Dr. Armin Langer Informelle Rahmenbedingungen für schulischen Musikunterricht „Das Gehirn lernt immer“1, so das Credo von Manfred Spitzer, dem Leiter der Ulmer Psychiatrischen Klinik. Und in der Tat, unser Gehirn arbeitet Tag und Nacht, egal in welchen Situationen oder unter welchen Bedingungen. Es verarbeitet permanent eintreffende Informationen, basierend auf den erlebten Erfahrungen der Vergangenheit und überprüft aktuelle Situationen auch im Hinblick auf zukünftige Lebenslagen. Bei diesem Informationsverarbeitungs- oder Lernprozess strömt auf jedes Lebewesen in jeder Sekunde eine hohe Anzahl von Reizen ein, die wahrgenommen, bewertet und weiter verarbeitet oder verworfen werden.2 So werden Reize teils automatisiert oder bewusst wahrgenommen, in jedem Falle aber positiv oder negativ bewertet. Die strukturellen Bedingungen, unter denen Lernen stattfindet, sind einerseits durch formale, institutionalisierte Rahmenbedingungen und curriculare Vorgaben bestimmt, während informelles Lernen in selbstgesteuerten Lernkontexten stattfindet. So steht dem meist fremdbestimmten formalen, häufig negativ konnotierten Lernen3 ein ebenso meist positives selbstbestimmtes Lernen außerhalb des formalen Bildungssystems gegenüber, das bewusst oder unbewusst stattfindet.4 Der folgende Beitrag verfolgt das Ziel, bevorzugte informelle Lernaktivitäten von Kindern und Jugendlichen aufzuzeigen. Es wird davon ausgegangen, dass diese auf der Basis positiv bewerteter situativer Kontexte zustande kommen und Einfluss auf Lernverhalten nehmen können. Daher soll der Themenkomplex unter folgenden Gesichtspunkten behandelt werden: die Bedingungen des formalen und informellen Lernens betreffend, darüber hinaus soll eine Bestimmung konstitutiver Merkmale des Lernens aus lerntheoretischer Perspektive erfolgen, die im Besonderen den Bereich des informellen Lernens tangieren, ferner soll das Zustandekommen von Bewertungsprozessen aus neurowissenschaftlichen, emotionspsychologischen und appraisaltheoretischen Perspektiven dargestellt werden und auf der Basis allgemein zugänglicher Daten wird der Frage nachgegangen, in welchen individuellen oder sozialen Kontexten Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen, Medien nutzen oder musikbezogenen Tätigkeiten nachgehen. Hierbei wird intrinsische Motivation unterstellt, die die Ausübung der Aktivitäten forciert. 1 Spitzer, 2004, S. 31. Siehe Dießel, 2012, S. 18 3 Siehe Spiess, 2015, S. 5 4 Siehe Dohmen, 2001, S. 18 2 Dr. Armin Langer Formales und informelles Lernen Lernen, verstanden als automatisierter oder bewusst herbeigeführter mentaler Prozess, findet gemäß der Definitionen der Europäischen Kommission (2001) in formalen (z.B. Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen), non-formalen (z.B. in Musikschulen) und informellen Kontexten (z.B. Musizieren in der Freizeit) statt.5 Formales Lernen in Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen ist didaktisch intendiert und wird benotet. Im Gegensatz dazu ist zwar non-formales Lernen z.B. in Musikschulen auch musikdidaktisch intendiert, führt aber nicht zwingend zu einer Benotung oder zu einem qualifizierten Abschluss. Das informelle Lernen erfolgt in jedweden Lebenssituationen in automatisiert ablaufenden (z.B. beiläufiges Musikhören) oder bewussten (z.B. zielgerichtetes Üben oder Musizieren mit anderen) Prozessen, wobei automatisierte und bewusste Zustände häufig wechseln können. Aus räumlicher und zeitlicher Sicht ist formales und non-formales Lernen durch formale schulische Abläufe reglementiert, während informelles Lernen jederzeit und überall möglich ist. So scheint es naheliegend, dass informelles Lernen in offiziellen Definitionen als „nicht organisiert oder strukturiert“6, „nicht intentional“7 und „in den meisten Fällen aus Sicht des Lernenden nicht ausdrücklich beabsichtigt“8 beschrieben wird. Daher ist Kirchhöfer zuzustimmen, wenn er diese Beliebigkeit informellen Lernens als Lernprozesse bezeichnet, „die durch das Subjekt als Lernen antizipiert, selbstorganisiert und reflektiert werden, eine Eigenzeit und gerichtete Aufmerksamkeit erfordert, an Problemsituationen gebunden, aber nicht in eine Institution eingebunden sind.“9 Denn es ist zu bedenken, dass auch formales schulisches Lernen keineswegs ausschließlich ‚formal‘ oder zielgerichtet verläuft. Dies ist leicht nachzuvollziehen, wenn man z.B. an Projektunterricht, Pausen oder an informelle Klassensituationen oder -gespräche vor, während und nach dem Unterricht denkt.10 Die Begriffe des formalen, non-formalen und informellen Lernens sind aus räumlicher und zeitlicher Sicht eher als Kategorien bezüglich ihrer Intentionalität zu verstehen, die in der Realität interdependent sind. Da es aber auch als ausgeschlossen gelten kann, dass informelles Lernen permanent selbstorganisiert, reflektiert und bewusst abläuft, scheint es angebracht, eine Unterscheidung in bewusstes und unbewusstes bzw. automatisches Lernen vorzunehmen. 5 Siehe Langer, 2012, S. 6 Siehe Europäische Kommission 2001, S. 33 / European Centre for the Development of Vocational Training 2008, S. 93 / European Centre for the Development of Vocational Training 2011, S. 85 7 Siehe Europäische Kommission 2001, S. 33 8 Siehe Europäische Kommission 2001, S. 33 / European Centre for the Development of Vocational Training 2008, S. 93 / European Centre for the Development of Vocational Training 2011, S. 85 9 Kirchhöfer, 2004, S. 85 10 Vgl. Zwölfter Kinder- und Jugendbericht, 2012, S. 138 6 Dr. Armin Langer Mattias Rohs und Bernd Overwien unterscheiden hierzu Erfahrungslernen und implizites Lernen: „Erfahrungslernen – auch als reflexives Lernen bezeichnet – ist eine Lernart, die über das Verarbeiten und bewusste Reflektieren von Erfahrungen erfolgt. Erfahrungen werden in der Arbeit bei der Ausübung von Arbeitstätigkeiten gemacht. Es findet dann ein intensives Erfahrungslernen statt, wenn die den Arbeitstätigkeiten zugrunde liegenden Handlungen mit Problemen, Herausforderungen und Ungewissheiten für den Arbeitenden verbunden sind und reflektiert werden. …“11 „Implizites Lernen ist eine Lernart, die zusammen mit dem Erfahrungslernen das informelle Lernen bildet. Es charakterisiert einen Lernprozess, dessen Verlauf und Ergebnis für den Lernenden nicht bewusst und reflektiert ablaufen. Einschlägige Beispiele für das implizite Lernen sind Lernprozesse, die zum Schwimmen oder zum Fahrradfahren befähigen. Lernen wird in der Situation unmittelbar erfahren, ohne dass Regeln und Gesetzmäßigkeiten erkannt oder gar zur Basis von Lernprozessen gemacht würden.“12 Für den vorliegenden Zusammenhang soll unterstellt werden, dass sich Kinder und Jugendliche ihre informellen Lernkontexte (meist) selbstbestimmt, bedürfnisorientiert und intrinsisch motiviert aussuchen und diese zielgerichtet verfolgen oder nach dem Trial-And-Error-Prinzip gegebenenfalls verwerfen. Sowohl Erfahrungslernen als auch implizites Lernen sind dabei ebenso in der dargestellten wechselseitigen Beziehung zu sehen wie formales und informelles Lernen. Lerntheoretische Perspektiven Aus lerntheoretischer Sicht ist Lernen mit der Aneignung13 von Kompetenzen14 verbunden. Dieser ganzheitliche Aneignungsprozess, d.h. die durch Aufmerksamkeit, Konzentration, Motivation und Volition gekennzeichnete Auseinandersetzung mit einem Gegenstand ist in hohem Maße von der situativen Bewertung und Bedeutungszuweisung, d.h. der zur Verfügung stehenden Erfahrungskontexte abhängig, um in einen erfolgreichen Handlungsprozess einzutauchen.15 Zu unterstreichen ist hierbei eine positive Bewertung von Situationen, die eine Handlungsbereitschaft bei neuen Lernsituationen unterstützt. Dazu schrieb Heinrich Roth bereits 1957, dass Lernen über den eigentlichen Prozess des Neuerwerbs von Inhalten hinaus ebenso „die seelischen Funktionen des Wahrnehmens und Denkens, des Fühlens 11 Overwien, Erfahrungslernen, 2006 Overwien, Implizites Lernen, 2006 13 7 Vgl. Gudjons, 2008 , S. 46f. 14 Siehe Knigge, 2011, S. 22ff. 15 5 Siehe Reich, 2012 , S. 189ff. 12 Dr. Armin Langer und Wertens, …“ beinhaltet.16 Eine für diese Zeit nicht übliche Betonung emotionaler Anteile beim Lernprozess wird hier bereits deutlich. Und Jerome Bruner hebt in seiner Darstellung des Lernprozesses neben der Aneignung von neuen Informationen und deren Transformation die Wertung von Informationen für den Lerner hervor, bei deren Evaluation über den Anwendungsbezug hinaus emotionale Bewertungskriterien eine entscheidende Rolle spielen dürften.17 Aus der Perspektive der Theorie des situierten Lernens haben die kontextualen Bedingungen der Lernsituationen entscheidenden Einfluss auf Lernen. Da Wissen nicht einfach übertragbar ist, sondern selbstständig angeeignet werden muss, sind neben den adäquaten Lerninhalten die Lernbedingungen der jeweiligen Situation für die Aufnahme, Verarbeitung und Abspeicherung von Informationen relevant.18 Diese konstruktivistische Annahme von Lernen exponiert den Lernprozess des Individuums im sozialen Kontext besonders auch beim informellen Lernen. Heinz Mandl, Birgitta Kopp und Susanne Dvorak beschreiben die konstitutiven Merkmale dieses Lernprozesses wie folgt: „Lernen ist ein aktiver Konstruktionsprozess. Wissen kann nur über eine selbständige und eigenaktive Beteiligung des Lernenden am Lernprozess erworben werden. Lernen ist ein konstruktiver Prozess. Wissen kann nur erworben und genutzt werden, wenn es in die bereits vorhandenen Wissensstrukturen eingebaut und auf der Basis individueller Erfahrungen interpretiert werden kann. Lernen ist ein emotionaler Prozess. Für den Wissenserwerb ist es zentral, dass die Lernenden während des Lernprozesses positive Emotionen wie Freude empfinden. Vor allem Angst und Stress erweisen sich für das Lernen als hinderlich. Lernen ist ein selbstgesteuerter Prozess. Die Auseinandersetzung mit einem Inhaltsbereich erfordert die Kontrolle und Überwachung des eigenen Lernprozesses durch den Lernenden. Lernen ist ein sozialer Prozess. Der Erwerb von Wissen geschieht in der Interaktion mit anderen. Lernen ist ein situativer Prozess. Wissen weist stets situative und kontextuelle Bezüge auf; der Erwerb von Wissen ist an einen spezifischen Kontext oder an eine Situation gebunden. So findet Lernen immer im Rahmen einer bestimmten Lernumgebung statt, die für den Erwerb zentraler Kompetenzen ausschlaggebend ist.“19 16 Roth, 1962, S. 205 zitiert nach Kron, 2009, S. 55 7 Siehe Bruner, 1980, S. 57ff. zitiert nach Kron, 2009 , S. 58 18 Siehe Mörtl-Hafizovic / Hartinger / Fölling-Albers, 2006. S. 65 19 Mandl / Kopp / Dvorak, 2004, S. 9f. 17 Dr. Armin Langer Aus bewertungstheoretischer Perspektive20 scheinen die Prozessmerkmale des situierten Lernens für das informelle Lernen konstitutiv. Tabelle 1: Prozessmerkmale des situierten Lernens aus bewertungstheoretischer Sicht in formalen und informellen Lernkontexten Prozessmerkmale des situierten Lernens Formales Lernen Informelles Lernen Aktive Beteiligung des Lernenden Nicht immer gegeben Fast immer gegeben Lernen von Neuem auf der Basis von Vorhandenem Nicht immer gegeben Fast immer gegeben Positive Bewertung des Lernprozesses Nicht immer gegeben Fast immer gegeben Selbstgesteuertes Lernen Interaktiver Austausch über Bewertung und Bedeutungszuweisung Nicht immer gegeben Nicht immer gegeben Fast immer gegeben Fast immer gegeben Authentische situative Kontexte Nicht immer gegeben Vorhanden Quelle: Eigene Darstellung Bei dieser heuristischen Zuordnung situationsbezogener Lernkontexte zu formalen und informellen Lernsettings wird deutlich, dass intrinsisch motivierte und positiv emotional konnotierte Handlungsbereitschaften in informellen Lern- und Anwendungssituationen eher gegeben sind, da der Aneignungsprozess meist selbstständig initiiert und freiwillig stattfindet. Neurowissenschaftliche Perspektiven Gehirnaktivität besteht aus dem für Laien völlig abstrakten Zusammenspiel von 100 Milliarden Neuronen, von denen jedes einzelne wiederum mit vielen anderen verbunden sein kann. Diese durch Synapsenverbindungen entstehenden Aktivitätsstrukturen verursachen mentale Zustände, die sich ständig verändern. Das, was wir möglicherweise als Wissensbestände unseres Selbst und der Welt definieren, kann daher als kontinuierlich wechselnder kognitiver Strom von einem in einen anderen Zustand verstanden werden. Lernen könnte dann bedeuten, dass durch verstärkte Synapsentätigkeit 20 Siehe Kapitel Bewertung und Rezeption von Musik Dr. Armin Langer in bewussten und formalen, z. B. schulischen Kontexten, Wissen angesammelt und konsolidiert wird.21 Aus konstruktivistischer Sicht sei darauf verwiesen, dass jedes Gehirn einzigartig in seiner bedeutungsgebenden Struktur und nie mit einem anderen identisch ist.22 Oder wie Schopenhauer es formulierte: „Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“23 Lernbiografien entstehen in individuell unterschiedlichen sozialen Kontexten24 und konkretisieren sich in individuellen Aneignungskontexten, die jeder Lernende für sich durchläuft.25 Diese Einzigartigkeit von Lern- oder Verarbeitungsprozessen bezieht sich dabei nicht nur auf die Aktivität während eines akuten neurologischen Verarbeitungsmodus, sondern auch auf den mentalen Abgleich mit erworbenen bzw. erfahrenen Handlungskontexten, die uns helfen aktuelle Situationen adäquat zu beurteilen und Handlungen in Gang zu setzen oder zu unterlassen.26 Allerdings geschieht dieser Vorgang immer auf der Basis von subjektiven Bewertungen, die allerdings nicht immer gleich bewusst sind, uns aber in gewisser Weise den Handlungsweg vorgeben, welche Beurteilungskriterien in welchen Lernsituationen entscheidend sein können27: „Was spricht dafür, dass Hinhören, Lernen, Üben usw. sich tatsächlich lohnen?“28 Handlungsentscheidungen sind daher in hohem Maße von Erwartungen und unbewussten Bewertungen und bewussten Bedeutungszuweisungen abhängig, die in vergleichbaren Situationen gemacht wurden.29 Es ist ferner davon auszugehen, dass positiv erinnerte Situationen häufiger zu Handlungsbereitschaften führen als negative. „Emotion und Kognition, Gefühl und Denken, sind eng miteinander verbunden“, so Manfred Spitzer.30 Zu Beginn eines bewussten oder unbewussten mentalen Prozesses bedarf es eines Ereignisses, das wahrgenommen und weiter verarbeitet wird. Ungeachtet der Diskussion, ob nun der Reiz ‚kognitiv‘ bewertet wird oder gleich zu einer physiologischen Reaktion führt, die Emotionen auslöst31, soll hier der Fokus auf die Bewertung gelenkt werden, die durch Wahrnehmung in Gang gesetzt wird. 21 Siehe Spitzer, 2005, S. 64ff. Siehe Roth, 2012, S. 4 23 Schopenhauer, Arthur: Aphorismen - Kapitel 3 24 7 Siehe Hüther, 2012 , S. 76 25 7 Siehe Roth, 2012 , S. 55 26 7 Siehe Hüther, 2012 , S. 76f. 27 7 Siehe Roth, 2012 , S. 58ff. 28 7 Roth, 2012 , S. 59 29 Auf die Entstehung diffuser oder imaginierter Emotionen kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden. 30 Spitzer, 2004, S. 46 31 Siehe Hess / Kappas, 2009, S. 247ff./ s.a. Kircher / Gauggel, 2008, S. 508 22 Dr. Armin Langer Unterschieden wird hierbei in niedrige und automatische sowie in höhere und bewusste Verarbeitungswege.32 Zu den Strukturen des automatischen Bewertungsprozesses zählen z. B. Thalamus33, Amygdala34 sowie deren vegetative, behaviorale und endokrine Reaktionssysteme, Nucleus accumbens (als Belohnungssystem)35 und zu den Strukturen bewusster Bewertungsprozesse zählen corticoamygdalo-kortikales Schleifensystem, anteriores Cingulum36, orbitaler präfrontaler Cortex, Amygdala.37 Entscheidend scheint der Hinweis auf Verschaltungen der beiden Prozesse kortikaler und subkortikaler Informationsverarbeitung. So erhält z. B. die Amygdala bei automatischen Prozessen Inputs aus kortikalen, limbischen und subkortikalen Strukturen und bei höheren auditiven Bewertungsprozessen reagiert die Amygdala ebenfalls.38 Ein emotionales Erleben kann somit entweder über einen subkortikalen als auch über einen kortikalen Verlauf ausgelöst entstehen, wenn bewertete wahrgenommene Reize mit relevanten Erinnerungen korrespondieren.39 Emotionspsychologische Perspektiven Emotionspsychologie befasst sich u.a. mit dem Ausdruck, dem Erleben und den körperlichen Veränderungen von Emotionen.40 Die auf den ersten Blick einleuchtende Beschreibung birgt jedoch das Problem der Auseinandersetzung mit Begriffen, die vordergründig einleuchtend erscheinen, aber im wissenschaftlichen Diskurs schwierig zu definieren sind und unterschiedlich verwendet werden. In einem ist sich die Emotionspsychologie jedoch einig: in der uneinheitlichen Verwendung der o.g. Begriffe. Weniger, Jones und Jones stellen hierzu fest: „Emotion ist ein seltsames Wort. Fast jeder denkt, er versteht, was es bedeutet, bis er versucht, es zu definieren.“41 Emotion, Affekt, Stimmung und Gefühl42 sind ohne Zweifel Worte, die in der Umgangssprache verwendet werden, um eine imaginierte oder reale Befindlichkeit körperlich-geistiger Zustände zu 32 2 Siehe Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 198 Siehe Wicht, 2011 34 Siehe Osterath, 2011 35 Siehe Redaktion: www.dasGehirn.info, 2011 36 Siehe Lehmann, 2009-2014 37 2 Siehe Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 187 38 2 Siehe Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 199 und 203 39 Siehe Siebert, 2002, S. 11 40 2 Siehe Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 29 41 2 Wenger / Jones / Jones 1962, S. 3 zitiert nach Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 20 42 Siehe Bundschuh, 2003, S. 31-34 33 Dr. Armin Langer verdeutlichen. Besuchen wir z. B. ein Live-Konzert, schwingt eine Einschätzung mit von dem, was auf uns zukommen könnte. Die bewussten oder unbewussten geistig-körperlichen Prozesse könnten einen Gefühlszustand hervorrufen, der zu Beginn des Konzertes Müdigkeit oder Abgespanntheit durch die Arbeitsbelastung des Tages fühlen lässt und sich am Ende des Konzertes in einer nicht zu beschreibenden Euphorie der Begeisterung entlädt, die uns emotional in einen Rauschzustand treibt. Dieses alltagstheoretische Beispiel soll darauf aufmerksam machen, dass Stimmungen weniger intensiv und langfristig und Emotionen aktualitätsbezogen auf einen internen oder externen Reiz zurückzuführen sind.43 Um nun aber doch eine Arbeitsdefinition zu haben, wird sich der Übersetzung von Otto, Euler und Mandl angeschlossen. 1. „Eine Emotion wird üblicherweise dadurch verursacht, dass eine Person – bewusst oder unbewusst – ein Ereignis als bedeutsam für ein wichtiges Anliegen (ein Ziel) bewertet … 2. Der Kern einer Emotion sind Handlungsbereitschaft (readiness to act) und das Nahelegen (prompting) von Handlungsplänen; eine Emotion gibt einer oder wenigen Handlungen Vorrang, denen sie Dringlichkeit verleiht. So kann sie andere mentale Prozesse oder Handlungen unterbinden oder mit ihnen konkurrieren … 3. Eine Emotion wird gewöhnlicherweise als ein bestimmter mentaler Zustand erlebt, der manchmal von körperlichen Veränderungen, Ausdruckserscheinungen und Handlungen begleitet oder gefolgt wird.“44 Zusätzlich weisen die Autoren darauf hin, dass über die Emotionen generierenden Komponenten wie physiologische Reaktionen, Erleben, Ausdruck und Bewältigungsstrategien ebenso die Situationseinschätzung im sozialen Kontext relevant ist.45 Unter bewertungstheoretischer Perspektive entstehen Emotionen durch bewusste oder unbewusste Bewertungen von Ereignissen, die erheblichen Einfluss auf die Weiterverarbeitung von Lernprozessen nehmen können und damit Handlungen forcieren oder hemmen. 43 2 Siehe Otto / Euler / Mandl, 2000, S,12 sowie Schmidt-Atzert, 2014 , S. 29 Oatley & Jenkins, 1996, S. 96, Übersetzung von Verf.; vgl. Oatley & Johnson-Laird, 1987, zitiert nach Otto / Euler / Mandl, 2000, S. 16 45 2 Siehe Otto / Euler / Mandl, 2000, S. 16 sowie Schmidt Atzert 2014 , S. 21 44 Dr. Armin Langer Appraisaltheoretische Perspektiven Appraisal-, Einschätzungs- oder Bewertungstheorien „befassen sich mit unbewussten oder bewussten Informationsverarbeitungsprozessen, die Emotionen hervorrufen.“46 Aus Sicht von Appraisaltheorien sind Emotionen als adaptive Reaktionen auf Umweltreize zu verstehen, bei denen Personen auf Situationen reagieren, die ihre Aufmerksamkeit erregen und sie motivieren, sich damit auseinanderzusetzen.47 Dabei hängt „die Art und Intensität der von einem ‚Objekt‘ (einem Ereignis, einer Person usw.) hervorgerufenen Emotionen […] davon ab, wie die Person das Objekt einschätzt; insbesondere, wie es relativ zu ihren Wünschen und Zielen steht.“48 Unabhängig davon, ob durch ein Ereignis eine Wahrnehmung erfolgt, die a) eine Bewertung und dann eine Emotion auslöst oder b) erst eine Emotion und dann eine Bewertung entsteht oder c) Emotion und Bewertung gleichzeitig erfolgen,49 scheint Einigkeit darüber zu bestehen, dass ohne Wahrnehmung kein Ereignis festgestellt werden kann, dass bewertbar ist.50 In formalen schulischen Kontexten wird ein Ereignis durch die didaktische Intention des Lehrers erzeugt und in informellen Kontexten ist es die selbstbestimmte, interessengeleitete Motivation, die relevante Wahrnehmungsereignisse konstituiert. Nicht die objektiven Merkmale eines Ereignisses sind bewertungsgenerierend, sondern die individuellen Bewertungsinstanzen von Personen.51 Das Zustandekommen von positiven wie negativen Emotionen wird dabei als Prozess zwischen Bewertung und Emotion verstanden.52 Nach der Auffassung von Klaus Scherer sind an emotionalen Prozessen „jeweils verschiedene[n] Reaktionskomponenten oder-modalitäten beteiligt. […] D.h. es wird übereinstimmend angenommen, daß zum Zustandekommen und Ablauf emotionaler Prozesse sowohl subkortikale als auch kortikale Verarbeitungsmechanismen externer und interner Reizung, neurophysiologische Veränderungsmuster, motorischer Ausdruck, Motivationstendenzen und Gefühlszustände beitragen.“53 46 Hess / Kappas, 2009, S. 247 Siehe Hess / Kappas, 2009, S. 248 48 Reisenzein, 2009, S. 435 49 2 Siehe Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 136 50 2 Siehe Schmidt Atzert / Peper / Stemmler, 2014 , S. 135 51 Ebd. S, 135 52 Ebd., S. 135 53 Scherer, 1990, S. 3 47 Dr. Armin Langer Tabelle 2: Organismische Subsysteme in Beziehung zu Funktionen und Komponenten der Emotion Funktion Subsysteme Komponenten Reizbewertung Informationsverarbeitungssystem Kognitive Komponente Systemregulation Versorgungssystem Neurophysiologische Komponente Handlungsvorbereitung Steuerungssystem Motivationale Komponente Kommunikation von Reaktion Aktionssystem Ausdruckskomponente Monitorsystem Gefühlskomponente und Intention Reflexion und Kontrolle Quelle: Scherer 1990, S. 4, siehe auch Scherer 2001, S. 93 Emotionen entstehen für Scherer aus Abfolgen von aufeinander bezogenen, synchronisierten Veränderungen in den Zuständen aller fünf organismischen Subsysteme. „Diese Veränderungen werden ausgelöst durch die Bewertung eines externen oder internen Reizes als bedeutsam für die zentralen Bedürfnisse und Ziele des Organismus.“54 Bewertung und Rezeption von Musik Bezogen auf die Genese und Modifikation von Emotionen bei der Rezeption von Musik stellen Holger Schramm, Werner Wirth und Matthias Hofer mit dem EMR-Modell (Emotions-MetaemotionsRegulations-Modell) einen Ansatz vor, der den Prozess der Emotionsgenese aus appraisaltheoretischer Perspektive nachzeichnet.55 „Diese Perspektive eröffnet neue Möglichkeiten, inter- und intraindividuelle Unterschiede im emotionalen Erleben von Musik, den Einfluss des sozialen Kontextes bei der Musikrezeption oder auch das vermeintlich paradoxe positive Erleben von unangenehmer Musik zu erklären.“56 Ungeachtet der Diskussion ob der o.g. Emotions-Kognitions-Debatte57 soll im Folgenden das EMRModell zugrunde gelegt werden, um Bewertung als relevante Instanz im Wahrnehmungsprozess zu unterstreichen, die Einfluss auf den weiteren Verarbeitungsprozess musikbezogener Informationsverarbeitung nimmt und damit positive oder negative Bewertungsprozesse einleitet. 54 Scherer, 1990, S. 6 Siehe Schramm / Wirth / Hofer, 2012, S. 124ff. 56 Ebd., S. 124 57 Siehe Brandstätter/ Otto, 2009, S. 13, s.a. Kircher / Gauggel, 2008, S. 508 55 Dr. Armin Langer Das EMR-Modell geht zunächst davon aus, dass der Betroffene die subjektive Bewertung eines aktuellen Ereignisses bzw. einer momentanen musikbezogenen Situation vornimmt. In Bruchteilen von Sekunden werden dabei Fragen nach dem Ereignis- oder Situationsbezug bewertet, die Einfluss auf Handlungsaktionen nehmen können. Unterschieden wird hierbei in: 1. Bewertungen des musikalischen Geschehens, d.h. Identifikation mit und Abgrenzung von Musik. 2. Bewertungen des Werk- und Produktionscharakters, d.h. subjektive Dimensionierung des Präsentationsmodus, z. B. historische Kontexte, Livedarbietung oder Medien, Sounddesigns und Stilistik. 3. Bewertung der Rezeptionssituation, d.h. reale oder imaginierte Situationsbewertung des Kontextes, in dem man die Musik hört. 4. Bewertung von Assoziationen, d.h. jegliche reale oder imaginierte Gedanken, die beim Hören entstehen. 5. Bewertung der Interaktion zwischen musikalischem Geschehen und der Rezeptionssituation, d.h. Interdependenz musikalischen Geschehens und Rezeptionssituation, z. B. das Hören trauriger Musik alleine oder mit anderen, das Vermeiden von musikalischen Massenveranstaltungen, obwohl man die Musik gerne hört.58 Auch wenn davon auszugehen ist, dass der vorliegende Prozess von Handlungsabläufen nicht zwingend vollständig bei der Bewertung von audiovisuellen musikbezogenen sozialen Kontexten durchlaufen wird, weil z. B. stereotype Reaktionen eine Aufmerksamkeitszuweisung in einigen Punkten durch Negativbewertung unterbrechen oder bei Positivbewertung forcieren, werden in diesem Modell Prozessmerkmale vorgestellt, die Kinder und Jugendliche idealtypisch in rezeptiven Bewertungssituationen durchlaufen. Bezogen auf informelles Lernen in den Bereichen Freizeitaktivitäten, Mediennutzung und musikalische Aktivitäten soll im Folgenden eine quantitative Darstellung Auskunft darüber geben, welche ‚Bewertungssituationen‘ besonders häufig aufgesucht werden. 58 Siehe Schramm / Wirth / Hofer, 2012, S. 126ff. Dr. Armin Langer Informelle Bewertungssituationen Freizeitaktivitäten Die im Bundesbildungsbericht explizit angesprochenen Prämissen, nach dem kulturelle Praxis einerseits dazu beiträgt „Individuen zu einem selbstbestimmten Leben, zur Entdeckung und Entfaltung ihrer expressiven Bedürfnisse sowie zur aktiven Teilnahme an Kultur zu befähigen“59, andererseits aber vorzugsweise durch selbstbestimmte individuelle Auseinandersetzung erworben und angeeignet wird, sind kongruent mit den oben dargestellten unterschiedlichen Perspektiven zum Lernen in informellen Kontexten. Mit Hilfe der weiter unten verwendeten Quellen wird versucht Tendenzen informeller bzw. musikbezogener Freizeitaktivitäten nachzugehen, ohne dabei individuelle Lernprozesse oder -zuwächse nachzeichnen zu können. Ebenso soll darauf hingewiesen werden, dass eine zunehmende Verschmelzung analoger und digitaler Kulturaktivitäten zu einer immer schwierigeren Abgrenzung musikbezogener Aktivitäten führte. Konnten in den 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts usuelle Musikpraxen mit Singen, Musizieren, Hören und Tanzen beschrieben werden, sind seit einiger Zeit durch technologische Weiterentwicklungen ganz andere Möglichkeiten aktiver wie rezeptiver musikbezogener Umgangsweisen möglich, gerade in Verbindung mit anderen Künsten und Medien (z. B. Installation, Aktionskunst, Einsatz neuer Medien) und lebensstilspezifischen Ausdrucksformen (z. B. Poetry Slam, Streetart).60 Eine Analyse zur Zeitverwendung des Statistischen Bundesamtes61 aus dem Jahr 2004 gibt einen ersten Überblick über das Zeitbudget von Jugendlichen. 59 Bildungsbericht, 2012, S. 157 Siehe Bildungsbericht, 2012, S. 158 61 Siehe Cornelißen / Blanke, 2004, S. 166 60 Dr. Armin Langer Abbildung 1: Zeitverwendung der 10- bis unter 14-Jährigen nach Geschlecht und Aktivitätsbereichengruppen (Std:Min pro Tag) Quelle: Cornelißen / Blanke, 2004, S. 162 Abbildung 2: Zeitverwendung der 14-bis unter 18-Jährigen nach Geschlecht und Aktivitätsbereichen (Std:Min pro Tag Quelle: Cornelißen / Blanke, 2004, S. 162 Dr. Armin Langer Aus Abbildung 1 und 2 wird ersichtlich, dass Jugendlichen in ihrem Zeitbudget beträchtliche informelle Zeiteinheiten für Regeneration62 und Freizeit63 zur Verfügung stehen. Im Folgenden soll nun an Beispielen aufgezeigt werden, wie diese frei zur Verfügung stehende Zeit verwendet wird. In neueren Studien zum Freizeitverhalten von Kindern und Jugendlichen werden besonders Zusammenkünfte mit Freunden und Freundinnen als relevant erachtet. Sowohl bei Jüngeren als auch bei Älteren scheint kommunikatives Handeln zum Lebensalltag zu gehören. So sind es 94 % bei den Sechs- bis Zwölfjährigen64, die sich regelmäßig mit Freunden treffen und bei den Dreizehn- bis Neuzehnjährigen immerhin 83 %65. 76 % der jüngeren Untersuchungsgruppe unternimmt regelmäßig etwas mit den Eltern und 61 % betreiben Sport66. Bei den Dreizehn- bis Achtzehnjährigen sind es noch 27 %, die etwas mit ihren Eltern unternehmen und 68 % der Mädchen sowie 77 % der Jungen betreiben regelmäßig Sport67. Während die Jüngeren altersbedingt mit außerhäusigen Betätigungen auf ihre Eltern angewiesen sind, gehen 14 % der Jugendlichen kreativen Tätigkeiten wie Malen oder Basteln nach.68 „Naturgemäß etwas seltener werden Partys (6 %) und Discos (3 %) besucht. Hier lohnt sich ein Blick auf ein längeres Zeitintervall: So feiern innerhalb von 14 Tagen 40 Prozent der Jugendlichen auf Partys, jeder Vierte geht in eine Disco oder einen Club (23 %). Auch bei anderen Aktivitäten ist eine weiter gefasste Betrachtung sinnvoll, jeder Fünfte geht einmal in 14 Tagen in die Kirche (21 %), eine Bibliothek wird in diesem Zeitraum von 14 Prozent genutzt.“69 Mit dem Beginn der Pubertät wächst das Interesse für individuellere Lebensgestaltungsmöglichkeiten. Themen wie ‚Internet und Computer‘ (39 % der Jungs) sowie ‚Handy‘ (ca. 25 % der Jungs und Mädchen) oder ‚Kleidung und Mode‘ (33 % der Mädchen) werden relevanter.70 62 Gemeint sind persönliche Tätigkeiten wie Schlafen, Essen, Trinken, Waschen, Anziehen „Freizeit: soziales Leben und Unterhaltung, soziale Kontakte, Unterhaltung und Kultur, Ausruhen, Zeit überbrücken, Sport, Aktivitäten in der Natur, Rüstzeiten für sportliche Aktivitäten, Hobbys und Spiele, Aktivitäten mit Massenmedien.“ (Cornelißen / Blanke, 2004, S. 161) 64 Siehe Kim, 2012, S. 10 65 Siehe Jim, 2013, S. 9 66 Kim, 2012, S. 10 67 Siehe Jim, 2013, S. 9 68 Siehe Jim, 2013, S. 9 69 Jim, 2013, S. 9 70 Siehe Kim, 2012, S. 7 63 Dr. Armin Langer Mediennutzung Während sich Jungs zwischen sechs und neun Jahren häufiger am Computer, der Konsole oder im Internet aufhalten, öfters Videos bzw. DVDs sehen und eher Comics lesen, bevorzugen Mädchen zum größeren Anteil das Radio, sind eher kreativ beim Malen oder Basteln, kümmern sich eher um Haustiere und spielen häufiger ein Instrument oder singen in einem Chor. Besonders deutlich sind die Unterschiede beim Lesen: „Während 58 Prozent der Mädchen regelmäßig in ihrer Freizeit zu einem Buch greifen, zählen nur 39 Prozent der Jungen zu den regelmäßigen Lesern. Die größere Affinität der Mädchen zum Lesen spiegelt sich auch in der Häufigkeit der Nutzung von Zeitschriften sowie dem Besuch von Bibliotheken wider.“ 71 Bei der Gruppe der Sechs- bis Neunjährigen gehören Fernsehen, Hausaufgaben machen und Treffen mit Freunden zu den regelmäßigen Betätigungen (über 90 %).72 Allerdings nimmt das Spielen drinnen und draußen mit zunehmendem Alter zugunsten des Spielens an Computer oder Konsole ab. Ebenso steigt die Nutzung des Handys mit zunehmendem Alter: „Während nur sieben Prozent der Sechs- bis Siebenjährigen regelmäßig ein Handy verwenden, ist es mit 88 Prozent bei den Zwölf- bis 13-Jährigen der Großteil der Kinder.“73 Im Hinblick auf die individuelle Verwendung von Medien scheint der Hinweis interessant, dass 53 % Musik alleine hören und 44 % fernsehen.74 Die Entwicklung zunehmend autonomer Verwendung traditioneller Medien spiegelt sich ebenso bei der Nutzung neuerer Medien wider: „Dies gilt vor allem für die Nutzung des Internets, das von älteren Kindern deutlich häufiger und dann auch überwiegend alleine genutzt wird (mache ich eher alleine: 6-7 Jahre: 4 %, 8-9 Jahre: 15 %, 10-11 Jahre: 44 %, 12-13 Jahre: 69 %). Analog entwickelt sich die Kommunikation über Email oder Chat (E-Mail: 6-7 Jahre: 3 %, 8-9 Jahre: 11 %, 10-11 Jahre: 40 %, 12-13 Jahre: 65 %; Chatten: 6-7 Jahre: 2 %, 8-9 Jahre: 9 %, 10-11 Jahre: 30 %, 12-13 Jahre: 50 %). Fernsehen und Musik hören weisen im Altersverlauf bezüglich der alleinigen Nutzung keine großen Unterschiede auf (Fernsehen: 6-7 Jahre: 41 %, 8-9 Jahre: 41 %, 10-11 Jahre: 46 %, 12-13 Jahre: 48 %; Musik hören: 6-7 Jahre: 46 %, 8-9 Jahre: 52 %, 10-11 Jahre: 57 %, 12-13 Jahre: 55 %).“75 Bei der Gruppe der Zwölf- bis Neunzehnjährigen kann festgestellt werden, dass in den Bereichen Handy, Computer, Fernseh- und Internetzugang eine nahezu einhundertprozentige Verfügbarkeit 71 Kim, 2012, S. 11 Siehe Kim, 2012, S. 10 73 Kim, 2012, S. 12 74 Siehe Kim, 2012, S. 13 75 Kim, 2012, S. 14 72 Dr. Armin Langer gegeben ist.76 So verwundert es nicht, dass 81 % der Jugendlichen das Handy und 73 % dieser Gruppe das Internet täglich verwenden.77 Neben der Nutzungshäufigkeit wurden die Jugendlichen auch nach subjektiver Relevanz von Medien im Alltag befragt. „Fasst man die beiden positiven Nennungen sehr wichtig und wichtig zusammen, so kommt die größte Bedeutung dem Hören von Musik (90 %) und dem Internet (89 %) zu. Das Handy ist für gut vier Fünftel (sehr) wichtig (82 %). Für etwa 60 Prozent sind Radio und Bücher von besonderer Bedeutung, für etwa jeden Zweiten nehmen das Fernsehen (49 %) und PC- oder Videospiele (46 %) einen besonderen Stellenwert im Alltag ein.“78 Dass es sich beim Hören von Musik vorzugsweise um Genres wie Rock- und Popmusik handelt, sei an dieser Stelle nur der guten Ordnung halber erwähnt.79 Diese Verwendung von Medien im Alltag heutiger Jugendlicher beschränkt sich nicht mehr ausschließlich auf die Nutzung eines Mediums. Mit dem Begriff des Second Screen wird eine Form der Mediennutzung beschrieben, die im Kern die simultane Verwendung mehrerer Medien meint: „Die ‚Catch MeIfYou Can!‘-Studie untersucht die Nutzung von Multi-Screens und definiert diese als ‚gleichzeitige Verwendung von mindestens zwei Endgeräten, um Videos anzusehen bzw. fernzusehen, im Internet zu surfen oder um Apps zu nutzen‘ (United Internet Media/InteractiveMedia 2013: 12). Nach der Erhebung ‚Second Screen Zero – Die Macht des zweiten Bildschirms‘ der Unternehmensberatung Anywab ist Second Screen ‚die Parallelnutzung von Internet und Fernsehen mit Bezug zur aktuellen Sendung‘ (Anywab 2012). Die Vermarktungsgesellschaft IP Deutschland unterscheidet zwischen Parallelnutzung von zwei Geräten, die zur Second-ScreenNutzung wird, sobald das zweite Endgerät mit Bezug zum TV-Programm genutzt wird (vgl. Schmitt 2013).“ 80 Laut Jims Studie aus dem Jahr 2013 beschäftigen sich Jugendliche häufig parallel zur Fernsehnutzung mit Essen und Trinken (57%), 56 % verwenden das Handy oder Smartphone, 49 % nutzen das Internet.81 „Die Betrachtung nach Bildung zeigt, dass Jugendliche mit geringerer formaler Bildung zu einem größeren Anteil häufig das Handy (Hauptschule: 63 %; Gymnasium: 51 %), aber auch den Computer (Hauptschule: 36 %, Gymnasium: 28 %) oder das Internet (Hauptschule: 52 %, Gymnasium: 47 %) beim Fernsehen nutzen.“82 Ingegesamt ergibt sich eine tägliche Onlinenutzung von 179 Minuten pro Tag.83 76 Siehe Jim, 2013, S. 6 Siehe Jim, 2013, S. 11 78 Jim, 2013, S. 13 79 Siehe miz Deutsches Musikinformationszentrum. Bevorzugte Musikrichtungen nach Altersgruppen. 80 Stalph, 2013/2014, S. 3 81 Siehe JIM, 2013, S. 24 82 Jim, 2013, S. 24 83 Siehe Jim, 2013, S. 28 77 Dr. Armin Langer Musikalische Aktivitäten Musikalische Aktivitäten im Speziellen und kulturelle/musisch-ästhetische Betätigung (z. B. Malen) im Allgemeinen sind im Bereich des informellen Lernens in den Kleinkindjahren (unter 6 Jahren) in besonderem Maße von der Unterstützung der Eltern abhängig. Erste weichenstellende Bildungserfahrungen werden hier angebahnt und können entscheidend für die Forcierung musikbezogener Interessen sein. Wichtig erscheint der Hinweis, „dass diese Erfahrungen alltagsintegriert und häufig themenübergreifend stattfinden. Auch rezeptive Praktiken, wie das Geschichten hören oder Musikhören, durch die Kinder Neuartiges entdecken, sind in dieser Altersphase weitaus stärker mit Bildungspotenzialen verbunden als in späteren Jahren.“84 Nach Angaben des Deutschen Musikinformationszentrums musizieren 31,2 % der Eltern mit ihren Kindern unter drei Jahren regelmäßig (täglich oder mehrmals pro Woche) und 77,3 % singen mit ihnen. Allerdings nehmen diese Aktivitäten in der Altersspanne zwischen drei und sechs Jahren deutlich ab. So sind es bei den Drei- bis Sechsjährigen noch 17,9 %, die regelmäßig musizieren und 59,5 %, die singen. 85 Angaben des Bundesbildungsberichts 2012 zufolge sinken diese musikalischen Aktivitäten für die Altersspanne der Sechs- bis Neunjährigen nochmals deutlich ab (Siehe Tab. 3). Tabelle 3: Kulturelle/musisch-ästhetische Aktivitäten in Familien mit Sechs- bis unter Neunjährigen 2009 nach Alter, Geschlecht, Bildungsstand der Eltern und Migrationshintergrund (in %)* Art der Aktivität der Täglich oder mehrmals Sechs- bis pro Woche 1-2 mal pro Woche Selten oder nie Neunjährigen in % Zusammen musizieren 12,4 12,1 75,6 Zusammen singen 26,1 20,5 53,4 Quelle: Bundesbildungsbericht 2012, Tabellen zu Kapitel H, Tab. H1.2-9web Diese Tendenz wird noch deutlicher, wenn die Beobachtungsspanne verlängert wird. Bei den Sechsbis Dreizehnjährigen sind es nur noch 5 %, die täglich und 21 %, die ein- oder mehrmals pro Woche musizieren. 84 Bildungsbericht, 2012, S. 161 Siehe miz Deutsches Musikinformationszentrum. Musikalische Aktivitäten in Familien mit Kindern unter 6 Jahren, 2009 85 Dr. Armin Langer Abbildung 3: Häufigkeit des Musizierens bei Zwei- bis Dreizehnjährigen Quelle: miz Deutsches Musikinformationszentrum, 2014. Für die Gruppe der Vierzehn- bis Neunzehnjährigen kann festgestellt werden, dass 12,3 % mehrmals in der Woche, 6 % mehrmals im Monat, 2,4 % etwa einmal im Monat und 5,5 % seltener als einmal im Monat ein Instrument spielen.86 Die Zahlen erhöhen sich, wenn man außerunterrichtliche künstlerisch-kreative Angebote wie z. B. Ganztagsangebote miteinbezieht, wenngleich mit zunehmendem Alter Musizier- und Singaktivitäten deutlich abnehmen. Interessanterweise spielen modernere Aktionsformen wie Musikmachen mit elektronischen Instrumenten und Rappen eine untergeordnete Rolle (Siehe Abbildung 4). Abbildung 4: Musikalische Aktivitäten von Neun- bis Vierundzwanzigjährigen Quelle: miz Deutsches Musikinformationszentrum, 2011/12 86 Siehe miz Deutsches Musikinformationszentrum. Musikalische Aktivitäten von 9- bis 24-Jährigen, 2011/12 Dr. Armin Langer Informelles Lernen und Bewertung Im vorliegenden Beitrag wurde versucht, Perspektiven des Lernens vorzugsweise in informellen Kontexten darzustellen, die sich aus bewertungstheoretischer Sicht in häufig aufgesuchten Situationen widerspiegeln. Im Gegensatz zu formalem schulischen Lernen kann bei informellem Lernen davon ausgegangen werden, dass sich Kinder und Jugendliche ihre Lernkontexte (meist) selbstbestimmt, bedürfnisorientiert und intrinsisch motiviert aussuchen und diese zielgerichtet verfolgen oder nach dem Trial-And-Error-Prinzip gegebenenfalls verwerfen. Weiter wird unterstellt, dass die in informellen Zusammenhängen erfahrenen Situationen überwiegend positiv bewertet werden. Dabei soll mit David W. Livingstone noch einmal unterstrichen werden, dass zu den konstitutiven Merkmalen des informelles Lernens Ziele, Inhalte, Mittel und Prozesse des Wissenserwerbs, Dauer, Ergebnisbewertung und Anwendungsmöglichkeiten gehören, die von den Lernenden jeweils einzeln oder gruppenweise festgelegt werden. „Informelles Lernen erfolgt selbständig, einzeln oder kollektiv, ohne dass Kriterien vorgegeben werden oder ausdrücklich befugte Lehrkräfte dabei mitwirken.“ Wesensmerkmal des informellen Lernens ist die selbständige Aneignung neuer signifikanter Erkenntnisse oder Fähigkeiten, die lange genug Bestand haben, um im Nachhinein noch als solche erkannt zu werden.”87 Diese Grundannahmen decken sich weitgehend mit den Prozessmerkmalen des situierten Lernens: Selbständige und eigenaktive Beteiligung, Lernen von Neuem auf der Basis von Vorhandenem, Bewertung des Lernprozesses, Selbstgesteuertes Lernen, interaktiver Austausch über Bewertung und Bedeutungszuweisung und authentische situative Kontexte. Diese genannten Prozessmerkmale wiederum finden teils automatisiert und teils bewusst statt. Bei diesen Informationsverarbeitungsprozessen sind Emotion und Kognition eng miteinander verschaltet, sodass eine „unemotionale Verarbeitung“ ausgeschlossen erscheint. Bei jeder aktuellen Situationseinschätzung werden automatisierte oder bewusste kognitive Prozesse in Gang gesetzt, die mit vergangenen emotional gefärbten Kontexten korrespondieren und somit ein mentales Bewertungssystem generieren. So sind wir in der Lage situationsadäquat zu agieren bzw. zu 87 Livingstone, 1999,S. 68f., zitiert nach Rohs, 2007 , S. 24f. Dr. Armin Langer reagieren. Unter appraisaltheoretischer Sicht hängt die Intensität entstehender Emotionen von den subjektiven Wünschen und Zielen externer oder interner Reize ab. Es wird davon ausgegangen, dass das häufige Aufsuchen selbstbestimmter informeller Bewertungssituationen von Kindern und Jugendlichen das Entstehen ästhetischer Schemata und Skripte88 forciert. Diese in diesen Freizeitkontexten entstehenden Bewertungen von Situationen sind dabei immer mit vorhandenen bewussten und unbewussten Gedächtnisinhalten und deren Erlebniskontexten zu sehen, die Einfluss auf aktuelle Bewertungssituationen nehmen. Wie bei der Darstellung von Freizeitaktivitäten, Mediennutzung und musikbezogenen Aktivitäten deutlich wird (siehe Tabelle 4), ist das Zusammensein mit anderen in interaktiven Kontexten besonders relevant, besitzt das Fernsehen einen hohen Stellenwert, steigt die Nutzung des Internets (Handy usw.) mit zunehmendem Alter, besonders auch zu kommunikativen Zwecken, 88 besitzt das Hören von Musik einen hohen Stellenwert (vorzugsweise ‚Popmusik‘) und das Musizieren nimmt mit zunehmendem Alter ab. Wenngleich es keine einheitliche Schematheorie gibt, soll dennoch auf die Unterscheidung zwischen Schemata und Skript verwiesen werden. Für Hasselhorn und Gold sind Schemata Wissenspakete, „die als organisierte Wissenspakete typische Zusammenhänge eines Realitätsbereiches charakterisieren. Schemata repräsentieren nicht einfach logische Definitionen für bestimmte Sachverhalte, sondern verallgemeinerte Erfahrungen, die mit Gegenständen oder Ereignissen gemacht worden sind. Schemata (z.B. Orchester) können ihrerseits Subschemata (z.B. Streicher, Bläser) erhalten und selbst in übergeordneten Schemata (z.B. Musik) eingebettet sein. Spezielle Formen sehr komplexer Schemata werden in Anlehnung an Schlank und Abelson (1977) als Skripte bezeichnet. Sie repräsentieren verallgemeinertes Wissen über Handlungsmuster und Ergebnisabfolgen in wohldefinierten Situationen (z.B. Kindergeburtstag), stellen also eine Art mentales Regie2 oder Drehbuch für typische Szenarien dar.“ Siehe Hasselhorn / Gold, 2009 , S. 53 sowie Edelmann / Wittman, 7 2012 , S. 131 Dr. Armin Langer Alter Unter drei mit Eltern Drei- bis Sechsjährige mit Eltern Sechs- bis Neunjährige mit Eltern Sechs-bis Dreizehnjährige Musik machen 31,2 % musizieren 77,3 %, singen 17,9 % musizieren 59 % singen Freizeitverhalten In Abhängigkeit der familiären Situation 12,4 % musizieren 26,2 % singen 5 % regelmäßig musizieren Vierzehn- bis 12,3%, die regelmäßig Neunzehn- ein Instrument jährige spielen90 89 Tabelle 489: Überblick über informelle (musikbezogene) Freizeitaktivitäten Musik hören Mediennutzung Über 80 % hören regelmäßig Musik 53 % hören alleine Musik Ca. 50 % verfügen über ein Handy 88 % bei den Zwölf- bis Dreizehnjährigen nutzen regelmäßig das Handy Über 90 % sehen regelmäßig fern 69 % der Zwölf- bis Dreizehnjährigen nutzen das Internet alleine Ca. 50 % der Zwölf- bis Dreizehnjährigen chatten alleine Über 90 % sehen regelmäßig fern U-Musik ist die Handy, Computer; Fernseh- und Internetzugang ist nahezu beliebteste, vollständig gegeben vier von fünf 81 % verwenden täglich das Handy und 73 % das Internet Jugendlichen Bei der Fernsehnutzung essen und trinken 57 % und 56 % hören mindestens verwenden das Handy oder Smartphone, das Internet wird mehrmals pro dabei von 49 % verwendet Woche Radio oder MP3Dateien. 94 % treffen sich mit Freuden 76 % unternehmen etwas mit den Eltern 83 % treffen sich mit Freunden 28 % unternehmen etwas mit den Eltern 68 % der Mädchen und 77 % der Jungen betreiben regelmäßig Sport Quelle: Eigene Darstellung In der JIM Studie von 2013 (S. 9) heißt es hierzu: „Etwa jeder vierte Jugendliche unternimmt in der Freizeit etwas gemeinsam mit der Familie (27 %) oder macht selbst Musik (23 %), etwa in einer Band, einem Chor oder durch das Erlernen eines Instruments.“ D. h. nonformale musikbezogene Aktivitäten werden hier mit einbezogen. 90 Dr. Armin Langer Es kann festgestellt werden, dass musikbezogene Aktivitäten mit zunehmendem Alter abnehmen und Beschäftigungen in autonomen, sozialen, medialen und rezeptiven Bereichen zunehmen. Daher kann angenommen werden, dass die oben angeführten, in außerschulischen Kontexten erworbenen Schemata und Skripte Einfluss auf die Bewertung und Bedeutungszuweisung schulmusikalischen Unterrichts nehmen. Schülererwartungen an schulischen Musikunterricht und musikdidaktische Intentionen seitens des Lehrers stehen mitunter diametral gegenüber. Allerdings ist dieser Sachverhalt viel zu komplex und zu wenig untersucht, um hier Kausalitäten herzustellen.91 Dennoch sei hier der Versuch unternommen auf der Basis der vorliegenden Darstellungen Hinweise zu geben, die grundlegende Merkmale von Freizeitbeschäftigungen nachzeichnen und damit Situationen generieren, die von Kindern und Jugendlichen häufig aufgesucht werden und damit die Entstehung von Bewertungsschemata und -skripten forcieren: Informelle Lernkontexte: Freizeitaktivitäten, Mediennutzung und musikbezogenen Aktivitäten Merkmale von Situationen, die häufig aufgesucht werden: Zusammensein mit anderen in interaktiven Kontexten. Die Nutzung des Internets (Handy usw.) steigt mit zunehmendem Alter, besonders zu kommunikativen Zwecken. Das Fernsehen besitzt einen hohen Stellenwert. Das Hören von Musik besitzt einen hohen Stellenwert. Aus dieser Auflistung ergibt sich einerseits das Bedürfnis etwas mit anderen zu tun oder sich auszutauschen und andererseits besteht eine Motivation nach individueller audiovisueller Rezeption bzw. Kommunikation. Da anzunehmen ist, dass Kinder- und Jugendliche über weitreichende musikbezogene Bewertungsschemata und -skripte verfügen, sei hier nochmals auf das EMR-Modell von Schramm, Wirth und Hofer verwiesen, mit dem als kommunikativen Instrumentarium in formalen Kontexten schulischen Musikunterrichts eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung erfolgen könnte, Schülern ihre Bewertungsschemata und -skripte bewusster zu machen. 91 Vgl. Heß, 2011, S. 23 Dr. Armin Langer In Anlehnung an dieses Modell könnten folgende musikbezogene Rezeptionskontexte nach positiver oder negativer Bewertung bzw. Bedeutungszuweisung diskutiert werden: 1. Die Musik betreffend, d.h. erste Bewertungen von Hörbeispielen, Videos, Konzertbesuchen etc., o Ebene der freien Beschreibung. 2. Die Dimensionierung betreffend, z. B. historische Kontexte, Livedarbietung oder Medien, Sounddesigns und Stilistik, o Recherche und vertiefende Auseinandersetzung. 3. Die Rezeptionssituation betreffend, d.h. reale oder imaginierte Situationsbewertung des Kontextes, in der man die Musik hört. o Z. B. In welcher musikbezogenen Situation würde ich wie handeln? 4. Assoziationen betreffend, d.h. jegliche reale oder imaginierte Gedanken, die beim Hören und Sehen von Musik entstehen, o Z. B. Welche Erfahrung habe ich mit welcher Musik? Mit welchen Vorstellungen und Erwartungen nehme ich Musik wahr? 5. Die Interaktion zwischen musikalischem Geschehen und der Rezeptionssituation betreffend, d.h. unter welchen situativen Umständen und Bedingungen hört man Musik mit welcher subjektiven Bewertung. o Z. B. Welche musikbezogenen Kontexte passen zu welchen Situationen? Diese in heuristischer Absicht angeführte Komplexion möglicher Kommunikationsansätze ist keinesfalls als umfassend oder abgeschlossen zu verstehen. Vielmehr kann sie als Impuls dienen, Kommunikationsprozesse über musikbezogene Bewertungskriterien und Bedeutungszuweisungen kritisch zu überdenken und dahinterstehende Schemata und Skripte bewusst zu machen. Dr. Armin Langer Literaturliste Bildung in Deutschland 2012. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zur kulturellen Bildung im Lebenslauf. Bielefeld 2012. Online: http://www.bildungsbericht.de/zeigen.html?seite=10222 (Abfrage: 01.03.2015) Brandstätter, Veronika / Otto, Jürgen, H.: Motivation und Emotion: Eine Einführung. 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