1 Volkmar Lehmann, Hamburg 1.9. DER RUSSISCHE ASPEKT 1. Der grammatische Charakter des Aspekts im Russischen 2. Die Aspektfunktionen 3. Die aspektuelle Derivation 4. Die aktionalen Lexemtypen 5. Aspekt und Tempus/ Modalität Literatur Abkürzungen: AT = Aspekt-Tempus, E = ‘Ereignis’, LAF = lexikalische aktionale Funktion, V = ‘Verlauf’. 1. Der grammatische Charakter des Aspekts im Russischen Es besteht Einigkeit darüber, daß der russ. Aspekt eine grammatische Kategorie ist und darüber, welche Verben dem perfektiven (pf.) und dem imperfektiven (ipf.) Aspekt angehören (auch vollendeter - unvollendeter Aspekt, russ. sover‚ennyj - nesover‚ennyj vid). Letzteres beruht auf systematischen Funktionsoppositionen. Dagegen wird der formale Typ der grammatischen Kategorie Aspekt verschieden beurteilt, und in direktem Zusammenhang damit gibt es starke Meinungsverschiedenheiten darüber, welche Verben Aspektpaare bzw. -partner sind. Im Russ. lassen sich drei Typen grammatischer Kategorien unterscheiden, die hier durch das Verhältnis zwischen lexikalischem Stamm und grammatischen Funktionen definiert werden: • der flektivische (slovoizmenitel´nyj) Typ, vertreten u. a. durch Kasus, Numerus, Genus der Adjektive, Tempus im Indikativ; Kasus und prinzipiell Numerus der Substantive; die grammatischen Funktionen werden prinzipiell nicht vom lexikalischen Stamm impliziert (z. B. Kasus, Numerus, Genus in novym); • der klassifizierende (klassificiruüwij) Typ, vertreten durch das Genus der Substantive (vgl. stol - stena - okno); die grammtischen Funktionen werden immer vom lexikalischen Stamm impliziert; • den derivationalen (slovoobrazovatel´nyj) Typ; die grammatischen Funktionen werden einerseits vom lexikalischen Stamm impliziert, andererseits im derivierten Stamm mit grammatischem Affix formal markiert . Der russ. Aspekt wird je nach Betrachtungstradition allen drei Typen zugeordnet; zur flektivischen Auffassung vgl. VINOGRADOV (1972, 395); 2 MASLOV 1984; ISACˇENKO (1968, § 203); zum Aspekt als klassifizierende Kategorie vgl. AVILOVA (1976, 41); LEHMANN 1988; PADUCˇEVA 1996. Anmerkung: VINOGRADOV kann mit seiner Monographie von 1947 als ein der traditionellen Linguistik verbundener, MASLOV mit den nach 1948 erschienen Arbeiten im Sammelband von 1984 als ein strukturalistischer Klassiker der Aspektologie bezeichnet werden. In neuerer Zeit sind mehr Fragen einer funktionsorientierten Aspektbeschreibung hervorgetreten, dazu können BONDARKO 1971; 1989; GLOVINSKAJA 1982; 1989; oder PADUCE µ VA 1996 als repräsentative russ. Beiträge gelten. Außerhalb der Slavistik haben sich neuerdings SMITH 1991 und KLEIN 1995 eingehender zum russ. Aspekt geäußert. Nach der Akademiegrammatik von 1980 ist der Aspekt eine nichtflektivische Kategorie (neslovoizmenitel´naä kategoriä), das Aspektpaar (mit seltenen Ausnahmen) eine Opposition verschiedener Verben, zwischen denen eine Beziehung der Wortbildungsmotivierung besteht (§ 1388). Allerdings wird die Spezifik einer derivationalen grammatischen Kateorie nicht näher erläutert, der Autor des Abschnitts selbst, BONDARKO, sieht den Aspekt als flektivische Kategorie. Einen derivationalen Charakter und damit eine Sonderstellung aus typologischer Sicht erkennt dem slavischen Aspekt auch DAHL 1985 zu (vgl. auch BYBEE ET AL. 1994). In der folgenden Darstellung wird vom Aspekt als derivationaler grammatischer Kategorie ausgegangen. Grammatisch ist der Aspekt deshalb, weil tendenziell jede lexikalische Bedeutung eines Verbs in einer oppositiven Konfiguration mit Aspektfunktionen auftritt (Kriterium der Obligatheit). Derivational ist der Aspekt deshalb, weil die grammatische Opposition formal und funktional auf Wortbildungsprozesse zurückzuführen ist. Der motivierende Stamm impliziert mit seiner lexikalischen Bedeutung einen aspektuellen Default, also eine durch Umgebungsfaktoren („Kontext“) revidierbare funktionale Voreinstellung, z. B. impliziert die lexikalische Bedeutung von otkryt´ die Funktion des pf. Aspekts ‚episodisches Ereignis’ (s. 2.4.; „A impliziert B“ wird hier verwendet im Sinne von „ist A gegeben, wird auf B geschlossen“). Durch Affigierung mit -va- wird dieser Default geändert, so daß dann otkryvat´ die Default-Funktion des ipf. Aspekts ‘kein episodisches Ereignis’ hat. Diese Operation ist in wesentlichen Teilen analog der Bildung von abstrakten Substantiven aus Verben oder Adjektiven, vgl. çitat´ > çtenie, belyj > belizna, oder der Ableitung von Partizipien und Adverbialpartizipien aus Verben. Resultat des Prozesses ist immer eine Opposition, bei der das motivierende Wort mit der lexikalisch implizierten Funktion einer Kategorie angehört, z. B. çitat´ der Kategorie Verb, grammatisch aber einer bzw. der oppositiven Kategorie, çtenie der Kategorie Substantiv. Der Bildung der russ. Aspektopposition entspricht zwar nicht eine bestimmte Affigierungsrichtung, insgesamt besteht aber ein komplementäres derivationales System (s. 3.). 3 Der sich nun anschließenden Behandlung der Aspektfunktionen (s. 2), ihrer Entsprechungen in den Derivationsformen (s. 3.), ihrer lexikalischen Basis (s. 4.) und ihrer Kombination mit temporalen und modalen sowie pragmatischen Funktionen (s. 5.) liegt das Prinzip einer motivationalen Kombinatorik zugrunde: die Funktion einer motivierenden Einheit wird erweitert durch die Kombination mit einer anderen Einheit zu einer Konfiguration von Funktionen, diese Funktionskonfiguration wird ihrerseits durch Kombination zu einer größeren Konfiguration erweitert, usw. („Konfiguration“ steht hier, in Ausweitung des Begriffs von KAROLAK, z. B. 1997, für eine Kombination von Funktionen). Ausgangspunkt dieser Kette von Kombinationen beim Aspekt sind lexikalische Funktionen. Die Funktion der motivierenden Einheit ist ein Default, d.h. sie geht ohne Veränderung in eine größere Konfiguration ein, wenn sie nicht durch Umgebungsfaktoren verändert wird. Die wichtigste motivationale Kombination vorwegnehmend sei gesagt, dass entsprechend der derivationalen Natur des russ. Aspekt gilt: bei pf. telischen Verben (predel´nye glagoly) impliziert die telische lexikalische Funktion die Aspektfunktion und die ipf. Derivate übernehmen lexikalische Funktionen atelischer Verben. Z. B. impliziert die telische Funktion von pf. otkryt´ ‘öffnen’ dessen Funktion ‘Ereignis’ (celostnost´), das ebenfalls telische ipf. Derivat otkryvat´ hat u.a. die Funktion ‘Verlauf’ (Situation mit mehreren Phasen, vgl. smotri, ona otkryvaet okno), eine Funktion also, die bei ipf. atelischen Verben wie plakat´ ‘weinen’ oder spat´ ‘schlafen’ von deren atelischen lexikalischen Funktion impliziert wird. Umgekehrt haben die (atelischen) Derivate dieser (atelischen) Verben durch die Derivation die Funktion ‘Ereignis’, vgl. pf. poplakat´, zaplakat´, pospat´. Obwohl auch wichtige aktuelle Autoren wie BONDARKO (s. o.), GLOVINSKAJA 1982 oder APRESJAN 1995 den Aspekt als flektivische Kategorie ansehen, kann doch eine forschungsgeschichtliche Tendenz hin zum Aspekt als derivationaler Kategorie postuliert werden. Bei den im Folgenden zu betrachtenden aspektuellen Funktionen gibt es demgegenüber weniger eine forschungsgeschichtliche Entwicklungstendenz, als mehr eine Gruppe konstant genannter Funktionen, der eine mit wechselnder Zahl und Definition ausgestattete Gruppe von Funktionen gegenübersteht. 2. Die Aspektfunktionen 2.1. Aktionalität und zeitliche Lokalisierung Funktionen können allgemein als „Anwesenheitsfolge“ von sprachlichen Formen in einem kommunikativen Zusammenhang bestimmt werden. Wenn nicht anders gesagt, sind hier mit Funktionen nur Bedeutungen von Morphemen bzw. Ausdrücken oder Komponenten von Bedeutungen 4 gemeint, seien es atomare Funktionen oder Konfigurationen von Funktionen. Zwischen dem Aspekt und anderen Kategorien, besonders dem Verballexem und dem Tempus, gibt es sehr enge funktionale Wechselbeziehungen (Interaktionen, vzaimodejstviä), die gegenwärtig ein zentrales Feld linguistischer Aspektforschung darstellen. Voraussetzung für brauchbare Ergebnisse ist die begriffliche Trennung der interagierenden Komponenten. Der Aspekt ist das Ergebnis der Grammatikalisierung bestimmter aktionaler Funktionen und zeitlicher Lokalisierungsfunktionen. Neben den Aspekten haben aktionale Funktionen vor allem auch Lexeme und die Tempora (vremena glagola) zeitliche Funktionen. Die aktionalen Funktionen verschiedener Formkategorien bilden die Kategorie der Aktionalität (aspektual´nost´), die entsprechenden zeitlichen Funktionen verschiedener Formkategorien bilden die Kategorie der zeitlichen Lokalisierung. Beide gehören zur Kategorie der Zeit (temporal´nost´, dt. auch: Temporalität): die Aktionalität bezieht sich auf die innere zeitliche Relationierung von Bestandteilen aktionaler Situationen (s. dazu JACHNOW 1995), und umfaßt die Kategorien der aktionalen Gestalt, der aktionalen Häufigkeit, der Phasenprofilierung (alle können Lexem-, Aspekt- und Satzfunktionen sein, s. 2.2 und 4.), der Dynamik und der Dauer (beide sind nur Lexem- oder Satzfunktionen, s. 4.3.). Die zeitliche Lokalisierung bezieht sich auf die Relationierung der aktionalen Gesamtsituation zu anderen Entitäten und umfaßt die Kategorien der Episodizität (Aspektfunktionen, s. 2.3.) und der Chronologie (Tempusfunktionen, s. 5.1.). 2.2. Die aktionalen Aspektfunktionen Verben bezeichnen aktionale Situationen. Die Gestalt einer aktionalen Situation beruht darauf, daß diese eine bestimmte innere Struktur hat. Je nach Typ realisiert die Situation ein zeitliches Ablaufschema, sie durchläuft bestimmte Stadien. Der Eintritt eines neuen Stadiums besteht in einer Veränderung des bestehenden „Weltzustandes“. Eine Situation durchläuft meist mehrere Stadien, sie kann aber auch nur ein Stadium besitzen (ähnlich s. KLEIN 1995). Ein Ereignis, z. B. das Öffnen oder das Grüßen, ist eine aktionale Situation, die aus Vorstadium, Phasenstadium aus einer Phase und Nachstadium besteht. Ein Verlauf, z. B. das Spazierengehen, das Weinen oder das Schlafen, ist eine Situation mit Vorstadium, Phasenstadium aus mehreren Phasen und Nachstadium. Eine stative Situation, z. B. das Kennen oder Bedeuten, ist eine Situation, die nur aus einem Stadium ohne Phasen besteht. Im Schema: Ereignis: ---o---, Verlauf: ---ooooo---, stative Situation: ---. (Über die Beziehung zu den Begriffen ‘homogen’ und ‘heterogen’ s. 4.1.) 5 Intervalle im Sinne von zeitlichen Abschnitten gibt es also nur zu Ereignissen (geschlossenes Intervall) und Verläufen (offenes Gesamtintervall mit den Phasen als Teilintervallen). Stativen Situationen ist kein Zeitintervall zugeordnet. Hat eine Situation mehrere Phasen, ist sie also ein Verlauf, so kann der Anfang, eine innere Phase oder das Ende der Situation profiliert werden (zur Profilierung s. LEHMANN 1996). Vgl. (mit Akzentzeichen auf der profilierten Phase): slu‚aj, A. igraet ---ooóoo--- (progressive Funktion) zaigrat´ ---óoooo--- (ingressive Funktion) otygrat´ ---ooooó--- (egressive Funktion) Bei der Profilierung von Anfang oder Ende wird genau eine Phase und nur diese profiliert, so daß die Situation als Ereignis aufgefaßt wird. Bei der Profilierung einer inneren Phase gibt es keine Festlegung, um welche der inneren Phasen es sich handelt, so daß die Situation als Verlauf aufgefaßt wird. (Mit Phasenverben wie naçat´ - naçinat´ oder Verben wie zapet´ - zapevat´ ‘[ein Lied] anstimmen’ ist die Profilierung lexikalisiert, denn das Lexem kann seinerseits wieder aspektualisiert werden und progressive Funktion haben. Bei der aspektuellen Profilierung, z. B. zaigrat´, otygrat´, ist die Ableitung eines ipf. Partners nicht möglich.) Die Phasenprofilierung (s. CHRAKOSVKIJ 1990) wird in der slavistischen Aspektologie in verschiedenem Umfang zum Aspekt gerechnet. Während die Profilierung mit der progressiven Funktion unstrittig als eine oder sogar die „invariante“ Funktion (z. B. PADUCE µ VA,1996) des ipf. Aspekts gilt, wird die ingressive Funktion des pf. Aspekts häufig nur in Ausdrücken wie oni po‚li bystree anerkannt (nicht aber im ingressiv markierten zagovorit´, zaçitat´) und die implizite egressive Funktion in Kontexten wie [-Ty u e polçasa odevae‚´sä.] - Ä odenus´ çerez pät´ minut, nicht aber im egressiv markierten otgovorit´, otçitat´. Entsprechend der hier vorgenommenen Operationalisierung ist die Profilierung der Anfangs- oder End-Phase bei Verben ohne eigenen Aspektpartner grammatisch (Funktion peripherer Aspektpartner, vgl. çitat´ : zaçitat´, otçitat´), die mit eigenem Aspektpartner lexikalisch (vgl. zapet´ : zapevat´; naçat´ : naçinat´). Bei einer Situation kann auch die Ereignis-Phase oder ein phasenloses Stadium profiliert werden, vgl. die Beispiele von KNJAZEV (1989, 24): gorod byl bystro okru en (- gorod bystro okru ili) ‘profiliertes Ereignis’ | ---ó--- | gegenüber gorod byl dolgo okru en (- *gorod dolgo okru ili) profiliertes Nachstadium | ---o--´- |. 6 2.3. Die Funktionen ‘episodisch’ - ‘nichtepisodisch’ Wird eine Situationsphase und nur diese zeitlich in bestimmter Weise lokalisiert, dann ist die Situation episodisch. Prototypisch episodische Situationen haben den Charakter direkt beobachtbarer Situationen. Per Default bezieht sich ein pf. Verb (einphasige Situation) auf eine episodische Situation, ebenso ein ipf. Verb in progressiver Funktion (Situation mit einer profilierten Binnenphase), und auf nichtepisodische Situationen beziehen sich ipf. Verben in stativer Funktion (phasenlose Situation), in iterativer (mehrere Phasen) und in allgemeinfaktischer Funktion (zeitlich nicht in bestimmter Weise lokalisiert; zu den Funktionen s. 2.4.). Da Episodizität direkter sprachlicher Reflex konkreten sensumotorischen Erlebens ist, wird mit ihr die Beziehung der aktionalen Situation zum psychischen Jetzt, d. h. zur subjektiven zeitlichen Lokalisierung, erfaßt (s. LEHMANN 1994). Eine aktionale Situation wird nicht nur z. B. bezüglich der Sprechzeit lokalisiert, sondern auch bezüglich des Zeitpunktes der kognitiven Verarbeitung, also der Produktion durch den Sprecher/ Schreiber bzw. der Rezeption durch den Hörer/ Leser. Auf diesen Zusammenhang zielen in der Literatur Begriffe wie „zeitliche Lokalisierung“ (s. BONDARKO 1989), „Beobachtungszeit“, „Aktualität“ oder „Zeitstellenwert“ (KOSCHMIEDER, u.a. 1934), „+Time“, (THELIN, u. a. 1990), „Konkretheit“ u. a.; mit ähnlichem Inhalt wird von „Bezugsmoment“ bei aspektuellen Funktionen (s. SCHELJAKIN/ SCHLEGEL 1970), von „Referenzzeit“, „Vorstellungszeit“ bei Tempusfunktionen (s. 5.1.) gesprochen. Es handelt sich jeweils um verschiedene Momente eines Zusammenhangs, die in einer integralen Beschreibung als „subjektive zeitliche Lokalisierung“ unter Bezugnahme auf das psychische Jetzt zusammengeführt werden können. Eine subjektive zeitliche Lokalisierung ist die Konfiguration aus einer chronologischen Relation zwischen aktionaler Situation und psychischem Jetzt (PJ) als Lokalisator (s. auch 5.1.; LEHMANN 1992a). Z. B. wird mit A. otkryvaet B. ‘A. öffnet gerade B.’ das Öffnen als gleichzeitig zur Sprechzeit lokalisiert. In diesen subjektiv lokalisierenden Konfigurationen umfaßt Episodizität die Art der Beziehung zu den Komponenten der aktionalen Situation (während die Art der chronologischen Relation, z. B. ‘vorzeitig’, zu den Tempusfunktionen gehört, s. 5.1). Episodisch nenne ich aktionale Situationen, wenn eines ihrer Stadien gleichzeitig zum PJ ist, nichtepisodisch solche Situationen, bei denen dies nicht der Fall ist (bei denen nur ein Stadium vorhanden und/ oder eines der Stadien nicht gleichzeitig zum PJ ist). Die folgenden Beispiele zur Episodizität sind Fälle deiktischer (sprechzeitorienierter) Tempusverwendung (s. 5.1.; das PJ, erscheint als Unterstreichung bzw. als tiefliegender Querstrich; in Klammern die Funktion des ipf. Aspekts, s. 2.4.) Stadium gleichzeitig zum PJ -> episodisch: 7 Smotri, A. otkryl äwik. | ---o--- | pf. A. otkroet äwik. | ---o--- | pf. Smotri, A. otkryvaet äwik. | ---ooooo--- | (progress.) Stadium nicht gleichzeitig zum PJ -> nichtepisodisch: Ty u e otkryval qtot äwik? | ---o--- _ | (allgem.fakt.) Ty bude‚´ otkryvat´ äwik? | _ ---o--- | (allgem.fakt.) A. obyçno otrkyvaet äwik. | ---o--- _ ---o--- | (iterativ) Situation ohne profilierte Phase -> nichtepisodisch: A. znaet äwik. | --- | (stativ) Zwischen Episodizität und aktionaler Häufigkeit (kratnost´, povtoräemost´; mit den Funktionen ‘einmalig’, ‘wiederholt’, Ø = ‘ohne Zählung’) bestehen folgende implikative Relationen: Episodische Situationen sind per Default einmalig, wiederholte Situationen sind per Default nichtepisodisch (= iterative Funktion), beide Defaults können kontextuell verändert werden (s. 2.4. alternative Funktionen). Bei dieser Häufigkeit geht es um aktionale Situationen, wiederholte Phasen innerhalb eines Verlaufs bilden „frequentative Verläufe“, vgl. maxat´ ‘winken’. Stative Situationen sind immer nichtepisodisch und per Default ohne Zählung; zu syntaktisch motivierten alternativen Funktionen s. 2.4; zur aktionalen Häufigkeit s. CHRAKOVSKIJ 1989. 2.4. Die inhärenten und kombinatorischen Aspektfunktionen Die aktionalen Aspektfunktionen sind die der Gestalt, der aktionalen Häufigkeit und der Phasenprofilierung und bilden zusammen mit der Aspektfunktion der Episodizität eine Konfiguration ‘Gestalt x & Häufigkeit y & Phase z & Episodizität w’. Die Werte für Gestalt und Episodizität sind entweder als inhärente Funktionen des Aspekts vorgegeben oder es sind Variablen (Tabelle unten: „x“), die durch die Umgebung (wortforminterner „Kontext“, Ko-Text, implizierter Kontext; hier: die lexikalische aktionale Funktion, s. 4.) determiniert werden. Die Funktionen für Häufigkeit und Profilierung sind Implikationen (Tabelle unten: rechts vom Doppelstrich) oder sie werden ebenfalls durch Werte der Umgebung des Aspekts determiniert. Neben der erwähnten Implikation ‘episodisch’ -> ‘einmalig’ gilt die Implikation ‘episodischer Verlauf’ -> ‘Profilierung der Binnenphase’. Die implizierten und die von der Umgebung determinierten Funktionen sind als peripher anzusehen, die anderen Aspektfunktionen als zentral. Vgl. die folgenden Tabelle mit der Standardfunktion des pf. Aspekts (‘perfektivisch’, konkretnofaktiçeskoe, auch toçeçnoe znaçenie), vgl. k veçeru Petä re‚il zadaçu, und den Funktionen ‘progressiv’ (aktual´no-dlitel´noe/ konkretno-processnoe znaçenie‘), vgl. Smotri, Petä re‚aet zadaçu, und ‘nichtepisodisch’ des ipf. Aspekts: Aspekt pf. Ereignis + Verlauf - episod. + einmalig + Phase x 8 ipf.1. ipf.2. x Konfiguration der Aspektfunktionen + x inhärenten + (zentralen + x und Binnen implizierten) Die Ersetzung der Variablen durch bestimmte Werte führt zu Funktionsvarianten der Funktion ‘nichtepisodisch’ des ipf. Aspekts. Varianten sind Funktionen, bei denen aufgrund der Kombination mit Umgebungsfaktoren in der Konfiguration mehr Variablen als bei der Standardfunktion besetzt sind, und die nicht im Widerspruch zur Explikation der Standardfunktion stehen. Zu ‘nichtepisodisch’ sind die Varianten: • stative Funktion ‘ weder Ereignis, noch Verlauf’ (-> nichtepisodisch): A. znala ego. • iterative Funktion ‘Ereignis und/ oder Verlauf & nichtepisodisch & wiederholt’: Utrom A. otkryvala ego. • allgemeinfaktische Funktion ‘Ereignis und/ oder Verlauf & nichtepisodisch & ohne Zählung & ungleichzeitig’, vgl. A. u e otkryvala ego (s. GLOVINSKAJA 1982; PADUCE µ VA 1996). Sie sind in der folgenden Tabelle zusammen mit den anderen zentralen Aspektfunktionen aufgeführt (Ø für ‚ohne Zählung’): Aspekt pf. ipf.1. Funktion Ereignis Verlauf + progress. + stativ ipf.2. iterativ x x allg.-fkt. x x Die kanonischen Aspektfunktionen episod. + + - einmlig + + Ø Ø Phase x Binnen x x Die hier genannten Funktionen sind diejenigen, die konstant in der Literatur genannt werden. Hinsichtlich ihrer Funktionskomponenten sind sie komplementär und werden hier der Einfachheit halber „kanonische Aspektfunktionen” genannt. Über die Menge und Bestimmung der hier als alternative Funktionen und Varianten bezeichneten Funktionen besteht dagegen in der Literatur keine Übereinstimmung. Die kanonischen Aspektfunktionen sind Standardfunktionen, d. h. funktionale Defaults, sie gelten demnach als Vorannahme in minimalen Kontexten, können jedoch durch Gegeninformationen in der Umgebung geändert werden. Funktionen von F, deren Explikation (Funktionsbeschreibung) im Widerspruch zur Explikation der Standardfunktion oder ihren Implikationen stehen, sind alternative Funktionen. So wiederspricht die sogen. exemplarische Funktion des pf. 9 Aspekts, vgl. A, byvalo, pridet i otkroet okno mit ‘nichtepisodisch, mehrmalig’ den pf. Standardfunktionen Funktionen ‘episodisch -> einmalig’ (daneben mit ‘narrativ-präterital’ der temporalen Standardfunktion des ipf. Präsens); entsprechendes gilt für die sogen. summarische Funktion des pf. Aspekts, vgl. A. neskol´ko raz otkryla okno mit der Funktionskomponente ‘mehrmalig’. Standardfunktion und alternative Funktion(en) bilden funktionale Alternationen, eine ist, wie die Beispiele zeigen, die Alternation ‘einmalig’ / ‘mehrmalig’. Vor allem diese alternativen Funktionen sind Anlaß einer breiten, nicht enden wollenden Diskussion über aspektuelle Grund-, Gesamtbedeutungen und invarianten Bedeutungen. Angesehen werden als solche oft die Funktion des pf. Aspekts (vgl. BARENTSEN 1995 als jüngeres Beispiel) und die Funktion ‘progressiv’ (vgl. PADUCE µ VA 1996) des ipf. Aspekts (Überblick zur Invarianten-Diskussion s. GLOVINSKAJA 1982, 7-16; Literatur zu den Aspektfunktionen in 5.1.). Wenn diese oder analoge Funktionen als Invariante oder als „Gesamtbedeutung“ bezeichnet werden, dann kann dies für den pf. Aspekt nur im Sinne eines Defaults akzeptiert werden, der durch Kontext, wie im Falle der erwähnten exemplarischen oder summarischen Funktion, verändert werden kann. Für den ipf. Aspekt gibt es als denkbare „Invariante“ nur die Negation der pf. Standardfunktion ‘kein episodisches Ereignis’, aber selbst diese Funktion erscheint nicht in allen Verwendungen des ipf. Aspekts, denn ipf. Verben können in bestimmten Kontexten die Funktion ‚episodisches Ereignis‘ haben, etwa im performativen Präsens (vgl. pro‚u; = popro‚u), sowie im historischen Präsens (vgl. vçera A. prixodit i srazu otkryvaet okno = vçera A. pri‚la i srazu otkryla okno) und anderen Fällen des sogen. piktorialen Präsens (nastoäwee ivopisnoe), wie dem („szenischen“) Präsens der Bühnenanweisungen, dem Präsens der Direktreportage, dem Präsens von Inhaltsangaben, oder im - historische Sprachzustände konservierenden - Präteritum zu Redeerwähnungen (vgl. „...“ govorila/ otveçala A.). Die negative „Invariante“ des ipf. Aspekts ist also genauso ein revidierbarer Default wie die positive „Invariante“ des pf. Aspekts. Wenn Funktionen weder Varianten noch konventionalisierte Alternativen der Standardfunktion sind (d.h. Polysemien bilden), liegen (alternative oder nicht alternative) syntaktisch motivierte Funktionen vor. So können stative, damit per Default nichtepisodische Verben episodisch, d. h. mit alternativer Ereignisfunktion gebraucht werden, ohne daß dies in die Explikation der konventionalisierten lexikalischen oder grammatischen Funktion eingeht, vgl.: Golosovali, i vdrug ego mnenie bol´‚e ne sootvetstvovalo mneniü bol´‚instva. 10 3. Die aspektuelle Derivation Die russ. Verbalstämme können in Kreuzklassifikation zu den morphologischen Stammklassen oder „Formbereichen“ sämtlich auf zwei Paradigmen verteilt werden: auf die ohne aktionales Affix, d. h. die (aktional formal) unmarkierten Aspektstämme und auf die mit aktionalem Affix, d. h. die (aktional formal) markierten Aspektstämme. Zwischen den Stämmen mit einem gemeinsamem Formanteil und gemeinsamer lexikalischer Bedeutung besteht, wie in 1. erläutert, eine aspektuelle Derivationsbeziehung. Die Kombination eines Stammes mit den aspektuellen Affixen, z. B. mit einer Variante des imperfektivierenden Suffixes {-iva-} oder mit dem perfektivierenden Präfix {pro-}, hat folgende Auswirkungen: Es entstehen neue, aspektuell markierte Stämme, die in regelmäßiger funktionaler Opposition zu den aspektuell unmarkierten Stämmen stehen. So entspricht der formalen Opposition zwischen den Stämmen mit den Wortformen otkroü und otkryvaü oder pi‚u und napi‚u z. B. die funktionale Opposition ‘präsentisch’ - ‘futurisch’. Damit gibt es zu tendenziell allen verbalen lexikalischen Konzepten jeweils zwei oder mehr Verben, hier otkryt´ und otkryvat´, çitat´ und proçitat´, die sich jeweils auf zwei funktional oppositive Paradigmen verteilen. Diese funktional oppositiven Paradigmen haben grammatischen Status, denn sie bilden den pf. und den ipf. Aspekt als Subkategorien der grammatischen Kategorie Aspekt. Mit der Derivation entstehen somit nicht nur formal markierte Aspektstämme wie otkryvat´ oder napisat´, es ändern auch die aspektuell unmarkierten Verbstämme ihren Status, sie werden Aspektstämme. Vor der bzw. ohne die Derivation bilden sie ein rein lexikalisches Paradigma wie im Deutschen. Die typische Derivationsbeziehung im Russ. erfolgt in einem Dreierschritt: ipf. Simplex, pisat´ > (lexikalische Derivation) präfigiertes pf. Verb spisat´, > (Derivation von Aspektpartnern) suffigiertes ipf. Verb spisyvat´. An die Stelle der alten Kontroverse, ob es eine Ableitung von Aspektpartnern mit „leeren“ (rein grammatischen) Präfixen überhaupt gibt, ist in neuerer Zeit die Kontroverse darüber getreten, welche Präfixe Aspektpartner sind und damit grammatischen Status haben. Wenn gilt, daß, wie oben postuliert, die lexikalische Bedeutung bei grammatischer Derivation gleich bleibt und die Aspektopposition nur die aktionale Gestalt, die Episodizität sowie deren Implikationen und Varianten, nämlich aktionale Häufigkeit und Phasenprofilierung betrifft, dann gehören auch ingressive Verben wie zagovorit und egressive wie otgovorit´ zu den Aspektpartnern von govorit´, allerdings als periphere Partner (s. u.). Dieser systematischen Bestimmung der Aspektpartner entspricht die im 11 Grammatikalisierungsprozeß zum Ausdruck kommende Tendenz, alle Aspektfunktionen für alle lexikalischen Bedeutungen zur Verfügung zu haben und dafür auch nicht völlig delexikalisierte Affixe wie das Präfix {po-} heranzuziehen. Die auf diese Weise durch funktionale Kriterien bestimmten Partnerbeziehungen wurden in LEHMANN 1988 als funktionale Aspektpartner bezeichnet (s. u. a. auch CµERTKOVA 1996). • Lexikalische Derivation findet statt, wenn die lexikalische Bedeutung verändert wird; das Derivat hat typischerweise einen eigenen Aspektpartner, vgl. vojti, spisat´, peredelat´; vyigrat´, zabyt´; osedlat´, belet´. Ohne eigenen Aspektpartner sind Aktionsart-Verben (s. 4.4.) wie çityvat´, naexat´ 1000 kilometrov, nabegat´sä, vgl., bei ISACE µ NKO (1968, 390-413) die evolutive, exhaustive, totale, saturative, kumulative, ironisch-resultative usw. Aktionsart, die im Grunde nichts anderes als Wortbildungstypen sind. • Aspektuelle Derivation (= Derivation von Aspektpartnern): - Derivation ipf. Aspektpartner durch Suffigierung mit {-iva-} = {-iva/yva-, -va-, -a-}: spisyvat´, otkryvat´, re‚at´, s. AG (1980, §1397-1405); - Derivation pf. Aspektpartner durch Präfigierung, vgl. stroit´postroit´, s. AG (1980, §1395-6) und durch Suffigierung mit {-nu-}; - Suppletive Aspektpartner wie vzät´ - brat´, skazat´- govorit´. • Standard- und periphere Aspektpartner: Alpha-Verben (s. u.) sind Standardpartner. Gibt es zu einem alpha-Verb pro lexikalische aktionale Funktion (LAF, s. 4.2.) mehrere Aspektpartner, dann ist das Verb mit der abstraktesten Funktion der Standardpartner (Operationalisierung: das mit der am wenigsten komplexen Explikation und/ oder der größten Zahl an Aspektfunktionen), die anderen Verben sind periphere Partner. So unterscheidet sich die Funktion von pogovorit´ von der lexikalischen Funktion dieses Verbs nur durch die Funktion ‘episodisches Ereignis’, zagovorit´ und otgovorit´ daneben auch noch durch ‘Anfang’ bzw. ‘Ende’ (komplexere Explikationen). Çitat´ als ipf. Partner zu pf. proçitat´ hat mehr Aspektfunktionen als ipf. proçityvat´; analog zu pf. prijti: ipf. prixodit´ ist Standardpartner, idti in der Variante ‘kommen’ ist peripher; von den pf. Partnern re‚it´ und pore‚at´ zum ipf. re‚at´ ist re‚it´ als alpha-Verb Standardpartner, pore‚at´ peripher. Syntaktisch motivierte, d. h. nur aufgrund bestimmter kontextueller Ausdrücke, z. B. nicht inklusiver Zeitangaben, vorkommende Partner , vgl. ves´ den´ guläla - proguläla , sind als solche beide peripher. • Typen von Aspektpartnerschaften: - Als Aspektpaar im engeren Sinne können zwei Standardpartner ohne periphere Partner angesehen werden, z. B. prikazat´ - prikazyvat´. - Multiple Partnerschaften sind solche mit Standard- und peripheren Aspektpartnern, s. o. govorit´, çitat´, prijti. Eine Untergruppe bilden die sogen. Trojkas: pf. Derivat, mit ipf. motivierendem Verb und pf. sekundärem Derivat, z. B. çitat´ > proçitat´ > proçityvat´, s. z. B. PADUCE µ VA (1996, 123). 12 • Aspektuell defektive Verben: - Verben ohne Aspektpartner: z. B. oçnut´sä, stative Verben wie sootvetstvovat´ (s. 4.2.). Die Zahl der Aspektpartner ist sehr verschieden je nach Konzeption des Aspekts als grammatische Kategorie (s. 1.), sie reicht von wenigen Prozent der Gesamtsumme der Verben bei der Konzeption des Aspekts als derivationaler Kategorie bzw. funktionalen Aspektpartnern (s. CµERTKOVA 1996) bis zu einem Drittel bei der Beschränkung auf Partner mit Suffix (MASLOV 1984; ISACE µ NKO 1968; s. CµERTKOVA 1996). - Zweiaspektige Verben, vgl. ispol´zovat´, obsledovat´., s. AKADEMIEGRAMMATIK (1980, §§1406-7), CµERTKOVA/ CµANG (in Druck; mit Literaturangaben) zum Übergang von zweiaspektigen Verben zu Aspektpartnerschaften durch Derivation und zur Produktivität von partnerbildenden Präfixen. 4. Die aktionalen Lexemtypen 4.1. Telische Funktion und Ereignis-Funktion In der Russistik stehen für die inhaltliche Beschreibung aspektueller Funktionen seit längerem zwei Begriffspaare im Vordergrund: predel´nyj - nepredel´nyj (VINOGRADOV/ Moskauer Richtung), mit den westlichen Äquivalenten „telisch - atelisch“, z.T. auch „terminativ2 aterminativ“ oder „(nicht) grenzbezogen” und ‘celostnyj necelostnyj’ bzw. ‘ganzheitlich - nicht ganzheitlich’ (MASLOV/ Leningrader Richtung), hier als ‘Ereignis’ - ‘nicht Ereignis’. Im Westen wird in neuerer Zeit in diesem Zusammenhang, vor allem in der logischen Semantik, das Begriffspaar ‘homogene - heterogene Situation’ verwendet. Predel´nyj/ telisch wird eine Situation genannt, wenn die Semantik des Verbs eine innere, von der Natur der Situation vorgesehene Grenze anzeigt (so z. B. MASLOV 1984, 11) und die Situation daher nicht fortgesetzt werden kann, ohne eine andere Situation zu werden, vgl. z. B. das Öffnen einer Tür oder das Abschreiben eines Briefs. Nur telische Situationen sind mit inklusiven Zeitadverbialen verwendbar, vgl. Sie öffneten die Tür in wenigen Sekunden. *Sie weinten in wenigen Sekunden. Oni otkryli dver´ za neskol´ko sekund. *Oni plakali za neskol´ko sekund. Für atelische Situationen gilt das nicht. Sie könnten, wie das Weinen, Herumlaufen oder Schlafen fortgesetzt werden, ohne daß sich der Charakter der Situation (Handlung) ändert, oder sie sind stativ, so daß sich die Frage der (Nicht-)Fortsetzbarkeit nicht stellt. Ist eine Situation telisch, impliziert dies, daß sie per Default als Ereignis, d. h. als ganzheitlich aufgefaßt wird. Sie kann weder angefangen, beendet, unterbrochen etc. werden, vgl. *naçala spisat´/ otkryt´, noch den Hintergrund für eine andere Handlung darstellen. Durch aspektuelle 13 Derivation kann dieser Default geändert werden, vgl. naçala spisyvat´/ otkryvat´. Dabei ergibt sich eine Konfiguration, bei der das Erreichen der inneren Grenze zwar immer noch mitverstanden wird, jedoch nicht als Faktum, sondern als Möglichkeit des Abschlusses der Situation. Der Grund dafür ist, daß in dieser Konfiguration die progressive Funktion des ipf. Aspekts (als Ergebnis der Derivation plus Kontext) und die telische Funktion des Lexems zusammentreffen. Diese Konfiguration wird traditionell als ‘terminativ1’ bezeichnet (vgl. daneben ‘terminativ2’ auch anstelle von ‘telisch’). Diese terminative1 Funktion ist also eine lexikalisch bedingte Variante der progressiven Funktion. Atelische Verben haben per Default entweder keine progressive und damit auch keine terminative1 Funktion und kein pf. Derivat, weil sie stativ sind, vgl. znaçit´, sootvetsvovat´, oder sie sind nicht stativ und implizieren per Default die Verlaufsfunktion, können also im Prinzip mit Phasenverben und in progressiver Funktion auftreten (dann aber immer nicht terminativ1, also ohne „innere Grenze“), vgl. plakat´, spat´. Bei ihren pf. Derivaten wird der Default des impliziten Verlaufs geändert in die Funktion ‘Ereignis’ (= ‘ganzheitlich’), vgl. *naçala poplakat´/ pospat´. Insgesamt bedeutet dies, 1. daß die telische Funktion und die Ereignis-Funktion zwei verschiedene Funktionen sind; 2. daß die telische eine Funktion des Lexems ist, die bei der aspektuellen Derivation erhalten bleibt, während die Gestalt-Funktion sich von ‘Ereignis’ zu ‘NichtEreignis’ ändert; 3. daß die atelische stative Funktion, vgl. znaçit´, lexikalisch ist und eine Partnerderivation verhindert; 4. daß es eine Funktion ‘atelisch nicht stativ’ gibt, vgl. plakat´, die lexikalisch, also beiden Partnerverben gemeinsam ist; sie kann mit dem positiven Inhalt ‘atelischer Verlauf’ gleichgesetzt werden. Telizitäts- und Gestalt-Funktionen erscheinen in einer exemplarischen Paraphrase der aspektuellen Derivation otkryt´ > otkryvat´ (mit progressiver Funktion) wie folgt: „Vom pf. Verb otkryt´ mit telischer lexikalischer Funktion, welche die Default-Funktion ‘Ereignis’ impliziert, die ihrerseits im Russ. grammatischen Status hat, wird abgeleitet das ipf. Verb otkryvat´, wobei die lexikalische telische Funktion selbst erhalten bleibt, die implizierte Default-Funktion ‘Ereignis’ jedoch in die Funktion ‘Verlauf’ geändert wird, die wiederum grammatischen Status hat“ (die Episodizitätsfunktionen werden hier ignoriert). Im Schema: otkryt´ > otkryvat´ (progr. Funktion): pf. > ipf.: ‘telisch -> E’ > ‘telisch (-> E)V’ Umgekehrt hierzu die aspektuelle Änderung der lexikalisch implizierten Verlaufsfunktion (atelische Lexeme können ‘Verlauf’ oder ‘stativ’ implizieren): plakat´ > poplakat´: ipf. > pf.: = ‘atelisch V’ > ‘atelisch (V)E’ Die übereinstimmenden Symbole E und (E) bzw. V und (V) werden unten als Namen für die entsprechenden Lexemtypen verwendet. 14 Drei ergänzende Bemerkungen: 1. Die mit der Derivation herbeigeführte Veränderung der GestaltFunktion ist ein typischer Fall der Rekategorisierung (s. 1.; LEHMANN 1996; 1995), wie sie auch mit Partizipien, Verbalabstrakta oder Metaphern vorliegen: Die Situation des progressiv gebrauchten otkryvat´ gehört mit seiner von der lexikalischen telischen Funktion implizierten E-Funktion der Kategorie der Ereignisse an, mit seiner derivationalen V-Funktion der Kategorie der Verläufe, so wie die Situation von çtenie mit seiner lexikalischen Funktion der Kategorie der aktionalen Situationen, durch die Derivation aber der Kategorie der Gegenstände angehört. 2. Wenn wir als heterogen eine Situation ansehen, deren Teile nicht derselben Kategorie angehören, wie die ganze Situation, und als homogen eine Situation, deren Teile derselben Kategorie angehören, wie die ganze Situation, dann lassen sich diese Begriffe sowohl auf Telizität, als auch auf die aktionale Gestalt beziehen (‘heterogen’ auch auf Zeitadverbiale wie in 5 Minuten und 5 Minuten lang). Die implikativen Zusammenhänge wie ‘telisch -> Ereignis(-Default)’ gelten dann auch für die Heterogenitätssorten und es wäre dementsprechend eine telische Heterogenität von einer Ereignis-Heterogenität zu unterscheiden, eine atelische von einer Verlaufshomogenität. Homogenität/ Heterogenität wären dann Oberbegriffe und dies der Grund für die fälschliche Annahme, daß die genannten Begriffe austauschbar seien (vgl. etwa HERWEG 1990, 53; Lehmann 1995, 114). 3. Ein bestimmter Lexemtyp (EV-Lexeme, s. u.), ist hinsichtlich der Telizität diffus, damit auch die Gestalt-Implikationen. Die diffusen aktionalen Gestalten können und werden meist durch heterogene („gequantelte“, s. KRIFKA 1989, 39-41) Aktanten konturiert (zur Operation der Konturierung s. LEHMANN 1996), bei den Derivaten ist die Kontuierung in der Regel durch ein bestimmtes Affix markiert, vgl. z. B. çitat´ lozung > proçitat´ lozung: ‘telisch -> E’; çitat´ (ohne oder mit homogenem Aktant) > poçitat´, (dito): ‘atelisch -> V’. Wenn der Aktant keine Konturierung bringt, bleibt die Diffusität der lexikalischen Funktion erhalten, vgl. ona çitala knigu/ gazetu ‘sie hat das Buch/ die Zeitung - im Buch/ in der Zeitung gelesen’: ‘telisch-atelisch -> EV’, mit unterschiedlicher Tendenz zu telischer oder atelischer Interpretation. (Allgemein zur Beziehung zwischen aktionalen Funktionen und Aktanten s. BULYGINA/ SµMELEV 1989; KRIFKA 1989; HANSEN 1996; MEHLIG 1996.) 4. Die telische Funktion impliziert im Russ. per Default auch die episodische Funktion (die atelische Funktion hat keinen Episodizitätsdefault). Diese Default-Funktion kann, so wie der implizierte Ereignis-Default, mit dem Aspektpartner aufgehoben werden, vgl. otkryt´ > otkryvat´ (iterative, allgemeinfaktische Funktion), poprosit´ < prosit´ (dito, zur Ableitungsrichtung s. 4.2.). Fassen wir zusammen: Die grammatische Derivation erlaubt es, aus lexikalischen Konfigurationen neue Konfigurationen herzustellen, z. B. 15 telische Verben entgegen ihrer lexikalischen Standard-Implikation ‘Ereignis’ (= ‘ganzheitlich’) mit der Funktion ‘Verlauf’ (= ‘mit Phasen’) zu verwenden, etwa dem telischen otkryt´ durch Suffigierung die progressive Funktionsmöglichkeit zu eröffnen wie in smotri, on otkryvaet dver´. 4.2. Das Verballexem (formal-funktionale Derivation) Beschreibungen lexikalischer Funktionen müssen der Tatsache Rechnung tragen, daß Verben mehr als eine lexikalische Funktion und daß diese verschiedene aktionale Gestalt haben können. So hat govorit´ mit der Bedeutung ‘sprechen’ lexikalische V-Funktion, mit der Bedeutung ‘sagen’ lexikalische E-Funktion und mit der Bedeutung ‘aussagen’, vgl. zakon govorit, çto ... stative Funktion. Dazu haben diese Verben jeweils auch verschiedene Aspektpartner. Vgl. z. B. einige Bedeutungen von ipf. govorit´ 1. ‘sprechen’ > pogovorit´: ipf. > pf. = V > (V)E; 2. ‘sagen’ > skazat´: ipf. > pf. = nichtepisod. E > epis. E; 3. ‘besagen’, stativ: ohne Aspektpartner. Vgl. noch: gotovit´ > pri-/ pod-/ s-/ zagotovit´/ Ø; slu it´ > poslu it´, otslu it´, Ø. Terminologische Festlegungen sind daher für folgende Sachverhalte notwendig: Der Ausdruck Lexem für die Verben mit einer phonetischen/ graphischen Form und einer bestimmten lexikalischen Bedeutung (eine Explikation), z. B. Lexem govorit´2 - skazat´ ‘sagen’ (diese Verwendnung des Terminus „Lexem“ entspricht der der sogen. Moskauer semantischen Schule mit APRESJAN 1995 etc.). Der Ausdruck (Lexem-) Variante für kontextabhängige Funktionsunterschiede ein und derselben lexikalischen Bedeutung (gleiche lexikalische Explikation), vgl. z. B. oben çitat´1a [lozung]. Der Ausdruck lexikalische aktionale Funktion ( LAF) für die Gestaltfunktion (E, VE, V, ‘stativ’) einer lexikalischen Bedeutung bzw. ihrer Varianten. „LAF“ umfaßt auch die hierarchisch tieferen lexikalischen aktionalen Funktionen (s. 4.3). (LAF-) Alternation für verschiedene LAFs eines Verbs, seien es LAFs verschiedener lexikalischer Bedeutungen oder verschiedener Bedeutungsvarianten, z. B. alternieren die LAFs V/ E/ ‘stativ’ des polysemen Verbs govorit´1./2./3. oder die LAFs V/ E/ VE der Varianten der Bedeutung von çitat´1a)b)c) (s. LEHMANN 1995). Mit der Kategorie des Lexemtyps (in der Literatur meist „Verbtyp“) wird nicht nur die innere Struktur der Kategorie Verb unter lexikalischen Gesichtspunkten beschrieben, sondern zugleich die funktionale und die formale aspektuelle Derivation zusammengeführt, d. h. die Kategorie Verb wird auch unter grammatischen Gesichtspunkten beschrieben. Die Lexeme werden entsprechend der Explikation ihrer LAF kategorisiert, und zwar (am Schluß ist vor dem Schrägstrich jeweils die lexikalische Funktion genannt, welche den Gestalt-Default E, V etc. impliziert, nach dem Schrägstrich die Entsprechung durch VENDLERS 1957 sogen. Verbklassen): 16 1. E-Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf das ganze Phasenstadium (Ereignis-Gestalt); vgl. otkry´(va)t´, spis(yva)at´, prikaz(yva)at´, ...; telisch/ achievements und accomplishments; 2. EV-Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf eine beliebige Phase des Phasenstadiums und/ oder das ganze Phasenstadium (diffuse Ereignis-Verlauf-Gestalt), vgl. (na/...)pisat´, (po)maxat´ maxnut´, idti - pojti, (po/za)çernet´1. ‘schwarz werden’ ...; telischatelisch/ bei Vendler nicht vorhanden, sie werden zusammen mit einem Aktanten jeweils als E- oder V-Verb behandelt, z.T. gar nicht, s. in 4.3. Momentan- und mutative Lexeme; 3. V-Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf eine beliebige Phase des Phasenstadiums (Verlaufsgestalt), vgl. plakat´, gulät´, spat´, çernet´(sä)2. ‘schwarz sein’...; atelisch limitiert/ activities; 4. stative Lexeme: die Explikation des Lexems bezieht sich auf ein phasenloses Stadium (nicht Ereignis, nicht Verlauf), vgl. znat´, znaçit´, stoit´, lübit´, ...; atelisch nicht limitiert/ statives. Die Richtung der funktionalen und der formalen Derivation stimmt zwar meistens, aus Gründen der historischen Entwicklung aber nicht immer überein. Daher muß die funktionale Ableitungsbeziehung unabhängig von der formalen definiert werden. Es gilt: Verben, deren grammatische Funktion von der lexikalischen impliziert ist, sind alpha-Verben, solche, deren grammatische Gestalt-Funktion auf Derivation zurückgeht, sind betaVerben. Also sind pf. Ereignis-Verben (pf. telische Verben) und ipf. Verlaufs- und stative Verben (ipf. atelische Verben) alpha-Verben. Ipf. Ereignis-Verben (ipf. telische Verben) und pf. Verlaufsverben (pf. atelische Verben) sind beta-Verben. Bei den diffusen EV- (telisch-atelischen) Lexemen sind dementsprechend die pf. Ereignis-Verben alpha-Verben, vgl. proçitat´ çto-libo, die pf. Verlaufsverben beta-Verben, vgl. poçitat´, und die nicht derivierten ipf. EV-Verben sind alpha-beta-Verben, vgl. çitat´. Mit den pf. Verben sind, wie in 4.1. erwähnt, obligatorisch bestimmte Aktanten-Funktionen verbunden, die ipf. EV-Verben können durch die Aktanten zu Ereignissen bzw. Verläufen konturiert werden und haben dann syntaktisch beta- bzw. alpha-Status. Die Lexemtypen werden somit nach ihren funktionalen Merkmalen kategorisiert. Es besteht ein enger, gleichwohl nur korrelativer Zusammenhang mit den Merkmalen der formalen Derivation. Voraussagen von funktionalen auf formale Eigenschaften und umgekehrt sind also nur mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten möglich. Vgl. die zusammenfassende Übersicht: 17 Lexem- Beispiel typ/ LAF E (telisch) EV (telischatelisch) V (atelisch) funktionale Derivation: alpha Verb > betaVerb ep E > 1. ep (E)V / 2. nep E EV > (EV) ep telisch E EV > (EV) ep atelisch E otkryt´ > otkryvat´ 1./2. çitat´ > proçitat çitat´ > po- (za-, ot-) çitat´ gulät´ > pogulät´ V > (V) ep E typische formale Derivation: Stamm > aspektuelles Derivat pf. > ipf. Derivat mit {-iva-} ipf. > pf. präfigiertes Derivat ipf. > pf. Derivate mit {po-} u.a. Präfixen ipf. > pf. Derivate mit {po-} u.a. Präfixen ipf. partnerlos znaçit´ stativ stativ > (atel.) Funktionale und formale Derivation im Russ. (ep = episodisch, nep = nichtepisodisch) Die funktional motivierenden alpha-Verben unterscheiden sich von den funktional abgeleiteten beta-Verben u. a dadurch, daß sie meist häufiger sind, meist formal unmarkiert, daß sie kognitiv privilegiert sind (in Assoziationstests und Wort-Übersetzungen als erste genannt werden) und daß sie in der Regel vor dem beta-Verb gelernt und eine Zeit lang als alleiniger Vertreter für die lexikalische Bedeutung gebraucht werden (s. LEHMANN 1993). Untersuchungen zur aktionalen Lexik des Russischen einschließlich der „Aktionsarten“ v.a. bei MASLOV 1984 (die immer noch zentrale Arbeit zu diesem Thema); BONDARKO/ BULANIN 1967; SµELJAKIN 1983; LEHMANN 1984; MEHLIG 1985; BREU 1985; PADUCE µ VA 1996. Die Unterscheidung zwischen funktional motivierenden und funktional abgleiteten Verben wird auch von PADUCE ˇ VA 1996 bei der Ausarbeitung ihrer sogen. T-Kategorien gemacht. Dabei handelt es sich um funktionale Verbkategorien in Weiterführung, vor allem Differenzierung der Kategorien von VENDLER 1957. Allerdings werden T-Kategorien nach pf. und ipf. Verben getrennt, d. h. die Kategorien sind nicht rein lexikalisch, sondern beziehen sich auf aspektualisierte lexikalische Bedeutungen. Die funktionale Kategorisierung von Aspektpaaren (sprich Verballexemen) erklärt PADUCE ˇ VA (1996, 109) als Projekt der nahen Zukunft. Bei VENDLER 1957 und den meisten Verwendern seiner Kategorien wird der Unterschied zwischen Verb, Lexem und LAF nicht bzw. nicht systematisch gemacht. Aus der Tatsache, daß bei den Lexemen, die hier als 18 diffus bezeichnet werden, erst die Kombination Verb & Aktant die Zuordnung der Vendlerschen Kategorien möglich macht, zieht MEHLIG 1985 den Schluß, daß diese keine lexikalischen, sondern allein syntaktische (von ihm „satzsemantisch“ genannte) Bedeutungen seien. 4.3. Lexikalische Subtypen Die im folgenden genannten aktionalen Subfunktionen werden besonders häufig in der Aspektliteratur erwähnt, sei es als aspektrelevante, korrelative oder in Varianten erscheinende Situationsmerkmale bzw. Funktionen. Da sie bei der Derivation von Aspektpartnern konstant bleiben, sind es keine grammatischen Aspektfunktionen, sondern Funktionen, die in erster Linie zur lexikalischen Bedeutung der Verben gehören und insofern Sub-LAFs bilden. a) Mimesis, Dynamik, Dauer: • Als mimetisch wird hier die semantische Wiedergabe sensumotorisch direkt beobachtbarer (wahrnehmbarer oder erlebbarer) Situationen bezeichnet. Dieser Eigenschaft von Verben oder Prädikaten wird unter der Bezeichnung nablüdaemost´ zunehmend Beachtung geschenkt, besonders in Verbindung mit der progressiven Funktion (s. v. a. ZOLOTOVA, u. a. 1995). Sie kann psycholinguistisch mit der Erfaßbarkeit durch das psychische Jetzt (s. 2.3.) korreliert und im Rahmen der Granularität von Verben beschrieben werden (s. MARSZK 1996). • Situationen mit/ ohne Zustandswechsel (externe Dynamik): Lexeme wie otkryt´ - otkryvat´, spisat´ - spisyvat´, sojti - sxodit´ geben Situationen wieder, bei denen das sinnlich wahrnehmbare bzw. erfahrbare, d.h. mimetische Nachstadium anders ist, als das Vorstadium (dieser Zustandswechsel kann beim Patiens und/ oder Agens auftreten). Verben für Sprechakte wie prikazat´ - prikazyvat´ oder für mentale Akte wie zabyt´ - zabyvat´ vermitteln keinen mimetischen Zustandswechsel, sondern einen interaktiven, nicht mimetischen „Effekt“. • Dekursive Lexeme (s. u.) können Situationen mit interner Dynamik, d. h. mit mimetischen Veränderungen im Phasenstadium, bezeichnen, vgl. (po-)plakat´, (po-)gulät´, oder solche ohne interne Dynamik, vgl.(po-)sidet´, (po-)stoät´, (po-)spat´, (po-)viset´, (po-)belet´/-sä)2. ‘weiß schimmern’. Letztere werden oft und zu unrecht mit stativen Verben vermengt, diese haben aber weder einen delimitativen Aspektpartner, noch können sie mit progressiver Funktion auftreten (s. 4.2.). • Dauer (s. BONDARKO 1989) ist relevant für mimetische Situationen: punktuelle überschreiten nicht die Zeit des psychischen Jetzt, durative überschreiten sie. b) Agentivität (entspricht weitgehend russ. kontroliruemost´) ist insofern aspektrelevant, als es z. B. eine Bedingung dafür sein kann, daß Ereignis-Verben mit terminativer1, also mit Verlaufsfunktion verwendet werden können, vgl. gegenüber dem nicht agentiven razbivat´ ‘etwas unabsichtlich zerschlagen’ ohne progressive Funktion das agentive ‘etwas 19 absichtlich zerschlagen’, analog vstreçat´ 1. ‘treffen’, 2. ‘abholen’ (s. GLOVINSKAJA 1982, 89-91; PADUCµEVA 1996, 127f; ANSTATT 1996). Für die Subkategorisierung von Ereignissen und Verläufen eignen sich am besten die Funktionen ‘mit/ ohne Zustandswechsel’. Diese korrelieren am deutlichsten und mit den meisten der anderen lexikalischen Funktionen. Es ist als auf Mimesis (nablüdaemost´) beruhendes Merkmal für eine Subkategorisierung der Verballexeme besser geeignet, als das Kriterium „progressive Funktion ist möglich - nicht möglich“, v. a. aus folgenden Gründen: weil die Anwendung des letzteren Kriteriums von relativ subjektiven muttersprachlichen Urteilen abhängt, weil die progressive Funktion ein Kontinuum mit Übergang zur stativen Funktion bildet (vgl. zu ä uez aü ‘ich bin dabei wegzufahren (sitze im Zug/ bin bei den Reisevorbereitungen)’ progressiv - ‘beabsichtige wegzufahren’ (Einstellung des Agens, stativ), weil die Beschränkungen in der Anwendbarkeit der progressiven Funktion neben semantischen auch sprachlich strukturelle Ursachen haben können (vgl. z. B. zum unprogressiven ipf. prixodit´ engl. A. is coming) und sie daher nicht ohne weiteres auf ein bestimmtes Merkmal der aktionalen Situation schließen lassen. Oder kurz gesagt: die diachrone Expansion der progressiven Funktion hat zu einfachen (vgl. kogda ona plakala, ...) und sehr spezifischen Varianten (vgl. kogda ona proigryvala/ umirala/ opazdyvala/ poluçala/ ...) geführt mit jeweils wenig oder sehr spezifischem Kontext, z. T. gibt es (noch) keine progressive Funktion, zu einer Lage also, die diese Funktion nicht als hochrangiges Kategorisierungskriterium empfiehlt. Die Konfigurationen, ‘lexikalische Gestaltfunktion & mit/ ohne Zustandswechsel’, bilden folgende lexikalischen Subfunktionen (SubLAFs) und damit Subtypen der Lexeme mit typischen formalen/ funktionalen Merkmalen (ausführlich s. LEHMANN (1995; in Druck), Beispiele nur mit alpha-Verb, zu den formalen Derivaten s. 3.): • E-Lexeme: transformativ: ‘mit Zustandswechsel’, typisch: Paare mit ±{-iva-}, vgl. otkryt´, spisat´, perejti, vyexat´, ...; konklusiv: ‘ohne Zustandswechsel’, typisch: Paare mit ±{-iva-}, vgl. prikazat´, zabyt´ oder mit inkongruenter Präfigierung (d. h., das alphaVerb ist formal abgeleitet), vgl. poprosit´, obradovat´sä; • EV-Lexeme (genannt wird das alpha-beta-Verb): konklusiv-dekursiv: ‘ohne Zustandswechsel, nicht punktuell’, typisch: multiple Partnerschaften mit ±Präfix, vgl. çitat´, pisat´, igrat´, pet´, tancevat´; xodit´1. ‘hin- und zurückgehen’, ezdit´1.; momentan: ‘ohne Zustandswechsel, punktuell’, typisch: multiple Partnerschaften mit ±Präfix/ ±{-nu-}, vgl. maxat´ (-maxnut´, pomaxat´), kolot´, kriçat´, migat´, tolkat´, ..., z.T. Alternation mit konklusiven E-Lexemen, vgl. kriçatß 1. ‚schreien‘ 2. ‘laut sagen’; 20 transformativ-mutativ: typisch: Paare oder multiple Partnerschaften mit ±{po-}, vgl. çernet´1., blednet´1.; • V-Lexeme: dekursiv: ‘ohne Zustandswechsel’, Paare mit ±{po-}, vgl. plakat´, gulät´, xodit´2. ‘herumgehen‘, ezdit´2., çernet´2.(sä), ...; mutativ: ‘mit Zustandswechsel’, paarige Lexeme, usilivat´sä, otdaläetsä, doro at´, glupet´, xudet´, s. GLOVINSKAJA (1982, 8689); PADUCE ˇ VA (1996, 117f). Die Subtypen unterscheiden sich nicht nur in den formalen Partnerbeziehungen, sondern vor allem auch hinsichtlich der progressiven Bedeutung des ipf. Partners: sie ist eine Funktionsvariante des lexikalischen Stammes bei V- und EV-Lexemen, bei den E-Lexemen ist es ein funktionales Derivat, das bei momentanen ipf. Verben frequentative (multiplikative) Funktion hat (Verlauf als Serie von punktuellen Phasen), bei räumlichen, lexikalisch von V-Verben motivierten Verben mit relativ unspezifischen Kontexten auskommt, bei anderen, vor allem konklusiven Verben auf sehr spezifische Kontexte angewiesen ist und spezifische Varianten herausbildet, vgl. umirala ‘lag im Sterben’, opazdyvala ‘drohte sich zu verspäten’ usw. (terminativ1; s. dazu z. B. PADUCE ˇ VA 1996, 110116). Lexeme mit dekursiver Funktion bilden syntaktisch motivierte Aspektpartnerschaften mit perdurativem pf. Verb, (s. 3., gulät´ ças progulät´ ças). Die meisten Fälle der Inkongruenz zwischen formaler und funktionaler Derivationsrichtung gehören zu den konklusiven Verben, vgl. prosit´, blagodarit´ (beta) - poprosit´, poblagodarit´ (alpha), systematischen Charakter hat die Inkongruenz wie in 4.2. erwähnt bei den EV-Verben. 4.4. Aktionsarten „Aktionsart“ ist ein Begriff für alle Arten von „Aktionalitäten”, früher (in der Indogermanistik) für das, was heute Aspekt genannt wird. Abgesehen von der logischen semantik gilt weithin die Formel „Aspekt ist grammatisch, Aktionart ist lexikalisch“. In der Slavistik wurden die Aktionsarten als Komplement zu den Aspektpaaren (z. B. BONDARKO/ BULANIN 1967) und unter strukturalistischem Einfluß schließlich als formal markiertes Wortbildungskomplement zu den als Flexionsformen konzipierten Aspektpaaren gesehen (MASLOV 1984; ISACE ˇ NKO 1968). Den unpaarigen, formal nicht markierten Verben wurde ein nicht weiter analysierter „Verbalcharakter“ zugesprochen. Im Sinne der Festlegung „Aktionsart ist lexikalisch“ können Aktionsarten als aktionale Kategorien von Verben bestimmt werden. NichtVerben mit aktionaler Funktion wie çasto, vdrug bilden dementsprechend keine Aktionsarten. Zusammen mit dem determinierten Verb konstituieren sie eine syntaktisch motivierte aktionale Fügung. Die Kategorisierung der Aktionsarten muß berücksichtigen, daß ein russisches Verb obligatorisch 21 mit Aspekt auftritt und fast immer derivational motivierendes und/ oder motiviertes Verb ist. Entsprechend diesen Bedingungen, denen auch PADUCE ˇ VAS 1996 Aktionsarten („T-Kategorien“) Rechnung tragen, sind drei Gruppen zu unterscheiden: die Aktionsarten der alpha-Verben, die der beta-Verben und die der Derivate ohne Aspektpartner. Kategorisierungskriterium ist wie bei Verballexemen die LAF, so daß für die Aktionsarten die Einteilung der Lexemtypen gilt. Zusätzliche Subkategorien ergeben sich durch spezifische Funktionen von derivationalen Affixen: bei den pf. (atelischen) beta-Verben die Delimitativa (‘eine Zeit lang ...’) wie poçitat´, poplakat´, die Ingressiva (‘anfangen zu ...’) wie zaçitat´, zaplakat´, die Egressiva (‘aufhören zu ...’) wie otçitat´, bei den Derivaten ohne Aspektpartner (s. 3.) die Verben mit rein aktionaler Affixfunktion (ipf. Iterativa wie çityvat´ oder von stativen Verben abgeleitete pf. Inchoativa wie polübit´) sowie die Derivate mit spezifischer aktionaler Funktion wie das saturative nabegatsä. Der (heutige) slavische Aspekt kann als (nicht ganz vollendete) Grammatikalisierung der allgemeinen Aktionsarten der alpha-Verben angesehen werden. Dies involviert u. a., a) daß es Übergänge vom Lexikalischen zum Grammatischen gibt, die verschieden operationalisiert werden können, b) daß die Semantik allgemeiner lexikalischer aktionaler Funktionen und aktionaler Aspektfunktionen inhaltlich übereinstimmt, und c) daß die synchrone motivationale Basis des Aspekts lexikalisch ist; zu b) und c) s. auch TROST 1984, 253-256, BREU (1994, 30); KAROLAK 1992; 1997; LEHMANN 1993. Damit stehen die Aktionsarten als Kategorie mit eigener Semantik zur Disposition, vgl. LEHMANN 1988; GUIRAUD-WEBER 1989; KAROLAK 1992; S. demgegenüber MEHLIG 1996; ebenso SMITH 1991 mit der Trennung von „situation aspect“ und „viewpoint aspect“. 5. Aspekt und Tempus/ Modalität 5.1. Chronologische Funktionen Die russ. Tempora bilden formal und funktional einen so eng mit dem Aspekt verflochtenen Komplex, daß in der traditionellen Literatur meist von einem „Aspekt-Tempus-System“ gesprochen wird. In der Tat wird nur das Präteritum frei mit den Aspekten kombiniert. Die analytische Form des Aktivs aus dem Futur von byt´ + Inf. (budu sidet´) ist ein Synkretismus aus Futur & ipf. Aspekt. Die Standardfunktion des Präsens der pf. Verben ist ‘futurisch’, die der ipf. Verben ‘präsentisch’. Synkretismen aus Aspekt und Tempus sind typologisch gesehen keine Seltenheit, vgl. Aorist/ passé simple (= Synkretismus aus pf. Aspekt + narratives Präteritum) und Imperfekt (= Synkretismus aus ipf. Aspekt + narratives Präterium). Es ist deshalb notwendig, neben den Funktionen der Tempora und Aspekte auch 22 die der aspektuell-temporalen (AT-)Kategorien (pf. Präsens usw.) zu beschreiben. Das russ. Präteritum Aktiv in seinen Kombinationen mit den Aspekten wiederum weist insofern eine hohe funktionale Komplexität auf, als es ein globales Tempus mit den Funktionen des deiktischen Präteritums (A. ist gekommen, A. hat geschlafen), des narrativen Präteritums (A. kam, A. schlief), des Plusquamperfekts (A. war gekommen, A. hatte geschlafen) und auch des narrativen Futurs ist (A. uexala v gorod, gde ona vystupala s dokladom ‘... wo sie einen Vortrag halten würde/ sollte/ wollte’, ipf. Präteritum des sogen. “predstoäwee v pro‚lom dejstvie“). Diese Unterschiede werden im Russischen kontextuellen Faktoren entnommen (s. LEHMANN 1992b; LEHMANN/ HAMBURGER STUDIENGRUPPE 1993). Zeitliche Lokalisierungen sind per Default deiktisch: Gibt es keine Gegeninformation, wird eine Situation relativ zur Sprechzeit lokalisiert, und zwar vor-/ gleich-/ oder nachzeitig, d. h. mit deiktisch-präteritaler, präsentischer oder futurischer Funktion des Verbs, vgl. A. otkryla/ otkryvaet/ otkroet korobku. Taxisch wird in der Slavistik übereinstimmend die Lokalisierung einer aktionalen Situation durch eine andere aktionale Situation genannt (zur Taxis s. BONDARKO 1989), vgl. otkryv korobku, A. zakurila. Neben der deiktischen und taxischen Lokaliserung gibt es kalendarische, vgl. ... pervogo maä, solche durch nichtaktionale Perioden, vgl. ... do vojny (Näheres s. JACHNOW 1995) und die subjektive Lokalisierung durch das psychische Jetzt. Auf ein und dieselbe aktionale Situation können sich mehrere Lokalisatoren zugleich beziehen und eine chronologische Konfiguration bilden. Die taxische Lokalisierung kann explizit oder implizit geschehen, (vgl. auch die ähnliche Unterscheidung von zavisimyj und nezavisimyj taksis bei BONDARKO 1987, 240-242). Explizit taxisch lokalisiert wird v. a. durch Adverbialpartizipen, Partizipien, Konjunktionen, Adverben. Vorzeitigen episodischen Situationen entspricht per Default der pf. Aspekt, vgl. mit plusquamperfektischer Funktion A. zakurila, kogda ona otkryla korobku / otkryv korobku, in der Funktion ‘Vorzukunft’ immer mit Verben des pf. Präsens, vgl. my budem kurit´, kogda A. otkroet korobku. Pf. Adverbialpartizipien haben als Standardfunktionen bei Voranstellung ‘vorzeitig’, bei Nachstellung ‘taxisch-koinzident’ (‚indem‘-Relation u. ä., vgl. ona urezonila/ udivila ego, skazav, çto ...; s. RUZ ˚ Iˇ CK ˇ A 1980, 175f); letztere Funktion können auch die ipf. Adverbialpartizipien haben, neben ‘episodischer Verlauf’ (-> ‘gleichzeitig’) und ’nichtepisodisch’. Indirekte taxische Chronologien sind taxische Inferenzen bei kohärenter deiktischer Lokalisierung mehrerer Situationen oder Analoga dazu (s. u.). Sie treten bei episodischen Situationen auf als Sequenz (pf. & pf., vgl. A. vo‚el i otkryl korobku), als Parallelismus (ipf. & ipf., vgl. B. vxodila i otkryvala korobku) oder als Inzidenz (pf. & ipf.; vgl. A. vo‚el, kogda B. otkryvala korobku); s. LEHMANN (u. a. 1978, 119f; 1980). Diese 23 Form-Funktionsbeziehungen sind Defaults, die in verschiedenster Weise aufgehoben werden können, z.B. durch potom in oni xodili po gorodu, potom sideli v parke (zu den im- und explizit interagierenden Faktoren s. LEHMANN/ HAMBURGER STUDIENGRUPPE 1993). Der ipf. Aspekt hat bei Parallelismen und Inzidenzen progressive Funktion. Gibt es eine taxische Lokalisierung, dann tritt der deiktische Default zurück, z.B. in narrativer Rede, oder er wird eliminiert, so bei sogen. atemporalen Prädikaten, vgl. esli sprosi‚´/ spra‚ivae‚´, to i otvetät / otveçaüt. Grundlage der atemporalen Interpretation eines Prädikats ist meist ein generischer Aktant (s. dazu HANSEN 1996). Eine bestimmte Konfiguration von taxischer und deiktischer Chronologie hat einen Sonderstatus: in der narrativen Rede (PADUCE ˇ VA 1996: narrativnyj re im) ist taxische Chronologie mit deiktischer Vorzeitigkeit verbunden. Die Besonderheit der narrativen Konfiguration gegenüber anderen taxisch-deiktischen Konfigurationen besteht darin, daß es eine Anzahl spezieller formaler Ausdrucksmittel dafür gibt, im Russ. u. a. das narrative pf. Passiv mit byt´ im Präteritum, vgl. korobka byla otkryta ‘die Schachtel wurde/ war geöffnet (worden)’, gegenüber dem deiktischen pf. Passiv ohne byt´-Form, vgl. korobka otkryta ‘die Schachtel ist geöffnet (worden)’ (den deutschen Alternativen mit plusquamperfektischer Funktion und Vorgangs-/ Zustandspassiv entsprechen im Russ. verschiedene Kontexttypen). Lexikalisch wird narrative Rede z. B. durch odna dy oder na sleduüwij den´ indiziert, syntaktisch durch die Inversion des eine Redeerwähnung anzeigenden Verbs, vgl. „...” skazal on. Die explizite und implizite funktionale Spezifik der narrativen Rede im Slavischen wird ausführlich behandelt u.a. in. LEHMANN 1992b (zum strukturell analogen Polnischen) und besonders PADUCE µ VA (1996, zum Russ.). Im Deutschen, Englischen, Französischen usw., in den älteren Stufen aller slavischen Sprachen und den modernen südslavischen Sprachen wird narrative Rede vor allem auch durch Tempora wie narratives Präteritum, vgl. A. kam vs. A ist gekommen, Plusquamperfekt, Aorist, Imperfekt indiziert. Die Menge der expliziten und impliziten Einheiten der narrativen Rede kann als „narratives (N-) Register“ bezeichnet werden (zum Registerbegriff s. ZOLOTOVA, z. B. 1995; westliche Ansätze s. WIEMER, in Druck). Die Verwendung von Einheiten des narrativen Registers führt dazu, daß eine Äußerung von Anfang an als narrativ interpretiert wird, vgl. odna dy, oder daß in einer Äußerung zu narrativer Rede umgeschaltet wird oder daß der narrative Redestatus bestätigt wird (zur Analyse solcher Phänomene s. APPEL 1996). Demgegenüber führen die Einheiten des Default- (D-)Registers zu einer deiktischen Interpretation der Äußerung. Diese gilt so lange, d.h. eine beliebige Äußerung ist solange D-Rede, bis der deiktische Default überlagert wird durch taxische, insbesondere eben in narrativer Rede (dann 24 dominiert die taxische Chronologie), oder daß er durch taxische Chronologie ersetzt wird (s. o. die atemporalen Lokalisierungen). Neben der deiktischen und taxischen zeitlichen Lokalisierung gibt es die relative Lokalisierung, bei der die Situation nicht bezüglich der aktuellen Sprechzeit, sondern bezüglich des vom syntaktisch regierenden Verb genannten Sprechakts, Denkakts, Meinungszustands, der Einstellung usw. lokalisiert wird, vgl. B. skazala/ dumala, çto A. pri‚la ‘[B sagte, daß] A gekommen ist/ sei’ (ausführlich s. BONDARKO 1971, 112ff). Hier bezieht sich die Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit einer aktionalen Situation auf eine Situation mit propositionalem Partizipanten. Letztere wird typischerweise explizit von einem anderen, syntaktisch übergeordneten Verb mit propositionalem Aktanten genannt, einem Sprechaktverb, einem Verbum putandi, sentiendi usw. Im Russ. unterscheidet sich die Rede mit relativer Chronologie allenfalls syntaktisch, nicht aber, wie z. B. im Deutschen, morphologisch von der Rede im DRegister. Neben der absoluten oder relativen Sprechzeit und anderen aktionalen Situationen können als zeitliche Lokalisiatoren weiterhin nichtaktionale Entitäten oder kalendarische Perioden oder Daten fungieren. Die geläufigen Tempusfunktionen und damit der temporale Anteil der AT-Funktionen können somit beschrieben werden als Konfigurationen aus ‘(D-/ N-) Register & chronologische Relation (C) vor-/ gleich-/ nachzeitig’, d. h. C (AS, L) mit AS für die lokalisierte aktionale Situation und mit L für den zeitlichen Lokalisator, also die Entität, vor-, gleich- oder nachzeitig zu der die aktionale Situation AS lokalisiert wird. Beim D-Register steht für L die Sprechzeit, beim N-Register typischerweise eine bestimmte, von einem kontextuellen Verb genannte aktionale Situation. Zum D-Register gehören die Standardfunktionen des ipf. und pf. Präsens, vgl. A. prixodit ‘präsentisch = D-gleichzeitig’, A. pridet ‘futurisch = D-nachzeitig’ und des ipf. Futurs A. budet spat´ ‘dito’ mit ihren aktionalen bzw. aspektuellen Varianten, sowie das D-Präteritum, vgl. A. pri‚la / prixodila ‘A. ist gekommen’‘D-präterital = D-vorzeitig’. Zum N-Register gehören das N-Präteritum (‘N-gleichzeitig’) mit NSequenz, N-Parallelismus und N-Inzidenz, und das ihm äquivalente historische Präsens, vgl. vçera A. vxodit ..., D. sidit ..., das plusquamperfektische Präteritum (‘N-vorzeitig’) und das erwähnte N-Futur (‘N-nachzeitig’). Aspektoppositionen unterscheiden bei Vor- und Nachzeitigkeit, sei sie deiktisch oder taxisch, per Default episodische und nichtepisodische Situationen, vgl. mit allgemeinfaktischer Funktion des ipf. Aspekts: A. pri‚la - prixodila 1. deiktisch: pf. ‘A. ist gekommen = A. ist hier’ - ipf. ‘A. war hier’; 2. taxisch: pf. ‘A. war gekommen (als ...) = A. war da (als ...)’ - ipf. ‘A. war da gewesen (als ...)’. Die beste und aktuellste Darstellung der aspektuellen AT-Funktionen findet sich bei GLOVINSKAJA 1989; umfassende Darstellungen dieser wie auch aktionaler Funktionen weiterhin in BONDARKO 1971; 1989; 25 RASSUDOVA 1982; SCHELJAKIN/ SCHLEGEL 1970; KRATZEL 1971; FORSYTH 1970; GALTON 1976; GUIRAUD-WEBER 1988, jeweils auch über aspektuell-modale Funktionen; zum pf. Präsens s. RATHMAYR 1976; zum Präsens s. MEHLIG 1995; zum Präteritum s. POSPELOV 1948; zum ipf. Futur s. LEHMANN 1985; zum Adverbialpartizip s. RUZ ˚ Iˇ CK ˇ A (1980, 16ff); zur Häufigkeit der AT-Funktionen in Textsorten aller funktionalen Stile s. APPEL 1996. Daß die in der philologisch orientierten Literatur zur Beschreibung von Funktionen quasi als typologische Begriffe herangezogen traditionellen Tempus-Termini, z. B. „Aorist-Funktion“ oder „perfektische Funktion“ genauer definiert werden müssen, zeigt etwa der Aorist-Begriff von POSPELOV 1948, bei dem die narrative (N-präteritale) und die deiktische (nämlich allgemeinfaktische) Funktion nicht unterschieden werden. Für die Erklärung der chronologischen Interpretation von Äußerungen wird die Lokalisierung in Bezug auf das psychische Jetzt (s. 2.3.) gebraucht. Die implizite taxische Chronologie wird mithilfe des psychischen Jetzt und der aktionalen Gestalt erschlossen (s. hierzu LEHMANN 1992a; 1993). Das zugrundeliegende kognitive Prinzip ist unabhängig von einzelsprachlichen Strukturen. Auch im Deutschen wird sie las und rauchte als Parallelismus, sie öffnete die Schachtel und setzte sich als Sequenz verstanden. Grundlage ist die lexikalische aktionale Gestalt; sie kann im Russ. durch aspektuelle Derivation so verändert werden, daß die Darstellung von Sequenzen, Parallelismen und Inzidenzen tendenziell mit allen lexikalischen Bedeutungen (außer den stativen) möglich wird. In der Direktreportage, wo der ipf. Aspekt präsentische Funktion hat und die aktionale Gestalt eine lexikalische und keine aspektuelle Funktion ist, haben wir die Verhältnisse wie im Deutschen: Süda s levogo kraä prixodit s mäçom Bloxin, obvodit zawitnika i sil´no b´et po vorotam. Gol! (Beispiel von APRESJAN 1995). Aufgrund der lexikalisch determinierten Ereignisgestalten wird eine Sequenz erschlossen, der Hörer stellt sich vor: ‘Jetzt kommt Blochin von links, jetzt umspielt B. den Verteidiger, jetzt schießt B. aufs Tor‘. Wenn wir nun statt der Direktreportage für denselben Satz den Kontext eines historischen Präsens annehmen, ändert sich an der Interpretation als Sequenz nichts. Was sich ändert ist das Wissen, daß die benannten Aktionen nicht gleichzeitig mit dem Sprechen und Vorstellen stattfinden, sondern früher. Denselben Effekt, erhalten wir, wenn wir in jenem Satz das Präsens durch das Präteritum ersetzen würden: pri‚el Bloxin i obvel zawitnik - wiederum wird eine Sequenz verstanden. Auch hier stellt sich der Leser vor: ‘Jetzt kommt Blochin, jetzt umspielt B. den Verteidiger’ und zieht daraus den Schluß, daß die Handlungen nacheinander stattfinden (enzyklopädisches Wissen über objektive Abläufe spielt hier keine Rolle, die Situationen würden auch in umgekehrter Reihenfolge als Sequenz verstanden). Das deutsche und das russ. 26 Präteritum zeigen hierbei Vorzeitigkeit zur Sprechzeit an (so dass das „jetzt“ in der Explikation nur noch die subjektive Vorstellungszeit, das psychische Jetzt, wiedergibt). Das deutsche Präteritum indiziert darüber hinaus das N-Register, während die taxische Chronologie erschlossen wird. Im Russ. wird das N-Register aus dem Kontext erschlossen, dagegen wird der pf. Aspekt wegen der aktionalen Ereignis-Gestalt verwendet. ‘Der Hörer/ Leser stellt sich vor: jetzt kommt Blochin, ...’ ist die Umschreibung für Gleichzeitigkeit der Situation zum psychischen Jetzt, d. h. gleichzeitig zur Verarbeitungszeit beim Hören/ Lesen; ‘der Hörer/ Leser stellt sich vor: jetzt ist Blochin gekommen, ...’ steht für ‘vorzeitig zum psychischen Jetzt’. Diese subjektive Vorzeitigkeit ergibt im DRegister D-präteritale („Perfekt-“) Funktion, vgl. ‘A. ist gekommen’, in NRegister ergibt sie plusquamperfektische Funktion, vgl. ‘A. war gekommen’. Die subjektive Gleichzeitigkeit ergibt bei zwei nacheinander vorgestellten Ereignissen, vgl. ‘B. kommt und schießt’, ‘B. kam und schoß’ eine Sequenz, bei zwei nacheinander vorgestellten Verläufen, vgl. ‘B. läuft und gestikuliert’, ‘B. lief und gestikulierte’, einen Parallelismus. Die Aspekte sind damit ein wichtiger Faktor bei der Konstitution textueller Kohärenz. Im D-Register wird temporale Kohärenz durch den kontinuierlichen Bezug zur Sprechzeit geschaffen, im N-Register durch die taxischen („anaphorischen“) Vernetzungen (s. LANGNER/ MARSZK 1993). Die jeweils abgebildeten Sachzusammenhänge wurden allgemein von WEINRICH 1977 als besprochene bzw. als erzählte Welt abgehandelt (zum Russ. s. LEHMANN 1978), freilich ohne die Kategorie Aspekt zu berücksichtigen. Dadurch bleibt auch seine als „Reliefgebung“ bezeichnete textlinguistische Unterscheidung von Vorder- und Hintergrund zu grob (ähnlich auch das sogen. “grounding“, vgl. den Überblick von WEISS 1995). Zu trennen ist ein Hintergrund aus nichtepisodischen Situationen (stative, iterative und allgemeinfaktische Funktion des ipf. Aspekts) von einem Vordergrund aus episodischen Situationen. Dieser episodische Vordergrund kann seinerseits, wenn er eine Inzidenz bildet, einen episodischen Verlaufs-„Hintergrund“ (Fond; progressive Funktion des ipf. Aspekts) für den Eintritt eines episodischen Ereignisses (pf. Aspekt) bilden (zu genaueren chronologischen Relationen s. LEHMANN/ RAUCHENECKER 1995, 203; erste relevante Behandlung bei KOSCHMIEDER 1934). In den - meist logisch orientierten - Tempus-Theorien nach REICHENBACH 1947 (zum Russischen s. LEHMANN 1978 und besonders, mit textlinguistischer Orientierung, PADUCE µ VA 1996) entspricht den Tempora des D-Registers die Gleichzeitigkeits-Relation der Sprechzeit zu einer postulierten Referenzzeit, den Tempora des N-Registers die (Un-/)Gleichzeitigkeits-Relation der aktionalen Situation zur Referenzzeit, die beide vorzeitig zur Sprechzeit sind. Dabei bleibt jedoch offen, für welche reale Tatsache die Referenzzeit steht. 27 5.2. Aspektuell-modale und andere pragmatische Funktionen Die AT-Kombinationen stehen im Indikativ. Komplementär dazu sind die Kombinationen des Aspekts mit Modus und Modalausdrücken (Literatur s. 5.1. und Handbuch-Kap. 2.8.). Der Aspekt hat die Funktion, modale Umgebungen pragmatisch zu modulieren, zu differenzieren. Standard ist: bei episodischen Situationen (alethischer, deontischer und epistemischer Modalität) wird der pf., bei nicht episodischen Situationen der ipf. Aspekt gebraucht. Vgl. episodisch: (ty) pridi zavtra, zavtra ty mo e‚´/ ona mo et prijti, zavtra (ej) nado/ nel´zä (‘kann nicht‘) prijti. Nichtepisodisch: Regulärno prixodi/ ty mo e‚´ regulärno/ ona mo et regulärno prixodit´, (ej) nado/ nel´zä regulärno prixodit´. Diese Standards gelten auch für die meisten Infinitive, die von schwach oder nicht modalen finiten Verben abhängen, vgl. A. xotela/ re‚ila otkryt´/ otkryvat´ korobku. Alternative Funktionen zu diesem Standard können auf ein bestimmtes Verhältnis zwischen Präsupposition und Assertion zurückgeführt werden, das auch für Verwendungen in nicht im engeren Sinne modalen Umgebungen gilt. Vgl. die Oppositionen zwischen Standardfunktionen und alternativen Funktionen in den folgenden Umgebungen: • Deontische Modalität (Imperativ, Infinitiv, s. LEHMANN 1989; CHRAKOVSKIJ 1990). Standard: pf., s. o.; Alternative: ipf., vgl. Ty prixodi (Erlaubnis), Ty ne prixodi/ ne nado/ nel´zä prixodit´ (Verbot, Abraten, u. a.), mo e‚´ ne prixodit´ (Erlaubnis), ne stoit prixodit´ (Abraten); • Negiertes Prädikat. Standard: ipf., vgl. Ona ne pomnila. (meist als stative Funktion interpretiert). Alternative: pf., vgl. Ona ne vspomnila. [Vse dumali, çto ona vspomnit.] • Futurisches Ereignis. Standard: pf., vgl. ä vozra u, Alternative: ipf., vgl. ä ewe budu vozra at´ vam, s. RASSUDOVA (1982, 78); dies gilt für Ereignis-Lexeme, s. LEHMANN 1985. • Existenzial-Kontext. Standard: ipf., vgl. Ty u e çitala Annu Kareninu? (‘hast du A.K. schon einmal gelesen?’, typische Realisierung der allgemeinfaktischen Funktion); Alternative (im Kontext: Ty ved´ xotela/ dol na byla proçitat´ A. K.): pf., vgl. Ty ewe ne/ ty u e proçitala Annu Kareninu? s. u. a. RASSUDOVA (1982, 44). Im deontischen Kontext gibt es bei Verwendung des ipf Aspekts die Präsupposition, daß der Agens die propositionale Einstellung hat, die im Verb genannte Handlung zu vollziehen, d.h., dem (präsumptiven) Handelnden wird mit der Verwendung des Verbs im ipf. Aspekt „unterstellt“, daß er die Handlung ausführend will oder darauf zumindest in irgendeiner Weise eingestellt ist (vgl. zur Einstellung bei deontischer Modalität LEHMANN 1989; CHRAKOVSKIJ 1990). Beim Existenzial-Kontext ist die Einstellung des Agens mit dem pf. Aspekt verbunden. 28 Höflichkeit ist keine direkte Funktion des ipf. Aspekts im Kontext des Imperativs, die per Default höflichen Aufforderungen vxodite, proxodite, sadites´ sind als idiomatisierte Ausdrücke zu interpretieren. In entsprechenden Kontexten kann der ipf. Imperativ auch ausgesprochen groben Charakter haben. Literatur Akademiegrammatik 1980: Russkaja grammatika. Bd. I. Moskva 1980. Anderson, S.-G. (1972 /1978), Aktionalität im Deutschen. Eine Untersuchung unter Vergleich mit dem russischen Aspektsystem. Bd. I, II. Uppsala. Anstatt, T. (1996), Interaktion von aktionalen Verbfunktionen und semantischen Kasus der Aktanten am Beispiel russischer Transitiva, in: Schindler, F. u. a. (eds.), Linguistische Beiträge zur Slavistik aus Deutschland und Österreich. München, 7-28. Appel, D. (1996), Textsortenbedingter Aspekt-Tempus-Gebrauch im Russischen. München. Apresjan, Ju. D. (1995), Izbrannye trudy. I.II. Moskva. Avilova, N. S. (1976), Vid glagola i semantika glagol’nogo slova. Moskva. Barentsen, A. 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