1 Biochemie 1 Kompetenzmodul 7 ELEKTRIZITÄT UND MAGNETISMUS 1.1 ELEKTROSTATIK 1.1-ph 1.2-ph 2.1-ph 2.2-ph 3.2-ph LERNZIELE 1 2 3 4 Ich kann anhand von einfachen Experimenten elektrische Kräfte, die Existenz unterschiedlicher Ladungen und den Begriff „elektrisches Feld“ erklären. A.1 A.2 A.4 B.4 B.5 1 2 3 4 Ich kann das Coulomb-Gesetz als Beschreibung der elektrischen Kraft in Worten angeben. A.1 A.2 A.3 1 2 3 4 Ich kann den Begriff „Influenz“ erläutern und Anwendungen dazu anführen (Faraday’scher Käfig, Blitzableiter). A.1 A.2 A.4 C.1 C.4 C.5 1 2 3 4 Ich kann Eigenschaften des elektrischen Feldes und des Gravitationsfeldes vergleichen. A.1 A.2 A.4 C.5 1 2 3 4 Ich kann den piezoelektrischen Effekt erklären und Anwendungen in der Technik und Medizin beschreiben. A.1 A.2 A.4 C.1 C.4 C.5 1 = zur Gänze erreicht 2 = weitgehend erreicht 3 = ansatzweise erreicht 4 = nicht erreicht Die Elektrostatik beschäftigt sich mit Kräften zwischen ruhenden Ladungen. 1.1.1 ELEKTRISCHES FELD, ELEKTRISCHE LADUNG, LADUNGSERHALTUNG Abb. 1.1 Abb. 1.2 Ladungsausgleich durch Blitze Abb. 1.3 Bernstein Bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. wusste man in Griechenland von der geheimnisvollen Kraft des Bernsteins. Reibt man Bernstein über die Kleidung, kann damit Staub angezogen werden. Bernstein ist ein fossiles Harz und heißt auf Griechisch elektron. Der Begriff „Elektrizität“ ist davon abgeleitet. Betrachten wir diese „geheimnisvolle Kraft“ näher: EXPERIMENT 1 Liste der Materialien Plastiklineal, sehr kleine Papier-/Taschentuchschnipsel, leeres Teelicht, leere Dose, Plastikbecher, Glas Durchführung 1. Laden Sie das Plastiklineal durch Reibung an Ihrem Pullover auf. Bringen Sie das Lineal in die Nähe der kleinen Schnipsel. Muss das Lineal die Papierschnipsel berühren, um sie anzuziehen? 2. Laden Sie das Lineal wieder durch Reibung auf und bringen Sie es in die Nähe der Dose/des Teelichtes. Berühren Sie die Dose/das Teelicht und nähern Sie das Lineal anschließend noch einmal. Was passiert vor der Berührung, was danach? 3. Stülpen Sie den Plastikbecher/das Glas über die Papierstöpsel. Laden Sie das Lineal auf und nähern Sie es dem Becher. Werden die Papierschnipsel trotzdem angezogen? Macht es einen Unterschied, ob Sie Glas oder Plastik verwenden? Auswertung Im Raum um das Plastiklineal wirkt eine Kraft, die berührungsfrei übertragen werden kann. Diese Kraft wirkt auch durch verschiedene Stoffe hindurch. 7 1 Die beobachtete Kraft wird elektrische Kraft genannt. Der Raum, in dem sie wirkt, ist das elektrische Feld. Ursache der elektrischen Kraft ist elektrische Ladung. Elektrische Ladung ist, so wie Masse, eine Eigenschaft von Materie. EXPERIMENT 2 Liste der Materialien ein Glas oder Plastikbecher, ein Reißnagel, zwei Plastiklöfferl, Leder, Wolle Durchführung Stellen Sie das Glas/den Plastikbecher umgedreht auf den Tisch. Platzieren Sie den Reißnagel ganz oben. Balancieren Sie ein Plastiklöfferl so auf dem Reißnagel, dass es sich drehen kann. Möglicherweise müssen Sie ein bisschen in den Löffel stechen. 1. Laden Sie den zweiten Plastiklöffel durch Reiben mit Wolle auf und nähern sie ihn langsam dem ersten Löffel. Was beobachten Sie? 2. Laden Sie den ersten Plastiklöffel noch einmal mit Wolle auf. Für den zweiten Löffel verwenden Sie Leder. Wieder bringen Sie den zweiten Löffel nahe zum ersten Löffel. Was beobachten Sie jetzt? Auswertung Offensichtlich gibt es zwei unterschiedliche Arten von Ladung. Laden Sie beide Löffel mit dem gleichen Stoff auf, so stoßen sie einander ab. Verwenden Sie verschiedene Stoffe, so ziehen sie einander an. Ladung tritt immer nur als ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung auf. Man sagt: Ladung ist gequantelt. (siehe III. Jahrgang, z. B. Naturwissenschaften HAK III – Quantenphysik) Abb. 1.4 Man unterscheidet positive und negative Ladungen. Gleichnamige Ladungen stoßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Die elektrische Kraft zwischen zwei geladenen Elementarteilchen ist ungefähr 1040 mal stärker als die Gravitationskraft zwischen ihnen. Die Einheit der Ladung ist C (Coulomb). Die Elementarladung beträgt e = 1,602 ∙ 10–19 C. Träger der negativen Elementarladung ist das Elektron. Das Proton trägt die positive Elementarladung. Ein Körper ist elektrisch neutral, wenn die Anzahl der positiven und negativen Ladungsträger gleich groß ist. Das Symbol für Ladung (Anzahl der Ladungen) ist Q. Die Kraft zwischen zwei Ladungen wird durch das Coulomb-Gesetz beschrieben: Sie ist proportional zum Produkt der beiden Ladungen Q1 ∙ Q2 und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands r2 zwischen den beiden Ladungen. (Manchmal werden Ladungen auch mit Kleinbuchstaben bezeichnet.) Coulomb-Gesetz F= 1 Q1∙ Q2 ∙ 2 4πϵ0 r ϵ0 = 8,859 ∙ 10-12 Symbol F Q1 Q2 r ϵ0 Einheit N C C m C2 J∙m Bezeichnung Kraft zwischen zwei Ladungen erste Ladungsmenge zweite Ladungsmenge Abstand zwischen den Ladungen elektrische Feldkonstante Elektrische Kräfte werden deshalb auch häufig Coulomb-Kräfte genannt. Den Raum, in dem eine elektrische Kraft/ Coulomb-Kraft wirkt, nennt man elektrisches Feld. Wenn ein Körper mit der Ladung Q eine elektrische Kraft F erfährt, spricht man von der elektrischen Feldstärke E. elektrische Feldstärke E= F Q Symbol E F Q Einheit N/C N C 8 Bezeichnung elektrische Feldstärke elektrische Kraft Ladungsmenge Kompetenzmodul 7 Das elektrische Feld kann durch Feldlinien veranschaulicht werden. Die Feldlinien beginnen immer in positiven Ladungen und enden in negativen Ladungen. Sie stehen immer senkrecht auf Leiteroberflächen und kreuzen sich nie. Gesetz der Ladungserhaltung: Abb. 1.5 Abb. 1.6 In einem abgeschlossenen System bleibt die Gesamtladung erhalten. Alle Körper besitzen eine große Anzahl an elektrischen Ladungen. Ist ein Körper elektrisch neutral, dann ist die Anzahl der negativen Ladungen gleich groß wie die Anzahl der positiven Ladungen. Um einen Körper aufzuladen, müssen Ladungen übertragen werden. Diese Ladungsübertragung erfolgt durch Reibung (Reibungselektrizität). So entsteht an einem Objekt ein Überschuss an Elektronen (es ist negativ geladen) und am anderen Objekt herrscht Elektronenmangel (es ist positiv geladen). Zum Beispiel gibt bei Reibung eines Glasstabes an Seide der Glasstab Elektronen an die Seide ab. Der Glasstab hat Elektronenmangel und ist damit positiv geladen, die Seide nimmt Elektronen auf und ist damit negativ geladen. Wenn Sie mit Schuhen mit Plastiksohlen über einen Teppich gehen, so werden Sie negativ aufgeladen und der Teppich positiv. Bei Berührung eines Leiters, wie z. B. einer Türschnalle, kommt es zum blitzartigen Ladungsausgleich. Ist es dunkel, könnten Sie sogar einen Funken beobachten. Bei den beschriebenen Vorgängen wird weder Ladung erzeugt, noch vernichtet! Die Gesamtladung (= Summe der Ladungen) beider Objekte bleibt stets konstant. Elektroskop: Mit einem Elektroskop sind der Nachweis und der Vergleich elektrischer Ladung möglich. Wird Ladung auf die kleine Kugel an der Spitze des Behälters gebracht, verteilt sich diese auch auf alle anderen leitenden Teile. Weil die aufgebrachten Ladungen gleichnamig sind, stoßen sich die leitenden Plättchen innerhalb des Behälters ab. Die Stärke der Abstoßung hängt von der Größe der Ladung ab und ermöglicht damit einen Vergleich verschiedener Ladungen. Abb. 1.7 Elektroskop EXPERIMENT 3 Bau eines eigenen Elektroskops Liste der benötigten Materialien ein leeres Glas, einen Plastikdeckel, etwas Alufolie – zu zwei Streifen gefaltet (je ca. 5 mm breit), ein Stück Silberdraht oder einen Nagel, ein Plastiklineal/-stab oder Glasstab, etwas Klebeband Durchführung Befestigen Sie die beiden Alustreifen mit Klebeband am Draht. Durchbohren Sie mit dem Draht den Plastikdeckel des Glases. Abb. 1.9 Legen Sie den Deckel auf das Glas. Laden Sie das Kunststofflineal durch Reibung auf. Berühren Sie anschließend die Spitze des Silberdrahtes oder des Nagels mit dem aufgeladenen Kunststofflineal. (Hinweis: Sie müssen das Lineal ordentlich aufladen, da sonst die Bewegung der Alustreifen kaum zu beobachten ist.) Abb. 1.8 Auswertung Je nach Größe der Ladung entfernen sich die Alustreifen unterschiedlich weit voneinander. Abb. 1.10 9 1 Zusätzliche „Zaubereien“ Versuchen Sie mit Hilfe der Elektrostatik, •Salz und Pfeffer zu trennen. •einen auf einer Münze balancierten Zahnstocher berührungsfrei um 90° zu drehen. •eine leere Cola-Dose vor sich auf dem Tisch berührungsfrei zu bewegen. •ein Band aus Seidenpapier/Papiertaschentuch zum Schweben zu bringen. EXPERIMENT 4 INTERESSANTES Bereits im 17. Jahrhundert baute man „Elektrisiermaschinen“ und unterhielt damit die höhere Gesellschaft. Abb. 1.11 zeigt ein „elektrisches Küsschen“. Die Frau wurde mit Hilfe einer Elektrisiermaschine aufgeladen. Beim Küsschen erfuhren die Beteiligten einen elektrischen Schlag. Links im Bild sehen Sie Georg Matthias Bose, der das Experiment durchführte. Abb. 1.11 „Elektrisches Küsschen“ 1.1.2 LEITER UND NICHTLEITER Der Transport elektrischer Ladung bzw. elektrischer Ladung durch ein Medium wird elektrische Leitung genannt. Nicht jedes Medium ist dazu in der Lage. Leiter Leiter sind Stoffe, die frei bewegliche Ladungsträger besitzen. Metalle besitzen eine Gitterstruktur, in der die Elektronen nur schwach gebunden sind. Deshalb geben Metallatome sehr leicht Außenelektronen ab, die sich durch das Metallgitter (siehe Abb. XY) bewegen können. Jedes Metall besitzt einen temperaturabhängigen spezifischen Widerstand, der damit ein Maß für die Leitfähigkeit ist. Der beste metallische Leiter ist Silber. Kupfer ist aber wesentlich günstiger. Möchte man möglichst leichte Leiter haben, dann wird Aluminium verwendet. Auch Flüssigkeiten und Gase besitzen frei bewegliche Ladungsträger. Nichtleiter Nichtleiter besitzen keine frei beweglichen Ladungsträger. Sie werden auch Isolatoren oder Dieelektrika (Einzahl: Dieelektrikum) genannt. Im Unterschied zu Metallen sind die Elektronen fest an die Atomkerne gebunden. Unter Einfluss eines elektrischen Feldes verschieben sie sich nur um sehr kleine Distanzen (etwa einen Atomdurchmesser). Sehr wohl aber können Nichtleiter durch Reibung elektrisch geladen werden, weil nur Atomen im Bereich der Körperoberfläche Elektronen entzogen oder hinzugefügt werden. Das ist nicht vergleichbar mit Metallen, in denen innerhalb des gesamten Körpers frei bewegliche Ladungsträger vorhanden sind. Beispiele für Dieelektrika: Glas, Keramik, Papier, Kork, Holz, Kunststoff usw. Halbleiter Halbleiter sind Stoffe, deren Leitfähigkeit von der Temperatur abhängt. Bei höherer Temperatur ist die Bewegung der Atome stärker und damit stehen mehr Ladungsträger zur Verfügung. Wenn man in Halbleitermaterialen geringe Mengen von Fremdatomen einbringt, kann die Leitfähigkeit zusätzlich verändert werden. Das Einbringen von Fremdatomen nennt man Dotieren. Kombiniert man unterschiedlich dotierte Halbleiter, so können elektronische Bauelemente konstruiert werden, die z. B. die Bewegung von Ladungsträgern nur in eine bestimmte Richtung zulassen (Dioden). Hauptmaterialen für die Herstellung von Halbleiterelementen für die Mikroelektronik sind Silicium und Germanium. 1.1.3 INFLUENZ Wenn in einem elektrischen Leiter unter dem Einfluss eines äußeren elektrischen Feldes Ladungen räumlich verschoben werden, dann spricht man von Influenz. 10 Kompetenzmodul 7 Durch Influenz können in Kontakt stehende Leiter unterschiedlich aufgeladen werden. Bringt man einen positiv geladenen Stab in die Nähe zweier miteinander verbundener Leiterkugeln, so verschieben sich innerhalb der beiden Kugeln die Ladungen. Trennt man die beiden Kugeln während der Stab noch in der Nähe bleibt, so bleiben die entgegengesetzt gleich großen Ladungen auf jeder Kugel erhalten. Abb. 1.12 Wird der Stab entfernt und werden die Kugeln weit voneinander getrennt, so verteilen sich die Ladungen gleichmäßig über die Kugeloberfläche. Abb. 1.13 Abb. 1.14 Abb. 1.15 Faraday’scher Käfig Betrachten wir eine leitende Kugel in der Nähe eines geladenen Stabes. Aufgrund der Influenz verschieben sich die Ladungen an die Leiteroberfläche (siehe Abb. 1.15). Die elektrischen Feldlinien gehen von den positiven Ladungen des Stabes aus und drängen die positiven Ladungen an die äußere rechte Leiteroberfläche. Im Inneren selbst laufen die Feldlinien von den positiven Ladungen innerhalb der Kugel zu den negativen Ladungen innerhalb der Kugel. Somit „löschen“ sich die Feldlinien im Inneren der Kugel „aus“. Im Inneren der Kugel beträgt die elektrische Feldstärke Null – das Innere ist feldfrei! Die Frau in Abbildung 1.16 befindet sich einem Faraday’schen Käfig. Dabei handelt es sich um eine geschlossene Hülle aus leitendem Draht. Weil im Inneren kein elektrisches Feld herrscht, ist sie vor der Entladung in Form eines Blitzes geschützt. Auch ein Auto oder ein Flugzeug stellen einen Faraday’schen Käfig dar. In das kleine Auto schlägt ein Blitz ein. Die Entladung erfolgt über die Karosserie und die Reifen in die Erde. Die Personen im Wageninneren sind geschützt, sofern sie die Karosserie nicht berühren! Abb. 1.16 Frau im Faraday’schen Käfig LEXIKON Abb. 1.17 Demonstration eines Autos als Faraday’scher Käfig Michael Faraday (1791 – 1867) gilt als einer der bedeutendsten Physiker. Er entdeckte unter anderem die elektromagnetische Induktion, baute Vorläufer unserer heutigen Elektromotoren und Generatoren und entdeckte Gesetzmäßigkeiten der Elektrolyse und des Magnetismus. Abb. 1.18 Faraday Entstehung von Blitzen In einer Gewitterwolke herrschen starke Winde. Eiskristalle sind leicht und werden nach oben geweht, die Wassertröpfchen zieht es nach unten. Bei Zusammenstößen zwischen Eiskristallen und Wassertröpfchen werden elektrische Ladungen übertragen. Die Wassertröpfchen laden sich negativ auf und sammeln sich an der Wolkenunterseite. Durch Influenz sammeln sich jetzt an der Erdoberfläche in der Nähe der Wolkenunterseite positive Ladungen. Sind die Ladungsunterschiede groß genug, kommt es zu einem Ladungsausgleich in Form eines Blitzes. Blitze sind innerhalb von Wolken, zwischen Wolken und zwischen Erdboden und Wolke möglich. Abb. 1.20 Blitze zwischen Wolken und Erdboden Abb. 1.19 Blitze zwischen Wolken 11 1 Blitzableiter Blitzableiter schützen Gebäude oder Kunstwerke vor Blitzeinschlag. Benjamin Franklin (1706 – 1790) war Verleger, Schriftsteller, Erfinder und Naturforscher. In der Abbildung 1.22 sehen Sie eine Darstellung seines berühmten Drachenexperimentes. Man erzählt sich, dass er mit seinem Sohn bei einem Gewitter auf ein Feld ging und Drachen steigen ließ. Er wollte nachweisen, dass es sich bei Blitzen um Elektrizität handelte. Nachdem sich am Drachen befestigte Fetzen aufrichteten und er beim Berühren des Schlüssels, an dem der Drache hing, einen Schlag erhielt, hatte er die Bestätigung, nach der er gesucht hatte. Blitzableiter sind meist fingerdicke, gut leitende Metallstangen (siehe Abb. 1.21), die über Fangleitungen mit der Grundwasserschicht verbunden sind und so die Ladungen zur Erde ableiten. Abb. 1.21 Blitzableiter an Statuen Warum schützt ein Blitzableiter vor einem Blitzeinschlag direkt in ein Gebäude? 1. Ein Blitzableiter kann ein Gebäude vor Blitzen schützen, weil elektrische Ladungen immer den Weg des geringsten Widerstandes wählen. Die gut leitenden Metallstäbe mit großem Durchmesser haben einen viel geringeren Widerstand als der Rest des Gebäudes, deshalb fließen die Ladungen bevorzugt durch Metall in den Boden ab. 2. An Spitzen und Kanten ist die elektrische Feldstärke besonders hoch (Spitzeneffekt, Spitzenwirkung), weil an stärker gekrümmten Metalloberflächen die Ladungen dichter beieinander Abb. 1.22 Drachenexperiment Abb. 1.23 Regenschirm von Franklin mit Blitzableiter liegen als an einer schwächer gekrümmten. Aus den Luftmolekülen in der Umgebung werden deshalb Elektronen gelöst. Das bedeutet, dass die Luft ionisiert, also elektrisch leitend wird, und so eine Entladung begünstigt. 3. Die Spitze eines Blitzableiters bildet den höchsten Punkt des Gebäudes und damit ist der Abstand zur Quelle des Blitzes geringer. Durch das elektrische Feld der Wolke kommt es zu Influenz (siehe S. XY). Deshalb wandern Ladungen zur Spitze des Blitzableiters und aufgrund der Spitzenwirkung wählt der Blitz den Weg durch die hochionisierte Luft. ARBEITSAUFTRAG 1 1. Suchen Sie im Internet nach Bildern von Gebäuden, Denkmälern etc. mit Blitzschutzanlage. 2. Blitzschutz mit Laser: Forscher/innen experimentieren mit einer neuen Form von Blitzableitung. Finden Sie neueste Informationen dazu. 1.1.4 ELEKTRISCHES POTENTIAL UND ELEKTRISCHE SPANNUNG Die Begriffe „Potential“ bzw. „potentielle Energie“ sind Ihnen sicherlich noch aus dem III. Jahrgang (z. B. Naturwissenschaften HAK III – Gravitationsgesetz, Kompetenzmodul 6, S. 161) bekannt. Abb. 1.24 Vergleich Gravitationsfeld – elektrisches Feld 12 Kompetenzmodul 7 Vergleich Gravitationsfeld – elektrisches Feld Gravitationsfeld Eine Masse m wird im Gravitationsfeld bewegt. elektrisches Feld Eine positive Ladung Q wird im elektrischen Feld einer negativen Ladung bewegt. Die Feldlinien zeigen in Richtung Erdmittelpunkt. Jede Masse wird mit der Schwerkraft Fg = m ∙ g angezogen. (g = 9,81m ⁄ s2 ) Elektrische Feldlinien enden in negativen Ladungen und zeigen daher in Richtung der negativen Ladung. Verschiebt man die Masse m nach oben – gegen die Feldlinienrichtung –, so muss Arbeit an der Masse verrichtet werden. Diese Arbeit ist in Form potentieller Energie in der Masse gespeichert: Epot = m ∙ g ∙ h Fällt die Masse Richtung Boden, nimmt die kinetische Energie (Bewegungsenergie) zu und die potentielle Energie ab. Verschiebt man die positive Ladung Q gegen die Feldlinienrichtung, so muss ebenfalls Arbeit verrichtet werden und die Ladung Q erhält die potentielle Energie Epot = Q ∙ E ∙ d. Epot ... potentielle Energie in J m ... Masse in kg h ... Höhendifferenz in m Epot ... potentielle Energie in J E ... elektrische Feldstärke in N/C Q ... Ladung in C d ... Wegdifferenz in m Jede Masse, die sich in einer bestimmten Höhe über der Erdoberfläche befindet, besitzt ein bestimmtes Potential. Wird sie in Richtung oder gegen Richtung der Feldlinien verschoben, so ergibt sich eine Potentialdifferenz. Ebenso besitzt eine positive Ladung Q in einem bestimmten Abstand der negativen Ladung ein gewisses Potential. Wird sie von diesem Potential aus verschoben, so ergibt sich ebenfalls eine Potentialdifferenz. Diese Potentialdifferenz nennt man elektrische Spannung. Die Differenz des elektrischen Potentials zwischen zwei Punkten im elektrischen Feld ist die elektrische Spannung U. Die Einheit der elektrischen Spannung ist 1 Volt. Spannung = Arbeit durch Ladung elektrische Spannung U= F∙s =E∙s Q Symbol Einheit U V F s Q N m C Bezeichnung/Definition In einem elektrischen Feld herrscht zwischen den Punkten A und B die elektrische Spannung von 1 Volt, wenn bei der Verschiebung der Ladung von 1 Coulomb von A nach B die Arbeit W = 1 Joule verrichtet wird. Kraft Weg Ladung Durchläuft eine Ladung Q eine Spannung U, dann wird die elektrische Energie W = Q ∙ U umgesetzt. Damit ergibt sich eine neue Energieeinheit: 1 Elektronenvolt = 1eV=1,602 ∙ 10–19J 1.1.5 KONDENSATOR, KAPAZITÄT Kondensator Ein Kondensator besteht aus zwei gegenüberliegenden leitenden Platten. In der Praxis sind es dünne Metallfolien, die durch eine dünne Kunststoffschicht voneinander isoliert und getrennt aufgerollt sind. Wird ein Kondensator geladen, dann werden Elektronen vom positiv geladenen Leiter zum negativ geladenen Leiter gebracht. Damit entsteht am positiv geladenen ein Elektronenmangel und am negativ geladenen ein Elektronenüberschuss. Beim Laden muss Arbeit verrichtet werden, die als elektrische Energie gespeichert wird. Die Möglichkeit, elektrische Energie zu speichern, macht Kondensatoren zu äußerst wichtigen elektronischen Bauteilen. 13 Abb. 1.25 1 Kapazität Die Kapazität C ist ein Maß für das Ladungsfassungsvermögen eines Leiters. Sie gibt das Verhältnis zwischen Ladungsmenge Q und angelegter Spannung U an. Kapazität C= Q U Symbol C Q U Einheit F Farad C V Bezeichnung/Definition Die Kapazität ist ein Maß für das Fassungsvermögen eines elektrischen Leiters. Ladung Spannung Bei einem Plattenkondensator hängt die Kapazität vom Flächeninhalt A (in m2) einer Platte, dem Abstand d (in m) der beiden Platten und dem Material im Zwischenraum ab (ε0 ist die elektrische Feldkonstante): ε ∙A C= 0 d Die spezielle Verwendung von Kondensatoren in Stromkreisen ist im Kapitel 1.2 Elektrodynamik nachzulesen. 1.1.6 PIEZOELEKTRIZITÄT 1880 entdeckten Pierre Curie und sein Bruder Jaques, dass bestimmte Kristalle bei Deformation (z. B. Druck oder Zug) an der Oberfläche elektrische Ladungen erzeugen. Diesen Effekt nennt man Piezoelektrizität (altgriech. peizein = drücken). Die Kristalle nennt man Piezokristalle. In einem Kristall sind die Gitterbausteine in einem regelmäßigen räumlichen Gitter angeordnet. Ein Piezokristall Abb. 1.26 Curie hat kein Symmetriezentrum und daher mindestens eine polare Achse. Bei einer polaren Achse sind Anfang und Ende nicht vertauschbar, wie in Abb. 1.27 erkennbar ist. Die Hälfte der Gitterbausteine ist stärker positiv geladen, die andere Hälfte stärker negativ, und somit ist das Molekül nach außen hin neutral. Die Schwerpunkte der positiven und der negativen Ladungen fallen zusammen (siehe Abb. 1.28). Wird auf den Kristall eine Kraft in Richtung der polaren Achsen ausgeübt, so verschieben sich die positiv und negativ geladenen Gitterbausteine und deren Ladungsschwerpunkte. Ein elektrischer Dipol ist entstanden und damit eine elektrische Spannung (siehe Abb. 1.29). Piezoelektrizität entsteht also nicht, wie Pierre Curie glaubte, durch Erzeugung von Ladungen, sondern durch eine Verschiebung der Ladungen innerhalb des Kristalls. Bringt man Metalle in die Nähe des Dipols, dann verschieben sich aufgrund von Influenz die Ladungen innerhalb der Metalle. Somit herrscht jetzt zwischen den Metallen eine Spannung, die durch das elektrische Feld des Kristalldipols erzeugt wurde. Eine leitende Verbindung zwischen den beiden Metallen würde einen Ladungsausgleich ermöglichen. Ist die Spannung hoch genug, dann erfolgt auch ohne Draht ein Ladungsausgleich – durch einen kleinen Blitz. Dieser kleine Blitz reicht aus, um in einem Feuerzeug ein Gas zu entzünden! Zu Piezokristallen gehören z. B. Quarzturmalin, Flüssigkristalle, Zinksulfid, Rohrzucker und bestimmte Quarze. Weitere Piezomaterialen sind einige Oxidkeramiken und Kunststofffolien. Wichtige Anwendungsgebiete: Kristallmikrofone, Tonabnehmer, Lautsprecher, Ultraschallerzeugung und Hochfrequenztechnik Ebenso kann ein elektrisches Feld eine Deformation von Kristallen auslösen: umgekehrter Piezoeffekt. Abb. 1.27 Abb. 1.28 Abb. 1.29 Abb. 1.30 Entzünden eines Feuerzeugs ARBEITSAUFTRAG 2 Überprüfen Sie die Lernziele am Kapitelanfang und kreuzen Sie die Ihrem Lernerfolg entsprechenden Kästchen an. 14 Kompetenzmodul 7 1.2 ELEKTRODYNAMIK 1.1-ph 1.2-ph 2.1-ph 3.1-ph 3.2-ph 4.2-ph LERNZIELE 1 2 3 4 Mir sind die vielseitigen Eigenschaften der Metalle und deren Verwendungsmöglichkeiten bekannt und ich kann Sie beschreiben. A.3 A.5 B.3 1 2 3 4 Ich kann am Beispiel Mobiltelefon wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Aspekte erfassen und erläutern. A.4 A.5 B.1 B.3 B.5 C.2 C.4 1 2 3 4 Ich kann ein Experiment mit Stahlwolle durchführen und die gewonnenen Ergebnisse dokumentieren und interpretieren. B.3 B.5 1 = zur Gänze erreicht 2 = weitgehend erreicht 3 = ansatzweise erreicht 4 = nicht erreicht Elektrodynamik ist die Lehre von Kräften zwischen bewegten Ladungen. 1.2.1 ELEKTRISCHE STROMSTÄRKE Die Bewegung von Ladungen bzw. Ladungsträgern durch einen Leiter bezeichnet man als elektrischen Strom. Voraussetzung ist das Vorhandensein eines elektrischen Feldes E bzw. einer Potentialdifferenz U. Wenn innerhalb eines Leiters ein elektrisches Feld E herrscht, dann beginnen sich Ladungen zu bewegen. Stromstärke I= ∆Q ∆t Symbol I ∆Q ∆t Einheit A Ampere C V Bezeichnung/Definition Die Stromstärke I ist die Ladungsmenge, die pro Zeiteinheit durch den Querschnitt eines elektrischen Leiters fließt. Ladungsmenge Zeiteinheit Die Stromstärke I wird in Ampere gemessen (Andre Ampere, 1775 – 1836). Noch bevor man Kenntnisse über elektrische Ladungsträger hatte, wurde eine technische Stromrichtung definiert. Strom fließt immer von Stellen höheren Potentials (Pluspol einer Stromquelle) zu Stellen tieferen Potentials (Minuspol der Stromquelle). 1.2.2 ELEKTRISCHER WIDERSTAND Ist zwischen den Enden eines Leiters eine Spannung U vorhanden, dann ist die elektrische Stromstärke I zur angelegten Spannung proportional. Das heißt, verdoppelt man beispielsweise die Spannung, verdoppelt sich die Stromstärke. elektrischer Widerstand Symbol Einheit Ω R Ohm U R= U C I I V Die Gleichung in der Tabelle (umgeformt) wird Ohm’sches Gesetz genannt. Bezeichnung/Definition Elektrischer Widerstand ist der Quotient aus Spannung und Stromstärke. elektrische Spannung elektrische Stromstärke U=R∙I Der elektrische Widerstand eines Leiters (Drahtes) hängt von seiner Länge l in Metern, seiner Querschnittsfläche A in Quadratmetern und vom verwendeten Leitermaterial ab. R ist umso größer, je länger der Leiter und je kleiner die Querschnittsfläche ist. I R=ρ∙ A ρ ist eine material- und temperaturabhängige Konstante und wird spezifischer Widerstand genannt. Bei 20 °C besitzt Silber den kleinsten Wert für ρ, gefolgt von Kupfer, Aluminium, Wolfram und Eisen. Nichtleiter wie Holz, Glas, Hartgummi und Bernstein haben einen sehr hohen spezifischen Widerstand. Der spezifische Widerstand von Halbleitern wie Germanium und Silicium liegt ziemlich in der Mitte. ARBEITSAUFTRAG 3 Suchen Sie im Internet spezifische Widerstandswerte für oben angeführte Materialien und schreiben Sie die Werte der Größe nach in eine Liste. 15 1 Als elektrischer Widerstand wird auch ein elektronisches Bauteil bezeichnet, das nach dem Ohm’schen Gesetz in einem Stromkreis bei gegebener Spannung die Stromstärke regelt. Abb. 1.31 Farbige Ringe kennzeichnen die Ohm-Werte der verschiedenen Widerstände. 1.2.3 WIRKUNGEN DES ELEKTRISCHEN STROMES Wärmewirkung Wenn Elektronen durch einen Leiter fließen, wird ein großer Teil der Energie durch Zusammenstöße mit den Gitterionen in thermische Energie umgewandelt. Der Leiter erwärmt sich. Die Temperatur kann dabei so hoch werden, dass der Leiter zu glühen beginnt (Heizdraht). Magnetische Wirkung Diese Wirkung werden wir später genauer kennenlernen (Elektromagnetismus). Bewegte Ladungen in einem Leiter erzeugen ein Magnetfeld um den Leiter. Chemische Wirkung Aufgrund eines Stromflusses kommt es beispielsweise in flüssigen Leitern (Elektrolyte) zu stofflichen Veränderungen (Batterien etc.). 1.2.4 SPANNUNGSQUELLEN Um Ladungen über einen längeren Zeitraum zu bewegen, muss das elektrische Feld, also die Spannung, länger aufrechterhalten werden. Spannungsquellen sind elektronische Bauelemente, welche die benötige Spannung zur Verfügung stellen. EXPERIMENT 5 Liste der Materialien 1 Zitrone, 1 Nagel (Eisen), 1 Stück Kupferdraht, 2 Krokodilklemmen, 1 kleine LEDLampe Durchführung Stecken Sie den Nagel und den Kupferdraht in die Zitrone (siehe Abb. 1.32). Verbinden Sie jetzt die Krokodilklemmen einmal mit dem Stück Kupferdraht und einmal mit dem Nagel. Zwischen die beiden Anschlüsse klemmen sie das LED-Lämpchen. Ergebnis Das LED-Lämpchen beginnt zu Leuchten. Die Zitrone liefert die erforderliche Spannung. Abb. 1.32 ARBEITSAUFTRAG 4 Nehmen Sie den Band aus dem zweiten Jahrgang (z. B. Naturwissenschaften HAK II) für das Kompetenzmodul 3 zur Hand und fassen Sie auf einer A4-Seite die wichtigsten Informationen zu folgenden Begriffen zusammen: Elektrolyse, galvanische Elemente, Batterien, Akkumulatoren und Brennstoffzellen 16 Kompetenzmodul 7 Galvanisches Element Ein galvanisches Element wandelt chemische Energie in elektrische Energie um. Es besteht aus zwei verschiedenen Metallen (Elektroden), die durch Leiter verbunden sind und sich in einem Elektrolyten befinden. Funktionsweise Innerhalb des Elements findet eine Redoxreaktion statt. Dabei werden von einem Stoff Elektronen abgegeben (Oxidation) und vom anderen Stoff Elektronen aufgenommen (Reduktion). Als Minuspol (Kathode) wird jene Elektrode bezeichnet, die Elektronen aufnimmt. Am Pluspol (Anode) werden Elektronen abgegeben. Ursache für Elektronenabgabe und -aufnahme ist die unterschiedliche Tendenz der Stoffe, Elektronen abzugeben. Zink gibt leichter Elektronen ab als Kupfer. Deshalb ist die negative Ladung an der Zinkelektrode höher als an der Kupferelektrode. Zink wird zum Minuspol und KupAbb. 1.33 fer zum Pluspol (siehe Abb. 1.33). Somit gibt es zwischen den beiden Polen eine Spannung – Elektronenbewegung ist möglich. Damit dieser Fluss nicht direkt innerhalb des Elektrolyten stattfindet, befinden sich die beiden Elektroden in unterschiedlichen Behältnissen (Zellen), die man galvanische Zellen nennt. Reduktion und Oxidation finden also räumlich getrennt statt. Oft befinden sich beide Elektroden in einem Behältnis, das durch eine Membran in zwei Halbzellen geteilt ist. Diese Membran erlaubt den Ionenfluss. Die Elektronen bewegen sich jedoch außerhalb, in einem Leiter. Die Bewegungen der Ladungen finden so lange statt, bis ein elektrochemisches Gleichgewicht hergestellt ist – das galvanische Element ist „entladen“. Luigi Galvani (1737 – 1798) war italienischer Arzt, Anatom und Physiker. Er entdeckte, dass die Muskeln von Froschschenkel kontrahieren, wenn sie mit Kupfer und Eisen in Berührung kommen. Obwohl er nicht alle Zusammenhänge erkannte, legte er mit seinen Experimenten die Basis für die Entwicklung der nach ihm benannten galvanischen Elemente. Wenn Sie Abbildung 1.35 genau ansehen, erkennen Sie in der linken Bildhälfte eine Elektrisiermaschine. Abb. 1.34 Galvani LEXIKON Alessandro Volta (1745 – 1827) war italienischer Physiker und gilt als Erfinder der Batterie. Volta hat von den FroschschenkelExperimenten Luigi Galvanis erfahren und es entbrannte ein heftiger Streit zwischen diesen beiden großen Persönlichkeiten, weil sie die Ergebnisse der Experimente unterschiedlich erklärten. Abb. 1.36 Volta Abb. 1.35 Galvani schrieb die Zuckungen einer Art „animalischer Elektrizität“ zu. Volta erklärte die Zuckungen mit äußeren Spannungen (Kontaktelektrizität). Dieser Streit inspirierte wahrscheinlich beide zu weiteren intensiveren Forschungen. – Und wir profitieren heute von ihren grundlegenden Einsichten. 17 1 Alessandro Volta konstruierte 1799/1800 die sogenannte Volta-Säule. Die Volta-Säule besteht aus vielen übereinandergeschichteten Kupfer- und Zinkplättchen, zwischen denen sich elektrolytgetränkte Papp- oder Lederstücke befinden, aus hintereinander geschalteten galvanischen Zellen. Anstelle von Kupfer wurde manchmal auch Silber oder Kohle verwendet und statt Zink wurde Zinn verwendet. Im 19. Jahrhundert hatte die Volta-Säule als Vorläuferin unserer heutigen Batterien große Bedeutung. Abb. 1.37 Schema einer Volta-Säule Batterien (Primärzellen) und Akkumulatoren (Sekundärzellen) Primärzellen sind galvanische Elemente, die nicht wieder aufgeladen werden können. Man unterscheidet nach der Art der verwendeten Materialien: Alkali-Mangan-Batterie (1,5 V pro Zelle), Zink-Kohle-Batterie (1 V pro Zelle) u. v. m. Abb. 1.38 Geöffnete Batterie Sekundärzellen können wieder aufgeladen werden, d. h., die chemischen Prozesse, die beim Entladen ablaufen, können wieder umgekehrt werden. Dazu gehören unter anderem: Bleiakkumulator (Bleioxid, Blei), Silber-ZinkAkku, Nickel-Cadmium-Akku u. v. m. Mehr Informationen dazu können Sie im Kompetenzmodul 3 des II. Jahrgangs nachlesen. Abb. 1.39 Schematischer Aufbau einer Knopfzelle (Batterie) INTERESSANTES Galvanisieren Eine äußerst wichtige Anwendung des galvanischen Elements findet man in der heutigen Galvanotechnik – zum Beispiel beim Verzinken von Materialien (oft mit Zinkcyanid), beim Verchromen, Verkupfern, Versilbern usw. Dadurch sollen Metalle gegen Umwelteinflüsse und vor Korrosion („Rosten“) schützen. Eine dünne metallische Schutzschicht wird auf die zu schützenden Gegenstände aufgetragen (Abb. 1.40). Prinzip: Das Werkstück, das beschichtet werden soll, ist der Minuspol. Das Metall des Pluspols (Anode) liefert das Material für die abzuscheidende Schicht. Beide befinden sich in einem Elektrolyten. Die beiden Elektroden werden an einen Stromkreis angeschlossen. Der elektrische Strom löst Metallionen von der Anode ab und lagert sie auf dem Werkstück ab. Auf diese Weise werden z. B. Schrauben verzinkt, damit sie nicht rosten (Abb. 1.41). Durch Schutz der Metalle geht weniger durch Korrosion verloren, allerdings ist die Entsorgung der galvanischen Bäder (Säuren, Schwermetalle) nicht einfach. Vor allem in Billiglohnländern wird nicht überall auf fachgerechte Entsorgung geachtet. Abb. 1.40 Verzinkte Gießkanne Abb. 1.41 Verzinkte Schrauben 1.2.5 GLEICHSTROMKREISE Ein einfacher elektrischer Stromkreis besteht aus: •einer Spannungsquelle: z. B. Batterie, Akkumulator, Solarzelle und Netzgeräte •einem Verbraucher: In diesem wird die elektrische Energie in jene Energieform umgewandelt, die benötigt/ gewünscht wird, z. B. Wärme, kinetische Energie (Bewegung), Licht, usw. •Kabel: Sie dienen zum Transport der Ladungsträger. 18 Kompetenzmodul 7 Stromkreise werden mit Hilfe von genormten Schaltzeichen (Symbolen) in sogenannten Schaltbildern/Schaltkreisen dargestellt. In Abbildung 1.42 sehen Sie die Symbole für Spannungsquelle, Schalter, Verbraucher und Kabel. Man unterscheidet die physikalische Stromrichtung, die der Bewegungsrichtung der Elektronen entspricht, und die technische Stromrichtung, die von Plus nach Minus angegeben wird. Die Angabe der technischen Stromrichtung stammt noch aus der Zeit, als man nicht wusste, dass Elektronen die Ladungsträger sind, die sich im Leiter bewegen. Abb. 1.42 Einfacher Stromkreis Man spricht von Gleichstrom, wenn sich Stromstärke und Stromrichtung im Laufe der Zeit nicht ändern (ansonsten: Wechselstrom, siehe Kapitel 1.4.4 Wechselstrom-Generator, S. XY). In jedem Haushalt sind viele Verbraucher schon an den Stromkreis angeschlossen (Lampen, Herd, Kühlschrank, Heizung, Radio, Fernseher, Computer usw.). Jeder Verbraucher besitzt einen Widerstand. Wie alle diese Widerstände in Gesamtheit wirken, hängt davon ab, wie sie an den Stromkreis angeschlossen sind. Reihenschaltung (Serienschaltung) von Widerständen In Abb. 1.43 sehen Sie eine Serienschaltung von Widerständen, R1, R2 und R3. A ... Symbol für ein Amperemeter (misst die Stromstärke) V ... Symbol für ein Voltmeter (misst die Spannung) Abb. 1.43 Reihenschaltung von Widerständen In einer Serienschaltung ist die Stromstärke überall gleich groß. Igesamt = I1 = I2 = I3 (gemessen an den Amperemetern) Allerdings fallen die Spannungen an den einzelnen Widerständen R1, R2 und R3 ab: Ugesamt = U1 + U2 + U3 (gemessen an den Voltmetern; blaue Pfeile) Der Gesamtwiderstand setzt sich aus den Einzelwiderständen zusammen: Rgesamt = R1 + R2 + R3 Je mehr Widerstände in Reihe geschaltet sind, desto größer ist der Gesamtwiderstand. I ∙ R1 U Da U = R ∙ I (Ohm’sches Gesetz) gilt, kann 1 auch geschrieben I ∙ R2 U2 werden. Damit gilt: U1 R1 = U2 R2 U1 : U2 = R1 : R2 In einer Serienschaltung verhalten sich die Spannungen wie die Widerstände. Parallelschaltung von Widerständen Abb. 1.44 zeigt das Schaltbild einer Parallelschaltung. In diesem Fall teilt sich der gesamte Strom Igesamt an den Widerständen auf – am gelben Punkt P. Im Punkt Q fließt er wieder zusammen. Bei einer Parallelschaltung liegt an jedem Widerstand die gleiche Spannung. Mit ähnlichen Überlegungen wie bei der Serienschaltung ergibt sich: Ugesamt = U1 = U2 = U3 Abb. 1.44 Paralellschaltung von Widerständen und Igesamt = I1 + I2 + I3 Der Gesamtwiderstand ist kleiner als der kleinste Einzelwiderstand. Deshalb steigt durch jeden Parallelwiderstand der Gesamtstrom an. Weil die Spannung aber gleichbleibt, gilt: 1 = 1 +1 + 1 Rgesamt R1 R2 R3 19 1 In einem Haushalt sind alle Geräte parallel geschaltet. Jedes Gerät erhält die gleiche Spannung und damit können die Geräte gleichzeitig benutzt werden. Fällt ein Gerät aus, werden alle anderen Verbraucher trotzdem weiter mit Spannung versorgt. Wären die Geräte in einem Haushalt in Serie geschaltet und würde sich damit die Spannung aufteilen, würde die anliegende Spannung von der Anzahl der betriebenen Geräte abhängen. Beispielsweise würde zum Computerspielen zu wenig Spannung zur Verfügung stehen, wenn gleichzeitig der Staubsauger läuft. Außerdem würde bei Defekt eines Gerätes kein Strom mehr fließen. Die meisten Lichterketten, die zu Weihnachten verwendet werden, bestehen aus in Serie geschalteten Lämpchen. Ist auch nur ein Lämpchen kaputt, leuchtet die ganze Kette nicht mehr. ARBEITSAUFTRAG 5 Überprüfen Sie die Lernziele am Kapitelanfang und kreuzen Sie die Ihrem Lernerfolg entsprechenden Kästchen an. CLIL REVIEW A touch of electricity 1. Read the article published in “Business Spotlight” about an electric paint – “paintable wire”. “A touch of electricity! It is not surprising that there is a light switch near the door in the meeting room of bare conductive’s London office. What is surprising is that the switch is painted on to the wall. More surprising still is that people in the company say the switch does not need to be there at all. You could, in theory, touch the wall anywhere and the light would come on. The light switch acts as an illustration of the young company’s main product: an electric paint – or “paintable wire” – that can be applied to paper, wood, cement and textiles, among other materials, and that becomes conductive once it dries. From its most simple use of lighting up a small bulb on a birthday card to creating oversized controller for computer games or painting an entire “electric wall”, the conductive paint has employed in many ways. It’s creators were four students who developed the liquid while working on a final-year project at the Royal College of Art. Isabel Lizardi, Matt Johnson, Bibi Nelson and Becky Pilditch wanted to investigate whether they could print an electrical circuit circuit on to the human body, and decided to try to develop an electric paint. After looking at the ingredients of existing conductive paints, the group examined how they could mix a conductive powder into paint. Their first attempt was to mix copper powder with glue, and they eventually came up with a formula using carbon. Further development on the concept led to the non-toxic paint they now sell […]” (Business Spotlight, 5/2014, p. 80) 2. Fill in the vocabulary table and match the highlighted words with the complementary German translation. hier: unisoliert Stromkreis Versuch Flüssigkeit “streichfähiges Kabel” Glühbirne entwickeln wurde verwendet als bare leitend/leitfähig Kupfer nicht-giftig anbringen Klebstoff vollständig Kohlenstoff Zutaten conductive 3. Watch an advertising film about electric paint on a video-sharing website like YouTube (e. g. search for “bare conductive electric paint”) and explain what the paint can be used for. 20 1 Kompetenzmodul 7 CLIL REVIEW 4.Complete the sentences using the phrases from the box. dry for 5 minutes toxic and air-drying brush, roller, or screen print conductive when completely dry repairing and designing with electronics including paper, plastic and textiles on any surface Bare Conductive Electric Paint 50 ml a) Great for painting circuits and sensors b) The paint can be used for ! c) Bare Conductive’s Electric Paint is nond) Works great on many materials e) Apply with a , , f) Leave to g) The electric paint becomes (Add for Bare Conductive Electric Paint) 1.3 MAGNETISMUS 1.1-ph 1.2-ph 2.1-ph ! - , ! ! ! ! ! 3.2-ph LERNZIELE 1 2 3 4 Ich kann die Eigenschaften eines Magnetfeldes beschreiben. A.1 A.2 A.3 1 2 3 4 Ich kann den Vorgang des Magnetisierens mit Hilfe der Weiss’schen Bezirke erläutern. A.1 A.2 A.4 B.2 1 2 3 4 Ich kann die Begriffe „Inklination“ und „Deklination“ erklären und die Schichten der Magnetosphäre anführen. A.1 A.5 B.1 B.5 1 = zur Gänze erreicht 2 = weitgehend erreicht 3 = ansatzweise erreicht 4 = nicht erreicht Ca. 70 v. Chr. erwähnt der römische Dichter Lucretius ein Gestein, welches eiserne Gegenstände anzieht. Dieses wurde in der Nähe der Stadt Magnesia gefunden. Vermutlich wurde nach dieser Stadt das dort gefundene Gestein benannt: Magnetit (Magneteisenstein). Daher kommt auch das Wort Magnet. Bereits im 2. Jahrhundert n. Chr. navigierte man in China mit einem Abb. 1.46 Magnetit Abb. 1.45 Kompass Kompass. Im 12. Jahrhundert wurde dieser auch in Europa bekannt und man begann, die Kraft, die von einem Magnetiten ausgeht oder die Kompassnadel bewegt, näher zu untersuchen. 1.3.1 GRUNDBEGRIFFE 21 Abb. 1.49 Abb. 1.48 Jeder Magnet besitzt zwei Pole. Der Pol eines Magneten, der in Richtung des geografischen Nordpols weist, heißt magnetischer Nordpol, der gegenüberliegende Pol wird magnetischer Abb. 1.47 Südpol genannt. (Somit ist der geografische Nordpol eigentlich ein magnetischer Südpol.) Gleichnamige Pole stoßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Die beiden Pole eines Magneten lassen sich nicht trennen. Sie treten immer paarweise auf. Teilt man einen Magneten, erhält man zwei neue Magnete mit je einem Nord- und einem Südpol. Dies gilt bis in den atomaren Bereich: Jedes Atom ist ein winziger Magnet mit zwei Polen. Permanentmagnete/Dauermagnete: Sie verlieren ihre magnetischen Eigenschaften sehr langsam. Äußere Einflüsse wie Hämmern oder Erwärmen schwächen die magnetischen Eigenschaften eines Permanentmagneten. 1.3.2 MAGNETISCHES FELD EXPERIMENT 6 Sichtbarmachen des magnetischen Feldes Liste der Materialien verschiedene Magnete (Stabmagnete, Magnetsticker ...), ein Blatt Papier, Eisenfeilspäne Durchführung Legen Sie das Blatt Papier jeweils auf einen Magneten, streuen Sie Eisenfeilspäne darüber und zeichnen Sie die Feldlinien nach. Ergebnis Vergleichen Sie Ihre Grafik mit Abbildung 1.50. Diese geordneten Linien verwendet man zur Veranschaulichung des Magnetfeldes. Abb. 1.50 Die Feldlinien des Magnetfeldes treten aus dem Nordpol aus und am Südpol wieder ein. Im Gegensatz zum elektrischen Feld haben die magnetischen Feldlinien weder Anfang noch Ende, sondern bilden geschlossene Linien. Ein Feld mit solchen Eigenschaften nennt man Wirbelfeld. Die magnetische Kraft ist an den Polen am stärksten. 1.3.3 FERROMAGNETISMUS, PARAMAGNETISMUS Abb. 1.51 Ein Magnet übt auf ferromagnetische (= magnetisch wie Eisen) Stoffe eine Kraft aus. Dies nennt man magnetische Influenz. Ferromagnetische Stoffe können magnetisiert werden, d. h., sie werden selbst zu Magneten. Zu diesen Stoffen gehören Eisen, Nickel, Kobalt und einige Legierungen. Auf nicht-ferromagnetische Stoffe üben Magnete keine Kraft aus. Paramagnetische Stoffe werden ebenfalls in einem äußeren Magnetfeld magnetisiert, bleiben aber im Unterschied zu ferromagnetischen Stoffen nicht magnetisch. Diamagnetische Stoffe werden von einem Magneten abgestoßen (kaum bemerkbar). Abb. 1.52 Im nicht magnetisierten Eisen sind die Elementarmagnete der Materie (Elektronenspins) bereichsweise, innerhalb der sogenannten Weiss’schen Bezirke (wenige Zehntel Millimeter Durchmesser), geordnet. Diese mikroskopische kleinen Bereiche sind nach dem französischen Physiker Pierre-Ernest Weiss benannt. Es gibt keine gemeinsame Vorzugsrichtung. Durch Nähern eines Permanentmagneten Abb. 1.53 werden diese Bereiche gemeinsam ausgerichtet und das Eisen wird zu einem Magneten. Wie lange die magnetische Wirkung anhält, ist stoffabhängig Symbol Einheit Bezeichnung (Eisen, Nickel, ... oder Legierungen). In paramagnetischen Stoffen T magnetische FlussB geht aufgrund thermischer Bewegung die Ordnung unmittelbar Tesla dichte nach Entfernen des äußeren Magnetfeldes verloren. Die Kraftwirkung eines magnetischen Feldes wird durch die magnetische Flussdichte B angegeben. Je größer die magnetische Flussdichte ist, umso größer ist auch die Wirkung eines Magneten, und die Feldlinien liegen sehr dicht beieinander. 22 Kompetenzmodul 7 1.3.4 DAS ERDMAGNETFELD Inklination und Deklination: Unsere Erde ist von einem Magnetfeld durchdrungen und umgeben, sie wirkt wie ein gigantischer Stabmagnet. In der Nähe des Äquators verlaufen die Feldlinien horizontal zur Erdoberfläche. An allen anderen Orten der Erde bilden sie mit der Erdoberfläche einen Winkel – den Inklinationswinkel. An den magnetischen Polen der Erde stehen sie senkrecht zur Erdoberfläche. Den Winkel zwischen den Meridianen und den Magnetfeldlinien der Erde nennt man Deklination. Abb. 1.54 Erdmagnetfeld ARBEITSAUFTRAG 6 Abbildung 1.55 zeigt einen detaillierten Aufbau unserer Magnetosphäre. Recherchieren Sie im Internet oder Büchern die einzelnen Begriffe und notieren Sie ganz kurz Besonderheiten/ Aufgaben der jeweiligen „Schicht“. 1:von der Magnetosphäre abgelenkte Sonnenpartikel 2: Magnetschweif 3: Van-Allen-Gürtel 4: Sonnenwind 5: Bow Shock 6: Polar Cusp 7: Erdatmosphäre 8: Magnetschweif 9: Plasmaschicht 10:Neutralschicht 11:Magnetopause Abb. 1.55 Aufbau der Magnetosphäre INTERESSANTES Das Magnetfeld der Erde hat sich im Laufe der Zeit umgepolt. An Ausgrabungen eisenhaltigen Eruptivgesteins (nach einem Vulkanausbruch rasch abkühlendes Gestein) kann man erkennen, dass die Weiss’schen Bezirke anders ausgerichtet sind als heute. Das erlaubt Rückschlüsse auf die „Wanderung“ der Pole. ARBEITSAUFTRAG 7 Überprüfen Sie die Lernziele am Kapitelanfang und kreuzen Sie die Ihrem Lernerfolg entsprechenden Kästchen an. 23 1 1.4 ELEKTROMAGNETISMUS 1.1-ph 1.2-ph 2.1-ph 3.2-ph LERNZIELE 1 2 3 4 Ich kann die Existenz eines Magnetfeldes um einen stromdurchflossenen Leiter anhand eines einfachen Experimentes zeigen und erklären. A.1 A.2 A.3 B.3 B.4 C.5 1 2 3 4 Ich kann das elektrodynamisches Grundgesetz beschreiben und anhand einfacher Experimente zeigen und erläutern. A.1 A.2 A.3 B.3 B.4 C.5 1 2 3 4 Ich kann das Induktionsgesetz als Basis für die Stromerzeugung beschreiben. A.1 A.5 B.1 B.5 C.4 C.5 1 = zur Gänze erreicht Abb. 1.56 2 = weitgehend erreicht 3 = ansatzweise erreicht 4 = nicht erreicht Stellen Sie sich einen Tag ohne elektrischen Strom vor! Nicht nur, dass Sie nicht heizen, kühlen oder kochen können. Sie können nicht einkaufen, weil die elektronischen Kassen nicht funktionieren und Sie können mit Ihrer Bankomatkarte kein Geld abheben. Der öffentliche Verkehr – elektronisch gesteuert – funktioniert nicht. Wenn Sie Ihr Handy nicht aufgeladen haben, ist es höchstens noch ein paar Stunden in Betrieb. Allerdings könnten Sie sowieso nicht telefonieren, weil sämtliche Server, die den Mobilfunkverkehr steuern, nicht mehr funktionstüchtig wären … Abb. 1.57 Elektrizität ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken: Und alles begann 1820 mit einem kleinen Experiment von Hans Christian Ørsted. LEXIKON 1.4.1 MAGNETFELD UM EINEN STROMDURCHFLOSSENEN LEITER Hans Christian Ørsted (1777 – 1851) war dänischer Physiker und Chemiker. 1820 hielt er eine Vorlesung über Elektrizität. Dabei fiel ihm auf, dass eine Kompassnadel neben einem stromdurchflossenen Kabel abgelenkt wurde. Damit war klar: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus. Ørsted gilt daher als Vater der Elektrotechnik. Abb. 1.58 EXPERIMENT 7 Experiment von Ørsted zur Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Elektrizität und Magnetismus Materialien Betrachten Sie Abbildung 1.59 und bauen Sie das Experiment nach. Sie benötigen eine Gleichstromquelle (im einfachsten Fall: eine Batterie). Durchführung Schalten Sie den Strom ein und beobachten Sie die Auslenkung der Kompassnadel. Ändern Sie die Stromrichtung. Fertigen Sie eine Skizze an, die Stromrichtung und Richtung der Auslenkung der Magnetnadel festhält. Ergebnis Fassen Sie Ihre Erkenntnis bezüglich Stromrichtung und Auslenkungsrichtung neben Ihren beiden Skizzen in Worte. Kontrollieren Sie Ihre Ergebnisse mit Hilfe von Abbildung 1.59 nach dem Experiment. Abb. 1.59 24 Kompetenzmodul 7 Damit wurde der Nachweis erbracht, dass jeder stromdurchflossene Leiter von einem Magnetfeld umgeben ist. Abb. 1.60 EXPERIMENT 8 Sichtbarmachung der Magnetfeldlinien um einen stromdurchflossenen Leiter Materialien eine Gleichspannungsquelle, ein Eisenring mit einer Kunststoff- oder Glasplatte, Eisenfeilspäne Durchführung Schalten Sie den Strom ein und beobachten Sie die Ausrichtung der Eisenfeilspäne. Sie ähnelt der Ausrichtung der Eisenfeilspäne um einen Stabmagneten. Deutlich sichtbar wird auch, dass die Magnetfeldlinien geschlossene Linien bilden, das Magnetfeld ein Wirbelfeld ist. Abb. 1.64 Ergebnis Fassen Sie Ihre Erkenntnis bezüglich Stromrichtung und Auslenkungsrichtung neben Ihren beiden Skizzen in Worte. Den Zusammenhang zwischen Stromrichtung und Richtung des Magnetfeldes kann man sich sehr einfach mit Hilfe der rechten Hand merken: Umfassen die Finger der rechten Hand den Leiter, so geben die Fingerspitzen die Richtung des Magnetfeldes B an und der ausgestreckte Daumen die Stromrichtung. In Kapitel 1.3 Magnetismus wurde B als magnetische Flussdichte definiert: Je größer B ist, desto dichter liegen die Feldlinien. Der Einfachheit halber wird aber sehr oft nur vom Magnetfeld B gesprochen. Magnetische Feldstärke Wird ein Leiter zu einer Spule aufgewickelt, entsteht bei Stromfluss ein Magnetfeld wie das eines Stabmagneten (siehe Abb. 1.63). Die magnetische Kraftwirkung um eine stromdurchflossene Spule (einen stromdurchflossenen Leiter) wird mit der magnetischen Feldstärke H angegeben. Sie hängt von der Stromstärke I, der Windungszahl N und der Länge l der Spule ab. Die magnetische Feldstärke ist umso größer, je höher Stromstärke und Windungszahl sind, und sie ist umso niedriger, je länger die Spule ist. magnetische Feldstärke H Einheit Bezeichnung Stromstärke A Anzahl der Windungen I∙N H= Spulenlänge m l A magnetische Feldstärke H m Die Stärke des Magnetfeldes einer Spule kann durch einen Eisenkern verstärkt werden. Abb. 1.62 Symbol I N l magnetische Flussdichte B und Symbol magnetische Feldstärke H B Einheit Abb. 1.63 Bezeichnung T (Tesla) magnetische Flussdichte Vs magnetische Feldkonstante (absolute Permeabilität) μ0 μ0 = 1,257 ∙ 10–16 Am B = μ0 ∙ μr ∙ H μr relative Permeabilität m A magnetische Feldstärke H m Die Permeabilität gibt an, wie sehr sich das Magnetfeld, die Dichte der Feldlinien, ändert, wenn sich z. B. ein massiver Eisenkern in der Spule befindet. Die relative Permeabilität ist abhängig vom Stoff. Ferromagnetische Stoffe haben ein μr, welches deutlich größer als 1 ist, jenes paramagnetischer Stoffe ist nur geringfügig größer als 1. Für Vakuum ist μr = 1 und damit ist nur μ0 des Vakuums vorhanden. Eine Spule mit Eisenkern nennt man Elektromagnet. 25 1 1.4.2 WIRKUNG EINES MAGNETFELDES AUF BEWEGTE LADUNGEN – ELEKTRODYNAMISCHES GRUNDGESETZ EXPERIMENT 9 Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Magnetfeld und stromdurchflossenen Leiter – im Speziellen: Bewegungsrichtung Materialien Spannungsquelle, Permanentmagnet, Kabel, Leiterschaukel, Lämpchen, Schalter Durchführung Bauen Sie eine Leiterschaukel wie in Abb. 1.64 dargestellt. Testen Sie das Verhalten des Leiterstücks: 1. Stromkreis ist nicht geschlossen. Der Leiter bewegt sich nicht. 2. Stromkreis wird geschlossen. Der Leiter bewegt sich. 3. Die Stromrichtung wird umgekehrt. Der Leiter bewegt sich in die andere Richtung. Ergebnis Auf einen stromdurchflossenen Leiter wird in einem Magnetfeld eine Kraft ausgeübt. Abb. 1.65 Abb. 1.64 Das elektrodynamische Grundgesetz besagt, dass in einem Magnetfeld B auf einen Leiter der Länge l, in dem der Strom I fließt, die Kraft F = I ∙ l ∙ B wirkt. elektrodynamisches Grund- Symbol Einheit Bezeichnung gesetz – Lorentzkraft Lorentzkraft F N F=I∙l∙B Ampere I A Leiterlänge l m Abstand zwischen den B m Ladungen Die Kraft (Lorentzkraft) ist umso größer, je länger der Leiter, je höher die Stromstärke und je stärker das Magnetfeld sind. EXPERIMENT 10 Untersuchung der Grundprinzipien zur Konstruktion eines Elektromotors Materialien Spannungsquelle, Permanentmagnet, Kabel, Leiterschaukel, Lämpchen, Schalter Durchführung 1. Der Stromkreis ist nicht geschlossen. Die Leiterschlaufe beginnt sich zu drehen. 2. Nach einer halben Drehung muss sie jedoch angeschubst werden, damit sie sich weiter dreht. Abb. 1.66 Durch die beiden Hälften der Leiterschlaufe fließt der Strom in entgegengesetzter Richtung. Darum ergibt sich auch jeweils eine Kraftwirkung in eine andere Richtung. Die Leiterschleife macht eine halbe Drehung und bleibt stehen (Totpunkt). In diesem Moment ist das Magnetfeld der Leiterschleife dem äußeren Magnetfeld entgegengerichtet. Kehrt man unmittelbar vor Beendigung der Drehung die Stromrichtung um, so dreht sich die Leiterschlaufe weiter. Diese Umkehrung der Stromrichtung wird mit einem Kommutator oder Stromwender erreicht. Das elektrodynamische Grundprinzip erlaubt die Konstruktion von Elektromotoren. 26 Kompetenzmodul 7 EXPERIMENT 11 Bau eines kleinen Elektromotors zur Vertiefung der Prinzipien Materialien 1 Batterie, 2 Büroklammern, etwas Kupferdraht (oder Silberdraht), Klebeband, einen Magneten (von einer Magnetwand, einem Magnetverschluss einer Tür) Durchführung Wickeln Sie den Kupferdraht (in Abb. 1.67: Bastelsilberdraht) zu einer kleinen Spule (ca. 8 – 10 Umdrehungen), um einen längeren Leiter zu erhalten (siehe: F = I ∙ l ∙ B). Schleifen Sie mit Schleifpapier (geht auch mit einer Nagelfeile) den Lack des Kupferdrahtes ab – auf beiden Seiten jeweils nur eine Drahtseite, aber die gleiche. Dadurch haben Sie einen Stromwender in Ihren Elektromotor gebaut. Wenn die lackierte Seite auf den Kontakten liegt, wird der Stromfluss kurz unterbrochen. Aufgrund der Trägheit dreht sich Ihre Spule aber weiter, bis wieder die unlackierte Seite auf den Kontakten liegt. Biegen Sie die Büroklammern auf und formen Sie ein Ende zu einem kleinen Abb. 1.67 Haken. Kleben Sie die Büroklammern an die Pole der Batterie. Fixieren Sie den Magneten an der Batterie. Hängen Sie jetzt Ihre Spule in die Haken. Jetzt müssen Sie nur ein bisschen geschickt justieren, damit sich die Spule zu drehen beginnt und weiterdreht. Elektromotoren In einem Elektromotor besitzt die Spule einen Eisenkern, um das Magnetfeld der stromdurchflossenen Spule zu verstärken. Der drehbare Teil wird Rotor oder Doppel-T-Anker genannt (wegen seiner Form). Um den Totpunkt zu umgehen, werden in der Praxis mehrere gegenteilig gewickelte Spulen am Rotor angebracht. Anstelle eines Permanentmagneten werden ElektromagneAbb. 1.68 Abb. 1.69 ten verwendet. Auch bei Betrieb mit Wechselstrom (ändert ständig Richtung und Stärke) bleibt die Funktionsweise die gleiche, da sich die Stromrichtung in den Rotormagneten und den äußeren Elektromagneten gleichzeitig ändert. Abbildung 1.70 zeigt den Elektromotor eines Staubsaugers. Abb. 1.70 1.4.3 ELEKTROMAGNETISCHE INDUKTION EXPERIMENT 12 Bewegung eines Leiters in einem Magnetfeld Materialien Voltmeter, Permanentmagnet, Kabel, Leiterschaukel Anm.: Dieser Versuchsaufbau ähnelt jenem in Experiment 9. Allerdings wird das Lämpchen entfernt und die Spannungsquelle durch ein Voltmeter ersetzt. Durchführung Bewegen Sie die Leiterschaukel im Magnetfeld hin und her und protokollieren Sie die Messergebnisse des Voltmeters. Ergebnis Wenn die Leiterschaukel im Magnetfeld bewegt wird, wird am Messgerät eine kleine Spannung angezeigt. Ändert sich die Bewegungsrichtung der Leiterschaukel, ändert sich auch die Richtung des Ausschlages am Messgerät. 27 Abb. 1.59 1 EXPERIMENT 13 Untersuchung der Faktoren, die für die Höhe der entstehenden Spannung verantwortlich sind Materialien Voltmeter, Stabmagnet, Kabel, drei Spulen mit unterschiedlicher Windungszahl Anm.: Dieser Versuchsaufbau ähnelt jenem in Experiment 12). Allerdings wird das Lämpchen entfernt und die Spannungsquelle durch ein Voltmeter ersetzt. Drei Spulen mit unterschiedlicher Windungszahl werden in Serie geschaltet und an ein Voltmeter angeschlossen. Abb. 1.72 Durchführung Lassen Sie nacheinander einen Stabmagnet in die verschiedenen Spulen fallen und notieren Sie, bei welcher Spule der stärkste Ausschlag zu beobachten ist. Bewegen Sie den Stabmagnet mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten innerhalb der Spulen. Ergebnis Die Höhe der entstehenden Spannung ist abhängig von •der Windungszahl: Der Ausschlag am Voltmeter ist bei der Spule mit der höchsten Windungszahl am stärksten. •der Schnelligkeit der Bewegung: Je schneller die Bewegung erfolgt, desto höher ist die Spannung. Zusammenfassung der Ergebnisse der Experimente Wird ein Leiter in einem Magnetfeld bewegt, wird eine Spannung induziert. Den Vorgang selbst nennt man elektromagnetische Induktion. Die entstehende Spannung heißt Induktionsspannung. Die Induktionsspannung ist umso höher, je höher die Windungsanzahl der Spule ist, je stärker das Magnetfeld (je höher die Anzahl der Feldlinien) ist und je schneller die Bewegung erfolgt. Als magnetischen Fluss ϕ bezeichnet man die Anzahl der magnetischen Feldlinien (magnetische Feldstärke B), die eine gegebene Fläche A durchdringen. Ändert sich dieser magnetische Fluss, so entsteht eine elektrische Spannung. ϕ=B∙A Induktionsgesetz Uind = Δϕ Δt Symbol Einheit Bezeichnung Uind Induktionsspannung V Δϕ T/m2 Änderung des magnetischen Flusses Δt Zeitdifferenz s Das Induktionsgesetz wurde 1831 von Michael Faraday formuliert. Bereits ein Jahr später wurde der erste von Hand betriebene Gleichstrommotor gebaut. 1866 wurden von Werner von Siemens die ersten Dynamomaschinen entwickelt. 1882 errichtete Thomas Edison das erste elektrische Kraftwerk. LEXIKON Werner von Siemens (1816 – 1892) war deutscher Erfinder und Großindustrieller. 1847 gründete er die Telegrafen Bauanstalt von Siemens & Halske in Berlin – das war der Beginn der heutigen Siemens AG. 1866 entdeckte er das dynamoelektrische Prinzip. Er half damit der Idee, Elektrizität zur Energieversorgung zu nutzen, zum Durchbruch. Abb. 1.73 Thomas Alva Edison (1847 – 1931) war amerikanischer Erfinder und Unternehmer im Bereich Elektrizität und Elektrotechnik. Im Laufe seines Lebens hat er über 1 000 Patente angemeldet. Er war im Bereich der Filmtechnik tätig, baute ein Mikrofon und ebnete so den Weg für das Telefon. Obwohl er die Glühbirne nicht erfunden hat, machte ihn ihre Verbesserung berühmt. Er verkaufte nicht nur Glühbirnen, sondern investierte gleichzeitig in die Errichtung von Stromnetzen und Kraftwerken. Abb. 1.73 Wenn eine Spannung induziert wird, beginnen sich Ladungen zu bewegen. Es fließt ein Strom. Diesen nennt man Induktionsstrom. 28