Kognitive Entwicklung u. Störungen im emotionalen und sozialen Verhalten Andrea M. Beetz Dipl.-Psych., Dr. phil. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Literatur • Goswami. U. (1998, 2001). So denken Kinder. Einführung in die Psychologie der kognitiven Entwicklung. Hans-HuberVerlag. • Neubauer & Stern (2009). Lernen macht intelligent. Goldmann. • Thomas, R. M. & Feldmann, B. (1979, 1996, 2002). Die Entwicklung des Kindes. Beltz. • Pauen, S. (2007). Was Babys denken. Eine Geschichte des ersten Lebensjahres. C. H. Beck. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Literatur • Diamond, A. & Lee, K. (2011). Interventions shown to aid executive function development in children 4 to 12 years old. Science, 333, 959-964. • Best, J. R. (2010). Effects of physical activity on children‘s executive function: contributions of experimental research on aerobic exercise. Developmental Review, 30, 331-351. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Literatur • Essau, C. (2003). Angst bei Kindern und Jugendlichen. Reinhardt,UTB. • Hillenbrand, C. (2008). Einführung in die Pädagogik bei Verhaltensstörungen • Thurmair und Naggl (2007). Praxis der Frühförderung. Reinhardt Verlag. • Papousek, Schieche, Wurmser (2004). Regulationsstörungen der frühen Kindheit. Hans Huber Verlag. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Seminarablauf Tag 1 Kognitive Entwicklung – Übersicht • Elementare kognitive Prozesse • Höhere kognitive Prozesse • Begriffliches und kausales Denken • Gedächtnis • Logisches Denken • Piaget: Theorie der Entwicklung des logischen Denkens. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Seminarablauf Tag 2 • Executive Functions: Exekutive Funktionen • Verhaltensstörung und emotionale Störungen in der Übersicht • Frühkindliche Regulationsstörungen • Verknüpfung mit kognitiver Entwicklung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Seminarablauf Tag 3 • Bindung und Stressregulation/Emotionsregulation als gemeinsamer Einflussfaktor für die kognitive und sozioemotionale Entwicklung • Prävention und Intervention in Bezug auf – Bindung, Sozioemotionale Entwicklung, Kognitive Entwicklung • Gemeinsamkeiten/wichtigste Features von Interventionen • Tiergestützte Interventionen im pädagogischen Kontext Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung Beginnt bereits im Mutterleib • Bewegungsmuster ab SSW 15 • Bereits Lernen/Erinnern: Erkennen von Melodien, Stimme der Mutter (s. auch Prägung Gänseküken, K. Lorenz • Aber keine höheren kognitiven Funktionen (logisches Denken etc.) • Exponentielle Wissenserweiterung im Lauf der Kindheit (Gehirn nimmt im ersten Lebensjahr um das Doppelte zu) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung Die Kausale Bias in der Kindheit • WARUM? WARUM? WARUM • Erfragen von kausal relevanten Information, um Ereignisse in Umwelt zu erklären, vorherzusagen und zu steuern • Organisation des Gedächtnisses, Grundlage des begrifflichen Denkens, Schrittmacher des logischen Denkens (Bsp. S.19) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung Anlage-Umwelt Interaktion • Qualitative vs. Quantitative Ansätze • Piagets Stadientheorie (z. B. Objektpermanenz Alter ab 12 Monate; konkret-operatorisches Denken ab 6 Jahren; Analogieschluss ab 12) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Elementare kognitive Prozesse: • Ziel der Kognition: Information über Umgebung und Ursache-Wirkung zu gewinnen Kontrolle • Grundlagen: – Lernen – Gedächtnis – Aufmerksamkeit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Gedächtnis und Lernen - Bereits Erinnerung an Stimme der Mutter im Mutterleib - 12 Stunden alte Babies, Saugen an Schnuller gemessen, Stimme von Fremder/Mutter als Belohnung (für weniger/mehr Saugen) – auch Umkehrung (rule reversal) recht rasch erlernt (DeCaspar & Fifer) - Rule Reversal: stärkster Test für kognitive Prozesse bei Tieren - 1 Tag alte Babies sind besser als Goldfische !!! - Erinnerung an Geschichten im Mutterleib (unterschiedliche Geschichten, auch bei fremder Stimme (DeCaspar& Spence 1986) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Gedächtnis für Gegenstände • Babies, 3/7 Wochen alt; blaue Kreuze, rote Dreiecke Form, Farbe, Größe des zuvor trainierten Stimulus wurden erinnert (Bushnell et al 1984) • Gegenstände verschiedener Kategorien (Formen, Gesichter) – längere Blickdauer zeigt das Erkennen von „neu“ an (Cornell 1979), 5-6 Monate alt Neues wird immer bevorzugt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Gedächtnis für Ereignisse • 2 ½ Jährige erinnern Ereignisse als sie 6 Monate alt waren ( Perris et al 1990) • Rasselnde Vogelpuppe im Labor mit 6 Monaten (Kontrollgruppe nicht) – mit 2 ½ verschiedene Spielzeuge und Fragen zur Vogelpuppe, Spiel • Kaum explizite Erinnerung, aber implizit griffen sie häufiger nach der Vogelpuppe (Kontrollgruppe nicht) • Auch: Greifen nach Vogelpuppe im Dunkeln; die das vorher gemacht hatten, hatten weniger Angst im Dunkeln als die Kontrollen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Gedächtnis für Ursache-Wirkung-Zusammenhänge • Aktivierung eines Mobiles über Bett, durch Band am Fuß (Registrierung von Tretbewegung später, wenn wieder in Bett mit Mobile (Rovee-Collier) • Erinnerung für 2-8 Tage (Reagieren z. B. nicht auf neue Mobiles) • Je älter, desto länger hält die Erinnerung • Umgebungseinflüsse (Nestchen-Farbe) werden wichtiger je länger die Erinnerung zurückliegt (retrieval cues) – z. B. auch durch Zeigen des Mobiles ohne Gelegenheit zu treten. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Verzögerte Nachahmung • z. B. Zusammensetzen eines Schaukelpferds, Knopf in Dose stecken (Mandler & McDonough 1995) • 11 Monate alte Babies • Nach 24 Stunden noch gut Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Wahrnehmung und Aufmerksamkeit • Untersuchung über Erwartungen visueller Ereignisse (notwendig um die Flut von Informationen zu organisieren und zu kontrollieren) • Links und rechtsseitige Vorgabe von Bildern, ab 3 Monaten Kontrolle und Erwartungen messbar • Reagieren auf Ankündigungsreize (Aufmerksamkeit) Visuelle Präferenz und Habituation • Habituationsparadigma (verminderte Blickdauer bei bekanntem Reiz) - Dishabituation bei neuem Reiz • Rudimentäre Kategorisierung (Habituation gilt auch für ähnliche Reize, dh. Ähnlicher Kreis vs. Kreuz) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Intermodale Wahrnehmung • Visuelle und taktile, bzw. auditive Information verbinden können • Meltzoff & Borton (1979): 2 Schnuller mit unterschiedlicher Oberflächenstruktur; zuerst in Mund zum Befühlen, dann Bilder von den verschiedenen Schnullern – längerer Blick zum gefühlten Schnuller • Film von 2 Episoden die Geräusche machen; wenn Geräusch eingespielt, schauen Babies (4 Monate alt) eher zu dem Stummfilm der zum Geräusch paßte • Filme zum Vorlesen von Kinderreimen – wenn Synchronisation off, dann wurden die Babies unruhig (Dodd 1979) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Nachahmung • Babies können Mimik und Gestik Erwachsener nachahmen (bereits mit 1 Stunde) (Meltzoff & Moore) – – Baby sitzt im Dunkeln, auf Bildschirm wird Bild eines Erwachsenengesichts (Zunge raus oder ä) gezeigt – Babies werden gefilmt, wird „blind“ ausgewertet – Imitation der gezeigten Gesichtsausdrücke häufiger Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Zusammenhang von frühen kognitiven Maßen und späterer Intelligenz • Habituationsgeschwindigkeit (e.g. Fagan 1984) • schnelle Verarbeitungsgeschwindigkeit – höhere Intelligenz später; ABER, zu kurze Aufmerksamkeit/schnelles Springen – ADS?! • Metaanalyse (Bornstein & Sigman 1986): Aufmerksamkeit und Intelligenz: Alter 5 Jahre (r=.48), Alter 6 Jahre (r=.56) • Sigman et al (1986): r=-.36 Gesamtbetrachungsdauer – HAVIK (Alter 8), analoges Schlussfolgern (Alter 12). • Visuelles Wiedererkennen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Zusammenhang von frühen kognitiven Maßen und späterer Intelligenz • Visuelles Wiedererkennen – Zusammenhang von Neuigkeitspräferenz (nicht Wiedererkennen) mit PPVT (Peabody Picture Vocabulary Test, IQ) (Fagan 1984) – Sagt IQ mit 11 Jahren am besten voraus (Rose & Feldman 1995), auch Test für Verarbeitungsgeschwindigkeit – McCall & Carriger (1993; Metaanalyse): Wichtiger als Habituation und visuelles Wiedererkennen (r=.45) ist die Hemmung von Reaktionen auf bereits gesehene Stimuli Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse • Repräsentation des Wissens als Voraussetzung für höhere (schlussfolgernde u. problemlösende) Prozesse: – Kategorisierung, Prototypen, äußere Struktur von Dingen • Habituationsexperiment (Cohen & Caputo 1978) 7 Monate alte babies; 1 Gruppe sah immer das gleiche Stofftier, gruppe 2 immer ein anderes Stofftier je Durchgang, 3. Gruppe unzusammenhängende Objekte - Test: neues Stofftier und Rassel werden präsentiert: Gruppe 1 bei beiden Dishabituation; Gruppe 2 Dishabituation nur bei Rassel, Gruppe 3 bei weder noch Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse • Wissen um korrelative Zusammenhänge (z. B. Tierzeichnungen) (anstatt nur einzelnes Merkmal) (Younger & Cohen 1983) • Vom Prototyp ausgehend – generalisierte Repräsentation – Begriffliche Repräsentation • z. B. Tierzeichnungen (Younger & Cohen 1983) – 5 Merkmale: Körperform, Schwanz, Füße, Ohren, Beine (je 3 Varianten) – Tiere unterschieden sich in 3 Merkmalen, aber immer 2 gemeinsame Merkmale (lange Beine und kurzer Hals) – Testphase: 3 Tiere, 1 das ins Schema paßt, 1 das gegen die Regel verstieß und 1 mit völlig neuen Merkmalen – Dishabituation auf Tier 2 und 3 (d.h. es wurde eine Kategorie lange Beine & kurzer Hals gebildet) – 11 Monate alte Babies Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse • Regelhaftigkeit von Ereignissen erkennen • Räumlich (über/unter) • Z. B. Stoßen, schubsen • Test über Verletzungen von Regelhaftigkeiten • Test räumlicher Relationen Quinn (1994): Balken mit Punkt an 4 verschiedenen Positionen über oder unter dem Balken in der Habituationsphase Test: erst regelhafter Punkt, aber neue Position; dann auf falscher Seite – visuelle Präferenz für diese Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Test räumlicher Relationen Baillargeon (1987). Großer Hase hinter niedriger Wand (Babies 5 Monate) - Habituation: kleiner oder mittlerer Hase gehen hinter hoher Wand und kommen auf anderer Seite raus (dazwischen nicht zu sehen) - - Testphase (Wand mit Einkerbung in Mitte): Kleiner Hase geht hinter Wand, ohne dass man ihn sieht (keine Dishabituation), der große nicht – man sieht ihn aber dennoch nicht (Dishabituation der Kinder) Geht auch schon bei 3 1/3 Monaten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Erinnerung (Baillargeon 1988) - Auftauchen von Objekten an „unmöglichen“ Stellen (da wo sie nicht verschwunden/verdeckt worden waren - D.h. kognitive Repräsentation des interessanten Gegenstands (über 70 sek bei 8 Monate alten Babies) Räumliches Lernen – Antizipation (McKenzie et al (1984) - Anzeigen eines zukünftigen Ereignisses über weißen Ball Verdeckungsrelation (Baillargeon ) (Objektpermanenz) - S. 67 Dishabitiation für unmögliche Ereignisse, Zugbrückenparadigma (unterschiedliche Materialien auch) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Repräsentation quantitativer Relationen Cooper (1984) - 2 Reihen von farbigen Quadraten, auf einer seite immer mehr als auf der anderen (Habituation) - Test: gleich viele oder mehr auf der anderen Seite (10 Monate alt reagiert nur auf =, 14 Monate alt auch auf <) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Kausale Relationen • Experimente : Kollisionen als Ursache-Wirkungs-Relation • Leslie & Keeble (1987): launching events (ein Objekt versetzt ein anderes in Bewegung) • Oder physikalische Gesetze (Kasten fällt von Tisch): 5 Monate alte Babies erwarten dass sobald etwas überragt, es fällt, ältere, dass es erst ab 50% fällt • Kontaktereignis (launching) oder nicht: Unterscheidung bei Menschen und Dingen (bei Menschen überrascht selbständige Bewegung hinter Wand hervor nicht) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Verständnis von Intention einer Person (Meltzoff 1995) • Gruppe1: Beobachtung von einer Person, die erfolgreich Kette in Zylinder fädelt, Schlaufe an Nagel hängt • Gruppe 2: Beobachtung wie Person dies versucht, aber scheitert • Bei Gelegenheit zur Imitation können beide Gruppen gleichgut imitieren; ohne vorherige Videos, nicht Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Kausales begriffliches Wissen: Voraussetzungen: Objektmechanik und psychologische Theorie (theory of mind) - Entwickeln sich ab dem 4. Lebensmonat Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Schlussfolgerndes Denken und Problemlösen Der Bär im Becher: Bär, der unter Plastikbecher saß, wird aus leeren Spielzeugkäfig herausgeholt Habituation: Becher und Käfig, oder Bär (mal links mal rechts) Test: möglich: Bär in Käfig, hinter Trennwand wird erst Käfig und dann Bär hervorgeholt Unmöglich: Bär verdeckt, Käfig leer; aber hinter Trennwand werden Käfig und Bär hervorgeholt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Höhere kognitive Prozesse Lernen - Testung über Wiedererkennen oder Wiedergabe Lernen durch Imitation - Analogien Chen et al (1990): analoges Lernen bei 10 Monate alten Babies: - An interessantes Spielzeug gelangen das ausserhalb der Reichweite ist – verschiedenen Objekte als Mittel - Box als Barriere, 2 Stoffstücke auf deren Ende je eine Schnur lag, an einer daran Objekt befestigt: Analogie auf andere Objekte, kisten, Schnüre - 10-13 Monate: weniger selbst, erst nach Vorführung durch Eltern: 10 Monate nur wenn viel Gleichheit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Frühe Kindheit Was Babies nicht können: • Lassen sich durcheinander bringen (cognitive confusion) • Nervensystem noch nicht ausgereift (v.a. frontaler Kortex) • Suchfehler beim Greifen (Piaget: A-nicht-B-Fehler) mit 9 Monaten • Verstecken von Objekt an einer von mehreren Stellen (A, B) versteckt: Kind findet es unter A; wenn es aber dann vor seinen Augen unter B versteckt wird, sucht das Kind dennoch unter A (nur bei Verzögerung bis zum Greifen) • Wohl weil präfrontaler Kortext nicht ausgereift (Neigung zur Perseveration) - Regeländerungen werden nicht umgesetzt • Je älter desto längere Verzögerung bis zum Greifen resultieren in richtiger Antwort (gilt auch für zielgerichtetes Krabbeln) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken Übergeordnete, untergeordnete, basale Kategorien (Möbel) (spezieller Stuhl) (äußere Struktur) • Zuordnung eines Gegenstandes zu einer Kategorie erlaubt uns Wissen über das Ding, das man von außen eigentlich nicht sehen kann • Gemeinsames Auftreten verschiedener Merkmale (Federn-Flügel) • Basale Ebene der Kategorisierung – höchster psychologischer Nutzen • Prototypen – Vertreter der basalen Ebene einer Kategorie • Babies: perzeptuelle Zuordnung – ältere Kinder: konzeptuelle Zuordnung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken Maß für Kategorisierung: sequenzielles Berühren - Gegenstände einer Kategorie werden häufig nacheinander berührt Mandler & Bauer (1988): Basale Kategorie: Hunde vs. Katzen; übergeordnet: Tiere vs. Fahrzeuge - Kinder im Alter von 12, 15, 20 Monaten - Jüngere Kinder gruppieren nach basaler Ebene, ältere auch kontextuell (Gegenstände aus der Küche, Bad) - Ab 19 Monaten Zuordnungen (matching- to-sample) auf basaler und übergeordneter Ebene möglich Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken Maß für Kategorisierung: sequenzielles Berühren Kinder von 7-11 Monaten können zwar auf basaler Ebene Hundefiguren nicht von Fischen unterscheiden (durch Objektuntersuchung), aber Tiere von Fahrzeugen – übergeordnete Ebene ist wichtiger (Mandler & McDonough 1993) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken Die Rolle der Sprache - Neue Substantive werden oft als übergeordnete Kategorien verstanden, Adjektive oft als basale - Waxman: Japanische Puppe mit Vorlieben, wenn Dinge mit Adjektiv (mag nur Dinge die sukish sind) vorgegeben werden, dann eher Zuordnung auf basaler Kategorie (Hunderassen zu Hund), als wenn Substantiv vorgegeben wurde „mag nur Sukas“ Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken Unterscheidung von Bewegung von Gegenständen und Lebewesen - - - Lichtpunkt-filme von natürlicher oder mechanischer Bewegung Schon mit 5 Monaten (wohl auch früher) (aber nur wenn in aufrechter Position gegangen wird) Unterscheidung nach selbstgenerierter Bewegung (Statuen, Gegenstände vs. Menschen und Tiere) Gemeinsame Struktureigenschaften (innere Beschaffenheit, wie Herz, Blutkreislauf, oder bei Gegenständen Material) Bei 3-4 Jährigen gut ausgeprägt Unterscheidung nach Wachstum (Tierbabies, neue Gegenstände, älteren Versionen zuordnen, 3-5 Jährige können das, aber 3 Jährige lassen sich mehr von Größe durch Wachstum verleiten Unterscheidung nach Vererbung/Veränderung nur bei Objekten (dinge annähen etc.) bei älteren Kindern (Tiger wird nicht Löwe) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Begriffliches Denken Repräsentation nach typischen vs. definierenden Merkmalen - Bsp. eine nette und fröhliche Frau gibt euch allen die Hand, schraubt euren Klodeckel ab, nimmt ihn mit und bringt ihn nie wieder. Könnte das eine Diebin sein? - Für kleinere Kinder sind eher die typischen Merkmale wichtig, für ältere die definierenden Merkmale Repräsentation nach Essenzen (Medin) und naive Theorien - Menschen handeln als hätten Dinge eine Essenz die sie zu dem macht, was sie sind – kausale Zwangsläufigkeiten (z. B. Vögel: leicht, Federn, Flügel, fliegen) – v.a. bei natürlichen Arten Frage nach Begriffswandel – Welt wird an Nahtstellen auseinandergenommen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Unterscheidung von naiver Physik und naiver Psychologie (theory of mind) – zwei grundlegende Wissensbereiche, die sich deutlich unterscheiden Mit 3 Jahren Wissen über: - Transformation von Gegenständen (Tasse, Scherben) – Theorie über Verursacher (eher Hammer als Schere) - - Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen (Gelman et al) Z. B. Abfolge 3 Bilder: Gegenstand – Verursacher - veränderter Gegenstand (Zitrone – Messer – zwei Zitronenhälften) – Auswahl des Ergebnisses aus mehreren Alternativen 92% der Dreijährigen und 100% der Vierjähren wählen korrekten Verursacher (Transformation in andere Richtung, geringere % Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Reversibilität kausaler Transformation - wenn 3er Bildsequenz von links nach rechts gelesen – Verursacher heraussuchen – (Tasse – Hammer – Scherben) - Nächste Aufgabe, wenn von rechts nach links (Scherben - ? – Tasse): Klebstoff - 3-Jährige nur zu 50% korrekt, Vierjährige 75% - Jüngere befolgen die umgekehrte Reihenfolge nicht gut und kausale Schlussfolgerungen funktionieren noch nicht (eher Assoziatives Lernen durch vorherige Sequenz) (Gupta & Bryant) - Bei Videoaufnahmen anstatt Bildern (Blue 1995), wählen auch 82% der Dreijährigen richtig Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien A verursacht B: - A ist vor oder zeitgleich mit B, nicht später – Prioritätsprinzip - Kovariationsprinzip (symmetrische Kovariation) - Zeitliche Kontiguität (zeitlich-räumliche Nähe) - Ähnlichkeitsprinzip (mechanischer Effekt auf mechanische Ursache) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien • Priorität: Ursache- Wirkungs-Zusammenhang ab ca 3 Jahren (Teufel in Kiste, Murmel vorher /oder nachher), (Bullock & Gelman 1979) (75% der 3Jährigen, 88% Vierjährige, 100% Fünfjährige) Kovariation: • Apparat mit 2 Hebel zum Lichtanschalten: verschiedene Variationen von Hebeldrücken – Kinder ab 3 schlussfolgern richtig, welcher Hebel verursacht (Shultz & Mendelson 1975) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien • Zeitliche Kontiguität Kiste, teils grün, teils orange mit jeweils einem Loch; 2. Kiste mit Rohr verbunden; Murmel in grün – 5 sec später Glocke in Kiste 2; in orange passiert nichts; Test: Murmel in Grün, dann 4 sek später in orange, 1 sek später Glocke – Kinder erkennen die Kovariation eher an, als die direkte zeitliche Kontiguität (Mendelson & Shultz 1974). Wenn aber Kiste in Kiste, dann eher räumliche Kontiguität auch wenn kein Ton kommt wenn man nur Murmel ins Orange wirft (Alter 5-7) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien • Ähnlichkeitsprinzip Kiste mit schwerem und einem leichten Hebel – lautes und leises feines Klingelgeräusch – eher Zuschreibung des leichten zum kleinen Hebel Kausalketten Dreigliedrige Kausalketten: A zieht B nach sich, B zieht C nach sich Shultz et al (1982): 3-Jährige(69%) -5-Jährige (86%): Y-Bahn mit vermittelnden Bällen verschiedener Größen (p.184) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien • Suchaufgaben – Z. B. wo habe ich meine Kamera im Zoo verloren (hatte noch die Bären fotografiert, aber nicht mehr die Affen, und shcon ins. 8 Tierarten gesehen) – Wellman et al: wenn etwas auf Spielplatz verloren, und man erst bestimmte Spielgeräte benutzt hat, suchen Kinder im richtigen/relevanten Bereich – anders wenn man etwas verloren hat wenn man alles schon auf Platz durchhat, dann wird gesamter Bereich abgesucht Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Schlussfolgern aufgrund kausaler Prinzipien Wissenschaftliches Denken: - mit 4 Jahren können Kinder kausal denken - Anders beim Ausschliessen von bestimmten Variablen (akzeptieren Faktoren, die nur einen Teil des Effekts erklären können, Sodian et al 1991) - vor dem Alter von 12/13 verstehen Kinder wenig davon wie Hypothesen kausal belegt oder widerlegt werden können - Jüngere Kinder machen Inklusionsfehler (Kuhn et al 1988): auch wenn nur gelegentliche Kovarianz von Faktoren, wird kausale Relevanz zugeschrieben (sogar etwas häufiger bei 14 Jährigen als bei 11 Jährigen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Integration kausaler Information über verschiedene physikalische Dimensionen - Bsp. langt die Mittagspause um etwas auf der Post zu erledigen (viele Faktoren zu berücksichtigen) 2 Dimensionen: Hebel-Waage-Test (Prinzip Wippe): welche Seite wird sich senken…(Gewichte unterschiedlich weit vom Drehpunkt) (Siegler 1978): Gewichtaufgaben, Distanzaufgaben, Gewicht-DistanzKonfliktaufgaben; Kinder die beide Faktoren gleichzeitig berücksichtigen sind entwicklungsmäßig anderen voraus Bei drei Dimensionen (Zeit, Raum, Geschwindigkeit) haben auch viele Erwachsene Probleme Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kognitive Entwicklung – Kausales Denken Intuitive Physik: - Beginnt bereits in der Wiege Bsp. Flugbahn von Geschossen (C-Rohr Aufgabe p 209) – die meisten Personen irren sich in der Flugbahn Der Unterschied zwischen Wissen und Handeln - Unterschied zwischen Handlungsaufgaben und rein Beurteilungsaufgaben ? - Explizite Urteile eher naiv/falsch als handlungsbezogene Urteile - (Krist, Fieberg & Wilkening 1993) – nur Erwachsene schneiden bei reinen Beurteilungsaufgaben gut ab Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses - - Menschen haben wenig Erinnerungen an das Alter unter 3 Jahren: infantile Amnesie (keine Skripts für den Gedächtnisabruf) Aber lernen funktioniert trotzdem – eher implizit als explizit abrufbar Gedächtnis/Erinnern ist eine Konstruktion der Wirklichkeit (subjektiv gefärbt) Semantisches Gedächtnis, Wiedererkennungsgedächtnis, Arbeitsgedächtnis, prozedurales G., implizites G., episodisches G Symbolische Repräsentation (DeLoache 1987, 1991): Groß-Snoopy und Klein-Snoopy verstecken sich; 3 Jährige suchen an der entsprechenden Stelle, 2 ½ Jährige nicht Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Verschiedene Gedächtnissysteme - Wiedererkennen von Bildern/Dingen bereits bei Säuglingen; Unterschiede hierbei sagen spätere Intelligenz voraus (Habituation) - Implizites Gedächtnis perzeptuelles Lernen (Carroll, Byrne & Kirsner 1985) Bilder; sagen ob eines mit Kreuz versehen, oder etwas Tragbares darstellt; dann Wiedererkennensaufgabe Eine Gruppe Benennung der Bilder (neu oder alt, Reaktionszeit, implizit), eine Gruppe ob schon gesehen oder nicht (explizit). Nur explizites Erinnern ist von Verarbeitungstiefe (was Tragbares – also Sinngehalt) abhängig, nicht aber das implizite, welches sich nicht mit dem Alter weiterentwickelt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Gedächtnis für Gesichter – implizit - Ellis, Ellis & Hosie (1993): Bilder von Klassenkameraden (Alter 5,8, 11) und Unbekannten – angeben ob Mädchen/Junge und ob lächelt (Primingphase). Dann 2. Durchgang mit neuen Klassenkameraden und Fremden reingemischt. Die vorher geprimeten wurden schneller erkannt (implizites Gedächtnis) – Effekt stärker bei den jüngeren Kindern Episodisches Gedächtnis Bewußt , auch bei kleinen Kindern gut ausgeprägt (Abläufe) Entwicklung von Skripten (Baden, Einkaufen, etc.) Auch kleine Kinder können sich gut an ungewöhnliche und neuartige Ereignisse erinnern (mit 4 Jahren erinnern was 1 ½ Jahre vorher war, Haustier gestorben, etc.) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Elterlicher Interaktionsstil und episodisches Gedächtnis - Eltern stellen Fragen über gemeinsam erlebte Dinge – helfen der temporalen Einordnung - Je mehr (mit mehr Struktur und Aufmerksamkeit was das Kind spontan erinnert) , desto besser das kindliche Episodische Gedächtnis - Relevant wegen Augenzeugenberichten (Kindesmisbrauch etc.) – diese können wenn etwas ungewöhnliches passiert, sehr genau sein; ABER, keine Suggestivfragen, dafür sind Kinder anfälliger - Experiment von Rudy & Goodman1991): Kinder werden zu verwahrlostem Wohnwagen gebracht, Verkleidespiel, Simon-saysSpiel (Knie von Mann berühren) etc. in Beobachter Position oder Akteur – später dann befragt, offen und mit suggestivfragen; 83% der Antworten von 4-Jährigen, und 93% der Antworten von 7-Jährigen waren korrekt (auch bei Suggestiv) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Arbeitsgedächtnis - Zentrale Exekutive (steuernde Instanz) Visuell-räumlicher Skizzenblock Phonologische Schleife (ca 2. Sek wenn nicht subvokales Nachsprechen dazukommt) Vor Alter 5 eher visuell, dann auch phonologisch (s. auch Piaget) s. memoryspiel, mit gleichklingenden Bezeichnungen oder unterschiedlich klingenden; vor dem Alter von 5 können beide gleichgut gemerkt werden, später nur die die auch unterschiedlich klingen besser (Conrad 1971) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Arbeitsgedächtnis Phonologische Schleife; Bsp. je länger Bezeichnungen für Zahlen sind, desto weniger Zahlen können sich Kinder merken (Walisisch lang, chinesisch kurz – chinesische Kindern können sich mehr Zahlen im Arbeitsgedächtnis merken, sind aber deswegen nicht schlauer ;-) (Chen & Stevenson 1988) – Problem bei Intelligenztests!!!! Sprechtempo – je höher desto mehr kann erinnert werden Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Arbeitsgedächtnis Exekutive Prozesse: - Koordiniert den Austausch von Informationen, phonologische Schleife und den visuellen Skizzenblock - Frontaler Kortex (z. B. Wechsel von Regeln bei Sortieren) - Kinder mit exekutivem Defizit (wie Frontalhirngeschädigte, z. B. Phineas Gage) können nicht gut Regeln wechseln Bsp. rotes oder blaues Dreieck oder Quadrat – erst nach Form sortieren (Formspiel), dann nach Farbe (Fehler beim Übergang zeigen Exekutivfunktion an ) Frye, Zelazo & Palfai 1995) – 3-4Jährige tun sich schwer, ab dem Alter von 5 ok Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklung des Gedächtnisses Arbeitsgedächtnis Exekutive Prozesse: - Frye, Zelazo & Palfai 1995) – 3-4Jährige tun sich schwer, ab dem Alter von 5 ok - Obwohl sich die jüngeren Kinder der Regel durchaus bewußt sind, setzen sie es nicht in die Handlung um Dempster (1991): intelligentes Verhalten ist vor allem durch inhibitorische Prozesse im frontalen Kortex (z. B. Hemmung des Handlungsimpulses nach alter Strategie zu sortieren) geleitet Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Mnemotechnik, Metagedächtnis und kognitive Entwicklung Metagedächtnis und Mnemotechnik: Wissen wie man Gedächtnis am besten für Speicherung und Abruf nutzen kann Gedächtnisstrategien Rehearsal-Strategien (leise Vorsagen) zur Erinnerungsunterstützung (Helm mit Visier-Versuch; Flavell, Beach & Chinsky 1966). Bei 5-Jährigen nur zu 10%, bei 7 Jährigen zu 60%, bei 10 Jährigen 85% die sich die Gegenstände vorsagten. Organisationsstrategien 7-Jährige ordnen Gegenstände für die Erinnerung nicht in Kategorien, während 10-Jährige (ca 50%) das gut können. (Clustering) (Schneider 1986). 10-Jährige erkennen auch den Wert von retrieval-cues Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Mnemotechnik, Metagedächtnis und kognitive Entwicklung Metagedächtnis – Wissen über das Gedächtnis - Wie gut kann ich erinnern, was fällt mir/anderen schwer, was leicht, was kann ich mir mit welcher Technik besser merken - Wissen über Gedächtnis ab ca 9 Jahren - Self-monitoring und Selbstregulierung (Gedächtnis planen, steuern und zu bewerten) Dufresne & Kobasigawa (1989): leicht und schwer zu merkende Bildpaare merken bei verschiedenen Altersstufen - Beobachtung wie die Kinder sich die Lernzeit aufteilten; 6-8 Jährige unterscheiden nicht nach leicht oder schwer, 10-12 Jährige mehr Zeit mit den schwierigen Wortpaaren - Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Mnemotechnik, Metagedächtnis und kognitive Entwicklung Metagedächtnis – Wissen über das Gedächtnis - Wie gut kann ich erinnern, was fällt mir/anderen schwer, was leicht, was kann ich mir mit welcher Technik besser merken - Wissen über Gedächtnis ab ca 9 Jahren - Self-monitoring und Selbstregulierung (Gedächtnis planen, steuern und zu bewerten) Dufresne & Kobasigawa (1989): leicht und schwer zu merkende Bildpaare merken bei verschiedenen Altersstufen - Beobachtung wie die Kinder sich die Lernzeit aufteilten; 6-8 Jährige unterscheiden nicht nach leicht oder schwer, 10-12 Jährige mehr Zeit mit den schwierigen Wortpaaren - Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Mnemotechnik, Metagedächtnis und kognitive Entwicklung - - - Kinder mit besserer Exekutive und Metagedächtnis sind tatsächlich besser bei Erinnerungsaufgaben und auch in Intelligenztests (Kurtz & Weinert 1989) Qualität der Wissensbasis, Differenziertheit der Prozesse mit denen die Basis genutzt wird, und bewußtes eigenes Wissen um die Möglichkeiten wie das Wissen zu nutzen ist – Faktoren der kognitiven Entwicklung Neulinge und Experten (Kinder werden schnell bei Themen z. B. Dinos, Experten) – Expertentum korreliert mit Struktur und Organisation des Wissens auf diesem Gebiet; Expertentum sagt Erinnerungsleistung besser voraus als Intelligenz, auf dem Expertengebiet Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Deduktives Denken/Analoges Schließen - Bereits ab dem Alter von 2 Jahren, wenn kindgerechtes Material verwendet wird - Denken in Analogien – frühere Ereignisse werden herangezogen um über neue Ereignisse Schlüsse ziehen zu können, nach einem Vergleich - Erst das finden von Übereinstimmungen – relationales Mapping (z. B. Oberflächenähnlichkeiten, Kletten und Klettverschluss) Item-analogieaufgaben (Vogel:Nest = Hund:??Hütte) (schon ab dem Alter von 3/4 Jahren (Goswami & Brown 1989) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Problemanalogie-Aufgaben (man zeigt wie man Problem A löst, an Spielzeug kommen, und Kinder übertragen es auf Problem B, bereits sehr früh) – Voraussetzung ist, dass die Kinder merken, dass eine Analogie vorliegt Deduktive Logik und deduktives Schließen Syllogismen: Alle Katzen bellen. Rex ist eine Katze Bellt Rex??? (Ja, nach der Deduktionsregel) (Dias & Harris 1988) Bereits 4 Jährige können solche Schlüsse ziehen (wenn es im Spiel präsentiert wird) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Transivität Transitive Relationen zwischen Objekten, die in eine Rangfolge gebracht werden können (z. B Größe der Familienmitglieder, mind. 5 Elemente, A>B>C>D>E) „ Konrad ist größer als David, David ist größer als Evelyn = Konrad ist größer als Evelyn“ Bryant & Trabasso (1971): 4,5,6 Jährige 5 Holzstäbe unterschiedlicher Länge und Farbe Immer paarweise vorgelegt Selbst 4 Jährige liegen überzufällig häufig richtig (auch bei kompliziertem B> D vergleich), gut ab 9 Jahren, aber es kommt auf die Reihenfolge der gezeigten Prämissen (Paare) an. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Verständnis für Invarianz (Piaget: Erhaltungsaufgabe) Das Verständnis dass eine Menge quantitativ gleichbleibt auch wenn sie das Aussehen verändert - auch dass es reversibel ist und Änderung auf einer Dimension durch eine Änderung auf einer anderen Dimension kompensiert wird - Grundlage für Aneignung des Zahlenbegriffs (und Subtraktion und Addition, ohne das verändern sich Mengen nicht) - Bringt Stabilität in die physikalische Umwelt - Versuch: 2 Gläser mit gleich viel Flüssigkeit, 2 Reihen von Perlen ODER: nur eine Menge, die man verändert (Identitätserhaltung, Elkind & Schoenfeld 1972 – transitive Schlussfolgerung in 3 Schritten; eher Äquivalenz als Identitätserhaltung) – bis zum Alter von 5/6 versagen Kinder hierbei Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Invarianz - McGarrigle & Donaldson (1975): auch schon 4 Jährige verstehen Invarianz, wenn man den sozialen Aspekt des befragenden Erwachsenen reduziert - Wichtig: die Transformation soll beiläufig sein (Bsp. Muscheln in Bechern vor Spiel – alle schütten solange die Muscheln hin und her bis sie meinen alle gleichviel zu haben – ein Becher hat dann jedoch einen Riss und die Muscheln müssen in ein größeres Gefäß: hier haben 70% der 6-Jährigen richtig gelegen (Invarianz), während bei gezielter Transformationsaufgabe nur 5% richtig lagen - Auch das 2 malige Nachfragen in der Standardtestung suggeriert Kindern evtl. dass sie eine andere Antwort geben sollten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Invarianz: Erhaltungsaufgabe - Auch das 2 malige Nachfragen in der Standardtestung suggeriert Kindern evtl. dass sie eine andere Antwort geben sollten - Rose & Blank (1974): Versuch mit 1x, 2x Nachfragen bei 6-Jährigen: wenn nur einmal nachgefragt wird, schneiden die Kinder etwas besser ab Kann man das Verständnis für Invarianz trainieren? (Siegler 1995) - Trainiert 5-Jährige die es nicht konnten mit 3 Methoden (feedback; erklären müssen + feedback; feedback+erklären müssen) - In der 3. Bedingung der stärkste Lerneffekt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Klasseninklusion (konkret-operatorisch) • Gruppe von Items kann gleichzeitig Teil einer Oberklasse und Unterklasse sein • Bsp. Blumenstrauss, vier rot, 2 weiß; • Blumenstrauss aus roten und andersfarbigen: „sind hier mehr rote Blumen oder mehr Blumen? (unter 6 Jahren falsch) • (es fehlt der Hinweis auf das Ganze (Kollektivbegriff) (.. . Im Strauss?) • Markman & Seibert: Vergleich der beiden Fragen bei 5 Jährigen • 70% (anstatt 45%) richtige Antworten wenn der Kollektivbegriff mitgenannt wird • auch Kollektivbegriff „alle“ führt zu besserem Ergebnis Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Logisches Denken Klasseninklusion: Goswami: - 4/5 Jährige Kinder, die bei Klasseninklusion versagen. Läßt sie analog zu Beispielen Tierfamilien, Gegenstandsfamilien bilden (große, kleine Tiere etc.). = Analogietraining - Dann Inklusionsaufgabe mit Kollektivbegriff: 75% der Kinder mit Analogietraining lösen richtig, währen nur 20% der Kinder ohne Training Structure-Mapping-Theorie (Halford 1993): - Begrenzte Verarbeitungskapazität vor Alter 5 verhindert komplexeres Mapping; Faktor ist die Komplexität der Analogien, die Kinder herstellen können – daher erst später höhere logische Funktionen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Mechanismen der kognitiven Entwicklung: - Biologe; Organismen passen sich der Umwelt an, auch Kinder - 2 Prozesse: Akkomodation & Assimilation Akkomodation: Anpassung kognitiver Schemata an die Wirklichkeit Assimilation: Interpretation von Erfahrung anhand bestehender Schemata Ziel ist das kognitive Gleichgewicht - Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Stadien der kognitiven Entwicklung - Drei grundlegende Wandel der kog. Schemata Auftreten der Wandel ca: 1. Sensomotorische Stadium 0-2 Jahre 2-7 Jahre: voroperatorische Periode 1. Konkrete Operationen 7-11 Jahre 2. Formale Operationen 11-12 Jahre Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Sensomotorische kogn. Prozesse: - handlungsgestätzt, direkte physikalische interaktionen mit der Umwelt - Später representationsgestützte Operationen, Internalisieren auf symbolischer Ebene - Dann konkrete Operationen (Gruppierungen und Transitivität) - Formale Operationen: Verbindung konkreter Operationen – wissenschaftliches Denken beginnt Jede neue Phase erfordert grundlegende kognitive Umstrukturierung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Sensomotorisches Stadium - Denken entwickelt sich aus Handeln 6 Stufen: 1) Modifikation der Reflexe (Saugreflex an Brust anpassen: Akk.) Assimilation des Saugreflexes (auf andere Objekte) 2) Primäre Kreisreaktionen: repetitives Verhalten (primär= selbstbezogen, z. B. Daumenlutsche) 3) Sekundäre Kreisreaktionen: Gegenstand zu Boden fallen lassen – Aufheben lassen (Mittel-Zweck-Verhalten; z. B. ziehen an Decke um an Spielzeug zu kommen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Sensomotorisches Stadium - 4) Koordinierung der Kreisreaktionen: Mittel-Zweck-Verhalten; z. B. ziehen an Decke um an Spielzeug zu kommen) - 5) tertiäre Kreisreaktionen: Ereignisse reproduzieren können: Versuch und Irrtum: Folgen verschiedener Handlungen lernen - 6) Verinnerlichung von Schemata: Konsequenzen von Handlungen absehen (ohne Versuch/Irrtum – mentale Kombination) Kognitive Repräsentationen (rein symbolisch) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Sensomotorische Kognition in verschiedenen Bereichen Objektpermanenz: Objekte existieren weiter, auch wenn man sie nicht sieht Suchverhalten nach verschwundenen Gegenständen entwickelt sich in Stufen 1. Stuf (1.-4. Monat): kein Suchverhalten 2. Suche nach teilweise versteckten Objekten (bis 6 Monate) 3. Suche nach ganz versteckten Objekten (aber noch kein spontaner Wechsel des Versteckortes möglich) (8-12 Monate) 4. A-Nicht-B Fehler (suchen am 1., aber falschen Ort) verschwindet; systematisches Suchen ohne Beobachtung des Versteckens; 15-18 Monat: kognitive Repräsentation des Objekts Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Sensomotorische Kognition in verschiedenen Bereichen Kausalität: parallel zu den 6 Stufen der sensomotorische Entwicklung - Ab Stufe 3 (sekundäre Kreisreaktionen): Ursache und Wirkung werden unterschieden, aber noch kein kausaler Zsh. - Ab Stufe 6 ca. Verstehen von Kausalität Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Neuere Forschung: - - Widerspruch: Objektpermanenz bereits mit 3 Monaten (Baillergeon 1985) A- nicht – B Fehler: eher fehlende hemmung des spontanen Suchverhaltens Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Voroperatorisches Stadium 2-7 Jahre Egozentrismzus, Zentrierung auf 1 Aspekt, und fehlende Reversibilität Konkret-operatorisches Denken - Mehrere Aspekte gleichzeitig berücksichtigen (ABCDE) - Erhaltung, Transitivität, Klasseninklusion - Neuere Befunde: viel früher verfügbar (ab 4/5) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Piaget: Entwicklung des logischen Denkens Formal-operatorisches Denken - - INRC-Operationen (Identität der Relation, Negation, Reziprozität, Correlation) Binäre kombinatorische Relations und INRC Operation ist Merkmal des formal-operatorischen Denkens (p,q, nicht p, nicht q; z. B. Gewicht und Fadenlänge eines Pendels: Auswirkung auf Pendelfrequenz) - Teilweise bereits mit 5 oder 7, wie neuere Studien zeigen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Wie entwickelt sich das Denken - Bereichsspezifisch oder bereichsübergreifend Beides Angeboren vs. Erworben (frühe Unterschiede in Habituieren, novelty preference, inhibitorischen Prozessen) - Interaktionsstil der Eltern, anregungsreiche Umwelt - Kann man das schon früh trainieren? Was macht die Frühförderung? Kann man das später nachholen?? Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Übungen online – GedächtnisKonzentration http://www.mental-aktiv.de/mental-aktiv/Mentaltraining/Ubungen-online.php Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Quelle EF: Diamond & Lee 2011 (Science) • EF= Dirigent eines Orchesters • Teil davon ist auch die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses (Teil von IQ tests) • Impulskontrolle, Kreativität, Flexibilität, Disziplin • Grundlage davon sind EF: – Mit Ideen spielen – Überlegte anstatt impulsive Antwort geben – Konzentration und Fokus • EF-Defizite (Menschen die andere für die Organisation brauchen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning • Wichtiger Faktor für den Schulerfolg, wichtiger als IQ • Auch im sozialen Bereich sind EF Teil der sozialen Kompetenz (z.B. Impulskontrolle) • EF werden gebraucht, wenn eine Situation Konzentration und Nachdenken erfordert • Präfrontaler Kortex ist wichtigste Komponente Wichtige EF • Kognitive Flexibilität (novelty preference?, inhibition bei A-not-B errors) • Inhibition (Selbstkontrolle, Selbstregulation) • Arbeitsgedächtnis • Problemlösen, Logisches Denken, Planen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning • Um Schulreife zu unterstützen ist die Förderung von EF zentral • Auch für späteren Erfolg im Leben, psychische und physische Gesundheit • Kinder, die im Alter von 3-11 schlechtere EF haben, haben schlechtere Gesundheit, verdienen weniger, begehen mehr Verbrechen 30 Jahre später (in Studie wurde IQ, Geschlecht, soziale Schicht et. Kontrolliert) • Selbst kleine Fortschritte im frühen Alter können später große Auswirkungen haben Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Programme, die EF fördern 6 verschiedene Ansätze in den frühen Schuljahren 1. Computer-gestütztes Training CogMed (Pearson Education, NJ) Computerspiele die immer schwieriger in Bezug auf Arbeitsgedächtnis werden. Verbesserungen werden auch automatisch auf andere Aufgaben bezogen auf das Arbeitsgedächtnis übertragen. Kinder mit und ohne ADHD oder schlechter Kapazität des Arbeitsgedächtnisses: üblicherweise keine Generalisation auf andere EF !!! Ohne steigenden Schwierigkeitsgrad, keine Verbesserung der EF Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Doppelblindstudie, 4-Jährige, Cogmed: 1 Gruppe Arbeitsgedächtnis, 1 Gruppe nonverbales Schlussfolgern, ! Gruppe beides auf niedrigstem Level Verbesserungen jeweils nur im trainierten Bereich Inhibition kann nur wenig über Computerspiele trainiert werden (bzw. findet kein Transfer auf andere Spiele statt (bei 4-6 Jährigen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Kombination von Computer und nicht-Computer-Spielen 7-9 Jährige: Schlussfolgern oder Verarbeitungsgeschwindigkeit als Trainingsaufgabe: - Hier gab es Transfer zu untrainierten Aufgaben, aber innerhalb einer EF Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Sport (aerobic exercise) Verbessert signifikant Funktion des präfrontalen Kortex und EF - Übungen sollten im Schwierigkeitsgrad ansteigen - Bei 8-12 Jährigen verbesserte aerobes Joggen die Kog. Flexibilität und Kreativität (EF), mehr als übliche Sportübungen in der Schule - Davis et al.: 7-11 Jährige, overweight: keine Aktivität oder 20 oder 40 min aerobische Gruppenspiele (Rennen, Seilspringen, Basketball, Fußball). Nur die hohe Dosis (40 min) verbesserte EF und Mathematik. - Sport (2 Std /Tag) verbessert auch das Arbeitsgedächtnis - Auch das zweihändige Üben (Koordination) verbessert EF (z. B. Klavierspielen?) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Kampfsport und Achtsamkeit-Übungen Traditionelle Kampfsportarten: Betonung der Selbstkontrolle, Disziplin (Inhibition), und Charakterbildung Traditionelles Taekwon-Do verbessert alle EF mehr als normaler Sportunterricht (‚Konzentration, aber auch Durchhaltevermögen) Auch Transfer zu anderen Bereichen: z. B. Kopfrechnen Vor allem Kinder 9-12 profitieren am meisten Inkludiert auch Achtsamkeitsübungen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Kampfsport und Achtsamkeit-Übungen Studie mit kriminellen Jugendlichen: Traditioneller oder moderner Kampfsport: Nur traditioneller KS geht mit weniger aggression und Angst und besserer Sozialkpompetenz und Selbstbewußtsein einher; die moderne Kampsportgruppe verschlechterte sich sogar. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Meditation, Achtsamkeit, Yoga Verbessert vor allem bei Kindern (7-9) mit schlechten EF, sonst weniger. (z. B. Walking meditation, walking with water in spoon etc, z. B. Montessori Kindergarten) Lehrpläne/schulische Interventionen Tools of the Mind (Kindergarten, basiert auf Vygotsky) Play exercises; EF verbessert aber nicht automatischer Transfer, dieser muss zusätzlich unterstützt werden, übers Spiel hinaus Gegenseitige Instruktion der Kinder untereinander, besser als LehrerInstruktionen (z. B. Montessori-Schule) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Montessori-Schule und EF Kinder die in Montessori Schule gelost worden und solche, die nicht, wurden verglichen. (Alter 5 und 12 Untersuchung) Montessori Kinder (5) besser bei: EF, Lesen, Rechnen Später (12) waren nur EF und Kreativität besser Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Ergänzungen zum Lehrplan: PATHS (Promoting Alternative Thinking Strategies) v.a. Emotionskontrolle, Selbstinstruktion, Verbalisierung von Emotionen Nach 1 Jahr bessere Inhibitorische Kontrolle und geistige Flexibilität als Kontrollkinder (7-9). Chicago School Readiness Project (CSRP) Stressreduktion und Verhaltenskontrolle Verbesserung von EF bei Kindergartenkindern (Aufmerksamkeit, Inhibition, impulsivität) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Fazit: • Die Kinder mit den schlechtesten Ausgangswerten profitieren am meisten (niedriger sozioökonomischer Status, Arbeitsgedächtnis, ADHD, Jungen) • Frühes Training ist wichtig um Unterschiede auszugleichen • Verbesserung meist bei den anspruchsvollsten EF • Nur durch steigenden Schwierigkeitsgrad, also ständige Herausforderung • Verbesserung auch durch Lehrer (Kindergarten, Grundschule) möglich • Computertraining und Kampsport eher für ältere Kinder (8-12) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive Functioning Fazit: • Spontaner Transfer von EF-Verbesserung auf andere EF ist eher gering • Sport plus Achtsamkeit ist besser als Sport allein • Musikunterricht/Erlernen eines Instruments? Noch nicht erforscht Erfolgsfaktoren von EF-Trainings: - Programme bei denen Kinder nicht lange stillsitzen müssen - Programme die Stress im Klassenzimmer reduzieren, die Lernfreude fördern, ebenso wie Selbstvertrauen und soziale Beziehungen - Stress, Einsamkeit und schlechte Fitness behindern die Funktionen des präfrontalen Kortex und EF Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Executive functions and ADHD • Verhaltenskontrolle • Bildliche Vorstellungskraft (Zielvorstellung) – Voraussicht (Zeitgefühl) • Selbstinstruktion/-gespräch • Emotionskontrolle und Selbstmotivation • Planen und Problemlösen (in Gedanken) • Bei ADHD EF eingeschränkt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Störungen in der Kindheit Kissgen (2008): • Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Störungen – sind persistent – ungünstige Prognose – hohe Kosten • Intervention: – Meist gerichtet auf Verhalten des Kindes – Grund: Belastung der Eltern und Erzieher/Lehrer Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst Erscheinungsbild • Symptome s. sozial unsichere Kinder • Unterscheidung: habituelles Persönlichkeitsmerkmal Ängstlichkeit vs. aktueller Angstzustand (trait vs. state anxiety) • Angst: eher diffus, wenig spezifisch • Furcht: eindeutig bestimmbare Gefahr mit der Möglichkeit der Flucht/Vermeidung • Entwicklungstypische Ängste: Fremdeln, Trennungsangst, Dunkelangst, Moster, Gespenster,Verletzungen, Gewitter; später schulbezogene Ängste, Leistungsangst; gesundheitsbezogene Ängste • Meist mehrere Ängste gleichzeitig Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst Unterscheidung „normale“ vs. pathologische Angst • • • • • • • Angst ohne wahrnehmbare Bedrohung Der Situation, Dauer, Intensität unangepaßt Kann nicht von Person unter Kontrolle gebracht werden Beeinträchtig Befindlichkeit massiv Nachteiliges Flucht – und Vermeidungsverhalten Chronischer Verlauf Behinderung bei den Entwicklungsaufgaben, Probleme in Familie, Peergroup, Schule Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst ICD-10: • Emotionale Störung des Kindesalter (phobische Störung, soziale Ängstlichkeit) • Phobische Störungen • Sonstige Angststörungen (Panik, generalisierte Angststörung etc.) • Zwangsstörung (Zwangsgedanken und -handlungen) • Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (akute Belastungsreaktion, posttraumatische Belastungsstörung) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst Prävalenz • 10-15% (Petermann 1999) • Für 8-Jährige bei 9,5%; für 14-24 Jährige bei 18,6% Verlauf und Prognose • Früher Beginn (vor 13. Lebensjahr) : oft chronischer Verlauf • Je höher der Schweregrad, desto stabiler Geschlechtsspezifisch: • Mädchen haben 2-4mal so häufig eine Angststörung (v.a. ab 15. Lebensjahr) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst - Symptome Fight – Flight – Reaction: • Aktivation des sympathischen Nervensystems • des gesamten Stoffwechsels, Muskelanspannung, • Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol • Suche nach der Gefahrenquelle, Aufmerksamkeit, Anspannung, • Vermeidung (Flucht) oder Kampf (Aggression) – Vermeidung auch: Ablenkung, Distanzierung, Beschäftigung mit Dingen, Starren, Dissoziation; auch weinen, schreien (Essau) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst - Furcht – Phobie - Panik Angst: • Gefühlszustand: negative Emotion und körperliche Anspannung • Zukunftsorientiert: Befürchtung, etwas nicht bewältigen zu können • Normale Angst: natürliches Alarmzeichen, macht Körper bereit einer Bedrohung gegenüberzutreten oder zu entfliehen • Diffuser und weniger spezifisch als Furcht und Phobie Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst - Furcht – Phobie - Panik Furcht • Unmittelbare Alarmreaktion auf gegenwärtige Gefahr • Gegenwartsbezogen, Fluchttendenzen, Sympathikusaktivierung • Kurzlebig Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst - Furcht – Phobie - Panik Phobie • Intensiver Wunsch die furchtauslösende Situation zu vermeiden • Ist den Erfordernissen der Situation nicht angemessen (kleine Spinnen, etc.) • Nicht willentlich kontrollierbar • Fehlangepaßt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Angst - Furcht - Phobie - Panik Panik • plötzliche, • überwältigende, • intensive Furcht • mit körperlichen Symptomen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kinder-Zwänge • Zwangsähnliches Verhalten in der Kindheit häufig • V.a. im Alter von 2-4 • Teil der normalen Entwicklung • Dinge richtig machen • wiederholungsorientiertes Verhalten • Rituale Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kulturelle Unterschiede • Internalisierende/Externalisierende Störungen kulturabhängig • Z. B. (Weisz et al. 1987) in Thailand mehr internalisierende Störungen, mit körperlicher Symptomatik • In USA mehr externalisierende Probleme • In Thailand mehr Wert auf Respekt und Zurückhaltung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Anormale Angst Angst ist anormal wenn: • Dauer und Intensität nicht angemessen • Harmlose oder nicht bedrohliche Situation • Chronisch • Keine Erklärung, Möglichkeit der Reduktion oder Bewältigung • Lebensqualität beeinträchtigt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Agoraphobie • Deutliche und anhaltende furcht vor oder Vermeidung von mindestens 2 der folgenden Situationen: Menschenmengen Öffentliche Plätze Alleine Reisen Reisen mit weiter Entfernung von zuhause Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Agoraphobie Wenigstens einmal müssen in der Situation zwei Angstsymptome vorhanden gewesen sein • Vegetative Symptome (Schweißausbruch, Tremor, Herzklopfen) • Thorax-Abdomen-beschwerden: Atembeschwerden, Beklemmung, Übelkeit • Psychische Symptome: Schwindel, Unsicherheit, Schwäche, Derealisation, Depresonalisation, Trennungsangst Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Spezifische Phobie • Entweder: deutliche Furcht vor einem bestimmten Objekt oder einer bestimmten Situation (nicht soziale oder Agoraphobie) • ODER deutliche Vermeidung solcher Objekte und Situationen (s.o.) • Häufige Objekte: Tiere, Vögel, Insekten, Höhe, Donner, Fliegen, kleine geschlossene Räume, Blut und Verletzungen, Injektionen, Arzt oder Krankenhausbesuche • Angstsymptome in den gefürchteten Situationen (aber darauf beschränkt) • Deutliche emotionale Belastung durch Symptome oder Vermeidung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Soziale Phobie Situationen die gefürchtet werden: • Prüfung in der Schule • Vor anderen sprechen • Mit anderen Menschen sprechen (Angst, nichts zu sagen zu haben, oder Unsinn zu reden) • In Gegenwart anderer essen oder trinken, schreiben, reden • An einer Party, Veranstaltung teilzunehmen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Soziale Phobie • Folgende Angstsymptome treten auf – Erröten oder Zittern – Angst zu erbrechen – Miktions-oder Defäkationsdrang oder Angst davor Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Zwangsstörung • Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen • Zwangsgedanken (Kinderreime, Lieder, Sätze hören, sexuelle Vorstellungen • Zwangshandlungen (Waschen, Kontrollieren, Zählen, • Die Handlungen lindern zeitweise die Angst, jedoch verfestigen sie diese auch Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Generalisierte Angststörung • Sich ständig Sorgen machen über: z. B. was man anzieht, dass die Welt untergeht, Krieg, umgebracht zu werden, einen Unfall zu haben etc. • Unkontrollierbarkeit der Besorgnis • Körperliche Symptome: Anspannung, Kopfschmerzen, Übelkeit, Reizbarkeit, Müdigkeit, Einschlafschwierigkeiten, unruhiger Schlaf Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Posttraumatische Belastungsstörung • Wiederkehrende und eindringliche belastende Erinnerungen an das Ereignis in Form von Bildern, Gedanken oder Wahrnehmungen • Wiederkehrende belastende Träume vom Ereignis • Handeln oder Fühlen, als ob das Ereignis wiederkehren würde, wiedererleben, Illusionen • Intensive psychische Belastung • Körperliche Reaktionen bei Erinnerungen an das Ereignis Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Posttraumatische Belastungsstörung Anhaltende Reizvermeidung und mind. 3 Symptome • Gedanken, Gefühle, Gespräche • Aktivitäten, Orte, Menschen • Unfähigkeit, sich an wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern • Vermindertes Interesse an wichtigen Aktivitäten • Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung • Eingeschränkter Affekt • Gefühl einer eingeschränkten Zukunft Insgesamt seitdem erhöhtes Arousal Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Posttraumatische Belastungsstörung Arousal: Ein-oder Durchschlafstörung Reizbarkeit oder Wutausbrüche Konzentrationsschwierigkeiten Hypervigilanz Erhöhte Schreckhaftigkeit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Akute Belastungsstörung Während oder innerhalb eines Monats nach dem extrem traumatischen Stressor. Mindestens drei der Symptome: - Emotionale Taubheit - Derealisierung - Verringerte Wahrnehmung der Umgebung - Depersonalisation - Dissoziative Amnesie Das Ereignis wird wiedererlebt, man vermeidet Reize die Erinnerungen auslösen. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andere Phobien und Ängste Schulvermeidungsverhalten • Weigerung, den Unterricht zu besuchen, dann aber doch gehen • Zur Schule gehen, aber während des Unterrichts wieder heimkommen • Gar nicht zur Schule gehen Gründe: • Vermeidung von Reizen die negativen Affekt auslösen • Ausweichen unangenehmer sozialer oder Prüfungssituationen • Aufmerksamkeit (zuhause) • Positive Verstärkung (lieber mit Freunden, als in Schule) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andere Phobien und Ängste Prüfungsangst • Intensive körperliche, kognitive und behaviorale Symptome von Angst, vor und während einer Prüfungssituation, wodurch die Leistung beeinträchtigt wird • Schlechtere Schulleistungen • Manchmal Fächerspezifisch • Selbstkonzept: wenig Selbstachtung, mehr Sorgen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andere Phobien und Ängste Selektiver Mutismus • Sprechen mit Personen zuhause (oder enge Freunde) normal, aber nicht mit Personen außerhalb der Familie • Ängstlich • Sprechen nur in Umgebung in der sie sich wohlfühlen • Beginn oft im Alter 3-5 • Länger als 4 Wochen (z. B. wenn in Kindergarten oder Schule) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Modelle der Angststörung Kognitive Modelle Beck and Emery (1985) Gefahren werden überbewertet Panikattacken (Clark 1988) Fehlinterpretation von Körperwahrnehmungen bei normaler Angstreaktion - Periode erhöhter Angst (durch Streit etc.) bei Beginn - Die Angst vor Attacken führt zur Hypervigilanz und Prüfung des Körpers auf Symptome Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Modelle der Angststörung Bindungsmodell: s.u. Temperamentsmodell: Physiologische Prädisposition Verhaltenshemmung (ererbt) Hohe Erregung (Sympathikus), extreme Reaktionen auf Stress Persönlichkeitsmerkmal Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Risikofaktoren der Angststörung Familiäre Faktoren • Eltern von Personen mit Angststörung sind zurückweisender und kontrollierender (Bindungsdesorganisation/Vermeidung?!) • Geringere Bindung an die Eltern, Entfremdung • Ängstlicher Elternteil • Inkonsistente Erziehung • Fördern weniger die kindliche Selbständigkeit • Mehr psychische Auffälligkeiten der Eltern (v.a. Vater) • Mütter ängstlicher Kinder schätzen deren Bewältigungsfähigkeiten geringer ein Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Risikofaktoren der Angststörung Familiäre Faktoren • Mutter-Kind Interaktion: kontrollierender • Inkonsistentes Tadeln • Übermäßige Fürsorge (Festhalten) – nur bei Kindern mit gehemmtem Verhalten – Anlage-Umwelt-Interaktion • Mütter üben mehr aversive Kontrolle aus (Kritik, Strafe) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Risikofaktoren der Angststörung Temperament • • • • • Schwierig zu regulieren, ängstlich (Baby) Reizbarkeit (Kleinkindalter) Vorsichtigkeit und Introversion (Schulalter) Niedrige Reizschwelle, schnelle Aktivation des Sympathikus Verhaltenshemmung (Prävalenz 10-15%) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Risikofaktoren der Angststörung Kognitive Faktoren • Aufmerksamkeit selektiv auf bedrohliche Signale gerichtet • Mehrdeutige Situationen werden als bedrohlich eingeschätzt • Auffällig selbstbezogen – brauchen häufig Rückversicherung durch andere Menschen • Wahrscheinlichkeit des Auftretens negativer Ereignisse wird überschätzt – eigene Fähigkeiten werden unterschätzt • (S. Studien S. 191-193) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Risikofaktoren der Angststörung Lebensereignisse und Bewältigungsstrategien • Mehr kritische Lebensereignisse, z. B. Auseinandersetzungen mit Eltern, Geschwistern, Umgang mit Peers, schlechte Noten, Verlust einer Freundschaft, Misshandlungen, chronische Erkrankungen • Z. B. auch Scheidung der Eltern, Tod eines Verwandten, gingen Panikattacken bei Jugendlichen voraus (!!! Einbruch des Oxytozinsystems????) – weil damit meist die soziale Unterstützung heruntergefahren wird (weniger Zuwendung) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävalenz der Angststörungen • Phobien am häufigsten (3-11%) • Zwangsstörung (0.4-2.1%) • Panikstörung (1%) • Generalisierte Angststörung (1%) • Trennungsangst bei Achtjährigen (2.8%) • Posttraumatische Belastungsstörung (1.3-6%) • Kinder mit traumatischen Erfahrungen (40%) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Diagnostik der Angststörung Verhaltensbeobachtung • In der natürlichen Umgebung (Kamera zuhause oder in der Schule) • Im Labor • Behavioral Avoidance Task – In vivo, schrittweises dem gefürchteten Reiz aussetzen Ratingskalen zur Verhaltensbeobachtung Preschool Observation Scale of Anxiety (30 Verhaltensweisen) Rollenspieltests Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Diagnostik der Angststörung Selbstbeobachtung • Tägliches Tagebuch manchmal mit strukturierten Vordrucken (wo, wann, was mußte die Person tun, wie hat sie reagiert) Rating von Bezugspersonen (TRF Teacher Report Form, der CBCL, auch von Eltern auszufüllen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Sozial unsichere Kinder Erscheinungsbild: - schüchtern, gehemmt, kontaktscheu - fallen nicht gleich als problematisch auf - Vor allem im Kontext mit anderen und Anforderungen - Durchsetzen eigener berechtigter Ansprüche - Kontaktaufnahme mit Gleichaltrigen, Verabredungen - Äußern eigener Meinung Eher still, erzählen kaum etwas, sprechen leise und undeutlich, wenig Emotionsausdruck, wirken apathisch oder weinerlich, kaum Blickkontakt, zappeln, bewegen sich kaum frei im Raum Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Sozial unsichere Kinder Häufigkeit - 15% irgendeine Art von Angststörung - 3-4% mit Funktionseinschränkung - 5-6% sozialer Rückzug - 5% körperliche Beschwerden - 12,5% der Jungen, 8,6% der Mädchen ängstlich/depressiv - Anscheinend eine Zunahme der Störung im Jugendalter 50% komorbid mit depressiven Symptomen (28-75%) Bereits im Vorschulalter diagnostizierbar – Stabilität (Veränderung zu anderer Angststörung möglich Beeinträchtigung im Sozialkontakt; evtl. Panikstörung, Agoraphobie Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Sozial unsichere Kinder Ursachen Biologische Faktoren: Irritierbarkeit im Säuglingsalter (limbischhypothalamisches System – erniedrigte Erregungsschwelle) Psychische Faktoren: verzerrte soziale Wahrnehmung, bedrohliche Interpretation, weniger sozial kompetent, Erwartung von Ablehnung; erhöhte Selbstaufmerksamkeit, intensive Sorgen, negative Selbstbewertung, kein Selbstvertrauen Soziale Faktoren: Trennungs- und Verlusterfahrungen (Scheidung, Tod, Umzug), übermäßiges Verwöhnen; Angstniveau der Mutter. Vermeidungsverhalten wird verstärkt; inkonsistentes Erziehungsverhalten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Depression Erscheinungsbild - Über längeren Zeitraum depressive Symptome (mind. 2 Wochen) - Major Depression vs. dysthyme Störung (weniger starke Ausprägung) - „double depression“: dysthyme Störung plus Phasen einer Major Depression Symptome: - Depressive oder reizbare Stimmung - Verlust von Interesse oder Freude - Reduzierung der körperlichen Aktivität - Körperliche Symptome: Müdigkeit, mehr oder weniger Schlaf, Gewichtsveränderung - Verlangsamtes Denken, Gefühle der Wertlosigkeit, Konzentrationsprobleme Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Depression Komorbidität: - Bei 40% auch Angststörungen Bei 25% expansive Verhaltensstörungen ADHS/HKS, Essstörungen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Depression Häufigkeit - 4,4% bei Kindern im Alter von 8-18 Jahren Im Kleinkind – und Vorschulalter: ca 1% Lebenszeitprävalenz bei 14-18 Jährigen: 15-20% - Dysthyme Störung: 0-2% im Schulalter, 1-8% der Jugendlichen Verlauf - Man wächst nicht einfach heraus, chronischer Verlauf, hohe Rückfallrate, große Beeinträchtigung - Risiko für suizidale Handlungen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Komorbidität - Störungsbilder Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Störungen des Sozialverhaltens Erscheinungsbild: Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Störungen des Sozialverhaltens Komorbidität: - Sehr häufig: zu 90% auch Störung mit oppositionellem/aufsässigem Verhalten - Hyperaktivität (ca 75%) - Depressive Störungen (Außenseiterrolle) - Alkohol- und Drogenmissbrauch - Angststörungen (zwei Untergruppen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Störungen des Sozialverhaltens Verlauf: - Hohe Kontinuität von früher Kindheit bis Jugend- und Erwachsenenalter - Bis zu 81% der Kinder mit eine SSV zeigen diese auch im Jugendalter - Auswirkungen des Schulabschlusses, Ausbildung, Beruf, persönliche Beziehungen, Partnerwahl - Ca 25% haben im Erwachsenenalter eine antisoziale Persönlichkeit und Drogenmissbrauch Früher Beginn: schlechtere Prognose Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Störungen des Sozialverhaltens Erziehungsverhalten der Eltern Snyder und Patterson (1979): - - - Disziplinmaßnahmen (meist nicht altersadäquat, oder angemessen, oder konsistent Vernachlässigung, körperliche Strafen Verstrickter Erziehungsstil: Verhalten des Kindes wird oft als problematisch gesehen, kleinste Abweichungen werden überbewertet. Verbale Drohungen; unter Druck setzen in der Familie; aversiv und aggressiv zueinander Laxer Erziehungsstil :Eltern lassen viel durchgehen oder ermutigen aggressives Verhalten als Durchsetzungsvermögen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock ADHS/HKS Erscheinungsbild - Unaufmerksamkeit: leicht ablenkbar, brechen Aufgaben abrupt ab, beginnen Neues, Flüchtigkeitsfehler, planloses Vorgehen, wenig Strukturierung, hören nicht zu, sind geistig abwesend - Impulsivität: unzureichende Impulskontrolle, können schwer warten, (in der Schlange stehen) (s. Marhsmallow-Experiment), stören den Unterricht - Hyperaktivität: ziellose und wenig organisierte motorische Aktivität, rennen umher, stehen auf, zappeln, rastlos Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock ADHS/HKS Erscheinungsbild - Situationsspezifität: situative Variabilität, Tageszeit, Schule/Familie/Freunde, bei längerer geistiger Anstrengung, oftmals Konzentration bei attraktiven Aufgaben möglich auch in gut strukturierten Situationen besser Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock ADHS/HKS Epidemiologie - - Untersuchungen: Lehrerurteil überschätzt die Anzahl der ADHS-Kinder bis zu 18% werden von Lehrern als ADHS eingestuft International: 3-7% der Kinder 1-2 Kinder pro Schulklasse Jungen: Mädchen – 2:1 bis 9:1 - USA: 4% der Jungen, 2% der Mädchen haben ADHS/HKS Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock ADHS/HKS Verlauf - ADHS/HKS kann die Entwicklung eines Kinder erheblich beeinträchtigen Auch noch in Spätadoleszenz Symptome der Störung: wächst sich nicht einfach aus - Einschränkungen im Leistungsbereich: Rechnen, Lesen, Schreiben, IQ-Tests, verbale Intelligenz Antisoziales Verhalten, Alkohol, Drogenmissbrauch: erhöhtes Risiko; auch für kriminelles Verhalten - Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Asperger-Syndrom Erscheinungsbild • Die meisten Autoren sehen es als eine Variante des Autismus • Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen • Besonderheiten der Sprache und Kommunikation • Restriktive Interessen und Aktivitäten, wenig flexibel im Denken und Handeln • Beeinträchtigung des kreativen Spiels und der Empathie • Häufig durchschnittliche, oder überdurchschnittliche Intelligenz • Brauchen Rituale und Routine • Über – oder Unterempfindlichkeiten (Geräusche, Berührung, Gerüche) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Asperger-Syndrom Prävalenz • 0,36% bzw. 0,7% (Verdachtsfälle) • Jungen:Mädchen – 4:1 Ursachen • Genetische Faktoren: „dosisabhängige“Gene (v.a. auf X-Chromosom gelegen) • Hirnschädigung und Hirnfunktionsstörung (limbisches System, AmygdalaSchädigungen, Beteiligung von Frontalhirn-Schädigungen) • Keine Theory-of-Mind (link zur Bindungsforschung) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie • Erklärungsmodelle für Entwicklungsprobleme bzw. Einflußfaktoren der Entwicklung • Protektive Faktoren und Risikofaktoren – identifiziert in Einzelfallstudien und quantitativen Studien • Wirkung der Faktoren in verschiedenen Lebensphasen bedeutsam (z. B. Empathieentwicklung im Vorschulalter) • Faktoren aus den Bereichen: – intraindividuelle, familiär, soziales Umfeld Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Ziel: Phänomene der Kontinuität und des Wandels von Störungen im Lebenslauf erklären • Hohe Kontinuität z. B. tiefgreifende Entwicklungsstörung Autismus, externalisierende Verhaltensstörung, aggressives Verhalten bei Jungen • Diskontinuität weniger gut untersucht; z. B. – Kindliche Depression und Störung des Sozialverhaltens, die sich nicht mehr im Erwachsenenalter finden - Frage nach protektiven Faktoren (Lehrerbeziehung, Partnerschaft; Fürsorge für ein Geschwisterchen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Prognose: - Frühe Störung sagt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit spätere Störungen voraus - z. B. Versagen bei alterstypischen Anpassungsleistungen – höchste Vorhersagekraft (Leistungsfähigkeit – Leistungsfähigkeit) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Probabilistische Betrachtungsweise: • Entstehung und Entwicklung (Ätiologie) psychosozialer Probleme durch Zusammenspiel verschiedener personaler und sozialer Faktoren • Störung ist nicht unausweichliches Ergebnis; • die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Störung ist durch genetische, neurobiologische, psychologische und soziale Faktoren bedingt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Risikofaktor: Eine Variable, die, die statistische Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Störung erhöht - z. B. Lebensereignis, Persönlichkeitsmerkmal, Verhaltensstil, soziale Umwelt kumulative Effekte : erst die Häufung von Risiken erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Störung Identische Risikofaktoren können zu unterschiedlichen Störungen führen (Multifinalität) Verschiedenen Risikofaktoren können zur gleichen Störung führen (Äquifinalität) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Protektiver Faktor/Schutzfaktor: Eine Variable, die die statistische Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Störung senkt bzw. die Effekte von Risikofaktoren kompensiert Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Identifikation von protektiven Faktoren über eine Studie auf der Insel Kauai (Werner &Smith 1989, 1992, 2001). - Längsschnittstudie über mehrere Jahrzehnte - 30% der Kinder gehörten einer Hochrisikogruppe an - 30% von diesen zeigten jedoch keine Auffälligkeit - Psychische Resilienz (Widerstandsfähigkeit) durch personale/soziale Schutzfaktoren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Studie Kauai: Schutzfaktoren: - Problemlöse- und Kommunikationsfähigkeit - Selbstwirksamkeitserwartungen - Planungskompetenzen - Das Vorhandensein stabiler Bindungspersonen! Diskusssion: Ambiguität von Schutzfaktoren – daher Forschung zu kontext- und konstellationsspezifischen Bewältigungsprozessen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Passung, Goodness-of-Fit Passung zwischen den Anforderungen der Umwelt und Bewältigungskapazitäten einer Person Entwicklung einer Störung: ja/nein Bsp.: Migrantenkinder: in Ursprungsland/Familie angepaßt, im neuen Land überfordert AUCH: man sucht sich bestimmte Umweltbedingungen oder paßt sich die Umwelt an, kontrolliert sie Passungen werden ausgehandelt – dies kann bereits zu übermäßigem Stress führen Störung; Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Diathese-Stress Modell Verletzlichkeiten/Vulnerabilitäten in der bio-psychischen Struktur einer Person (z. B. negative Sozialisationseffekte) starke Belastungen Zusammenbruch funktionaler Bewältigungsmöglichkeiten Störung/dysfunktionale Bewältigung Chronifizierung der Störung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Veränderung durch Erfahrung (s. auch Epigenetik) aber begrenzte Verhaltensflexibilität, bei Störung, daher oft Häufung einer Störung über Generationen hinweg (ähnliche Genetik und Umwelt) Genetik Schicksal Die Expression von Genen im Sinne von Verhalten unterliegt vielen Faktoren: - Umwelterfahrungen (Erziehung, Ernährung etc.) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Beispiel für eine Entwicklungspsychopathologische Betrachtungsweise: Störung des Sozialverhaltens (Dodge 2000) Verschiedene Entwicklungsstufen 1. A) neuronale, endokrine, psychophysiologische Merkmale, die das Risiko erhöhen B) soziokultureller Kontext: Elternhaus (aggressionsbereit, niedriger sozioökonomischer Status) 2. Durch 1 bedingte spezifische Lebenserfahrungen in den ersten Lebensjahren – weiteres Risiko durch strenge Disziplinierung, emotionale Vernachlässigung, Aggression Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie 3. Grundschulzeit: Defizite in der Selbstregulation; mehr soziale Zurückweisung, Schulleistungsprobleme negative Entwicklungsspirale - mehr negative Peerkontakte; mehr feindselige Attribution - relative Verfügbarkeit aggressiver Verhaltensweisen - laxer Erziehungsstil zuhause um Konflikte zu vermeiden jeder Faktor erhöht das Risiko sukzessive Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Intraindividuelle Risikofaktoren • Persönlichkeitseigenschaften • Stile der Informationsverarbeitung • Emotionsregulationsfähigkeit • Motivation • Strukturelle Eigenschaften der Hirnregulation Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Intraindividuelle Risikofaktoren 1. Neurobiologisch, temperamentsbezogen - Bedeutung 3 cerebraler Subsysteme – steuern Verhaltenstendenzen, bereits in Säuglingen - Annäherungssystem - Verhaltenshemmungssystem (hoch: Angststörungen; niedrig: ADHS) - Kampf/Flucht (fight-flight) System Deren Balance/Interaktion ist beeinflußbar, z. B. durch Traumata Temperament (schwieriges Temperament bei Säuglingen: schlechter Schlaf-Wach-Rhythmus, , Unruhe, Gereiztheit) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Intraindividuelle Risikofaktoren 2. Emotional, motivational Qualität der Emotionsregulation - Einfluss durch den Tonus des Nervus Vagus (niedriger Tonus= risk) - Emotionalität (Grundstimmung) - Emotionale Reaktivität (risk factor für externalisierende/internalisierende Vh-Störung) Risikofaktor: Geringe Impulskontrolle und vermeidende Emotionsregulationsstrategie Bindungsstile Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Intraindividuelle Risikofaktoren 3. Kognitive Risikofaktoren Defizite im Problemlösen und Handlungsregulation - Wahrnehmung/Interpretation von Situationen - Generierung von Handlungsalternativen - Entscheidung für eine Alternative - Ausführung - Bewertung der Handlung SSV: z. B. negative Wahrnehmung, eingeschränkte Handlungsalternativen, niedrige Kontrollüberzeugung, niedriger IQ, ADHS Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Soziale Risikofaktoren Familiensystem Immer Einfluss auf das Kind – Interaktion – Rückkoppelungsschleifen (Kind beeinflusst auch das Elternverhalten - Risikofaktoren z. B. Verlust eines Familienmitglieds, Scheidung, behindertes Geschwisterkind, finanzielle Probleme, chronische Krankheit, psychische Störung eines Elternteils, ständiger Streit, Kriminalität, Bindungsdesorganisation, familiäre Gewalt, Missbrauch, Sekundäre Vulnerabilität im Diathese-Stress-Modell durch Erfahrungen Primäre Vulnerabilität: genetische Faktoren, Frühgeburtlichkeit, körperliche Schädigung, Geburtskomplikationen etc. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Entwicklungspsychopathologie Soziale Risikofaktoren Familiensystem Übergang zur Elternschaft bereits kritische Phase – Anpassungsleistung: Weichenstellung für die Entwicklung der Kinder: Prävention/Intervention bereits in der Schwangerschaft/direkt nach der Geburt Partnerbeziehung: - Modellcharakter für den Umgang mit Konflikten/Streitkultur - Einfluss auf Erziehungsstil (Dimensionen Emotionalität und Kontrolle; Faktor Inkonsistenz des Erziehungsverhaltens) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen • Bedeutung der Passung von Kind und Umwelt (Eltern): – Schwieriges, impulsives Kind in toleranter Familie besser als in zwanghafter Familie • Unstillbares Schreien oder wenig Responsivität beeinflußt sehr schnell die mütterliche Reaktionsbereitschaft • Folge/Ursache?: Überschätzung des Grades der Absichtlichkeit (Hinde 1979) im kindlichen Verhalten durch die Eltern (Teufelskreis, falsche Wahrnehmung, Überschätzung des Problemverhaltens • Hineininterpretieren von Bedeutung (mein Kind mag mich nicht): meist Projektionen eigener elterlicher Repräsentationen (S. 42 Fall) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen 3 Wege wie psychische Störungen in der Kindheit entstehen: 1) Bereits angeboren: Autismus, Störung der Kommunikation (z. B. Behinderung) 2) Seelische Verletzung: Traumatisierung: Kind wird in besonderer Weise bedroht und verunsichert, ohne dass Hilfe von Erwachsenen erfolgt 3) Störung der Eltern-Kind-Interaktion in der Feinabstimmung, durch kindliche, elterliche und situative Faktoren. Nicht extremes Trauma, sonder alltägliche Situationen zementieren diese Formen der Kommunikation Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen • Auch genetische Vulnerabilitäten • Prävention: kleiner Eingriff (oft nur 4 Sitzungen, intermittierende Beratungsgespräche) mit großer Wirkung • Durchbrechen der eskalierenden Teufelskreise (keine Engelskreise: s. Aktivierung/Stress des Caregivings, gemeinsame Interaktion, Deaktivierung, Oxytocin, Entspannung, happiness bei Mutter und Kind ….) • Früherkennung und frühe Intervention Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen Arten der frühkindlichen Regulationsstörung: • • • • • Exzessives Schreien (29,4%) Schlafstörungen (62,8%) Fütterstörungen (40,4%) Dysphorische Unruhe (30,1%) Exzessives Klammern und Trotzen (20%) • 1991: Münchner Sprechstunde für Schreibabies (N>1000 Familien 1994-1997) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen • Kinder kamen im Alter von 0-55 Monaten • Tabelle S. 53 (soziodemographische Daten) • Zusammenhang zwischen exzessivem Schreien und späteren Verhaltensauffälligkeiten (Fütterproblemen; Shaver 1974; Schlafstörungen, erhöhte Ängstlichkeit • Vorgestellt mit 7 Monaten: nur 10% hatten vorher KEINE Symptome • Durchschnittlich verstreichen 9 Monate mit Symptom bis zum Erstkontakt zur Schreisprechstunde Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen Pränatale Risikofaktoren (S. 64/66) (69%) • Stress in der ersten Hälfte der SS (Cortisol dringt noch durch Placentaschranke), Angst, Depressionen (zusammen 46%) • Schwere Hyperemesis • Vorzeitige Wehen mit Tokolyse • Schwangerschaftsdepression Perinatale Risikofaktoren (38,8%) • Sectio • Mangelgeburt (Gewicht) Postnatal (85,4%) • Familiäre und kindliche Atopie (Hautprobleme) • Neurologische Auffälligkeiten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühkindliche Regulationsstörungen Intuitive elterliche Kompetenzen (intuitive Parenting) (Papousek) - - Vertrauen darin wird durch schwieriges Kind durchbrochen: Teufelskreis) Negatives feedback versträrkt Belastung im Übergang zur Elternschaft, Gefühl der Hilflosigkeit, Depression, geringes Selbstwertgefühl; Unfähigkeit - Frühe Orchestrierungsphase (S. 96) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention Ziele: • Risiko für eine negative Entwicklung minimieren • Verbesserung der Erziehungskompetenz der Eltern, soziale Unterstützung der Eltern, Verbindung/Kontakt Eltern – Kindergarten – Schule • Verbesserung der sozialen/kognitiven Kompetenz des Kindes • Ausbau kind- und familienbezogener Resilienzfaktoren • Ausbau der Beziehung zu Gleichaltrigen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention Im Vorschulalter • Ca 20% aller Kinder zeigen klinisch relevante Verhaltensauffälligkeiten, Aggressionen, Trotzverhalten, Ängste oder Depression • Diese Kinder sind stärker gefährdet, Misshandlungen durch Eltern und Geschwister und Lernschwierigkeiten zu erfahren • Später mehr gefährdet für ungeschützten Geschlechtsverkehr, Trunkenheit, Verkehrsunfälle, Arbeitslosigkeit, Delinquenz • Nur 1 aus 6 betroffene Familien nehmen Hilfe an • Verhaltensstörung zeigt eine hohe Stabilität Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention Caplan (1964) Primärprävention: Strategie um das Auftreten einer psychischen Störung zu reduzieren Sekundärprävention: Reduzierung der Dauer bestimmter Störungen Tertiärprävention: Strategie, um die Beeinträchtigungen durch die Störung zu minimieren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention Munoz, Mrazek & Haggerty (1996) • Universelle präventive Intervention: • Gesamte Bevölkerungsgruppe (Vorsorgeuntersuchungen etc.) • Selektive präventive Intervention: • Individuen oder Gruppen die bestimmte Risikofaktoren oder bereits Symptome haben (Frühgeborene, allein Erziehende, psychisch kranke Eltern) • Indizierte präventive Intervention: • Hochrisikogruppen: Personen, die Symptome zeigen, und Risikofaktoren aufweisen, Eskalation und weitere negative Konsequenzen verhindern Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Präventionsprogramme Ziele: Bedingt durch Ansatzpunkt: - Durchführungsort (gute Erreichbarkeit; home based, school based, community based) - Adressaten (Kind oder Eltern, oder Lehrer) - Je jünger das Kind, desto eher Ansatz über die Eltern - Je älter das Kind und je ausgeprägter die Symptome, eher kindzentriert (Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten) - Multi-Komponenten-Programme (Kind/Eltern) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Präventionsprogramme Ziele: Meta-Analysen zur Präventivintervention: Unterschiedliche Wirksamkeit: • Zeitpunkt des Effekts (wann messen) (oft erst Monate später) • Rekrutierung der Stichprobe (v.a. bei universeller Prävention, kontinuierliche Teilnahme, Motivationsprobleme) • Dropout-Problem • Erfolgsmaße: multidmodal (kognitiv, emotional, behavioral), daher multimethodal (Vh-beobachtung, Fragebogen, Test, Interview) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Präventionsprogramme Ziele: Lösel & Beelmann (2003): Meta-Analyse: höchste Effekte bei kognitiv-behavioral (selektiv und indiziert besser als universelle Prävention) Primärprävention (z. B. Kriminalität) (Tremblay and Japel 2003) - z.T. bereits während Schwangerschaft, z. T. im Alter von 4 - Prävention inadäquates Elternverhalten - Effekte: weniger Folge-SS, bessere familiäre Kommunikation, positivere Einstellung der Eltern, weniger Haftstrafen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Präventionsprogramme Ziele: Kognitive Fähigkeiten – Sehr stabil, daher frühe Intervention; gekoppelt mit Vh-Problemen – Delinquenz: – Beginn vor 3. Geburtstag; am besten Beginn in Schwangerschaft plus day-care-Angebote – Bei mehrfachbelasteten Hochrisikokindern – kontinuierliche Betreuung anstatt einer Maßnahme – Auswirkung auf kognitive und soziale Fähigkeiten, und Erziehungskompetenz der Eltern Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühförderung und Bindung Sarimski (2001): - prognostisch bedeutsamste Variable: Reponsivität der Mutter d.h. Initiativen des Kindes aufgreifen und unterstützen - z. B. bei geistig behinderten Kindern, Frühgeborenen, cerebrale Bewegungsstörung - Leyendecker (1997): Beziehung=Wirkung (von Eltern, aber auch Durchführende der Frühförderung) - Sensibilität und geeignete Theorie!!! - Feinfühligkeit: kindliche Signale 1) wahrnehmen 2) richtig interpretieren 3) angemessen und 4) prompt reagieren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Frühförderung und Bindung Studie von van den Boom (1994, 1997): - Risikostichprobe (N=100): hoch irritierbare Kinder aus sozioökonomisch schwachen Familien - Intervention: 3 Hausbesuche (7.-9. Lebensmonat) mit Training der Feinfühligkeit - Interventionsgruppe: 72% sicher gebunden - Kontrollgruppe: 32% sicher gebunden - Bindungssicherheit ist ein protektiver Faktor (Kissgen und Suess 2005) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter • Ca. 20% aller Kinder haben klinisch relevante Auffälligkeiten wie Aggressionen, Trotzverhalten, Ängste, Depressionen (z. B. Ihle und Esse 2002) • Gefährdet: • Misshandlung durch Eltern zu erfahren • Lernschwierigkeiten • Ungeschützten Geschlechtsverkehr • Alkohol am Steuer • Verkehrsunfälle • Arbeitslosigkeit • Delinquenz Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter • Weniger als 15% der Familien, die Hilfe bräuchten, suchen Hilfen auf • Universelle Präventionsprogramme: • Kindzentriert: • Präventionsprogramm zur Verhütung von sexuellem Missbrauch (Eck & Lohaus 1993) • Interpersonal Cognitive Problem-Solving (Shure & Spivack 1982) • Good behavior Game (Kellam et al 1998) • Second Step (Faustlos) (Grossmann et al 1997) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter • Universelle Präventionsprogramme: • Elternzentriert: • Triple P (Gruppentraining, Sander 1999) • Multikomponenten-Programm: • Seattle Social Development Project (Hawkins et al. 1992) • Lehrerzentriert: • Promoting Alternative Thinking Strategies (PATH, Greenberg &Kusche 1998) • Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton et al. 2001) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindung und Caregiving Beschrieben in der Bindungstheorie von J. Bowlby (und M. Ainsworth) • Bindung und Caregiving (Pflegeverhalten) sind komplementäre Verhaltenssysteme • Biologisch angelegt, mit Hormonen und Stressregulation eng verknüpft • Wichtige Funktion im gesamte Lebenslauf • Bindung und Caregiving auch im Erwachsenenalter Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungstheorie John Bowlby: Bindungstheorie (1960) • basierend auf Beobachtungen von Mutter-Kind Dyaden zuhause und Kindern in Heimen • Basierend auf Forschung von Harlow und Zimmerman (1958) ursprünglich: Mutter-Kind-Bindung Seit den 1990ern: Erwachsenenbindung (adult attachment), Partnerbindung Bindung zwischen Mensch und Tier Bindung ist ein wichtiger Aspekt eines gesunden emotionalen und sozialen Lebens von der Wiege bis zum Grab.(Bowlby 1969/1982) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Verhaltenssysteme Verhaltenssystem (George and Solomon 2000): “ist ein biologisches System das die Regeln und Verhaltensweisen, die mit einem bestimmten Ziel in Verbindung stehen.” - Bindungssystem im Kind Pflegeverhaltenssystem beim Elternteil Bindung und Caregiving sind komplementäre Systeme Sie stehen in Konkurrenz zu anderen Verhaltenssystemen: - affiliatives System (soziale Beziehungen) - sexuelles System - Exploration - Angst (bei Kind und Mutter) - Stressregulation Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungsverhaltenssystem Ziel des Bindungsverhaltenssystems: - Schutz: durch das Herstellen oder Aufrechterhalten von Nähe zur Bindungsfigur (Elternteil, jemand der mehr Ressourcen hat) - (auch der Erhalt von Nahrung, Pflegeverhalten, und Trost ) - Aktivierung des Systems wenn das Kind in Gefahr ist oder Stress erlebt - Ziel : Schutz des Nachwuchses (reproductive fitness) Weiteres Ziel: Stressreduktion im Kind – soziale Unterstützung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Soziale Unterstützung 4 Formen sozialer Unterstützung: - Instrumentale Unterstützung Unterstützung durch Information Vor allem in engen und vertrauensvollen Beziehungen: - Emotionale Unterstützung Physischer Kontakt (Ditzen et al. 2007) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungsverhalten Bindungsverhaltensweisen beinhalten: Alle Aktionen die darauf abzielen, Nähe herzustellen und aufrecht zu erhalten - Augenkontakt, - weinen, - rufen, - Hände ausstrecken, - sich auf jemanden zubewegen, - sich am Elternteil festhalten, Widerstand gegen Trennung leisten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungssystem - Aktivierung Das Bindungsverhaltenssystem wird aktiviert durch : Internale Reize: – Krankheit, – Müdigkeit – Hunger – Schmerz – Angst – negative Emotionen Externale Reize: Situationen die Stress und Angst auslösen (weil potentiell gefährlich) - Trennung von Pflegeperson - physische Gefahr - Anwesenheit von Fremden - unbekannte Umgebung – Hormone (Oxytozin) - Sturm mit Blitz und Donner - Dunkelheit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungssystem Deaktivierung Das Bindungsverhaltenssystem wird deaktiviert durch: - Nähe zur Bezugsperson (Körperkontakt) - Adäquates Pflegeverhalten - Reduktion von Stress, - Gefühl der Sicherheit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Pflegeverhalten Das Ziel des Pflegeverhaltenssystems ist der Schutz der Nachkommen Pflegeverhalten beinhaltet: Alle Aktionen die darauf abzielen, Nähe des Kindes herzustellen und aufrechtzuerhalten und Fürsorge zu zeigen, die Stress beim Kind reduzieren (Hunger, Schmerz etc) - e.g. Blickkontakt, Zurückholen, Rufen, Hochheben, hingehen, berühren, - Füttern, umsorgen, beruhigen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Pflegeverhalten - Aktivierung Pflegeverhalten wird aktiviert durch: Situationen, die Eltern als angstauslösend, gefährlich, oder stressauslösend für das Kind wahrnehmen Internale Reize/Auslöser: – Hormonspiegel(Oxytozin) – Kulturelle Ansichten über richtiges Pflegeverhalten (Fütterzeiten, Alleinschlafen etc) – Müdigkeit, Krankheit des Elternteils (sich versichern, dass das Kind nah ist, da man weniger Aufmerksamkeit aufbringen kann) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Pflegeverhalten - Aktivierung Pflegeverhalten wird aktiviert durch : Externale Reize/Auslöser: • Situationen die Stress und Angst auslösen und gefährlich für das Kind sind • S. die externalen Auslöser beim Kind (attachment) • Kindliche Merkmale: Kindchenschema (auch bei Tieren, see e.g. Füttern von Tieren im Zoo, oder fremde Hunde) • Beeinflust durch eigene Bindung der Mutter Aktivierung hängt von der Sensitivität (korrekte Wahrnehmung von Bindungssignalen ab (Responsivität= adäquates Pflegeverhalten) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Pflegeverhalten - Deaktivierung Das Bindungsverhaltenssystem wird deaktiviert durch: - Nähe des Kindes zur Bindungsperson (Körperkontakt) - Deaktivierung des kindlichen Bindungsverhaltens - Erfolgreiche Stressreduktion beim Kind Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungssystem - Emotionen Die erfolgreiche Deaktivierung von Bindung und Pflegeverhalten wird von starken Empfindungen von Freude und Zufriedenheit begleitet. Erfolgloses Bindungs- und Pflegeverhalten (Aktivierung ohne Deaktivierung) ist verbunden mit Stress, Angst, Verzweiflung und Gefühlen der Hilflosigkeit, Ärger, Depression Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interaktion von Verhaltenssystemen Bindung und Exploration: Die Bindungsfigur dient als: - Sicherer Hafen bei Stress - Sichere Basis für Exploration wenn das Bindungssystem deaktiviert ist und ein Gefühl der Sicherheit vorherrscht (s. playground behavior) - Balance zwischen den beiden Systemen bei sicheren Kindern – Fähigkeit zu lernen (intellektuell und sozial) - Bindung steht auch in Konkurrenz mit dem affiliativen System, nach den ersten beiden Lebensjahren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interaktion von Verhaltenssystem Pflegeverhalten: Das Pflegeverhaltenssystem steht in Konkurrenz mit weiteren Verhaltenssystemen: Balance ist wichtig für gesunde Mutter-Kind Beziehung - Das Sexualverhaltenssystem - Eigenes Bindungssystem (Eltern, Partner) - Pflegeverhalten für ein weiteres Kind - Affiliatives System (Freunde) - Explorationssystem (Arbeit) - Die Wichtigkeit des Pflegesystems verschiebt sich gemäß der Entwicklung des Kindes (z. B. Trennungen über mehrere Stunden sind erträglich) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Internales Arbeitsmodell (IWM) - Internale kognitive Repräsentation - durch diese werden bindungsrelevante Erfahrungen evaluiert, emotional beurteilt und organisiert - Beinhaltet Erwartungen über sich selbst (Selbstwert, Kompetenz) und die Pflegeperson (verläßlich, vertrauenswürdig, adäquat, sensitiv) - Das IWM von Bindung entwickelt sich im ersten Lebensjahr durch wachsende Erfahrung mit den Bindungspersonen - IWM von Pflegeverhalten ist verbunden mit den eigenen Erfahrungen von erhaltener Fürsorge, eigenem Bindungssystem, und Selbstkonzept (als gute Pflegeperson) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Internales Arbeitsmodell (IWM) - Funktion des IWM (Bowlby 1980): ...soziales Verhalten anderer und sich selbst in echten Beziehungen zu antizipieren und zu simulieren um dem Individuum antizipatorisches Verhalten zu ermöglichen - Unbewußt in der Kindheit Bewußtseinsfähiger im Erwachsenenalter (aber nicht ganz) Beobachtbar bei Kindern (Verhalten, Strange Situation Test, Experimente zur Wiedervereinigung) Nur teilweise durch projektive Tests erfaßbar (Adult Attachment Projective), Interviews,(Adult attachment interview), oder Fragebögen - Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Sichere Bindung Primärstrategie: zielt auf sichere Bindung ab Konditionale Sekundärstrategien entwickeln sich, wenn das Bindungsverhalten des Kindes nicht adäquat und konsistent beantwortet wird. Dann entwickelt sich unsichere Bindung: Die unsichere Bindung dient immer noch einer organisierten Strategie: Schutz und Fürsorge von einer suboptimalen Pflegeperson und Umwelt zu bekommen Sichere Bindung: Vertrauen in die Verfügbarkeit einer Bindungsfigur; wird beruhigt durch die Nähe einer Bindungsfigur, zeit Trennungsschmerz, und zeigt offen Bindungsverhalten bei Stress/Gefahr/ Trennung. Exploration; Offenheit für eigene Gefühle und die anderer, gute Emotionsregulation ; Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Unsichere Bindung Sekundärstrategien: Unsichere Bindung Unsicher-vermeidend (auch „abwertend“ bei Erwachsenen) Zeigt bei Stress (z. B. Trennung) kein Bindungsverhalten, hat aber physiologisch hohen Stress (cortisol, Spangler and Schieche 1998) versucht sich selbst zu beruhigen oder abzulenken durch Exploration, Herunterregulieren von Emotionen, Abwehrstrategie= Deaktivierung, negative Emotionen werden nicht adäquat reguliert Anpassung an eine Pflegeperson die nicht sensitiv und repsonsiv ist wenn Bindungsverhalten gezeigt wird. Keine Offenheit für Gefühle (selbst und andere), wenig Selbstwert. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Unsichere Bindung Sekundärstrategien: Unsichere Bindung Unsicher-ambivalent (auch „verwickelt“ bei Erwachsenen) Kind ist sehr anhänglich, bleibt immer nah bei Bindungsfigur, wenig Exploration, BF ist als unzuverlässig und unvorhersehbar hinsichtlich Responsivität und Verfügbarkeit abgebildet Im Schulalter immer noch anhänglich/klettenhaft, wehrt sich gegen Trennung, dauernde Aktivierung des Bindungssystems Ärger gegenüber BF wegen wahrgenommenen Mangels an Aufmerksamkeit Negative Emotionen sind nicht adäquat reguliert, eher ein Mangel an Regulation Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungsdesorganisation Sichere, aber auch unsichere Bindung sind organisierte Strategien – die Pflegeperson gibt immerhin noch Fürsorge, die „gut genug“ ist Verlust der Organisation = Desorganisation (Main & Solomon, 1986) Zusammenbruch des Bindungsverhaltenssystems - Das Kind sieht sich als hilflos und verletzlich in angstauslösenden Situationen an, die Bindungsfigur gibt keine Sicherheit - Verletzende Erfahrungen können nicht in das IWM integriert werden, werden in einem extra, segregiertem System abgebildet (nicht bewußt zugängig) - Angst im Bindungskontext – emotionale Ausbrüche/Aggression/Einfrieren -kontrollierendes Verhalten gegenüber Pflegeperson Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindungsdesorganisation Bindungsdesorganisation ist wie eine hoch-unsichere Bindung Ursachen - Vernachlässigung oder Zurückweisung durch Eltern - Missbrauch durch Eltern - Drohungen das Kind zu verlassen - Verlust einer Pflegeperson (ohne adäquate Fürsorge einer anderen Bindungsperson) Kontinuum von Bindungskategorien: Vermeidend ………………...Sicher ………………Ambivalent Zusätzlich: Bindungsdesorganisation: ja/nein (Schweregrad) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindung und psychische Gesundheit Eine unsichere Bindung, v.a. eine Desorganisation, ist ein Risikofaktor für die sozio-.emotionale Entwicklung Bindung in der Normalbevölkerung (see Hartmann 2005) Sicher: 60-70% Unsicher: 30% (mehr vermeidend als ambivalent) Desorganisation: 10-15% Wahrscheinlich mehr unsichere heute!!! Höhere Prävalenz unsicherer/desorganisierter Bindung in klinischen Stichproben: Sichere Bindung ist ein protektiver Faktor für die Entwicklung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindung und psychische Gesundheit Höhere Prävalenz unsicherer/desorganisierter Bindung in klinischer Population : – Angststörungen - Psychosomatische Störungen - Depression Ungefähr 90% der Kinder in Schulen für Erziehungshilfe haben eine unsichere Bindung, ungefährt 60-70% eine desorganisierte Bindung Eine sichere Bindung ist ein protektiver Faktor für die Entwicklung (Werner &Smith 1989, 1992, 2001) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Caregiving – flexible Integration George und Solomon 2008: Caregiving das mit sichere Bindung einhergeht: - flexibel, balanciert, integriert Wissen über Selbst und das Kind, Kooperation zwischen Mutter und Kind commitment (Verbindlichkeit) joy of parenting (Freude an der Elternschaft) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Caregiving – Unsichere Bindung George und Solomon 2008: Mütter unsicher gebundener Kinder geben immer noch Schutz und Fürsorge, aber brauchen Abwehrmechanismen, um zurecht zu kommen – Sekundärstrategie Caregiving in Verbindung mit unsicher-vermeidender Bindung: - Deaktivierung, um bindungsbedingten Stress aus dem Bewußtsein zu entfernen - Umgeht die Aktivierung des Caregiving Systems - Wichtigkeit von Caregiving ist erniedrigt (andere Verhaltenssystems sind vorrangiger) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Caregiving – unsichere Bindung Caregiving in Verbindung mit unsicher-vermeidender Bindung : - „distanced protection“ ( distanziertes Beschützen) : das Kind aus der Distanz überwachen, die Pflege anderen übertragen - Ablehnung der kindlichen Bindungsbedürfnisse - Keine Freude am Elternsein - Betonung der Disziplin - Mangel an Intimität - Stärkere Aktivierung von Exploration und Affiliations Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Caregiving – unsichere Bindung Caregiving in Verbindung mit unsicher-ambivalenter Bindung : - Kognitive Abtrennung als Abwehrmechanismus (Abtrennung der Emotion und Information von der Quelle) – nur Teile, nicht das Gesamtbild werden wahrgenommen - Erhöhte Aktivierung des Pflegesystems - „close protection“ – nahes Beschützen (das Kind in der Nähe halten) - Positive Einstellung und Wahrnehmung von Kind und Elternsein - Ständige Sorge, Gefühl der Schuld über eigene Ineffektivität Gefühl der Unzulänglichkeit - Wenig Exploration und Affiliation Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Caregiving – Desorganisierte Bindung Ein deaktiviertes/funktionsuntüchtiges Pflegeverhaltenssystem - Verzicht auf Pflegeverhalten(selten vollständig, s. Vernachlässigung) - Gefühl der Hilflosigkeit, des Misslingens von Schutz, eigene Bindungsdesorganisation - Verfehlt potentiell das Ziel des Pflegeverhaltenssystems - Pflegeperson selbst löst Angst beim Kind aus - Kind wird als kleiner Teufel wahrgenommen, der die Mutter zum Kontrollverlust bringt - Einschränkung des Pflegeverhaltens (verläßt die Wohnung) - Rollenumkehr, Kind als kleiner Engel Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Ontogenese Das Bindungssystem existiert von Geburt an - Entwickelt sich inhaltlich während der ersten Lebensjahre, 1. Jahr ist am wichtigsten - Nach 6-8 Monaten ist eine echte Bindung aufgebaut (Bindungsperson wird bevorzugt) Das Pflegeverhaltenssystem ist bereits in der Kindheit vorhanden - Inkomplett und nicht stabil - Entwickelt sich in der Pubertät und vollends mit der eigenen Elternschaft Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Transmission Transmission von Bindungsrepräsentationen auf andere Bindungsfiguren, aber auch alle anderen langfristigeren und engeren Interaktionspartner (Freunde, Partner) Unsichere/desorganisierte Bindung wird zementiert, wenn keine konstanten neuen Erfahrungen, die nicht ins vorhanden Bild assimiliert werden, vorhanden sind – erst dann wird akkommodiert; z. B. Therapie, Lehrer-Beziehung, bindungsgeleitete Intervention . Caregiving: keine Studien: aber es ist wahrscheinlich dass das eigene Caregiving System auf andere Personen (z. B. Partner) übertragen wird Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Bindung, Stress und Soziale Unterstützung Maunder & Hunter (2001)nehmen folgende Effekte unsicherer Bindung auf Stressreaktionen an: • Wahrnehmung von erhöhtem Stress • Reduzierte Wirksamkeit von sozialer Unterstützung hinsichtlich des Abpufferns von Stress • Abnahme adäquater physiologischer Stressreaktionen Personen mit unsicherer/desorganisierter Bindung können emotionale Unterstützung und Körperkontakt einer anderen Person nicht zur Stressregulation nutzen - die andere Person kann sogar den Stress erhöhen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Kriterien für Bindung Achtung: Nicht jede Beziehung ist eine Bindung!!! Kriterien (Ainsworth (1991) : 1. Bindungsfiguren müssen eine verläßliche Quelle von Trost und Beruhigung sein, die auch Exploration erlaubt (sichere Basis) 2. Bindungsfiguren werden bei emotionalem Stress aufgesucht um Nähe und Sicherheit zu erhalten ( sicherer Hafen) 3. Die Nähe zur Bindungsfigur ist mit positiven Emotionen verbunden (Aufrechterhalten von Nähe) 4. Trennungen von der Bindungsfigur sind mit negativen Emotionen assoziiert (Trennungsschmerz, Vermissen, Sehnsucht) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Interventionen bezogen auf: Das Kind: • Verringerung der Symptome (Angst und komorbide Störung) • Verringerung der Beeinträchtigung • Förderung der Kompetenzen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Interventionen bezogen auf: Die Familie: • Abbau der familiären Dysfunktion • Verbesserung der Interaktionen • Stressreduktion • Lebensqualität • Familiäre Unterstützung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Interventionen bezogen auf: Die Gesellschaft: • Verbesserung der Teilnahme an schulischen Aktivitäten • Förderung geistiger und körperlicher Gesundheit • Verringerung von Hospitalisierung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Verhaltensbezogen: • Expositionsverfahren: dem Reiz aussetzen, auf Habituierung warten (denn starke körperliche Angstreaktionen können nicht über lange Zeit aufrecht erhalten werden) – neue Erfahrung, Angst und Vermeidung werden reduziert • Systematische Desensibilisierung am häufigsten angewandte Technik allmähliches der Situation aussetzen Überlagerung der Angst durch Entspannung/pos. Emotion 1. Entspannungstraining, 2.Angsthierarchie, 3.Desensibilisierung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Systematische Desensibilisierung 1. Entspannungstraining: meist Progressive Muskelentspannung 2. Aufstellen einer Angsthierarchie: Bsp: Hundephobie: 1= Film ansehen, in dem Kinder mit Hund spielen 4= in einen Laden von außen sehen, in dem jemand Hund an der Leine hat 8= einen großen Hund streicheln Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Systematische Desensibilisierung 3. Systematische Desensibilisierung • Koppelung von Entspannung mit dem Item der Angsthierarchie • In der Vorstellung • oder in echt= in vivo ( wirksamer) • Je älter, desto besser geht es auch in der Vorstellung • Selbstverstärkungssätze • Bsp. S. 209 Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Kontingenzmanagement • Positive Verstärkung mutigen Verhaltens (Lob, Privilegien) • Ignorieren des ängstlichen Verhaltens des Kindes • Einschränken der Vermeidung gefürchteter Aktivitäten Lerntheoretische basiert, z. B. auch Shaping, Löschung Funktioniert nur bedingt Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Emotive Vorstellungsübung Lazarus & Abramovitz (1962) Anstatt Entspannungstraining – eine positive aufregende Geschichte mit Lieblingsheld Items der Angsthierarchie werden in die Geschichte eingearbeitet, Kind trifft mit Helden schrittweise auf angstauslösende Reize (s. auch Hypnose) S. 214 Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Modell-Lernen • Symbolisch (z. B. Film) • Stellvertretend (anderer in vivo) • Teilnehmend ( erst Modell beobachten, dann selbst machen) Einsatz von Token Sekundäre Verstärker (Token, Geld) Primärer Verstärker (Süßigkeit, oder Geld?) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Kognitive Techniken: Selbstinstruktionstraining (Meichenbaum 1975) • Negative Selbstgespräche durch positive ersetzen a) Therapeut setzt sich Reiz aus und führt positives Selbstgespräch b) Kind führt Verhalten aus und gibt sich laut Anweisung c) Kind führt Verhalten aus und gibt sich leise Anweisung d) Kind führt Verhalten aus und gibt sich verdeckt Anweisung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Kognitive Verhaltenstherapie • Selbstgespräche, positive Verstärkung, Modell-Lernen von Peers, Exposition • Beispiele auf S. 220-221 • FEAR-Plan – – – – Fühlst Du Dich ängstlich? Erwartest Du das schlimmes passiert? Aktionen, die man unternehmen kann Resultate und Belohnung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Kognitive Verhaltenstherapie Barrett et al 1996: Intervention bei 7-14 Jährigen mit Angststörung (soziale Phobie, Überängstlichkeit) Ohne Elterntraining 70% nach einem Jahr ohne Diagnose Mit Elterntraining 96% nach einem Jahr ohne Diagnose Dadds et al (1997): Präventionsprogramm für Kinder mit Symptomen: Kontrollgruppe ohne Intervention: nach 6 Monaten: 58% eine Störung Interventionsgruppe : nach 6 Monaten: 16% eine Störung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Angststörung Systemische Ansätze - Therapeutische Richtlinien (z. B. distanzierten Elternteil mehr einbeziehen) - Weg des geringsten Widerstands (keine Machtkämpfe) - Paradoxe Interventionen (Symptomkontrolle nachweisen) - Restraining (was sind die negativen Folgen von Veränderung, Rückfall vorhersagen, Rückfall verschreiben) - Strategische Distanzierung - Aus dem Gleichgewicht bringen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter • Ca. 20% aller Kinder haben klinisch relevante Auffälligkeiten wie Aggressionen, Trotzverhalten, Ängste, Depressionen (z. B. Ihle und Esse 2002) • Gefährdet: • Misshandlung durch Eltern zu erfahren • Lernschwierigkeiten • Ungeschützten Geschlechtsverkehr • Alkohol am Steuer • Verkehrsunfälle • Arbeitslosigkeit • Delinquenz Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter • Weniger als 15% der Familien, die Hilfe bräuchten, suchen Hilfen auf • Universelle Präventionsprogramme: • Kindzentriert: • Präventionsprogramm zur Verhütung von sexuellem Missbrauch (Eck & Lohaus 1993) • Interpersonal Cognitive Problem-Solving (Shure & Spivack 1982) • Good behavior Game (Kellam et al 1998) • Second Step (Faustlos) (Grossmann et al 1997) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter • Universelle Präventionsprogramme: • Elternzentriert: • Triple P (Gruppentraining, Sander 1999) • Multikomponenten-Programm: • Seattle Social Development Project (Hawkins et al. 1992) • Lehrerzentriert: • Promoting Alternative Thinking Strategies (PATH, Greenberg &Kusche 1998) • Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton et al. 2001) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter Selektive/Indizierte Präventionsprogramme: • Kindzentriert: • Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton 2001) • Elternzentriert: • Incredible Years Series (IYS) (Webster-Stratton 2001) • Parent Child Interaction Training (PCIT, Strayhorn&Weidman 1991) • Yale Child Welfare Project (Seitz et al 1985) • Triple P Gruppentraining (Sanders 1999) • Video-Interaktionstraining für Risikofamilien (Cordes & Petermann 2001) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter Selektive/Indizierte Präventionsprogramme: • Multikomponenten-Programme • Montreal Prevention Experiment (Tremblay et al 195) • Präventionsprogramm für expansives Problemverhalten (PEP, Wolff Metternich et al 2002) • Lehrerzentriert: • Program for Academic Survival Skills (Greenwood et al 1997) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter Beispiele für Präventionsprogramme im Vorschulalter Triple P (Sanders,1999) • Ziel: Eltern Strategien lehren, um positive Beziehung zum Kind aufzubauen, es in der Entwicklung zu fördern • Kompetenz und Bewältigungsstrategien der Eltern erhöhen • Emotionalen und Verhaltensproblemen der Kinder vorbeugen • 5 Interventionsebenen mit steigender Intensität Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention – Triple P Triple P (Sanders,1999) Stufe 1: Universelle Informationen über Erziehung (Broschüren etc.) Stufe 2: Kurzberatung für spezifische Erziehungsprobleme: 4 kurze (20 min) Einzelinterventionen durch Kinderarzt, Erzieher, Lehrer Stufe 3: Kurzberatung und aktives Training: 4 Sitzungen plus Training (Rollenspiele) Stufe 4: Intensives Elterntraining Gruppentraining 4x 2 Stunden; Video; plus 4 Telefonkontakte Stufe 5: Erweiterte Interventionen auf Familienebene Familien mit zusätzlichen Konflikten wie Ehekonflikt, Substanzmissbrauch der Mutter, Depression, und Kinder, die trotz Stufe 1-4 noch Auffälligkeiten zeigen (Hausbesuche, Kommunikationstraining, Stressbewältigung) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention – Triple P Evaluation: DFG-Studie von Heinrichs et al 2006: - 280 Familien mit Kindergartenkindern - Verbesserung der Erziehungsverhaltens - Weniger internalisierende und externalisierende Probleme der Kinder - Reduktion der Inzidenzrate (Kontrollgruppe hatte 2-3x soviele neue internalisierende und externalisierende Auffälligkeiten) - Weniger Depressivität der Mütter, weniger Stress - Mehr Partnerschaftszufriedenheit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter Elterntraining nach Patterson (1982, 1986) - Unangemessenes Erziehungsverhalten mit Zwangsprozesses zwischen Eltern und Kind: Eskalation – Verhaltensprobleme - Veränderung von 4 Familien-Management-Variablen: • Regeln setzen • elterliches Interesse • Sanktionen und Kontingenzen • Krisenbewältigung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter Elterntraining nach Patterson (1982, 1986) Regeln setzen: Festlegen akzeptablen und inakzeptablen Verhaltens des Kindes, klare Absprachen, Konsequenzen Elterliches Interesse (wissen wo das Kind ist, was es gerne tut etc.) Positive und negative Verstärkung Krisenbewältigung (Antizipieren und Lösen von Problemen) Effekte: N=319 Familien mit verhaltensauffälligen Jungen; 2 Jahre Präventionsprogramm; weniger delinquentes Verhalten, weniger Drogenmissbrauch, häufiger in der Ursprungsklasse Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter I Can Problem Solve Kindzentriertes Gewaltpräventionsprogramm (auch Vorschulalter) (ICPS Shure and Spivack 1982) Kognitiver Ansatz um interpersonelle Probleme zu lösen, antisoziales Verhalten zu verhindern Verhalten hat Ursachen – Menschen können unterschiedliche Gefühle haben Mehr als 1 Weg zur Problemlösung Ergebnis: weniger dissoziales Verhalten, gehen besser mit Wut und Enttäuschung um Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention im Vorschulalter I Can Problem Solve - Unterrichtseinheiten mit Spielen, Geschichten, Handpuppen, Bildern, Rollenspielen - Im Alltag ausprobieren - Auch die Erzieher wenden neue Kommunikationsmuster an - Erlangener Entwicklungs- und Präventionsstudie: - 15 Sitzungen 30-60 min mit 6-10 Kindern, 3-5 Wochen, 2 Trainingsleiter - Weniger Problemverhalten - Kurzfristiger präventiver Effekt - Besonders ökonomisch Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel Förderung und Behandlung: beides absichtsvolle, fachlich begründete Einflußnahmen - z. B. Lernzielorientierte Förderung (z.B. bestimmte Kompetenz erlangen) Erfolgsfaktoren (Orth & Geenen 2004; Enders & Haberstock 2004): - Eigentätigkeit des Kindes - Qualität des Handeln des Kindes Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel DAHER: Motivation des Kindes: Spielerisch: Kind da abholen, wo es ist Geeignete Hilfestellungen, zum nächsten Schritt Offene Gestaltung von Situationen durch die Frühförderin = Akt des Mitspielens, bei dem es um die absichtsvolle Ermöglichung von Lernprozessen entlang ausgewählter Themen geht (Klaes & Walthes 1998) Mitmachen, Gewährenlassen, Hilfen geben, Struktur und Regeln beachten, Umgang mit Affekten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel Oerter: nicht jedes Spiel ist lehrreich (1996): - Kinder können auch auf niedrigerem Niveau spielen, als sie ihrem geistigen Entwicklungsstand nach spielen könnten. - Vgl. spielen bei Erwachsenen (Moorhuhn, etc.); Amüsieren unterhalb des eigenen Niveaus - Kann auch Flucht aus Alltag sein 3 Ebenen des fördernden Spiels: - Lernen und Üben von Funktionen im Spiel - Entwicklungsförderung im Rahmen von Spielhandlungen - Spiel als sinnstiftende Tätigkeit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel Oerter 3 Ebenen des fördernden Spiels: Lernen und Üben von Funktionen im Spiel: Besondere Spiele für die Sensorik, Konzentration etc. Montessori Pädagogik: Spiel ist die Arbeit des Kindes Kritik von Stern (1952): intrinsische Motivation kann abhanden kommen; es muss auch sinnfreies Spiel (phantasieren, Puppenspiel, etc. ) geben (allerdings wohl doch sozioemotional relevant Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel Oerter 3 Ebenen des fördernden Spiels: Entwicklungsförderung im Handeln - Regeln lernen, lügen und streiten lernen (Gesellschaftsspiele, Rollenspiele) Als sinnstiftende Tätigkeit - dem Kind bei der Expression der Thematik freie Hand lassen - Bsp. Turm bauen und zum Einsturz bringen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel Ist Spiel noch Spiel wenn es Förderung beinhaltet: Leben Kind und Fördertherapeutin auf verschiedenen Planeten?? Spiel ist Spiel und Förderung ist Förderung!!! Bei älteren Kindern kann dieser Wechsel durchaus sinnvoll sein (Spiel = Belohnung) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Förderung und Spiel 1 Stunde pro Woche= Tropfen auf den heißen Stein? Modell für Mutter, Lehrstunde für Kind, Hausaufgaben (schlechtes Gewissen bei Nicht-Üben?? Kontraproduktiv!! Spielen: Druck der Mütter „die spielen ja nur, was bringt das“? Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Spieltherapie Humanistische Interventionen: Die personenzentrierte Spieltherapie (angelehnt an Carl Rogers, 1942, 1978) • Äußeren und inneren Fehlanpassungen des Kindes entgegenwirken • Beziehungskultur fördern: – Echtheit /Authentizität (Unverfälschtheit) – Akzeptanz (Anteilnahme, Wertschätzung) – Empathisches, einfühlendes Verstehen des Kindes • Voraussetzung: alle wichtigen Erfahrungen angstfrei zulassen können • Erfahrungslernen (Erfahrungssystem vs. verbal-symbolisches System) – Lernen mit kognitiven, emotionalen und handlungsbezogenen Aspekten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen – Spieltherapie Therapeutisch orientierte Spielgruppen • In Grundschulen • Gruppenstadium: Lehrerin reflektiert die Konflikte der Kinder und deren Streben nach Macht und Kontrolle • Arbeitsstadium: Gruppe soll als Einheit agieren • Sozio-emotionale Förderung Sandkastenarbeit (allein oder in Gruppe) Spieltherapeutisch orientierte Tutorenprogramme (ältere helfen jüngeren Schülern) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention - Bindung - STEEP Steps towards effective, enjoyable parenting Hochrisikofamilien – bindungsbasierte Intervention (Egeland und Erickson 2004) Ansatz beim Kind und Bezugsperson Minnesota Parent Child Project (MPCP; 1975): • aufwändige prospektive Längsschnittstudie • 267 Schwangere mit mehreren Risikofaktoren (kein Schulabschluss, unterhalb der Armutsgrenze, Alter 12-34; ungewollt schwanger, oft kein fester Partner; Drogenerfahrung, Gewalt, sexueller Missbrauch etc.) • Mehrere Untersuchungen in der Kindheit bis heute • 15% hatten bis zum 4. Lebensjahr eine Traumatisierung erfahren • 66% der misshandelten Frauen misshandelten ihre Kinder NICHT! Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Prävention - Bindung - STEEP • 66% der misshandelten Frauen misshandelten ihre Kinder NICHT! Schutzfaktoren: Emotional unterstützende Personen (Eltern, Pflegeeltern) Stabile und intakte Partnerschaft Intensive, mind. 6 Monate Beratung oder Psychotherapie Eigene Erfahrungen der Mutter sind weniger bedeutend, als ihre Einstellung und Integration früherer Erfahrungen für die Umsorgung des eigenen Kindes Bindungsklassifikation des Kindes im Altern von 1 Jahr sagt Problemlöseverhalten mit 3-4 voraus Sicher gebundene Kinder haben besseres Selbstwertgefühlt, Selbstvertrauen, Ego-Resilienz, Impulskontrolle etc. Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung - STEEP Unsicher gebundene Kinder sind abhängiger und anlehnungsbedürftiger im Kindergarten. Oft hilflos oder indirekte Art der Kontaktaufnahme. Weniger im Spiel mit Gleichaltrigen. Eine sichere Bindung ist in jedem Fall die günstigste für die Entwicklung verschiedener Kompetenzen. Prinzipien von STEEP • Unterstützung von Mutter-Kind Paaren, Bindungssicherheit fördern • Sozial-ökologische Ausrichtung (Einbezug des sozialen Umfeldes) • Individualisierte Vorgehensweise, angemessene Wahrnehmung des eigenen Kindes • Jede Familie, jede Mutter, jedes Kind hat Stärken • Veränderung geschieht in bedeutsamen Beziehungen • 8 Ziele Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung - STEEP 8 Ziele von STEEP 1. Förderung gesunder sowie realistischer Einstellung und Erwartung bezüglich Schwangerschaft, Geburt, Erziehung und Eltern-KindBeziehung 2. Vermittlung von Grundlagenwissen zur kindlichen Entwicklung und Förderung realistischer Erwartungen bezüglich kindlichen Verhaltens 3. Förderung feinfühliger und vorhersagbarer Reaktionen der Eltern auf die Signale des Kindes 4. Befähigung der Eltern zur Perspektivenübernahme (seeing is believing; Videoaufnahmen besprechen) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung - STEEP 8 Ziele von STEEP 5. Bereitstellung einer Sicherheit vermittelnden und entwicklungsförderlichen häuslichen Umgebung (Spielsachen, Sicherheit) 6. Hilfestellung für die Eltern bei der Etablierung sozialer Hilfen für sich und ihr Kind (Gruppentreffen) 7. Hilfestellung für Eltern bei der Etablierung angemessener Handlungsstrategien im Alltag (staatliche/städtische Hilfen) 8. Aufbau und Stärkung der Kompetenzen und des Selbstbewusstseins der Eltern Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung - STEEP Umsetzung im Alltag • • • • Gut ausgebildete und feinfühlige Beraterinnen Laufzeit etwas über 2 Jahre mit Beginn in Schwangerschaft Hausbesuche (90 min) Gruppensitzungen alle 2 Wochen Evaluation Interventionsgruppe (N=80), Kontrollgruppe (N=74) STEEP: • Besseres Verständnis für die Entwicklung des Kindes, mehr Kompetenz im Lebensalltag, weniger depressive Symptome • Seltener Folgeschwangerschaft innerhalb 2 Jahre • Höhere Feinfühligkeit Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung - STEEP Evaluation Interventionsgruppe (N=80), Kontrollgruppe (N=74) STEEP: • Besseres Verständnis für die Entwicklung des Kindes, mehr Kompetenz im Lebensalltag, weniger depressive Symptome • Seltener Folgeschwangerschaft innerhalb 2 Jahre • Höhere Feinfühligkeit • Keine Unterschiede bei Bindungsstatus • Weniger Desorganisation als in Kontrollgruppe Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Bindungsgeleitete Intervention in der schulischen Erziehungshilfe • Hohe Prävalenz von Gewalt - , Verlust-, Vernachlässungserfahrunge bei Kindern in Settings der Erziehungshilfe im Vgl. zur Regelschule • Unsichere Bindungsmuster (ca 90 %; ca 60% desorganisiert) • Unsichere Bindung: Geringere Sozialkompetenz, mehr Symptome • Transformierbarkeit der Bindungsrepräsentation (von sicher zu unsicher z. B .durch Scheidung der Eltern) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Bindungsgeleitete Intervention in der schulischen Erziehungshilfe • Am ehesten korrigierende Beziehungserfahrungen im therapeutischen/pädagogischen Setting • Problem: Transfer der pathologischen Beziehungsstrategien auf die Lehrer-Schüler Beziehung; von beiden Parteien • Lehrer verbringen viel Zeit mit den Kindern • Vermittlung einer Diskontinuitätserfahrung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Pädagogische Strategien • Neue Bindungserlebnisse ermöglichen, damit sich das Kind von alten Bindungsmustern lösen kann – andere als responsiv und fürsorgend, sich selbst als wertvoll und liebenswert • ZIEL: Feinfühligkeit der Lehrer steigern Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Ambivalent unsichere Kinder: • Bindungsfiguren sind unzuverlässig und inkonsistent im Verhalten • Bindungssystem ist chronisch/sehr häufig aktiviert – abhängiges Verhalten gegenüber Bezugsperson, wenig Exploration • Entgegenwirken: viel Regelmäßigkeit und Konsistenz in der LehrerSchüler Beziehung • Z. B. an jedem Schultag oder festen Termin Zeit für das Kind nimmt, oder feste Begrüßungsrituale • Terminabsagen: Wut des Kindes • Ferien: Übergangsobjekte (Winnicott) – Postkarte, Gegenstand Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Ambivalent unsichere Kinder: Probleme im Schulsetting: • Beziehungsunterbrechungen (Ferien) • Lehrer kann die massiven Bindungsbedürfnisse so nicht befriedigen – Wut des Kindes und Provokationen • komplementäres Verhalten des Lehrer (Zurückweisung) (diesem ist durch Training entgegenzuwirken) • Verbalisieren der Emotionen durch nicht erfüllte Bindungsbedürfnisse (zeigt Feinfühligkeit) • Schwierig: diese Kinder warten lange Zeit nur darauf, wieder enttäuscht zu werden, zur Bestätigung ihre Beziehungsschemas • In Verhaltensmodifikation: keine Aufmerksamkeit auf störendes Verhalten. In Bindungsgeleiteter Intervention: Verbalisieren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Unsicher - vermeidende Kinder: • Angst vor Zurückweisung oder Misshandlung • Meiden Augenkontakt zu Lehrer und physischem Abstand • Weigerung, Beziehung einzugehen • Überkontrollierende und omipotent Strategien • Lehrer sollte Vermeidung akzeptieren • Feinfühlig auf Kontrollbedürfnisse reagieren (Freiheit über Lernmaterial ) • Dyadische Aktionen (Spiel, v.a. von Versorgungssituationen) von Lehrer und Kind • Sachorientierte Beziehung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Probleme bei unsicher-vermeidender Bindung • Beziehung ist dann erst etabliert, wenn das Kind wieder beginnt alte Beziehungserfahrungen in dieser Dyade auszuagieren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Desorganisiert gebundene Kinder • Sie selbst sind vulnerabel und hilflos in angstauslösenden Situationen • Bindungsfigur bietet keine Sicherheit in solchen Situationen • Schmerzvolle _Bindungserfahrungen werden in einem abgetrennten System gespeichert • Unkontrollierte Durchbrüche des segregated systems • Zeigen kontrollierendes (strafend oder fürsorglich) Verhalten gegenüber der Bindungsfigur • Intervention auf Verhaltenseben und Repräsentationsebene • Integration von segregated systems in Psychotherapie Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Desorganisiert gebundene Kinder Intervention auf Verhaltensebene: • Kinder dissoziieren während Unterricht, oder Durchbruch von Emotionen bei Bindungsstress (mit altem Trauma assoziiert, z. B. Trennung) • In sichere Situation mit Kind gehen • Kontrollierendes Verhalten des Kindes: wenn Bezugspersonen in Situationen von Stress selbst außer Kontrolle geraten (schlagen etc.) • Kind übernimmt aggressives Modell der Bindungsfigur • Konfrontation des Kindes mit inkompatiblen Beziehungserfahrungen (nicht strafend, wie so oft zu beobachten) – Metaphern mit Tieren Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Desorganisiert gebundene Kinder Intervention auf Verhaltensebene: • Lehrer als sichere Basis/safe haven • Kindliche Bedürnisse erst einmal verbalisieren,sobald Identifikation mit Tier in Geschichte, dann feinfühlig reagieren • Alternative Strategien der Ärgerregulation • Fürsorglich-kontrollierend: Verstärkung durch Rückzug der Bindungsperson/Elternteil • Lehrer darf die Rolle des zu Versorgenden nicht annehmen, sondern zeigt, dass er der Verantwortliche ist • Metapherngeschichten; • Lehrer zeigt Fürsorgeverhalten Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Interventionen - Bindung Verabschiedung • Wenn Kind an Regelschule zurückkehrt oder Ende der Schulzeit • Reaktivierung von Trennungstraumata • Erklären, wieso und warum: weil Kind so viele Fortschritte gemacht hat, nicht weil der Lehrer es nicht mehr mag Primat der Beziehung (Hillenbrand 1999) bei Intervention mit verhaltensgestörten Kindern Pilotstudie (Taumer 2004): Multiple-Baseline-Design • Ambivalente: mehr Exploration, weniger Abhängigkeit • Weniger externalisierende Symptome Sicher gebundenen Lehrern fallen bindungsgeleitete Interventionen/Feinfühligkeit leicht – unsichere Bindung beim Lehrer ist problematisch Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Psychologische und physiologische Grundlage der positiven Wirkung von Hunden auf Kinder Andrea M. Beetz Dipl.-Psych., Dr. phil. Institut für sonderpädagogische Entwicklungsförderung und Rehabilitation Universität Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Hunde in der Pädagogik • Hunde werden permanent in der Schule eingesetzt oder kommen besuchsweise • Hunde im Klassenzimmer • Humane Education, mehr Empathie (Ascione, 1992) • Tiergestützte Heilpädagogik (Vanek-Gullner, 2003) • Lesen mit Hund • Konzentrationstraining mit Hund Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Grundlagen der Mensch - Tier - Beziehung Es gibt kein einheitliches Modell der Mensch-Tier-Beziehung nur einige Wirkfaktoren wurden identifiziert: • Nonverbale Kommunikation • Sozialer Katalysator • Tiere als Gefährten und Freunde • Aschenputtel-Effekt • Uneingeschränkte Akzeptanz • Soziale Unterstützung Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Biophilie Wieso interessieren sich Menschen für Kontakt mit Tieren: Wilson (1984) und Kellert (1997): • Gemeinsame Entwicklungsgeschichte von Mensch und Tier • Ein natürliches/angeborenes Interesse an Tieren war in der menschlichen Geschichte über-lebensnotwendig – von ihnen ausgehende mögliche Bedrohung – ihre sensorischen oder motorischen Fähigkeiten nutzen – Nahrungsquelle – Signalwirkung! (Gefühl der Sicherheit bei ruhigen Tieren in der Umgebung) Biophilie ist eine Bezugnahme (positiv oder negativ) auf Tiere und Natur Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Biophilie • zunehmende Technisierung unserer direkten Lebensumwelt und Reglementierung (soziale Ziele): Natur- und Beziehungsverlust • in der kurzen Zeit der zivilisatorischen Entwicklung keine optimale Anpassung an diese neue Umwelt • Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten sind auf natürliche Umgebungen abgestimmt – wir brauchen Natur und gesunde soziale Beziehungen • Zunahme an psychischen / emotionalen Störungen bzw. Bindungsstörungen im Kindes- und Erwachsenenalter Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Biophilie Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Biophilie Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Positive Gesundheitseffekte • Hundehalter/Tierhalter sind gesünder (z. B. Heady 1999, Heady, Na & Zheng 2008) – schlafen besser, weniger Arztbesuche, mehr Bewegung, • höhere Überlebensrate der Hundehalter nach einem Herzinfarkt (Friedmann & Thomas 1998) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Günstigere Wahrnehmung/mehr freundliche soziale Aufmerksamkeit durch andere in Begleitung eines freundlichen Hundes z. B. • service dogs (Hart, Hart & Bergin 1987) • Wells (2004): 1800 Fremde Vergleich echte Hunde (Labrador, LabradorWelpe, Rottweiler) vs. Stofftier vs. alleine: Am meisten angelächelt und angesprochen mit Labrador/Welpe – deutlich weniger mit Rottweiler, noch weniger mit Stofftier o. alleine Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Sozialer Katalysator-Effekt, Stimulation sozialer Interaktion • Mit dem Hund: bei autistischen Kindern (Prothmann, Ettrich & Prothmann 2009, Martin & Farnum 2002) • Mehr Sprachgebrauch in Anwesenheit eines Hundes bei Kindern mit Autismus (Sams, Fortney & Willenbring 2006) • Verbesserung der therapeutischen Beziehung durch den Hund bei Erwachsenen mit Substanzmissbrauch (Wesley, Minatrea & Watson 2009) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Reduktion von Angst (ohne Stressinduktion) • Hundebesuch (12 min) vs. Besuch von Mensch und normale Pflege bei Patienten mit Herzinsuffizienz: deutlichste Reduktion der Angst durch den Hund (Cole, Gawlinksi, Steers & Kotlerman 2007) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Gesteigertes Vertrauen • Videos von zwei Psychotherapeuten, mit oder ohne Hund. Studenten schätzten die Therapeuten mit Hund als vertrauenswürdiger ein (v.a. diejenigen mit der negativsten Meinung von Psychotherapeuten im Allgemeinen) ( Schneider & Harley 2006) • Passanten nach ihrer Telefonnummer fragen: mit oder ohne Hund. Mehr Vertrauen in Begleitung des Hundes (Gueguen & Ciccotti 2008) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Verbesserung der Stimmung, Reduktion von Depressivität • AAI mit Hunden, v.a. bei Oldies oder Pflegebedürftigen, aber auch bei Kindern mit psychischen Störungen verbessert die Stimmung (z. B. Kaminski, Pellino & Wish 2002) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Reduktion von Puls und Blutdruck, z. B. • Kinder lasen ein Buch oder ruhten aus, in Anwesenheit eines Hundes (oder Hund wurde nach Hälfte der Zeit dazu gelassen): Blutdruck war niedriger wenn der Hund von Beginn an anwesend war (Friedmann et al 1983) • Hund-Streicheln vs. Ausruhen vs. Unterhaltung vs. Lesen bei Studenten: Blutdruck am niedrigsten beim Ausruhen, aber deutlich niedriger beim Streicheln als bei Lesen oder Unterhalten (Grossberg & Alf 1985) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Reduktion von Puls und Blutdruck, z. B. • Streicheln des eigenen Hundes (3 min) reduziert den Puls für ca 1 Stunde (Handlin et al 2011) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Effekte auf Hormone z. B. • Level von Kortisol (Stresshormon) von Erwachsenen war niedriger nach Interaktion mit einem Hund, als nach 20 min Ausruhen (Barker et al. 2005) • Ein Hund in der Familie reduziert denn Level von Kortisol (Cortisol awakening response) bei Kindern mit autistischen Störungen (Viau et al 2010) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Studien zur Wirkung von Hunden Effekte auf Hormone z. B. • Der Level des Hormons Oxytozin („Bindungshormon“) steigt nach Interaktion mit einem Hund an (Odendaal 2000, Odendaal & Meintjes 2003, Handlin et al 2011), noch mehr wenn man den eigenen Hund anstatt eines fremden Hundes streichelt (KÖRPERKONTAKT) • Längerer Augenkontakt zwischen Hund und Besitzer (mit hoher Bindung an Hund) geht einher mit höherem Leven von Oxytozin im Urin beim Besitzer (Nagasawa et al 2009) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Transmission von Bindung Keine Übertragung von unsicherer oder desorganisierter Bindung zu Tieren Kurdek (2008, 2009 a/b): • Fragebogenstudien mit Kindern und Jugendlichen • Hunde werden als Bindungsfiguren von ihren Besitzern beschrieben • kein signifikanter Zusammenhang zwischen Bindung zum Tier und Bindung zu Menschen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Vorteile tiergestützter Arbeit Keine Übertragung von unsicherer oder desorganisierter Bindung zu Tieren • Der Hund kann von (fast) jedem Kind zur sozialen Unterstützung und Stressregulation genutzt werden (auch diejenigen, die es aufgrund unsicherer Bindung nicht vom Lehrer oder Freunden annehmen können) Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Lernen und Stress • Lernen (schulisches) ist nur in Abwesenheit von Stress effektiv möglich – Stress und Angst behindern Lernen (s. Spitzer, Hüther, Roth) • Ein Hund kann zur Reduktion von Stress bei Kindern in der Schule beitragen: – Kontakt (Streicheln senkt Blutdruck, Kortisol) – Ruhender Hund (evtl. über Biophilie) • Der Hund kann helfen, eine gute Lehrer-Schüler Beziehung herzustellen Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Anwendung für die Praxis • Kontakt mit dem Hund erlauben, gerade Schülern mit Angst und unter Stress • Hund (- kontakt) nicht rein als Verstärker/Belohnung einsetzen, obwohl der Hund auch als Motivator (SchulLust) wirken kann • Der Hund muss selbst ruhig und entspannt („stressfrei“) sein, um einen stressreduzierenden Effekt zu haben Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Kontakt: [email protected] Tel.: 09131 4000 455 Andrea M. Beetz – kognitive Entwicklung und emotionale und Verhaltensstörung – WS 2011/2012- Uni Rostock