Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit

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Kognitive Entwicklung u.
Störungen im
emotionalen und sozialen
Verhalten
Andrea M. Beetz
Dipl.-Psych., Dr. phil.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Literatur
• Goswami. U. (1998, 2001). So denken Kinder. Einführung in
die Psychologie der kognitiven Entwicklung. Hans-HuberVerlag.
• Neubauer & Stern (2009). Lernen macht intelligent.
Goldmann.
• Thomas, R. M. & Feldmann, B. (1979, 1996, 2002). Die
Entwicklung des Kindes. Beltz.
• Pauen, S. (2007). Was Babys denken. Eine Geschichte des
ersten Lebensjahres. C. H. Beck.
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Literatur
• Diamond, A. & Lee, K. (2011). Interventions shown to aid
executive function development in children 4 to 12 years old.
Science, 333, 959-964.
• Best, J. R. (2010). Effects of physical activity on children‘s
executive function: contributions of experimental research on
aerobic exercise. Developmental Review, 30, 331-351.
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Literatur
• Essau, C. (2003). Angst bei Kindern und Jugendlichen.
Reinhardt,UTB.
• Hillenbrand, C. (2008). Einführung in die Pädagogik bei
Verhaltensstörungen
• Thurmair und Naggl (2007). Praxis der Frühförderung.
Reinhardt Verlag.
• Papousek, Schieche, Wurmser (2004). Regulationsstörungen
der frühen Kindheit. Hans Huber Verlag.
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Seminarablauf
Tag 1
Kognitive Entwicklung – Übersicht
• Elementare kognitive Prozesse
• Höhere kognitive Prozesse
• Begriffliches und kausales Denken
• Gedächtnis
• Logisches Denken
• Piaget: Theorie der Entwicklung des logischen Denkens.
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Seminarablauf
Tag 2
• Executive Functions: Exekutive Funktionen
• Verhaltensstörung und emotionale Störungen in der Übersicht
• Frühkindliche Regulationsstörungen
• Verknüpfung mit kognitiver Entwicklung
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Seminarablauf
Tag 3
• Bindung und Stressregulation/Emotionsregulation als
gemeinsamer Einflussfaktor für die kognitive und
sozioemotionale Entwicklung
• Prävention und Intervention in Bezug auf
– Bindung, Sozioemotionale Entwicklung, Kognitive Entwicklung
• Gemeinsamkeiten/wichtigste Features von Interventionen
• Tiergestützte Interventionen im pädagogischen Kontext
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Kognitive Entwicklung
Beginnt bereits im Mutterleib
• Bewegungsmuster ab SSW 15
• Bereits Lernen/Erinnern: Erkennen von Melodien,
Stimme der Mutter (s. auch Prägung Gänseküken, K.
Lorenz
• Aber keine höheren kognitiven Funktionen (logisches
Denken etc.)
• Exponentielle Wissenserweiterung im Lauf der Kindheit
(Gehirn nimmt im ersten Lebensjahr um das Doppelte
zu)
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Kognitive Entwicklung
Die Kausale Bias in der Kindheit
• WARUM? WARUM? WARUM
• Erfragen von kausal relevanten Information, um
Ereignisse in Umwelt zu erklären, vorherzusagen und zu
steuern
• Organisation des Gedächtnisses, Grundlage des
begrifflichen Denkens, Schrittmacher des logischen
Denkens (Bsp. S.19)
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Kognitive Entwicklung
Anlage-Umwelt Interaktion
• Qualitative vs. Quantitative Ansätze
• Piagets Stadientheorie (z. B. Objektpermanenz Alter ab
12 Monate; konkret-operatorisches Denken ab 6 Jahren;
Analogieschluss ab 12)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Elementare kognitive Prozesse:
• Ziel der Kognition:
Information über Umgebung und Ursache-Wirkung
zu gewinnen
Kontrolle
• Grundlagen:
– Lernen
– Gedächtnis
– Aufmerksamkeit
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Gedächtnis und Lernen
- Bereits Erinnerung an Stimme der Mutter im Mutterleib
- 12 Stunden alte Babies, Saugen an Schnuller gemessen, Stimme
von Fremder/Mutter als Belohnung (für weniger/mehr Saugen) –
auch Umkehrung (rule reversal) recht rasch erlernt (DeCaspar &
Fifer)
- Rule Reversal: stärkster Test für kognitive Prozesse bei Tieren
- 1 Tag alte Babies sind besser als Goldfische !!! 
- Erinnerung an Geschichten im Mutterleib (unterschiedliche
Geschichten, auch bei fremder Stimme (DeCaspar& Spence 1986)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Gedächtnis für Gegenstände
• Babies, 3/7 Wochen alt; blaue Kreuze, rote Dreiecke
Form, Farbe, Größe des zuvor trainierten Stimulus wurden
erinnert (Bushnell et al 1984)
• Gegenstände verschiedener Kategorien (Formen, Gesichter) –
längere Blickdauer zeigt das Erkennen von „neu“ an (Cornell 1979),
5-6 Monate alt
Neues wird immer bevorzugt
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Gedächtnis für Ereignisse
• 2 ½ Jährige erinnern Ereignisse als sie 6 Monate alt waren ( Perris
et al 1990)
• Rasselnde Vogelpuppe im Labor mit 6 Monaten (Kontrollgruppe
nicht) – mit 2 ½ verschiedene Spielzeuge und Fragen zur
Vogelpuppe, Spiel
• Kaum explizite Erinnerung, aber implizit griffen sie häufiger nach der
Vogelpuppe (Kontrollgruppe nicht)
• Auch: Greifen nach Vogelpuppe im Dunkeln; die das vorher
gemacht hatten, hatten weniger Angst im Dunkeln als die Kontrollen
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Gedächtnis für Ursache-Wirkung-Zusammenhänge
• Aktivierung eines Mobiles über Bett, durch Band am Fuß
(Registrierung von Tretbewegung später, wenn wieder in Bett mit
Mobile (Rovee-Collier)
• Erinnerung für 2-8 Tage (Reagieren z. B. nicht auf neue Mobiles)
• Je älter, desto länger hält die Erinnerung
• Umgebungseinflüsse (Nestchen-Farbe) werden wichtiger je länger die
Erinnerung zurückliegt (retrieval cues) – z. B. auch durch Zeigen des
Mobiles ohne Gelegenheit zu treten.
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Verzögerte Nachahmung
• z. B. Zusammensetzen eines Schaukelpferds, Knopf in Dose
stecken (Mandler & McDonough 1995)
• 11 Monate alte Babies
• Nach 24 Stunden noch gut
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
• Untersuchung über Erwartungen visueller Ereignisse (notwendig
um die Flut von Informationen zu organisieren und zu kontrollieren)
• Links und rechtsseitige Vorgabe von Bildern, ab 3 Monaten
Kontrolle und Erwartungen messbar
• Reagieren auf Ankündigungsreize (Aufmerksamkeit)
Visuelle Präferenz und Habituation
• Habituationsparadigma (verminderte Blickdauer bei bekanntem
Reiz) - Dishabituation bei neuem Reiz
• Rudimentäre Kategorisierung (Habituation gilt auch für ähnliche
Reize, dh. Ähnlicher Kreis vs. Kreuz)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Intermodale Wahrnehmung
• Visuelle und taktile, bzw. auditive Information verbinden können
• Meltzoff & Borton (1979): 2 Schnuller mit unterschiedlicher
Oberflächenstruktur; zuerst in Mund zum Befühlen, dann Bilder von
den verschiedenen Schnullern – längerer Blick zum gefühlten
Schnuller
• Film von 2 Episoden die Geräusche machen; wenn Geräusch
eingespielt, schauen Babies (4 Monate alt) eher zu dem Stummfilm
der zum Geräusch paßte
• Filme zum Vorlesen von Kinderreimen – wenn Synchronisation off,
dann wurden die Babies unruhig (Dodd 1979)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Nachahmung
• Babies können Mimik und Gestik Erwachsener
nachahmen (bereits mit 1 Stunde) (Meltzoff & Moore) –
– Baby sitzt im Dunkeln, auf Bildschirm wird Bild eines
Erwachsenengesichts (Zunge raus oder ä) gezeigt
– Babies werden gefilmt, wird „blind“ ausgewertet
– Imitation der gezeigten Gesichtsausdrücke häufiger
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Zusammenhang von frühen kognitiven Maßen und
späterer Intelligenz
• Habituationsgeschwindigkeit (e.g. Fagan 1984)
•
schnelle Verarbeitungsgeschwindigkeit – höhere Intelligenz
später; ABER, zu kurze Aufmerksamkeit/schnelles Springen –
ADS?!
• Metaanalyse (Bornstein & Sigman 1986): Aufmerksamkeit und
Intelligenz: Alter 5 Jahre (r=.48), Alter 6 Jahre (r=.56)
• Sigman et al (1986): r=-.36 Gesamtbetrachungsdauer – HAVIK
(Alter 8), analoges Schlussfolgern (Alter 12).
• Visuelles Wiedererkennen
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Zusammenhang von frühen kognitiven Maßen und
späterer Intelligenz
• Visuelles Wiedererkennen
– Zusammenhang von Neuigkeitspräferenz (nicht
Wiedererkennen) mit PPVT (Peabody Picture Vocabulary Test,
IQ) (Fagan 1984)
– Sagt IQ mit 11 Jahren am besten voraus (Rose & Feldman
1995), auch Test für Verarbeitungsgeschwindigkeit
– McCall & Carriger (1993; Metaanalyse): Wichtiger als
Habituation und visuelles Wiedererkennen (r=.45) ist die
Hemmung von Reaktionen auf bereits gesehene Stimuli
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
• Repräsentation des Wissens als Voraussetzung für höhere
(schlussfolgernde u. problemlösende) Prozesse:
– Kategorisierung, Prototypen, äußere Struktur von Dingen
• Habituationsexperiment (Cohen & Caputo 1978)
7 Monate alte babies; 1 Gruppe sah immer das gleiche
Stofftier, gruppe 2 immer ein anderes Stofftier je Durchgang, 3. Gruppe
unzusammenhängende Objekte
- Test: neues Stofftier und Rassel werden präsentiert: Gruppe 1 bei
beiden Dishabituation; Gruppe 2 Dishabituation nur bei Rassel, Gruppe
3 bei weder noch
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
• Wissen um korrelative Zusammenhänge (z. B. Tierzeichnungen)
(anstatt nur einzelnes Merkmal) (Younger & Cohen 1983)
• Vom Prototyp ausgehend – generalisierte Repräsentation –
Begriffliche Repräsentation
• z. B. Tierzeichnungen (Younger & Cohen 1983)
– 5 Merkmale: Körperform, Schwanz, Füße, Ohren, Beine (je 3 Varianten)
– Tiere unterschieden sich in 3 Merkmalen, aber immer 2 gemeinsame Merkmale
(lange Beine und kurzer Hals)
– Testphase: 3 Tiere, 1 das ins Schema paßt, 1 das gegen die Regel verstieß und
1 mit völlig neuen Merkmalen
– Dishabituation auf Tier 2 und 3 (d.h. es wurde eine Kategorie lange Beine &
kurzer Hals gebildet)
– 11 Monate alte Babies
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
• Regelhaftigkeit von Ereignissen erkennen
• Räumlich (über/unter)
• Z. B. Stoßen, schubsen
• Test über Verletzungen von Regelhaftigkeiten
• Test räumlicher Relationen
Quinn (1994): Balken mit Punkt an 4 verschiedenen Positionen über
oder unter dem Balken in der Habituationsphase
Test: erst regelhafter Punkt, aber neue Position; dann auf falscher
Seite – visuelle Präferenz für diese
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Test räumlicher Relationen
Baillargeon (1987). Großer Hase hinter niedriger Wand (Babies 5
Monate)
- Habituation: kleiner oder mittlerer Hase gehen hinter hoher Wand
und kommen auf anderer Seite raus (dazwischen nicht zu sehen)
-
-
Testphase (Wand mit Einkerbung in Mitte):
Kleiner Hase geht hinter Wand, ohne dass man ihn sieht (keine
Dishabituation), der große nicht – man sieht ihn aber dennoch nicht
(Dishabituation der Kinder)
Geht auch schon bei 3 1/3 Monaten
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Erinnerung (Baillargeon 1988)
- Auftauchen von Objekten an „unmöglichen“ Stellen (da wo sie nicht
verschwunden/verdeckt worden waren
-
D.h. kognitive Repräsentation des interessanten Gegenstands (über
70 sek bei 8 Monate alten Babies)
Räumliches Lernen – Antizipation (McKenzie et al (1984)
- Anzeigen eines zukünftigen Ereignisses über weißen Ball
Verdeckungsrelation (Baillargeon ) (Objektpermanenz)
- S. 67 Dishabitiation für unmögliche Ereignisse, Zugbrückenparadigma
(unterschiedliche Materialien auch)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Repräsentation quantitativer Relationen
Cooper (1984)
- 2 Reihen von farbigen Quadraten, auf einer seite immer mehr als
auf der anderen (Habituation)
- Test: gleich viele oder mehr auf der anderen Seite (10 Monate alt
reagiert nur auf =, 14 Monate alt auch auf <)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Kausale Relationen
• Experimente : Kollisionen als Ursache-Wirkungs-Relation
• Leslie & Keeble (1987): launching events (ein Objekt versetzt ein
anderes in Bewegung)
• Oder physikalische Gesetze (Kasten fällt von Tisch): 5 Monate alte
Babies erwarten dass sobald etwas überragt, es fällt, ältere, dass es
erst ab 50% fällt
• Kontaktereignis (launching) oder nicht: Unterscheidung bei
Menschen und Dingen (bei Menschen überrascht selbständige
Bewegung hinter Wand hervor nicht)
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Verständnis von Intention einer Person (Meltzoff 1995)
• Gruppe1: Beobachtung von einer Person, die erfolgreich Kette in
Zylinder fädelt, Schlaufe an Nagel hängt
• Gruppe 2: Beobachtung wie Person dies versucht, aber scheitert
• Bei Gelegenheit zur Imitation können beide Gruppen gleichgut
imitieren; ohne vorherige Videos, nicht
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Kausales begriffliches Wissen:
Voraussetzungen:
Objektmechanik und psychologische Theorie (theory
of mind)
- Entwickeln sich ab dem 4. Lebensmonat
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Schlussfolgerndes Denken und Problemlösen
Der Bär im Becher:
Bär, der unter Plastikbecher saß, wird aus leeren Spielzeugkäfig
herausgeholt
Habituation: Becher und Käfig, oder Bär (mal links mal rechts)
Test: möglich: Bär in Käfig, hinter Trennwand wird erst Käfig und dann
Bär hervorgeholt
Unmöglich: Bär verdeckt, Käfig leer; aber hinter Trennwand werden
Käfig und Bär hervorgeholt
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Höhere kognitive Prozesse
Lernen
- Testung über Wiedererkennen oder Wiedergabe
Lernen durch Imitation
- Analogien
Chen et al (1990): analoges Lernen bei 10 Monate alten Babies:
- An interessantes Spielzeug gelangen das ausserhalb der
Reichweite ist – verschiedenen Objekte als Mittel
- Box als Barriere, 2 Stoffstücke auf deren Ende je eine Schnur lag,
an einer daran Objekt befestigt: Analogie auf andere Objekte, kisten,
Schnüre
- 10-13 Monate: weniger selbst, erst nach Vorführung durch Eltern: 10
Monate nur wenn viel Gleichheit
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Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit
Was Babies nicht können:
• Lassen sich durcheinander bringen (cognitive confusion)
• Nervensystem noch nicht ausgereift (v.a. frontaler Kortex)
• Suchfehler beim Greifen (Piaget: A-nicht-B-Fehler) mit 9
Monaten
• Verstecken von Objekt an einer von mehreren Stellen (A, B)
versteckt: Kind findet es unter A; wenn es aber dann vor seinen
Augen unter B versteckt wird, sucht das Kind dennoch unter A (nur
bei Verzögerung bis zum Greifen)
• Wohl weil präfrontaler Kortext nicht ausgereift (Neigung zur
Perseveration) - Regeländerungen werden nicht umgesetzt
• Je älter desto längere Verzögerung bis zum Greifen resultieren in
richtiger Antwort (gilt auch für zielgerichtetes Krabbeln)
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Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken
Übergeordnete, untergeordnete, basale Kategorien
(Möbel)
(spezieller Stuhl)
(äußere Struktur)
• Zuordnung eines Gegenstandes zu einer Kategorie erlaubt uns
Wissen über das Ding, das man von außen eigentlich nicht sehen
kann
• Gemeinsames Auftreten verschiedener Merkmale (Federn-Flügel)
• Basale Ebene der Kategorisierung – höchster psychologischer
Nutzen
• Prototypen – Vertreter der basalen Ebene einer Kategorie
• Babies: perzeptuelle Zuordnung – ältere Kinder: konzeptuelle
Zuordnung
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Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken
Maß für Kategorisierung: sequenzielles Berühren
-
Gegenstände einer Kategorie werden häufig nacheinander berührt
Mandler & Bauer (1988):
Basale Kategorie: Hunde vs. Katzen; übergeordnet: Tiere vs. Fahrzeuge
- Kinder im Alter von 12, 15, 20 Monaten
- Jüngere Kinder gruppieren nach basaler Ebene, ältere auch
kontextuell (Gegenstände aus der Küche, Bad)
- Ab 19 Monaten Zuordnungen (matching- to-sample) auf basaler und
übergeordneter Ebene möglich
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Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken
Maß für Kategorisierung: sequenzielles Berühren
Kinder von 7-11 Monaten können zwar auf basaler Ebene Hundefiguren
nicht von Fischen unterscheiden (durch Objektuntersuchung), aber Tiere
von Fahrzeugen – übergeordnete Ebene ist wichtiger (Mandler &
McDonough 1993)
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Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken
Die Rolle der Sprache
-
Neue Substantive werden oft als übergeordnete Kategorien
verstanden, Adjektive oft als basale
-
Waxman: Japanische Puppe mit Vorlieben, wenn Dinge mit Adjektiv
(mag nur Dinge die sukish sind) vorgegeben werden, dann eher
Zuordnung auf basaler Kategorie (Hunderassen zu Hund), als wenn
Substantiv vorgegeben wurde „mag nur Sukas“
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Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken
Unterscheidung von Bewegung von Gegenständen und
Lebewesen
-
-
-
Lichtpunkt-filme von natürlicher oder mechanischer Bewegung
Schon mit 5 Monaten (wohl auch früher) (aber nur wenn in aufrechter
Position gegangen wird)
Unterscheidung nach selbstgenerierter Bewegung (Statuen,
Gegenstände vs. Menschen und Tiere)
Gemeinsame Struktureigenschaften (innere Beschaffenheit, wie Herz,
Blutkreislauf, oder bei Gegenständen Material)
Bei 3-4 Jährigen gut ausgeprägt
Unterscheidung nach Wachstum (Tierbabies, neue Gegenstände,
älteren Versionen zuordnen, 3-5 Jährige können das, aber 3 Jährige
lassen sich mehr von Größe durch Wachstum verleiten
Unterscheidung nach Vererbung/Veränderung nur bei Objekten (dinge
annähen etc.) bei älteren Kindern (Tiger wird nicht Löwe)
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Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken
Repräsentation nach typischen vs. definierenden
Merkmalen
- Bsp. eine nette und fröhliche Frau gibt euch allen die Hand, schraubt
euren Klodeckel ab, nimmt ihn mit und bringt ihn nie wieder. Könnte das
eine Diebin sein?
- Für kleinere Kinder sind eher die typischen Merkmale wichtig, für ältere
die definierenden Merkmale
Repräsentation nach Essenzen (Medin) und naive Theorien
- Menschen handeln als hätten Dinge eine Essenz die sie zu dem
macht, was sie sind – kausale Zwangsläufigkeiten (z. B. Vögel: leicht,
Federn, Flügel, fliegen) – v.a. bei natürlichen Arten
Frage nach Begriffswandel – Welt wird an Nahtstellen
auseinandergenommen
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Unterscheidung von naiver Physik und naiver Psychologie (theory
of mind) – zwei grundlegende Wissensbereiche, die sich deutlich
unterscheiden
Mit 3 Jahren Wissen über:
- Transformation von Gegenständen (Tasse, Scherben) – Theorie über
Verursacher (eher Hammer als Schere)
-
-
Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen (Gelman et al)
Z. B. Abfolge 3 Bilder: Gegenstand – Verursacher - veränderter
Gegenstand (Zitrone – Messer – zwei Zitronenhälften) – Auswahl des
Ergebnisses aus mehreren Alternativen
92% der Dreijährigen und 100% der Vierjähren wählen korrekten
Verursacher (Transformation in andere Richtung, geringere %
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Reversibilität kausaler Transformation
- wenn 3er Bildsequenz von links nach rechts gelesen – Verursacher
heraussuchen – (Tasse – Hammer – Scherben)
- Nächste Aufgabe, wenn von rechts nach links (Scherben - ? – Tasse):
Klebstoff
- 3-Jährige nur zu 50% korrekt, Vierjährige 75%
- Jüngere befolgen die umgekehrte Reihenfolge nicht gut und kausale
Schlussfolgerungen funktionieren noch nicht (eher Assoziatives
Lernen durch vorherige Sequenz) (Gupta & Bryant)
- Bei Videoaufnahmen anstatt Bildern (Blue 1995), wählen auch 82%
der Dreijährigen richtig
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien
A verursacht B:
-
A ist vor oder zeitgleich mit B, nicht später – Prioritätsprinzip
-
Kovariationsprinzip (symmetrische Kovariation)
-
Zeitliche Kontiguität (zeitlich-räumliche Nähe)
-
Ähnlichkeitsprinzip (mechanischer Effekt auf mechanische
Ursache)
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien
• Priorität:
Ursache- Wirkungs-Zusammenhang ab ca 3 Jahren (Teufel in Kiste,
Murmel vorher /oder nachher), (Bullock & Gelman 1979) (75% der 3Jährigen, 88% Vierjährige, 100% Fünfjährige)
Kovariation:
• Apparat mit 2 Hebel zum Lichtanschalten: verschiedene Variationen
von Hebeldrücken – Kinder ab 3 schlussfolgern richtig, welcher Hebel
verursacht (Shultz & Mendelson 1975)
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien
• Zeitliche Kontiguität
Kiste, teils grün, teils orange mit jeweils einem Loch; 2. Kiste mit Rohr
verbunden; Murmel in grün – 5 sec später Glocke in Kiste 2; in orange
passiert nichts; Test: Murmel in Grün, dann 4 sek später in orange, 1 sek
später Glocke – Kinder erkennen die Kovariation eher an, als die direkte
zeitliche Kontiguität (Mendelson & Shultz 1974).
Wenn aber Kiste in Kiste, dann eher räumliche Kontiguität auch wenn
kein Ton kommt wenn man nur Murmel ins Orange wirft (Alter 5-7)
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien
• Ähnlichkeitsprinzip
Kiste mit schwerem und einem leichten Hebel – lautes und leises feines
Klingelgeräusch – eher Zuschreibung des leichten zum kleinen Hebel
Kausalketten
Dreigliedrige Kausalketten: A zieht B nach sich, B zieht C nach sich
Shultz et al (1982): 3-Jährige(69%) -5-Jährige (86%): Y-Bahn mit
vermittelnden Bällen verschiedener Größen (p.184)
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien
• Suchaufgaben
– Z. B. wo habe ich meine Kamera im Zoo verloren (hatte noch die
Bären fotografiert, aber nicht mehr die Affen, und shcon ins. 8
Tierarten gesehen)
– Wellman et al: wenn etwas auf Spielplatz verloren, und man erst
bestimmte Spielgeräte benutzt hat, suchen Kinder im
richtigen/relevanten Bereich – anders wenn man etwas verloren
hat wenn man alles schon auf Platz durchhat, dann wird gesamter
Bereich abgesucht
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien
Wissenschaftliches Denken:
- mit 4 Jahren können Kinder kausal denken
- Anders beim Ausschliessen von bestimmten Variablen (akzeptieren
Faktoren, die nur einen Teil des Effekts erklären können, Sodian et al
1991)
- vor dem Alter von 12/13 verstehen Kinder wenig davon wie
Hypothesen kausal belegt oder widerlegt werden können
- Jüngere Kinder machen Inklusionsfehler (Kuhn et al 1988): auch wenn
nur gelegentliche Kovarianz von Faktoren, wird kausale Relevanz
zugeschrieben (sogar etwas häufiger bei 14 Jährigen als bei 11
Jährigen)
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Integration kausaler Information über verschiedene physikalische
Dimensionen
-
Bsp. langt die Mittagspause um etwas auf der Post zu erledigen (viele
Faktoren zu berücksichtigen)
2 Dimensionen: Hebel-Waage-Test (Prinzip Wippe): welche Seite wird
sich senken…(Gewichte unterschiedlich weit vom Drehpunkt)
(Siegler 1978): Gewichtaufgaben, Distanzaufgaben, Gewicht-DistanzKonfliktaufgaben; Kinder die beide Faktoren gleichzeitig
berücksichtigen sind entwicklungsmäßig anderen voraus
Bei drei Dimensionen (Zeit, Raum, Geschwindigkeit) haben auch viele
Erwachsene Probleme
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Kognitive Entwicklung – Kausales Denken
Intuitive Physik:
-
Beginnt bereits in der Wiege
Bsp. Flugbahn von Geschossen (C-Rohr Aufgabe p 209) – die meisten
Personen irren sich in der Flugbahn
Der Unterschied zwischen Wissen und Handeln
- Unterschied zwischen Handlungsaufgaben und rein
Beurteilungsaufgaben ?
- Explizite Urteile eher naiv/falsch als handlungsbezogene Urteile
- (Krist, Fieberg & Wilkening 1993) – nur Erwachsene schneiden bei
reinen Beurteilungsaufgaben gut ab
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
-
-
Menschen haben wenig Erinnerungen an das Alter unter 3 Jahren:
infantile Amnesie (keine Skripts für den Gedächtnisabruf)
Aber lernen funktioniert trotzdem – eher implizit als explizit abrufbar
Gedächtnis/Erinnern ist eine Konstruktion der Wirklichkeit (subjektiv
gefärbt)
Semantisches Gedächtnis, Wiedererkennungsgedächtnis,
Arbeitsgedächtnis, prozedurales G., implizites G., episodisches G
Symbolische Repräsentation (DeLoache 1987, 1991): Groß-Snoopy
und Klein-Snoopy verstecken sich; 3 Jährige suchen an der
entsprechenden Stelle, 2 ½ Jährige nicht
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
Verschiedene Gedächtnissysteme
- Wiedererkennen von Bildern/Dingen bereits bei Säuglingen;
Unterschiede hierbei sagen spätere Intelligenz voraus (Habituation)
- Implizites Gedächtnis
perzeptuelles Lernen (Carroll, Byrne & Kirsner 1985)
Bilder; sagen ob eines mit Kreuz versehen, oder etwas Tragbares
darstellt; dann Wiedererkennensaufgabe
Eine Gruppe Benennung der Bilder (neu oder alt, Reaktionszeit, implizit),
eine Gruppe ob schon gesehen oder nicht (explizit). Nur explizites
Erinnern ist von Verarbeitungstiefe (was Tragbares – also Sinngehalt)
abhängig, nicht aber das implizite, welches sich nicht mit dem Alter
weiterentwickelt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
Gedächtnis für Gesichter – implizit
- Ellis, Ellis & Hosie (1993): Bilder von Klassenkameraden (Alter 5,8, 11)
und Unbekannten – angeben ob Mädchen/Junge und ob lächelt
(Primingphase). Dann 2. Durchgang mit neuen Klassenkameraden
und Fremden reingemischt. Die vorher geprimeten wurden schneller
erkannt (implizites Gedächtnis) – Effekt stärker bei den jüngeren
Kindern
Episodisches Gedächtnis
Bewußt , auch bei kleinen Kindern gut ausgeprägt (Abläufe)
Entwicklung von Skripten (Baden, Einkaufen, etc.)
Auch kleine Kinder können sich gut an ungewöhnliche und neuartige
Ereignisse erinnern (mit 4 Jahren erinnern was 1 ½ Jahre vorher war,
Haustier gestorben, etc.)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
Elterlicher Interaktionsstil und episodisches Gedächtnis
- Eltern stellen Fragen über gemeinsam erlebte Dinge – helfen der
temporalen Einordnung
- Je mehr (mit mehr Struktur und Aufmerksamkeit was das Kind spontan
erinnert) , desto besser das kindliche Episodische Gedächtnis
- Relevant wegen Augenzeugenberichten (Kindesmisbrauch etc.) –
diese können wenn etwas ungewöhnliches passiert, sehr genau sein;
ABER, keine Suggestivfragen, dafür sind Kinder anfälliger
- Experiment von Rudy & Goodman1991): Kinder werden zu
verwahrlostem Wohnwagen gebracht, Verkleidespiel, Simon-saysSpiel (Knie von Mann berühren) etc. in Beobachter Position oder
Akteur – später dann befragt, offen und mit suggestivfragen; 83% der
Antworten von 4-Jährigen, und 93% der Antworten von 7-Jährigen
waren korrekt (auch bei Suggestiv)
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Entwicklung des Gedächtnisses
Arbeitsgedächtnis
-
Zentrale Exekutive (steuernde Instanz)
Visuell-räumlicher Skizzenblock
Phonologische Schleife (ca 2. Sek wenn nicht subvokales
Nachsprechen dazukommt)
Vor Alter 5 eher visuell, dann auch phonologisch (s. auch Piaget)
s. memoryspiel, mit gleichklingenden Bezeichnungen oder unterschiedlich
klingenden; vor dem Alter von 5 können beide gleichgut gemerkt werden,
später nur die die auch unterschiedlich klingen besser (Conrad 1971)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
Arbeitsgedächtnis
Phonologische Schleife;
Bsp. je länger Bezeichnungen für Zahlen sind, desto weniger Zahlen
können sich Kinder merken (Walisisch lang, chinesisch kurz –
chinesische Kindern können sich mehr Zahlen im Arbeitsgedächtnis
merken, sind aber deswegen nicht schlauer ;-)
(Chen & Stevenson 1988) – Problem bei Intelligenztests!!!!
Sprechtempo – je höher desto mehr kann erinnert werden
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
Arbeitsgedächtnis
Exekutive Prozesse:
- Koordiniert den Austausch von Informationen, phonologische Schleife
und den visuellen Skizzenblock
- Frontaler Kortex (z. B. Wechsel von Regeln bei Sortieren)
-
Kinder mit exekutivem Defizit (wie Frontalhirngeschädigte, z. B.
Phineas Gage) können nicht gut Regeln wechseln
Bsp. rotes oder blaues Dreieck oder Quadrat – erst nach Form
sortieren (Formspiel), dann nach Farbe (Fehler beim Übergang zeigen
Exekutivfunktion an ) Frye, Zelazo & Palfai 1995) – 3-4Jährige tun sich
schwer, ab dem Alter von 5 ok
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklung des Gedächtnisses
Arbeitsgedächtnis
Exekutive Prozesse:
- Frye, Zelazo & Palfai 1995) – 3-4Jährige tun sich schwer, ab dem Alter
von 5 ok
- Obwohl sich die jüngeren Kinder der Regel durchaus bewußt sind,
setzen sie es nicht in die Handlung um
Dempster (1991): intelligentes Verhalten ist vor allem durch inhibitorische
Prozesse im frontalen Kortex (z. B. Hemmung des Handlungsimpulses
nach alter Strategie zu sortieren) geleitet
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Mnemotechnik, Metagedächtnis
und kognitive Entwicklung
Metagedächtnis und Mnemotechnik: Wissen wie man Gedächtnis am
besten für Speicherung und Abruf nutzen kann
Gedächtnisstrategien
Rehearsal-Strategien (leise Vorsagen) zur Erinnerungsunterstützung
(Helm mit Visier-Versuch; Flavell, Beach & Chinsky 1966). Bei 5-Jährigen
nur zu 10%, bei 7 Jährigen zu 60%, bei 10 Jährigen 85% die sich die
Gegenstände vorsagten.
Organisationsstrategien
7-Jährige ordnen Gegenstände für die Erinnerung nicht in Kategorien,
während 10-Jährige (ca 50%) das gut können. (Clustering) (Schneider
1986). 10-Jährige erkennen auch den Wert von retrieval-cues
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Mnemotechnik, Metagedächtnis
und kognitive Entwicklung
Metagedächtnis – Wissen über das Gedächtnis
-
Wie gut kann ich erinnern, was fällt mir/anderen schwer, was leicht,
was kann ich mir mit welcher Technik besser merken
-
Wissen über Gedächtnis ab ca 9 Jahren
-
Self-monitoring und Selbstregulierung (Gedächtnis planen, steuern
und zu bewerten)
Dufresne & Kobasigawa (1989): leicht und schwer zu merkende
Bildpaare merken bei verschiedenen Altersstufen - Beobachtung wie
die Kinder sich die Lernzeit aufteilten; 6-8 Jährige unterscheiden nicht
nach leicht oder schwer, 10-12 Jährige mehr Zeit mit den schwierigen
Wortpaaren
-
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Mnemotechnik, Metagedächtnis
und kognitive Entwicklung
Metagedächtnis – Wissen über das Gedächtnis
-
Wie gut kann ich erinnern, was fällt mir/anderen schwer, was leicht,
was kann ich mir mit welcher Technik besser merken
-
Wissen über Gedächtnis ab ca 9 Jahren
-
Self-monitoring und Selbstregulierung (Gedächtnis planen, steuern
und zu bewerten)
Dufresne & Kobasigawa (1989): leicht und schwer zu merkende
Bildpaare merken bei verschiedenen Altersstufen - Beobachtung wie
die Kinder sich die Lernzeit aufteilten; 6-8 Jährige unterscheiden nicht
nach leicht oder schwer, 10-12 Jährige mehr Zeit mit den schwierigen
Wortpaaren
-
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Mnemotechnik, Metagedächtnis
und kognitive Entwicklung
-
-
-
Kinder mit besserer Exekutive und Metagedächtnis sind tatsächlich
besser bei Erinnerungsaufgaben und auch in Intelligenztests (Kurtz &
Weinert 1989)
Qualität der Wissensbasis, Differenziertheit der Prozesse mit denen
die Basis genutzt wird, und bewußtes eigenes Wissen um die
Möglichkeiten wie das Wissen zu nutzen ist – Faktoren der kognitiven
Entwicklung
Neulinge und Experten (Kinder werden schnell bei Themen z. B.
Dinos, Experten) – Expertentum korreliert mit Struktur und
Organisation des Wissens auf diesem Gebiet; Expertentum sagt
Erinnerungsleistung besser voraus als Intelligenz, auf dem
Expertengebiet
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Deduktives Denken/Analoges Schließen
- Bereits ab dem Alter von 2 Jahren, wenn kindgerechtes Material
verwendet wird
- Denken in Analogien – frühere Ereignisse werden herangezogen um
über neue Ereignisse Schlüsse ziehen zu können, nach einem
Vergleich
-
Erst das finden von Übereinstimmungen – relationales Mapping
(z. B. Oberflächenähnlichkeiten, Kletten und Klettverschluss)
Item-analogieaufgaben (Vogel:Nest = Hund:??Hütte)
(schon ab dem Alter von 3/4 Jahren (Goswami & Brown 1989)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Problemanalogie-Aufgaben (man zeigt wie man Problem A löst, an
Spielzeug kommen, und Kinder übertragen es auf Problem B, bereits sehr
früh) – Voraussetzung ist, dass die Kinder merken, dass eine Analogie
vorliegt
Deduktive Logik und deduktives Schließen
Syllogismen:
Alle Katzen bellen.
Rex ist eine Katze
Bellt Rex??? (Ja, nach der Deduktionsregel) (Dias & Harris 1988)
Bereits 4 Jährige können solche Schlüsse ziehen (wenn es im Spiel
präsentiert wird)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Transivität
Transitive Relationen zwischen Objekten, die in eine Rangfolge gebracht
werden können (z. B Größe der Familienmitglieder, mind. 5 Elemente,
A>B>C>D>E)
„ Konrad ist größer als David, David ist größer als Evelyn = Konrad ist
größer als Evelyn“
Bryant & Trabasso (1971): 4,5,6 Jährige
5 Holzstäbe unterschiedlicher Länge und Farbe
Immer paarweise vorgelegt
Selbst 4 Jährige liegen überzufällig häufig richtig (auch bei kompliziertem
B> D vergleich), gut ab 9 Jahren, aber es kommt auf die Reihenfolge der
gezeigten Prämissen (Paare) an.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Verständnis für Invarianz (Piaget: Erhaltungsaufgabe)
Das Verständnis dass eine Menge quantitativ gleichbleibt auch wenn sie
das Aussehen verändert
-
auch dass es reversibel ist und Änderung auf einer Dimension durch
eine Änderung auf einer anderen Dimension kompensiert wird
-
Grundlage für Aneignung des Zahlenbegriffs (und Subtraktion und
Addition, ohne das verändern sich Mengen nicht)
-
Bringt Stabilität in die physikalische Umwelt
-
Versuch: 2 Gläser mit gleich viel Flüssigkeit, 2 Reihen von Perlen
ODER: nur eine Menge, die man verändert (Identitätserhaltung, Elkind
& Schoenfeld 1972 – transitive Schlussfolgerung in 3 Schritten; eher
Äquivalenz als Identitätserhaltung) – bis zum Alter von 5/6 versagen
Kinder hierbei
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Invarianz
- McGarrigle & Donaldson (1975): auch schon 4 Jährige verstehen
Invarianz, wenn man den sozialen Aspekt des befragenden
Erwachsenen reduziert
-
Wichtig: die Transformation soll beiläufig sein (Bsp. Muscheln in
Bechern vor Spiel – alle schütten solange die Muscheln hin und her bis
sie meinen alle gleichviel zu haben – ein Becher hat dann jedoch
einen Riss und die Muscheln müssen in ein größeres Gefäß: hier
haben 70% der 6-Jährigen richtig gelegen (Invarianz), während bei
gezielter Transformationsaufgabe nur 5% richtig lagen
-
Auch das 2 malige Nachfragen in der Standardtestung suggeriert
Kindern evtl. dass sie eine andere Antwort geben sollten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Invarianz: Erhaltungsaufgabe
-
Auch das 2 malige Nachfragen in der Standardtestung suggeriert
Kindern evtl. dass sie eine andere Antwort geben sollten
-
Rose & Blank (1974): Versuch mit 1x, 2x Nachfragen bei 6-Jährigen:
wenn nur einmal nachgefragt wird, schneiden die Kinder etwas
besser ab
Kann man das Verständnis für Invarianz trainieren? (Siegler
1995)
- Trainiert 5-Jährige die es nicht konnten mit 3 Methoden (feedback;
erklären müssen + feedback; feedback+erklären müssen)
- In der 3. Bedingung der stärkste Lerneffekt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Klasseninklusion (konkret-operatorisch)
• Gruppe von Items kann gleichzeitig Teil einer Oberklasse und
Unterklasse sein
• Bsp. Blumenstrauss, vier rot, 2 weiß;
• Blumenstrauss aus roten und andersfarbigen: „sind hier mehr rote
Blumen oder mehr Blumen? (unter 6 Jahren falsch)
• (es fehlt der Hinweis auf das Ganze (Kollektivbegriff) (.. . Im Strauss?)
• Markman & Seibert: Vergleich der beiden Fragen bei 5 Jährigen
• 70% (anstatt 45%) richtige Antworten wenn der Kollektivbegriff
mitgenannt wird
• auch Kollektivbegriff „alle“ führt zu besserem Ergebnis
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Logisches Denken
Klasseninklusion:
Goswami:
- 4/5 Jährige Kinder, die bei Klasseninklusion versagen. Läßt sie analog
zu Beispielen Tierfamilien, Gegenstandsfamilien bilden (große, kleine
Tiere etc.). = Analogietraining
- Dann Inklusionsaufgabe mit Kollektivbegriff: 75% der Kinder mit
Analogietraining lösen richtig, währen nur 20% der Kinder ohne
Training
Structure-Mapping-Theorie (Halford 1993):
- Begrenzte Verarbeitungskapazität vor Alter 5 verhindert komplexeres
Mapping; Faktor ist die Komplexität der Analogien, die Kinder herstellen
können – daher erst später höhere logische Funktionen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Mechanismen der kognitiven Entwicklung:
-
Biologe; Organismen passen sich der Umwelt an, auch Kinder
-
2 Prozesse: Akkomodation & Assimilation
Akkomodation: Anpassung kognitiver Schemata an die Wirklichkeit
Assimilation: Interpretation von Erfahrung anhand bestehender
Schemata
Ziel ist das kognitive Gleichgewicht
-
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Stadien der kognitiven Entwicklung
- Drei grundlegende Wandel der kog. Schemata
Auftreten der Wandel ca:
1. Sensomotorische Stadium
0-2 Jahre
2-7 Jahre: voroperatorische Periode
1. Konkrete Operationen
7-11 Jahre
2. Formale Operationen
11-12 Jahre
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Sensomotorische kogn. Prozesse:
- handlungsgestätzt, direkte physikalische interaktionen mit der Umwelt
- Später representationsgestützte Operationen, Internalisieren auf
symbolischer Ebene
-
Dann konkrete Operationen (Gruppierungen und Transitivität)
-
Formale Operationen: Verbindung konkreter Operationen –
wissenschaftliches Denken beginnt
Jede neue Phase erfordert grundlegende kognitive Umstrukturierung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Sensomotorisches Stadium
- Denken entwickelt sich aus Handeln
6 Stufen:
1) Modifikation der Reflexe (Saugreflex an Brust anpassen: Akk.)
Assimilation des Saugreflexes (auf andere Objekte)
2) Primäre Kreisreaktionen: repetitives Verhalten (primär= selbstbezogen,
z. B. Daumenlutsche)
3) Sekundäre Kreisreaktionen: Gegenstand zu Boden fallen lassen –
Aufheben lassen (Mittel-Zweck-Verhalten; z. B. ziehen an Decke
um an Spielzeug zu kommen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Sensomotorisches Stadium
-
4) Koordinierung der Kreisreaktionen: Mittel-Zweck-Verhalten; z. B.
ziehen an Decke um an Spielzeug zu kommen)
-
5) tertiäre Kreisreaktionen: Ereignisse reproduzieren können: Versuch
und Irrtum: Folgen verschiedener Handlungen lernen
-
6) Verinnerlichung von Schemata: Konsequenzen von Handlungen
absehen (ohne Versuch/Irrtum – mentale Kombination)
Kognitive Repräsentationen (rein symbolisch)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Sensomotorische Kognition in verschiedenen Bereichen
Objektpermanenz:
Objekte existieren weiter, auch wenn man sie nicht sieht
Suchverhalten nach verschwundenen Gegenständen entwickelt sich in
Stufen
1. Stuf (1.-4. Monat): kein Suchverhalten
2. Suche nach teilweise versteckten Objekten (bis 6 Monate)
3. Suche nach ganz versteckten Objekten (aber noch kein spontaner
Wechsel des Versteckortes möglich) (8-12 Monate)
4. A-Nicht-B Fehler (suchen am 1., aber falschen Ort) verschwindet;
systematisches Suchen ohne Beobachtung des Versteckens; 15-18
Monat: kognitive Repräsentation des Objekts
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Sensomotorische Kognition in verschiedenen Bereichen
Kausalität: parallel zu den 6 Stufen der sensomotorische
Entwicklung
- Ab Stufe 3 (sekundäre Kreisreaktionen): Ursache und Wirkung werden
unterschieden, aber noch kein kausaler Zsh.
- Ab Stufe 6 ca. Verstehen von Kausalität
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Neuere Forschung:
-
-
Widerspruch: Objektpermanenz bereits mit 3 Monaten
(Baillergeon 1985)
A- nicht – B Fehler: eher fehlende hemmung des spontanen
Suchverhaltens
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Voroperatorisches Stadium
2-7 Jahre
Egozentrismzus, Zentrierung auf 1 Aspekt, und fehlende Reversibilität
Konkret-operatorisches Denken
- Mehrere Aspekte gleichzeitig berücksichtigen (ABCDE)
- Erhaltung, Transitivität, Klasseninklusion
- Neuere Befunde: viel früher verfügbar (ab 4/5)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Piaget: Entwicklung des logischen Denkens
Formal-operatorisches Denken
-
-
INRC-Operationen (Identität der Relation, Negation, Reziprozität,
Correlation)
Binäre kombinatorische Relations und INRC Operation ist Merkmal
des formal-operatorischen Denkens (p,q, nicht p, nicht q; z. B. Gewicht
und Fadenlänge eines Pendels: Auswirkung auf Pendelfrequenz)
-
Teilweise bereits mit 5 oder 7, wie neuere Studien zeigen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Wie entwickelt sich das Denken
-
Bereichsspezifisch oder bereichsübergreifend
Beides
Angeboren vs. Erworben
(frühe Unterschiede in Habituieren,
novelty preference, inhibitorischen Prozessen)
-
Interaktionsstil der Eltern, anregungsreiche Umwelt
-
Kann man das schon früh trainieren?
Was macht die Frühförderung?
Kann man das später nachholen??
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Übungen online – GedächtnisKonzentration
http://www.mental-aktiv.de/mental-aktiv/Mentaltraining/Ubungen-online.php
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Quelle EF: Diamond & Lee 2011 (Science)
• EF= Dirigent eines Orchesters
• Teil davon ist auch die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses (Teil von
IQ tests)
• Impulskontrolle, Kreativität, Flexibilität, Disziplin
• Grundlage davon sind EF:
– Mit Ideen spielen
– Überlegte anstatt impulsive Antwort geben
– Konzentration und Fokus
• EF-Defizite (Menschen die andere für die Organisation brauchen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
• Wichtiger Faktor für den Schulerfolg, wichtiger als IQ
• Auch im sozialen Bereich sind EF Teil der sozialen Kompetenz (z.B.
Impulskontrolle)
• EF werden gebraucht, wenn eine Situation Konzentration und
Nachdenken erfordert
• Präfrontaler Kortex ist wichtigste Komponente
Wichtige EF
• Kognitive Flexibilität (novelty preference?, inhibition bei A-not-B
errors)
• Inhibition (Selbstkontrolle, Selbstregulation)
• Arbeitsgedächtnis
• Problemlösen, Logisches Denken, Planen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
• Um Schulreife zu unterstützen ist die Förderung von EF zentral
• Auch für späteren Erfolg im Leben, psychische und physische
Gesundheit
• Kinder, die im Alter von 3-11 schlechtere EF haben, haben
schlechtere Gesundheit, verdienen weniger, begehen mehr
Verbrechen 30 Jahre später (in Studie wurde IQ, Geschlecht,
soziale Schicht et. Kontrolliert)
• Selbst kleine Fortschritte im frühen Alter können später große
Auswirkungen haben
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Programme, die EF fördern
6 verschiedene Ansätze in den frühen Schuljahren
1. Computer-gestütztes Training
CogMed (Pearson Education, NJ)
Computerspiele die immer schwieriger in Bezug auf Arbeitsgedächtnis
werden. Verbesserungen werden auch automatisch auf andere
Aufgaben bezogen auf das Arbeitsgedächtnis übertragen.
Kinder mit und ohne ADHD oder schlechter Kapazität des
Arbeitsgedächtnisses: üblicherweise keine Generalisation auf andere
EF
!!! Ohne steigenden Schwierigkeitsgrad, keine Verbesserung der EF
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Doppelblindstudie, 4-Jährige, Cogmed:
1 Gruppe Arbeitsgedächtnis, 1 Gruppe nonverbales Schlussfolgern, !
Gruppe beides auf niedrigstem Level
Verbesserungen jeweils nur im trainierten Bereich
Inhibition kann nur wenig über Computerspiele trainiert werden (bzw.
findet kein Transfer auf andere Spiele statt (bei 4-6 Jährigen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Kombination von Computer und nicht-Computer-Spielen
7-9 Jährige: Schlussfolgern oder Verarbeitungsgeschwindigkeit als
Trainingsaufgabe:
- Hier gab es Transfer zu untrainierten Aufgaben, aber innerhalb einer
EF
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Executive Functioning
Sport (aerobic exercise)
Verbessert signifikant Funktion des präfrontalen Kortex und EF
- Übungen sollten im Schwierigkeitsgrad ansteigen
-
Bei 8-12 Jährigen verbesserte aerobes Joggen die Kog. Flexibilität
und Kreativität (EF), mehr als übliche Sportübungen in der Schule
-
Davis et al.: 7-11 Jährige, overweight: keine Aktivität oder 20 oder
40 min aerobische Gruppenspiele (Rennen, Seilspringen,
Basketball, Fußball). Nur die hohe Dosis (40 min) verbesserte EF
und Mathematik.
- Sport (2 Std /Tag) verbessert auch das Arbeitsgedächtnis
- Auch das zweihändige Üben (Koordination) verbessert EF (z. B.
Klavierspielen?)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Kampfsport und Achtsamkeit-Übungen
Traditionelle Kampfsportarten: Betonung der Selbstkontrolle, Disziplin
(Inhibition), und Charakterbildung
Traditionelles Taekwon-Do verbessert alle EF mehr als normaler
Sportunterricht (‚Konzentration, aber auch Durchhaltevermögen)
Auch Transfer zu anderen Bereichen: z. B. Kopfrechnen
Vor allem Kinder 9-12 profitieren am meisten
Inkludiert auch Achtsamkeitsübungen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Kampfsport und Achtsamkeit-Übungen
Studie mit kriminellen Jugendlichen:
Traditioneller oder moderner Kampfsport:
Nur traditioneller KS geht mit weniger aggression und Angst und
besserer Sozialkpompetenz und Selbstbewußtsein einher; die moderne
Kampsportgruppe verschlechterte sich sogar.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Meditation, Achtsamkeit, Yoga
Verbessert vor allem bei Kindern (7-9) mit schlechten EF, sonst
weniger.
(z. B. Walking meditation, walking with water in spoon etc, z. B.
Montessori Kindergarten)
Lehrpläne/schulische Interventionen
Tools of the Mind (Kindergarten, basiert auf Vygotsky)
Play exercises; EF verbessert aber nicht automatischer Transfer,
dieser muss zusätzlich unterstützt werden, übers Spiel hinaus
Gegenseitige Instruktion der Kinder untereinander, besser als LehrerInstruktionen (z. B. Montessori-Schule)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Montessori-Schule und EF
Kinder die in Montessori Schule gelost worden und solche, die nicht,
wurden verglichen.
(Alter 5 und 12 Untersuchung)
Montessori Kinder (5) besser bei: EF, Lesen, Rechnen
Später (12) waren nur EF und Kreativität besser
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Executive Functioning
Ergänzungen zum Lehrplan:
PATHS (Promoting Alternative Thinking Strategies)
v.a. Emotionskontrolle, Selbstinstruktion, Verbalisierung von Emotionen
Nach 1 Jahr bessere Inhibitorische Kontrolle und geistige Flexibilität als
Kontrollkinder (7-9).
Chicago School Readiness Project (CSRP)
Stressreduktion und Verhaltenskontrolle
Verbesserung von EF bei Kindergartenkindern (Aufmerksamkeit,
Inhibition, impulsivität)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Fazit:
• Die Kinder mit den schlechtesten Ausgangswerten profitieren
am meisten (niedriger sozioökonomischer Status,
Arbeitsgedächtnis, ADHD, Jungen)
• Frühes Training ist wichtig um Unterschiede auszugleichen
• Verbesserung meist bei den anspruchsvollsten EF
• Nur durch steigenden Schwierigkeitsgrad, also ständige
Herausforderung
• Verbesserung auch durch Lehrer (Kindergarten, Grundschule)
möglich
• Computertraining und Kampsport eher für ältere Kinder (8-12)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive Functioning
Fazit:
• Spontaner Transfer von EF-Verbesserung auf andere EF ist
eher gering
• Sport plus Achtsamkeit ist besser als Sport allein
• Musikunterricht/Erlernen eines Instruments? Noch nicht
erforscht
Erfolgsfaktoren von EF-Trainings:
-
Programme bei denen Kinder nicht lange stillsitzen müssen
-
Programme die Stress im Klassenzimmer reduzieren, die
Lernfreude fördern, ebenso wie Selbstvertrauen und soziale
Beziehungen
-
Stress, Einsamkeit und schlechte Fitness behindern die
Funktionen des präfrontalen Kortex und EF
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Executive functions and
ADHD
• Verhaltenskontrolle
• Bildliche Vorstellungskraft (Zielvorstellung) – Voraussicht
(Zeitgefühl)
• Selbstinstruktion/-gespräch
• Emotionskontrolle und Selbstmotivation
• Planen und Problemlösen (in Gedanken)
• Bei ADHD EF eingeschränkt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Störungen in der Kindheit
Kissgen (2008):
• Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Störungen
– sind persistent
– ungünstige Prognose
– hohe Kosten
• Intervention:
– Meist gerichtet auf Verhalten des Kindes
– Grund: Belastung der Eltern und Erzieher/Lehrer
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst
Erscheinungsbild
• Symptome s. sozial unsichere Kinder
• Unterscheidung: habituelles Persönlichkeitsmerkmal Ängstlichkeit vs.
aktueller Angstzustand (trait vs. state anxiety)
• Angst: eher diffus, wenig spezifisch
• Furcht: eindeutig bestimmbare Gefahr mit der Möglichkeit der
Flucht/Vermeidung
• Entwicklungstypische Ängste: Fremdeln, Trennungsangst, Dunkelangst,
Moster, Gespenster,Verletzungen, Gewitter; später schulbezogene Ängste,
Leistungsangst; gesundheitsbezogene Ängste
• Meist mehrere Ängste gleichzeitig
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst
Unterscheidung „normale“ vs. pathologische Angst
•
•
•
•
•
•
•
Angst ohne wahrnehmbare Bedrohung
Der Situation, Dauer, Intensität unangepaßt
Kann nicht von Person unter Kontrolle gebracht werden
Beeinträchtig Befindlichkeit massiv
Nachteiliges Flucht – und Vermeidungsverhalten
Chronischer Verlauf
Behinderung bei den Entwicklungsaufgaben, Probleme in Familie,
Peergroup, Schule
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst
ICD-10:
• Emotionale Störung des Kindesalter (phobische Störung, soziale
Ängstlichkeit)
• Phobische Störungen
• Sonstige Angststörungen (Panik, generalisierte Angststörung etc.)
• Zwangsstörung (Zwangsgedanken und -handlungen)
• Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (akute
Belastungsreaktion, posttraumatische Belastungsstörung)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst
Prävalenz
• 10-15% (Petermann 1999)
• Für 8-Jährige bei 9,5%; für 14-24 Jährige bei 18,6%
Verlauf und Prognose
• Früher Beginn (vor 13. Lebensjahr) : oft chronischer Verlauf
• Je höher der Schweregrad, desto stabiler
Geschlechtsspezifisch:
• Mädchen haben 2-4mal so häufig eine Angststörung (v.a. ab 15.
Lebensjahr)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst - Symptome
Fight – Flight – Reaction:
• Aktivation des sympathischen Nervensystems
• des gesamten Stoffwechsels, Muskelanspannung,
• Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol
• Suche nach der Gefahrenquelle, Aufmerksamkeit, Anspannung,
• Vermeidung (Flucht) oder Kampf (Aggression)
– Vermeidung auch: Ablenkung, Distanzierung, Beschäftigung mit
Dingen, Starren, Dissoziation; auch weinen, schreien (Essau)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst - Furcht – Phobie - Panik
Angst:
• Gefühlszustand: negative Emotion und körperliche
Anspannung
• Zukunftsorientiert: Befürchtung, etwas nicht bewältigen zu
können
• Normale Angst: natürliches Alarmzeichen, macht Körper bereit
einer Bedrohung gegenüberzutreten oder zu entfliehen
• Diffuser und weniger spezifisch als Furcht und Phobie
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst - Furcht – Phobie - Panik
Furcht
• Unmittelbare Alarmreaktion auf gegenwärtige Gefahr
• Gegenwartsbezogen, Fluchttendenzen,
Sympathikusaktivierung
• Kurzlebig
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst - Furcht – Phobie - Panik
Phobie
• Intensiver Wunsch die furchtauslösende Situation zu
vermeiden
• Ist den Erfordernissen der Situation nicht angemessen (kleine
Spinnen, etc.)
• Nicht willentlich kontrollierbar
• Fehlangepaßt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Angst - Furcht - Phobie - Panik
Panik
• plötzliche,
• überwältigende,
• intensive Furcht
• mit körperlichen Symptomen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Kinder-Zwänge
• Zwangsähnliches Verhalten in der Kindheit häufig
• V.a. im Alter von 2-4
• Teil der normalen Entwicklung
• Dinge richtig machen
• wiederholungsorientiertes Verhalten
• Rituale
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Kulturelle Unterschiede
• Internalisierende/Externalisierende Störungen kulturabhängig
• Z. B. (Weisz et al. 1987) in Thailand mehr internalisierende
Störungen, mit körperlicher Symptomatik
• In USA mehr externalisierende Probleme
• In Thailand mehr Wert auf Respekt und Zurückhaltung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Anormale Angst
Angst ist anormal wenn:
• Dauer und Intensität nicht angemessen
• Harmlose oder nicht bedrohliche Situation
• Chronisch
• Keine Erklärung, Möglichkeit der Reduktion oder Bewältigung
• Lebensqualität beeinträchtigt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Agoraphobie
• Deutliche und anhaltende furcht vor oder Vermeidung von
mindestens 2 der folgenden Situationen:
Menschenmengen
Öffentliche Plätze
Alleine Reisen
Reisen mit weiter Entfernung von zuhause
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Agoraphobie
Wenigstens einmal müssen in der Situation zwei Angstsymptome
vorhanden gewesen sein
• Vegetative Symptome (Schweißausbruch, Tremor, Herzklopfen)
• Thorax-Abdomen-beschwerden: Atembeschwerden,
Beklemmung, Übelkeit
• Psychische Symptome: Schwindel, Unsicherheit, Schwäche,
Derealisation, Depresonalisation, Trennungsangst
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Spezifische Phobie
• Entweder: deutliche Furcht vor einem bestimmten Objekt oder
einer bestimmten Situation (nicht soziale oder Agoraphobie)
• ODER deutliche Vermeidung solcher Objekte und Situationen
(s.o.)
• Häufige Objekte: Tiere, Vögel, Insekten, Höhe, Donner, Fliegen,
kleine geschlossene Räume, Blut und Verletzungen,
Injektionen, Arzt oder Krankenhausbesuche
• Angstsymptome in den gefürchteten Situationen (aber darauf
beschränkt)
• Deutliche emotionale Belastung durch Symptome oder
Vermeidung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Soziale Phobie
Situationen die gefürchtet werden:
• Prüfung in der Schule
• Vor anderen sprechen
• Mit anderen Menschen sprechen (Angst, nichts zu sagen zu
haben, oder Unsinn zu reden)
• In Gegenwart anderer essen oder trinken, schreiben, reden
• An einer Party, Veranstaltung teilzunehmen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Soziale Phobie
• Folgende Angstsymptome treten auf
– Erröten oder Zittern
– Angst zu erbrechen
– Miktions-oder Defäkationsdrang oder Angst davor
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Zwangsstörung
• Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen
• Zwangsgedanken (Kinderreime, Lieder, Sätze hören, sexuelle
Vorstellungen
• Zwangshandlungen (Waschen, Kontrollieren, Zählen,
• Die Handlungen lindern zeitweise die Angst, jedoch verfestigen
sie diese auch
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Generalisierte Angststörung
• Sich ständig Sorgen machen über:
z. B. was man anzieht, dass die Welt untergeht, Krieg,
umgebracht zu werden, einen Unfall zu haben etc.
• Unkontrollierbarkeit der Besorgnis
• Körperliche Symptome:
Anspannung, Kopfschmerzen, Übelkeit, Reizbarkeit,
Müdigkeit, Einschlafschwierigkeiten, unruhiger Schlaf
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Posttraumatische
Belastungsstörung
• Wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen an
das Ereignis in Form von Bildern, Gedanken oder
Wahrnehmungen
• Wiederkehrende belastende Träume vom Ereignis
• Handeln oder Fühlen, als ob das Ereignis wiederkehren würde,
wiedererleben, Illusionen
• Intensive psychische Belastung
• Körperliche Reaktionen bei Erinnerungen an das Ereignis
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Posttraumatische
Belastungsstörung
Anhaltende Reizvermeidung und mind. 3 Symptome
• Gedanken, Gefühle, Gespräche
• Aktivitäten, Orte, Menschen
• Unfähigkeit, sich an wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern
• Vermindertes Interesse an wichtigen Aktivitäten
• Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung
• Eingeschränkter Affekt
• Gefühl einer eingeschränkten Zukunft
Insgesamt seitdem erhöhtes Arousal
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Posttraumatische
Belastungsstörung
Arousal:
Ein-oder Durchschlafstörung
Reizbarkeit oder Wutausbrüche
Konzentrationsschwierigkeiten
Hypervigilanz
Erhöhte Schreckhaftigkeit
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Akute Belastungsstörung
Während oder innerhalb eines Monats nach dem extrem
traumatischen Stressor.
Mindestens drei der Symptome:
-
Emotionale Taubheit
-
Derealisierung
-
Verringerte Wahrnehmung der Umgebung
-
Depersonalisation
-
Dissoziative Amnesie
Das Ereignis wird wiedererlebt, man vermeidet Reize die
Erinnerungen auslösen.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andere Phobien und Ängste
Schulvermeidungsverhalten
• Weigerung, den Unterricht zu besuchen, dann aber doch gehen
• Zur Schule gehen, aber während des Unterrichts wieder
heimkommen
• Gar nicht zur Schule gehen
Gründe:
• Vermeidung von Reizen die negativen Affekt auslösen
• Ausweichen unangenehmer sozialer oder Prüfungssituationen
• Aufmerksamkeit (zuhause)
• Positive Verstärkung (lieber mit Freunden, als in Schule)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andere Phobien und Ängste
Prüfungsangst
• Intensive körperliche, kognitive und behaviorale Symptome von
Angst, vor und während einer Prüfungssituation, wodurch die
Leistung beeinträchtigt wird
• Schlechtere Schulleistungen
• Manchmal Fächerspezifisch
• Selbstkonzept: wenig Selbstachtung, mehr Sorgen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andere Phobien und Ängste
Selektiver Mutismus
• Sprechen mit Personen zuhause (oder enge Freunde) normal,
aber nicht mit Personen außerhalb der Familie
• Ängstlich
• Sprechen nur in Umgebung in der sie sich wohlfühlen
• Beginn oft im Alter 3-5
• Länger als 4 Wochen (z. B. wenn in Kindergarten oder Schule)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Modelle der Angststörung
Kognitive Modelle
Beck and Emery (1985)
Gefahren werden überbewertet
Panikattacken (Clark 1988)
Fehlinterpretation von Körperwahrnehmungen bei normaler
Angstreaktion
- Periode erhöhter Angst (durch Streit etc.) bei Beginn
- Die Angst vor Attacken führt zur Hypervigilanz und Prüfung des
Körpers auf Symptome
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Modelle der Angststörung
Bindungsmodell: s.u.
Temperamentsmodell:
Physiologische Prädisposition
Verhaltenshemmung (ererbt)
Hohe Erregung (Sympathikus), extreme Reaktionen auf Stress
Persönlichkeitsmerkmal
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Risikofaktoren der Angststörung
Familiäre Faktoren
• Eltern von Personen mit Angststörung sind zurückweisender
und kontrollierender (Bindungsdesorganisation/Vermeidung?!)
• Geringere Bindung an die Eltern, Entfremdung
• Ängstlicher Elternteil
• Inkonsistente Erziehung
• Fördern weniger die kindliche Selbständigkeit
• Mehr psychische Auffälligkeiten der Eltern (v.a. Vater)
• Mütter ängstlicher Kinder schätzen deren
Bewältigungsfähigkeiten geringer ein
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Risikofaktoren der Angststörung
Familiäre Faktoren
• Mutter-Kind Interaktion: kontrollierender
• Inkonsistentes Tadeln
• Übermäßige Fürsorge (Festhalten) – nur bei Kindern mit
gehemmtem Verhalten – Anlage-Umwelt-Interaktion
• Mütter üben mehr aversive Kontrolle aus (Kritik, Strafe)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Risikofaktoren der Angststörung
Temperament
•
•
•
•
•
Schwierig zu regulieren, ängstlich (Baby)
Reizbarkeit (Kleinkindalter)
Vorsichtigkeit und Introversion (Schulalter)
Niedrige Reizschwelle, schnelle Aktivation des Sympathikus
Verhaltenshemmung (Prävalenz 10-15%)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Risikofaktoren der Angststörung
Kognitive Faktoren
• Aufmerksamkeit selektiv auf bedrohliche Signale gerichtet
• Mehrdeutige Situationen werden als bedrohlich eingeschätzt
• Auffällig selbstbezogen – brauchen häufig Rückversicherung
durch andere Menschen
• Wahrscheinlichkeit des Auftretens negativer Ereignisse wird
überschätzt – eigene Fähigkeiten werden unterschätzt
• (S. Studien S. 191-193)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Risikofaktoren der Angststörung
Lebensereignisse und Bewältigungsstrategien
• Mehr kritische Lebensereignisse, z. B. Auseinandersetzungen
mit Eltern, Geschwistern, Umgang mit Peers, schlechte Noten,
Verlust einer Freundschaft, Misshandlungen, chronische
Erkrankungen
• Z. B. auch Scheidung der Eltern, Tod eines Verwandten, gingen
Panikattacken bei Jugendlichen voraus (!!! Einbruch des
Oxytozinsystems????) – weil damit meist die soziale Unterstützung
heruntergefahren wird (weniger Zuwendung)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävalenz der Angststörungen
• Phobien am häufigsten (3-11%)
• Zwangsstörung (0.4-2.1%)
• Panikstörung (1%)
• Generalisierte Angststörung (1%)
• Trennungsangst bei Achtjährigen (2.8%)
• Posttraumatische Belastungsstörung (1.3-6%)
• Kinder mit traumatischen Erfahrungen (40%)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Diagnostik der Angststörung
Verhaltensbeobachtung
• In der natürlichen Umgebung (Kamera zuhause oder in der
Schule)
• Im Labor
• Behavioral Avoidance Task
– In vivo, schrittweises dem gefürchteten Reiz aussetzen
Ratingskalen zur Verhaltensbeobachtung
Preschool Observation Scale of Anxiety (30 Verhaltensweisen)
Rollenspieltests
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Diagnostik der Angststörung
Selbstbeobachtung
• Tägliches Tagebuch
manchmal mit strukturierten Vordrucken (wo, wann, was
mußte die Person tun, wie hat sie reagiert)
Rating von Bezugspersonen (TRF Teacher Report Form, der
CBCL, auch von Eltern auszufüllen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Sozial unsichere Kinder
Erscheinungsbild:
- schüchtern, gehemmt, kontaktscheu
- fallen nicht gleich als problematisch auf
-
Vor allem im Kontext mit anderen und Anforderungen
- Durchsetzen eigener berechtigter Ansprüche
- Kontaktaufnahme mit Gleichaltrigen, Verabredungen
- Äußern eigener Meinung
Eher still, erzählen kaum etwas, sprechen leise und undeutlich, wenig
Emotionsausdruck, wirken apathisch oder weinerlich, kaum
Blickkontakt, zappeln, bewegen sich kaum frei im Raum
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Sozial unsichere Kinder
Häufigkeit
- 15% irgendeine Art von Angststörung
- 3-4% mit Funktionseinschränkung
- 5-6% sozialer Rückzug
- 5% körperliche Beschwerden
- 12,5% der Jungen, 8,6% der Mädchen ängstlich/depressiv
-
Anscheinend eine Zunahme der Störung im Jugendalter
50% komorbid mit depressiven Symptomen (28-75%)
Bereits im Vorschulalter diagnostizierbar – Stabilität (Veränderung zu
anderer Angststörung möglich
Beeinträchtigung im Sozialkontakt; evtl. Panikstörung, Agoraphobie
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Sozial unsichere Kinder
Ursachen
Biologische Faktoren: Irritierbarkeit im Säuglingsalter (limbischhypothalamisches System – erniedrigte Erregungsschwelle)
Psychische Faktoren: verzerrte soziale Wahrnehmung, bedrohliche
Interpretation, weniger sozial kompetent, Erwartung von Ablehnung;
erhöhte Selbstaufmerksamkeit, intensive Sorgen, negative Selbstbewertung,
kein Selbstvertrauen
Soziale Faktoren: Trennungs- und Verlusterfahrungen (Scheidung, Tod,
Umzug), übermäßiges Verwöhnen; Angstniveau der Mutter.
Vermeidungsverhalten wird verstärkt; inkonsistentes Erziehungsverhalten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Depression
Erscheinungsbild
- Über längeren Zeitraum depressive Symptome (mind. 2 Wochen)
- Major Depression vs. dysthyme Störung (weniger starke Ausprägung)
- „double depression“: dysthyme Störung plus Phasen einer Major
Depression
Symptome:
- Depressive oder reizbare Stimmung
- Verlust von Interesse oder Freude
- Reduzierung der körperlichen Aktivität
- Körperliche Symptome: Müdigkeit, mehr oder weniger Schlaf,
Gewichtsveränderung
- Verlangsamtes Denken, Gefühle der Wertlosigkeit,
Konzentrationsprobleme
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Depression
Komorbidität:
-
Bei 40% auch Angststörungen
Bei 25% expansive Verhaltensstörungen
ADHS/HKS, Essstörungen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Depression
Häufigkeit
-
4,4% bei Kindern im Alter von 8-18 Jahren
Im Kleinkind – und Vorschulalter: ca 1%
Lebenszeitprävalenz bei 14-18 Jährigen: 15-20%
-
Dysthyme Störung: 0-2% im Schulalter, 1-8% der Jugendlichen
Verlauf
- Man wächst nicht einfach heraus, chronischer Verlauf, hohe Rückfallrate,
große Beeinträchtigung
- Risiko für suizidale Handlungen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Komorbidität - Störungsbilder
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Störungen des Sozialverhaltens
Erscheinungsbild:
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Störungen des Sozialverhaltens
Komorbidität:
- Sehr häufig: zu 90% auch Störung mit
oppositionellem/aufsässigem Verhalten
- Hyperaktivität (ca 75%)
- Depressive Störungen (Außenseiterrolle)
- Alkohol- und Drogenmissbrauch
- Angststörungen (zwei Untergruppen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Störungen des Sozialverhaltens
Verlauf:
- Hohe Kontinuität von früher Kindheit bis Jugend- und
Erwachsenenalter
- Bis zu 81% der Kinder mit eine SSV zeigen diese auch im
Jugendalter
- Auswirkungen des Schulabschlusses, Ausbildung, Beruf,
persönliche Beziehungen, Partnerwahl
- Ca 25% haben im Erwachsenenalter eine antisoziale
Persönlichkeit und Drogenmissbrauch
Früher Beginn: schlechtere Prognose
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Störungen des Sozialverhaltens
Erziehungsverhalten der Eltern
Snyder und Patterson (1979):
-
-
-
Disziplinmaßnahmen (meist nicht altersadäquat, oder angemessen, oder
konsistent
Vernachlässigung, körperliche Strafen
Verstrickter Erziehungsstil: Verhalten des Kindes wird oft als
problematisch gesehen, kleinste Abweichungen werden überbewertet.
Verbale Drohungen; unter Druck setzen in der Familie; aversiv und
aggressiv zueinander
Laxer Erziehungsstil :Eltern lassen viel durchgehen oder ermutigen
aggressives Verhalten als Durchsetzungsvermögen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
ADHS/HKS
Erscheinungsbild
- Unaufmerksamkeit:
leicht ablenkbar, brechen Aufgaben abrupt ab, beginnen Neues,
Flüchtigkeitsfehler, planloses Vorgehen, wenig Strukturierung, hören nicht
zu, sind geistig abwesend
-
Impulsivität:
unzureichende Impulskontrolle, können schwer warten, (in der Schlange
stehen) (s. Marhsmallow-Experiment), stören den Unterricht
-
Hyperaktivität:
ziellose und wenig organisierte motorische Aktivität, rennen umher, stehen
auf, zappeln, rastlos
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
ADHS/HKS
Erscheinungsbild
-
Situationsspezifität:
situative Variabilität, Tageszeit, Schule/Familie/Freunde, bei längerer
geistiger Anstrengung,
oftmals Konzentration bei attraktiven Aufgaben möglich
auch in gut strukturierten Situationen besser
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
ADHS/HKS
Epidemiologie
-
-
Untersuchungen: Lehrerurteil überschätzt die Anzahl der ADHS-Kinder
bis zu 18% werden von Lehrern als ADHS eingestuft
International: 3-7% der Kinder
1-2 Kinder pro Schulklasse
Jungen: Mädchen – 2:1 bis 9:1
-
USA: 4% der Jungen, 2% der Mädchen haben ADHS/HKS
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
ADHS/HKS
Verlauf
-
ADHS/HKS kann die Entwicklung eines Kinder erheblich beeinträchtigen
Auch noch in Spätadoleszenz Symptome der Störung: wächst sich nicht
einfach aus
-
Einschränkungen im Leistungsbereich: Rechnen, Lesen, Schreiben, IQ-Tests,
verbale Intelligenz
Antisoziales Verhalten, Alkohol, Drogenmissbrauch: erhöhtes Risiko; auch
für kriminelles Verhalten
-
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Asperger-Syndrom
Erscheinungsbild
• Die meisten Autoren sehen es als eine Variante des Autismus
• Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen
• Besonderheiten der Sprache und Kommunikation
• Restriktive Interessen und Aktivitäten, wenig flexibel im Denken und
Handeln
• Beeinträchtigung des kreativen Spiels und der Empathie
• Häufig durchschnittliche, oder überdurchschnittliche Intelligenz
• Brauchen Rituale und Routine
• Über – oder Unterempfindlichkeiten (Geräusche, Berührung, Gerüche)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Asperger-Syndrom
Prävalenz
• 0,36% bzw. 0,7% (Verdachtsfälle)
• Jungen:Mädchen – 4:1
Ursachen
• Genetische Faktoren: „dosisabhängige“Gene (v.a. auf X-Chromosom
gelegen)
• Hirnschädigung und Hirnfunktionsstörung (limbisches System, AmygdalaSchädigungen, Beteiligung von Frontalhirn-Schädigungen)
• Keine Theory-of-Mind (link zur Bindungsforschung)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
• Erklärungsmodelle für Entwicklungsprobleme bzw.
Einflußfaktoren der Entwicklung
• Protektive Faktoren und Risikofaktoren – identifiziert in
Einzelfallstudien und quantitativen Studien
• Wirkung der Faktoren in verschiedenen Lebensphasen
bedeutsam (z. B. Empathieentwicklung im Vorschulalter)
• Faktoren aus den Bereichen:
– intraindividuelle, familiär, soziales Umfeld
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Ziel: Phänomene der Kontinuität und des Wandels von Störungen
im Lebenslauf erklären
• Hohe Kontinuität z. B. tiefgreifende Entwicklungsstörung
Autismus, externalisierende Verhaltensstörung, aggressives
Verhalten bei Jungen
• Diskontinuität weniger gut untersucht; z. B.
– Kindliche Depression und Störung des Sozialverhaltens,
die sich nicht mehr im Erwachsenenalter finden
- Frage nach protektiven Faktoren (Lehrerbeziehung,
Partnerschaft; Fürsorge für ein Geschwisterchen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Prognose:
- Frühe Störung sagt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit
spätere Störungen voraus
- z. B. Versagen bei alterstypischen Anpassungsleistungen –
höchste Vorhersagekraft (Leistungsfähigkeit –
Leistungsfähigkeit)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Probabilistische Betrachtungsweise:
• Entstehung und Entwicklung (Ätiologie) psychosozialer
Probleme durch Zusammenspiel verschiedener personaler und
sozialer Faktoren
• Störung ist nicht unausweichliches Ergebnis;
• die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Störung ist
durch genetische, neurobiologische, psychologische und
soziale Faktoren bedingt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Risikofaktor:
Eine Variable, die, die statistische Wahrscheinlichkeit für das
Auftreten einer Störung erhöht
- z. B. Lebensereignis, Persönlichkeitsmerkmal,
Verhaltensstil, soziale Umwelt
kumulative Effekte : erst die Häufung von Risiken erhöht die
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Störung
Identische Risikofaktoren können zu unterschiedlichen Störungen
führen (Multifinalität)
Verschiedenen Risikofaktoren können zur gleichen Störung
führen (Äquifinalität)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Protektiver Faktor/Schutzfaktor:
Eine Variable, die die statistische Wahrscheinlichkeit für das
Auftreten einer Störung senkt bzw. die Effekte von
Risikofaktoren kompensiert
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Identifikation von protektiven Faktoren über eine Studie auf
der Insel Kauai (Werner &Smith 1989, 1992, 2001).
- Längsschnittstudie über mehrere Jahrzehnte
- 30% der Kinder gehörten einer Hochrisikogruppe an
- 30% von diesen zeigten jedoch keine Auffälligkeit
- Psychische Resilienz (Widerstandsfähigkeit) durch
personale/soziale Schutzfaktoren
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Studie Kauai: Schutzfaktoren:
- Problemlöse- und Kommunikationsfähigkeit
- Selbstwirksamkeitserwartungen
- Planungskompetenzen
- Das Vorhandensein stabiler Bindungspersonen!
Diskusssion: Ambiguität von Schutzfaktoren – daher Forschung
zu kontext- und konstellationsspezifischen
Bewältigungsprozessen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Passung, Goodness-of-Fit
Passung zwischen den Anforderungen der Umwelt und
Bewältigungskapazitäten einer Person
Entwicklung einer Störung: ja/nein
Bsp.: Migrantenkinder: in Ursprungsland/Familie angepaßt, im neuen Land
überfordert
AUCH: man sucht sich bestimmte Umweltbedingungen oder paßt
sich die Umwelt an, kontrolliert sie
Passungen werden ausgehandelt – dies kann bereits zu
übermäßigem Stress führen
Störung;
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Diathese-Stress Modell
Verletzlichkeiten/Vulnerabilitäten in der bio-psychischen Struktur einer
Person (z. B. negative Sozialisationseffekte)
starke Belastungen
Zusammenbruch funktionaler Bewältigungsmöglichkeiten
Störung/dysfunktionale Bewältigung
Chronifizierung der Störung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Veränderung durch Erfahrung (s. auch Epigenetik)
aber begrenzte Verhaltensflexibilität, bei Störung, daher oft
Häufung einer Störung über Generationen hinweg (ähnliche
Genetik und Umwelt)
Genetik
Schicksal
Die Expression von Genen im Sinne von Verhalten unterliegt
vielen Faktoren:
- Umwelterfahrungen (Erziehung, Ernährung etc.)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Beispiel für eine Entwicklungspsychopathologische
Betrachtungsweise: Störung des Sozialverhaltens (Dodge 2000)
Verschiedene Entwicklungsstufen
1. A) neuronale, endokrine, psychophysiologische Merkmale, die
das Risiko erhöhen
B) soziokultureller Kontext: Elternhaus (aggressionsbereit,
niedriger sozioökonomischer Status)
2. Durch 1 bedingte spezifische Lebenserfahrungen in den ersten
Lebensjahren – weiteres Risiko durch strenge Disziplinierung,
emotionale Vernachlässigung, Aggression
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
3. Grundschulzeit: Defizite in der Selbstregulation; mehr soziale
Zurückweisung, Schulleistungsprobleme
negative Entwicklungsspirale
- mehr negative Peerkontakte; mehr feindselige Attribution
- relative Verfügbarkeit aggressiver Verhaltensweisen
- laxer Erziehungsstil zuhause um Konflikte zu vermeiden
jeder Faktor erhöht das Risiko sukzessive
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Intraindividuelle Risikofaktoren
•
Persönlichkeitseigenschaften
•
Stile der Informationsverarbeitung
•
Emotionsregulationsfähigkeit
•
Motivation
•
Strukturelle Eigenschaften der Hirnregulation
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Entwicklungspsychopathologie
Intraindividuelle Risikofaktoren
1.
Neurobiologisch, temperamentsbezogen
-
Bedeutung 3 cerebraler Subsysteme – steuern Verhaltenstendenzen,
bereits in Säuglingen
- Annäherungssystem
- Verhaltenshemmungssystem (hoch: Angststörungen; niedrig: ADHS)
- Kampf/Flucht (fight-flight) System
Deren Balance/Interaktion ist beeinflußbar, z. B. durch Traumata
Temperament (schwieriges Temperament bei Säuglingen: schlechter
Schlaf-Wach-Rhythmus, , Unruhe, Gereiztheit)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Intraindividuelle Risikofaktoren
2. Emotional, motivational
Qualität der Emotionsregulation
-
Einfluss durch den Tonus des Nervus Vagus (niedriger Tonus= risk)
-
Emotionalität (Grundstimmung)
-
Emotionale Reaktivität (risk factor für
externalisierende/internalisierende Vh-Störung)
Risikofaktor: Geringe Impulskontrolle und vermeidende
Emotionsregulationsstrategie
Bindungsstile
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Intraindividuelle Risikofaktoren
3. Kognitive Risikofaktoren
Defizite im Problemlösen und Handlungsregulation
- Wahrnehmung/Interpretation von Situationen
- Generierung von Handlungsalternativen
- Entscheidung für eine Alternative
- Ausführung
- Bewertung der Handlung
SSV: z. B. negative Wahrnehmung, eingeschränkte Handlungsalternativen, niedrige
Kontrollüberzeugung, niedriger IQ, ADHS
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Soziale Risikofaktoren
Familiensystem
Immer Einfluss auf das Kind – Interaktion – Rückkoppelungsschleifen (Kind
beeinflusst auch das Elternverhalten
-
Risikofaktoren z. B. Verlust eines Familienmitglieds, Scheidung,
behindertes Geschwisterkind, finanzielle Probleme, chronische Krankheit,
psychische Störung eines Elternteils, ständiger Streit, Kriminalität,
Bindungsdesorganisation, familiäre Gewalt, Missbrauch,
Sekundäre Vulnerabilität im Diathese-Stress-Modell durch Erfahrungen
Primäre Vulnerabilität: genetische Faktoren, Frühgeburtlichkeit, körperliche
Schädigung, Geburtskomplikationen etc.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Entwicklungspsychopathologie
Soziale Risikofaktoren
Familiensystem
Übergang zur Elternschaft bereits kritische Phase – Anpassungsleistung:
Weichenstellung für die Entwicklung der Kinder: Prävention/Intervention
bereits in der Schwangerschaft/direkt nach der Geburt
Partnerbeziehung:
- Modellcharakter für den Umgang mit Konflikten/Streitkultur
- Einfluss auf Erziehungsstil (Dimensionen Emotionalität und Kontrolle;
Faktor Inkonsistenz des Erziehungsverhaltens)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
• Bedeutung der Passung von Kind und Umwelt (Eltern):
– Schwieriges, impulsives Kind in toleranter Familie besser als in
zwanghafter Familie
• Unstillbares Schreien oder wenig Responsivität beeinflußt sehr
schnell die mütterliche Reaktionsbereitschaft
• Folge/Ursache?: Überschätzung des Grades der Absichtlichkeit
(Hinde 1979) im kindlichen Verhalten durch die Eltern (Teufelskreis,
falsche Wahrnehmung, Überschätzung des Problemverhaltens
• Hineininterpretieren von Bedeutung (mein Kind mag mich nicht):
meist Projektionen eigener elterlicher Repräsentationen (S. 42 Fall)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
3 Wege wie psychische Störungen in der Kindheit entstehen:
1) Bereits angeboren: Autismus, Störung der Kommunikation (z. B.
Behinderung)
2) Seelische Verletzung: Traumatisierung: Kind wird in besonderer
Weise bedroht und verunsichert, ohne dass Hilfe von Erwachsenen
erfolgt
3) Störung der Eltern-Kind-Interaktion in der Feinabstimmung, durch
kindliche, elterliche und situative Faktoren. Nicht extremes Trauma,
sonder alltägliche Situationen zementieren diese Formen der
Kommunikation
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
• Auch genetische Vulnerabilitäten
• Prävention: kleiner Eingriff (oft nur 4 Sitzungen, intermittierende
Beratungsgespräche) mit großer Wirkung
• Durchbrechen der eskalierenden Teufelskreise (keine Engelskreise:
s. Aktivierung/Stress des Caregivings, gemeinsame Interaktion,
Deaktivierung, Oxytocin, Entspannung, happiness bei Mutter und
Kind ….)
• Früherkennung und frühe Intervention
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
Arten der frühkindlichen Regulationsstörung:
•
•
•
•
•
Exzessives Schreien (29,4%)
Schlafstörungen (62,8%)
Fütterstörungen (40,4%)
Dysphorische Unruhe (30,1%)
Exzessives Klammern und Trotzen (20%)
• 1991: Münchner Sprechstunde für Schreibabies (N>1000
Familien 1994-1997)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
• Kinder kamen im Alter von 0-55 Monaten
• Tabelle S. 53 (soziodemographische Daten)
• Zusammenhang zwischen exzessivem Schreien und späteren
Verhaltensauffälligkeiten (Fütterproblemen; Shaver 1974;
Schlafstörungen, erhöhte Ängstlichkeit
• Vorgestellt mit 7 Monaten: nur 10% hatten vorher KEINE Symptome
• Durchschnittlich verstreichen 9 Monate mit Symptom bis zum
Erstkontakt zur Schreisprechstunde
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
Pränatale Risikofaktoren (S. 64/66) (69%)
• Stress in der ersten Hälfte der SS (Cortisol dringt noch durch
Placentaschranke), Angst, Depressionen (zusammen 46%)
• Schwere Hyperemesis
• Vorzeitige Wehen mit Tokolyse
• Schwangerschaftsdepression
Perinatale Risikofaktoren (38,8%)
• Sectio
• Mangelgeburt (Gewicht)
Postnatal (85,4%)
• Familiäre und kindliche Atopie (Hautprobleme)
• Neurologische Auffälligkeiten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühkindliche Regulationsstörungen
Intuitive elterliche Kompetenzen (intuitive Parenting) (Papousek)
-
-
Vertrauen darin wird durch schwieriges Kind durchbrochen:
Teufelskreis)
Negatives feedback versträrkt Belastung im Übergang zur
Elternschaft, Gefühl der Hilflosigkeit, Depression, geringes
Selbstwertgefühl; Unfähigkeit
-
Frühe Orchestrierungsphase (S. 96)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention
Ziele:
• Risiko für eine negative Entwicklung minimieren
• Verbesserung der Erziehungskompetenz der Eltern, soziale
Unterstützung der Eltern, Verbindung/Kontakt Eltern –
Kindergarten – Schule
• Verbesserung der sozialen/kognitiven Kompetenz des Kindes
• Ausbau kind- und familienbezogener Resilienzfaktoren
• Ausbau der Beziehung zu Gleichaltrigen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention
Im Vorschulalter
• Ca 20% aller Kinder zeigen klinisch relevante
Verhaltensauffälligkeiten, Aggressionen, Trotzverhalten, Ängste
oder Depression
• Diese Kinder sind stärker gefährdet, Misshandlungen durch
Eltern und Geschwister und Lernschwierigkeiten zu erfahren
• Später mehr gefährdet für ungeschützten Geschlechtsverkehr,
Trunkenheit, Verkehrsunfälle, Arbeitslosigkeit, Delinquenz
• Nur 1 aus 6 betroffene Familien nehmen Hilfe an
• Verhaltensstörung zeigt eine hohe Stabilität
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention
Caplan (1964)
Primärprävention:
Strategie um das Auftreten einer psychischen Störung zu reduzieren
Sekundärprävention:
Reduzierung der Dauer bestimmter Störungen
Tertiärprävention:
Strategie, um die Beeinträchtigungen durch die Störung zu
minimieren
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention
Munoz, Mrazek & Haggerty (1996)
• Universelle präventive Intervention:
• Gesamte Bevölkerungsgruppe (Vorsorgeuntersuchungen etc.)
• Selektive präventive Intervention:
• Individuen oder Gruppen die bestimmte Risikofaktoren oder
bereits Symptome haben (Frühgeborene, allein Erziehende,
psychisch kranke Eltern)
• Indizierte präventive Intervention:
• Hochrisikogruppen: Personen, die Symptome zeigen, und
Risikofaktoren aufweisen, Eskalation und weitere negative
Konsequenzen verhindern
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Präventionsprogramme
Ziele:
Bedingt durch Ansatzpunkt:
- Durchführungsort (gute Erreichbarkeit; home based, school
based, community based)
- Adressaten (Kind oder Eltern, oder Lehrer)
- Je jünger das Kind, desto eher Ansatz über die Eltern
- Je älter das Kind und je ausgeprägter die Symptome,
eher kindzentriert (Vermittlung von Wissen und
Fertigkeiten)
- Multi-Komponenten-Programme (Kind/Eltern)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Präventionsprogramme
Ziele:
Meta-Analysen zur Präventivintervention:
Unterschiedliche Wirksamkeit:
• Zeitpunkt des Effekts (wann messen) (oft erst Monate später)
• Rekrutierung der Stichprobe (v.a. bei universeller Prävention,
kontinuierliche Teilnahme, Motivationsprobleme)
• Dropout-Problem
• Erfolgsmaße: multidmodal (kognitiv, emotional, behavioral),
daher multimethodal (Vh-beobachtung, Fragebogen, Test,
Interview)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Präventionsprogramme
Ziele:
Lösel & Beelmann (2003): Meta-Analyse:
höchste Effekte bei kognitiv-behavioral (selektiv und indiziert
besser als universelle Prävention)
Primärprävention (z. B. Kriminalität) (Tremblay and Japel 2003)
- z.T. bereits während Schwangerschaft, z. T. im Alter von 4
- Prävention inadäquates Elternverhalten
- Effekte: weniger Folge-SS, bessere familiäre Kommunikation,
positivere Einstellung der Eltern, weniger Haftstrafen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Präventionsprogramme
Ziele:
Kognitive Fähigkeiten
– Sehr stabil, daher frühe Intervention; gekoppelt mit Vh-Problemen
– Delinquenz:
– Beginn vor 3. Geburtstag; am besten Beginn in Schwangerschaft plus
day-care-Angebote
– Bei mehrfachbelasteten Hochrisikokindern – kontinuierliche Betreuung
anstatt einer Maßnahme
– Auswirkung auf kognitive und soziale Fähigkeiten, und
Erziehungskompetenz der Eltern
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühförderung und Bindung
Sarimski (2001):
- prognostisch bedeutsamste Variable: Reponsivität der Mutter
d.h. Initiativen des Kindes aufgreifen und unterstützen
- z. B. bei geistig behinderten Kindern, Frühgeborenen,
cerebrale Bewegungsstörung
- Leyendecker (1997): Beziehung=Wirkung (von Eltern, aber
auch Durchführende der Frühförderung)
- Sensibilität und geeignete Theorie!!!
- Feinfühligkeit: kindliche Signale 1) wahrnehmen 2) richtig
interpretieren 3) angemessen und 4) prompt reagieren
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Frühförderung und Bindung
Studie von van den Boom (1994, 1997):
- Risikostichprobe (N=100): hoch irritierbare Kinder aus
sozioökonomisch schwachen Familien
- Intervention: 3 Hausbesuche (7.-9. Lebensmonat) mit Training
der Feinfühligkeit
- Interventionsgruppe: 72% sicher gebunden
- Kontrollgruppe: 32% sicher gebunden
- Bindungssicherheit ist ein protektiver Faktor (Kissgen und
Suess 2005)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
• Ca. 20% aller Kinder haben klinisch relevante Auffälligkeiten
wie Aggressionen, Trotzverhalten, Ängste, Depressionen (z. B.
Ihle und Esse 2002)
• Gefährdet:
• Misshandlung durch Eltern zu erfahren
• Lernschwierigkeiten
• Ungeschützten Geschlechtsverkehr
• Alkohol am Steuer
• Verkehrsunfälle
• Arbeitslosigkeit
• Delinquenz
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
• Weniger als 15% der Familien, die Hilfe bräuchten, suchen
Hilfen auf
• Universelle Präventionsprogramme:
• Kindzentriert:
• Präventionsprogramm zur Verhütung von sexuellem
Missbrauch (Eck & Lohaus 1993)
• Interpersonal Cognitive Problem-Solving (Shure &
Spivack 1982)
• Good behavior Game (Kellam et al 1998)
• Second Step (Faustlos) (Grossmann et al 1997)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
• Universelle Präventionsprogramme:
• Elternzentriert:
• Triple P (Gruppentraining, Sander 1999)
• Multikomponenten-Programm:
• Seattle Social Development Project (Hawkins et al. 1992)
• Lehrerzentriert:
• Promoting Alternative Thinking Strategies (PATH,
Greenberg &Kusche 1998)
• Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton et al.
2001)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindung und Caregiving
Beschrieben in der Bindungstheorie von J. Bowlby (und M.
Ainsworth)
• Bindung und Caregiving (Pflegeverhalten) sind komplementäre
Verhaltenssysteme
• Biologisch angelegt, mit Hormonen und Stressregulation eng verknüpft
• Wichtige Funktion im gesamte Lebenslauf
• Bindung und Caregiving auch im Erwachsenenalter
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungstheorie
John Bowlby: Bindungstheorie (1960)
• basierend auf Beobachtungen von Mutter-Kind Dyaden zuhause
und Kindern in Heimen
• Basierend auf Forschung von Harlow und Zimmerman (1958)
 ursprünglich: Mutter-Kind-Bindung
 Seit den 1990ern: Erwachsenenbindung (adult attachment),
Partnerbindung
 Bindung zwischen Mensch und Tier
Bindung ist ein wichtiger Aspekt eines gesunden emotionalen und
sozialen Lebens von der Wiege bis zum Grab.(Bowlby 1969/1982)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Verhaltenssysteme
Verhaltenssystem (George and Solomon 2000):
“ist ein biologisches System das die Regeln und Verhaltensweisen, die
mit einem bestimmten Ziel in Verbindung stehen.”
-
Bindungssystem im Kind
Pflegeverhaltenssystem beim Elternteil
Bindung und Caregiving sind komplementäre Systeme
Sie stehen in Konkurrenz zu anderen Verhaltenssystemen:
- affiliatives System (soziale Beziehungen)
- sexuelles System
- Exploration
- Angst (bei Kind und Mutter)
- Stressregulation
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungsverhaltenssystem
Ziel des Bindungsverhaltenssystems:
-
Schutz: durch das Herstellen oder Aufrechterhalten von Nähe zur
Bindungsfigur (Elternteil, jemand der mehr Ressourcen hat)
- (auch der Erhalt von Nahrung, Pflegeverhalten, und Trost )
-
Aktivierung des Systems wenn das Kind in Gefahr ist oder Stress
erlebt
-
Ziel : Schutz des Nachwuchses (reproductive fitness)
Weiteres Ziel: Stressreduktion im Kind – soziale Unterstützung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Soziale Unterstützung
4 Formen sozialer Unterstützung:
-
Instrumentale Unterstützung
Unterstützung durch Information
Vor allem in engen und vertrauensvollen Beziehungen:
-
Emotionale Unterstützung
Physischer Kontakt (Ditzen et al. 2007)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungsverhalten
Bindungsverhaltensweisen beinhalten:
Alle Aktionen die darauf abzielen, Nähe herzustellen und aufrecht zu
erhalten
-
Augenkontakt,
-
weinen,
-
rufen,
-
Hände ausstrecken,
-
sich auf jemanden zubewegen,
-
sich am Elternteil festhalten, Widerstand gegen Trennung leisten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungssystem - Aktivierung
Das Bindungsverhaltenssystem wird aktiviert durch :
Internale Reize:
– Krankheit,
– Müdigkeit
– Hunger
– Schmerz
– Angst
– negative Emotionen
Externale Reize:
Situationen die Stress und
Angst auslösen (weil potentiell
gefährlich)
- Trennung von Pflegeperson
- physische Gefahr
- Anwesenheit von Fremden
- unbekannte Umgebung
– Hormone (Oxytozin)
- Sturm mit Blitz und Donner
- Dunkelheit
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungssystem Deaktivierung
Das Bindungsverhaltenssystem wird deaktiviert durch:
-
Nähe zur Bezugsperson (Körperkontakt)
-
Adäquates Pflegeverhalten
-
Reduktion von Stress,
-
Gefühl der Sicherheit
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Pflegeverhalten
Das Ziel des Pflegeverhaltenssystems ist der Schutz der Nachkommen
Pflegeverhalten beinhaltet:
Alle Aktionen die darauf abzielen, Nähe des Kindes herzustellen und
aufrechtzuerhalten und Fürsorge zu zeigen, die Stress beim Kind
reduzieren (Hunger, Schmerz etc)
-
e.g. Blickkontakt, Zurückholen, Rufen, Hochheben, hingehen,
berühren,
-
Füttern, umsorgen, beruhigen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Pflegeverhalten - Aktivierung
Pflegeverhalten wird aktiviert durch:
Situationen, die Eltern als angstauslösend, gefährlich, oder
stressauslösend für das Kind wahrnehmen
Internale Reize/Auslöser:
– Hormonspiegel(Oxytozin)
– Kulturelle Ansichten über richtiges Pflegeverhalten
(Fütterzeiten, Alleinschlafen etc)
– Müdigkeit, Krankheit des Elternteils (sich versichern, dass das
Kind nah ist, da man weniger Aufmerksamkeit aufbringen
kann)
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Pflegeverhalten - Aktivierung
Pflegeverhalten wird aktiviert durch :
Externale Reize/Auslöser:
• Situationen die Stress und Angst auslösen und
gefährlich für das Kind sind
• S. die externalen Auslöser beim Kind (attachment)
• Kindliche Merkmale: Kindchenschema (auch bei Tieren, see e.g.
Füttern von Tieren im Zoo, oder fremde Hunde)
• Beeinflust durch eigene Bindung der Mutter
Aktivierung hängt von der Sensitivität (korrekte Wahrnehmung von
Bindungssignalen ab (Responsivität= adäquates Pflegeverhalten)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Pflegeverhalten - Deaktivierung
Das Bindungsverhaltenssystem wird deaktiviert durch:
-
Nähe des Kindes zur Bindungsperson (Körperkontakt)
-
Deaktivierung des kindlichen Bindungsverhaltens
-
Erfolgreiche Stressreduktion beim Kind
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungssystem - Emotionen
Die erfolgreiche Deaktivierung von Bindung und Pflegeverhalten wird
von starken Empfindungen von Freude und Zufriedenheit begleitet.
Erfolgloses Bindungs- und Pflegeverhalten (Aktivierung ohne
Deaktivierung) ist verbunden mit Stress, Angst, Verzweiflung und
Gefühlen der Hilflosigkeit, Ärger, Depression
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interaktion von Verhaltenssystemen
Bindung und Exploration:
Die Bindungsfigur dient als:
- Sicherer Hafen bei Stress
- Sichere Basis für Exploration wenn das Bindungssystem deaktiviert
ist und ein Gefühl der Sicherheit vorherrscht (s. playground
behavior)
-
Balance zwischen den beiden Systemen bei sicheren Kindern –
Fähigkeit zu lernen (intellektuell und sozial)
- Bindung steht auch in Konkurrenz mit dem affiliativen System, nach
den ersten beiden Lebensjahren
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interaktion von Verhaltenssystem
Pflegeverhalten:
Das Pflegeverhaltenssystem steht in Konkurrenz mit weiteren
Verhaltenssystemen: Balance ist wichtig für gesunde Mutter-Kind
Beziehung
- Das Sexualverhaltenssystem
- Eigenes Bindungssystem (Eltern, Partner)
- Pflegeverhalten für ein weiteres Kind
- Affiliatives System (Freunde)
- Explorationssystem (Arbeit)
- Die Wichtigkeit des Pflegesystems verschiebt sich gemäß der
Entwicklung des Kindes (z. B. Trennungen über mehrere Stunden
sind erträglich)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Internales Arbeitsmodell (IWM)
-
Internale kognitive Repräsentation
-
durch diese werden bindungsrelevante Erfahrungen evaluiert,
emotional beurteilt und organisiert
-
Beinhaltet Erwartungen über sich selbst (Selbstwert, Kompetenz)
und die Pflegeperson (verläßlich, vertrauenswürdig, adäquat,
sensitiv)
-
Das IWM von Bindung entwickelt sich im ersten Lebensjahr durch
wachsende Erfahrung mit den Bindungspersonen
-
IWM von Pflegeverhalten ist verbunden mit den eigenen
Erfahrungen von erhaltener Fürsorge, eigenem Bindungssystem,
und Selbstkonzept (als gute Pflegeperson)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Internales Arbeitsmodell (IWM)
-
Funktion des IWM (Bowlby 1980):
...soziales Verhalten anderer und sich selbst in echten Beziehungen
zu antizipieren und zu simulieren um dem Individuum
antizipatorisches Verhalten zu ermöglichen
-
Unbewußt in der Kindheit
Bewußtseinsfähiger im Erwachsenenalter (aber nicht ganz)
Beobachtbar bei Kindern (Verhalten, Strange Situation Test,
Experimente zur Wiedervereinigung)
Nur teilweise durch projektive Tests erfaßbar (Adult Attachment
Projective), Interviews,(Adult attachment interview), oder
Fragebögen
-
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Sichere Bindung
Primärstrategie: zielt auf sichere Bindung ab
Konditionale Sekundärstrategien entwickeln sich, wenn das
Bindungsverhalten des Kindes nicht adäquat und konsistent
beantwortet wird. Dann entwickelt sich unsichere Bindung:
Die unsichere Bindung dient immer noch einer organisierten Strategie:
Schutz und Fürsorge von einer suboptimalen Pflegeperson und
Umwelt zu bekommen
Sichere Bindung:
Vertrauen in die Verfügbarkeit einer Bindungsfigur; wird beruhigt durch
die Nähe einer Bindungsfigur, zeit Trennungsschmerz, und zeigt
offen Bindungsverhalten bei Stress/Gefahr/ Trennung.
Exploration; Offenheit für eigene Gefühle und die anderer, gute
Emotionsregulation ;
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Unsichere Bindung
Sekundärstrategien: Unsichere Bindung
Unsicher-vermeidend (auch „abwertend“ bei Erwachsenen)
Zeigt bei Stress (z. B. Trennung) kein Bindungsverhalten, hat aber
physiologisch hohen Stress (cortisol, Spangler and Schieche 1998)
versucht sich selbst zu beruhigen oder abzulenken durch Exploration,
Herunterregulieren von Emotionen, Abwehrstrategie= Deaktivierung,
negative Emotionen werden nicht adäquat reguliert
Anpassung an eine Pflegeperson die nicht sensitiv und repsonsiv ist
wenn Bindungsverhalten gezeigt wird. Keine Offenheit für Gefühle
(selbst und andere), wenig Selbstwert.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Unsichere Bindung
Sekundärstrategien: Unsichere Bindung
Unsicher-ambivalent (auch „verwickelt“ bei Erwachsenen)
Kind ist sehr anhänglich, bleibt immer nah bei Bindungsfigur, wenig
Exploration, BF ist als unzuverlässig und unvorhersehbar
hinsichtlich Responsivität und Verfügbarkeit abgebildet
Im Schulalter immer noch anhänglich/klettenhaft, wehrt sich gegen
Trennung, dauernde Aktivierung des Bindungssystems
Ärger gegenüber BF wegen wahrgenommenen Mangels an
Aufmerksamkeit
Negative Emotionen sind nicht adäquat reguliert, eher ein Mangel an
Regulation
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungsdesorganisation
Sichere, aber auch unsichere Bindung sind organisierte
Strategien – die Pflegeperson gibt immerhin noch Fürsorge, die
„gut genug“ ist
Verlust der Organisation = Desorganisation (Main & Solomon, 1986)
Zusammenbruch des Bindungsverhaltenssystems
- Das Kind sieht sich als hilflos und verletzlich in angstauslösenden
Situationen an, die Bindungsfigur gibt keine Sicherheit
-
Verletzende Erfahrungen können nicht in das IWM integriert werden,
werden in einem extra, segregiertem System abgebildet (nicht
bewußt zugängig)
-
Angst im Bindungskontext – emotionale
Ausbrüche/Aggression/Einfrieren -kontrollierendes Verhalten
gegenüber Pflegeperson
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindungsdesorganisation
Bindungsdesorganisation ist wie eine hoch-unsichere Bindung
Ursachen
- Vernachlässigung oder Zurückweisung durch Eltern
- Missbrauch durch Eltern
- Drohungen das Kind zu verlassen
- Verlust einer Pflegeperson (ohne adäquate Fürsorge einer anderen
Bindungsperson)
Kontinuum von Bindungskategorien:
Vermeidend ………………...Sicher ………………Ambivalent
Zusätzlich: Bindungsdesorganisation: ja/nein (Schweregrad)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindung und psychische Gesundheit
Eine unsichere Bindung, v.a. eine Desorganisation, ist ein Risikofaktor
für die sozio-.emotionale Entwicklung
Bindung in der Normalbevölkerung (see Hartmann 2005)
Sicher:
60-70%
Unsicher:
30% (mehr vermeidend als ambivalent)
Desorganisation:
10-15%
Wahrscheinlich mehr unsichere heute!!!
Höhere Prävalenz unsicherer/desorganisierter Bindung in
klinischen Stichproben:
Sichere Bindung ist ein protektiver Faktor für die Entwicklung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindung und psychische Gesundheit
Höhere Prävalenz unsicherer/desorganisierter Bindung in
klinischer Population :
– Angststörungen
- Psychosomatische Störungen
- Depression
Ungefähr 90% der Kinder in Schulen für Erziehungshilfe haben eine
unsichere Bindung, ungefährt 60-70% eine desorganisierte Bindung
Eine sichere Bindung ist ein protektiver Faktor für die Entwicklung
(Werner &Smith 1989, 1992, 2001)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Caregiving – flexible Integration
George und Solomon 2008:
Caregiving das mit sichere Bindung einhergeht:
-
flexibel, balanciert, integriert
Wissen über Selbst und das Kind,
Kooperation zwischen Mutter und Kind
commitment (Verbindlichkeit)
joy of parenting (Freude an der Elternschaft)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Caregiving – Unsichere Bindung
George und Solomon 2008:
Mütter unsicher gebundener Kinder geben immer noch Schutz und
Fürsorge, aber brauchen Abwehrmechanismen, um zurecht zu
kommen – Sekundärstrategie
Caregiving in Verbindung mit unsicher-vermeidender Bindung:
-
Deaktivierung, um bindungsbedingten Stress aus dem Bewußtsein
zu entfernen
-
Umgeht die Aktivierung des Caregiving Systems
-
Wichtigkeit von Caregiving ist erniedrigt (andere Verhaltenssystems
sind vorrangiger)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Caregiving – unsichere Bindung
Caregiving in Verbindung mit unsicher-vermeidender Bindung :
-
„distanced protection“ ( distanziertes Beschützen) : das Kind aus der
Distanz überwachen, die Pflege anderen übertragen
-
Ablehnung der kindlichen Bindungsbedürfnisse
-
Keine Freude am Elternsein
-
Betonung der Disziplin
-
Mangel an Intimität
-
Stärkere Aktivierung von Exploration und Affiliations
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Caregiving – unsichere Bindung
Caregiving in Verbindung mit unsicher-ambivalenter Bindung :
-
Kognitive Abtrennung als Abwehrmechanismus (Abtrennung der
Emotion und Information von der Quelle) – nur Teile, nicht das
Gesamtbild werden wahrgenommen
-
Erhöhte Aktivierung des Pflegesystems
-
„close protection“ – nahes Beschützen (das Kind in der Nähe halten)
-
Positive Einstellung und Wahrnehmung von Kind und Elternsein
-
Ständige Sorge, Gefühl der Schuld über eigene Ineffektivität Gefühl
der Unzulänglichkeit
-
Wenig Exploration und Affiliation
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Caregiving – Desorganisierte Bindung
Ein deaktiviertes/funktionsuntüchtiges Pflegeverhaltenssystem
-
Verzicht auf Pflegeverhalten(selten vollständig, s.
Vernachlässigung)
-
Gefühl der Hilflosigkeit, des Misslingens von Schutz, eigene
Bindungsdesorganisation
-
Verfehlt potentiell das Ziel des Pflegeverhaltenssystems
-
Pflegeperson selbst löst Angst beim Kind aus
-
Kind wird als kleiner Teufel wahrgenommen, der die Mutter zum
Kontrollverlust bringt
-
Einschränkung des Pflegeverhaltens (verläßt die Wohnung)
-
Rollenumkehr, Kind als kleiner Engel
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Ontogenese
Das Bindungssystem existiert von Geburt an
- Entwickelt sich inhaltlich während der ersten Lebensjahre, 1. Jahr ist
am wichtigsten
- Nach 6-8 Monaten ist eine echte Bindung aufgebaut
(Bindungsperson wird bevorzugt)
Das Pflegeverhaltenssystem ist bereits in der Kindheit vorhanden
- Inkomplett und nicht stabil
- Entwickelt sich in der Pubertät und vollends mit der eigenen
Elternschaft
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Transmission
Transmission von Bindungsrepräsentationen auf andere
Bindungsfiguren, aber auch alle anderen langfristigeren und
engeren Interaktionspartner (Freunde, Partner)
Unsichere/desorganisierte Bindung wird zementiert, wenn keine
konstanten neuen Erfahrungen, die nicht ins vorhanden Bild
assimiliert werden, vorhanden sind – erst dann wird akkommodiert;
z. B. Therapie, Lehrer-Beziehung, bindungsgeleitete Intervention .
Caregiving: keine Studien: aber es ist wahrscheinlich dass das eigene
Caregiving System auf andere Personen (z. B. Partner) übertragen
wird
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Bindung, Stress und Soziale Unterstützung
Maunder & Hunter (2001)nehmen folgende Effekte unsicherer Bindung
auf Stressreaktionen an:
• Wahrnehmung von erhöhtem Stress
• Reduzierte Wirksamkeit von sozialer Unterstützung hinsichtlich des
Abpufferns von Stress
• Abnahme adäquater physiologischer Stressreaktionen
Personen mit unsicherer/desorganisierter Bindung können emotionale
Unterstützung und Körperkontakt einer anderen Person nicht zur
Stressregulation nutzen - die andere Person kann sogar den Stress
erhöhen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Kriterien für Bindung
Achtung: Nicht jede Beziehung ist eine Bindung!!!
Kriterien (Ainsworth (1991) :
1. Bindungsfiguren müssen eine verläßliche Quelle von Trost und
Beruhigung sein, die auch Exploration erlaubt (sichere Basis)
2. Bindungsfiguren werden bei emotionalem Stress aufgesucht um
Nähe und Sicherheit zu erhalten ( sicherer Hafen)
3. Die Nähe zur Bindungsfigur ist mit positiven Emotionen verbunden
(Aufrechterhalten von Nähe)
4. Trennungen von der Bindungsfigur sind mit negativen Emotionen
assoziiert (Trennungsschmerz, Vermissen, Sehnsucht)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Interventionen bezogen auf:
Das Kind:
• Verringerung der Symptome (Angst und komorbide Störung)
• Verringerung der Beeinträchtigung
• Förderung der Kompetenzen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Interventionen bezogen auf:
Die Familie:
• Abbau der familiären Dysfunktion
• Verbesserung der Interaktionen
• Stressreduktion
• Lebensqualität
• Familiäre Unterstützung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Interventionen bezogen auf:
Die Gesellschaft:
• Verbesserung der Teilnahme an schulischen Aktivitäten
• Förderung geistiger und körperlicher Gesundheit
• Verringerung von Hospitalisierung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Verhaltensbezogen:
• Expositionsverfahren:
dem Reiz aussetzen, auf Habituierung warten (denn starke
körperliche Angstreaktionen können nicht über lange Zeit
aufrecht erhalten werden) – neue Erfahrung, Angst und
Vermeidung werden reduziert
• Systematische Desensibilisierung
am häufigsten angewandte Technik
allmähliches der Situation aussetzen
Überlagerung der Angst durch Entspannung/pos. Emotion
1. Entspannungstraining, 2.Angsthierarchie, 3.Desensibilisierung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Systematische Desensibilisierung
1. Entspannungstraining: meist Progressive Muskelentspannung
2. Aufstellen einer Angsthierarchie:
Bsp: Hundephobie:
1= Film ansehen, in dem Kinder mit Hund spielen
4= in einen Laden von außen sehen, in dem jemand Hund an
der Leine hat
8= einen großen Hund streicheln
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Systematische Desensibilisierung
3. Systematische Desensibilisierung
• Koppelung von Entspannung mit dem Item der Angsthierarchie
• In der Vorstellung
• oder in echt= in vivo ( wirksamer)
• Je älter, desto besser geht es auch in der Vorstellung
• Selbstverstärkungssätze
• Bsp. S. 209
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Kontingenzmanagement
• Positive Verstärkung mutigen Verhaltens (Lob, Privilegien)
• Ignorieren des ängstlichen Verhaltens des Kindes
• Einschränken der Vermeidung gefürchteter Aktivitäten
Lerntheoretische basiert, z. B. auch Shaping, Löschung
Funktioniert nur bedingt
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Emotive Vorstellungsübung
Lazarus & Abramovitz (1962)
Anstatt Entspannungstraining – eine positive aufregende
Geschichte mit Lieblingsheld
Items der Angsthierarchie werden in die Geschichte eingearbeitet,
Kind trifft mit Helden schrittweise auf angstauslösende Reize
(s. auch Hypnose)
S. 214
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Modell-Lernen
• Symbolisch (z. B. Film)
• Stellvertretend (anderer in vivo)
• Teilnehmend ( erst Modell beobachten, dann selbst machen)
Einsatz von Token
Sekundäre Verstärker (Token, Geld)
Primärer Verstärker (Süßigkeit, oder Geld?)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Kognitive Techniken:
Selbstinstruktionstraining (Meichenbaum 1975)
• Negative Selbstgespräche durch positive ersetzen
a) Therapeut setzt sich Reiz aus und führt positives
Selbstgespräch
b) Kind führt Verhalten aus und gibt sich laut Anweisung
c) Kind führt Verhalten aus und gibt sich leise Anweisung
d) Kind führt Verhalten aus und gibt sich verdeckt Anweisung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Kognitive Verhaltenstherapie
• Selbstgespräche, positive Verstärkung, Modell-Lernen
von Peers, Exposition
• Beispiele auf S. 220-221
• FEAR-Plan
–
–
–
–
Fühlst Du Dich ängstlich?
Erwartest Du das schlimmes passiert?
Aktionen, die man unternehmen kann
Resultate und Belohnung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Kognitive Verhaltenstherapie
Barrett et al 1996:
Intervention bei 7-14 Jährigen mit Angststörung (soziale Phobie,
Überängstlichkeit)
Ohne Elterntraining 70% nach einem Jahr ohne Diagnose
Mit Elterntraining 96% nach einem Jahr ohne Diagnose
Dadds et al (1997):
Präventionsprogramm für Kinder mit Symptomen:
Kontrollgruppe ohne Intervention: nach 6 Monaten: 58% eine Störung
Interventionsgruppe : nach 6 Monaten: 16% eine Störung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Angststörung
Systemische Ansätze
-
Therapeutische Richtlinien (z. B. distanzierten Elternteil mehr
einbeziehen)
-
Weg des geringsten Widerstands (keine Machtkämpfe)
-
Paradoxe Interventionen (Symptomkontrolle nachweisen)
-
Restraining (was sind die negativen Folgen von Veränderung,
Rückfall vorhersagen, Rückfall verschreiben)
-
Strategische Distanzierung
-
Aus dem Gleichgewicht bringen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
• Ca. 20% aller Kinder haben klinisch relevante Auffälligkeiten
wie Aggressionen, Trotzverhalten, Ängste, Depressionen (z. B.
Ihle und Esse 2002)
• Gefährdet:
• Misshandlung durch Eltern zu erfahren
• Lernschwierigkeiten
• Ungeschützten Geschlechtsverkehr
• Alkohol am Steuer
• Verkehrsunfälle
• Arbeitslosigkeit
• Delinquenz
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
• Weniger als 15% der Familien, die Hilfe bräuchten, suchen
Hilfen auf
• Universelle Präventionsprogramme:
• Kindzentriert:
• Präventionsprogramm zur Verhütung von sexuellem
Missbrauch (Eck & Lohaus 1993)
• Interpersonal Cognitive Problem-Solving (Shure &
Spivack 1982)
• Good behavior Game (Kellam et al 1998)
• Second Step (Faustlos) (Grossmann et al 1997)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
• Universelle Präventionsprogramme:
• Elternzentriert:
• Triple P (Gruppentraining, Sander 1999)
• Multikomponenten-Programm:
• Seattle Social Development Project (Hawkins et al. 1992)
• Lehrerzentriert:
• Promoting Alternative Thinking Strategies (PATH,
Greenberg &Kusche 1998)
• Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton et al.
2001)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
Selektive/Indizierte Präventionsprogramme:
• Kindzentriert:
• Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton 2001)
• Elternzentriert:
• Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton 2001)
• Parent Child Interaction Training (PCIT,
Strayhorn&Weidman 1991)
• Yale Child Welfare Project (Seitz et al 1985)
• Triple P Gruppentraining (Sanders 1999)
• Video-Interaktionstraining für Risikofamilien (Cordes &
Petermann 2001)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
Selektive/Indizierte Präventionsprogramme:
• Multikomponenten-Programme
• Montreal Prevention Experiment (Tremblay et al 195)
• Präventionsprogramm für expansives Problemverhalten
(PEP, Wolff Metternich et al 2002)
• Lehrerzentriert:
• Program for Academic Survival Skills (Greenwood et al
1997)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
Beispiele für Präventionsprogramme im Vorschulalter
Triple P (Sanders,1999)
• Ziel: Eltern Strategien lehren, um positive Beziehung zum Kind
aufzubauen, es in der Entwicklung zu fördern
• Kompetenz und Bewältigungsstrategien der Eltern erhöhen
• Emotionalen und Verhaltensproblemen der Kinder vorbeugen
• 5 Interventionsebenen mit steigender Intensität
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention – Triple P
Triple P (Sanders,1999)
Stufe 1: Universelle Informationen über Erziehung (Broschüren etc.)
Stufe 2: Kurzberatung für spezifische Erziehungsprobleme:
4 kurze (20 min) Einzelinterventionen durch Kinderarzt, Erzieher, Lehrer
Stufe 3: Kurzberatung und aktives Training:
4 Sitzungen plus Training (Rollenspiele)
Stufe 4: Intensives Elterntraining
Gruppentraining 4x 2 Stunden; Video; plus 4 Telefonkontakte
Stufe 5: Erweiterte Interventionen auf Familienebene
Familien mit zusätzlichen Konflikten wie Ehekonflikt,
Substanzmissbrauch der Mutter, Depression, und Kinder, die trotz Stufe 1-4
noch Auffälligkeiten zeigen (Hausbesuche, Kommunikationstraining,
Stressbewältigung)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention – Triple P
Evaluation:
DFG-Studie von Heinrichs et al 2006:
- 280 Familien mit Kindergartenkindern
- Verbesserung der Erziehungsverhaltens
- Weniger internalisierende und externalisierende Probleme der
Kinder
- Reduktion der Inzidenzrate (Kontrollgruppe hatte 2-3x soviele
neue internalisierende und externalisierende Auffälligkeiten)
- Weniger Depressivität der Mütter, weniger Stress
- Mehr Partnerschaftszufriedenheit
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
Elterntraining nach Patterson (1982, 1986)
- Unangemessenes Erziehungsverhalten mit Zwangsprozesses
zwischen Eltern und Kind: Eskalation – Verhaltensprobleme
- Veränderung von 4 Familien-Management-Variablen:
• Regeln setzen
• elterliches Interesse
• Sanktionen und Kontingenzen
• Krisenbewältigung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
Elterntraining nach Patterson (1982, 1986)
Regeln setzen:
Festlegen akzeptablen und inakzeptablen Verhaltens des Kindes,
klare Absprachen, Konsequenzen
Elterliches Interesse (wissen wo das Kind ist, was es gerne tut etc.)
Positive und negative Verstärkung
Krisenbewältigung (Antizipieren und Lösen von Problemen)
Effekte: N=319 Familien mit verhaltensauffälligen Jungen; 2 Jahre
Präventionsprogramm; weniger delinquentes Verhalten, weniger
Drogenmissbrauch, häufiger in der Ursprungsklasse
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
I Can Problem Solve
Kindzentriertes Gewaltpräventionsprogramm (auch Vorschulalter)
(ICPS Shure and Spivack 1982)
Kognitiver Ansatz um interpersonelle Probleme zu lösen,
antisoziales Verhalten zu verhindern
Verhalten hat Ursachen –
Menschen können unterschiedliche Gefühle haben
Mehr als 1 Weg zur Problemlösung
Ergebnis: weniger dissoziales Verhalten, gehen besser mit Wut und
Enttäuschung um
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention im Vorschulalter
I Can Problem Solve
- Unterrichtseinheiten mit Spielen, Geschichten, Handpuppen,
Bildern, Rollenspielen
- Im Alltag ausprobieren
- Auch die Erzieher wenden neue Kommunikationsmuster an
- Erlangener Entwicklungs- und Präventionsstudie:
- 15 Sitzungen 30-60 min mit 6-10 Kindern, 3-5 Wochen, 2
Trainingsleiter
- Weniger Problemverhalten
- Kurzfristiger präventiver Effekt
- Besonders ökonomisch
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
Förderung und Behandlung: beides absichtsvolle, fachlich
begründete Einflußnahmen
- z. B. Lernzielorientierte Förderung (z.B. bestimmte Kompetenz
erlangen)
Erfolgsfaktoren (Orth & Geenen 2004; Enders & Haberstock
2004):
- Eigentätigkeit des Kindes
- Qualität des Handeln des Kindes
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
DAHER: Motivation des Kindes:
Spielerisch:
Kind da abholen, wo es ist
Geeignete Hilfestellungen, zum nächsten Schritt
Offene Gestaltung von Situationen durch die Frühförderin
= Akt des Mitspielens, bei dem es um die absichtsvolle
Ermöglichung von Lernprozessen entlang ausgewählter
Themen geht (Klaes & Walthes 1998)
Mitmachen, Gewährenlassen, Hilfen geben, Struktur und Regeln
beachten, Umgang mit Affekten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
Oerter: nicht jedes Spiel ist lehrreich (1996):
- Kinder können auch auf niedrigerem Niveau spielen, als sie
ihrem geistigen Entwicklungsstand nach spielen könnten.
- Vgl. spielen bei Erwachsenen (Moorhuhn, etc.); Amüsieren
unterhalb des eigenen Niveaus
- Kann auch Flucht aus Alltag sein
3 Ebenen des fördernden Spiels:
- Lernen und Üben von Funktionen im Spiel
- Entwicklungsförderung im Rahmen von Spielhandlungen
- Spiel als sinnstiftende Tätigkeit
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
Oerter
3 Ebenen des fördernden Spiels:
Lernen und Üben von Funktionen im Spiel:
Besondere Spiele für die Sensorik, Konzentration etc.
Montessori Pädagogik: Spiel ist die Arbeit des Kindes
Kritik von Stern (1952): intrinsische Motivation kann abhanden
kommen; es muss auch sinnfreies Spiel (phantasieren,
Puppenspiel, etc. ) geben (allerdings wohl doch sozioemotional relevant
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
Oerter
3 Ebenen des fördernden Spiels:
Entwicklungsförderung im Handeln
- Regeln lernen, lügen und streiten lernen (Gesellschaftsspiele,
Rollenspiele)
Als sinnstiftende Tätigkeit
- dem Kind bei der Expression der Thematik freie Hand lassen
- Bsp. Turm bauen und zum Einsturz bringen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
Ist Spiel noch Spiel wenn es Förderung beinhaltet:
Leben Kind und Fördertherapeutin auf verschiedenen Planeten??
Spiel ist Spiel und Förderung ist Förderung!!! Bei älteren
Kindern kann dieser Wechsel durchaus sinnvoll sein (Spiel =
Belohnung)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Förderung und Spiel
1 Stunde pro Woche= Tropfen auf den heißen Stein?
Modell für Mutter, Lehrstunde für Kind, Hausaufgaben
(schlechtes Gewissen bei Nicht-Üben?? Kontraproduktiv!!
Spielen: Druck der Mütter „die spielen ja nur, was bringt das“?
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Spieltherapie
Humanistische Interventionen:
Die personenzentrierte Spieltherapie (angelehnt an Carl Rogers, 1942, 1978)
•
Äußeren und inneren Fehlanpassungen des Kindes entgegenwirken
•
Beziehungskultur fördern:
–
Echtheit /Authentizität (Unverfälschtheit)
–
Akzeptanz (Anteilnahme, Wertschätzung)
–
Empathisches, einfühlendes Verstehen des Kindes
•
Voraussetzung: alle wichtigen Erfahrungen angstfrei zulassen können
•
Erfahrungslernen (Erfahrungssystem vs. verbal-symbolisches System)
–
Lernen mit kognitiven, emotionalen und handlungsbezogenen Aspekten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen – Spieltherapie
Therapeutisch orientierte Spielgruppen
•
In Grundschulen
•
Gruppenstadium: Lehrerin reflektiert die Konflikte der Kinder und deren
Streben nach Macht und Kontrolle
•
Arbeitsstadium: Gruppe soll als Einheit agieren
•
Sozio-emotionale Förderung
Sandkastenarbeit (allein oder in Gruppe)
Spieltherapeutisch orientierte Tutorenprogramme (ältere helfen jüngeren
Schülern)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention - Bindung - STEEP
Steps towards effective, enjoyable parenting
Hochrisikofamilien – bindungsbasierte Intervention (Egeland und Erickson
2004)
Ansatz beim Kind und Bezugsperson
Minnesota Parent Child Project (MPCP; 1975):
• aufwändige prospektive Längsschnittstudie
• 267 Schwangere mit mehreren Risikofaktoren (kein Schulabschluss,
unterhalb der Armutsgrenze, Alter 12-34; ungewollt schwanger, oft kein
fester Partner; Drogenerfahrung, Gewalt, sexueller Missbrauch etc.)
• Mehrere Untersuchungen in der Kindheit bis heute
• 15% hatten bis zum 4. Lebensjahr eine Traumatisierung erfahren
• 66% der misshandelten Frauen misshandelten ihre Kinder NICHT!
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Prävention - Bindung - STEEP
• 66% der misshandelten Frauen misshandelten ihre Kinder NICHT!
Schutzfaktoren:
Emotional unterstützende Personen (Eltern, Pflegeeltern)
Stabile und intakte Partnerschaft
Intensive, mind. 6 Monate Beratung oder Psychotherapie
Eigene Erfahrungen der Mutter sind weniger bedeutend, als ihre Einstellung
und Integration früherer Erfahrungen für die Umsorgung des eigenen
Kindes
Bindungsklassifikation des Kindes im Altern von 1 Jahr sagt
Problemlöseverhalten mit 3-4 voraus
Sicher gebundene Kinder haben besseres Selbstwertgefühlt, Selbstvertrauen,
Ego-Resilienz, Impulskontrolle etc.
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung - STEEP
Unsicher gebundene Kinder sind abhängiger und anlehnungsbedürftiger im
Kindergarten. Oft hilflos oder indirekte Art der Kontaktaufnahme.
Weniger im Spiel mit Gleichaltrigen.
Eine sichere Bindung ist in jedem Fall die günstigste für die Entwicklung
verschiedener Kompetenzen.
Prinzipien von STEEP
• Unterstützung von Mutter-Kind Paaren, Bindungssicherheit fördern
• Sozial-ökologische Ausrichtung (Einbezug des sozialen Umfeldes)
• Individualisierte Vorgehensweise, angemessene Wahrnehmung des
eigenen Kindes
• Jede Familie, jede Mutter, jedes Kind hat Stärken
• Veränderung geschieht in bedeutsamen Beziehungen
• 8 Ziele
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung - STEEP
8 Ziele von STEEP
1.
Förderung gesunder sowie realistischer Einstellung und Erwartung
bezüglich Schwangerschaft, Geburt, Erziehung und Eltern-KindBeziehung
2.
Vermittlung von Grundlagenwissen zur kindlichen Entwicklung und
Förderung realistischer Erwartungen bezüglich kindlichen Verhaltens
3.
Förderung feinfühliger und vorhersagbarer Reaktionen der Eltern auf die
Signale des Kindes
4.
Befähigung der Eltern zur Perspektivenübernahme (seeing is believing;
Videoaufnahmen besprechen)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung - STEEP
8 Ziele von STEEP
5. Bereitstellung einer Sicherheit vermittelnden und entwicklungsförderlichen
häuslichen Umgebung (Spielsachen, Sicherheit)
6. Hilfestellung für die Eltern bei der Etablierung sozialer Hilfen für sich und
ihr Kind (Gruppentreffen)
7. Hilfestellung für Eltern bei der Etablierung angemessener
Handlungsstrategien im Alltag (staatliche/städtische Hilfen)
8. Aufbau und Stärkung der Kompetenzen und des Selbstbewusstseins der
Eltern
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung - STEEP
Umsetzung im Alltag
•
•
•
•
Gut ausgebildete und feinfühlige Beraterinnen
Laufzeit etwas über 2 Jahre mit Beginn in Schwangerschaft
Hausbesuche (90 min)
Gruppensitzungen alle 2 Wochen
Evaluation
Interventionsgruppe (N=80), Kontrollgruppe (N=74)
STEEP:
• Besseres Verständnis für die Entwicklung des Kindes, mehr Kompetenz
im Lebensalltag, weniger depressive Symptome
• Seltener Folgeschwangerschaft innerhalb 2 Jahre
• Höhere Feinfühligkeit
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung - STEEP
Evaluation
Interventionsgruppe (N=80), Kontrollgruppe (N=74)
STEEP:
• Besseres Verständnis für die Entwicklung des Kindes, mehr Kompetenz
im Lebensalltag, weniger depressive Symptome
• Seltener Folgeschwangerschaft innerhalb 2 Jahre
• Höhere Feinfühligkeit
• Keine Unterschiede bei Bindungsstatus
• Weniger Desorganisation als in Kontrollgruppe
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Bindungsgeleitete Intervention in der schulischen Erziehungshilfe
•
Hohe Prävalenz von Gewalt - , Verlust-, Vernachlässungserfahrunge bei
Kindern in Settings der Erziehungshilfe im Vgl. zur Regelschule
•
Unsichere Bindungsmuster (ca 90 %; ca 60% desorganisiert)
•
Unsichere Bindung: Geringere Sozialkompetenz, mehr Symptome
•
Transformierbarkeit der Bindungsrepräsentation (von sicher zu unsicher z.
B .durch Scheidung der Eltern)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Bindungsgeleitete Intervention in der schulischen Erziehungshilfe
•
Am ehesten korrigierende Beziehungserfahrungen im
therapeutischen/pädagogischen Setting
•
Problem: Transfer der pathologischen Beziehungsstrategien auf die
Lehrer-Schüler Beziehung; von beiden Parteien
•
Lehrer verbringen viel Zeit mit den Kindern
•
Vermittlung einer Diskontinuitätserfahrung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Pädagogische Strategien
•
Neue Bindungserlebnisse ermöglichen, damit sich das Kind von alten
Bindungsmustern lösen kann – andere als responsiv und fürsorgend, sich
selbst als wertvoll und liebenswert
•
ZIEL: Feinfühligkeit der Lehrer steigern
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Ambivalent unsichere Kinder:
• Bindungsfiguren sind unzuverlässig und inkonsistent im Verhalten
•
Bindungssystem ist chronisch/sehr häufig aktiviert – abhängiges
Verhalten gegenüber Bezugsperson, wenig Exploration
•
Entgegenwirken: viel Regelmäßigkeit und Konsistenz in der LehrerSchüler Beziehung
•
Z. B. an jedem Schultag oder festen Termin Zeit für das Kind nimmt, oder
feste Begrüßungsrituale
•
Terminabsagen: Wut des Kindes
•
Ferien: Übergangsobjekte (Winnicott) – Postkarte, Gegenstand
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Interventionen - Bindung
Ambivalent unsichere Kinder:
Probleme im Schulsetting:
• Beziehungsunterbrechungen (Ferien)
• Lehrer kann die massiven Bindungsbedürfnisse so nicht befriedigen – Wut
des Kindes und Provokationen
• komplementäres Verhalten des Lehrer (Zurückweisung) (diesem ist durch
Training entgegenzuwirken)
• Verbalisieren der Emotionen durch nicht erfüllte Bindungsbedürfnisse
(zeigt Feinfühligkeit)
• Schwierig: diese Kinder warten lange Zeit nur darauf, wieder enttäuscht
zu werden, zur Bestätigung ihre Beziehungsschemas
• In Verhaltensmodifikation: keine Aufmerksamkeit auf störendes
Verhalten. In Bindungsgeleiteter Intervention: Verbalisieren
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Unsicher - vermeidende Kinder:
• Angst vor Zurückweisung oder Misshandlung
• Meiden Augenkontakt zu Lehrer und physischem Abstand
• Weigerung, Beziehung einzugehen
• Überkontrollierende und omipotent
Strategien
• Lehrer sollte Vermeidung akzeptieren
•
Feinfühlig auf Kontrollbedürfnisse reagieren (Freiheit über Lernmaterial )
•
Dyadische Aktionen (Spiel, v.a. von Versorgungssituationen) von Lehrer
und Kind
•
Sachorientierte Beziehung
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Interventionen - Bindung
Probleme bei unsicher-vermeidender Bindung
•
Beziehung ist dann erst etabliert, wenn das Kind wieder beginnt alte
Beziehungserfahrungen in dieser Dyade auszuagieren
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Interventionen - Bindung
Desorganisiert gebundene Kinder
•
Sie selbst sind vulnerabel und hilflos in angstauslösenden Situationen
•
Bindungsfigur bietet keine Sicherheit in solchen Situationen
•
Schmerzvolle _Bindungserfahrungen werden in einem abgetrennten
System gespeichert
•
Unkontrollierte Durchbrüche des segregated systems
•
Zeigen kontrollierendes (strafend oder fürsorglich) Verhalten gegenüber
der Bindungsfigur
•
Intervention auf Verhaltenseben und Repräsentationsebene
•
Integration von segregated systems in Psychotherapie
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Interventionen - Bindung
Desorganisiert gebundene Kinder
Intervention auf Verhaltensebene:
•
Kinder dissoziieren während Unterricht, oder Durchbruch von Emotionen
bei Bindungsstress (mit altem Trauma assoziiert, z. B. Trennung)
•
In sichere Situation mit Kind gehen
•
Kontrollierendes Verhalten des Kindes: wenn Bezugspersonen in
Situationen von Stress selbst außer Kontrolle geraten (schlagen etc.)
•
Kind übernimmt aggressives Modell der Bindungsfigur
•
Konfrontation des Kindes mit inkompatiblen Beziehungserfahrungen
(nicht strafend, wie so oft zu beobachten) – Metaphern mit Tieren
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Desorganisiert gebundene Kinder
Intervention auf Verhaltensebene:
•
Lehrer als sichere Basis/safe haven
•
Kindliche Bedürnisse erst einmal verbalisieren,sobald Identifikation mit
Tier in Geschichte, dann feinfühlig reagieren
•
Alternative Strategien der Ärgerregulation
•
Fürsorglich-kontrollierend: Verstärkung durch Rückzug der
Bindungsperson/Elternteil
•
Lehrer darf die Rolle des zu Versorgenden nicht annehmen, sondern zeigt,
dass er der Verantwortliche ist
•
Metapherngeschichten;
•
Lehrer zeigt Fürsorgeverhalten
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Interventionen - Bindung
Verabschiedung
• Wenn Kind an Regelschule zurückkehrt oder Ende der Schulzeit
• Reaktivierung von Trennungstraumata
• Erklären, wieso und warum: weil Kind so viele Fortschritte gemacht hat,
nicht weil der Lehrer es nicht mehr mag
Primat der Beziehung (Hillenbrand 1999) bei Intervention mit
verhaltensgestörten Kindern
Pilotstudie (Taumer 2004): Multiple-Baseline-Design
• Ambivalente: mehr Exploration, weniger Abhängigkeit
• Weniger externalisierende Symptome
Sicher gebundenen Lehrern fallen bindungsgeleitete
Interventionen/Feinfühligkeit leicht – unsichere Bindung beim Lehrer ist
problematisch
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Psychologische und physiologische Grundlage
der positiven Wirkung von Hunden auf Kinder
Andrea M. Beetz
Dipl.-Psych., Dr. phil.
Institut für sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation
Universität Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Hunde in der Pädagogik
• Hunde werden permanent in der Schule eingesetzt oder kommen
besuchsweise
• Hunde im Klassenzimmer
• Humane Education, mehr Empathie (Ascione, 1992)
• Tiergestützte Heilpädagogik (Vanek-Gullner, 2003)
• Lesen mit Hund
• Konzentrationstraining mit Hund
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Grundlagen der
Mensch - Tier - Beziehung
Es gibt kein einheitliches Modell der Mensch-Tier-Beziehung
nur einige Wirkfaktoren wurden identifiziert:
• Nonverbale Kommunikation
• Sozialer Katalysator
• Tiere als Gefährten und Freunde
• Aschenputtel-Effekt
• Uneingeschränkte Akzeptanz
• Soziale Unterstützung
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Biophilie
Wieso interessieren sich Menschen für Kontakt mit Tieren:
Wilson (1984) und Kellert (1997):
• Gemeinsame Entwicklungsgeschichte von Mensch und Tier
• Ein natürliches/angeborenes Interesse an Tieren war in der menschlichen
Geschichte über-lebensnotwendig
– von ihnen ausgehende mögliche Bedrohung
– ihre sensorischen oder motorischen Fähigkeiten nutzen
– Nahrungsquelle
– Signalwirkung! (Gefühl der Sicherheit bei ruhigen Tieren in der
Umgebung)
Biophilie ist eine Bezugnahme (positiv oder negativ) auf Tiere und
Natur
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Biophilie
• zunehmende Technisierung unserer direkten Lebensumwelt und
Reglementierung (soziale Ziele): Natur- und Beziehungsverlust
• in der kurzen Zeit der zivilisatorischen Entwicklung keine optimale Anpassung
an diese neue Umwelt
• Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten sind auf natürliche Umgebungen
abgestimmt – wir brauchen Natur und gesunde soziale Beziehungen
• Zunahme an psychischen / emotionalen Störungen bzw. Bindungsstörungen im
Kindes- und Erwachsenenalter
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Biophilie
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Biophilie
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Positive Gesundheitseffekte
• Hundehalter/Tierhalter sind gesünder (z. B. Heady
1999, Heady, Na & Zheng 2008) – schlafen besser,
weniger Arztbesuche, mehr Bewegung,
• höhere Überlebensrate der Hundehalter nach einem
Herzinfarkt (Friedmann & Thomas 1998)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Günstigere Wahrnehmung/mehr freundliche
soziale Aufmerksamkeit durch andere in
Begleitung eines freundlichen Hundes z. B.
• service dogs (Hart, Hart & Bergin 1987)
• Wells (2004): 1800 Fremde
Vergleich echte Hunde (Labrador, LabradorWelpe, Rottweiler) vs. Stofftier vs. alleine:
Am meisten angelächelt und angesprochen mit
Labrador/Welpe – deutlich weniger mit
Rottweiler, noch weniger mit Stofftier o. alleine
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Sozialer Katalysator-Effekt, Stimulation sozialer
Interaktion
• Mit dem Hund: bei autistischen Kindern
(Prothmann, Ettrich & Prothmann 2009, Martin &
Farnum 2002)
• Mehr Sprachgebrauch in Anwesenheit eines
Hundes bei Kindern mit Autismus (Sams, Fortney &
Willenbring 2006)
• Verbesserung der therapeutischen Beziehung
durch den Hund bei Erwachsenen mit
Substanzmissbrauch (Wesley, Minatrea & Watson
2009)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Reduktion von Angst (ohne Stressinduktion)
• Hundebesuch (12 min) vs. Besuch von Mensch und
normale Pflege bei Patienten mit Herzinsuffizienz:
deutlichste Reduktion der Angst durch den Hund (Cole,
Gawlinksi, Steers & Kotlerman 2007)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Gesteigertes Vertrauen
• Videos von zwei Psychotherapeuten, mit oder ohne
Hund. Studenten schätzten die Therapeuten mit Hund
als vertrauenswürdiger ein (v.a. diejenigen mit der
negativsten Meinung von Psychotherapeuten im
Allgemeinen) ( Schneider & Harley 2006)
• Passanten nach ihrer Telefonnummer fragen: mit oder
ohne Hund. Mehr Vertrauen in Begleitung des Hundes
(Gueguen & Ciccotti 2008)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Verbesserung der Stimmung, Reduktion von
Depressivität
• AAI mit Hunden, v.a. bei Oldies oder
Pflegebedürftigen, aber auch bei Kindern mit
psychischen Störungen verbessert die Stimmung (z. B.
Kaminski, Pellino & Wish 2002)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Reduktion von Puls und Blutdruck, z. B.
• Kinder lasen ein Buch oder ruhten aus, in Anwesenheit
eines Hundes (oder Hund wurde nach Hälfte der Zeit
dazu gelassen): Blutdruck war niedriger wenn der
Hund von Beginn an anwesend war (Friedmann et al
1983)
• Hund-Streicheln vs. Ausruhen vs. Unterhaltung vs.
Lesen bei Studenten: Blutdruck am niedrigsten beim
Ausruhen, aber deutlich niedriger beim Streicheln als
bei Lesen oder Unterhalten (Grossberg & Alf 1985)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Reduktion von Puls und Blutdruck, z. B.
• Streicheln des eigenen Hundes (3 min) reduziert den
Puls für ca 1 Stunde (Handlin et al 2011)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Effekte auf Hormone z. B.
• Level von Kortisol (Stresshormon) von Erwachsenen
war niedriger nach Interaktion mit einem Hund, als
nach 20 min Ausruhen (Barker et al. 2005)
• Ein Hund in der Familie reduziert denn Level von
Kortisol (Cortisol awakening response) bei Kindern mit
autistischen Störungen (Viau et al 2010)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Studien zur Wirkung von Hunden
Effekte auf Hormone z. B.
• Der Level des Hormons Oxytozin („Bindungshormon“)
steigt nach Interaktion mit einem Hund an (Odendaal
2000, Odendaal & Meintjes 2003, Handlin et al 2011),
noch mehr wenn man den eigenen Hund anstatt eines
fremden Hundes streichelt (KÖRPERKONTAKT)
• Längerer Augenkontakt zwischen Hund und Besitzer
(mit hoher Bindung an Hund) geht einher mit höherem
Leven von Oxytozin im Urin beim Besitzer (Nagasawa
et al 2009)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Transmission von Bindung
Keine Übertragung von unsicherer oder
desorganisierter Bindung zu Tieren
Kurdek (2008, 2009 a/b):
• Fragebogenstudien mit Kindern und Jugendlichen
• Hunde werden als Bindungsfiguren von ihren Besitzern
beschrieben
• kein signifikanter Zusammenhang zwischen Bindung
zum Tier und Bindung zu Menschen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Vorteile tiergestützter Arbeit
Keine Übertragung von unsicherer oder
desorganisierter Bindung zu Tieren
• Der Hund kann von (fast) jedem Kind zur
sozialen Unterstützung und Stressregulation
genutzt werden (auch diejenigen, die es
aufgrund unsicherer Bindung nicht vom Lehrer
oder Freunden annehmen können)
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Lernen und Stress
• Lernen (schulisches) ist nur in Abwesenheit von Stress
effektiv möglich – Stress und Angst behindern Lernen
(s. Spitzer, Hüther, Roth)
• Ein Hund kann zur Reduktion von Stress bei Kindern in
der Schule beitragen:
– Kontakt (Streicheln senkt Blutdruck, Kortisol)
– Ruhender Hund (evtl. über Biophilie)
• Der Hund kann helfen, eine gute Lehrer-Schüler
Beziehung herzustellen
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Anwendung für die Praxis
• Kontakt mit dem Hund erlauben, gerade Schülern mit
Angst und unter Stress
• Hund (- kontakt) nicht rein als Verstärker/Belohnung
einsetzen, obwohl der Hund auch als Motivator (SchulLust) wirken kann
• Der Hund muss selbst ruhig und entspannt
(„stressfrei“) sein, um einen stressreduzierenden Effekt
zu haben
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Kontakt:
[email protected]
Tel.: 09131 4000 455
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