Johannes Brahms

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Die Sinfonien des
Johannes Brahms
ein abenteuerliches Stück Musik-THEATER
Die Sinfonien des
Johannes Brahms
ein abenteuerliches Stück Musik-THEATER
mit
Jürgen Clemens
Heidrun Grote
Christina Vayhinger
Sunga Weineck
Musik:
Lichtdesign:
Bühne:
Kostüme:
Technik:
Regieassistenz:
Dramaturgie:
Inszenierung:
Johannes Brahms
Barbara Gescher
Boris Gerrit Knoblach
Andreas Mangano
Rupert Franzen
Katja Winke
Dipesh-Nalin Shapriya
Antje Probst
Dietmar Kobboldt
Premiere
12. September 2002 – Studiobühne Köln
Dauer: 2 1/2 Stunden mit Pause
Befangenheit ist das erste Gefühl,
wie bei jeder jähen Begegnung
zwischen einem Lebenden
und einem Toten,
zwischen einer Psyche,
die eben erst ihren Ausdruck findet,
und einem manifest und ortlos gewordenen Geist.
Durs Grünbein
c.t.201 dankt
der Studiobühne Köln und allen MitarbeiterInnen,
Gabriele Fischer, Mechthild Gescher, Dorothee Noy, Joachim Röderer,
der Fielmann AG
und
Herrn Rehbein von der Uniklinik Köln
für die freundliche Unterstützung.
Im Herbst 1992 fanden sich sechs Theaterleute aus der freien Kölner Szene zur Gruppe
c.t.201 zusammen und im Sommer 1993 folgte die Gründung des gemeinnützigen
Vereins c.t.201 – freies Theater Köln e.V. Der Name geht zurück auf die
Bezeichnung einer Farbfilterfolie für Scheinwerfer, den sogenannten Tageslicht-Filter.
Die klare Konturierung und das gleichzeitige stimmungsvolle Wechselspiel des
Tageslichts sind für unsere Theaterarbeit Programm.
Nach Heiner Müllers HamletMaschine (März 1993) und den Hymnen an die Nacht
von Novalis (Januar 1994) haben wir uns in einer Trilogie mit Johann Wolfgang von
Goethe beschäftigt: Nach PrometheuS (August 1994) und Faust – der Tragödie
zweiter Teil (März 1995) kam mit Iphigenie auf Tauris diese Arbeit zunächst zu
einem Abschluß. Es folgte dann Amphitryon von Heinrich von Kleist (September
1996), die Uraufführung von Titanic – Sternennacht von Martin Kuchejda, Parzival
oder: Die Suche nach dem heiligen Gral (November 1997) nach Wolfram von
Eschenbach, Ein Traumspiel von August Strindberg (November 1998), IchundIch von
Else Lasker-Schüler (April/Mai 1999), Nathan der Weise von Gotthold Ephraim
Lessing (September 2000) und im Herbst des letzten Jahres die Uraufführung von
Mythos – Eine Reise durch die Zeit des Vergessens von Martin Kuchejda.
In der gemeinsamen Arbeit entwickelte sich unter der Leitung von Dietmar Kobboldt
ein Theaterstil, der nicht nur das Spiel, sondern auch Bühne, Licht, Dramaturgie und
insbesondere Musik als konstruktive Elemente des Theaters begreift. Die Größe des
Ensembles wird dabei bewußt auf das für das jeweilige Stück Wesentliche reduziert.
Die Produktionen von c.t.201 sind immer das Ergebnis einer kritischen
Auseinandersetzung mit einer literarischen und/oder einer musikalischen Vorlage. Wir
versuchen, mit den Mitteln des Theaters über die Vorgaben des Textes hinauszugehen
und dem Zuschauer durch das Zusammenspiel der Theaterelemente einen sinnlichen
Zugang zu Text, Musik und Theater zu ermöglichen.
Fast alle unsere bisherigen Produktionen wurden von der Kölner Fachjury für den
Kölner Theaterpreis nominiert. Iphigenie auf Tauris erhielt 1995 die begehrte
Auszeichnung.
Johannes Brahms 1883
Wenn Sie Interesse an unserer Arbeit haben, senden wir Ihnen gerne weitere
Informationen zu.
Bitte wenden Sie sich an:
c.t.201 – freies Theater Köln e.V.: Rothehausstraße 14, 50823 Köln
Tel. (0221) 51 95 56, Fax (0221) 43 94 48, E-mail: [email protected]
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WAS SOLL EINE SINFONIE AUF DER BÜHNE –
ANMERKUNGEN ZU EINEM WIDERSPRUCH
Charme und Melone“ – sind für mich persönlich bis heute ein großes Geschenk
und möglicherweise die erste Keimzelle zu dem Projekt „Die Sinfonien des
Johannes Brahms“.
Ein Theaterprojekt zu den Sinfonien des Johannes Brahms – das scheint ein
Widerspruch in sich zu sein, gilt doch gerade Brahms als der Vertreter der absoluten Musik, jener musikalischen Richtung also, die sich gegen jedes konkrete
Programm wendet und die Musik sozusagen „pur“ realisiert wissen will.
Im Rahmen der absoluten Musik gilt die Sinfonie als jene Kunstform mit der
höchsten Vollkommenheit und Johannes Brahms war sicherlich derjenige, der
die Sinfonie in ihrer ursprünglichen formalen Gestalt zu einem nie zuvor
erreichten Höhepunkt geführt hat. Zwar gibt es auch später große Komponisten, die sich der Sinfonie zugewandt haben, aber diese (z.B. Mahler oder
Bruckner) lösen sich schon deutlich vom eigentlichen Formschema dieser
Kunstform, entwickeln es weiter, verändern es – wie sie es für ihre künstlerische
Aussage notwendig brauchen.
Setzen wir also Johannes Brahms als den End- und Höhepunkt des sinfonischen Schaffens „alter Schule“, so erklärt sich damit die Frage „Warum gerade
Brahms?“, nicht aber die Frage „Was soll eine Sinfonie auf der Bühne?“.
Es ist viele Jahre her und war zu einer Zeit, als Computer nahezu unbekannt
waren und die Idee, man könne elektrische Geräte zeitgenau programmieren
lediglich belächelt in Science-Fiction-Filmen vorkam – also etwa vor 30 Jahren.
Ich hatte damals zur Konfirmation einen Kassettenrecorder geschenkt bekommen und angefangen, sogenannte klassische Musik aufzunehmen. Eines Nachts
so gegen 23 h übertrug ein Sender ein mir unbekanntes Werk: die Sinfonietta
von Leos Janácek. Ich nahm also meinen neuen Recorder, legte das Mikrofon auf
einen Stapel Bücher, so daß es direkt vor dem Lautsprecher lag, drückte im richtigen Moment auf die Starttaste – und schlief ein. Ich träumte von John Steed
und Emma Peel. Bei einem der vielen Abenteuer war Emma Peel gestorben, und
jetzt fuhren mehrere Leichenwagen durch einen dunklen Wald in Richtung
Friedhof. Es war Nacht. Aber auf allen Tannenzweigen saßen kleine Elfen und
hielten Kerzen in den Händen. Es war der schönste Trauermarsch, den ich
jemals erlebt habe. Es war der 4. Satz der Sinfonietta von Leos Janácek.
Niemals seither kann ich dieses Stück absoluter Musik hören, ohne daß mir
die Bilder meines Traums vollkommen gegenwärtig wären. Diese Bilder, die an
Subjektivität kaum zu überbieten sind – denn zu Janáceks Zeiten (1854-1928)
gab es weder Fernsehen, geschweige denn eine Fernsehserie wie „Mit Schirm,
4
Ich glaube nicht, daß es so etwas wie „absolute Musik“ überhaupt gibt, und
wenn es sie gäbe, wäre sie ungeheuer uninteressant und langweilig, wie etwa die
Etüden von Carl Czerny, die einen unschätzbaren Wert als Fingerübungen auf
dem Klavier haben – aber Musik, gute Musik sind sie mitnichten. Hingegen ist
die berühmte 5.Symphonie von Ludwig van Beethoven für mich bis heute das
erschütternde Dokument eines Künstlers, der seine eigene Musik nicht mehr zu
hören vermag.
Künstlerbiographien besitzen meist ein großes Potential an Emotionen,
Leiden, Leidenschaften, Verzweiflung. Selten ist mir die Biographie eines
Künstlers, eines Komponisten, begegnet, die so erschreckend normal ist, ja
geradezu langweilig, wie die von Johannes Brahms. Er wurde weder taub, noch
wahnsinnig, wurde weder als Revolutionär durch Europa gejagt, noch starb er
früh mit 35 Jahren. In Hamburg geboren, in Wien gestorben, an Magenkrebs
mit 63 Jahren, Protestant, unverheiratet, nicht einmal unehelichen Kinder,
durchaus anerkannt, selten Geldsorgen, Ruhe und Muße zum künstlerischen
Schaffen.
Dagegen stehen aber seine Werke, insbesondere seine vier Sinfonien, die einfach keine Nachfolgerin haben sollten. Brahms hat vier Sinfonien geschrieben,
weil er damit alles zu diesem Thema gesagt hatte, nicht, weil ihm „der Tod die
Feder aus der Hand genommen“ hatte. Aber sind diese Werke Produkte eines
Langweilers, sind sie nur schöne Tonsätze, sind sie einfach Fingerübungen innerhalb eines Formgefüges? Ich vermag das nicht zu glauben.
Natürlich liegt den vier Sinfonien kein „Programm“ zugrunde wie
etwa der „Moldau“ von Bedrich Smetana, aber ebenso natürlich ist es, daß
diesen Sinfonien ETWAS zugrunde liegt, liegen muß, was weit, sehr weit
über die reine Formerfüllung hinausgeht. Aber selbst wenn einige von
uns das „Programm“ der Moldau kennen, sehen wir denn vor unserem
inneren Auge den gleichen Fluß, den Smetana beschrieben hat? Vielleicht
wissen wir, daß die Moldau zwei Quellen hat, vielleicht waren wir schon
einmal in Prag, aber Smetanas Bilder sind nicht unsere Bilder, sein
Empfinden ist nicht unser Empfinden, seine Moldau ist nicht unsere
5
Moldau. – Und mein Sinfonietta-Traum kann und darf niemals Ihr Traum
werden.
Und Johannes Brahms? Seine Sinfonien haben kein Programm. Sie beschreiben keine konkreten Bilder. Sie erzählen keine Geschichte im narrativen Sinn.
Und dennoch spürt man in jeder Note den unbedingten Willen, daß es so und
nur so möglich ist. Der biographisch langweilige Brahms hat eine große Seele
und aus dieser speist er die ungeheure Kraft seines sinfonischen Schaffens. Aber
auch dieser „großen Seele“ liegen Ereignisse, Erlebnisse, Wünsche, Sehnsüchte
und Träume zugrunde. Seine Bilder sind nicht konkret, es sind subjektive
Bilder, Bilder der Seele, seiner Seele, oder einfach: Seelenbilder. Und diese erreichen und berühren uns gleichermaßen und dennoch erreichen und berühren sie
jeden Menschen individuell – oder eben auch nicht.
Johannes Brahms lebte sein Leben als Mensch und als Komponist.
Selbstverständlich fließen seine subjektiven Erlebnisse, Gefühle und Gedanken
in seine Kompositionen ein. Ebenso natürlich ist es, daß er seiner Musik eine
Form gibt – in unserem Beispiel die der Sinfonie. Brahms komponiert, es entsteht eine Partitur. Diese gibt er seinem Verleger, dieser läßt sie drucken. Ein
Dirigent studiert die Partitur und macht sich seine eigenen, subjektiven
Gedanken. Er gibt ein Konzert, dessen Schallwellen von einer Rundfunkanstalt
aufgezeichnet werden. Diese Schallwellen werden gespeichert, es entsteht ein
Tonträger. Ein technisches Gerät verwandelt die gespeicherten Schallwellen
zurück in Musik, die wir, die Hörerinnen und Hörer wahrnehmen. Unser
Trommelfell sendet Informationen an unser Gehirn, wo sie auf all' unsere anderen Gedanken, Erlebnisse und Gefühle treffen. Je nach individuellem Vermögen
nehmen wir sogar die Form der Musik wahr. Die Musik erreicht unsere Seele wenn wir die Bereitschaft dazu haben.
Das biographische Leben von Johannes Brahms mag uns nicht weiter interessieren. Und dennoch erreicht uns sein musikalisches Schaffen letztendlich auf
der gleichen Ebene, wie der Komponist sie gemeint hat. Oder: Die subjektiven
Seelenbilder des Johannes Brahms erreichen trotz vieler Zwischenschritte wiederum unsere Seele. Die Bilder haben sich verwandelt, auch weil historisch viel
Zeit vergangen ist.
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Ausdrucksgehalt einzelner musikalischer Dimensionen
nach Kate Hevner
Meine Interpretation der „Sinfonien des Johannes Brahms“ ist eine subjektive. Umso mehr gilt an dieser Stelle mein Dank den Schauspielerinnen und
Schauspielern, gilt mein Dank Jürgen Clemens, Heidrun Grote, Christina
Vayhinger und Sunga Weineck, daß sie den Mut und das Vertrauen hatten, sich
auf dieses Abenteuer einzulassen. Es war eine schöne Arbeit!
Ihnen, den Zuschauerinnen und Zuschauern, wünsche ich nicht mehr und
nicht weniger als einen spannenden Theaterabend.
Dietmar Kobboldt
im September 2002
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JOHANNES BRAHMS AN CLARA SCHUMANN
AM SONNTAG, DEN 12. AUGUST 1855
Clara Schumann
Meine geliebte Freundin,
den ganzen Tag habe ich nun fleißig gespielt und gelesen und immerfort an
Sie gedacht, nun will ich´s Ihnen aber auch in aller Ruhe erzählen. Ich denke
immer an Sie, lange habe ich an niemand so freundlich und ohne Aufhören
gedacht; heute hoffe ich nun von früh an für den Abend auf einen Brief von
Ihnen, der mir recht Liebes aus Hamburg erzählt, ich sehne mich danach. [...]
Frl. von Meysenbug hat mir einen Brief geschrieben, dick überzuckert, ich
wäre ihr hochverehrter, genialischer Meister!
Was die Leute gleich einen Begriff haben, wenn ein junger Mensch etwas
Besonderes schreibt! Wie mancher Jüngling wünscht sich wohl Adlerflügel und
bildet sie sich wohl auch ein, gerät er hernach in die Bücher und Noten, dann
klebt er gleich am Staub fest und vergißt das Fliegen. Ich fürchte das doch zum
Glück nicht häufig von mir, aber oft macht´s mich traurig, daß ich gar nicht
mehr weiß, wie man komponiert, wie man schafft.
Ich wünschte, diese Zeit wäre bald vorüber, und ich wäre freier und mutiger,
ich könnte krank werden vor Sehnsucht nach einem neuen, frischen Ton.
Denken Sie, bisweilen glaube ich fest, daß ich recht krank würde und dann
doppelt gesund! Wieder manchmal, ich sei kränklich gewesen und jetzt am
Genesen. Wie unglücklich wäre ich vielleicht, wenn ich Sie nicht hätte! An
Ihnen lerne ich immerfort, daß man Lebenskraft (=lebenskräftiges Schaffen)
nicht aus Büchern holen kann, sondern nur aus der eigenen Seele. Man muß
nicht herein, sondern hinaus empfinden.
Sie müssen immer bei mir bleiben als mein guter Engel, dann wird gewiß
aus mir, was werden soll und kann.
Ich lese mein Geschwätz nicht wieder durch, verzeihen Sie´s und lassen Sie
sich herzlich umarmen von Ihrem
Johannes
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NEUE BAHNEN
Es sind Jahre verflossen, – beinahe ebenso viele, als ich der früheren
Redaktion dieser Blätter widmete, nämlich zehn, – daß ich mich auf diesem an
Erinnerungen so reichen Terrain einmal hätte vernehmen lassen. Oft, trotz angestrengter produktiver Tätigkeit, fühlte ich mich angeregt; manche neue, bedeutende Talente erschienen, eine neue Kraft der Musik schien sich anzukündigen,
wie dies viele der hochaufstrebenden Künstler der jüngsten Zeit bezeugen, wenn
auch deren Produktionen mehr einem engeren Kreise bekannt sind. *) Ich dachte, die Bahnen dieser Auserwählten mit der größten Teilnahme verfolgend, es
würde und müsse nach solchen Vorgang einmal plötzlich einer erscheinen, der
den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszusprechen berufen wäre,
einer, der uns die Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung brächte, sondern, wie Minerva, gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des Kronion
spränge. Und er ist gekommen, ein junges Blut, an dessen Wiege Grazien und
Helden Wache hielten. Er heißt Johannes Brahms, kam von Hamburg, dort in
dunkler Stille schaffend, aber von einem trefflichen und begeistert zutragenden
Lehrer **) gebildet in den schwierigsten Satzungen der Kunst, mir kurz vorher
von einem verehrten bekannten Meister empfohlen. Er trug, auch im Aeußeren,
alle Anzeichen an sich, die uns ankündigen: das ist ein Berufener. Am Klavier
sitzend fing er an, wunderbare Regionen zu enthüllen. Wir wurden in immer
zauberischere Kreise hineingezogen. Dazu kam ein ganz geniales Spiel, das aus
dem Klavier ein Orchester von wehklagenden und lautjubelnden Stimmen
machte. Es waren Sonaten, mehr verschleierte Symphonien, – Lieder, deren
Poesie man, ohne die Worte zu kennen, verstehen würde, obwohl eine tiefe
Gesangsmelodie sich durch alle hindurchzieht, – einzelne Klavierstücke, teilweise dämonischer Natur von der anmutigsten Form, – dann Sonaten für
Violine und Klavier, – Quartette für Saiteninstrumente, – und jedes so abweichend vom andern, daß sie jedes verschiedenen Quellen zu entströmen schienen.
Und dann schien es, als vereinigte er, als Strom dahinbrausend, alle wie zu
einem Wasserfall, über die hinuterstürzenden Wogen den friedlichen
Regenbogen tragend und am Ufer von Schmetterlingen umspielt und von
Nachtigallenstimmen begleitet.
* Ich habe hier im Sinn: Joseph Joachim, Ernst Naumann, Ludwig Norman, Woldemar Bargiel,
Theodor Kirchner, Julius Schäffer,Albert Dietrich, des tiefsinnigen, großer Kunst beflissenen geistlichen Tonsetzers F.E.Wilsing nicht zu vergessen.Als rüstig schreitende Vorboten wären hier auch
Niels W. Gade, E.U. Mangold, Robert Franz und St. Heller zu nennen.
** Eduard Marxsen in Hamburg
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Wenn er seinen Zauberstab dahin senken wird, wo ihm die Mächte der
Massen, im Chor und Orchester, ihre Kräfte leihen, so stehen uns noch wunderbare Blicke in die Geheimnisse der Geisterwelt bevor. Möchte ihn der höchste
Genius dazu stärken, wozu die Voraussicht da ist, da ihm auch ein anderer
Genius, der der Bescheidenheit, innewohnt. Seine Mitgenossen begrüßen ihn
bei seinem ersten Gang durch die Welt, wo seiner vielleicht Wunden warten
werden, aber auch Lorbeeren und Palmen; wir heißen ihn willkommen als starken Streiter.
Es waltet in jener Zeit ein geheimes Bündnis verwandter Geister. Schließt,
die ihr zusammengehört, den Kreis fester, daß die Wahrheit der Kunst immer
klarer leuchte, überall Freude und Segen verbreitend!
Robert Schumann
ÜBER DIE SYMPHONIEN
Überblickt man die vier Symphonien, die Brahms geschrieben hat, so
gewinnt man das Bild eines in besonderem Maße geschlossenen Oeuvres, deutlicher geschlossen jedenfalls als das symphonische Werk anderer großer
Komponisten. Offensichtlich hat auch Brahms selbst die Empfindung gehabt,
daß er mit der 4. Symphonie sein letztes Wort in dieser Gattung gesagt hatte,
denn in den ihm noch verbleibenden elf Lebensjahren gibt es keinerlei Anzeichen dafür, daß er an ein weiteres symphonisches Werk auch nur gedacht
hätte. Man hat erwogen, daß sich Brahms mit der Vierzahl von Symphonien an
sein angeblich großes Vorbild Robert Schumann gehalten habe; doch wird die
prägende Rolle Schumanns ohnehin überschätzt, und mit seinen Symphonien
hat Brahms in keinem einzigen Punkt an dessen Werke angeknüpft. Ein plausiblerer Grund für jene Einschätzung mag in der Paarbildung der beiden ersten
und der beiden letzten Symphonien zu finden sein, mehr wohl aber noch darin,
daß sie der Abfolge von vier Sätzen auf einer höheren Ebene zu entsprechen
scheinen. Das musikalische Gewicht ruht in Brahms‘ Symphonien auf den
Ecksätzen, die Mittelsätze treten dagegen im Anspruch zurück. Ähnliches läßt
sich auch an der Werkreihe feststellen, ohne allerdings die 2. und 3. Symphonie
deshalb abwerten oder geringschätzen zu wollen. In beiden indes vermischt sich
der hohe handwerkliche und ästhetische Anspruch mit persönlichen Zügen des
Komponisten, in der D-Dur-Symphonie mit seiner Naturverbundenheit in der
F-Dur-Symphonie mit seiner Melancholie (die freilich in der 4. Symphonie noch
fortwirkt). Die Moll-Symphonien dagegen verraten höchste kompositorische
Arbeit und Anstrengung, die 1. in der Auseinandersetzung mit Beethoven, die
4. durch das unverstellte Hervorkehren des kammermusikalischen Spätstils und
die Retrospektive auf Bach.
Ein weiteres verbindendes Charakteristikum der Brahmsschen Symphonien
besteht darin, daß sie sich – freilich in unterschiedlichen Graden an Deutlichkeit – anderen Gattungen gegenüber öffnen: dem lyrischen Klavierstück, dem
Lied oder Volkslied, namentlich aber – was die Dimension und vor allem die
satztechnische Faktur angeht – der Kammermusik. Gewiß waren die Werke
auch anderer Symphoniker nicht radikal gegen andere Gattungen abgeschottet,
wie vor allem das Beispiel Gustav Mahlers zeigt, der Symphonie und Lied aufs
engste miteinander verschmelzen ließ. Das Gewicht aber, das Elemente aus
anderen Gattungen in Brahms‘ Symphonien erlangen, und die Vielfalt der
Beziehungslinien in ihnen lassen diesen Aspekt zu einem besonders bedeutungsvollen Merkmal werden, das über die Gattung hinaus Rückschlüsse auf
12
Die vervollständigte vollständige Partitur
von E.L.T. Mesens, 1945
13
Brahms‘ Materialbegriff zuläßt. Die grenzüberschreitende Verwendung von
musikalischen Mitteln, die traditionell an bestimmte Gattungen gebunden
waren, könnte ein Indiz dafür sein, daß Brahms nicht von mehreren jeweils für
eine Gattung spezifischen Beständen musikalischer Mittel ausging, die er im
Einzelfall durch Übertragung bereicherte, sondern vielmehr von einem
Gesamtrepertoire des ihm verfügbaren Materials aus dem er bei der kompositorischen Arbeit eine Auswahl traf. Genau dadurch aber hat Brahms, der stets an
den traditionellen Formen und Gattungstypen festgehalten hat, gewiß ohne es
zu wollen, einer generellen Tendenz des späten 19. Jahrhunderts, der Auflösung
der Gattungen, Vorschub geleistet.
Als noch wichtiger für die historische Wirkung von Brahms hat sich die
Bedeutung herausgestellt, die dem kammermusikalisch stringenten und kein
einziges Element des Tonsatzes als nebensächlich verachtenden Zugriff im
Gesamtoeuvre ebenso wie in seinen Symphonien zukommt. Zu Recht hat man
die Kammermusik als Kern des Brahmsschen Komponierens bezeichnet. In dieser Feststellung indes verschränken sich kompositionstechnische, ästhetische
und musiksoziologische Facetten. Immer wieder wurde konstatiert, daß
Brahms‘ Musik introvertiert, kompliziert und schwer zugänglich sei, daß sie
sich nicht an den musikalischen Liebhaber, sondern an den Fachmann wende.
Dies aber waren zu jener Zeit charakteristische Züge der Kammermusik; ihr war
die Komplexität der Faktur ebenso eigentümlich wie die soziale Bestimmung
für einen elitären Kreis von Eingeweihten. Bei der Symphonie hingegen, von
der man Extrovertiertheit und Schlagkraft erwartete, galten solche Eigenschaften eher als Mangel.
Doch gerade die kammermusikalische Ausrichtung und die aus ihr hervorgegangenen weitreichenden Variations- und Verarbeitungsverfahren, die
Brahms entwickelt und über alle Gattungen ausgebreitet hat, sollten zur entscheidenden Grundlage seiner historischen Wirkung, seiner Ausstrahlung auf
spätere Komponistengenerationen werden. Wenn Arnold Schönberg 1933
Brahms als „Fortschrittlichen“ vorstellte und damit das Brahms-Bild radikal zu
verändern begann, waren es genau die Modelle der motivisch-thematischen
Durchdringung des gesamten Tonsatzes, die er als Belege für Brahms‘ Fortschrittlichkeit anführte. Bereits der Übergang zur Neuen Musik am Anfang des
20. Jahrhunderts wurde mit kammermusikalischen Werken, etwa Schönbergs
II. Streichquartett Op. 10, vollzogen, und die Entwicklung der Zwölftonmusik
wäre ohne Brahms‘ motivische Variationstechnik nicht denkbar gewesen.
Was nun die Symphonie angeht, so haben die erklärten Nachfolger von
Brahms aus der Diskrepanz, die sich zwischen dem Begriff der Gattung und sei14
nen Symphonien auftut, die Konsequenz gezogen. Max Reger etwa, dessen Nähe
zu Brahms nirgends so deutlich wird wie in seinen Orchesterwerken, komponierte als symphonische Werke lediglich die Sinfonietta Op. 90 und die
Serenade Op. 95, wich also schon durch die Wahl der Titel dem emphatischen
Gattungsbegriff ‚Symphonie‘ aus. Und Schönberg schrieb zwei Kammersymphonien, zog also betont die Schlußfolgerung aus der kammermusikalischen
Ausrichtung der Brahmsschen Symphonik.
Martin Schmidt
Brahms’ Kopf.
Unvollendete Zeichnung von Olga von Miller zu Aicholz
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ARNOLD SCHÖNBERG
VORTRAG, ZU HALTEN IN FRANKFURT AM MAIN
AM 12.11.1933
(Auszugsweise Erstveröffentlichung)*
Es wird immer erzählt, Brahms „Umgang mit Menschen“ sei durch eine
gewisse Trockenheit gekennzeichnet gewesen. Ich nehme an: Im Umgang mit
gewissen Menschen; mit lästigen Schwätzern – da mag es seine Methode gewesen sein, gegen die Zudringlichkeit feuchten, schmalzigen Schwulstes sich mit
einem Schutzwall von Trockenheit zu umgeben; und ich glaube: es wird schon
noch etwas mehr gewesen sein: Grobheit, die er aufwenden mußte, wenn er
abwehren wollte, womit Beredsamkeit ihn zu überfluten drohte, wenn deren
Schleusen geöffnet sind.
Trockenheit könnte dagegen nichts ausrichten. Und wenn auch die
Betroffenen in stillschweigenden Übereinkommen es vorzogen, was ihnen zugestoßen war, als brahmsische Trockenheit zu bezeichnen, so kann man doch
annehmen, jeder so Behandelte werde der Meinung gewesen sein, ihm sei
Unrecht, den anderen aber Recht geschehen.
Aber: Trockenheit oder Grobheit: feststeht: Hochachtung bezeigen wollte
Brahms durch Trockenheit nicht. Ich aber will es tun, sie zu neuer Ehre bringen: Ich will eine trockene kompositionstechnische Frage erörtern und hoffe, es
wird ein guter Stein zu Brahms Denkmal sein.
Die Entwicklung der Musik, der höheren Kunstmusik, muß man bezeichnen
als: gradlinig fortschreitend; insofern nämlich, als sie sich stets auf dem Weg
vom Einfacheren zum Komplizierteren befindet und das auch dann, wenn sie zu
gewissen Zeiten die alte Richtung aufgibt und eine neue, scheinbar neue, einschlägt. Eine strenge Überlegung zeigt, daß das gar nicht anders sein kann.
Insoweit nämlich, als Musik einen Zuhörer voraussetzt, an den sie sich also
wendet; dem sie mithin etwas sagen, etwas mitteilen will, insofern kann sie gar
nicht anders verfahren, kann sie gar nicht anders beschaffen sein, als so wie das
Auffassungsvermögen eben dieses Zuhörers es fordert und zuläßt. Dem schaf-
fenden Künstler zwar mag solches gar nicht zum Bewußtsein kommen; er
glaubt nur sich auszudrücken, so wie die Uhr nur ihre 24 Stunden angibt, ohne
Rücksicht darauf, ob es dieser Tag, jener Monat, jenes Jahr oder Jahrhundert sei,
was es aber doch in der Tat ist! Was es ist im Bewußtsein aller, ausgenommen
das der Uhr. Der Schaffende braucht das nicht zu wissen und wird dennoch nicht
zu einem Zuhörer von Atomzertrümmerung reden, wenn dieser nicht weiß, was
Atome sind, wie er umgekehrt nicht einen, der sich mit Atomzertrümmerung
befaßt, erklären wird wollen, was man bisher von den Atomen gehalten habe.
Da aber in höherer Kunstmusik der Schaffende seinen Zuhörer achtet, setzt er
voraus, dieser werde beleidigt sein, wenn man ihm Längstgesagtes immer wieder von Neuem vorsetzt und ihm zumutet, dies werde ihm gefallen, da das
Publikum das ohnedies nicht merke. Daß ein Publikum dasselbe gute und neue
Stück der höheren Kunstmusik immer wieder hören will, muß nicht bloß diese
kindisch-komische Freude an der Wiederholung erfreulicher Dinge sein, sondern wird meistens sogar dem unbewußten Trieb entspringen, dieses Schöne,
dieses Wahre genauer zu erkennen, mit ihm vertrauter zu werden. Ein rasches,
geübtes Auffassungsvermögen wird verlangen, daß man ihm das Andere, das
Weitere sagt, sobald es das Eine, das Nähere kennen gelernt hat und es ihm ein
Einfaches worden ist. Darum also kann die Musik nur den Weg einer fortschreitenden Entwicklung gehen, diesen vom Einfacheren zum NächstKomplizierten.
Darum werden wir Brahms Bedeutung am richtigsten zu schätzen verstehen,
wenn wir herausfinden, welches sein Anteil
an diesem Fortschritt war
Manchem Altwagnerianer, sei es nun ein
altgewordener Jung-Wagnerianer oder
schlichtweg ein „geborener“ Alt-Wagnerianer, wird das sonderbar vorkommen. Waren
doch nicht nur in meiner Generation, sondern auch und noch zehn Jahre später feuerbeständige Altwagnerianer geboten worden;
Gralshüter des Fortschritts in der Musik,
denen Brahms umsomehr als Akademiker, als
Fortschritts-Gegner galt.
* Dieser Vortrag ist später unter dem Titel „Brahms der Fortschrittliche“ bekannt
geworden.
Schattenriß von Otto Böhler 1880
16
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Wir haben durch Strauss und Mahler gelernt, bei Wagner ebensoviel
Ordnung, ja Pedanterie zu sehen, als Kühnheit, ja Phantasterei bei Brahms.
Die Korrespondenz ihrer Lebenszahlen sollte es heuer zustandebringen, daß
man den wahren Zusammenhang erkennt, der zwischen ihnen besteht; daß man
sieht, inwieweit beide Fortschrittsmusiker und Akademiker waren, Phantasten
und Formalisten. Bedenkt man die heute noch fühlbare Härte und Kühnheit
mancher Brahmsischer Wendungen, wie z.B. die nach H-MoIl und zurück im
c-moll-Streichquartett. Das gemahnt in der Ausnützung harmonischer
Vieldeutigkeit an die traurige Weise aus Tristan. Bedenkt man nun aber auch,
daß Wagners Leitmotivtechnik im Grunde den Versuch darstellt, das thematische Material einer ganzen Oper, ja einer ganzen Tetralogie zu vereinheitlichen,
so ist das eine rein wieder formalistische Absicht, wie sie Brahms nicht formalistischer z.B. in der E-Moll-Symphonie durchführt, wenn er im letzten Satz die
Terzen des ersten aufmarschieren lässt.
Es ist überflüssig zu fragen, wessen Bedeutung in Zukunft größer sein wird,
die Brahms oder die Wagners; umsomehr, als die Bewertung mit Rücksicht auf
das der Zeit zugewiesene Ziel sich ändert. Dagegen aber kann man im Sinn einer
fortschreitenden Weiterentwicklung der Musik sehr deutlich erkennen, inwiefern Brahms und Wagner sich von verschiedenen Seiten auf dasselbe Ziel, auf
denselben Punkt des Weges vom Einfacheren zum Komplizierteren zu bewegt
haben.
Ich muß nun einen Augenblick von mir sprechen, weil ich mutmaßlich als
Erster einen Grundsatz ausgesprochen habe, welcher vielleicht nicht bloß meinem Schaffen zugrundeliegt, der aber jedenfalls in meiner Selbstkritik eine
immer ausschlaggebendere Rolle spielt:
Nämlich:
Ich wünsche: Gedanken an Gedanken zu reihen, gleichviel welchen Zweck
jeder einzelne in der Gesamtgestaltung zu erfüllen habe; gleichviel, ob er bloß
einleitende, überleitende, vorbereitende, durchführende, entwickelnde, abschweifende, abschließende, variierende oder aber grundlegende Bedeutung
habe: Immer muß es ein Gedanke sein, der auch ohne solchen Zweck dort stehen müßte, wo er steht, so aussehen müßte, wie er aussieht und inhaltlich nichts
anderes auszudrücken bestimmt wäre.
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Ich habe das Glück gehabt, in der Mittelschule Deutsche Sprachlehre bei
einem Lehrer zu lernen, der in Alle seine Schüler den Haß gegen abgegriffene,
leere, falsche, bildlose Phrasen verpflanzte: Franz Willomitzer, Verfasser einer
im alten Österreich sehr geschätzten „Deutschen Grammatik“. Dieser zwang
uns Vierzehnjährige, sich den Kopf zu zerbrechen, wenn eine Einleitung z.B.
oder eine Überleitung im Deutschen Aufsatz zu bringen war.
„Schon die alten Griechen und Römer...“
„Wenn ich bloß die Feder eintauche“, höhnte er, „und einen
Tinten(-)klex mache, so steht schon dieser
Satz da.“
Oder:
„Betrachten wir aber die Regierungszeit
Karls des X-ten genaue... „
„Bitte, betrachten Sie genauer,“ wies er uns
an, „aber machen Sie nicht vorher schon soviel
Aufhebens davon. Gackern Sie erst, nachdem Sie ein Ei gelegt haben!“
Einen Schriftsteller, bei dem wir die Anwendung solcher Hilfsmittel erkennen konnten, hätten wir Vierzehnjährige ausgelacht. Trotzdem schreiben noch
heute viele Erwachsene so, in der Musik aber fast alle.
Ich weiß nicht recht, warum man sich in der Musik diese beleidigende Breite
und Langsamkeit der Darstellung noch immer gestattet, wo man ja in der
Kunstmusik keinesfalls nur für Idioten schreibt! Daß man noch immer, wenn
man z.B. von einem Haus spricht, genau beschreibt wie so etwas aussieht, wie
es gemacht wird und was es für einen Zweck hat. Einmal wird man ja doch auch
in der Musik dazu gelangen müssen, solche Komplexe als bekannt voraussetzen
zu können, einmal wird man ja doch davon absehen dürfen, einen solchen
bekannten Gegenstand, bloß weil man ihn erwähnen muß, erst von allen Seiten
zu zeigen, abzuwandeln, zu wiederholen, durchzuführen, ehe man weiter fortschreitet im Text.
Brahms und Wagners Gedankendarstellung haben einen bedeutenden
Fortschritt in dieser Richtung herbeigeführt. Wagner hat die harmonische
Möglichkeit dazu geschaffen, Brahms aber die melodisch-formale.
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VERWANDTE STIMMEN
Ich sitze in der ersten Reihe auf dem Balkon. Im Saal wird gemurmelt. Ich
blicke hinunter auf die Köpfe der Menschen. In der fünften Reihe sehe ich einen
kleinen Jungen, vermutlich das einzige Kind hier, und neben ihm seinen Vater.
Sie betritt die Bühne, sieht sie an und lächelt. Einen Augenblick, länger als
nur einen Augenblick, blickt sie sich um, besorgt, suchend, dann setzt sie sich
an den Flügel.
Sie spielt ohne Noten, den Blick manchmal auf die Hände gerichtet, manchmal die Augen geschlossen. Was sie hört, was sie sich vorstellt, weiß ich nicht.
Ihr Spiel besitzt keine forcierte Gravitas. Es ist von unvorstellbarer Schönheit
– klar, lieblich, unerbittlich, Phrase über Phrase, Echo über Echo, die unvollendete, endlose „Kunst der Fuge“. Es ist eine Musik sondergleichen.
Regen setzt ein. Er fällt leise prasselnd auf das Oberlicht.
Auf den elften Kontrapunkt folgt die Pause.
Jetzt kommt das Chaos: die ungewisse Reihenfolge der Stücke bei meiner
Rückkehr – und hier im Foyer Geplauder, Klatsch, Lob.
Ich kann nichts mehr hören.
Ich dränge mich durch die Halle in den Regen hinaus. Ich gehe lange durch
die Straßen, die Dunkelheit des Parks. Wieder einmal stehe ich neben dem
Serpentine. Der Regen hat meine Tränen fortgewaschen.
Musik, solche Musik, ist Geschenk genug. Warum nach Glück verlangen;
warum hoffen, nicht leiden zu müssen? Es ist genug, es ist Segen genug, Tag für
Tag zu leben und hin und wieder solche Musik zu hören – nicht zuviel, denn die
Seele würde es nicht ertragen.
Vikram Seth
„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum.“
Friedrich Nietzsche
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SCHLAFES BRUDER
[...] Der Köhler Michel vereitelte also die Predigt und stimmte mit blechtöniger Stimme das Gloria-in-excelsis-Deo an. Nun sollte die Orgel in vollen
Registern den Auferstehungschoral intonieren, aber sie schwieg. Elias, der auf der
Epistelseite stand, zuckte zusammen. Wenn nämlich Oskar Adler dickfingrig präludierte, gestattete er sich den Spaß, im eigenen Kopf auch ein Präludium zu ersinnen und sich daran zu ergötzen, wie es sich verglichen mit dem anderen ausnehmen möchte. Nur so konnte er das hilflose Spiel des Organisten ertragen. Jetzt
aber herrschte Stille und ein gespanntes Warten.
Indessen präludierte es in Elias auf phantastische Weise. Er dachte sich den Choral
auf folgende Weise einzuführen. Erst sollte in tiefen Gedacktakkorden die Trauer
der drei Marien am leeren Grab dargestellt werden. Dann setzte der Baß mit einer
chaconneartigen Linie ein, welche sich auf Sekundschritten aufbaute und das zähe
Wegrollen des Steins ausmalen sollte. Der dritte Teil erst brachte in jubelnden
Aufwärtsläufen und fanfaresken Akkorden die Gewißheit, daß Christus wahrhaftig
auferstanden war. In den Siegestaumel mischte sich die Melodie des Chorals, und
der Choral wurde zu einem breiten Strom unglaublich kühner Harmonien. Diese
Kühnheit der Harmonien, worin das Unerwartete, das Nicht-zu-Glaubende sich ereignete, sollte dem noch zweifelnden Christen anzeigen, daß Christus das Unsägliche
vollbracht hatte: die Auferstehung von dem Tode. Welch eine geniale Musik!
Doch die Bauern hörten nichts von alledem. Man fing an, sich ungeduldig zu
räuspern und nach der Empore zu schielen. Endlich beherzte sich der Michel und
stimmte den Choral an. So feierte man die Ostermesse a cappella, und es nützte
nichts, daß Peter den Elias immer wieder in die Seite zwickte, ihm zuflüsterte,
er solle doch endlich die Empore besteigen. Elias wurde bei diesem Gedanken nacht
vor den Augen. Konnte es sein, daß nun seine Stunde gekommen war? Nein, das
konnte nicht sein![...]
Am Ostermorgen wusste bereits das ganze Dorf, weshalb die Orgel nächtens
geschwiegen hatte. Elias witterte seine große Stunde. Darum platzierte er sich mit
Peter in der hintersten ihm so vertrauten Bank der greisen Tabakkäuer. Von dort
war es nur ein Satz zur Stiege der Orgelempore. Ängstlich wartete er ab, vielleicht,
daß der Lehrer doch erscheinen könnte. Aber der Lehrer erschien nicht, und das
Kyrie ging trostlos a cappella vonstatten. Da wagten Peter und er sich auf die Orgel.
Gewaltig staunte das Kirchenvolk, als plötzlich beim Gloria die Orgel aufbrauste
und mit jubelndem Fingerwerk anzeigte, auf welche Weise sich ein Christ über
diesen Tag zu freuen habe. Elias spielte eine mächtig ausholende Toccata, die in
einem fünfstimmigen Fugato über die Melodie des Kirchenliedes endete. Als er
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jedoch zum eigentlichen Choral ansetzte, fand sich niemand, der mitsingen wollte. So heftig waren die Bauern erschrocken. Darum erhob Elias selbst die Stimme
und begann mit kraftvollem Baß das Gloria zu singen. Als die Minute des
Schreckens ausgestanden, wagten einige Stimmen in den Gesang miteinzufallen.
Sie mußten aber bald abbrechen, denn die Art dieser Musik verlangte ihren
Ohren das alleräußerste ab. Jedoch im Gottesdienst das alleräußerste zu geben, war
man in Eschberg nicht gewohnt.
Und Elias jubilierte: Komponierte ein Adagio von so anrührender Zartheit, daß
den Bauern die klammkalten Hände plötzlich warm wurden. Figurierte den
Choral „Christ lag in Todesbanden“ in martialischen Motiven und endigte schließlich mit einem riesenhaften Postlusium, welches er über das Metrum von Elsbeths
Herzschlagen aufgebaut hatte. Die Bauern verließen das Kirchlein mit hochgestimmter Seele. Die Musik des Organisten machte ihre sturen Gemüter lammfromm, denn eigentümlicherweise verließ niemand die Kirche vor der Zeit. Es entstand auch nicht die leidliche Drängelei beim Weihwasserstock. Einige taten plötzlich ganz ungewöhnlich vornehm, gaben mit wurstigen Händen elegante Zeichen
zum Vortritt und mengten in ihren Gruß – man wird es nicht glauben – Worte
nach französischem Klang.[...]
Das Zustandekommen dieser seltsamen Hypnose läßt sich nur mit dem Wesen
von Elias’ Musik erklären. Wohl gab es Meister, welche vor ihm die seelischen
Gefühlszustände auf genuine Weise musikalisch auszubreiten imstande gewesen
waren. Doch blieb es immer beim Anrühren solcher Emotionen, und der Musikliebende selbst steigerte sich dann willentlich in Emphase und tue es heute noch.
Nun gibt es aber in der Sprache der Musik ein Phänomen, das bislang noch
wenig erforscht worden ist. In der unerschöpflichen Kombination von Akkorden
herrschen nämlich Konstellationen, deren Erklingen im Hörer etwas entfesselt,
was im Grunde nichts mehr mit Musik zu schaffen hat. Denken wir an jenen
Ostermorgen, wo es Elias gelungen war, den Charakter der Eschberger Bauern für
Augenblicke mit Großmut zu füllen, welcher sich darin zeigte, daß sie einander
in Höflichkeiten zu übertreffen suchten. Wenn er musizierte, vermochte er den
Menschen bis auf das Innerste seiner Seele zu erschüttern. Er brauchte nur die gefundenen Harmonien in größere, musikorganische Zusammenhänge zu stellen, und
der Zuhörer konnte sich der Wirkung nicht mehr entziehen. Ohne seinen Willen
traten ihm dann die Tränen aus den Augen. Ohne seinen Willen durchlitt er
Todesangst, Kindesfreuden, ja bisweilen gar erotische Empfindungen. Solches in
der Musik geleistet zu haben, war das Verdienst des Johannes Elias Alder.
Robert Schneider
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DAS SCHÖNE HAT ÜBERHAUPT NICHTS MIT KUNST ZU TUN
1. Die Kunst ist eine Gehirnsekretion und exakt messbar;
2. Man muß den Gedanken wiegen und ihn wie jede andere Ware verkaufen;
3. Das Kunstwerk ist nichts anderes als ein Akkumulator von geistiger Energie;
eine Symphonie komponieren oder ein Gedicht schreiben bedeutet: man
nimmt eine bestimmte Anzahl von Tönen oder Wörtern, bestreicht sie mit
intellektueller Kraft und klebt sie damit zusammen;
4. Die Art des Werkes hat keinerlei Wert an sich, sie kann durch die
Bedingungen der Umwelt, in der sie entsteht, einen Wert erlangen: polemischer Wert, abstrakter Wert...;
5. Der Erzeuger von künstlerischer Schöpfungskraft muß am Wirtschaftsleben
teilhaben, das die treibende Kraft des gesamten modernen Lebens ist. Das
Geld ist einer der großartigsten, brutalsten und solidesten Pfeiler der
Wirklichkeit, in der wir leben: es genügt sich auf es zu berufen, um jede
Möglichkeit von Fehlern oder unbestraften Ungerechtigkeiten auszuschalten. Ferner wird eine kräftige Spritze Geschäftsgeist das exakte Bewutsein
seiner Rechte und Pflichten direkt in das Blut des Geistschaffenden tragen.
6. Außer den Wörtern „Kritik“ und „Kritiker“ müssen folgende Bezeichnungen abgeschafft werden: Seele, Geist, Künstler und alle anderen Wörter,
die wie diese hoffnungslos vom passatistischen Snobismus infiziert sind, und
an ihre Stelle müssen exakte Bezeichnungen wie: Gehirn, Entdeckung,
Energie, Geistschaffender, Fantasieschaffender ... treten.
Corradini, Settimelli
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HARALD HEMMING
Harald Hemming wurde am 3. Dezember 1972 in Rathenow geboren, zu
einer Zeit also, als die Welt noch deutlich in Ost und West gegliedert und
Deutschland durch den eisernen Vorhang getrennt war.
Harald war Einzelkind einer alleinerziehenden Mutter. Sie arbeitete den ganzen Tag in einem VEB, der sich mit der Herstellung von Traktoren beschäftigte. Er spielte früh im volkseigenen Kinderhort Fußball, legte jeden Morgen im
volkseigenen Kindergarten den Fahneneid ab, besuchte die Polytechnische
Oberschule und wurde am Ende seiner Schulzeit zum volkseigenen Schriftsetzer
ausgebildet.
Harald war gerade mit seiner Ausbildung fertig, als die Mauer fiel. Die sogenannte Wende brachte für Harald und seine Mutter nicht die „Segnungen“ der
westlichen Welt. Seine Mutter wurde arbeitslos und der Beruf des Schriftsetzers
wurde durch die Benutzung von Computern überflüssig. Harald brauchte fast
zehn Jahre, die er mit Gelegenheitsjobs, Besäufnissen und Fußballrandale verbrachte, bis er sich über das Arbeitsamt zum Bürokaufmann umschulen ließ. Er
siedelte nach Westdeutschland über und geht seither morgens regelmäßig in
Schlips und Kragen zur Arbeit. Privat hat er seine Leidenschaft für Fußball
durch eine neue ersetzt, das Computerspiel. Hier kann er seine Aggressionen,
die er sonst in der Fankurve ausgelebt hat, auf einem interessanteren Level ausleben. Ansonsten plätschert Haralds Leben sehr durchschnittlich vor sich hin.
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REALITÄT UND VIRTUELLE WELTEN
Ein Fall, der über die New Yorker Zeitschrift „Village Voice“ in die Öffentlichkeit kam, zeigt, wie sehr sich Personen mit ihrer virtuellen Referenz identifizieren können. Es ging um eine virtuelle Vergewaltigung in einem MUD
(Multi-User-Dungeons). Ein MUD-User mit dem Pseudonym „Dr. Bungle“
kannte die technische Möglichkeit, seine textlichen Äußerungen auf allen
Bildschirmen der MUD-Teilnehmer sichtbar zu machen. „Dr. Bungle“ tippte
nun ein paar obszöne Sätze in sein Terminal und wählte die Teilnehmerin mit
dem Pseudonym „Iegba“ zum Opfer. Diese war als langjährige „Bewohnerin“
des MUD wohl bekannt. Aber wehren konnte sich das Opfer nicht. Zu spät.
Was „Dr. Bungle“ geschrieben hatte, hatte er geschrieben. Was war passiert?
Objektiv gesehen, tippte jemand einige Zeichen auf den Bildschirm. Subjektiv
geschah eine Katastrophe für das Opfer. Zwar hat „Iegba“ versucht, die
Geschichte zu vergessen, doch es ging nicht. Ein Weinkrampf überfiel sie vor
dem Bildschirm. Einen Tag später forderte sie im MUD den virtuellen Tod von
„Dr. Bungle“. Eine heftige Diskussion entbrannte in den Insiderkreisen. So entstand die Forderung nach einer virtuellen Legislative und Rechtsprechung. Im
MUD entstanden plötzlich Gremien, Ausschüsse und Gerichte.
Jörg Wurzen
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GERHILD FUHRMANN
Gerhild Fuhrmann wurde am 17. Juli 1968 in Stuttgart geboren. Ihr Vater
besaß einen Haushaltswarenladen, ihre Mutter war Hausfrau. Gerhild war mit
12 Jahren Abstand das älteste von 4 Kindern. Ihr jüngster Bruder war leicht
behindert, da es bei der Geburt, die Mutter war bereits 45 Jahre, Komplikationen gegeben hat. In Gerhilds Familie wurden der familiäre Zusammenhalt
und der Gemeinschaftssinn groß geschrieben. Gerhild zeigte keinerlei Allüren
eines Einzelkindes. Im Gegenteil, selbstverständlich kümmerte sie sich zur
Entlastung ihrer Eltern aufopferungsvoll um ihre Geschwister. Sie liebte die
Rolle der Ersatzmutter.
Gerhild besuchte das Gymnasium und machte 1986 das Abitur mit durchschnittlichen Noten. Für ihren Traum, Medizin zu studieren, reichte das Abitur
nicht aus. Um der Materie nahe zu sein, um ihren Wunsch zu helfen nicht aufgeben zu müssen, begann sie eine Ausbildung zur Krankenschwester. Die
Ausbildung bestand sie mit Bravour. Seit 1991 arbeitet Gerhild als Krankenschwester in einem großen Stuttgarter Krankenhaus und sie ist glücklich dabei.
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Doktor Horst war immer noch nicht da. Es war 8.30 Uhr und keine Spur von ihm.
Schwester Sabrina liebte es, wenn er morgens beschwingt auf die Station kam. Sein
federnder Gang war tänzerisch als würde er zu Musik laufen. Wo blieb er heute? Er
war nie unpünktlich. War etwas geschehen? Sabrina wurde langsam nervös. Der gestrige Abend ging hier immer wieder durch den Kopf. Hatte sie einen Fehler gemacht?
Bereute Doktor Horst die zärtlichen Stunden der vergangenen Nacht? Sabrina konnte sich kaum auf ihre Arbeit konzentrieren. Seit Monaten war kein Tag vergangen,
an dem sie sich nicht nach ihm verzehrt hätte und nun am Ziel ihrer allerinnigsten
Wünsche angelangt, sollte vielleicht doch alles nur ein Mißverständnis gewesen sein.
Hatte Robert, so nannte sie ihn seit letzter Nacht, nur
einen kurzen Trost bei ihr gesucht?
Sabrina wußte, daß die Ehe von Robert die reine
Hölle war. Sie hatte seine Frau einmal gesehen und ihm
danach gesagt, was er für eine attraktive Frau hätte. „Ja,
attraktiv“, hatte er geantwortet und „hysterisch, rachsüchtig und tablettenabhängig.“ Später bat er Sabrina,
diese privaten Worte bitte für sich zu behalten. Er sei
nur sehr angespannt und brauchte jemanden zum
Reden. Von da an blieb Sabrina oft länger, nur um
noch zwei, drei Worte mit Doktor Horst reden zu können. Sie hatte Mitleid und war
überzeugt, daß sie ihn glücklich machen könnte. Sie liebte ihn von ganzem Herzen.
Und dann gestern...! War sie nicht am Ziel ihrer geheimsten Wünsche angelangt?
Mittlerweile war es 9 Uhr. Sabrinas Nerven waren bis zur Grenze angespannt. War
etwas mit seiner Frau? Wollte er sie nicht sehen?
Nein, seine Frau durfte ihre Liebe nicht vernichten. Lange hatte Sabrina darüber
nachgedacht, ob sie eine Ehe zerstören darf und sie war zu dem Entschluß gekommen, daß diese Ehe bereits zerstört war und sie ihren geliebten Robert nicht nur retten durfte, sondern mußte.
Er selber hatte ihr doch in der letzten Nacht noch gesagt, wie sehr er sie bewundern würde, wie sehr er sich nach Zärtlichkeit gesehnt habe, wie erleichtert er sei,
einmal nicht an seine Patienten oder seine Frau denken zu müssen. War das alles nur
für eine Nacht? Sabrina wurde schwarz vor Augen. Sie konnte und wollte das nicht
glauben.
9.15 Uhr. Es mußte etwas geschehen. Da kam ihr die Oberschwester ganz aufgeregt entgegengerannt. Sie rief schon auf dem Gang: „Sabrina, kommen sie schnell.
Es ist was Furchtbares passiert. Die Frau von Doktor Horst hat eine Überdosis
Tabletten geschluckt. Sie muß sofort in den OP. Der arme Doktor Horst. Er ist ganz
verzweifelt. Er hängt doch so an seiner Frau.“
Johannes Brahms Wiegenlied op. 49,4
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BERND MAUSBRAD
Bernd Mausbrad wurde am 24. Oktober 1966 in München geboren. Seit seinem siebten Lebensjahr war er ein sogenanntes Scheidungskind. Bernd wuchs
mit seinem älteren Bruder bei seiner Mutter auf. Seinen Vater hat er nie wieder
gesehen. Bernd entstammt einfachen Verhältnissen, aber seine Mutter sorgte
mit Fleiß und Sparsamkeit dafür, daß die Kinder eine gute Ausbildung bekamen. Bernd besuchte das Gymnasium und begann nach dem Abitur ein
Psychologiestudium, weitgehend finanziert durch BaföG. Gelegentlich arbeitete er als Kabelhilfe für den bayrischen Rundfunk, was dazu führte, daß er,
eigentlich gegen seine Neigung, mehr und mehr eine vorsichtige, ehrfurchtsvolle Liebe zu klassischer Musik entwickelte.
Bernd heiratete während seines Studiums und wurde Vater einer Tochter.
Seine finanzielle Situation war bescheiden, doch fand er nach seinem erfolgreichen Studium schnell eine Anstellung in einer psychotherapeutischen
Gemeinschaftspraxis in Stuttgart. Sein Leben hätte in angenehmen Bahnen verlaufen können. Es gab jedoch ein Problem, welchem Bernd irgendwann nicht
mehr entfliehen konnte, seine sexuelle Neigung zu Männern. 1999 gesteht
Bernd seiner Frau seine Homosexualität, sie reicht die Scheidung ein, die
Tochter bleibt bei der Mutter.
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MANCHE FREILICH…
LOVE OF MY LIFE
Manche freilich müssen drunten sterben,
Wo die schweren Ruder der Schiffe streifen,
Andre wohnen bei dem Steuer droben,
Kennen Vogelflug und die Länder der Sterne.
Where you are that´s where I
wanna be
And through your eyes, all
the things I wanna see
And in the night,
you are my dream
You´re everthing to me
Manche liegen immer mit schweren Gliedern
Bei den Wurzeln des verworrenen Lebens,
Andern sind die Stühle gerichtet
Bei den Sibyllen, den Königinnen,
Und da sitzen sie wie zu Hause,
Leichten Hauptes und leichter Hände.
You´re the love of my life
And the breath in my prayers
Take my hand, lead me there
What I need is you here
Doch ein Schatten fällt von jenen Leben
In die anderen Leben hinüber,
Und die leichten sind an die schweren
Wie an Luft und Erde gebunden:
I can´t forget when we are one
From your lips
the Heavens pour out
I can´t forget when we are one
With you alone, I am free
Ganz vergessener Völker Müdigkeiten
Kann ich nicht abtun von meinen Lidern,
Noch weghalten von der erschrockenen Seele
Stummes Niederfallen ferner Sterne.
Everyday, every night, you alone
You´re the love of my life
Everyday, every night, you alone
You´re the love of my life
Viele Geschicke weben neben dem meinen,
Durcheinander spielt sie alle das Dasein,
Und mein Teil ist mehr als dieses Lebens
Schlanke Flamme oder schmale Leier.
We go dancing in the moonlight
With the starlight in your eyes
We go dancing till the sunrise
You and me we´re gonna dance,
dance, dance
Hugo von Hofmannsthal
Santana
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CLAUDIA DRASTE
Claudia Draste kam am 3. Januar 1969 als Tochter des Bauunternehmers
Herbert Draste und der dem deutschen Kleinadel entstammenden Brigitte
Draste, geborene von Hélsberg, in Bielefeld zur Welt. Claudias Elternhaus hatte
Stil und Luxus und sie als Einzelkind war immer die kleine Prinzessin ihrer
Eltern. Sie wurde überbehütet, genoß jegliche finanzielle Freiheit, hat aber nie
wirkliche herzliche Wärme und Nähe erfahren. Die Ehe ihrer Eltern war nicht
besonders glücklich und mangelnde Liebe wurde oft durch neue exklusive
Anschaffungen ausgeglichen. Im Hause Draste wurde sowohl Treue als auch der
gute Ruf der Familie nach außen aufrechterhalten.
Claudias Ausbildung war vom Feinsten, inklusive drei Jahre in einem
Schweizer Internat. Claudia lernte u.a. Klavierspielen und dachte am Ende der
Schulzeit sehr wohl daran, ihr Leben im musikalischen Bereich aufblühen zu lassen. Letztendlich entschied sie sich aber für Jura, da sie mit Recht annahm, in
diesem Bereich mehr Karriere machen zu können. Claudia war ehrgeizig und
sehr fleißig. Nach Abschluß ihres Jura-Studiums ging sie in eine namhafte
Anwaltskanzlei in München und spezialisierte sich bald auf Immobilienrecht.
Claudia führt ein karrierebewußtes Single-Dasein mit wechselnden Liebschaften.
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WELTFLUCHT
Ich will das Grenzenlose
Zu mir zurück,
Schon blüht die Herbstzeitlose
Meiner Seele,
vielleicht ists schon zu spät zurück.
O, ich sterbe unter euch!
Da ihr mich erstickt mit euch.
Fäden möchte ich um mich ziehen
Wirrwarr endend!
Beirrend,
Euch verwirrend,
zu entfliehen
Meinwärts.
IM NEBEL
Else Lasker-Schüler
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.
Voll von Freuden war mir die Welt,
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.
Hermann Hesse
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The singing butler von Jack Vettriano
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SINFONIEN MIT THEATER…
... – ODER THEATER MIT SINFONIEN, GEHT DAS?
Der Ton macht die Musik
Was ist eine Sinfonie? Wird sie über den Inhalt bestimmt oder über die Form,
das musikalische Gerüst?
Der Form nach ist die klassische Sinfonie ein viersätziges Werk für Orchester,
das bestimmten architektonischen Vorgaben folgt. Sie entwickelte sich aus dem
dreiteilig angelegten Einleitungsstück der neapolitanischen Oper des 17. Jh.: schnell
– langsam – schnell.
Die Sinfonie wurde bald als selbständiges Konzertstück aufgeführt und auf vier
Sätze ausgebaut. Der Grundgedanke dabei war, innerhalb eines geschlossenen
Werkes Teile unterschiedlichen Charakters zu präsentieren: Die Satzfolge der
klassischen Sinfonie lautet meist Allegro (schnell) – Andante oder Adagio (langsam; lyrisch) – Menuett oder Scherzo (tänzerisch; spielerisch) – Allegro. Die
Mittelsätze stehen somit im Kontrast zu den Ecksätzen, die ihrerseits komplexer
gebaut und inhaltlich gewichtiger sind.
In ihrer Entwicklung von Haydn über Mozart bis hin zu Beethoven wurde die
Form der Sinfonie immer weiter ausgebaut und verfeinert: die kunstvolle
Verarbeitung musikalischer Gedanken erreichte in den neun Sinfonien Beethovens
ihren vorläufigen Höhepunkt und Abschluß. Beethoven gelang es, durch
Ausgestaltung seiner musikalischen Themen, Ausweitung der Harmonik, Dehnung
der Form, Vergrößerung des Orchesters und nicht zuletzt durch Verknüpfung der
thematischen Zusammenhänge neue musikalische Dimensionen zu erschließen,
die die nachfolgende Komponistengeneration massiv beeinflußten.
Diese spaltete sich in zwei Lager. Während die Vertreter der traditionellen
Richtung, der auch Brahms angehörte, bestrebt waren, den klassischen
Sinfoniebegriff reiner Instrumentalmusik mit romantischen Mitteln zu erweitern,
versuchten die Anhänger der sogenannten „Neudeutschen Schule“, über die
Verwendung außermusikalischer Programme neue musikalische Formen zu
erschließen.
Wenden wir uns Johannes Brahms zu. Er orientierte sich in seinem sinfonischen
Schaffen eng an Beethoven und gilt in der Sinfoniegeschichte als dessen „direkter Nachfolger“.
Sein Verdienst an der sinfonischen Entwicklung ist aber nicht, daß er Beethoven
in der Komplexität der Themen, Größe des Orchesters oder Ausdehnung der Form
etwa noch übertraf, sondern er entwickelte sich mit seinen vier Sinfonien zu
einem Meister des Details, der motivischen Arbeit. Er verstand es, seine musikalischen Themen bis ins Kleinste zu modifizieren, ohne daß der Zusammenhang
43
ich würde
sagen
nein –
kein
Komma!
Gedanken sind komplett bereits in den 38 Takten der Introduktion enthalten.
Brahms stellt nicht nur Sinnzusammenhänge innerhalb der Sätze seiner
Sinfonien her – was ja der Sinn und Zweck thematisch-motivischer Arbeit ist –,
sondern baut in jedem Satz einen mehr oder minder prägnanten Hinweis auf die
anderen Sätze ein: das deutlichste Beispiel hierfür ist am Ende von I-3 das sogenannte Alphorn-Motiv in Moll, das erst am Ende der Introduktion des 4. Satzes
in voller Größe erklingt.
Bei Brahms finden sich auch Berührungspunkte zwischen den einzelnen
Sinfonien. Beispielsweise schimmern besonders die Hauptthemen des 1. und 4.
Satzes der Vierten in den anderen Sinfonien durch.
Somit ist auch ein inhaltlicher Zusammenhang innerhalb des Sinfoniezyklus
von Brahms hergestellt. Jede der vier Sinfonien steht für sich, erzählt eine eigene Geschichte, jede steht aber in irgendeiner Form mit den anderen in einem großen Zusammenhang.
VERWENDETE TONAUFNAHMEN
I. Sinfonie:
I-1
I-2:
I-3:
I-4:
Introduktion (T. 1-38): Günter Wand,
Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks, 1983
Exposition: T. 38-293 Otmar Suitner, Staatskapelle Berlin, 1988
ab T. 293 Wand, NDR
Suitner, Staatskapelle
Wand, NDR
Wand, NDR
II. Sinfonie:
II-1
II-2:
II-3:
II-4:
Exposion bis Reprise T. 1-301: Fassung für zwei Klaviere,
Tove Lønskov & Rodolfo Llambias, 1992
Reprise T. 302-446: Wand, NDR
Wand, NDR
Wand, NDR
Suitner, Staatskapelle
III. Sinfonie:
III-1: Wand, NDR
III-2: Wand, NDR
III-3: Wand, NDR
Santana, Supernatural, Love Of My Life, 1999
III-4: Wand, NDR
IV. Sinfonie:
IV-1:
IV-2:
IV-3:
IV-4:
Daniel Harding,
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, 2001
Wand, NDR
Wand, NDR
Wand, NDR
zum Quellgedanken verloren geht. Die motivisch-thematische Verarbeitung
beginnt bei ihm auch nicht erst in der Durchführung (d.i. der für die
Durchleuchtung der Hauptthemen zuständige Abschnitt), sondern breitet sich auf
fast alle Teile des Satzes aus.
Die Ursache für die Wiedererkennung der Themen selbst in ihrer größtmöglichen Modifizierung mag in ihrer Einfachheit liegen. Brahms erfindet sehr eingängige, prägnante, fast schon banale musikalische Themen, die oft aus einem
Kernmotiv von wenigen Tönen hervorgehen. Im 1. Satz der 1. Sinfonie (I-1) entwickelt er beispielsweise aus den chromatischen Anfangstönen der Einleitung sämtliche Themen und Überleitungspartien des Satzes; die zentralen musikalischen
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Was hat nun c.t.201 mit den vier Sinfonien von Brahms zu tun?
Wir erzählen vier Geschichten, jede ist einer der Sinfonien zugeordnet.
Geschichten zu „absoluter Musik“, d.h. zu reiner Instrumentalmusik ohne programmatische Vorgabe zu erzählen, ist ein gewagtes Unterfangen, das selbstverständlich nur allzu subjektiv ausfallen kann.
Uns hat diese Musik berührt und eine Flut von individuellen Fantasien ausgelöst, die wir im Verlauf der Produktion miteinander in Beziehung zu bringen
versuchten. Insofern ist die Musik von Brahms das Programm unseres Stückes oder
das Stück unser Programm zu der Musik von Brahms.
Wir haben verschiedene Möglichkeiten ausgelotet, mit der Musik zu arbeiten.
Dabei stellte sich natürlich die Frage, wieweit wir die äußere Form berücksichtigen, um die für uns wesentlichen musikalischen Inhalte herausfiltern zu können, ohne den Rahmen einer Theateraufführung zu sprengen.
Wir haben zum Teil massiv in das musikalische Gerüst eingegriffen, Teile reduziert, verfremdet, ergänzt, ausgelassen oder rein bildlich dargestellt. Wir verwenden
unterschiedliche Tonaufnahmen, auch innerhalb eines einzelnen Satzes. Wie sie
im einzelnen eingesetzt wurden, zeigt der Kasten auf Seite 44.
Die Mittelsätze sind stärker von diesen Veränderungen betroffen.
Hier bauen sich die Beziehungen der Protagonisten zueinander auf, die sich übrigens zum ersten Mal begegnet sind. Wir erfahren den Fortgang der Geschichte
und wie die Vier das Abenteuer meistern, das sie zusammengeführt hat.
Die Ecksätze blieben weitgehend unangetastet, sie wurden allenfalls erweitert
oder an einigen Stellen akzentuiert.
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Sie dienen uns dazu, bewegte Bilder zu zeigen, in Stummfilm-Manier
Vorgeschichten, Traumwelten der Protagonisten, Zusammenhänge in einer Art
Zeitraffer aufzurollen.
Das Stück „Die Sinfonien des Johannes Brahms – ein abenteuerliches Stück
Musik-THEATER“ ist eine Reise in Wahrnehmungsprozesse, in die Fantasie
und die Tiefen des Unterbewußtseins.
Es ist melancholisch, dramatisch, anrührend, abenteuerlich und kitschig – wie
das Leben – wie die Sinfonien von Brahms.
Barbara Gescher
KREUTZERSONATE
Wir hatten uns auf unserem Flug von Brüssel nach Bordeaux noch darüber
gestritten. „Ach, hören Sie mir damit auf!“
“Doch“, hatte ich beharrt. „Es spielt eindeutig eine Rolle.“ „Aber nein!“
Er holte tief Luft. Schüttelte den Kopf. Ich verstehe selber auch nicht, warum
ich da etwas behauptete, woran ich, jedenfalls damals, kaum glaubte. „Es spielt
eine Rolle“, wiederholte ich starrköpfig.
Ich wandte mich ihm in dem knapp bemessenen Flugzeugsitz zu und faßte noch
einmal in wenigen Worten zusammen, wovon dieses Streichquartett handelte.
Verliebtheit einer Frau. Eifersucht ihres Mannes. Mitleid des Komponisten. Dazu
streckte ich drei Finger in die Höhe. Er begann leise, sarkastisch zu lachen.
“Aha. Und das haben Sie alles in der Partitur gefunden?“
“Es ist, ähm... begann ich und suchte nach einem Wort, das dem unendlich rätselhaften Kompositionsprozeß für dieses eine Mal auf markige Weise gerecht würde.
“Es ist in die Noten hineingemogelt.“
Jetzt platzte er los. Er streckte die Beine in den Gang und bewegte seine gespreizten Hände auseinander. „Hineingemogelt!“ wiederholte er feixend.
“Gut“, sagte ich nach einigen Sekunden pikierten Schweigens. „Dann lesen Sie
doch mal den Brief, in dem Janácek seiner angebeteten Kamila schreibt, er habe
bei diesem Werk an die arme, gequälte Frau gedacht, über die Tolstoi in seiner
Novelle geschrieben hat.“
Van Vlooten: „Ja, ja. Und sie, die Musik, versetzt mich dann plötzlich in die
Gemütsverfassung, in der sich der Komponist befunden hat...“
In meinem Eifer bemerkte ich seine aufkommende Wut nicht. Seinen getragenen Tonfall übernehmend, ergänzte ich: „ja, genau. Mein Gemüt verschmilzt
mit dem seinen und wird zusammen mit ihm von einer Stimmung in die nächste versetzt...“ Denn auch ich kannte meine Russen.
“Also“, sagte van Vlooten. „Ich esse gern etwas Süßes zum Nachtisch.“ „Ja. Ich
auch.“ Und ich hatte den Purser bereits im Visier und winkte ihm.
Man brachte uns einen mit Schokolade überzogenen Windbeutel. „Das war eine
ausgezeichnete Idee“, sagte van Vlooten und biß zu. Und dann: „Das Mitleid des
Komponisten! Bei allem Respekt, Mijnheer, aber das ist nichts anderes als persönliches Warm-up. Sie, die Sie so ein Schlaumeier sind, sollten das eigentlich wissen.“
“Sollte ich?“ „Ja, sollten Sie!“
Seine Stimme klang scharf. Es war diese Schärfe, die mich gönnerhaft fragen
ließ: „Und nach diesem Warm-up? Nach dieser, wenn wir mal kurz annehmen wollen, ungeheuchelten persönlichen Erregung?“
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“Das Werk, Mijnheer. Der Bereich in dem Musik Musik ist.“
Ich leckte mir die Finger ab. Van Vlooten zog ein Taschentuch hervor. Während
ich eine Papierserviette auseinanderfaltete, begann ich von der enormen Wirkung
der Musik auf unser Gemütsleben zu sprechen, und daß die alten Griechen das
bereits wußten.
“Die phrygische Tonart wurde als staatsgefährdend betrachtet“, sagte ich.
Er korrigierte mich gereizt. „Sie meinen die mixolydische. Aber ich verstehe,
worauf Sie hinauswollen.“
“Musik manipuliert“, sagte ich. „Gut. In der Tat.“
“Aber sie kann natürlich nur etwas aufstacheln, was, und sei es noch so schlummernd, bereits in einem steckte.“ Er verstaute sein Taschentuch wieder und stieß
mich dabei ziemlich fest mit dem Ellenbogen.
Ich fuhr fort: „Und ob es Ihnen nun gefällt oder nicht, in diesem Quartett verbirgt sich unbestreitbar etwas, was von Natur aus viel, viel stärker ist als dieses
Mitleid.“
Er sagte nichts und wandte den Kopf ab, als wolle er verhindern, daß das
Gespräch fortgesetzt wurde. Leise, gerade eben das Dröhnen des Flugzeugs übertönend, sagte ich zu ihm: „Die Eifersucht.“
Mich bereits von unserem Dialog entfernend, begann ich an das Kratzen der
Bratsche zu denken. Das Stück ist schnell, in acht Tagen, geschrieben worden, dachte ich. Er aber, Janácek, war schon jahrelang mit dieser Geschichte im Kopf herumgelaufen. Es kommt ein Moment, in dem sich ein solches Thema offenbar doch
wieder in den Vordergrund schiebt.
“Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?“ fragte van Vlooten etwa zehn Minuten
später. Er hatte sich aufgerichtet. „Sagen Sie schon!“
“Auf gar nichts. Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“
Hatte der Alkohol ihn aggressiv gemacht? Ich hörte ihn etwas murmeln,
konnte aber nicht verstehen, was er sagte. „Haben Sie die Güte, sich zu erinnern,
was ich Ihnen über meine Frauen erzählt habe!“ schrie er dann. Ich griff nach meinen Zigaretten. „Wir wollen hier doch keinen Krawall machen“, sagte ich und zündetet mir eine an.
Jetzt, da ich daran zurückdenke, ist mir nicht mehr ganz klar, wie es zu der
nun folgenden Situation kam. Neben uns, auf dem Gang, hockte eine Stewardeß,
die mit Kehrschaufel und Besen damit beschäftigt war, die Scherben unserer
Gläser zusammenzufegen. Ich versuchte derweil, eingeklemmt zwischen den
Sitzen, die auf dem Boden verstreuten Zigaretten aufzusammeln, was nicht leicht
war, da der Blinde mit seinen Füßen scharrte, als wolle er sie zertrampeln.
Margriet de Moor
MUSIKWAHRNEHMUNG UND EMOTIONEN
Der Komponist setzt etwas Geistiges beziehungsweise Ideelles in eine
Partitur um, die von Fingern auf Tasten gespielt wird. Dadurch entstehen
Schallwellen, die wahrgenommen, erlebt und in den Ohren des Zuhörers zur
Musik werden. Die physikalische Dimension der Schallfrequenz von niedrig bis
hoch entspricht dabei der Skala der Wahrnehmung von tiefen bis zu hohen
Tönen. Wesentlich an Musik sind aber nicht die wahrgenommenen
Schallwellen, sondern daß ein Komponist oder Musiker geistige Zustände in
eine Muster umsetzt, das die gleichen (oder andere) geistige Zustände beim
Zuhörer wachruft. Für die sprachliche Kommunikation ist uns der folgende
Vorgang sehr verständlich: Soll Kommunikation gelingen, muß der Absender
nicht nur an sich selbst, sondern auch daran denken, was der Empfänger im
Kopf hat. Die explizite Information verweist nicht nur auf eine Information im
Kopf des Absenders, sie muß auch auf irgendeine Weise zu den richtigen
Assoziationen beim Empfänger führen. Eine Aussage hat dann Tiefe und somit
Bedeutung und im pragmatischen Sinne einen Wert, wenn sie sehr viel ausgesonderte Information enthält. Man kann diese Exformation nennen. In der
Kommunikation ist es daher interessanter, auf das nicht gesagte (aber implizit
enthaltene) Wissen zu achten, als auf das gesagte und das tun wir in der Regel
auch. Will man Brahms oder die Beatles verstehen, ist es also von geringem
Interesse, welche Information mit den Klängen übertragen wird; wichtig ist
vielmehr, welche Exformation (=explizit ausgesonderte Information) diese
Klänge erzeugt hat und welche Exformation sie beim Zuhörer hervorruft. Die
Quelle von Schönheit, Wahrheit und Weisheit ist die Information, die man als
Essenz abgesandt hat: die Exformation. Diese löst die entsprechenden
Assoziationen beim Empfänger aus.
Nun könnte man behaupten, daß es der „absoluten Musik“ – anders als der
Programmmusik – gerade nicht um einen Inhalt oder das Wecken bestimmter
Assoziationen geht. Für die meisten Menschen ist es in der Regel jedoch am
wenigsten interessant, was genau an Noten gespielt wird, wenn sie Musik hören.
Interessanter sind doch all die Überlegungen und Gefühle, die sich während des
Musikhörens einstellen, in Kopf und Körper der Komponisten, Interpreten und
Zuhörer.
Wenn wir Musik hören, werden im Geiste bestimmte Zustände wachgerufen. Sie können, müssen aber nicht, einen Bezug zu dem Zustand haben, den der
Komponist oder Interpret im Sinn hatte, als er die Musik schrieb oder spielte.
Die Kodierung physikalischer Information in einer Komposition sagt sehr
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wenig Interessantes aus, die Kodierung von Information in „subjektiven“
Begriffen dagegen sehr viel. Ob jemand ein bestimmtes Musikstück mag oder
nicht, hängt weniger von der Information ab, die schon ‚in dem Stück’ liegt, als
vielmehr davon, welche Information der Betreffende aus ihm herauszuholen vermag.
Beim Musikhören braucht man demzufolge nicht zu wissen, wie der
Interpret heißt, oder welches Volkslied in der Komposition abgewandelt wird.
Man braucht weder die Partitur noch den Namen des Komponisten zu kennen,
um die Musik genießen zu können. Man muß über kein Fachwissen verfügen.
Man muß sich aber seiner eigenen Erkenntnisse, seiner Selbstwahrnehmung,
bewußt sein.
Die Aktivität bestimmter Hirnregionen beim Musizieren und Musik hören
lässt sich inzwischen durch bildgebende Verfahren wie dem „Positronen
Emissions Tomograph“ in unterschiedlichen Farben sichtbar machen. Für die
Verarbeitung musikalischer Information ist dadurch eindeutig nachgewiesen: Es
gibt kein Musikzentrum.
Es ist vielmehr so, daß unser gesamtes Gehirn in verschiedensten Bereichen
und Zentren aktiviert ist, wenn wir Musik hören. Zunächst mal werden Töne
analysiert und zugeordnet und so Strukturen herausgearbeitet. Wir verknüpfen
diese Musik dann mit Vorerfahrungen, mit Erinnerungen und Emotionen.
Auch wenn viele Details der zerebralen Vernetzung noch ungeklärt sind,
sicher ist, daß ohne den Impuls von Klängen und Geräuschen Leben kaum möglich ist.
Tor Nørretranders
Nørretranders: Skizze, die Musikübertragung
vom Musiker zum Zuhörer darstellend
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WAS GESCHIEHT BEIM HÖREN
LIMBISCHES SYSTEM
Es ist alt, es ist weich,
es versteht sich nicht,
weiß nicht, was limbus bedeutet,
was ein System ist.
“Das Auge bringt den Menschen in die Welt, das Ohr die Welt in den
Menschen.“ Diese Redeweise drückt aus, wie tief das Hören zum Menschsein
gehört und sein Denken prägt. Auch physiologisch besticht die
Leistungsfähigkeit des Hörens. Die Empfindlichkeit des menschlichen Ohres ist
so hoch, daß nur noch wenig fehlt, um fast das „Gras wachsen hören“ zu können. Eine geringe Steigerung der Empfindlichkeit würde genügen, um selbst
den Aufprall der Luftmoleküle auf dem Trommelfell als Rauschen wahrzunehmen.
Der Hörvorgang läßt sich Schritt für Schritt nachvollziehen – wenn auch
heute noch das Hören den Wissenschaftler arge Rätsel aufgibt.
Die Schallwellen erreichen das Ohr über die schallsammelnde Ohrmuschel,
gelangen dann in den Gehörgang und erreichen schließlich das winzige
Trommelfell. Diese Membran gerät in Schwingungen. Hinter dem Trommelfell
sitzen die Gehörknöchelchen: Hammer, Amboss und Steigbügel: die kleinsten
Knochen des Menschen. Der Hammer tastet die Schwingungen ab, der Amboss
leitet sie weiter und der Steigbügel überträgt sie ins Innenohr. Dieses Innenohr
ist im Wesentlichen ein mit einer wässrigen Flüssigkeit gefülltes Labyrinth, die
so genannte Gehörschnecke. Der Steigbügel presst diese Flüssigkeit
(Perilymphe) zusammen, so daß sich eine Wanderwelle in der Schnecke ausbreiten kann. Diese Wanderwelle erregt die Basilarmembran und die mit ihr verbundenen Haarzellen, die – wenn einmal erregt – einen Nervenimpuls an den
Gehörnerv weiterleiten. Einmal gesammelt und weitergeleitet ins Hörzentrum
des Gehirn – erklingt dort zum ersten Mal das gehörte Geräusch.
Zwischen Gewölbe und Balken
Eine Vorhölle, winzig.
Ammonshorn, Gürtel, Mandelkern:
Ein dunkles Gedächtnis,
das sich seiner selbst
nicht erinnern kann.
Unkontrollierbar
kontrolliert es
Angst Lust Mord Sucht.
Seine Schleifen und Fasern
Ein Kabelbaum
tief im Schädel,
intra- und extramural.
Kriechströme, Schwelbrände,
Kurzschlüsse.
Kleine Defekte,
die rasch eskalieren.
Philip G. Zimbardo
Ein Ruck in der Steuerung,
und es nimmt Rache.
Ein elektrischer Stoß,
und es läuft Amok.
Ein paar Milliarden Zellen
im Dunkeln. Das Menschengeschlecht,
ein winziges Knäuel
zwischen Anfang und Amnesie.
Hans Magnus Enzensberger
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WIRKUNGSWEISEN VON MUSIK – EINIGE ANMERKUNGEN
Musik begleitet uns von der Wiege bis zur Bahre. Bereits Säuglinge sind von
Natur aus musikalisch. Sie können Rhythmen und die Umrisse einer Melodie
erkennen sowie Dur-Dreiklänge von anderen Dreiklängen unterscheiden. Die
harmonischen Beziehungen zwischen Akkorden wird jedoch erst später durch
kulturelle Vermittlung erlernt. Die Vorliebe für eine bestimmte Musik ist lernabhängig und stark biographisch geprägt. Das Bindeglied zwischen bevorzugter Musik und biographischer Erfahrung sind unsere Gefühle.
Die direkte Verbindung zwischen dem Ohr und dem limbischen System
bewirkt, daß wir unmittelbar Emotionen wahrnehmen können.* Von allen
Sinnessystemen ist das Ohr dasjenige, das am engsten an die Emotionen gebunden ist. Wenn man nicht hören kann, fehlt einem ein ganz entscheidender Kanal
für soziale Wärme. In diesem Sinne könnte man das Sprichwort: „Wer nicht
hören will muss fühlen“ in „Wer fühlen will – muss hören“ umwandeln.
In der Musikwissenschaft spricht man von zwei unterschiedlichen
Wirkungsweisen auf Körper und Seele des Menschen, von ergotroper und trophotroper Musik. Ergotrope Musik wirkt stimulierend und aktivierend. Sie ist
geprägt von harten, treibenden Rhythmen, hoher Dynamik und Dur-Tonarten.
Sie führt beim Hörer unter anderem zur Erhöhung des Blutdrucks,
Beschleunigung der Atem- und Pulsfrequenz – kurz zur Erregung des vegetativen Nervensystems. Im Gegensatz dazu spricht man von trophotroper Musik,
wenn bestimmte gegenteilige Musikelemente ruhig fließen. Zur throphotropen
Musik gehört z.B. der weite Bereich der Kinderlieder, die als Einschlaflieder
gelten. Diese Musik beruhigt und entspannt das vegetative Nervensystem.
Allerdings hebelt die Macht der individuellen Gefühlsbesetzung von Musik
jedes musikwissenschaftliche Schema aus.
Die Besetzung, die ein Mensch gegenüber der Musik, die er hört, vornimmt
– die emotionale Besetzung – ist ausschlaggebend für die Auswirkung der
Musik.
*Das limbische System setzt sich aus einer Gruppe von Strukturen zusammen, die einen
Teil des alten Säugetiergehirns bilden. Es unterstützt die Aufrechterhaltung der inneren
Homöostase, indem es die Körpertemperatur, den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel reguliert und andere Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Körperhaushaltes trifft. Das limbische System koordiniert auch die Botschaften, die an den
Cortex gehen oder vom Cortex kommen. Es reguliert Emotionen und Triebe, die mit
Untersuchung des Allensbacher Instituts für Demoskopie „Die Deutschen und die
Selbsterhaltung und sexuellen Begehren in Zusammenhang stehen. (Zimbardo)
Musik“ 1980, Angaben in Prozent
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Neben der neurobiologischen Struktur des Gehirns sind also die emotionalbiographischen Erfahrungen für unser Musikempfinden von entscheidender
Bedeutung. Fast immer bewirkt die gefühlsmäßige Besetzung von Klängen, ob
wir Musik mögen oder ablehnen. Darüber hinaus ist die menschliche Psyche
aber auch so eingerichtet, daß das Neue in die Welt kommen kann. Wir haben
natürlich auch den anderen Anteil in uns, der nach Neuem drängt, nach
Verwandlung.
Die Entwicklung des Musizierens und Musikhörens hat im Laufe der Zeit
unterschiedlichste Phasen durchlaufen. Musikwissenschaftler und Musiksoziologen beschreiben die Wandlung von der Körper- zur Kopfmusik als biogenes
und logogenes Musikhören. Logogenes Musikhören bedeutet bewußtes, denkend nachvollziehendes Hören, während biogenes Musikhören das emotionale
Hören, das Hören „mit dem Bauch“ meint. Bis zu Beginn des letzten
Jahrhunderts, aber teilweise auch noch weit darüber hinaus hat man z.B. nach
jedem Satz einer Sinfonie, vor allem nach dem ersten Satz geklatscht. Im
Grunde sind Sinfonien ja so strukturiert und komponiert. Man möchte klatschen und sich bewegen. Man könnte auch heute noch viel lebendiger „klassische“ Musik hören, wenn man wie im Jazz nach der Improvisation einer
Solokadenz klatschen oder sich dazu bewegen dürfte. Das beste Musikhören ist
immer das, was Geist, Seele und Körper gleichzeitig beansprucht. Musik reflektiert wie ein Spiegel die Ereignisse, Erfahrungen und Leerstellen des Lebens und
übersetzt sie in Klänge.
de la Motte-Haber, Zimbardo /AP
SCHRIFTEN ÜBER MUSIK
Die Unerschöpflichkeit möglicher Melodien entspricht der Unerschöpflichkeit der Natur an Verschiedenheit der Individuen, Physiognomien und
Lebensläufen. Der Übergang von einer Tonart in eine ganz andere, da er den
Zusammenhang mit dem Vorhergegangenen ganz aufhebt, gleicht dem Tode,
sofern in ihm das Individuum endet; aber der Wille, der in diesem erschien,
nach wie vor lebt, in anderen Individuen erscheinend, deren Bewußtsein jedoch
mit dem erstern keinen Zusammenhang hat.
Man darf jedoch bei der Nachweisung aller dieser Analogien nie vergessen,
daß die Musik zu ihnen kein direktes, sondern nur ein mittelbares Verhältnis
hat; da sie nie die Erscheinung, sondern allein das innere Wesen, das Ansich
aller Erscheinung, den Willen selbst, ausspricht. Sie drückt daher nicht diese
oder jene Freude, diese oder jene Betrübnis, oder Schmerz, oder Entsetzen, oder
Jubel, oder Lustigkeit, oder Gemütsruhe aus; sondern d i e Freude, d i e
Betrübnis, d e n Schmerz, d a s Entsetzen, d e n Jubel, d i e Lustigkeit, d i e
Gemütsruhe selbst, gewissermaßen in abstracto, das Wesentliche derselben,
ohne alles Beiwerk, also auch ohne die Motive dazu. Dennoch verstehen wir sie,
in dieser abgezogenen Quintessenz, vollkommen. Hieraus entspringt es, daß
unsere Phantasie so leicht durch sie erregt wird und nun versucht, jene ganz
unmittelbar zu uns redende, unsichtbare und doch so lebhaft bewegte
Geisterwelt zu gestalten und sie mit Fleisch und Blut zu bekleiden, also dieselbe in einem analogen Beispiel zu verkörpern.
[...]
Nach der langen Betrachtung über das Wesen der Musik empfehle ich Ihnen
den Genuß dieser Kunst vor allen anderen. Keine Kunst wirkt auf den
Menschen so unmittelbar, so tief ein, als diese, eben weil keine uns das wahre
Wesen der Welt so tief und unmittelbar erkennen läßt, als diese. Das Anhören
einer großen, vollstimmigen und schönen Musik ist gleichsam ein Bad des
Geistes: es spült alles Unreine, alles Kleinliche, alles Schlechte weg, stimmt
jeden hinauf auf die höchste geistige Stufe, die seine Natur zuläßt: und während
des Anhörens einer großen Musik fühlt jeder deutlich, was er im Ganzen wert
ist, oder viel mehr, was er wert sein könnte.
Arthur Schopenhauer
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Heidrun Grote ist seit neun Jahren Theaterschauspielerin in Köln. Nach
einem Sportstudium und einer privaten Ausbildung zur Schauspielerin ist sie
seit 1993 Ensemblemitglied von c.t.201 und hat dort Klassiker wie Iphigenie
auf Tauris, Amphytrion oder Nathan der Weise gespielt. Außerdem hat sie
Engagements sowohl in anderen Theatern Kölns als auch z.B. in Augsburg und
Ulm, wo sie als Komödiantin gefragt war. Obwohl ihr Herz am Theater hängt,
gibt es immer mal wieder Ausflüge zu Funk, Film und Fernsehen.
Christina Vayhinger wurde 1965 in Radolfzell am Bodensee geboren. Nach
ihrer Ausbildung zur Kommunikationsdesignerin in Mainz stürzte sie sich mit
Leib und Seele auf die Schauspielerei. 1996 gründete sie mit dem Regisseur
Sven Lange das THEATER TIEFBLAU mit dem sie 1998 und 2001 mit dem
Kölner Theaterpreis ausgezeichnet wurde. Ihre Zusammenarbeit mit c.t.201
begann 2001. Neben ihrer Theaterarbeit (Gastrollen u.a. am theater rampe,
Stuttgart, push-theater, Köln) ist sie auch als Sprecherin (Synchron/Hörspiel)
und Sängerin (Lotte Lenya Soloprogramm) aktiv.
Jürgen Clemens, Jahrgang 1976, hat eine Ausbildung der ArturoSchauspielschule (1999–2000) und des Straßberg-Seminars P. Mustafa (2000)
absolviert. 1996 war er am BTR-Theater Trier („Fool of Love“) und 2000/2001
am KölnerKünstler Theater („Nicht mit uns“/Kölner Theaterpreis 2000).
Neben dem Theater ist Jürgen Clemens des öfteren im Fernsehen zu sehen
(„Alarm für Cobra 11“, „Motorradcops“, „SK Kölsch“, „Jede Menge Leben“,
„Morten – der Film“). Außerdem arbeitet er als Film-Model für u. a. Kaufhof
Galeria, Mixery, Bundesamt für Verkehrswesen.
Sunga Weineck erblickte 1987 das Bühnenlicht der Welt in Köln. Dynamic
Chicken (Die Schwestern von Oepen) lockten ihn ins damals besetzte Stollwerk
und waren so indirket dafür verantwortlich, daß er auch die Weltbretter in Seoul
Deutsches Kulturhaus (1988 Goethe Institut), Barcelona Gran Teatre del Liceu
(1991 Tanz Forum Köln), Theatre Vidy Lausanne und Stockholm Stadsteatern
(1997/98 Ruhrfestspiele Recklinghausen) betrat. Seit 1991 kümmert sich auch
Film und Fernsehen rührend um den beliebten Schauspieler (u.a. 1994 „Drei
Mann im Bett“, ARD Sitcom, 1995 „Briggel und Finck“, Kinokurzfilm von
Michael Cutmann). Seit 1995 ist „c.t.201“ die schauspielerische Heimat für den
Theaterautodidakten.
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Johannes Brahms
QUELLEN
Corradini, Settimelli: Das Schöne hat überhaupt nichts mit Kunst zu tun. In: Drahtlose Phantasie. Aufund Ausrufe des Futurismus. Nautilus/Nemo Press. Hamburg:1985. Hans Magnus Enzensberger:
Zukunftsmusik. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main: 1991. Barbara Gescher: „Sinfonien mit
Theater...oder Theater mit Sinfonien, geht das?“ (Originalbeitrag). Hermann Hesse: Im Nebel. In: Der
neue Conrady. Das große deutsche Gedichtbuch. Hrsg. v. Karl Otto Conrady. 2. Aufl. Patmos Verlag.
Düsseldorf/Zürich: 2001. Hugo von Hofmannsthal: Leben. In: Deutsche Gedichte. Eine Anthologie.
Hrsg. v. Dietrich Bode. Philipp Reclam jun. Stuttgart: 2000. Dietmar Kobboldt: „Was soll eine Sinfonie
auf der Bühne – Anmerkungen zu einem Widerspruch.“ (Originalbeitrag). Else Lasker-Schüler: Die
Gedichte. Suhrkamp Taschenbuchverlag. Frankfurt am Main: 1997. Margriet de Moor: Kreutzersonate.
Eine Liebesgeschichte. Hanser Verlag. München: 2002. Helga de la Motte-Haber: Handbuch der
Musikpsychologie. 2., erg. Aufl. Laaber Verlag. Laaber: 1996. Tor Nørretranders: Spüre die Welt. Die
Wissenschaft des Bewusstseins. Rowohlt Verlag. Reinbek: 1997. Santana: Love of my life. CD: Super
Natural. Arista Records, Inc.: 1999. Christian Martin Schmidt: Brahms Symphonien. Ein musikalischer
Werkführer. Verlag C.H. Beck. München: 1999. Robert Schneider: Schlafes Bruder. Reclam Verlag.
Leipzig: 1994. Die schönsten Liebesbriefe deutscher Musiker. Hrsg. v. Anton Friedrich und Silvia
Sager. Diogenes Verlag. Zürich: 1997. Arthur Schopenhauer: Schriften über Musik. Im Rahmen seiner
Ästhetik. Hrsg. v. Karl Stabenow. Gustav Bosse Verlag. Regensburg: 1922. Robert Schumann.
Gesammelte Schriften über Musik und Musiker. In Auswahl hrsg. u. eingel. v. Paul Bekker. Wegweiser
Verlag GmbH. Berlin: 1922. Verteidigung des musikalischen Fortschritts. Brahms und Schönberg.
Hrsg. v. Albrecht Dümling. Argument Verlag. Hamburg:1990. Vikram Seth: Verwandte Stimmen.
Rowohlt Verlag. Reinbek: 2001. Jörg Wurzer: Realität und virtuelle Welten. Philosophie für eine HighTech-Gesellschaft. Verlag Die Blaue Eule. Essen: 1997. Philip G.Zimbardo: Psychologie. Bearb. u. hrsg.
v. Siegfried Hoppe-Graff und Barbara Keller. 5., neu übersetzt. u. bearbeit. Aufl. Springer Verlag. Berlin,
Heidelberg, New York: 1992.
BILDNACHWEISE
Johannes Brahms 1883. In: Christian Martin Schmidt: Johannes Brahms und seine Zeit. Laaber Verlag:
1983. Der musikalische Ausdruck nach Kate Hevner. In: Helga de la Motte-Haber: Handbuch der
Musikpsychologie. 2., erg. Aufl. Laaber Verlag. Laaber: 1996. Clara Schumann. In: Karla Höcker:
Johannes Brahms. Begegnungen mit dem Menschen. Erika Klopp Verlag. Berlin: 1983. Die vervollständigte vollständige Partitur von E.L.T. Mesens, 1945. In: Helga de la Motte-Haber: Musikpsychologie.
Brahms’ Kopf. Unvollendete Zeichnung von Olga von Miller zu Aicholz. In: Karla Höcker: Johannes
Brahms. Schattenriß von Otto Böhler, 1880. In: Johannes Brahms. Das Symphonische Werk.
Entstehung, Deutung, Wirkung. Hrsg. v. Renate Ulm. dtv Bärenreiter Verlag. München: 1996. Brahms
im Park von Fellingers, September 1893. In: Karla Höcker: Johannes Brahms. Schauspielerporträts,
Computertastatur. Photos von Boris Gerrit Knoblach. Kostümzeichnungen. Zeichnungen von Rupert
Franzen. Johannes Brahms. Wiegenlied op. 49,4. Autograph, Juli 1868. In: Christian Martin Schmidt:
Johannes Brahms und seine Zeit. The singing Butler. Bild von Jack Vetrriano In: www.vetrriano-art.com.
Skizze, die Musikübertragung vom Musiker zum Zuhörer darstellend. In: Tor Nørretranders: Spüre
die Welt. Die Wissenschaft des Bewusstseins. Rowohlt Verlag. Reinbek: 1997. Untersuchung des
Allenbacher Instituts. In: Helga de la Motte-Haber: Musikpsychologie.
IMPRESSUM
Redaktion und Anzeigen: Antje Probst
Umschlag und Plakat: Boris Gerrit Knoblach
Druck: Druckerei Gescher, Vreden
Presse: Dietmar Kobboldt
c.t. 201 – freies Theater Köln e.V. – Rothehausstr. 14 – 50823 Köln – (0221) 51 95 56
Bankverbindung: Stadtsparkasse Köln (370 500 98), Konto-Nr. 20 542 080
Hätten wir das Leben, hätten wir die Kunst nicht nötig.
Richard Wagner
Musik wird oft nicht schön empfunden, weil stets sie mit Geräusch verbunden.
Wilhelm Busch
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