Bayerischer Internistenkongress Abstrakt Prävention des plötzlichen Herztodes bei Herzinsuffizienz mit ICD-Therapie Prof. Dr. E. Hoffmann Eine Herzinsuffizienz entwickelt sich am häufigsten auf dem Boden einer koronaren Herzerkrankung (46%), einer dilativen Kardiomyopathie (36%) oder einer hypertensiven Herzerkrankung (13%). Der plötzliche Herztod stellt für diese Patienten eine reale Bedrohung dar und ist verantwortlich für insgesamt ca. 50% der Todesfälle bei Herzinsuffizienz. Bei Patienten mit überlebtem plötzlichem Herztod oder anhaltender ventrikulärer Tachyarrhythmie hat sich die ICD–Therapie als Sekundärprävention in mehreren großen Studien (AVID, CIDS, CASH) als hocheffektiv erwiesen und einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber der medikamentösen Therapie gezeigt. Da das Erstereignis einer malignen ventrikulären Arrhythmie in den meisten Fällen jedoch nicht überlebt wird, wird durch die Sekundärprävention nur ein kleinerer Teil der gefährdeten Patienten geschützt. Die Definition von Parametern, die das Risiko eines Patienten und den Nutzen durch den ICD beschreiben, ist daher Gegenstand einer Reihe von Primärpräventionsstudien. Herzinsuffiziente Patienten stellen dabei ein besonderes Risikokollektiv dar. Die ersten Studien schlossen Postinfarktpatienten mit höhergradig eingeschränkter Pumpfunktion ein, wobei das klinische Kriterium des NYHA – Stadiums zunächst nicht berücksichtigt wurde. Nach den Ergebnissen der MADIT- Studie (1996) und der nachfolgenden MUSTT-Studie (1999) haben Postinfarkt-Patienten mit einer Auswurffraktion (EF) < 40%, nichtanhaltenden ventrikulären Tachykardien im Langzeit-EKG und Auslösbarkeit einer anhaltenden ventrikulären Tachyarrhythmie in der elektrophysiologischen Untersuchung entsprechend den Leitlinien einen signifikanten Überlebensvorteil durch die prophylaktische ICD-Implantation. Das Risiko des plötzlichen Herztodes dieser Patienten ist hoch und vergleichbar dem von Patienten mit bereits überlebter ventrikulärer Tachyarrhythmie. Mehrere Mortalitätsstudien zeigten, dass eine höhergradig eingeschränkte LV-Pumpfunktion bei Postinfarktpatienten entscheidenden Risikoparameter für den plötzlichen Herztod darstellt. den Nachdem nichtinvasive Risikoparameter wie Spätpotentiale (CABG-PATCH-Studie, 1997) und Herzfrequenzvariabilität (DINAMIT-Studie, 2005) die Erwartungen in der Primärprävention mit ICD nicht erfüllten, schlossen die großen aktuellen Studien gezielt Patienten mit schlechter EF bzw. klinischer Herzinsuffizienzsymptomatik ein. So untersuchte die MADIT II – Studie (2002) Postinfarktpatienten mit dem alleinigen Kriterium einer EF von < 30%. Auch hier hatten Patienten mit ICD einen signifikanten Überlebensvorteil, der jedoch geringer ausfiel als in der MADIT I Studie („number needed to treat“ 11 vs 4 Patienten). In beiden Studien handelte es sich um Patienten im Langzeitverlauf nach Myokardinfarkt. In der MADIT II- Studie lag der Infarkt im Mittel 6,5 Jahre zurück, wobei insbesondere Patienten lange nach Infarkt (1,5 bis > 10 Jahre) vom ICD profitierten. Für Patienten mit dilativer Kardiomoypathie ist die Datenlage weniger gut gesichert, wobei die aktuelle SCD-HeFT- Studie (2005) jedoch auch hier auf eine Prognoseverbesserung durch den ICD hinweist. Diese bisher größte ICDPrimärpräventionsstudie schloss erstmals Patienten (n= 2521) mit dem kombinierten Kriterium einer klinischen Herzinsuffizienz (NYHA II-III) und einer EF < 35% unabhängig von der Grunderkrankung (DCM 48%, KHK 52%) ein. Nach 5 Jahren hatte die ICD-Therapie die Gesamtmortalität gegenüber der rein medikamentösen Therapie um 23% gesenkt (relative Risikoreduktion), die absolute Risikoreduktion betrug 7% (Gesamtmortalität 29% vs 36%). Eine Amiodaron-Therapie ergab im Vergleich zur konservativ medikamentösen Herzinsuffizienztherapie keinen Überlebensvorteil. Die ICD- assoziierte Komplikationsrate betrug perioperativ 5%, im Langzeitverlauf 9%. Fazit: Entsprechend aktueller Primärpräventions- Studien muss bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz eine optimierte medikamentöse Basistherapie sichergestellt sein, da eine Risikoreduktion des plötzlichen Herztodes für ACE-Hemmer, Spironolacton und ß-Blocker gezeigt ist. Die Studienlage zeigt jedoch einen zusätzlichen Überlebensvorteil für die ICD-Therapie, insbesondere bei Postinfarktpatienten mit schlechter Pumpfunktion. Je nach Studienkollektiv kann ein Patient von vier (MADIT I) bis ein Patient von 17 (SCD-HeFT) durch den ICD gerettet werden. Diese Ergebnisse haben entsprechenden Eingang in die aktuellen Leitlinien gefunden. Die Entscheidung zur präventiven ICD-Implantation bleibt aber ganz wesentlich eine individuelle Risikoeinschätzung, die neben den kardialen Befunden auch Alter und Komorbidität berücksichtigt.