00 Strategie & Management Nachhaltigkeit, Teil 1 / 3 Die Chancen nutzen statt Risiken bekämpfen Das Ziel einer nachhaltigen Unternehmensführung ist der langfristige Erfolg des Unternehmens. Viele verstehen darunter primär den finanziellen Erfolg. Doch der Einbezug von ökologischen und sozialen Leistungen des Unternehmens wird immer wichtiger. ››Ueli Haldimann Der Einbezug von ökologischen und sozialen Leistungen in das Unternehmensmanagement eröffnet den Unternehmen Potenziale für Risikominimierung, zum Beispiel durch das Vermeiden von umweltgefährdenden Stoffen in der Produktion. Es ergeben sich aber vor allem auch Potenziale für Effizienzsteigerung wie durch die Überprüfung der gesamten Lieferkette. Zudem ergeben sich Potenziale für eine Differenzierung, beispielsweise durch neue Inhaltstoffe oder Produktionsweisen, oder für Innovationen wie durch konsequentes Hinterfragen der heutigen Standards. Möglich ist auch eine Steigerung der Reputation, etwa durch Verbesserung der Arbeitssituation der Mitarbeitenden in der Schweiz oder im Ausland. Diese Sichtweise äussert sich in der Vision oder dem Leitbild des Unternehmens, in denen das Thema Nachhaltigkeit häufig erwähnt wird und setzt sich fort in einer umfassenden Strategie, in der Nachhaltigkeit weiter konkretisiert wird. Nachhaltigkeitsdimensionen Entscheidend ist, in diesen Bereichen nicht getrennte Strategien zu erarbeiten, sondern als Gesamtstrategie alle relevan- KMU-Magazin Nr. 4, April 2015 ten Themen zu integrieren. Es besteht kein Gegensatz zwischen Unternehmensund Nachhaltigkeitsstrategie, sondern alle relevanten Nachhaltigkeitsdimensionen werden in der Unternehmensstrategie berücksichtigt. ! ›› kurz & bündig Der Einbezug von den ökologischen und sozialen Leistungen in das Unternehmensmanagement eröffnet Potenziale für Risikominimierung, Effizienzsteigerung, Differenzierung und eine Steigerung der Reputation. Es besteht kein Gegensatz zwischen Unternehmens- und Nachhaltigkeitsstrategie, sondern alle relevanten Nachhaltigkeitsdimensionen werden in der Unternehmensstrategie berücksichtigt. Die grössten Herausforderungen für Unternehmen sind Faktoren wie Verhaltensänderungen, die vorherrschende Kultur im Unternehmen oder das fehlende Commitment des Top-Managements, und nicht die fehlenden Ressourcen oder Informationsprobleme. ›› ›› Die ökonomische Leistung Für die ökonomische Leistung ist der Markt die relevante Bezugsgrösse: Was wünschen die Kunden wirklich? Was bieten die Konkurrenten an? Was können wir am besten? Welche Trends sind aktuell am Entstehen? Daraus lässt sich ein konkurrenzfähiges Angebot entwickeln, das den finanziellen Erfolg des Unternehmens sicherstellt. Die ökologische Leistung Für die ökologische Leistung sind das natürliche Umfeld und als dessen Stellvertreter Behörden und gesetzliche Vorgaben entscheidend. Welche Anforderungen muss ich erfüllen? Welche Auswirkungen haben meine Tätigkeiten aus Life-cycleSicht auf die Umwelt? Wo liegen meine Risiken und wie kann ich sie vermeiden? Die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen wird von der Öffentlichkeit als selbstverständlich erachtet, ist aber für ein Unternehmen oft nicht einfach sicherzustellen. Immer wieder neue oder sich ändernde Vorgaben und Gesetze erschweren den Überblick und die Sicherheit, alle Vorgaben auch korrekt zu erfüllen. Die soziale Leistung Für die soziale Leistung spielen Menschen die entscheidende Rolle: Wie gehe ich mit 00 Strategie & Management meinen Mitarbeitern, Lieferanten und Produzenten um? Was sind die Interessen meiner Stakeholder und wie gehe ich auf diese Interessen ein? Vielfach liegt das Augenmerk nur auf externen Stakeholdern und Imagerisiken. Der «soziale» Umgang mit den Mitarbeitern ist aber genau so entscheidend für den langfristigen Erfolg des Unternehmens. Hohe Fluktuationsraten, viele Wechsel in der Führung oder demotivierte Teams sind nur einige zu vermeidende Schwierigkeiten. In einer umfassenden Relevanzanalyse ist zu erarbeiten, welche Themen in den drei Dimensionen für das Unternehmen und seinen Erfolg bedeutend und damit zu berücksichtigen sind. Je nach Produkten oder Dienstleistungen kann dies sehr unterschiedlich sein. Nicht jedes Thema, das in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist relevant (zum Beispiel Sonderabfälle oder Energieverbrauch). Und Themen, die (noch) kaum bekannt sind, können für ein Unternehmen plötzlich kritisch werden (zum Beispiel Kreislaufwirtschaft oder seltene Erden). Herausforderungen Um nachhaltige Ergebnisse in allen drei Leistungsbereichen zu erreichen, ist eine konsequente und fortlaufende Umsetzung der Unternehmensstrategie notwendig. Konkrete Erfahrungen zeigen, dass dies nur in 30 Prozent erfolgreich gemacht wird. Die grössten Herausforde- Abb. 1: Das Umfeld einer nachhaltigen Unternehmensstrategie eigene Kompetenzen, Kundenbedürfnisse, Angebote der Konkurrenz Markt Vision und Strategie Unternehmen ökonomische Leistung ökologische Leistung soziale Leistung operative Umsetzung und nachhaltige Ergebnisse Umwelt Menschen Natur, Behörden, Öffentlichkeit Mitarbeiter, Nachbarn, NGO, Stakeholder rungen sind dabei die weichen Faktoren wie Verhaltensänderungen, die vorherrschende Unternehmenskultur oder das fehlende Commitment des Topmanagements, und nicht fehlende Ressourcen oder Informationsprobleme. Daneben Anzeige Inserat 1/4 Füller KMU-Magazin Nr. 4, April 2015 00 Strategie & Management Abb. 2: Die grössten Herausforderungen bei einer Veränderung 58 % Verändern von Denkmodellen und Verhaltensweisen 49 % Unternehmenskultur 35 % Komplexität wurde unterschätzt 33 % Zu wenig Ressourcen 32 % Fehlendes Commitment des Topmanagements 20 % Fehlendes Change-Know-how 18 % Fehlende Transparenz Fehlende Mitarbeitermotivation 12 % Änderungen IT-System 0 % 16 % 15 % Prozessveränderung Barrieren (wegen zu wenig oder falscher Information) 8 % (aufgrund der Technik) 10 % 20 % spielen aber auch andere Faktoren wie Abbruch oder zu frühe Beendigung des Umsetzungsprojekts oder Wechsel im Topmanagement eine wichtige Rolle bei diesen Misserfolgen. Vision und Strategie Startpunkt ist eine klare und für alle verständliche Vision und Strategie. Es ist eine Grundaufgabe von Verwaltungsrat 30 % 40 % und Geschäftsleitung, diese zu definieren. Die Kommunikation an alle Mitarbeiter ist aber nicht getan mit einer Grossveranstaltung oder einem Newsletter. Die Vision und die Strategie müssen ein Bestandteil des Alltags sein, in Führungsgesprächen, in Workshops, in Zielpräsentationen oder in Management Reviews. Die Umsetzung der Strategie hat Auswirkungen auf drei Ebenen: Steuerung, Struktur und Kultur (siehe Abbildung 3). Weiterbildung Sanu Future Learning AG bietet verschiedene Weiterbildungen und Dienstleistungen an, um Unternehmen auf ihrem Weg zur nachhaltigen Unternehmensführung zu unterstützen, zum Beispiel: «Langfristig wirksames Umweltmanagement» Biel, 10. und 21. April 2015 Infos und Anmeldung www.sanu.ch/15UMMU «Nachhaltigkeitsberichterstattung – einfach und wirkungsvoll» Sutz, 18. Juni 2015, Infos und Anmeldung www.sanu.ch/15UMGR «Monitoring der Schweizerischen Gesetzgebung Umweltschutz, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz – lexonline» Online-Angebot. www.sanu.ch/lexonline KMU-Magazin Nr. 4, April 2015 Quelle: «Making Change work», IBM 2015 Die Steuerung Für die Steuerung braucht es klar definierte Ziele und ein wirkungsorientiertes Controlling. Nicht alles, was man messen kann, muss man messen. Sondern nur, was hilft, das Unternehmen in die richtige Richtung zu steuern. Dabei ist eine Sustainability Balanced Scorecard ein sehr hilfreiches Instrument. Darin werden Ziele und Leistungsindikatoren formuliert zu folgenden Schwerpunkten: ››Finanzen ››Markt und Kunden ››Prozesse ››Mitarbeitende und Gesellschaft ››Umwelt Die Struktur In der Struktur sind Organisation und Prozesse zentral, zusammen mit den Kompetenzregeln, Prozessdokumentationen, Arbeitsanleitungen und Formularen. Der wichtige Grundsatz «Struktur folgt aus der Strategie» hilft, Organisationen so aufzubauen, dass sie die Umsetzung der Strategie unterstützen und Prozesse effizienter machen. Eine Organisation, die sich an den strategischen Kernprozessen 00 Strategie & Management Abb. 3: Die Elemente eines erfolgreichen Managements Vision / Strategie Steuerung Ziele Controlling Struktur Organisation Prozesse Führung Kultur Motivation Kommunikation Konfliktlösung Überzeugungskraft Verhalten Arbeitsmethoden Zusammenarbeit Nachhaltige Ergebnisse orientiert, hilft schwierige Schnittstellen zu reduzieren. Eine Reduktion von Führungsstufen hilft raschere Entscheidungen zu treffen und flexibler zu werden. Die Kultur Die dritte wichtige Komponente zum Erfolg bildet die Kultur. Eine Struktur funktioniert nur mit überzeugten Menschen, die bereit sind, ihre individuellen Verhaltensweisen den notwendigen Anforderungen des Unternehmens anzupassen, die bereit sind, im Team oder mit anderen Einheiten unabhängig von privaten Animositäten zusammenzuarbeiten und Entscheide umzusetzen. die grössten Defizite. «Die richtige Person am richtigen Ort» ist zentral für den Erfolg eines Unternehmens, es ist aber zweifellos ein anspruchsvoller Prozess in der Umsetzung. Um die Kontinuität in der Führung und der Strategieumsetzung sicherzustellen, ist auch das Thema «Nachfolgeregelung» gerade in KMU frühzeitig und strukturiert anzugehen. Die Umsetzung einer nachhaltigen Unternehmensstrategie beginnt mit einem klaren Commitment der obersten Führung zu einem konkreten « Porträt Ueli Haldimann Bereichsleiter «Nachhaltigkeit im Unternehmen» Sanu Future Learning AG Führung ist zentral Vom Verwaltungsrat bis zum Teamleiter braucht es fähige Führungskräfte, die wissen, welches der drei Elemente Steuerung, Struktur und Kultur sie wie voranbringen können, die wagen, Konflikte oder Probleme offen anzusprechen und zu lösen und die bereit sind, sich für die Zielerreichung auch zu exponieren. Aufgrund dieser hohen und sehr vielfältigen Anforderungen bestehen häufig in der Führung Plan, wie Vision und Strategie erarbeitet bzw. weiterentwickelt und danach das Unternehmen und die Mitarbeiter auf die Strategie ausgerichtet werden. Dabei geht es nicht darum, immer alles zu ändern. Viel wichtiger ist es, genau zu wissen, was man beibehalten will (Stärken fördern) und was man verändern will (Schwächen verbessern). Wenn beides bewusst angegangen wird, kann sich das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln auf dem Weg zur Nachhaltigkeit. Nach dem Studium (lic. phil. nat. Biologe / Ökologe svu) spezialisierte er sich auf Abfallbewirtschaftung, Energiemanagement und Beschaffung. Später auf Umweltmanagement, Strategieentwicklung und -umsetzung. Kontakt [email protected], www.sanu.ch KMU-Magazin Nr. 4, April 2015