Makula-Degeneration Wenn wir die Welt verschwommen sehen Autor: Dr. med. Günter Gerhardt 12.03.2007Wer das Gefühl hat, langsam aber sicher nicht mehr richtig scharf sehen zu können, oder wem sogar ein großer grauschwarzer Fleck vor den Augen herumspukt, der sollte dringend zum Augenarzt gehen. Denn dies können Anzeichen für eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) sein. Bei dieser Augenerkrankung macht sich von der Mitte des Auges her langsam eine Erblindung breit. Die Augenmitte, wenn man genau von der Pupille aus durch den ganzen Augenkörper hindurch bis zur Makula auf der Netzhaut wandern würde, brauchen wir außerdem zum Scharfsehen. Wenn die Makula zerstört ist, bekommt man kein scharfes Bild mehr auf die Netzhaut. Außerdem verblassen die Farben, eine extreme Blendungsempfindlichkeit tritt auf und normales Lesen wird trotz Brille unmöglich.Rund zwei Millionen Menschen leiden in Deutschland unter dieser krankhaften Makulazerstörung, der altersbedingten Makuladegeneration. Das Schlimme daran, man kann diese Veränderungen nicht rückgängig machen. Aber in den letzten Jahren hat die Wissenschaft hier viel Neues zutage befördert, sodass man gute Chancen hat, die Krankheit zum Stillstand zu bringen.Aber schauen wir uns doch einmal an, was genau da eigentlich im Auge passiert. Die Makula besteht aus vier Gewebsschichten: Netzhaut (Retina), Pigmentschicht (retinales Pigmentepithel), eine Membran (Bruchsche Membran) und die Aderhaut (choriokapillares Gewebe). Im Laufe des Lebens verändern sich die Gewebsschichten: Die Dichte der Pigmentschicht nimmt ab; die Membran wird brüchig; die Zahl der Blutgefäße geht zurück. Diese Alterserscheinungen werden beschleunigt durch das Rauchen, Übergewicht, bestimmte Medikamente (gegen Entzündungen und gegen zuviel Magensäure), Bluthochdruck und fetthaltige Ernährung. Das Resultat: Es kommt zu einer verminderten Blutversorgung. Damit werden die Abbauprodukte der Augenzellen nicht mehr so gut abtransportiert, sondern zwischen der Pigmentschicht und der Membran abgelagert. Diese Ablagerungen (Drusen) sind eine der beiden Ursachen für das schlechtere Sehen. Außerdem ist eine mangelnde Blutversorgung immer auch mit einem Sauerstoffmangel verbunden. Dies regt die Bildung von Blutgefäßen, sie beginnen wie wild zu wachsen, dabei verlassen sie die für sie vorgesehene Aderschicht und sprießen in die Membran ein. Blutgefäßeinsprießung und die Drusen sind die beiden Ursachen für die langsame Zerstörung der Makula.Bis jetzt bezeichnet man diese Krankheit als "trockene altersbedingte Makuladegeneration". Sie führt zu einem langsamen nicht wieder heilbaren Verlust der zentralen Sehschärfe. Der Prozess kommt erst dann zum Halt, wenn die komplette Makula zerstört worden ist. Bei 15 Prozent der Makulapatienten passiert es auch, dass sich die trockene Form in eine feuchte Form wandelt. Warum das? Hier beginnen neue Blutgefäße aus der Aderhaut herauszuwachsen, die zudem noch undicht sind. Ein Grund dafür ist die überreiche Ausschüttung an Wachstumsfaktoren, diese lassen nicht nur die neuen Gefäße wachsen, sondern wirken sich auch negativ auf die Dichte der Blutgefäßwände aus. Jetzt sickert langsam Blutplasma in das Augengewebe über, - ein weiterer Grund, warum das Scharfsehen nicht mehr funktioniert. Diese "feuchte altersbedingte Makuladegeneration" führt zu einer besonders raschen Minderung des Sehvermögens. Bei beiden Formen spielen zusätzlich auch immer entzündliche und immunologische Kettenreaktionen eine Rolle.Zur Therapie ist es wichtig, zum einen die trockene Form zum Stillstand kommen zu lassen und zum anderen die Umwandlung von der trockenen in eine feuchte Form zu vermeiden. Wie diese Therapie aber möglich sein soll, war den Augenärzten lange Zeit ein großes Rätsel. Noch bis vor einigen Jahren bestand die einzige Behandlungsmöglichkeit darin, bei der feuchten Form mit einem Laser die überschießend gewachsenen Blutgefäße zu veröden. Aber es gab viele Rückfälle und konnte nur bei bestimmten Patienten durchgeführt werden. Andere chirurgische Techniken wie die Makula-Rotation, - man versucht, die Makula an einen anderen Ort zu "drehen" -, die Strahlentherapie oder die Wärmetherapie werden heute nicht mehr durchgeführt, da sie nichts gebracht haben. Ein Fortschritt war die Photodynamische Therapie, allerdings nur für die feuchte Form. Hier wird ein Wirkstoff ins Auge gespritzt, der mittels eines speziellen Laserlichts aktiviert werden kann. Dadurch wird die neugebildeten Blutgefäße, also die Übeltäter, verschlossen. Großer Nachteil: Es kommt zu Entzündungen, die letztendlich wieder die Gefäßneubildung anregen.Diese Nachteile führte zur Idee der Dreifachtherapie, wie Prof. Dr. Albert Augustin, Chef der Augenklinik im Städtischen Klinikum Karlsruhe erläutert. Er empfiehlt bei der feuchten Form eine Kombination aus Photodynamische Therapie, einem antientzündlichen Wirkstoff (Cortison) und einem Medikament, das die Wachstumsfaktoren für Blutgefäße hemmt (Anti-VEGF-Präparat): So wird die gefürchtete Blutgefäßneubildung in der Netzhaut behindert und auch der Austritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen und damit die Flüssigkeitsansammlung im Auge erschwert. Die Behandlung muss dann seltener wiederholt werden.Um das Fortschreiten der trockenen Form zu verhindern, gibt es zwei weitere hoffnungsvolle Möglichkeiten. Einmal eine Therapie mit bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen, wie eine Studie vor einigen Jahren zeigte. Dies sind im Einzelnen täglich 500 mg Vitamin C, 400 I.U. Vitamin E, 15 mg Lutein, 80 mg Zinkoxid und 2 mg Kupferoxid. Weiterhin gibt es einen Wirkstoff, der alle sechs Monate ins Auge gespritzt wird (Anecortavacetat), er soll den Umbau der Membran und das Auswandern von Blutgefäßzellen in die Membranschicht verhindern. Dieser Wirkstoff wird gerade in einer groß angelegten Studie untersucht.Die besten Diagnose-VerfahrenDer Augenarzt stellt Veränderungen in der Mitte der Netzhaut fest, bevor die ersten Anzeichen da sind. Mit einer Spaltlampe gelingt ihm ein erster Blick auf den Augenhintergrund. Daher handelt es sich um eine Art Mikroskop, das einen Blick in die vorderen Teiles des Auges ermöglicht. Die im hinteren Auge liegenden Blutgefäße macht er mit der sogenannten Angiografie sichtbar. Er spritzt einen speziellen Farbstoff in die Armvene. Anschließend blickt der Patient in eine Fotokamera. Während sich das Mittel in den Blutgefäßen verteilt, werden Fotos angefertigt. Wenn das Licht einer bestimmten Farbe auf den Farbstoff scheint, beginnt er zu leuchten (= fluoreszieren). Die Methode heißt deshalb Fluoreszenz-Angiografie.Auch der Patient kann einiges selbst erkennen. Alarmzeichen sind, wenn gerade Linien verbogen wirken, Farben verblassen, Worte verblassen und das Zentrum des Gesichtsfeldes leer erscheint. Die Beschwerden variieren allerdings von Patient zu Patient. Manchmal trifft die AMD auch nur ein Auge, während das andere über Jahre hinweg noch gut sieht.Adressen:Augenklinik Klinikum Karlsruhe GmbHDirektor: Prof. Dr. Albert J. AugustinMoltkestr. 90, 76131 KarlsruheTel.: 0721/974-2001Fax: 0721/974-2009http://klinikum-karlsruhe.de/index.php?id=augen. Hier ist ein kostenloses PDF zum Thema Makuladegeneration erhältlich.Universitätsklinikum MünsterKlinik und Poliklinik für AugenheilkundeDomagkstr. 15, 48149 MünsterTel.: 0251/83-56001Fax.: 0251/83-56003http://augenklinik.klinikum.uni-muenster.de/. Gute Infos zur AMD online.Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V.Rungestraße 1910179 BerlinTel.: 030/285387-0Fax: 030/285387-20E-Mail: [email protected] und Hilfe erhalten Blinde und Sehbehinderte, ihre Freunde und Angehörigen auch unter der bundesweiten DBSV-Rufnummer 01805/666456. Sie werden dann mit einer Beratungsstelle eines der DBSV-Landesvereine in Ihrer Nähe verbunden.