Akuter Myokardinfarkt Neue Aspekte zu Therapie und Prognose Symposium, St. John’s College, Cambridge, 12. - 14. 04. 1997 (1) PD Dr. P. Bubenheimer, Falkenstein-Klinik, Bad Schandau „Echocardiographie bei koronarer Herzkrankheit / akutem Myocardinfarkt“ − DD segmentaler Kontraktionsstörungen: • Infarkt • Myocarditis − rechtventrikuläre Infarkte erholen sich nach einigen Tagen oft recht gut − die Dickenzunahme der Herzwand während der Systole ist oft ein besserer Kontraktiliätsparameter als eine Änderung der Amplitude, da letztere sich oft mit der Bewegung des Herzens im Thorax ändert − das M-Mode ist die wichtigste Methode zur Beurteilung von Wandbewegungsstörungen − „starre“ Wanddicke bei Infarktnarben − 4 Wochen nach Infarkt „stabile“ Form − der SE-Abstand (n < 8 mm) ist ein sehr sensibler Parameter für Ventrikelschädigung (verminderter Ausschlag des Mitralsegels durch Septumhypokinesie und erhöhtem enddiastolischen Volumen) − segmentale Bewegungsanalysen: z. B. zur Abklärung der Indikation zur PTCA oder Bypass, wenn im Streßecho eine Kontraktionsstörung erkennbar ist − wenn Infarkt > 30% des Ventrikels betrifft → Entwicklung einer Herzinsuffizienz; bei Schädigung von 20 - 30% des Myocards oft komensierte Funktionseinschränkung - dann Dekompensation bei zusätzlichem Schädigungsfaktor wie arterielle Hypertonie, Ischämien in anderen Gefäßabschnitten betroffene Segmente x 100 (Infarktgröße [%]) 36 − „ausgerundete“ Herzspitze bei VWI − „scharfe“ Anticoagulation bei intracavitären Thromben (2) Prof. Dr. M. Flather, Clinical Tials and Evaluation Unit / Royal Brompton Hospital, London, U.K. „Ein Jahrzehnt der großen Fortschritte in der Behandlung des Myocardinfarktes“ − Tag 0-1: etwas mehr Todesfälle in derThrombolysegruppe als in der Kontrollgruppe (Grund noch unklar) − t-PA vs. SK: in versch. Studien keine wesentliche Unterschiede bzgl. Schlaganfall odeer Todesfällen − absolute Risikoredukton durch ASS 3,5 % − in versch. Studien 20 %ige Risikoreduktion durch ACE-Hemmer, unabhängig vom Patienten-Alter; bei zusätzlicher ASS-Gabe weitere Risikoreduktion − durch Kombination von ASS mit Heparin kein zusätzlicher Vorteil − durch β-Bocker Tag 0-1 15%-ige Mortalitätsreduktion − wohl Risikoreduktion durch eine primäre PTCA − wahrscheinlich Vorteil durch Einsatz von Nitraten, was aber noch nicht ausreichend belegt ist − keine Vorteile durch generellen Einsatz von • Mg++ • Ca++ - Antagonisten • Antiarrhyhtmica (nur bei speziellen Indikationen, z. B. gefährlichen Arrhyhtmien) − 150 - 200 mg ASS p.o. ausreichend (noch keine Studie i. v. vs. p. o. - Gabe von ASS) 2 − eine primäre PTCA ist einer primären Lyse wohl überlegen - jedoch sind hierzu noch keine sehr großen Patientengruppen studienmäßig erfaßt − ACE-Hemmer sollten in der Frühphase eines Myocardinfarktes möglichst alle Patienten erhalten, in der Spätphase nur ausgewählte Gruppen − zulässige Latenzzeit bis zur Durchführung einer PTCA bei Herzinfarkt: 1 - 1 1/2 Std. (3) Prof. R. Latini, Instituto Di Recherche Farmacologiche „Mario Negri“, Mailand „Die GISSI-3-Studie: Nutzen des frühen Einsatzes von ACE-Hemmern und Nitraten“ − „live-saves“: 30 % durch Thrombolyse 20 % durch ASS 7 % durch β-Blocker − durch einen kombinierten Einsatz von Nitroglycerin und ACE-Hemmern größere Risikoreduktion als durch eine Monotherapie mit einem ACE-Hemmer − kein Benefit durch eine Monotherapie mit Nitraten − 2-3 Monate nach einem Herzinfarkt könne -ACE-Hemmer bei Fehlen einer LV-Dysfunktion abgesetzt werden − Subgruppen, die mehr von ACE-Hemmern profitieren: • Pat. Mit VWI • Pat. Mit Ruhe-Herzinsuffizienz • Pat. mit D.m. − Toleranz bei Nitraten: evtl. schon nach 12 Std., spätestens nach 24 Std. (dann also auf eine morgendliche Retard-Präparat-Gabe umsetzen); bei nächtlicher Pectangina zusätzlich Molsidomin abends − CAVE: in Polyvinylschläuchen werden 80-90 % der Nitrate adsorbiert (in Polyäthylenschläuchen nicht) ⇒ nach Wirkung geben ! (4) Prof. Dr. Chr. Holubarsch, Med. Universitätsklinik (Kardiologie und Angiologie), Freiburg Prognostisch wirksame Stnadarttherapie nach akutem Myocardinfarkt − durch Actilyse werden 1 % der Pat. mehr gerettet im Vgl. zu Streptokinase Actilyse ist viel teurer und sollte deshalb bei • jüngeren Patienten • VWI • bei frühem Beginn der Behandlung eingesetzt werden, da in diesen Untergruppen eine Überlegenheit von rTPA belegt ist − bei Stents 100 mg ASS + 250 mg Tiklyd / d über 4 Wochen - danach nur ASS, da der Stent dann epithelialisiert ist (Entwicklung einer Agranulozytose ausschließen !) − β-Bocker-Therapie nach Myocardinfarkt lebenslänglich − Nitrate nur symptomatisch geben, d. h. nicht in Falle eines wiedereröffneten Gefäßes − Mg++-Gabe: ohne Effekt ! − Ca++-Antagonisten-Gabe: kein Vorteil − durch Cholesterin-Senker Reduktion der Mortalität um 30 % in 5 - 6 J. !! − die Pulsfrequenz kann zwischen 50 - 60 / Min. liegen − bei einer Ausgangsfrequenz < 70 / Min. kein akut-Benefit durch β-Blocker (5) PD Dr. C. G. Brilla, Abtl. Innere Medizin / Kardiologie, Uni Marburg Strukturelle Umbau-Prozesse nach Myokardinfarkt − bei nicht-selektionierten Myocardinfarkt-Patienten und früher Therapie mit ACE-Hemmern nur marginale Effekte - es muß jedoch zunächst sehr niedrig-dosiert begonneen werden - bei hoher Dosierung und nicht-selektionierten Patienten evtl. Zunahme der Mortalität (6) Prof. Dr. J. Senges, Herzzentrum, Klinikum Ludwigshafen „Transfer der Ergebnisse großer klinischer Studien in die klinische Praxis: Das Herzinfarkt-Register“ Zu Zielen des „Herzinfarkt-Registers“ 3 • keine Randomisierung, da die Behandlung des deutschen „Zufalls-„ Myokardinfakt-Patienten evaluiert werden soll (bei Randomisierungen werden bis 90 % der Patienten ausgeschlossen - Randomisierungen sind jedoch bei Wirksamkeitsnachweis-Studien notwendig !) 4 • keine Selektionierung der Patiente durch Durchführung der Studie nur an Uni-Kliniken (dort sind vor allem „the hopeless, the wealthy and the bizarre“) • Untersuchung, wie die Bausteine − Lyse /PTCA − ASS − β-Blocker − ACE-Hemmer eingesetzt werden − von allen Patienten mit Herzinfarkt sterben innerhalb von 3 Wochen 17 % der Patienten - also mehr als in den randomisierten Interventionsstudien − CSE-Hemmer: * der Einsatz von CSE-Hemmern ist in Deutschland „eine Katastrophe“ * es sollten etwa 75 % der Patienten CSE-Hemmer erhalten (überspitzt gesagt: „jedes individuelle Cholesterin bei einem Herzinfark-Patienten ist zu hoch!“) * der mittlere Cholesterin-Wert der Weltbevölkerung liegt bei 150 mg/dl (in China, „wo es ja keinen Herzinfarkt gibt“ bei 100 mg/dl) * 1 J nach Infarkt werden doppelt soviele Patienten mit CSE-Hemmern behandelt, als von den Akut-Kliniken empfohlen * durch eine Senkung des LDL-Cholesterins unter 125 mg/dl wird kein signifikanter Effekt mehr erzielt * Gesamt-Cholesterin-Zielwert: 180 mg / dl − Dosisfindung f. ACE-Hemmer: * langsam anflutende Praparate nehmen (NICHT Captopril !) * niedrig-dosiert beginnen (z. b. mit 2,5 mg Lisinopril) * „bei Herzinsuffizienz sind die niedrig-dosierten Cor-Präparate eine Katastrophe“ − Alternative zur Spät-Lyse 12 - 24 h nach Infarkt-Beginn (bei Angina Pectoris, anhaltenden STHebungen): die Spät-PTCA (wird i.d. R. im Marienhof-Koblenz „rund um die Uhr“ angeboten) − nicht-invasive Effektivitätsbeurteilung der Lyse: * ST-Monitoring (beste Methode, aufwendig, sehr teuer, deshalb in der Routine kaum praktikabel) * Persistenz der Beschwerden und / oder * Persistenz der ST-Hebungen (d.h. keine Senkung um 1-2 mm) M. Ulrich 15. 04. 1997