Einführung in die Mediensoziologie Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2015/16 Prof. Dr. phil. habil. Udo Thiedeke „Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen“ 1) Das Wissen der Gesellschaft 2) Das Wissen des Cyberspace 3) Zusammenfassung Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 1) Das Wissen der Gesellschaft Folie 1 Allgemein gesprochen, kann man soziologisch nicht davon ausgehen, dass gesellschaftliches Wissen einfach nur eine Menge an Informationen ist. Mir ist kalt Es regnet Tomaten sind teurer geworden Ein Hund bellt Dort steht jemand Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 1) Das Wissen der Gesellschaft Damit aus Informationen gesellschaftliches Wissen entstehen kann, also ein Wissen, auf das wir uns beziehen können und müssen, muss erst eine soziale Bewertung und Einordnung der Informationen in einen Zusammenhang von Bedeutungsverweisungen stattfinden. Deutschland wurde im Vergleich zu anderen europäischen Nationen recht spät, erst zu Ende des 19. Jhr., gegründet, was eine drastische Erhöhung des Tomatenpreises zur Folge hatte. Folie 2 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 1) Das Wissen der Gesellschaft Dass es sich um gesellschaftliches Wissen handelt, mit dem wir dann auch individuell/kognitiv umgehen können, erfahren wir also dadurch, dass unsere Erwartungen in Hinblick auf die allgemeine Bedeutung von Informationen für andere bestätigt oder enttäuscht werden. Folie 3 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 1) Das Wissen der Gesellschaft Wissen stellt soziologisch einen Verweisungszusammenhang von Unterscheidungen dar, der durch Annahme oder Ablehnung sozial und durch Bestätigung oder Enttäuschung individuell/kognitiv konfiguriert wird. Folie 4 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 1) Das Wissen der Gesellschaft Was gesellschaftlich gewusst werden kann und soll, ist somit von der gesellschaftlichen Entwicklung abhängig, in unserem Zusammenhang also von den Rahmenbedingungen, die auch für die virtualisierte Vergesellschaftung bestimmend sind. Folie 5 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Hierbei ist festzustellen, dass das, was gesellschaftlich gewusst werden soll, jetzt eine andere Form annimmt, d.h. praktisch anders erwartet werden kann. Folie 6 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Dabei haben sich die Erwartungen hinsichtlich des gesellschaftlichen Wissens bereits mit den anderen medialen Sinnhorizonten verändert. Mit dem Sinnhorizont des sozialen Gedächtnisses wird gesellschaftliches Wissen zu einem Wissen der Gemeinschaft. Folie 7a Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Dabei haben sich die Erwartungen hinsichtlich des gesellschaftlichen Wissens bereits mit den anderen medialen Sinnhorizonten verändert. Mit dem Sinnhorizont des sozialen Gedächtnisses wird gesellschaftliches Wissen zu einem Wissen der Gemeinschaft. Mit dem Sinnhorizont der Öffentlichkeit wird gesellschaftliches Wissen zu einem repräsentativen Wissen der Gesellschaft. Folie 7b Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Dabei haben sich die Erwartungen hinsichtlich des gesellschaftlichen Wissens bereits mit den anderen medialen Sinnhorizonten verändert. Mit dem Sinnhorizont des sozialen Gedächtnisses wird gesellschaftliches Wissen zu einem Wissen der Gemeinschaft. Mit dem Sinnhorizont der Öffentlichkeit wird gesellschaftliches Wissen zu einem repräsentativen Wissen der Gesellschaft. Mit dem Sinnhorizont des Cyberspace wird gesellschaftliches Wissen zu einem individuell mit anderen erzeugten Wissen sozio­technischer Netzwerke. Folie 7c Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Das Problem scheint heute aber darin zu liegen, dass das Wissen, wie wir es bisher individual- und massenmedial kommuniziert haben, nur einen Ausschnitt des Weltwissens erfasst, vor allem aber, dass es die vielfältigen Konstruktionen von Weltperspektiven nicht wiedergibt. Dazu ist sein repräsentativer Auswahlmechanismus zu selektiv und zu langsam. Es kommt hinzu, dass es zunehmend wichtig erscheint, auch individuelle und partikulare Perspektiven zu wissen, da sie gesellschaftlich wichtig und kulturell reichhaltig sein könnten. Folie 8 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Stattdessen bildet sich die Vermöglichung des Wissens etwa im Wiki­ Wissen des Internets ab. Dieses ,schnelle‘ Wissen kann individuell veröffentlicht und durch Aushandlung, kollektive Bewertung oder durch Nutzung gesellschaftlich wirksam werden. Es entsteht kein verbindlicher Kanon des Wissens, sondern ein Wissen, das nach Interessens­ und Meinungsballungen geordnet ist (Folksonomy, Tagging). Folie 9 Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Stefan Iske und Winfried Marotzki (2010) haben zum Wissen im Cyberspace daher folgende Charakteristika herausgearbeitet: Das Wissen im Cyberspace ist ein Netzwerk individueller reflexiver Verweise. Folie 10a Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Stefan Iske und Winfried Marotzki haben zum Wissen im Cyberspace daher folgende Charakteristika herausgearbeitet: Das Wissen im Cyberspace ist ein Netzwerk individueller reflexiver Verweise. Das Wissen im Cyberspace ist interaktiv erzeugt und potentiell unabgeschlossen. Folie 10b Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 2) Das Wissen im Cyberspace Stefan Iske und Winfried Marotzki haben zum Wissen im Cyberspace daher folgende Charakteristika herausgearbeitet: Das Wissen im Cyberspace ist ein Netzwerk individueller reflexiver Verweise. Das Wissen im Cyberspace ist interaktiv erzeugt und potentiell unabgeschlossen. Das Wissen im Cyberspace ist Ausdruck einer kollaborativen Alltagspraxis. [Stefan Iske, Winfried Marotzki, 2010: Wikis: Reflexivität, Prozessualität und Partizipation, in: Ben Bachmaier (Hrsg.): Medienbildung in neuen Kulturräumen. Die deutschsprachige und britische Duiskussion. Wiesbaden. S. 141-152] Folie 10c Einführung in die Mediensoziologie Virtualisierte Vergesellschaftung II: Wissen 3) Zusammenfassung Zusammenfassung - Virtualisierung erfasst auch die Sinndimension der sachlichen Erwartungen, etwa in Hinblick auf das gesellschaftliche Wissen. ­ Wissen stellt dabei nicht eine Menge an Informationen dar, sondern einen Verweisungszusammenhang von Unterscheidungen, der durch Annahme oder Ablehnung sozial und durch Bestätigung oder Enttäuschung individuell/kognitiv konfiguriert wird. ­ Gesellschaftliches Wissen, seine Erzeugung und Anwendung wird somit von den Erwartungsmöglichkeiten des Sinnhorizonts beeinflusst, unter dem es entsteht. ­ Mit dem Sinnhorizont des sozialen Gedächtnisses wird gesellschaftliches Wissen zu einem Wissen der Gemeinschaft. ­ Mit dem Sinnhorizont der Öffentlichkeit wird gesellschaftliches Wissen zu einem repräsentativen Wissen der Gesellschaft. ­ Mit dem Sinnhorizont des Cyberspace wird gesellschaftliches Wissen zu einem individuell mit anderen erzeugten Wissen sozio­technischer Netzwerke. 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