PHYSIK B2 SS13 Inhalt der Vorlesung B2 4. Elektrizitätslehre, Elektrodynamik Einleitung Ladungen & Elektrostatische Felder Elektrischer Strom Magnetostatik Zeitlich veränderliche Felder - Elektrodynamik Wechselstromnetzwerke Die Maxwell‘schen Gleichungen Elektromagnetische Wellen & Strahlung Relativität der Felder 5. Optik Licht als elektromagnetische Welle Geometrische Optik Optische Abbildungen Wellenoptik 1 PHYSIK B2 SS13 Magnetische Kräfte auf geladene Teilchen: Die Lorentz-Kraft F Kraft z Rechte-Hand-Regel: y B Feld x Eine Ladung q bewegt sich mit der Geschwindigkeit v in einem magnetischen Feld B. Kraft auf die Ladung: F = qv × B und damit: v Bewegung d 2 v ) =0 ⇒ v =const. ( dt Lorentz-Kraft dv dv v⋅ =0 ⇒ v ⊥ dt dt Im Magnetfeld bleibt der Betrag der Geschwindigkeit konstant. Antoon Lorentz ( 1853-1928 ) 2 PHYSIK B2 SS13 Beispiel 1: Die Bewegung einer Ladung im homogenen Magnetfeld qBz ωz = m „Magnetische Flasche“ 3 PHYSIK B2 SS13 Die Bewegung von geladenen Teilchen im Erdmagnetfeld kann jetzt qualitativ verstanden werden: Die Teilchen bewegen sich auf Spiralbahnen entlang der Feldlinien. 4 PHYSIK B2 SS13 Versuch: Elektronenstrahl im homogenen Magnetfeld Durch zwei sog. „Helmholz-Spulen“ wird ein nahezu homogenes Magnetfeld erzeugt. Ein Elektronenstrahl läuft dann auf einer Kreisbahn: Glühkathode Strahl Die Winkelablenkung eines Elektronenstrahls im Magnetfeld ist: α v0 B R Elektronenstrahl l Magnetfeld Wenn l die Bahnlänge im Magnetfeld ist und R der Bahnradius, dann ist der Ablenkwinkel (in Radiant) gegeben durch: l α= Vakuumröhre R 5 PHYSIK B2 SS13 Der Bahnradius R kann aus dem Gleichgewicht der Lorentz-Kraft und der Zentrifugalkraft ermittelt werden: v02 q v0 × B = m R 1 q B ⇒ = R m v0 Dann ist der Ablenkwinkel gegeben durch Kathode Oszillographenröhre: Anode +Ua l q Bl α= = R m v0 wobei v0 durch eine Beschleunigungsspannung genau eingestellt werden kann. I Magnetspule I Glaskolben Leuchtschirm 6 PHYSIK B2 SS13 Beispiel 2: Funktionsweise eines Zyklotrons Da sich im magnetischen Feld der Betrag der Geschwindigkeit nicht ändert, können Ladungen allein mit Magnetfeldern nicht beschleunigt werden. Im Zyklotron wird dafür ein elektrisches Feld immer wieder durchlaufen. Ernest Lawrence 7 (1901-1958) PHYSIK B2 SS13 8 PHYSIK B2 SS13 Beispiel 3: Das Massenspektrometer 2R Beschleunigungsstrecke v0 − Ub = + B m v0 m v02 = q v0 B ⇒ =qB R R R Quadriert man beide Ausdrücke dann folgt: q, m Schirm Teilchenquelle Spektrallinie Die geladenen Teilchen werden durch Ub beschleunigt und erhalten die Geschwindigkeit: 2 qU b v0 = m Im Magnetfeld B werden sie auf einem Halbkreis abgelenkt. Das Kräftegleichgewicht ist hier: 2 2 2 q U v q 2 b 0 v02 = und = B m R 2 m2 2U b q q 2 2 ⇒ = 2B 2 R m m Daraus ergibt sich schließlich: 2U b q B2 2 = 2 2 ⇒ m( R ) = R m R B 2qU b 9 PHYSIK B2 SS13 Magnetische & Elektrische Kräfte Die Lorentz-Kraft auf eine bewegte Ladung q im Magnetfeld ist: F = qv × B Ist auch noch ein elektrisches Feld vorhanden, dann wirkt die Gesamt kraft: ( F= q E + v × B ) Ein Magnetfeld von B = 1 Tesla ist leicht zu erzeugen. Dem würde ein elektrisches Feld von 8 V E = 3 ⋅10 m entsprechen. Dies ist unmöglich zu erzeugen ( ⇒ Überschläge). Beispiel 1: Vergleich der Kräfte auf ein geladenes Teilchen, welches sich (fast) mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, d.h. es ist v ≈ c. Die elektrische und magnetische Kraft sind gleich groß wenn: E =cB In Teichenbeschleunigern wie DELTA werden daher Magnete zur Ablenkung verwendet! 10 PHYSIK B2 SS13 Beispiel 2: Der Hall-Effekt d UH B a I Dadurch entsteht an den Seiten eine Potentialdifferenz UH, die solange ansteigt, bis die ablenkende Wirkung des Magnetfeldes durch das entstehende elektrische Feld an den Leiterseiten kompensiert wird. In diesem Gleichgewichtszustand gilt: = F e EH + v × B = 0 0 ⇒ EH + v × B = ( Durch einen Leiter der Breite a und der Dicke d fließt ein Strom I. Wenn senkrecht zum Leiter das Magnetfeld B wirkt, dann werden die bewegten Ladungen im Leiter senkrecht zum Magnetfeld und senkrecht zur Richtung des Stroms abgelenkt. ) Wir hatten für die Geschwindigkeit der Elektronen im Leiter bereits den folgenden Zusammenhang gefunden: v = UH I I und E= = H a ρ A ρ ad 11 PHYSIK B2 SS13 Da v ⊥B, E⊥v und E⊥B kann mit den Beträgen gerechnet werden: UH IB = − a ρ ad Daraus ergibt sich die sog. HallSpannung: I I UH = − B= − RH B ρd d Die Ladungsdichte ρ wird oft durch die Dichte der Ladungsträger n ausgedrückt: ρ = ne Die Größe 1 RH= = ρ 1 ne Edwin Herbert Hall (1855-1938) is die Hall-Konstante. Sie ist besonders groß, wenn n klein ist. Dies ist speziell für Halbleiter der Fall. Da B ∝ UH kann durch Messen der Hall-Spannung das Magnetfeld B bestimmt werden. Vor allem aus kleinen Halbleiterstreifen gefertigte Sonden werden häufig zur Magnetfeldmessung verwendet (⇒ „Hallsonden“). Es werden positive und negative Hall-Konstanten gemessen (Elektronenleitung und „Löcherleitung“).12 PHYSIK B2 SS13 Versuch: Der Hall-Effekt Hall-Sonde Elektromagnet Eine Erhöhung des Stromes durch den Elektromagneten vergrößert proportional dazu auch die Hall-Spannung. 13 PHYSIK B2 SS13 Die Kraft auf einen Leiter im Magnetfeld Versuch: Leiterschaukel im Magnetfeld Ampèremeter Stromversorgung Leiterschaukel Leiter Magnet Der stromdurchflossene Leiter wird je nach Richtung des Stromflusses in den Magneten hineingezogen 14 oder herausgedrückt. PHYSIK B2 SS13 Die Kraft auf einen Leiter im Magnetfeld Versuch: Leiterschaukel im Magnetfeld Leiter 15 PHYSIK B2 SS13 I Strom Auf einen stromdurchflossenen Leiter der Länge l wirkt im Magnetfeld eine Kraft F. Dabei findet man experimentell: F ⊥ B und F ⊥ l B F l Dabei ist l ein Vektor, der in die Richtung des Stromflusses zeigt. Der Betrag von l gibt die Länge des Leiterstückes an, das vom homogenen Magnetfeld B durchsetzt wird. Für die Kraft auf das Leiterstück ergibt sich quantitativ: F= I l × B 16 PHYSIK B2 SS13 z F Kraft y x B Feld I Stromrichtung 17 PHYSIK B2 SS13 Um die Auslenkung der Leiterschaukel qualitativ zu erklären, machen wir uns zunächst die Abstoßung zweier Stabmagneten klar: Abstoßung !! erhöht !! Feldliniendichte 18 PHYSIK B2 SS13 B Kraft äußeres Feld Feld des Leiters Felder kompensieren sich Felder addieren sich Qualitative Erklärung der Kraftwirkung auf die Leiterschaukel: Auf der linken Seite addieren sich die Felder, und auf der rechten Seite kompensieren sie sich. Der Leiter weicht in diesem inhomogenen Magnetfeld in die Richtung mit dem kleineren Feld aus. ⇒ Die Kraft weist nach rechts. 19 PHYSIK B2 SS13 Es soll jetzt gezeigt werden, dass Wir hatten bereits für den Strom die diese Kraftwirkung äquivalent zur Formel Lorentz-Kraft auf eine einzelne = I ρ= | v || A | ρ v A Ladung ist. Wir betrachten die folgende Situationin einem Leiter- hergeleitet. Die Ladungsdichte ρ und die Geschwindigkeit v der Ladungen stück der Länge dl : lassen sich ausdrücken durch: dl A Einsetzen ergibt: dQ dl dl × B Adl dt dl = dQ × B= dQ v × B dt = ×B dF ρ v Adl = ρ v Es ist dann: dQ dl und v = ρ = Adl dt dF = I dl × B Dies ist der Ausdruck für die Lorentz20 Kraft auf eine Ladung dQ. PHYSIK B2 SS13 Das magnetische Moment B z F A I − Fa a l F Die parallel zur x-Achse wirkenden Kräfte Fa heben sich gegenseitig auf. Dagegen erzeugen die Kräfte F auf die Seiten l ein Drehmoment um die x-Achse der Stärke a M 2= = F sin ϕ ex a F sin ϕ ex 2 ϕ y Die Kraft auf die Leiterseiten ist Fa F = I l × B = I l Bz ey x Eine von einem Strom I durchflossene rechteckige Leiterschleife mit den Kantenlängen a und l befindet sich um die x-Achse drehbar in einem homogenen Magnetfeld B. wobei: 0 B= 0 B z Dann wird das Drehmoment: M = I al B sin ϕ e z x =A 21 PHYSIK B2 SS13 Es wird wieder eine Flächennormale A definiert, deren Betrag A = al Damit ergibt sich für das auf eine Leiterschleife wirkende Drehmoment: M= m × B beträgt. Dann kann das Drehmoment auch in der folgenden Form geschrieDie Analogie zum wirkenden Drehben werden: moment auf einen elektrischen Dipol M = I A× B ist zu erkennen. Es war: Diese Beziehung gilt ganz allgemein M Dipol = p × E für beliebig geformte Leiterschleifen. Das magnetische Moment ist also die Man ordnet einer Leiterschleife, zum elektrischen Dipolmoment äquidurch die der Strom I fließt und valente Größe. die die Fläche A umschließt, das Eine stromdurchflossene Leiterschleife magnetische Moment m zu, mit: richtet sich im Magnetfeld immer so aus, daß ihre Flächennormale parallel m=I A zum Magnetfeld steht. 22 PHYSIK B2 SS13 Wenn die Leiterschleife ausgerichtet ist, dann verschwindet das Drehmoment, und es gibt auch keine resultierenden Kräfte auf die Gesamtschleife. Dies gilt sofern das Magnetfeld homogen ist, d.h. Beispiel 1: Prinzip des Ampèremeters Feder B (r ) = B0 = const. In einem inhomogenen Magnetfeld würde aber eine Kraft auf die stromdurchflossene Leiterschleife wirken. Dies ist analog zum elektrischen Dipol im inhomogenen elektrischen Feld ( ⇒ siehe Kapitel 4.2.12). Magnet drehbare Spule 23 PHYSIK B2 SS13 Versuch: Spule im homogenen Magnetfeld Amperemeter I Spule mit Magneten Stromquelle I Die stromdurchflossene Spule richtet sich im Magnetfeld immer so aus, daß ihre Fläche senkrecht zu den Feldlinien verläuft. 24 PHYSIK B2 SS13 Kraftwirkung auf einen magnetischen Dipol Für eine endlich große Leiterschleife mit dem magnetischen Moment m folgt für die Kraft dann (verallgemeinert auf drei Dimensionen): F= ∇ m⋅B ( Beispiel: Der Stern-Gerlach Versuch Auch auf Atome mit einem magnetischen Moment wirkt eine Kraft, wenn sie durch ein stark inhomogenes Magnetfeld geschickt werden. Magnet Ofen ) In einem homogenen Feld verschwindet der Gradient und damit auch die Kraft auf einen magnetischen Dipol. Teilchenstrahl inhomogener Feldbereich 25 PHYSIK B2 SS13 Jean Baptiste Biot (1774-1862) Das Biot-Savart‘sche Gesetz Das elektrostatische Feld konnte mit dem Superpositionsprinzip für jede beliebige Ladungsverteilung berechnet werden. Da es keine magnetischen Ladungen gibt, ist es recht schwierig, das statische Magnetfeld für eine beliebige Stromverteilung zu bestimmen. Wir betrachten jetzt ein von einem Strom Idurchflossenes Leiterele ment dl , dass sich am Ort r ' befindet und am Ort r das Magnetfeld dB erzeugt. Das Biot-Savart‘sche Gesetz besagt, dass sich für dB das Folgende ergibt: I dl Leiter dB r − r' r' r I 0 µ0 I dl × ( r − r ') dB = 3 4π r −r ' 26 PHYSIK B2 SS13 Das Feld eines stromdurchflossenen Leiters ist dann gegeben durch: I µ 0 I ⌠ dl × (r − r ') B(r ) = 3 4π ⌡ r − r' R Leiter Dabei ist das Integral entlang der Linie des Verlaufes des Leiters zu berechnen. Beispiel 1: Das magnetische Feld im Zentrum einer kreisförmigen Leiterschleife. Aus der Abbildung liest man ab: r= 0, r − r '= R dl ⊥ r ' Mit dem Biot-Savart Gesetz ergibt sich dann am Ort r = 0 : r′ B dϕ µ0 I B (0) = 4π ⌠ ⌡ dl dl × r ' 3 r' Leiter 27 PHYSIK B2 SS13 Aus der Zeichnung ergibt sich weiterhin: I R r′ B(0) dϕ = = dl Rd ϕ r′ R ⇒ dl × r ′ = Rdϕ R e⊥ Der Vektor e⊥steht hierbei senkrecht auf der Leiterschleife. Einsetzen ergibt: dl 2π µ0 I ⌠ Rdϕ R B(0) = e⊥ 3 R 4π ⌡ 0 µ 0 I 2π µ0 I e⊥ ∫ dϕ e⊥ = = 4π R 0 2R 28 PHYSIK B2 SS13 Die Definition der SI-Einheit Ampère Meter This image cannot currently be displayed. André Marie Ampère (1775-1836) 1 m ist die Strecke, die das Licht im Vakuum zurücklegt in 1 299792458 Sekunde (im Prinzip exakt!) 1 kg ist die Masse des internationalen Kilogrammtyps Kilogramm (Fehler: ∆m/m ≈ 10-9) Sekunde Ampère 1 s ist das 9192631770 fache der Periodendauer beim Übergang zwischen den Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von 133Cs (Fehler: ∆t/t ≈ 10-14) 1 A ist die Stärke eines konstanten Stromes, der durch zwei gerade, parallele und unendlich lange Leiter im Abstand von 1 m fließt und dabei pro Meter Leiterlänge die Kraft F = 2⋅10-7 N erzeugt (Fehler: ∆I/I ≈ 10-6) SIEinheiten 29 PHYSIK B2 SS13 Es soll jetzt die Kraft zwischen zwei parallelen, unendlich langen Leitern berechnet werden. z I1 dz I2 r z d = r 0 z x = r Leiter 2 Leiter 1 y µ0 I1 dl1 × r dB = 3 4π r Es ist: dB d Das vom Leiter 1 am Leiter 2 erzeugte Magnetfeld ist: d 2 + z2 0 d 0 dl1 × r = 0 × 0 = −d ⋅ dz −dz z 0 0 dB = dBy 0 µ0 I1d dz mit: dBy = − 4π d 2 + z 2 Damit ergibt sich ( ) 3 2 30 PHYSIK B2 SS13 Der gesamte Leiter 1 erzeugt also am Ort des Leiters 2 das Feld: Einsetzen des Magnetfeldes ergibt: dz µ0 I1 I 2 0 dF = 2π d 0 ∞ µ 0 I1 d ⌠ dz By = − 3 2 2 2 4π ⌡ (d + z ) −∞ µ 0 I1 d 2 =− 4π d 2 Vektoriell geschrieben: 0 µ0 I1 B= − 1 2π d 0 Die Kraft auf das Element dl2 des Leiters 2 ist: 0 dF =× I 2 dl2 B mit dl2 = 0 −dz Die Kraft pro Längeneinheit ist dann: dF µ0 I1 I 2 = dz 2π d Zahlenwerte: I= I= 1A, d= 1m 1 2 µ= 0 dF = dz Vs 4π ⋅10 Am 4π ⋅10−7 ⋅1⋅1 Vs A 2 −7 N = 2 ⋅10 2π ⋅1 Am m m 31 −7 PHYSIK B2 SS13 Damit ist die Definition der Stromstärke gegeben: Definition der Stromstärke 1 A: Wenn zwei parallele Leiter im Abstand von d = 1m von je 1A durchflossen werden, wirkt eine Kraft von 2·10-7 Newton pro Meter Länge. Ältere Definition der Stromstärke 1 A: Pro Sekunde wird 1.118 mg Silber aus wässriger Lösung ausgeschieden, wenn ein Strom von 1A fließt. Die Richtung der Kraft hängt von der Stromrichtung ab: F I2 F I1 –I2 +I1 32 PHYSIK B2 SS13 I Versuch: Kraft zwischen zwei Leitern Leiter aus Kupferlitze F I F Anziehung I F Abstoßung I F 33 PHYSIK B2 SS13 Versuch: Der Pinch-Effekt ohne Strom nach Einschalten des Stroms Ein aus mehreren dünnen parallelen Metallfolien gebildeter Leiter schnürt sich nach Einschalten des Stroms ein, bis er wegen Überhitzung schmilzt. 34 PHYSIK B2 SS13 Die Maxwell-Gleichungen für das statische Magnetfeld (ii) ∫∫ B ⋅= dA 0 ⇔ ∇= ⋅B 0 O (iv) B dr I B j ⋅ = ⇔ ∇ × = µ µ 0 0 ∫ ∂A 35