatsächlich
aber können wir denken so lange und so viel wir wollen, aus allem Denken springt niemals ein tatsächliches
Sein heraus. Der ontologische Beweis ist eben keine „unmittelbare Vernunftberührung“ mit dem Wesen und
Wirken Gottes, sondern führt nur „bis zum Princip“, bis zu Gott, aber nicht in seine innere Natur hinein.
10
Nur als
gedacht,
nicht als
sich
selber
denkend.
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
(5) Ausgangspunkt kann daher, Schelling zufolge, nicht der Begriff Gottes sein, sondern nur
das Sein Gottes, die Existenz. Mit dieser können wir anfangen. Denn, was kein Begriff ist
(kein Was), sondern nur Existieren, das bedarf keines Beweises als eines Übergangs von
einem Begriff zu dem von ihm verschiedenen Sein oder Existieren. Kein Gottesbegriff (id,
quo maius cogitari nequit; höchste Macht; absolute Notwendigkeit) ist synonym mit „Existieren“. Er schließt es als Definiens zwar ein (Gott ist definitionsgemäß der, welcher nicht nicht
existieren kann), ohne dass wir aber verstehen und denken könnten, wie das geschieht. Es
bleibt daher immer zweifelhaft, ob und wie dieser oder jener Begriff ein existierender ist.
Allein die Existenz selbst ist zweifellos. Wenn ich nur Existieren denke, bedarf es nicht
erst eines Übergangs zur Existenz: „bei dem man sonst weiter an nichts denkt, als daß es
eben das Existirende ist“ (O I, 156). „Ich bitte, wohl zu bemerken: der Ausgangspunkt ist nur
das nothwendige Seyende, ich sage nicht: das nothwendig seyende Wesen, dieß wäre schon
zu viel gesagt; es soll eben bei diesem nothwendig Seyenden an nichts als nur an das Existiren gedacht werden. Bis zu diesem Begriff nun des nothwendigen, allem Begriff voraus
Existirenden kann auch die negative Philosophie noch gelangen“ (O I, 160). Dahin gelangte
Descartes mit seiner „reinrationalen“ Reflexion: Wenn Denken ist, dann ist etwas: cogito,
ergo sum. Denn das Denken selbst ist ja. Aber damit ist nur das Denken überhaupt, nicht
jedoch irgendetwas Bestimmtes (Ich oder Gott), als seiend bewiesen – alles bestimmt gedachte Etwas kann nämlich Täuschung sein. Das „notwendig-Existieren“ ist ein Begriff, der
kein Begriff ist, kein Allgemeines, kein bestimmtes Etwas, keine bestimmte Eigenschaft, die
mehreren zukäme, sondern das reine Existieren, das reine Dasein von etwas, dem überhaupt
erst Bestimmtheit und Eigenschaften zukommen können, ein Dasein noch ohne alle Bestimmtheit und Eigenschaften, bloß Dasein. Hier müssen wir auch nicht verstehen, wie ein
solches „notwendig“-Existieren funktionieren kann, denn wir denken ein Existieren ohne
alles Weitere, d. h. ohne irgendeine weitere Möglichkeit dabei mitzudenken. Wir denken gar
keine Möglichkeit des Nichtexistierens und müssen deshalb auch nicht erst beweisen, dass
und wie der Ausschluss dieser Möglichkeit positiv vom Denken zu bewerkstelligen sei. Wir
denken gar nicht die Alternative Existenz und Nichtexistenz, um sodann zeigen zu müssen,
wie es zur Entscheidung zum Sein und zum Ausschluss des Nichtseins kommt (wodurch das
notwendige Existieren erreicht wäre), sondern wir denken nur das eine Horn der Alternative.
(6) Dazu sind wir berechtigt, weil die Alternative selbst das Bestehen dieses einen Horns voraussetzt. Ohne dieses eine Horn (Sein), gäbe es die ganze Alternative nicht, denn dann wäre
nur das andere Horn: Nichts. Sobald es etwas gibt, gibt es dieses eine Horn: Sein, Existieren.
Dieses eine Horn ist aber außer der Alternative zu denken, wenn es die Alternative selbst in’s
Dasein setzt. Ein Sein, das nur die eine Möglichkeit neben dem Nichts ist, wäre eben kein
Sein, sondern nur ein Seinkönnen (oder Nichtseinkönnen) kein wirklich-Sein. Was allem
Sein zugrunde liegt, „was vor und über dem Seyn ist“ (O I, 240), das darf nicht das Seinoder-Nichtsein-Können sein, sondern muss etwas sein, was nur und ausschließlich sein kann.
Anders wäre es nur die Möglichkeit zum Sein (es hätte zwei Möglichkeiten: Sein und Nichtsein), d. h. es wäre wieder außerhalb des Seins (zwischen Sein und Nichts) und nie wäre zu
verstehen, wie es in das Sein gelangen sollte (es könnte nie ein Sein geben). Wenn Sein sein
soll, muss es natürlich möglich sein: vor und über dem Sein liegt daher das Seinkönnende.
Aber diese Möglichkeit darf keine gleichwertige Alternative neben dem Nichts sein, denn
dann gäbe es keinen Grund, dass es tatsächlich zum Sein kommt: „Die letzte Frage ist immer: warum ist überhaupt etwas, warum ist nicht nichts? Auf diese Frage kann ich nicht mit
Abstraktionen von dem wirklichen Seyn antworten“ (O I, 242). Wenn das Sein wirklich sein
soll, muss es so möglich sein, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt. Es muss etwas sein,
das ausschließlich sein kann: Es muss das unbedingte Seinkönnende (O I, 205) sein, das ohne
11
Notwendiges Sein
bei Kant.
O I, 164169
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
alles Weitere in’s Sein übergeht; das übergeht in das Sein, ohne dass irgendetwas geschehen
oder dazukommen müsste. Das unbedingt Seinkönnende ist immer schon in das Sein übergegangen – denn „es ist das, was unbedingt und ohne weitere Vermittlung a potentia ad actum
übergehen kann“ (O I, 205).
(7) Wenn es dasjenige nicht gäbe, das nicht mehr in’s Sein erst übergeht, sondern immer
schon übergegangen ist – was die Metaphysik Gott nennt –, dann hätten wir gar kein Sein,
weil wir keinen Urgrund des Seins, sondern nur immer neue Begründungsbedürftige hätten.
Insoweit hat der kosmologische Beweis völlig recht. Ohne „erstes Daß“ (M I, 564), d. h.
ohne dieses reine „Dass“, das alle Kraft des Existierens vollständig in sich enthält – das nicht
Pferdsein, Baumsein oder Menschsein ist, sondern die ganze Kraft zu sein überhaupt, die in
all diesen Spielarten nur begrenzt und teilweise am Werk ist –, ohne dieses reine „Dass“ gäbe es gar nichts, keine bestimmten „Dass“ (d. h. keine „Dass“, die ein „Was“ sind). Sobald
überhaupt etwas ist, ist auch das reine „Dass“. Das reine „Dass“ aber ist notwendiges
Sein, denn als reines „Dass“ ist es gar nichts anderes, als nur „Dass“ und deswegen ohne die
Möglichkeit des Nichtseins: das reine „Dass“ ist notwendig Sein. Sobald daher überhaupt
etwas ist, ist auch notweniges Sein. Und darin liegt nun die Lösung des Problems, das der
ontologische Beweis darstellt: Nicht das Sein des Begriffs Gottes muss bewiesen werden,
sondern umgekehrt muss bewiesen werden, dass das notwendige Existieren Gott ist. Das
notwendige Existieren selbst ist der unproblematische Ausgangspunkt: „Nicht das absolute Prius selbst soll bewiesen werden ..., sondern ... die Gottheit jenes Prius – daß es Gott ist
und also Gott existirt“ (O I, 129). Die Philosophie ist jetzt „positive Philosophie“, weil sie
sich nicht (wie die negative) nur um einen Begriff dreht, um den bloßen Begriff Gottes, aus
dem erst zum Sein gekommen werden muss. Der positiven Philosophie ist es nicht „nur um
die Möglichkeit (das Was) zu thun“ (M I, 563), sondern sie geht aus von der Existenz, von
„dem actu Actus-Seyn des in der ersten Wissenschaft“ – der negativen Philosophie – „als
nothwendig existirend im Begriff (als natura Actus seyend) Gefundenen“ (M I, 564). Im Gottesbegriff wurde das unbedingte Existieren (§§ 5f) gemeint. Falsch war aber, dass zuerst Gott
gedacht wurde und das notwendige Sein daraus abgeleitet werden sollte. Das notwendige
Sein ergibt sich aus der Tatsache des kontingenten Seins, der Welt, des endlichen Seins, der
unmittelbaren, alltäglichen Erfahrung, nicht aber aus dem Begriff Gottes (§ 6). Das notwendige Sein haben wir als Quelle im kontingenten Sein impliziert – unabhängig vom Begriff
Gottes. Vom Sein aus kommen wir zu Gott, statt wie der ontologische Beweis umgekehrt.
Zusatz: Schelling erhebt also nicht den logischen Einwand. Er anerkennt, dass „die Gesetze des Denkens Gesetze des Seyn sind, und nicht, wie nach Kant so allgemein geglaubt worden, die bloße Form, sondern den Inhalt
der Erkenntniß bestimmen“ (M I, 303). Er geht aus vom reinen „Dass“ (nicht vom „Was“ – nicht vom Begriff
Gottes, sondern vom Begriff des Existierens). Das gedachte „Dass“ ist für ihn wirkliches „Dass“, weil es nur
als „Dass“ gedacht wird: „Versteht man aber unter dem ex cujus essentia sequitur existentia eben nur das
nothwendig Existirende selbst, soweit es nämlich nichts ist als dieses, bei dem man sonst weiter an nichts denkt,
als daß es eben das Existirende ist, so bedarf es für dessen Existenz allerdings keines Beweises; es wäre Unsinn,
von dem, was eben nur als das im verbalen Sinn Existirende gedacht worden ist, beweisen zu wollen, daß es
existirt“ (O I, 156). Das Denken selbst ist Sein (Descartes’ cogito, ergo sum).
Es gibt aber keinen gedanklich zwingenden Übergang vom „Was“ (vom Gottesbegriff) zum „Dass“. Gäbe es
diesen zwingenden Übergang, dann wäre der ontologische Beweis bei Anselm und Descartes schlüssig und das
in ihm Gedachte zugleich ein Wirkliches. So aber ist er es nicht – letztlich wegen des kritizistischen Einwands
(§ 4 Zusatz). Schelling leugnet nicht, dass das Denken die Wirklichkeit selbst artikuliert (er ist ja Idealist), aber
er leugnet, dass der ontologische Beweis dieses Denken richtig vollzieht. Der Mangel des ontologischen Beweises ist nicht der Mangel des Denkens, den notwendigen Einschluss des Seins im Begriff Gottes zu deneken,
sondern der Mangel liegt darin, dass das Denken diesen Einschluss nur denken, nicht aus sich selbst heraus Sein
erzeugen kann: es kann den Gottesbegriff nur denken, nicht aber ihn so denken, dass er sich selbst dächte.
Gaunilo sagte in etwa: Das ontologische Argument ist richtig gedacht, aber es ist eben nur gedacht. Schelling
(und Thomas) stimmen dem zu: Das ontologische Argument erreicht einen richtig gedachten Gott, aber eben
einen gedachten, nicht einen realen, d. h. sich selber denkenden.
12
O I, 167f
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
Das von uns Gedachte ist kein Sich-selber-Denkendes, kein Reales. Gott hingegen denkt das von ihm Gedachte so, dass es sich selber denkt. Wenn wir ein Sich-selber-Denkendes denken, bleibt dies unser Denken. Wenn
Gott ein Sich-selber-Denkendes denkt, entzündet sich darin das eigene Denken des von Gott Gedachten. Das
ontologische Argument erreicht in unserem Denken (quoad nos) das Sein nicht (unser Denken vermag sichselberdenkende Gedanken nicht in Gang zu setzen), Gott selbst (secundum se) erreicht es.
(8) Der kosmologische Beweis hat recht damit, dass wir ein notwendiges Sein annehmen
müssen. Aber er hat unrecht, wenn er das notwendige Sein durch ein Aufsteigen vom endlichen Sein beweisen will. Dann ist das notwendige Sein nämlich nicht notwendig, es besteht
nicht, weil es selbst bestehen muss, sondern es besteht nur, weil und insofern das endliche
Sein ist; es ist dann nicht unbedingt, sondern es ist nur unter der Bedingung, dass das endliche ist. Wir kommen auf den Gedanken des unbedingten, notwendigen Seins zwar nur
vermittelst des endlichen Seins. Aber wir denken darin ein Sein, das unabhängig von
aller Bedingung und allem endlichen Sein ist. Der Erkennungszusammenhang widerspricht
dem Begründungszusammenhang. Die Erkenntnis des notwendigen Seins ist im endlichen
Sein begründet. In seiner tatsächlichen Begründung aber (nicht in der unseres Erkennens) ist
das notwendige Sein nur in sich selbst begründet: „Kant ... hat wohl Recht, auf den kosmologischen, regressiv von Bedingung zu Bedingung zum Unbedingten aufsteigen wollenden Beweis seine Kritik anzuwenden; aber der geradezu, der unmittelbar gesetzte Begriff des
nothwendig Existirenden ist eben der alle Kritik ausschließende“ (O I, 166). Wir setzen diesen Begriff vermittelst unserer Erfahrung von Sein, und so scheint es, als würde das unbedingte Sein vom erfahrenen endlichen Sein getragen: „Ich muß immer zuerst irgend eine
Wirklichkeit zugeben, ehe ich auf jenes abstrakte Seyende kommen kann“ (O I, 242). Dadurch
eben entsteht der falsche Anschein: „Anstatt also, wie es den Anschein haben konnte, daß das
Wirkliche durch jenes abstrakte Seyende begründet sey, ist vielmehr dieses abstrakte Seyende
nur begründet durch das Wirkliche“ (O I, 242). Tatsächlich aber verlassen wir hier das erfahrene, endliche Sein und Wirkliche, indem wir im unendlichen Regress sehen, dass wir mit
ihm nicht zu der gesuchten Begründung kommen. Wir springen aus der Erfahrungsreihe heraus und bilden Begriff eines von allen Begründungen – auch dem Erfahrungsregress – unabhängigen, notwendigen Seins, das nicht ist, weil etwas anderes ist, sondern das einfach ist,
weil es ist; das ist und nur ist, sonst nichts: keine Begründung, keine Abhängigkeit: „er geradezu, der unmittelbar gesetzte Begriff des nothwendig Existirenden“ (O I, 166).
2. Ziel und „Argumentationsweise“ der positiven Philosophie (O I, 129)
(9) Ich versuche, den Gedanken Schellings noch einmal auf einen möglichst verständlichen
Zusammenhang zu bringen. Die Metaphysik (der Rationalismus, die negative Philosophie)
erschließen das notwendige Sein als die Voraussetzung des wirklichen endlichen Seins. Dieses Sein denken sie gleich als Gott – als Begriff Gottes (omnitudo realitatis, ungeheuere
Macht) –, aber damit sind sie eben nicht mehr beim Sein, beim wirklichen Sein, sondern bei
einem Begriff, also einem bloß möglichen Sein. Von einem Begriff aus erreichen wir nie das
Sein, und daher scheitert die Metaphysik, die negative Philosophie: „Alles folgt ... bloß modo
aeterno, ewiger, d. h. bloß logischer Weise, durch immanente Bewegung“ (O I, 124), durch
Bewegung im Begriff, nicht in der Wirklichkeit. Das Sein müssen wir voraussetzen – und
zwar das notwendige, d. h. das nicht bloß seinkönnende, sondern das seinmüssende Sein –
aber nicht Gott. Dass dieses notwendige Sein (dessen inneren Selbstvollzug wir nicht kennen) tatsächlich Gott ist, d. h. dasjenige, was alle Wesenheiten, essentiae, Möglichkeiten,
realitates, qualitates, wie wir sie kennen, in sich enthält und in das Dasein bringt – dass dieses notwendige Sein Gott als die omnitudo realitatis ist, das ist zu beweisen und zu zeigen.
Aber wie? Wie kann man zum Beweis gelangen, dass jenes absolute Prius Gott ist? Dies sind
zwei Fragen. Erstens: Was verstehen wir unter Gott? Und zweitens: Wie beweisen oder
13
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
zeigen wir, dass jenes „unbedingte Seinkönnen“ dieser Gott ist?
[a]
Die Antwort auf die erste Frage kennen wir positiv, erfahrungsmäßig, aus den Religionen: mit „Gott“ meinen wir denjenigen, der „sich als wirklichen (existenten) Herrn
des Seyns (der Welt), als persönlichen, wirklichen Gott erweist“ (M I, 564). Das
schließt dreierlei ein, und dies dreierlei behaupten Religionen, nämlich
[a-a] dass es diesen Herrn wirklich gebe („wirklich“, „existent“),
[a-b] dass er nach seinen Absichten und seinem Willen die ganze Welt, das ganze
Sein lenke („Herr“, „persönlich“),
[a-c]
[b]
und dass er seine Absichten und deren Durchführung den Menschen kundtut,
d. h. die Absichten offenbarend mitteilt und ihre Durchführung sichtbar vollbringt („erweist“).
Der „Argumentationsgang“ (O I, 129), der, auf die zweite Frage antwortend, die
Gottheit des notwendigen Existierens beweisen soll, geht aus vom notwendigen Existieren, also von dem als notwendig existierend Gefundenen der Metaphysik oder negativen Philosophie, das noch nicht als Gott bezeichnet werden kann (§ 7). Dieses
notwendige Existieren hat die Philosophie „zuerst nur als reines Daß ..., von welchem
zum Begriff, dem Was (dem Seyenden) fortgegangen wird, um das so Existirende bis
an den Punkt zu führen, wo es sich als wirklichen (existenten) Herrn des Seyns (der
Welt), als persönlichen, wirklichen Gott erweist“ (M I, 564). „Ich kann also zwar
nicht vom Begriff Gott ausgehen, um Gottes Existenz zu beweisen, aber ich kann vom
Begriff des bloß unzweifelhaft Existirenden ausgehen und umgekehrt die Gottheit des
unzweifelhaft Existirenden beweisen. Ist nun die Gottheit das Was, das Wesen, die Potenz, so gehe ich hier nicht von der Potenz zum Seyn, sondern umgekehrt vom Seyn
zum Wesen, das Seyn ist hier prius, das Wesen posterius“ (O I, 159).
(10) Der „Argumentationsgang“ (O I, 129) verläuft also vom „Dass“ zum „Was“, vom wesenlosen „Dass“ des notwendigen Existierens zum alle Wesenheiten einschließenden „Was“
der omnitudo realitatis bzw. des ens realissimum, und zwar in folgenden Schritten:
[a]
Es wird zuerst der Begriff des Prius näher entwickelt, indem man ihn auf eine mögliche Folge hin konzipiert. Das Prius ist das reine „Dass“ des Seins oder Existierens,
das „Ueberseyende“, weil es über allen bzw. jenseits aller Wesensbestimmungen
(jenseits von allem „Was“) steht. „Wir werden also sagen: das Prius, dessen Begriff
dieser und dieser (der des Ueberseyenden) ist, wird eine solche Folge haben können
(wir werden nicht sagen: es wird nothwendig eine solche Folge haben, denn da fielen
wir wieder in die nothwendige, d. h. durch den bloßen Begriff bestimmte Bewegung
zurück, wir werden nur sagen dürfen: es kann eine solche Folge haben, wenn es will,
die Folge ist eine von seinem Willen abhängige)“ (O I, 129; vgl. O I, 169). Auf welche mögliche „Folge“ hin kann man den Begriff des reinen „Dass“ konzipieren wollen? Nun, eben auf dies hin, dass das notwendige Sein möglicherweise ein kontingentes Sein setzen könnte. Wie kommt man gerade auf diese Folge? Aus unserer Erfahrung, die uns eben ein kontingentes Sein erleben lässt.
Wie aus dem notwendigen Ursein ein kontingentes Sein folgen könnte, das lässt sich
nun nicht aus dem Begriff des Notwendigen erdenken, denn Denken kann denkend
14
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
kein Sein zu Stande bringen: es gibt keinen denkerisch zwingenden Übergang vom
Denken zum Sein (kritizistischer Einwand). Weil der Gedanke des Notwendigen nicht
unmittelbar ein Sein setzt, kommt Gott, wenn er sein eigenes Notwendigsein denkt,
nicht zwangsläufig zum kontingenten Sein einer Welt. Sein kommt in keinem Fall
durch Denknotwendigkeit zustande, sondern entweder ist es unmittelbar und notwendig (wie das Prius, das wir als Quelle allen Seins voraussetzen müssen) oder es
kommt durch eine nicht notwendige freie Setzung zustande. (Auch ein zufälliger
Übergang vom „Dass“ zu den „Was“ scheidet aus, weil Zufall die Stabilität der aus
dem Übergang resultierenden Identitäten nicht begründen kann [vgl. 10.5]).
-
Nur was das Gaukelbild des Seins in unseren Träumen19 betrifft, da wird das,
was wir denken müssen, indem wir es denken, unweigerlich und ohne dass wir
darüber Freiheit und Entscheidung hätten – also notwendigerweise –, (traumhafte) Wirklichkeit. Wir sind unserem Denken im Traum dergestalt ausgeliefert, dass wir nicht die Freiheit haben, sein unmittelbares Wirklichwerden zu
verhindern.
-
Wir sind unserem Denken aber auch im wachen Denken ausgeliefert, sozusagen in die andere Richtung ausgeliefert, dergestalt nämlich, dass wir nicht die
Freiheit haben, sein unmittelbares Wirklichwerden zu bewerkstelligen, also
das Gedachte unmittelbar wirklich sein zu lassen. Als solcher Übergang kann
Gottes Schöpfung der Welt nicht gedacht werden, wie sich noch zeigen wird
(10.5).
Hinsichtlich des echten Seins selbst (im Gegensatz zu seinem Traumbild) wird Denken nicht zwangsläufig und unmittelbar zu Sein, wie wir aus eigener Erfahrung sicher
wissen. Wenn das Prius oder der Quell allen Seins – den wir vorgreifend „Gott“ nennen können, aber dass es sich bei dem Quell tatsächlich um Gott handelt, ist eben
noch nicht heraus – wenn das Prius oder der Quell allen Seins ein kontingentes Sein
setzen würde, dann könnte dies daher nicht aus Notwendigkeit, sondern müsste aus
Freiheit geschehen. Also nur dann könnte es geschehen, wenn das Prius so beschafen
wäre, das es die doppelte Freiheit besäße, sich ein kontingentes Sein auszudenken oder nicht, und es wirklich werden zu lassen oder nicht. Falls das Prius (das Überseiende) diese Freiheit hätte, und das kontingente Sein tatsächlich wollen würde, dann
müsste die „Folge“ sein, dass es zu einer Welt kontingenten Seins käme. Das ist nun
der näher entwickelte „Begriff“ des Prius: Das Überseiende hat möglicherweise freien
Willen bzw. ist möglicherweise freier Wille und kann, wenn es will, eine kontingente
Welt setzen. Wenn es tatsächlich so beschaffen ist, dann könnte, falls es tatsächlich
eine kontingente Welt will, die „Folge“ sein, dass tatsächlich eine kontingente Welt
wäre.
[b]
19
Nachdem wir so eine Begriff des Prius auf eine mögliche Folge hin konstruiert haben,
sehen wir, ob es diese Folge tatsächlich gibt: „Nun existirt aber diese Folge wirklich
(dieser Satz ist nun der auf Erfahrung beruhende Satz; die Existenz einer solchen
Folge ist ein Factum, eine Thatsache der Erfahrung)“ (O I, 129). Freilich ist das
„Faktum“ kein vereinzeltes Faktum und kein brutum factum, sondern das Faktum ist
der gesamte Kosmos, weil es ja um den Erweis Gottes als des Herrn des gesamten
Seins geht. Der Kosmos uns auch nicht der kleinste Teilbereich desselben kann ein-
Hutter 1006, 99-106
15
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
fach als „Faktum“ beobachtet werden, weil jedes einzelne Faktum immer eine komplexe Verknüpfung von Elementen, Funktionen und Kontexten bildet, die in ihrer Unterschiedenheit und Verwobenheit untereinander und mit dem Rest des Universums
diskursiv zu durchlaufen und spekulativ zusammenzuschauen sind, wenn auch nur das
isolierteste Faktum wirklich verstanden werden soll.20 Die über das „Wie“ des Übergangs vom „Dass“ zum „Was“ gebildete Hypothese – also die Hypothese vom Wirken
Gottes als des „Herrn des Seyns“ – muss mit dem „Faktum“ der Welt zusammenstimmen, damit die Hypothese als bewährt gelten kann. Das aber bedeutet, dass die
Hypothese (der aus dem philosophischen Weltverstehen resultierende Begriff Gottes)
mit dem jeweils besten Welt- und Selbstverständnis im Ganzen und im Einzelnen
zusammenstimmen muss.21 Änderungen im Weltverständnis oder (aufgrund neuen
Götterwirkens) in dem, was wir über das „Wie“ erschließen können, vermögen jederzeit dazu führen, dass Hypothese und Weltverständnis neu aufeinander abgestimmt
und damit in sich selbst jeweils korrigiert werden müssen.22
[c]
„Also zeigt uns dieses Factum – die Existenz einer solchen Folge zeigt uns, daß auch
das Prius selbst so existirt, wie wir es begriffen haben, d. h. daß Gott existirt“ (O I,
129). Das Faktum der Welt zeigt uns, dass das „Dass“ als das der „Was“ mächtige
„Dass“ existiert, und d. h. dass es jedenfalls insoweit über die „Was“ herrscht und
damit Gott ist, als sie ihm ihr Dasein verdanken. In der Existenz der Welt erweist sich
das Prius insoweit als Herr des Seins, als Gott. Ausgangspunkt war die Existenz, nicht
die Existenz Gottes, sondern das notwendige Existieren. Wenn wir das Prius als Quelle einer möglichen Folge (der Welt) konzipieren oder begreifen (worin uns auch die
faktisch bestehenden Religionen bestärken können), dann bestätigt die tatsächliche
Existenz dieser Folge den Begriff des Prius. Die Existenz bestätigt hier den Begriff,
nicht umgekehrt. Freilich handelt es sich nicht um die reine unvordenkliche Existenz,
sondern um die Existenz der kontingenten Welt. Die Welt verweist von sich selbst her
nicht automatisch auf Gott, sondern nur, insofern ihre Abhängigkeit von einem Urgrund erfasst wird. Dieser Urgrund ist nicht empirisch innerhalb der Welt zugänglich,
und insofern erweist sich die empirisch zugängliche Existenz nur dann als die gesuchte Folge des Prius, wenn sie im Lichte der apriorischen Einsicht in das Seinsgesetz
„ex nihilo nihil fit“ gesehen und verstanden wird, welches die Gesamtheit der empirischen Existenz auf eine transempirische Begründungsinstanz zu beziehen zwingt.
In der Metaphysik oder der negativen Philosophie verlief der (kosmologische) Beweis
so: Wenn es ein kontingentes Sein gibt, muss es ein notwendiges Sein geben. Aber
wie dieses notwendige Sein zu einem kontingenten Sein kommen können soll, bleibt
unerfindlich, weil im Notwendigen ja das Sein nicht wirksam mitgedacht werden
kann. Anselm und Descartes versuchten, es mitzudenken und glaubten, es mitgedacht
zu haben, aber sie hatten es eben nicht wirksam mitgedacht, d. h. nicht so, dass das
Denken in das Sein wirklich umgeschlagen wäre und ihr Gedanke plötzlich als außergedankliche Realität vor den Denkern gestanden wäre – als die außergedankliche Realität eines Gottes als omnitudo realitatis und Schöpfer der Welt. Würde das Sein wirksam im ontologischen Gottesbeweis mitgedacht, müsste, indem der Gedanke „id, quo
maius cogitari nequit“ gedacht wird, ipso facto Gott als Schöpfer, also samt einer
20
Huber 2006, §§ 118-194
21
Zu dieser Art von Hypothese vgl. Pannenberg 1973, 343-348
22
Vgl. hierzu das theologische Werk Wolfhart Pannenbergs, vor allem Pannenberg 1971-b; 1973; 1988.
16
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
Welt in die Wirklichkeit treten. Das aber funktioniert nicht: Tatsächlich bleibt der Gedanke des notwendigen Wesens bloß ein Gedanke. Das Sein wird damit in diesem
Gedanken nicht wirklich mitgedacht, sondern es wird nur äußerlich vom Denken hinzugesetzt. Es nicht äußerlich, sondern wirksam mitzudenken, hieße, durch dieses
Denken selbst denkend Sein zustande zu bringen.
Bei Schelling hingegen, in der positiven Philosophie, verläuft der Gedankengang jetzt
so: Falls es zu einem kontingenten Sein kommt, dann kann dies nur geschehen durch
die unvordenkliche (undenkbare, unbegreifliche) Seinsmächtigkeit des notwendigen
Seins und seines freien Entschlusses dazu. Es ist hier im Denken jetzt keine einsichtige Notwendigkeit mehr zwischen notwendigem und kontingentem Sein, wie es in
der Metaphysik der Fall sein sollte. Das Denken beansprucht nicht mehr, aus sich
selbst heraus das Sein zwingend abzuleiten, wie Anselm und Descartes. Die Metaphysik glaubte fälschlicherweise, mit dem Gedanken des notwendigen Seins, der am Ende des kosmologischen Beweises steht, Gott als den Herrn allen Seins erreicht zu haben. Tatsächlich aber zeigte das Scheitern des ontologischen Beweises, dass der Gedanke des notwendigen Seins nicht imstande ist, Sein – das Sein einer kontingenten
Welt – aus sich herauszusetzen: er bleibt immer bloß Gedanke. In der Metaphysik
sollte sich der Gottesgedanke durch reine Denknotwendigkeit erweisen (kosmologischer Regress auf den Begriff des notwendigen Seins und ontologischer Progress auf
das Sein dieses Begriffs). Bei Schelling hingegen erweist sich das unvordenkliche
notwendige Sein selber dadurch als Gott, dass sich die gedanklich prognostizierte
Folge dieses Seins, nämlich das kontingente Sein, erfahrungsmäßig als tatsächlich gesetzt – als ein willentlich wirklich Poniertes, als ein Positives – erweist und einstellt.
Zusatz: Das Positive ist das willentlich Gesetzte. Das „Dass“ der Existenz macht sich zu diesem und
jenem „Was“. Es ist ihm ursprünglich in sich selber nicht notwendig, dies und jenes zu sein, denn es ist
alles zusammen, undifferenziert: es ist „die Indifferenz aller Möglichkeiten“ (M I, 588), aber es trägt
sie in sich (sonst könnte nie etwas möglich sein und dann wirklich werden). Sein ist ursprünglich und
notwendigerweise „alles Mögliche“, denn Sein kann alles sein. „Diesem absoluten Daß in Gott kann
dann aber nur das absolute Was entsprechen“ (M I, 588). Schelling sagt nun, dass eben deshalb, weil
diese Allheit von Möglichkeiten (von „Was“) dem Sein notwendig, also ohne dessen eigenes Zutun,
zukommt, – dass eben deshalb diese Allheit dem „Dass“ „in Ansehung seiner selbst zufälliger Weise“
(M I, 589) zukomme. Was wir „nicht wollten und beabsichtigten“, das ist uns zufällig, auch wenn es
an sich notwendig ist.23 Indem wir das notwendigerweise Vorgegebene ergreifen und es sozusagen willentlich wiederholen, setzen wir es zu einem Ausdruck unserer Freiheit. So machen wir es zu einem
„Positiven“ und in diesem „Positiven“ befreien wir uns von der Notwendigkeit.
Zusatz: Der „Argumentationsgang“ Schellings nimmt also insgesamt folgenden Verlauf: Prius-Dass ---> mögliches Was ---> empirisches Was-Dass ---> Prius-Was-Dass. Während demgegenüber die Metaphysik nur den
verkürzten Gang nahm: empirisches Was-Dass ---> Prius-Dass. Und dieses Prius-Dass wurde dann umstandslos
mit Gott identifiziert. Eben dies ist nicht statthaft (§ 11).
IV. Resultat der Argumentationsweise der Metaphysik:
Gott als axiologische Intentionalität24
1. Die ersten drei „Wege“ bei Thomas von Aquin
(11) Die Metaphysik hat im kosmologischen wie im ontologischen Beweis nicht Gott bewie23
Hutter 1996, 92-99. Das Zitat wird dort (98) angeführt, es stammt aus Schellings Münchener Vorlesung von
1827/28 „System der Weltalter“.
24
Thomas von Aquin: quinque viae (Sth I, 2, 3)
17
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
sen, sondern nur das unvordenkliche Sein. Dass dieses Gott ist, wird nicht mehr gezeigt, sondern vorausgesetzt, behauptet Schelling. Sehen wir näher zu. Thomas von Aquin beweist
mittels kosmologischer Argumentation
[a]
das primum movens (prima via),
[b]
die causa efficiens prima (secunda via),
[c]
sowie das ens necessarium (tertia via).
Immer geht es hierbei um den Urgrund dafür, dass überhaupt etwas ist (Bewegung, Wirksamkeit, Sein), nicht aber um die freie Setzung dieses Seins und noch weniger ist erwiesen,
dass das Erwiesene „Erste“ auch das „Letzte“ – dass das Alpha auch das Omega und somit
wirklich der Herr über das Sein sei. Es wird nicht erwiesen, woher die inhaltlichen Bestimmtheiten dessen kommen, was das „Erste“ setzt, und es wird nicht erwiesen, dass das
Alpha der souveräne Herr dessen ist und bleibt, was ist. Damit aber ist nicht eigentlich Gott
erwiesen, sondern lediglich gewisse Prinzipien, die einen Anfang machen, von denen aber
völlig offen ist, ob sie die Macht besitzen, selbst darüber zu bestimmen, was sie in Gang setzen, und welchen weiteren Fortgang das, was sie anstoßen, nimmt. Man könnte aber nur eine
solche herrschende Macht zurecht „Gott“ nennen. Nur der „Herr des Seyns“ ist wirklich
Gott, in den ersten drei „Wegen“ wird aber nicht gezeigt, dass diese Machtfülle den erwiesenen Prinzipien zukommt. Es ist mithin nicht erwiesen, dass in diesen drei Prinzipien wirklich
Gott erfasst ist. Weil das „Erste Bewegende“, die „Erste Ursache“ und das „notwendig Seiende“ zwar die Kraft des Seins, nicht aber der Herr über dessen konkrete Gestaltung sind,
deswegen sind sie nicht Gott. Sie sind eigentlich bloß der blinde Drang, zu sein, ohne dass sie
darüber bestimmen würden, was ist. Sie sind lediglich die reine Kraft, zu sein, die nicht selber bestimmt, welchem bestimmten Wesen sie sich gibt, sondern die allem an bestimmten,
konkreten Wesenheiten dienen muss, was von irgendwoher kommt. Denn „Erstes Bewegendes“, die „Erste Ursache“ oder „notwendig Seiendes“ sagt nur die Kraft aus, in Bewegung zu
setzen, hervorgehen zu lassen, Sein zu besitzen – nicht aber sagt es die Kraft aus, zu bestimmen, was da in Bewegung kommt, hervorgeht und Sein hat. Wenn Thomas von Aquin die
genanten drei Wege oder Gottesbeweise mit dem lapidaren Satz beendet: et hoc omnes intelligunt Deum; quam omnes Deum nominant; quod omnes dicunt Deum (Sth I, 2,3) – dann wird
einer sich blind verströmenden oder blind emanierenden Bewegungs- Hervorbringungs- und
Seinskraft ein Titel zulegt, der eine Souveränität der Herrschaft impliziert, die jener blinden
Kraft nicht zukommt. „Erstes Bewegendes“, „Erste Ursache“ und „notwendig Seiendes“ sind
eine blinde Gewalt, die ihrer selbst, ihrer eigenen Äußerungen nicht mächtig ist, sondern
blind und zwanghaft in einen Prozess übergeht, von dem man nicht sieht, woher seine Inhalte
und seine Richtung kommen. Das „Erste Bewegende“ setzt in Bewegung – aber was setzt es
wie in Bewegung? Die „erste Ursache“ bringt hervor – aber was bringt sie wie hervor? Das
„notwendig Seiende“ ist – aber was ist es und wie gelangt es in’s Sein?
2. Der vierte und fünfte „Weg“ bei Thomas von Aquin
(12) Jedoch bleibt Thomas von Aquin bei der Feststellung des einfachen „Dass“ nicht stehen,
sondern widmet sich in seinen Gottesbeweisen ausdrücklich auch der Frage nach dem „Was“
und dem „Wie“. Diese Tatsache übergeht Schellings Kritik an der Metaphysik, deren hervorragendster Vertreter ja der Aquinate doch ist. Thomas kennt fünf Wege des Erweises Gottes.
Die drei eben genannten sind kosmologische Wege, kosmotheologische, wie Kant diese Be-
18
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
weisart nennt.25 Thomas fügt nun aber noch zwei andere Wege hinzu, den axiologischen und
den teleologischen, der auch (mit Kant) physikotheologischer heißen kann.
[d]
Der axiologische Weg (quarta via) geht von der Tatsache aus, dass es in der Welt so
etwas wie Wert gibt (von griechisch axia = Wert, Würde). Wert ist eine Vorzugsstruktur. Wert hat, was anderem gegenüber einen Vorzug verdient oder besitzt. Dass es in
der Welt Wert gibt, heißt, dass nicht jeder Zustand des Teilchenwirbels gleich gut ist
wie jeder andere, sondern dass bestimmte Dinge und Wesen einen höheren Grad an
Seinsvollkommenheit, d. h. an bejahungswürdigem Inhalt, besitzen als andere Dinge
oder Wesen. Nun muss es eine Ursache für diese unterschiedliche Verteilung der
Gutheit (bonitas) bzw. Seinvollkommenheit (perfectio) geben. Damit ist gemeint, dass
die Instanz, welche den passiven Formen aus dem Raum der Möglichkeiten26 das Sein
mitteilt (das ens necessarium des kosmologischen Beweises), die Entscheidung getroffen hat, möglichst viel Gutes im Sein sich realisieren zu lassen, statt weniger Gutes oder bloß Gleichgültiges. Aus der Werterfahrung ergibt sich, dass das der Welt
zugrundeliegende Sein – das ens necessarium – nicht nur blanke, blind ausströmende
Seinskraft ist, sondern sich in einer an qualitativen Abstufungen orientierten Weise
verströmt und den möglichen „Was“, sich ihnen mitteilend, aktive Wirklichkeit verleiht (10.2, § 2). Das Sein ist nicht nur blind drängende Seinskraft (reines „Dass“),
sondern es stuft sich in qualitativer Rangordnung ab (ordo amoris27). Somit erweist
sich das Sein als causa esse, et bonitatis, et cuiuslibet perfectionis. Der gegenwärtige
Weg geht von der Einsicht in die axiologische Abgestuftheit des Seins aus: ex gradibus qui in rebus inveniuntur (quarta via).
[e]
Der teleologische (quinta via) Weg geht von der Tatsache aus, dass die Dinge zielgerichtet sind (operantur propter finem). Dabei ist nicht nur ein jedes Ding in sich
selbst auf ein Ziel hingeordnet – nämlich auf das Ziel, es selbst zu sein, „Zweck seiner
selbst“ zu sein28 –, sondern auch alle zusammen untereinander sind zur kosmischen
Ordnung, zur Schöpfungsordnung als dem Ziel des ganzen Alls verbunden. Diese beiden Aspekte (das Einzelne und das Ganze) fasst Thomas in der Formulierung zusammen, welche die Einsicht angibt, von der dieser Weg ausgeht: ex gubernatione rerum,
d. h. aus der Lenkung der Dinge, und das schließt eben ein die Lenkung eines jeden
Dinges für sich und aller zusammen. „Lenkung“ meint auf der Ebene der Einzelwesen
das, was ich die stabile Identität eines Dinges genannt habe. Dass der Granit Granit
bleibt, bedeutet ja eben, dass der Zufall des Teilchenwirbels ausgeschlossen und der
Wirbel dadurch auf den bestimmten finis hin, Granit statt etwas anderes zu sein, stabilisiert, daraufhin „gelenkt“ oder ausgerichtet ist. Auf er Ebene des Ganzen aller Einzelwesen ist natürlich nicht absehbar, welcher finis hinter dem Ganzen steht, da wir
das Ganze ja niemals abgeschlossen überblicken. Das Ganze aber ist in dem Sinne
sein eigener finis (es ist in dem Sinn Selbstzweck), dass es sich als in sich differenziertes Ganzes erhält, d. h. dass die Gegenstrebigkeit der Dinge in Grenzen gehalten
wird, die so bemessen sind, dass die Dinge einander nicht in chaotische Zerstörung
verwickeln, sondern ganz im Gegenteil über Millionen von Jahre hin immer komplexer organisierte Wesen ermöglicht. „Farbenpracht und Artenreichtum“, sowie „mög-
25
Kant: Kritik der reinen Vernunft, B 660
26
Vgl. 10.2, § 2
27
Huber 2006, § 75
28
Huber 2006, § 41
19
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
lichst viele unterschiedliche Erscheinungsformen“ – das sind die fines, denen wir bei
unseren naturphilosophischen Überlegungen begegnet sind (10.3, § 14). Das Sein ist
auf eine Weise strukturiert, dass es ein Reich stabiler Identitäten bildet (Kants „Reich
der Zwecke“29). Dieses Reich stabiler Identitäten ist selbst eine stabile Identität: die
stabile Identität des Universums. Zur stabilen Identität aber ist diejenige Funktion unerlässlich, die wir als Intelligenz kennen: das gegenwärtige Wirksamsein einer noch
nicht realisierten Zukunft, die reale Wirksamkeit des noch nicht realisierten Zieles.
Die finis-Orientierung alles Seienden erweist somit eine im Sein am Werk befindliche
intelligenzanaloge Instanz. Wie Thomas es ausdrückt: aliquid intelligens, a quo omnes res naturales ordinantur ad finem (quinta via).
3. Gott als „Herr des Seyns“ bei Thomas von Aquin
(13) Welchen Begriff haben wir bei Thomas nun also vom Urgrund, von Gott? Sicherlich
nicht den Begriff, den Schelling der Metaphysik zurecht als ungenügend vorhält. Thomas
begnügt sich nicht damit, Gott als notwendiges Sein, d. h. als reines „Dass“ ohne jedes „Was“
zu erweisen. Thomas erweist, wenn man seine fünf „Wege“ zusammennimmt, tatsächlich
den „Herrn des Seyns“ (M I, 564), wie Schelling sich ausdrückt. Damit muss man aber sagen, dass Thomas mittels der „quinque viae“ tatsächlich nichts anderes als Gott erweist. Die
„quinque viae“ zeigen, was es heißt, dass Gott nach seinem Willen die Welt lenke, indem sie
ihn nämlich denken
[a]
als das Prinzip der Bewegtheit, der Prozesshaftigkeit des Seins (prima via),
[b]
als den Ursprung der Kraft, die in diesem Prozess sich gestaltet und umgestaltet
(secunda via),
[c]
als den Ursprung des Seins überhaupt, als notwendiges Sein, als reines „Dass“, welches alles „Was“ trägt (tertia via),
[d]
als den Ursprung des Axiologischen in den Seienden, d. h. als Schöpfer einer Welt
voller Wesen, welche die axiologischen Eigenschaften des Wahren, Guten, Schönen
an sich tragen (quarta via),
[e]
als logos, der die Welt im Einzelnen und im Ganzen in freier Intentionalität regiert, d.
h. sie so regiert, dass er weder von einer dunklen moira zu seinen Intentionen gedrängt und gezwungen wird, noch es ohne eigene Intentionen in der Welt einfach
blind zufällig laufen lässt (quinta via).
4. Der weitere Gang der gedanklichen Entwicklung
(14) Am Ende von Schellings Reformulierung des ontologischen Beweises stellt sich die
Problemlage folgendermaßen dar: Sein, Existenz gibt es. Das ist zweifellos. Gibt es aber göttliches Sein? Ist das Sein auch Gott? Es ist (reines „Dass“), und es ist dies und jenes (Löwe,
Mensch, Pferd und so fort). Aber ist es auch Gott im Sinne dessen, wie die Religionen Gott
verstehen, nämlich ist es „Herr des Seyns“? Ist das Sein bloß undifferenziertes Wogen, ist es
blindes ungestümes Drängen, oder ist es sein eigener Herr, der das All der Möglichkeiten
29
Huber 2006, §§ 3, 54
20
10. Religion – Kapitel 04. Gottesbeweise
weiß, frei daraus seine Intentionen wählt und sie in weiser Vorsehung machtvoll verwirklicht? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir das konkrete Sein ansehen, müssen wir ansehen, zu welchen „Was“ sich das reine „Dass“ ausdifferenziert hat. Ist das Sein,
wie es uns vorliegt, verstehbar und erklärbar, wenn wir es als weniger denn seinen eigenen
Herrn denken, wenn wir es also etwa bloß als zufälligen Wirbel oder starr notwendiges Fatum denken? Die quarta und quinta via des Hl. Thomas haben im Kern schon deutlich gemacht, dass dies nicht der Fall ist, sondern dass das Sein als sein Herr gedacht werden muss,
dass das notwendige Sein also tatsächlich Gott ist. Diese Zusammenhänge werde ich im
nächsten Kapitel etwas näher durchdenken.
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