Übergänge gestalten bei Risikokindern und Jugendlichen Klaus Seifried Schulpsychologisches Beratungszentrum Tempelhof-Schöneberg [email protected] Schwierige Schülerinnen und Schüler mit Entwicklungsverzögerungen, Behinderungen, Lernproblemen, besonderen Begabungen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen, fehlender Regelakzeptanz , Disziplin, fehlender Impulskontrolle, Ängsten, Verhaltensproblemen, Verhaltensstörungen, psychischen Erkrankungen. Wie entwickeln sich Kinder? Ein Ausflug in die Entwicklungspsychologie Säuglings- und Kleinkindalter Säuglings- und Kleinkindalter • • • • • • • • • Phase der Bindung Motorische Entwicklung: Sitzen, Stehen, Gehen Entwicklung der Wahrnehmung: Sehen, Hören Sprachentwicklung: Plaudern, erste Worte, Sprachverständnis, Wortschatz, Fragealter Sauberkeitsentwicklung und Selbstkontrolle Soziale Entwicklung: Lächeln, Fremdeln, Zuwendung, Befolgen einfacher Anweisungen, Äußerungen von Bedürfnissen, erste Ansätze von Gruppenfähigkeit Kognitive Entwicklung: Sensomotorik Spiel: Funktions- und Tätigkeitsspiel Beginn der Autonomie Entwicklungsrisiken • • • • • • Reizarmut Bindungsstörung Entwicklungsstörungen Sprachstörungen Schlafstörungen Behinderungen und Fehlbildungen. Vorschulalter Vorschulalter • Motorische Entwicklung: Körperbeherrschung, Ausformung der Fein- und Grobmotorik • Sprachliche Differenzierung: Wortschatz, grammatikalische Strukturen • Soziale Entwicklung: Identifikation mit Eltern und Geschwistern, Entwicklung von prosozialem und gruppenbezogenem Verhalten • Persönlichkeitsentwicklung: Gewissensentwicklung, Geschlechtsidentität • Spielverhalten: Phantasiespiel, Neugier, Rollenspiel Entwicklungsrisiken • • • • • • • • • • Geschwisterrivalität Ess- und Schlafstörungen Enuresis, Enkopresis Entwicklungsverzögerungen Trennungsängste Massives Trotzverhalten Konflikte, Aggressionen und Gewalt in der Familie Vernachlässigung Missbrauch Verwöhnung „Unser Kind hat alles“ Grundschulalter Lernen mit Begeisterung Grundschulalter • Soziale Entwicklung: Identifikation mit den Eltern und Geschwistern, Lehrern, Mitschülern • Einfluss von Medien: Fernsehkonsum, Computer, Spielkonsole • Persönlichkeitsentwicklung: Zunehmende Selbstkontrolle und Verhaltenssteuerung • Kognitive Entwicklung: Stadium der konkreten Operationen, Konzept- und Regelbildung Entwicklungsrisiken • • • • • Lern- und Leistungsstörungen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche Schlafmangel Störungen des Sozialverhaltens emotionale Störungen, psychosomatische Reaktionen • Zwangsstörungen, Ticstörungen • Autismus, Mutismus Jugendalter Jugendalter • Biologisches Wachstum und sexuelle Reifung • Persönlichkeitsentwicklung: Identität, Sexualität, emotionale Labilität • Soziale Entwicklung: Gruppen- und Paarbildung, sexuelle Beziehungen, Ablösung von den Eltern und Autoritäten • Kognitive Entwicklung: Stadium der formalen Operationen, Abstraktionsfähigkeit, logisches Denken Entwicklungsrisiken • • • • • • • • • • • Lern- und Leistungsprobleme Konflikte mit Eltern und Lehrern Einfluss der Peergroup Delinquenz Drogenkonsum Affektstörungen Angststörungen Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität Essstörungen (Anorexia, Bulimia) psychosomatische Störungen Zwangsstörungen Leistungsdruck Fehlernährung und Übergewicht Alkohol Rauchen Drogen Ängste und Depressionen Sich selbst verletzen Risikofaktoren für psychische Erkrankungen Häufigkeit Odds Ratio Niedriger sozioökonomischer Status 25% 1.1 Alleinerziehend 13% 1.6 9% 2.4 11% 1.7 Unterwünschte Schwangerschaft 4% 1.5 Geringe soziale Unterstützung im 1. Lebensjahr 4% 2.7 Familienkonflikte 6% 2.0 Konflikte zwischen Erziehenden 8% 1.5 Familienkonflikte während der Kindheit der Eltern 12% 1.5 Elterliche Belastung 10% 2.0 Chronische Erkrankung eines Elternteils 30% 1.4 Psychische Erkrankung eines Elternteils 13% 1.4 Stieffamilie Arbeitslosigkeit Quelle: Wille 2008 Lernprobleme in der Schule Lernprobleme • • • • • Lese-Rechtschreibschwäche Rechenschwäche Schulversagen Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme Motivation Verhaltensprobleme in der Schule Die häufigsten Konflikte und Verhaltensprobleme • Motorische Unruhe und Hyperaktivität • Regeln und Grenzen überschreiten • Aggressives Verhalten gegenüber Sachen (Zerstörungen, Sachbeschädigungen) • Aggressives und provozierendes Verhalten gegenüber Mitschülern, Lehrern, Eltern • Gehemmtes Verhalten • Schulangst und Schulphobie Was ist eine Störung des Verhaltens? • Es gibt keine objektive, sondern nur eine subjektive Norm dafür, welches Verhalten gestört ist: • Die Verhaltensstörung eines Schülers ist das, was ein bestimmter Lehrer oder eine Erzieherin in einer bestimmten Klasse und Schule als Störung und Belastung seines Unterrichts empfindet. • Abweichung von Regeln und Erwartungen. Was sind „schwierige“ Schüler? Lehrerinnen und Lehrer bezeichnen Schüler als „schwierig, als unbeschulbar“, wenn alle pädagogischen Maßnahmen zur Integration erfolglos waren, bzw. von den Eltern oder dem Schüler abgelehnt werden. Diese Kinder und Jugendlichen, erscheinen schwierig oder „unbeschulbar“, weil die Rahmenbedingungen in der Schule und der Familie nicht ihrem Unterstützungsbedarf entsprechen. Verhaltens- und Lernstörungen im Schulalter Diagnosen ICD 10 Sonderpädagogische Förderschwerpunkte ADHS F90 Störung des Sozialverhaltens F91/92 Emotionale Störung F92/93 (Ängste, Schuldistanz) FS Emotionale und soziale Entwicklung Autismus F84 FS Autismus Umschriebene Entwicklungsstörungen (Schulische Fertigkeiten, LRS, Rechenstörung, Schulversagen, Motorik, Sprache) F 81-83 FS Sprache FS Körperliche Entwicklung FS Lernen Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Berlin an allgemeinbildenden Schulen 2012/13 Förderschwerpunkt Anteil in Prozent Blindheit 0,07 Sehen 1 Gehörlosigkeit 0,4 Schwerhörigkeit 2,3 Sprache 22 Körperliche und motorische Entwicklung 7 Langfristige und chronische Erkrankung 0,9 Emotionale und soziale Entwicklung 24 Lernen 33 Geistige Entwicklung 5 Autismus 3 Schwerstmehrfachbehinderung 0,03 79 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Berlin insgesamt 2012/13 Förderschwerpunkt Blindheit Anzahl Anteil in Prozent Förderquote 92 0,06 0,03 Sehen 310 0,2 0,1 Gehörlosigkeit 130 0,09 0,04 Schwerhörigkeit 512 0,4 0,2 Sprache 4010 20 1,4 Körperliche und motorische Entwicklung 1818 13 0,6 Langfristige und chronische Erkrankung 581 0,4 Emotionale und soziale Entwicklung 4624 24 0,9 Lernen 6895 35 2,4 Geistige Entwicklung 2465 17 0,9 384 0,3 0,1 Autismus Summe 19693 79 0,2 6,9 Psychische Erkrankungen werden nur unzureichend erfasst. KIGGS-Studie (zit. im 13. Kinder- und Jugendbericht) 6-12 –jährige gesamt Unauffällig Grenzwertig auffällig 82,6% 8,4% 9,0% Emotionale Probleme 18,3% Verhaltensauffälligkeiten 29,9% Hyperaktivitätsprobleme 17,9% Probleme im Umgang mit Gleichaltrigen 21,2% Grenzwertiges und auffällig prosoziales Verhalten 8,6% Was brauchen Risikokinder? • • • • Stabile Beziehungen Halt und Orientierung Erfolge Ziele und Perspektiven Kooperation Elternarbeit Klassenführung Teamarbeit Schulstrukturen Positives Lernklima Prävention 7 Säulen einer inklusiven Schule Räumliche, personelle und finanzielle Ressourcen Prävention Prävention stärken Problemverhalten Belastungsgrenze Wahrnehmungsgrenze Zeitverlauf Gestufte Förderung RTI-Modell nach Huber&Grosche Stufe 3 Intensive Einzelfallhilfe (5% ) umfassende Diagnostik Lerntherapie in der Schule Stufe 2 Intensive Förderung (20%) Kleingruppenförderung Lernverlaufsdiagnostik (2-3x pro Woche) Stufe 1 Normaler Unterricht (100%) Schulleistungs- und Verhaltensscreenings 3x pro Schuljahr Lernverlaufsdiagnostik bei Risikoschülern Positives Lernklima Teufelskreis Lern- und Verhaltensstörungen Negatives Lernklima, Misserfolg Sorge Enttäuschung Leistungs- abfall Erwartungen Druck Abwertung Kontrolle Aggression Widerstand Angst, Versagen Vermeidung Blockade Negatives Selbstwertgefühl Positiver Lernkreislauf Positives Lernklima Anerkennung Lob Bestätigung Stolz Leistungszuwachs Erfolge Lernmotivation Leistungsbereitschaft Erfolg Persönliche Bindung Akzeptanz Zutrauen Vertrauen Realistische Erwartungen Didaktische Hilfen Selbstvertrauen Wege aus der Lernstörung Positive, persönliche Bindung Alternative Realistische Lernmethoden Lernerfolge Wissens- und Aufbau Kompetenzlücken von Lernmotivation schließen „Ich schaff das“ Unterbrechung des Vermeidungsverhaltens Übergänge und Brüche im Leben eines Kindes Mutter (Vater)Kindbeziehung Tagesmutter Arbeit Kita Berufsausbildung Grundschule Studium Oberschule Übergänge • Erzeugen Veränderungen beim Kind und Jugendlichen selbst • Veränderungen in den Beziehungen und Lebenswelten • Wachstum • Ängste • Abwehr und Widerstand Kritische Übergänge in meinem Leben Wer oder was hat mir geholfen? Was hätte ich mir an Unterstützung gewünscht? Übergänge wahrnehmen, Brücken bauen, Kinder stärken. Übergangsberatung Übergangsmanagement Begleiten, beraten und helfen Wo soll es hingehen? Informieren, Ziele absprechen, Ängste erkennen und akzeptieren. Erfolge ermöglichen – vor Misserfolgen bewahren Übergang Kita - Grundschule Schulanfänger Auffälligkeiten bei den schulärztlichen Eingangsuntersuchungen in Prozent 2012/13 25 20 15 10 Sechsjährige Fünfjährige Antragskinder Durchschnitt 5 0 Schulärztliche Empfehlungen in Prozent 70 60 50 Siebenjährige 40 Sechsjährige Fünfjährige 30 Antragskinder 20 Durchschnitt 10 0 Schulische Förderung Kooperation Kita, Jugendgesundheitsdienst, Grundschule Frühe Einschulung • Die vorgezogene Einschulung bringt Kinder mit Entwicklungsverzögerungen früher in die Grundschule. • Anspruch: „In der flexiblen Schulanfangsphase werden alle Kinder entsprechend ihrer unterschiedlichen Entwicklung und ihrer Lernausgangslage individuell gefördert.“ (Zitat: Schulgesetz für Berlin) Frühe Einschulung • Jüngere Kinder sind jünger. • Der Unterricht und Tagesablauf der Grundschule muss sich dem Entwicklungsstand der jüngeren Kinder anpassen. • Unterstützungssysteme müssen effektiviert und ausgebaut werden. (Beratung, Früherkennung, Prävention) Übergänge in der Grundschule • Wechsel der Klassenlehrer(in) und der Erziehungsstile nach der SAPH • Steigender Leistungsdruck ab Klasse 4 • Von der verbalen Beurteilung zum Notensystem Kooperation Grundschule - Oberschule Übergänge in der Oberschule • • • • • • Vom Klassenlehrer- zum Fachlehrerprinzip Fächer stehen im Vordergrund Kindheit – Pubertät Interesse am anderen Geschlecht Schule – Beruf Mittelstufe - Oberstufe Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! Klaus Seifried Schulpsychologisches Beratungszentrum Tempelhof-Schönberg Ebersstraße 9a, 10827 Berlin Tel 90277 4374 [email protected] 77 AG Grundschule Bestandsaufnahme • Wie werden Übergänge für Risikokinder an Ihrer Schule vorbereitet und begleitet? • Kita - Grundschule • SAPH – Regelklasse • Temporäre Lerngruppe – Klasse • Schulersatzprojekt – Regelklasse • Klinik - Regelklasse • Grundschule - Oberschule AG Oberschule Bestandsaufnahme • Wie werden Übergänge für Risikojugendliche an Ihrer Schule vorbereitet und begleitet? • • • • • • • • Grundschule – Oberschule Klassenlehrerunterricht – Fachunterricht Kindheit - Pubertät Temporäre Lerngruppe – Klasse Schulersatzprojekt – Regelklasse Klinik - Regelklasse Mittelstufe – Oberstufe Schule – Berufsausbildung