3 Elektrische und magnetische Felder

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Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
3 Elektrische und magnetische Felder
Ein Raum, in dem Kräfte auf Körper einwirken, wird Kraftfeld genannt. Solche Felder
können verschiedene Ursachen haben:
Gravitationsfeld:
Massen
Elektrisches Feld:
Ruhende elektrische Ladungen
Magnetisches Feld:
Bewegte elektrische Ladungen (elektrische Ströme)
Bei zeitlicher Änderung sind elektrisches und magnetisches Feld miteinander verknüpft. Die
Übertragung und Umwandlung elektrischer und magnetischer Energie sind auf die Wirkung
elektromagnetischer Felder zurückzuführen.
3.1
Das elektrische Feld
3.1.1
Kraftwirkung im elektrischen Feld
Im ruhenden elektrischen Feld wird auf geladene Körper eine Kraft ausgeübt. Die Kraft hängt
dabei von der Größe der Ladung und vom Ort ab. Coulomb entdeckte, dass für die
Kraftwirkung zwischen zwei Punktladungen im Abstand r gilt:
F~
Q1 ⋅ Q 2
⋅ er
r2
(3.1)
Bei Einführung der Proportionalitätskonstanten ε ergibt sich:
F=
1 Q1 ⋅ Q 2
⋅ er
⋅
4πε
r2
(3.2)
Positive Ladungen stoßen sich mit der Kraft F in Richtung des Abstands ab, negative
Ladungen ziehen sich mit der Kraft F in Richtung des Abstands an.
Wenn nun eine der beiden Ladungen als Ursache des elektrischen Feldes gedeutet wird, kann
die Kraft auf die andere Ladung durch einen elektrischen Feldstärkevektor beschrieben
werden:
F = Q⋅E
(3.3)
Durch Bewegung einer Ladung und Messung der Kraft wird das Feld bestimmt.
Das E-Feld hat an jeder Stelle des Raumes eine Richtung (Vektorfeld). Es wird durch
Feldlinien dargestellt (Richtung von + nach −). Elektrische Feldlinien haben ihren Ursprung
(Quelle) und ihr Ende (Senke) in elektrischen Ladungen. Aufgrund dieser Eigenschaft ist das
elektrostatische Feld ein Quellenfeld.
Die Feldliniendichte in der Darstellung ist ein Maß für die Intensität des Feldes (Feldstärke).
Die Tangente an die Feldlinien gibt die Kraftrichtung an.
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
3-1
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Die E-Feldlinien stehen senkrecht auf den
Leitern und sind von + nach – gerichtet.
Die Linien konstanten Potentials (Äquipotentiallinien, gestrichelt) stehen senkrecht auf
den Feldlinien.
Von einem beliebigen Punkt einer ersten zu
einer zweiten Äquipotentiallinie wird immer
dieselbe Spannung gemessen.
Feldlinien zwischen 2 parallelen zylindrischen Leitern
Bild 3.1
Elektrisches Feld zweier entgegengesetzt mit den jeweiligen Ladungen Q
geladene Kugeln mit dem Durchmesser d im Abstand a:
Beispiel 1:
Das vom linken Leiter im Abstand x = 0 vom Ursprung verursachte Feld im Raum außerhalb
des Leiters beträgt:
E− =
−Q
4πε ⋅ r−
2
−Q
⋅ er =
(
4πε ⋅ x 2 + y 2
)
3
2
x
⋅  
 y
(3.4)
Das vom rechten Leiter im Abstand x = a vom Ursprung verursachte Feld im Raum
außerhalb des Leiters beträgt:
E+ =
Q
4πε ⋅ r+
2
Q
⋅ er =
(
4πε ⋅ (x − a ) + y
2
3
2 2
)
x − a

⋅ 
 y 
(3.5)
Das Gesamtfeld im freien Raum erhält man durch Überlagerung:
E = E− + E+
(3.6)
Zwischen zwei beliebigen Punkten 1 und 2 des E-Feldes existiert eine Spannung. Diese
Spannung ist vom Weg von 1 nach 2 unabhängig (wirbelfreies Feld).
U12 = ∫ E ⋅ d l = ϕ1 − ϕ 2
2
(3.7)
1
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Fortsetzung von Beispiel 1:
Ermittlung der Spannung zwischen den Oberflächen der Kugeln.
Der einfachste Integrationsweg ist die x-Achse:
Ex
y=0 =
a−
Q  1
1 
Q a 2 − 2ax

⋅  2 −
=
⋅
4πε  x
(x − a )2  4πε x 2 − a 2 2
(
)
d
2
4Q
a2
U = ∫ E x y=0 dx =
⋅ 2
πε a − d 2 ⋅ (3a − d )
d
(
(3.8)
(3.9)
)
2
Für d<<a erhält man:
U≈
4Q
3πεa
(3.10)
Komplexere Feldverläufe werden heute meist mit Hilfe numerischer Feldberechnung
behandelt.
Im Sonderfall eines homogenen Feldes vereinfacht sich die Gleichung (3.7) zu der bereits aus
Kapitel 1 bekannten Formulierung U = E ⋅ l .
Ladungen sind in Leitern frei beweglich. Sie werden solange verschoben, bis keine
tangentiale Kraftkomponente an der Leiteroberfläche mehr auftritt. Daher sind die
Oberflächen metallischer Leiter Äquipotentialflächen, auf denen die E-Feldlinien senkrecht
stehen. Im Inneren idealer Leiter ist das E-Feld Null. Dies gilt auch für Hohlräume in Leitern
(Faraday’scher Käfig).
Dies hat einige praktische Auswirkungen:
Ein Auto ist ein Faradayscher Käfig. Daher ist man im Fahrzeuginnern vor Blitzen
geschützt.
Die Funktion von Mobiltelefonen ist in Stahlbetonbauwerken meist eingeschränkt.
Der Faradaysche Käfig funktioniert nur, wenn im Innern des Hohlraums keine
Ladungsanhäufungen auftreten!
Bild 3.2
Feldfreiheit im Innern eines elektrischen Leiters
(Faradayscher Käfig)
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3.1.2
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Kondensator
Ein Kondensator besteht aus zwei entgegengesetzt geladenen Leiteroberflächen, die
voneinander isoliert sind. Die Geometrie ist beliebig. Durch Anlegen einer Spannung werden
Ladungsträger an den Leiteroberflächen gespeichert. Mit Hilfe von Experimenten kann
nachgewiesen werden, dass die Ladung der Spannung proportional ist. Die
Proportionalitätskonstante wird Kapazität genannt:
Q = C⋅U
(3.11)
Formelzeichen:
C
Einheit:
[C] = 1 F (Farad)
Das Schaltzeichen für einen Kondensator besteht aus zwei parallelen Linien.
C
Bild 3.3
Schaltzeichen für einen Kondensator
Fortsetzung zu Beispiel 1: Kapazität zwischen zwei Kugeln im Abstand a
(Näherung für d<<a):
C=
Q 3π ⋅ ε ⋅ a
≈
U
4
(3.12)
Die Größe der Kapazität ist nur von der Geometrie und dem Material abhängig. Am
einfachsten ist der Fall des Plattenkondensators zu betrachten. Dieser besteht aus zwei
leitenden Platten (Elektroden) der Fläche A, die sich im Abstand l gegenüberstehen.
Zwischen den Elektroden wird eine Spannung U angelegt.
Leiter
l
U
E
Bild 3.4
Leiter
Aufbau eines Plattenkondensators
Es zeigt sich, dass die Kapazität des Kondensators proportional der Fläche der Elektroden
und umgekehrt proportional ihrem Abstand ist.
C = ε⋅
A
l
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(3.13)
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Die Proportionalitätskonstante ε wird Dielektrizitätskonstante genannt. Bei unterschiedlichen
Isolatoren im Feld zwischen den Elektroden werden unterschiedliche Kapazitäten gemessen.
Daher ist ε eine Materialkonstante. Sie wird meist als Produkt aus der absoluten
Dielektrizitätskonstante im Vakuum ε0 und einer materialspezifischen relativen
Dielektrizitätskonstante εr angegeben:
ε = ε0 ⋅ εr
(3.14)
Dielektrikum
Dielektrizitätskonstante εr
Luft
1
Durchschlagsfeldstärke
ED [kVm-1]
3.000
Öl
2,2..2,6
20.000
Wasser
80
unpolare Kunststoffe (PE,PTFE)
polare Kunststoffe (PVC)
Papier
40.000
15.000
Aluminiumoxid Al2O3
2...2,5
2,5...6
≈4
8..9,5
Kondensatorkeramik ND
Kondensatorkeramik ND (BaTiO3)
40...60
1000...4000
10.000...40.000
5.000
Tabelle 3.1
Dielektrizitätskonstante und Durchschlagfeldstärke wichtiger Dielektrika.
Für Kondensatoren wurden verschiedene Bauformen entwickelt. Meist werden Wickel
(zylindrisch) oder Stapel (quaderförmig) verwendet.
Bild 3.5 a) Kondensator in Wickelbauweise
b) Kondensator in Stapelbauweise
Der Materialabhängigkeit der Ladung wird durch Einführung einer weiteren Feldgröße
Rechnung getragen, die elektrische Verschiebungsdichte genannt wird:
D = ε⋅E
(3.15)
Formelzeichen:
D
Einheit:
[D] = 1 Asm-2
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Die Verschiebungsdichte D beschreibt anschaulich die Dichte der Ladungsträger auf der
Elektrodenoberfläche. Für die gesamte Ladung Q auf der betreffenden Fläche gilt:
Q = ∫ D ⋅ dA
(3.16)
A
3.1.2.1.
Kapazitätsberechnung an Beispielen
Für gewisse Anwendungsfälle strebt man in der Praxis Anordnungen mit möglichst großer
Kapazität an. Sinn dieser Anordnungen ist, dass man bei relativ kleiner Spannung eine
möglichst große Ladungsmenge speichern kann. Eine Vorgehensweise zur Berechnung von
Kapazitäten wird nachfolgend anhand einiger praktischer Beispiele verdeutlicht.
Beispiel 1: Der Plattenkondensator
Die Anordnung eines Plattenkondensators wurde bereits im Bild 3.4 gezeigt. Nachfolgend
wird nur der homogene feldbehaftete Raum mit der Dielektrizitätszahl ε zwischen den Platten
betrachtet (Bild 3.6):
l
-Q
Q
Bild 3.6
2
1
E, D ε
Feld zwischen den Platten eines Plattenkondensators und Hüllfläche um
eine Platte zur Bestimmung der dielektrischen Verschiebungsdichte D
Hüllfläche
Die Betrachtung der Hüllfläche gemäß Bild 3.6 um die Platte mit der Fläche A liefert:
Q = ∫ D ⋅ dA = D ⋅ A
(3.17)
A
Mit der dielektrischen Verschiebungsdichte D ergibt sich für die elektrische Feldstärke E:
E=
D
ε
(3.18)
Für die Spannung zwischen den Platten 1 und 2 ergibt sich gemäß Gleichung (3.7):
2
U = ∫ E ⋅ dl = E ⋅ l =
1
D
⋅l
ε
(3.19)
Aus (3.17) und (3.19) ergibt sich mit der Definitionsgleichung (3.11) für die Kapazität:
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C=
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Q D⋅A
A
A
=
= ε ⋅ = ε0 ⋅ εr ⋅
U D
l
l
⋅l
ε
(3.20)
Beispiel 2: Der Kugelkondensator
Ein Kugelkondensator besteht aus sich zwei konzentrisch umschließenden Kugelflächen mit
den Radien ri und ra, welche aus leitfähigem Material bestehen. Zwischen diesen leitfähigen
Kugelschalen wird eine Spannung U angelegt, woraufhin sich auf den Flächen elektrische
Ladungen anhäufen und sich die elektrischen Feldlinien ausbilden. Auf der inneren Kugel mit
dem Radius ri befinde sich die Ladungsmenge + Q, auf der äußeren Kugel mit dem Radius ra
befinde sich die entsprechende gegengesetzte Ladungsmenge – Q. In Bild 3.7 ist dies
schematisch dargestellt:
ra
ri E, D, ε
Bild 3.7
Schnitt durch einen Kugelkondensator mit angedeutetem
Feldlinienverlauf
Wird nun im feldbehafteten Raum zwischen ri und ra im Abstand r eine virtuelle Kugelfläche
betrachtet, so lässt sich nach Gleichung (3.17) die Stärke der dielektrischen Verschiebung D
berechnen. Es gilt für das kugelsymmetrische Feld:
Q = ∫ D ⋅ dA = D ⋅ A = D ⋅ 4 ⋅ π ⋅ r 2
(3.21)
A
Für den Betrag der elektrischen Feldstärke folgt damit:
E=
D
Q
=
ε 4⋅π⋅ε ⋅r2
(3.22)
Für die Spannung zwischen den Kugelschalen ergibt sich gemäß Gleichung (3.7):
r
a
− Q 1  a
−Q  1 1 
Q
Q
1
U = ∫ E ⋅ dr = ∫
⋅
dr
=
⋅
⋅
dr
=
⋅  =
⋅ − 
2
∫
2
4 ⋅ π ⋅ ε ri r
4 ⋅ π ⋅ ε  r  ri 4 ⋅ π ⋅ ε  ra ri 
ri
ri 4 ⋅ π ⋅ ε ⋅ r
ra
ra
r
(3.23)
Wiederum ergibt sich mit der Definitionsgleichung (3.11) für die Kapazität:
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C=
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Q 4 ⋅ π ⋅ ε 4 ⋅ π ⋅ ε ⋅ ra ⋅ ri
=
=
U 1 1
ra − ri
 − 
 ri ra 
Beispiel 3:
(3.24)
Kapazität eines Kugelkondensators mit dem Radius R im freien Raum.
Der Kondensator trage die Ladung Q. Aus Symmetriegründen genügt die Berechnung der
radialen Feldkomponenten (die tangentialen Komponenten sind Null):
Dr =
Q
4π ⋅ r
(3.25)
Er =
Dr
ε
(3.26)
Die Spannung zwischen der Oberfläche und einem unendlich entfernten Punkt beträgt:
∞
(3.27)
Q
Q
⋅ dr =
2
4π ⋅ ε ⋅ R
R 4πε ⋅ r
U=∫
Damit folgt für die Kapazität einer metallischen Kugel im freien Raum:
C=
Q
= 4π ⋅ ε ⋅ R
U
(3.28)
Das selbe Ergebnis erhält man auch aus Gleichung (3.24), wenn man den Grenzübergang für
ra → ∞ ausführt und den Innenradius ri = R setzt.
Beispiel 4: Kapazität eines Koaxialkabels
In elektrischen Schaltungen oder bei Messungen müssen in manchen Fällen die
Leitungskapazitäten der Leitungen berücksichtigt werden. Ein häufig verwendeter Kabeltyp
ist das Koaxialkabel. Eine schematische Darstellung ist in Bild 3.8 angegeben. Der
feldbehaftete Raum befindet sich zwischen dem Innenleiter und dem Außenleiter.
Innenleiter
E, D, ε
Bild 3.8
Außenleiter
Prinzipieller Aufbau eines Koaxialkabels. Der Feldraum
befindet sich zwischen Innen- und Außenleiter
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Für ein Leitungsstück der Länge L lässt sich für eine gedachte Hüllfläche mit dem Radius r
um den Innenleiter mit ri ≦ r ≦ ra der Betrag der dielektrischen Verschiebung D des
radialsymmetrischen Feldes wie folgt bestimmen:
Q = ∫ D ⋅ dA = D ⋅ A = D ⋅ 2 ⋅ π ⋅ r ⋅ L
(3.29)
A
Für die Spannung zwischen der inneren und der äußeren Zylindermantelfläche erhält man:
a
r
Q
Q
Q
1
r
U = ∫ E ⋅ dr =
⋅ ∫ ⋅ dr =
⋅ [ln(r )]rai =
⋅ ln a
2 ⋅ π ⋅ ε ⋅ L ri r
2⋅π⋅ε⋅L
2 ⋅ π ⋅ ε ⋅ L  ri
ri
ra
r



(3.30)
Aus der Definitionsgleichung für die Kapazität erhält man aus den vorhergehenden
Beziehungen für die Kapazität C der Koaxialleitung mit der Länge L:
C=
Q 2⋅π⋅ε⋅L
=
U
r 
ln a 
 ri 
(3.31)
Aus den vorausgegangenen Beispielen wird die prinzipielle allgemeine Berechnungsweise
einer Kapazität deutlich. Die Schritte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Q = ∫ D ⋅ dA
1.
mit
D = f (Ort )
(3.32)
A
2.
D
E=
ε
(3.33)
3.
U = ∫ E ⋅ d l = f (Q )
(3.34)
l
4.
C=
3.1.3
Q
U
(3.35)
Ströme und Spannungen am Kondensator
Für die Pfeilung der Spannung und des Stromes am Kondensator wird folgende Zuordnung
angenommen:
uC
C
iC
Bild 3.9
Pfeilung des Stromes und der Spannung am Kondensator
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Eine Änderung des Ladezustands eines Kondensators geht mit einer Spannungsänderung
einher.
q (t ) = C ⋅ u (t )
(3.36)
Bei einer zeitlichen Veränderung des Ladezustands fließt ein Strom im Kondensator:
i (t ) =
dq (t )
du (t )
= C⋅
dt
dt
(3.37)
Die vorausgehende Gleichung ist das Grundgesetz für den Kondensator (Kondensatorgleichung).
An den Elektroden des Kondensators sammeln sich Ladungen. Im Dielektrikum selbst fließt
kein Strom.
Die Spannung am Kondensator kann sich nicht sprungförmig ändern, da dazu ein unendlicher
Strom notwendig wäre.
3.1.4
Laden und Entladen eines Kondensators
Um einen Kondensator auf eine Spannung U aufzuladen, muss er über einen in Reihe
geschalteten Widerstand an die Quelle angeschlossen werden.
Im folgenden Beispiel ist der Kondensator C für Zeiten t < 0 ungeladen. Zur Zeit t = 0 wird
der Schalter S geschlossen.
S
t=0
U
R
uR
C
uC
iC
Bild 3.10
Ersatzschaltbild für den Ladevorgang
eines Kondensators
Die Maschenregel liefert:
U = u R (t) + u C (t)
(3.38)
Für den Widerstand R gilt das ohmsche Gesetz:
u R (t) = R ⋅ i C (t)
(3.39)
Der Kondensator folgt der Kondensatorgleichung:
i C (t) = C ⋅
du C ( t )
dt
(3.40)
Einsetzen von (3.40) in (3.39) und in (3.38) liefert die Differentialgleichung:
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Einführung in die Elektrotechnik Teil I
U = R ⋅C⋅
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
du C ( t )
+ u c (t)
dt
(3.41)
Neben der Differentialgleichung ist zur Lösung eine Randbedingung, d. h. ein fester Wert für
einen vorgegebenen Zeitpunkt, erforderlich: s. o. uC (0) = 0
Differentialgleichungen sind i. A. nicht geschlossen lösbar (s. Vorlesung Mathematik). In
vielen einfachen Fällen aus Natur- und Ingenieurwissenschaften existieren geschlossene
Lösungen. Hier führt der Ansatz über eine Exponentialfunktion zum Erfolg:
u C (t ) = α 1 ⋅ e
−
t
τ
(3.42)
+ α0
du C (t ) α1 − τ
=
⋅e
dt
−τ
t
(3.43)
Einsetzen ergibt:
t
t
−
−
α
U = R ⋅ C ⋅ 1 ⋅ e τ + α1 ⋅ e τ + α 0
−τ
(3.44)
Die zeitabhängigen Terme müssen in Summe Null ergeben, da U = const. Ist.
t
0 = R ⋅C⋅
t
−
α1 − τ
⋅ e + α1 ⋅ e τ ⇒ τ = R ⋅ C
−τ
(3.45)
Der zeitunabhängige Term muss dann U ergeben:
U = α0
(3.46)
Mit der Randbedingung folgt:
u C (0 ) = 0 = U + α1 ⋅ e
−
0
τ
⇒ α1 = − U
t
−


u C (t ) = U ⋅ 1 − e RC 


t
i C (t ) =
U − RC
⋅e
R
(3.47)
(3.48)
(3.49)
Das Produkt RC ist charakteristisch für den zeitlichen Ablauf der Aufladung. Es hat die
Dimension einer Zeit und wird als Zeitkonstante des Stromkreises τ bezeichnet.
τ = R ⋅C
(3.50)
Der zeitliche Verlauf von Strom und Spannung beim Laden eines Kondensators sieht wie
folgt aus:
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Werte für den berechneten Verlauf:
U = 10 V
R = 10 kΩ
C = 200 µF
⇒τ=2s
Bild 3.11 Zeitlicher Verlauf des Stromes und der Spannung am Kondensator während des
Ladevorganges
Eine genauere Betrachtung des Verhaltens zu bestimmten Zeitpunkten liefert die folgenden
Erkenntnisse:
Zeit
Kondensator wirkt wie
uC
t=0
„Kurzschluss“
u C (0) = 0
t = τ
t→∞
„Leerlaufverhalten“
iC
i C (0 ) =
U
R
 1
u C (τ) = 1 −  ⋅ U
 e
i C (τ ) =
U 1
⋅
R e
u C (∞ ) = U
i C (∞ ) = 0
Tabelle 3.2 Verhalten des Kondensators zu bestimmten ausgezeichneten Zeitpunkten
Beim Entladen wird die Reihenschaltung aus Widerstand und Kondensator über einen
Schalter kurzgeschlossen.
Zur Zeit t < 0 ist der Kondensator auf die Spannung U aufgeladen. Zur Zeit t = 0 wird der
Schalter S geschlossen.
S
t=0
R
uR
C
uC
iC
Bild 3.12
Ersatzschaltbild für den Entladevorgang eines
Kondensators
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Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Wie beim Laden wird die Differentialgleichung des Systems aufgestellt:
0 = R ⋅C⋅
du C ( t )
+ u c (t)
dt
(3.51)
Mit der Randbedingung: uC(0) = U folgt:
u C (t) = U ⋅ e
−
t
RC
=U⋅e
−
t
τ
(3.52)
t
i C (t) = −
t
(3.53)
U − RC
U −
⋅e
=− ⋅e τ
R
R
Der zeitliche Verlauf von Strom und Spannung beim Entladen eines Kondensators sieht wie
folgt aus:
Werte für den berechneten Verlauf:
U = 10 V
R = 10 kΩ
C = 200 µF
⇒τ=2s
Bild 3.13 Zeitlicher Verlauf des Stromes und der Spannung am Kondensator während des
Entladevorgangs (beachte: negative Werte der Stromachse!)
Hinweis:
u Ci (t ) = α k ⋅ e
Bei Schaltungen mit k Kondensatoren muss pro Kondensator Ci eine
Exponentialfunktion angesetzt werden:
−
t
τk
−
+ α k −1 ⋅ e
t
τ k −1
+ .. + α 0
(3.54)
Mit Hilfe von Laplace- oder Fourier-Transformation kann das lineare Differentialgleichungssystem dann in ein lineares Gleichungssystem überführt werden, Lösung dann wie lineare
Gleichungssystem wie in Kapitel 1.
3.1.5
Schaltungen von Kondensatoren
Parallelschaltung: alle Kondensatoren haben dieselbe Spannung.
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Einführung in die Elektrotechnik Teil I
C1
U
C2
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Cν
U
Ce
Bild 3.14 Parallelschaltung aus ν Kondensatoren (links) und entsprechende Ersatzschaltung
mit der Ersatzkapazität Ce (rechts)
Q = ∑ Ck ⋅ U
(3.55)
k
Die Ersatzkapazität Ce berechnet sich als Summe der Einzelkapazitäten.
Ce =
Q
= ∑ Ck
U
k
(3.56)
Reihenschaltung: alle Kondensatoren haben dieselbe Ladung:
C1
C2
U
U
Ce
Cν
Bild 3.15 Reihenschaltung aus ν Kondensatoren (links) und entsprechende Ersatzschaltung
mit der Ersatzkapazität Ce (rechts)
Q
Ck
(3.57)
1
U
1
= =∑
Ce Q
k Ck
(3.58)
U=∑
k
3.1.6
Energie des elektrischen Feldes im Kondensator
Zur Zeit t = 0 sei der Kondensator leer. Er wird geladen; i und u sind die Momentanwerte des
Stromes und der Spannung zur Zeit t. Dabei wird dem Kondensator die Energie W zugeführt:
W = ∫ u C ( t ) ⋅ i C ( t ) ⋅ dt
(3.59)
Nun gilt aber wie oben:
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Einführung in die Elektrotechnik Teil I
i C (t) = C ⋅
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
du C ( t )
dt
(3.60)
Einsetzen des Stroms in (3.59) ergibt:
U
W = ∫ C ⋅ u C ( t ) ⋅ du =
0
1
⋅ C ⋅ U2
2
(3.61)
Diese Energie kann bei Entladung vollständig entnommen werden.
3.1.7
Energiedichte des elektrischen Feldes
Die Energiedichte ist die auf das Volumen bezogene Energie.
Am Beispiel des Plattenkondensators kann sie einfach berechnet werden. Dessen Kapazität
beträgt (s.o.):
C = ε0 ⋅ ε r
A
l
(3.62)
Die Energiedichte ergibt sich dann zu:
W C ⋅ U2
A U2
1 
U U 1
1
=
= ε0 ⋅ εr ⋅ ⋅
= ⋅  ε0 ⋅ εr ⋅  ⋅   = ⋅ D ⋅ E = ⋅ ε0 ⋅ εr ⋅ E 2
V
2⋅V
l 2⋅A⋅l 2 
l   l  2
2
(3.63)
Es ist nachweisbar, dass diese Gleichung auch für inhomogene Felder verallgemeinert
werden darf. Die Gesamtenergie folgt dann durch Integration der Energiedichte über das
Volumen:
W =
3.2
3.2.1
1
2
∫
ε ⋅ E2 ⋅ d V
(3.64)
V
Das magnetische Feld
Allgemeines
Neben den Kräften auf ruhende elektrische Ladungen wird eine zweite Art von Kräften auf
bewegte Ladungen beobachtet. Das verursachende Feld wird als magnetisches Feld
bezeichnet.
Magnetische Felder entstehen entweder durch Ströme oder durch Permanentmagnete. Die
Wirkung von Permanentmagneten wird heute so erklärt, dass jedes um einen Atomkern
rotierende Elektron einen elektrischen Strom darstellt. In den meisten Materialien
kompensieren sich die Wirkungen der Elektronen nach außen. Bei Permanentmagneten
jedoch entsteht ein äußeres Feld, indem eine Überzahl von Elektronen in einer Ebene in der
gleichen Richtung rotiert. Die Anziehungskraft von Permanentmagneten auf Eisen gab dem
Magnetismus seinen Namen, da das Phänomen erstmals in der Antike in der magnetitreichen
Region Magnesia (Griechenland) beobachtet wurde.
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3-15
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.2.2
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Größen im magnetischen Feld
3.2.2.1.
Magnetische Feldstärke und magnetische Spannung
Wenn ein Stabmagnet (z. B. eine Kompassnadel) in die Nähe eines langen
stromdurchflossenen Leiters gebracht wird, kann Folgendes beobachtet werden:
Eine Kraft stellt den Magneten immer so, dass seine Magnetisierung tangential zu einem
gedachten Kreis um den Leiter weist.
Die Kraft auf den Magneten ist proportional dem Strom I und umgekehrt proportional
dem Abstand des Magneten von der Mittellinie des Leiters.
Magnet
I
N
S
Bild 16
Magnetfeld eines stromdurchflossenen Leiters und
Ausrichtung eines Stabmagneten im feldbehafteten
Raum
H
Für die Darstellung wird folgende Symbolik verwendet:
Kreuz: Strom fließt in die Zeichenebene
Punkt: Strom fließt aus der Zeichenebene
Aufgrund dieser Beobachtungen wird magnetische Feldstärke H definiert als Quotient aus
dem verursachenden Strom und der Länge der Feldlinie:
H=
I
2⋅π⋅r
H=
Formelzeichen:
H
Einheit:
[H] = 1 Am-1
 y 
I
I
⋅ e ϕ=
⋅  
2
2
2⋅π⋅r
2 ⋅ π ⋅ (x + y )  − x 
(3.65)
Die magnetische Feldstärke H ist eine vektorielle Größe. Bei einem langen geraden Leiter
verlaufen die Feldlinien kreisförmig um den Leiter. Das magnetische Feld weist geschlossene
Feldlinien auf. Anschaulich bilden die Feldlinien Wirbel um Gebiete mit elektrischem
Stromfluss. Das Magnetfeld wird daher auch als Wirbelfeld bezeichnet und weist im
Gegensatz zum elektrischen Feld keine Quellen auf.
Die Richtung der Feldlinien: wird durch die „Korkenzieherregel“ festgelegt: Eine in Richtung
des Stromes eingedrehte Rechtsschraube gibt durch ihren Drehsinn die Richtung des
Magnetfeldes an.
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
3-16
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.2.2.2.
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Magnetische Induktion (magnetische Flussdichte)
Die Einführung einer weiteren magnetischen Feldgröße ist erforderlich, weil Materialien
einen Einfluss auf das Verhalten des magnetischen Feldes haben. Z.B. verstärkt Eisen die
Kraftwirkung im magnetischen Feld.
Die zweite magnetische Feldgröße wird magnetische Induktion (oder magnetische Flussdichte)
B genannt. Sie ist, wie auch die magnetische Feldstärke, ein Vektor und steht parallel zur
magnetische Feldstärke.
Formelzeichen:
B
Einheit:
[B] = 1 Vsm-2 = 1 T (Tesla)
Manchmal wird noch die alte Einheit G (Gauß) angegeben: 1 T = 104 G
Wie auch beim elektrischen Feld sind die beiden magnetischen Feldgrößen über eine
Materialgleichung miteinander verknüpft.
B = µ⋅H
(3.66)
Die Materialkonstante µ wird Permeabilität (oder Induktionskonstante) genannt. Auch hier
erfolgt praktischerweise eine Aufteilung in die absolute Permeabilität im Vakuum µ0 und in eine
materialabhängige relative Permeabilität µr.
µ = µ0 ⋅ µr
(3.67)
Die absolute Permeabilität beträgt:
µ 0 = 4π ⋅ 10 − 7
Vs
Vs
= 1,256 ⋅ 10 − 6
A⋅m
A⋅m
(3.68)
In Luft und den meisten anderen Materialien ist µr ≈ 1. In ferromagnetischen Materialien kann µr
erheblich größere Werte (100..100.000) annehmen. Die Größe von µr hängt stark von der
magnetischen Induktion ab. Ferromagnetische Materialien sind z. B. die Elemente Eisen, Nickel
und Kobalt.
3.2.3
Makroskopische Beschreibung magnetischer Felder
Das bisher beschriebene Feld eines Linienleiters ist stark inhomogen und daher technisch
schwierig zu nutzen. Daher soll nun eine Anordnung vorgestellt werden, die ein (in
Teilbereichen) homogenes magnetisches Feld erzeugen kann.
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3-17
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.2.3.1.
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Feld einer Spule
Bild 3.17
Vom Strom durchflossene Spule
(Drahtwindungen) und magnetisches Feldbild
l
Feststellung aus Experiment:
Im Innern der Spule ist Feld größer als durch I zu vermuten.
Feld ist im Innern der Spule nahezu konstant.
Erklärung durch Überlagerung der einzelnen Windungen: H ~ w I
Dazu wird ein Draht wie eine Schraubenfeder aufgewickelt. Wenn die Länge l der Spule
deutlich größer ist als der Durchmesser, bildet sich im Innern des Zylinders ein homogenes
l Da es sich beim magnetischen Feld nach wie vor um ein Wirbelfeld
magnetisches Feld aus.
handelt, schließen sich die Feldlinien außerhalb der Spule in einem inhomogenen Feldanteil.
Die magnetische Feldstärke H im Innern des Zylinders beträgt:
H=
w⋅I
l
(3.69)
mit w: Windungszahl der Spule
3.2.3.2.
Durchflutung (magnetische Spannung)
Die magnetische Feldstärke steht senkrecht auf der Ebene, die die Stromrichtung angibt.
Ursache des magnetischen Feldes ist die Summenwirkung des Stroms in allen Windungen. Sie
wird auch als magnetische Durchflutung Θ bezeichnet:
Θ = w⋅I
(3.70)
In der älteren Literatur wird für die Durchflutung oft die Bezeichnung Ampèrewindungen
benutzt. Die Durchflutung hat im magnetischen Feld dieselbe Bedeutung wie die Spannung im
elektrischen Feld.
Die magnetische Feldstärke steht immer senkrecht auf den sie verursachenden Strom (exakt
formuliert: auf dem Stromdichtevektor). Die die Feldstärke erzeugende Durchflutung entlang
eines Weges beträgt:
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3-18
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
2
Θ 21 = ∫ H ⋅ d s
(3.71)
1
Im Falle eines geschlossenen Weges ist die magnetische Spannung gleich der Summe der
eingeschlossenen Ströme.
Durch geschickte Wahl des Integrationswegs wird nun nachgewiesen, dass das Außenfeld
einer langen Spule keinen Beitrag zur Gesamtdurchflutung liefert:
Bild 3.18
Querschnitt durch eine Spule und verschiedene
magnetische Umlaufwege
Auf dem geschlossenen Umlaufweg 1-2-3-4-1 gilt:
2 3 4 1 H
∫ ⋅ ds = ∫ H ⋅ ds + ∫ H ⋅ ds + ∫ H ⋅ ds + ∫ H ⋅ ds = w ⋅ I
1
2
3
(3.72)
4
Für die einzelnen Terme gilt:
Für die einzelnen Terme gilt:
2
∫ H ⋅ ds = H ⋅ l
1
3
H
⋅
d
s
=
0
,
da
H
⊥s
∫
2
(3.73)
4
H
⋅
d
s
=
0
,
da
H
(∞ ) = 0
∫
3
1
H
⋅
d
s
=
0
,
da
H
⊥s
∫
4
Somit bleibt:
H⋅l = w ⋅I
(3.74)
H⋅l = w ⋅I
Im allgemeinen Fall können mehrere unabhängige Ströme ein gemeinsames Magnetfeld
verursachen:
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3-19
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Bild 3.19
Durch mehrere Ströme verursachtes Magnetfeld
H
∫ ⋅ ds = ∑ I
(3.75)
Die Stromsumme kann durch das Integral der Stromdichte über der vom Integrationsweg
eingeschlossenen Fläche ausgedrückt werden:
Θ = ∫ H ⋅ d s = ∫ S ⋅ dA
(3.76)
A
Gleichung (3.76) wird als Durchflutungsgesetz bzw. als 1. Maxwellsche Gleichung in
Integralform bezeichnet
3.2.3.3.
Magnetischer Fluss
Der magnetische Fluss Φ beschreibt die Summe der magnetischen Induktionslinien, die
senkrecht durch eine Fläche treten.
In einem homogenen B-Feld (erzeugt z. B. einer langen) Spule gilt für eine ebene Fläche A
(Hinweis: Flächenvektor steht senkrecht auf einer Fläche!):
Φ = B ⋅ A ⋅ cos ∠B, A = B ⋅ A
(
)
(3.77)
Bild 3.20
Magnetischer Fluss durch die gerichtete Fläche A
Formelzeichen:
Φ
Einheit:
[Φ] = 1 Vs = 1 Wb (Weber)
Manchmal wird noch die alte Einheit M (Maxwell) angegeben 1Vs ^= 108 M
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3-20
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Im Innenraum der Spule ergibt sich für den gesamten Fluss (Fläche steht senkrecht auf den
Induktionslinien):
Φ = B⋅ A = B⋅ π ⋅ r2
(3.78)
Im allgemeinen Fall nicht homogener Felder gilt folgende Definition des Flusses:
Φ = ∫ B ⋅ dA
(3.79)
A
3.2.3.4.
Magnetfeld eines geraden stromdurchflossenen Leiters
Am Anfang der Behandlung magnetischer Felder wurde bereits qualitativ auf das Außenfeld ein
es geraden stromdurchflossenen Leiters eingegangen. Nun soll das Feld im Innen- und
Außenraum des Leiters berechnet werden.
ϕ
S=Sz=const.
r
H=Hϕ(r)
Bild 3.21
In z-Richtung vom Strom I durchflossener Leiter
z
Im Innenraum des Leiters (r < R) gilt mit der Stromdichte
S = Sz =
I
I
=
A π ⋅ R 12
(3.80)
H hat nur eine Komponente in Richtung der Winkelkoordinate ϕ: H = Hϕ. Der Weg entlang
der Winkelkoordinate beträgt:
∂s ϕ
∂ϕ
= r ⇒ ds ϕ = rdϕ
2π
H
∫ ds = ∫ H ϕ ⋅ r ⋅ dϕ = H ϕ ⋅ 2π ⋅ r
(3.81)
(3.82)
0
∂A ∂πr 2
=
= 2πr ⇒ dA = 2πrdr
∂r
∂r
(3.83)
r
I ⋅ r2
S
d
A
=
S
⋅
2
π
rdr
=
∫
∫0
R2
A = πr 2
(3.84)
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3-21
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Hϕ =
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
I⋅r
⋅ eϕ
2π ⋅ R 2
(3.85)
Im Außenraum wird der gesamte Leiterstrom umschlossen:
H
∫ ⋅ d s = H ⋅ 2π ⋅ r
(3.86)
S
∫ ⋅ dA = I
(3.87)
A
H=
I
2π ⋅ r
(3.88)
Im nachfolgenden Bild sind die Feldverläufe im Innenraum des Leiters und im Außenraum
um den Leiter dargestellt.
Bild 3.22
Feldverlauf im Innern und im
Außenraum eines stromdurchflossenen
Leiters
Beispiel:
Koaxialkabel mit R1, R2 und R3.
Innenbereich wie Einzelleiter. Von R2 bis R3 gilt:
S=
−I
π ⋅ R 32 − R 22
(
(3.89)
)
dA
= 2π ⋅ r
dr
r
2


1

 = I ⋅ 1 − r
S
⋅
dA
=
I
⋅
1
−
2
π
r
⋅
dr
∫
 R2
 π ⋅ (R 32 − R 22 ) R∫

3

A

2

(3.90)



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(3.91)
3-22
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
1 r 
H = I ⋅  − 2 
 r R3 
r

 R2
1

1

I 
H=
⋅
r
2π  1 r
 − 2
 r R 3

0
3.2.4
(3.92)
für
r < R1
für
R1 ≤ r < R 2

 für R 2 ≤ r < R 3

für
R3 ≤ r
(3.93)
Magnetische Werkstoffe
Grundsätzliche Unterscheidung:
diamagnetisch:
µr < 1
paramagnetisch:
µr > 1
ferromagnetisch:
µr >> 1
3.2.4.1.
Verhalten
Der relative Permeabilität nimmt in einigen Stoffen Werte µr>>1 (bis 100.000) an. Technisch
bedeutend sind vor allem die Elemente Eisen, Nickel, Kobalt und deren Legierungen. Diese
Stoffe werden als ferromagnetisch bezeichnet.
Die relative Permeabilität dieser Stoffe hängt von der magnetischen Induktion ab. Oberhalb
von etwa 2 T verhalten sich die meisten Ferromagnetika wie Luft.
Die relative Permeabilität hängt ebenfalls von der Temperatur ab. So ist z.B. Gadolinium nur
unterhalb von 19 °C ferromagnetisch (Nutzung in Temperatursensoren).
Die relative Permeabilität von ferromagnetischen Stoffen ist nichtlinear und hängt von der
Vorgeschichte ab.
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3-23
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
B in T
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Sättigung
Transformatorblech
1,5
Gusseisen
B = µ0 H
100
H in A/m
Bild 3.23 Magnetisierungskennlinien von Trafoblech und von Gusseisen
Diese Abhängigkeit wird in der Praxis in "Magnetisierungskurven" angegeben.
3.2.4.2.
Hysterese, Remanenz, Koerzitivkraft
Das nachfolgende Bild zeigt eine Anordnung zur Messung der Eigenschaften
ferromagnetischer Werkstoffe. Eine Spule mit mehreren Windungen wird um einen
ferromagnetischen Kern geschlungen. Aufgrund der hohen Permeabilität des
ferromagnetischen Werkstoffs wird das Magnetfeld praktisch vollständig in diesem
Werkstoff verlaufen.
B = µ0 H
Bild 3.24
Anordnung (magnetischer Kreis) zur Bestimmung des
Zusammenhangs zwischen magnetischer Induktion B und
magnetischer Feldstärke H, B = f(H)
Bei erstmaliger Beaufschlagung eines ferromagnetischen Stoffes mit einem Feld steigt B in
Abhängigkeit von H entsprechend der Kurve a, der sog. Neukurve. Wenn nun die Feldstärke
zurückgenommen wird (z.B. durch Ausschalten des Stroms), bleibt eine Restinduktion
zurück, die sogenannte Remanenzinduktion. Um die Induktion wieder auf Null zu bringen, ist
ein Gegenfeld notwendig, dessen Stärke als Koerzitivfeldstärke bezeichnet wird. Durch
mehrfaches Durchlaufen des Zyklus in beide Richtungen entsteht die Hystereseschleife.
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3-24
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Bild 3.25 Hysteresekurve
Ursache für dieses Verhalten ist eine Reibung beim Umklappen der Elementarmagnete. Beim
Durchlaufen der Hystereseschleife wird eine spezifische Energie verbraucht, die der
eingeschlossenen Fläche entspricht.
Das Verhalten ferromagnetischer Werkstoffe kann vereinfacht wie folgt erklärt werden:
B=0
unmagnetisiert
B < Br
teilweise magnetisiert
(Feldverstärkung)
B > Br
voll magnetisiert
(Sättigung)
Bild 3.26 Erklärung des magnetischen Verhaltens von Ferromagnetika
Das vom Magnetisierungsstrom erzeugte H-Feld richtet die "Elementarmagnete" (atomare
Ringströme) immer stärker parallel zu H aus. Dadurch wächst die Induktion B (Umklappen
von Elementarmagneten). Wenn alle Elementarmagnete ausgerichtet sind, kann keine
Steigerung mehr
erfolgen. Es tritt eine Sättigung ein. Typische Werte für die
Sättigungsinduktion betragen 1,5..2 T in technisch relevanten Werkstoffen. Der höchste
gemessene Wert beträgt 3,67 T (Dysprosium bei Temperaturen unter 20 K).
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3-25
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.2.4.3.
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Hartmagnetische Werkstoffe
Werkstoffe mit hoher Koerzitivfeldstärke werden als magnetisch hart bezeichnet. Sie haben
im Idealfall eine rechteckige Hystereseschleife. Derartige Werkstoffe werden als
Permanentmagnete in Haftmagneten, Elektromotoren, Elektroakustik und magnetischen
Speichern eingesetzt. Maximal erreichbare Sättigungsinduktionen Br liegen bei 1,5 T. Die
Koerzitivfeldstärken erreichen bis 1.500.000 Am-1.
Bild 3.27
Hysteresekurve eines magnetisch harten Werkstoffs
Stähle (V2A)
Oxide (Magnetit: Fe3O4, Chromdioxid CrO2: geringe Remanenz für Speicherung)
Sinterwerkstoffe
Ferrite (kostengünstiges Material für Kleinmotoren)
Seltenerdmagnete (SmCo, NdFeB: hohe Remanenz für Motoren, Lautsprecher)
3.2.4.4.
Weichmagnetische Werkstoffe
Werkstoffe mit einer kleinen Fläche der Hystereseschleife werden als magnetisch weich
bezeichnet. Ihre Kennlinie ist im Idealfall eine Gerade. Sie werden zur Führung des
magnetischen Flusses in elektrischen Maschinen, Transformatoren, Aktoren und
Magnetköpfen eingesetzt.
Bild 3.28
Hysteresekurve eines magnetisch weichen Werkstoffs
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3-26
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Reineisen
Siliziumeisen (Fe + 0,4 ÷ 3% Si: geringe Verluste bei Netzfrequenz und hohe Sättigung)
Kobalt-Eisen (bis 2,43 T Sättigungsinduktion bei Raumtemperatur)
Nickel-Eisen (µr bis einige 100.000: Mumetall)
Amorphe Werkstoffe (geringe Verluste bei hohen Frequenzen)
3.2.4.5.
Unmagnetische Werkstoffe
In vielen Anwendungen ist es erwünscht, unmagnetische Werkstoffe in der Konstruktion zu
verwenden. Dafür eignet sich als besonders festes Material neben Ne-Metallen auch AustenitStahl (µr ≈ 1 .. 2).
3.2.5
Der magnetische Kreis
Als magnetische Kreise bezeichnet man Anordnungen zur kontrollierten Führung
magnetischer Feldlinien. Entsprechend den bisherigen Ausführungen bilden diese sich in
einem geschlossenen Kreis aus. Zur Führung werden hauptsächlich ferromagnetische
Materialien (im allgemeinen Sprachgebrauch „Eisen“) verwendet, die anwendungsbedingt
von Luftspalten unterbrochen sein können. Die Linien der magnetischen Induktion verlaufen
überwiegend im Eisen.
Das Bild zeigt einen einfachen magnetischen Kreis mit einer um den U-förmigen Eisenkern
gewickelten Spule, zwei Luftspalten und einem beweglichen Anker. Zur Berechnung wird
die vereinfachende Voraussetzung getroffen: Die Induktionen im Eisen und im Luftspalt sind
praktisch homogen.
Spule
Joch
Idealisierte
magnetische
Induktionslinien
(homogenes Feld)
Pole
Luftspalt
Anker
Bild 3.29 Einfacher magnetischer Kreis mit zwei Luftspalten
Aus dem Durchflutungsgesetz folgt:
Θ = H Fe ⋅ l Fe + H δ ⋅ l δ = w ⋅ I
(3.94)
Der magnetische Fluss ist in allen Abschnitten gleich:
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3-27
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Φ = B Fe ⋅ A Fe = B δ ⋅ A δ
(3.95)
 1 l Fe
1 lδ
Θ = 
⋅
+
⋅
 µ Fe A Fe µ δ A δ

 ⋅ Φ

(3.96)
Die inneren Terme sind formal aufgebaut wie die Bestimmungsgleichung für den
elektrischen Widerstand. Daher wird ein magnetischer Widerstand definiert:
Rm =
l
µ⋅A
(3.97)
Magnetische Kreise können wie elektrische Kreise verzweigt sein. Hier sind das Ohmsche
und die Kirchhoff’schen Gesetze anwendbar.
Beispiel 1: Dreischenkeldrossel (Anwendung in Drehstromschaltungen)
Φ1
S1
J1
Φ3
Θ1
S2
J2
Θ2
Φ1
Φ2
S3
RJ1
Θ3
RS1
RJ2
RS3
RS2
Φ2
Θ1
J3
Φ3
Θ2
Θ3
J4
RJ3
RJ4
Bild 3.30 Dreischenkeldrossel
Bei weitem Luftspalt und für Abschätzungen kann der Beitrag der Eisenwege vernachlässigt
werden. Aufgrund des nichtlinearen Verhaltens der Eisenwege erfolgt die praktische
Berechnung von magnetischen Kreisen graphisch oder numerisch (siehe Übungen).
In unverzweigten magnetischen Kreisen wird unter der Annahme eines homogenen und
konstanten magnetischen Flusses abschnittsweise der magnetische Widerstand berechnet und
entsprechend dem Durchflutungsgesetz durch Summieren die notwendige Durchflutung
berechnet. Aus

lk
Θ =  ∑
 k µk ⋅ Ak

 ⋅ Φ

(3.98)
folgt durch Einsetzen der Materialkennlinie
Φ
µ = f (B) = f  
A
(3.99)
die Kennlinie des magnetischen Kreises
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3-28
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Θ = f (Φ )
(3.100)
Beispiel 2:
Scherung (graphisches Verfahren zur Ermittlung der Kennlinie von
nichtlinearen magnetischen Kreisen)
Grundgedanke: Sättigungskennlinie des Eisens liegt vor (einfacher Kreis mit Weicheisen und
Luftspalt).
H δ ⋅ l δ + H Fe ⋅ l Fe = Θ
H Fe =
l
Θ
− Hδ ⋅ δ
l Fe
l Fe
(3.101)
(3.102)
Der Schnittpunkt dieser Geradengleichung mit der Kennlinie ergibt den Arbeitspunkt:
Bild 3.31 Konstruktion des Arbeitspunktes
Folgen: Linearisierung der Kennlinie des Kreises; erhöhter Magnetisierungsbedarf
Praktische Berechnung: Iterative Ermittlung der Arbeitskennlinie mit programmierbarem
Rechner oder FE-Feldberechnung.
3.2.6
Energie des magnetischen Feldes
Beim Aufbau eines magnetischen Feldes wird die Energie Wm in dieses Feld gespeichert:
H
Wm = V ⋅ ∫ BdH
(3.103)
0
Nur bei konstantem µ (z.B. in Luft) kann der Ausdruck vereinfacht werden:
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3-29
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
H
H
0
0
Wm = V ⋅ ∫ BdH = V ∫ µ ⋅ HdH =V ⋅
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
µ ⋅ H2
B⋅H
B2
= V⋅
= V⋅
2
2
2⋅µ
(3.104)
In Analogie zum elektrischen Feld kann auch eine Energiedichte definiert werden:
W B⋅H
=
V
2
(3.105)
Beispiel:
Luftspalt in einem Eisenkreis: B = 1 T, µ0 = 1,256 µH/m: W/V ≈ 400 kJ m-3 ist
größer als elektrische Energiedichte.
3.2.7
Berechnung von Kräften im Magnetfeld
Wie bereits bei der Einführung dargestellt, verursachen magnetische Felder eine
Kraftwirkung. Nun sollen solche Kräfte berechnet werden.
3.2.7.1.
Berechnung von Kräften aus der Energie
Im Folgenden wird ein generell gültiges Verfahren anhand eines Elektromagneten mit Joch,
Luftspalt und Anker beschrieben. Das Verfahren nutzt die magnetische Energie. Die Kraft in
eine vorgegebene Richtung entspricht der Energieänderung pro Wegeinheit, bzw. die Kraft
ist die Ableitung der gespeicherten Energie nach dem Weg. Die Methode wird virtuelle
Verschiebung genannt.
δ Bild 3.32
Ausschnitt aus einem magnetischen Kreis mit Luftspalt
Als Beispiel wird ein Eisenkreis mit Luftspalt gewählt. Das Eisen sei magnetisch ideal
leitend. Damit wird HFe = 0. Also ist die gesamte magnetische Energie im Luftspalt
gespeichert. Sie beträgt:
Wm =
µ0
⋅ H2 ⋅ δ ⋅ A
2
mit
δ: Luftspaltlänge und
(3.106)
A: Luftspaltfläche
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3-30
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Nun kann H bestimmt werden:
H=
w ⋅I
δ
(3.107)
Damit folgt für die Energie:
2
(3.108)
µ  w ⋅I
µ0
2
Wm = 0 ⋅ 
⋅ (w ⋅ I ) ⋅ A
 ⋅δ⋅A =
2  δ 
2⋅δ
Wenn nun der Anker um das kleine Stück ∂δ verschoben wird, ergibt sich für die Kraft:
2
µ A
∂Wm
A  µ0 ⋅ w ⋅ I 
A
2
Fm =
= − 0 ⋅ 2 ⋅ (w ⋅ I ) = −
⋅
⋅ B2
 =−
2 δ
2µ 0 
2µ 0
∂δ
δ

(3.109)
Wenn man Zahlenwerte in den letzten Term einsetzt, erhält man einen Ausdruck für die
maximale „Zugspannung“, die man mit Elektromagneten erreichen kann (mit B = 2 T):
F 10 7 N
N
=
≈3
2
A
π m
mm 2
Technische Anwendungen für Joch-Anker-Anziehung findet man z. B. bei Elektromagneten
(Hubmagnete), elektromagnetischen Relais, magnetischen Kupplungen und Aufspannplatten
(die Mehrzahl der Elektromotoren funktioniert nach einem anderen Prinzip!).
Derartige Kräfte treten auch im Inneren vom Eisen auf. Darauf sind Magnetostriktion
(Längenänderungen unter Feldeinfluss) und Geräusche von Transformatorkernen
zurückzuführen.
3.2.7.2.
Kraft auf stromführende Leiter im Magnetfeld
Einige Magnetfelder bilden sich ohne Eisen frei im Raum aus. Auch hier tritt eine
Kraftwirkung auf.
Als Beispiel wird ein stromführender Leiter der Länge l gewählt, der sich in einem
homogenen Magnetfeld befindet. Die Richtung des Leiters ist senkrecht zum homogenen
Feld. Auch der Leiter erzeugt ein Magnetfeld, das sich dem homogenen Feld überlagert (s.
Bild).
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3-31
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Bild 3.33
Stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld und Überlagerung
der beiden Felder
Auf der linken Seite wird das Eigenfeld des Leiters geschwächt, auf der rechten Seite
hingegen verstärkt. Damit entsteht links eine niedrigere Energiedichte als rechts. Der Leiter
erfährt eine Kraft in Richtung auf die niedrigere Energiedichte. Experimentell wird
festgestellt, dass die Kraft
dem Strom I,
der Länge des Leiters l
und der Induktion im homogenen Feld B
proportional ist. Es ist also:
F = I⋅l⋅B
(3.110)
Die Wirkung der Kraft folgt dabei der „rechte-Hand-Regel“: Der Daumen gibt die
Kraftrichtung an, der Zeigefinger die Stromrichtung und der Mittelfinger die Feldrichtung.
Wenn nun der Leiter gedreht wird und nicht mehr senkrecht zum Feld steht, wird festgestellt,
dass die Kraft auch vom Winkel zwischen Leiterrichtung und Feldrichtung abhängt. Sie ist
maximal bei 90° und wird bei 0° zu Null. Daher lautet die Gleichung in vektorieller
Schreibweise:
F = I⋅ l ×B
(
)
(3.111)
Oder
F = I ⋅ l ⋅ B ⋅ sin (∠(l, B))
(3.112)
Die Kraft zeigt senkrecht zur durch l und B aufgespannten Ebene. Der Strom selbst ist eine
skalare Größe. Die Richtung des Vektors wird ausschließlich durch die Länge des Leiters
bestimmt.
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3-32
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Es soll nun berechnet werden, wie groß die Kraft zweier paralleler stromdurchflossener
Leiter aufeinander ist.
Bild 3.34
Parallele stromdurchflossene Leiter
Der Strom I1 im Leiter 1 erzeugt an der Stelle des Leiters 2 im Abstand a die Induktion:
B(I1 ) I = µ 0
2
I1
2πr
= µ0
r =a
(3.113)
I1
2πa
Da die Induktion senkrecht auf der Richtung des Stroms im Leiter 2 steht, kann die Kraft
einfach berechnet werden:
F = µ0 ⋅ l ⋅
I1 ⋅ I 2
2π ⋅ a
(3.114)
Wenn man nun die Länge und den Abstand der Leiter mit jeweils 1 m festlegt, so werden zur
Erzielung einer Kraft von 0,2 µN in jedem Leiter 1 A benötigt (Definition der Einheit A).
Werden die Leiter entgegengesetzt vom Strom durchflossen, entsteht eine abstoßende Kraft,
bei gleichsinnigem Strom eine anziehende Kraft.
Hinweis: Zwischen stromführenden Kabeln entstehen Kräfte. Die Kabel müssen daher
abgestützt werden.
Beispiele:
1.Halleffekt
B
Fel I
-
-
-
-
-
-
-
-
-F
Uh
mag
Bild 3.35
Halleffekt
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
3-33
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Ein magnetisches Feld durchsetzt einen Leiter. Auf die Ladungsträger wird eine magnetische
Kraft senkrecht zur Stromflussrichtung ausgeübt. Diese Kraft lenkt die Ladungsträger ab.
Elektronen werden im Beispiel nach unten abgelenkt, d.h. Ladungsanhäufung am unteren
Rand des Leiters. Damit entsteht eine Hallspannung Uh ~ B I. Verwendung zu Messzwecken
(Magnetfeld, berührungslose Strommessung, Abstandssensoren mit zusätzlichem
Permanentmagneten).
2. Kraftwirkung auf eine bestromte Spule (pro Windung):
Spule
B
F
M
F
Bild 3.36
Kraft auf stromdurchflossene Windung in einem Magnetfeld
Kraft auf jeden der Leiter im Abstand a ist:
F=BIl
(3.115)
Bei angegebener Winkelposition:
M = 2⋅F⋅
a
= B ⋅ I ⋅ l ⋅ a = I ⋅ B ⋅ A Spule
2
(3.116)
Bei Veränderung der Winkelposition um α:
M = I ⋅ B ⋅ A Spule ⋅ cos α
(3.117)
3. Drehspulinstrument (Strommessung)
Weicheisen
Spiralfeder
Drehspule
Bild 3.37
Prinzip eines Drehspulmesswerks
Permanentmagnet
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3-34
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Mit M=B I A und α=M c folgt α~I, d.h. der Winkel α ist proportional dem Strom I.
4. Lautsprecher:
Feder
Membran
Rahmen
Tauchspule
Ringmagnet
Weichmagnetische Flussführung
Bild 3.38 Lautsprecher
5. Elektromotor (Prinzip):
Weicheisen
Spulen
Permanent- oder
Elektromagnet
Bild 3.39 Prinzip eines Drehspulmesswerks
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3-35
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.3
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Zeitlich veränderliche magnetische Felder
3.3.1
Induktionsgesetz
In einem magnetischen Feld befindet sich eine offene Leiterschleife (siehe Bild 3.40).
Bild 3.40
Offene Leiterschleife im magnetischen Feld
In einem magnetischen Feld befindet sich eine offene Leiterschleife. Experimentell wird
Folgendes festgestellt:
Bei einer zeitlichen Änderung von B entsteht eine Spannung Ui zwischen den Enden
der Leiterschleife. Die Spannung hängt von der Änderungsgeschwindigkeit von B ab:
ui ~
Bei einer Änderung der von B durchsetzten Fläche durch Bewegung der Schleife
entsteht ebenfalls eine Spannung Ui. Die Spannung ist proportional der
Änderungsgeschwindigkeit der Fläche A:
Ui ~
dB
dt
dA
dt
Bei einer Drehung der Leiterschleife entsteht auch eine Spannung Ui. Die Spannung ist
hier proportional zu der Änderungsgeschwindigkeit des Winkels zwischen Leiterfläche
und B-Feld:
Ui =
d
cos(∠ B, A
dt
( )
Die Spannung hängt offensichtlich von der Änderung des Flusses durch die Leiterschleife ab.
Es ergibt sich:
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3-36
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
ui = −
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
dΦ
dt
(3.118)
Dieser Zusammenhang wird Induktionsgesetz genannt. Er kann durch das Einführen
vektorieller Feldgrößen verallgemeinert werden:
d E
⋅
d
s
=
−
B ⋅ dA
∫
dt A∫
(3.119)
Gleichung (3.119) wird als Induktionsgesetz oder 2. Maxwellsche Gleichung in Integralform
bezeichnet.
Das Linienintegral der elektrischen Feldstärke entlang einer Leiterschleife ist gleich der
zeitlichen Änderung des von der Leiterschleife umrandeten Flächenintegrals der magnetischen Induktion.
Auf dem Induktionsgesetz beruht die Wirkung des Generators.
Eine Leiterschleife rotiert in einem magnetischen Feld (siehe Bild 3.41).
B
Ui
Bild 3.41
In einem Magnetfeld rotierende Leiterschleife
Es entsteht eine an den Klemmen abgreifbare Spannung, die sich zeitlich sinusförmig ändert:
ui = -
dΦ
d
= (B ⋅ A ⋅ cos ∠ B, A ) = 2 ⋅ π ⋅ n ⋅ B ⋅ A ⋅ sin (2π ⋅ n ⋅ t )
dt
dt
( )
(3.120)
Das Formelzeichen n steht für die Drehzahl der Leiterschleife.
3.3.2
Bewegung einer Leiterschleife im konstanten Magnetfeld
Das Induktionsgesetz kann durch das Gleichgewicht zwischen magnetischen und elektrischen
Kräften erklärt werden. Dazu wird in einem Gedankenexperiment eine Leiterschleife in ein
homogenes magnetisches Feld hineinbewegt (Bild 3.42 links). Physikalisch ist dies
gleichbedeutend mit einem Leiter, der auf Kontaktschienen durch das Feld bewegt wird
(Bild 3.42 rechts).
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3-37
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Bild 3.42 In ein Magnetfeld hineingeschobene (bewegte) Leiterschleife
Wenn dieser Leiter in einem Magnetfeld bewegt wird, so wird auf die beweglichen
Elektronen eine Kraft ausgeübt. Diese beträgt:
Fm = Q ⋅ v × B
(
)
(3.121)
Diese Kraft bewegt die im Leiterstab enthaltenen Ladungen vom Ende 1 zum Ende 2 des
Leiters mit der Länge l. Es entsteht nach Gleichung (3.1) eine elektrische Feldstärke im
Leiter, die wiederum eine elektrische Kraft hervorruft:
Fel = Q ⋅ E
(3.122)
Ein Gleichsetzen der beiden Kräfte nach Gleichung (3.121) und (3.122) ergibt:
E = v×B
(3.123)
Durch Integration der Gleichung (3.123) über die Länge der Schleife ergibt das Induktionsgesetz:
r2
ui = ∫
r1
r2
d dΦ
 ds

v × B ⋅ d l = − ∫  × d l  ⋅ B = − ∫ B ⋅ dA = −
dt
dt A
dt

r1 
(
)
(3.124)
links: Spatprodukt; Vertauschen => Vorzeichenwechsel.
3.3.3
Selbstinduktion
Der von der Leiterschleife erzeugte Fluss hängt vom Strom und von der Geometrie der
Schleife ab. Für eine lange Spule gilt wie bereits in Kapitel 3.2.3.1 betrachtet:
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3-38
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Bild 3.43
Magnetischer Fluss einer langen Spule
w⋅I
l
(3.125)
B = µ⋅H
(3.126)
Φ = B⋅ π⋅r2
(3.127)
H=
Jede Windung der Spule ist mit dem Fluss Φ verkettet. Die gesamte Spule kann daher als
Reihenschaltung von w Windungen betrachtet werden. Daher wird die Größe der Flussverkettung Ψ definiert:
π⋅ r2
Ψ = w ⋅Φ = w ⋅µ ⋅
⋅I
l
2
(3.128)
Die Proportionalitätskonstante zwischen Flussverkettung und Strom wird als Induktivität L
bezeichnet. Aus Gleichung (3.128) folgt somit:
L = w2 ⋅µ ⋅
π⋅r2
l
(3.129)
iL
uL
L
Bild 3.44
Schaltsymbol der Induktivität L mit Strom- und Spannungszählpfeilen
Formelzeichen:
L
Einheit:
[L] = 1 H = 1 VsA-1m-1
In den bisherigen Betrachtungen wurden die Flussänderungen von außen erzeugt. Jede Spule
erzeugt jedoch ein eigenes Magnetfeld. Dieses induziert wiederum eine Spannung in der
Spule. Diese ergibt sich zu:
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3-39
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
uL =
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
dΨ
di
= L⋅
dt
dt
(3.130)
Gleichung (3.130) stellt das wichtige Grundgesetz für das Bauelement L dar (analog
zum ohmschen Gesetz beim Widerstand R)!
Die Spannung ui wird als Selbstinduktionsspannung bezeichnet. Das Vorzeichen ist
gegenüber der von außen induzierten Spannung umgekehrt, da nun das Verbraucherzählpfeilsystem angewendet wird.
Wenn an diese Spannung nun ein Verbraucher angeschlossen wird, wirkt der durch die
induzierte Spannung getriebene Strom im gesamten Kreis so, dass dessen Magnetfeld der
Flussänderung entgegenwirkt. Dieser Effekt wird als Lenzsche Regel bezeichnet: Induzierte
Spannungen und Ströme haben eine solche Richtung, dass sie der Ursache ihrer Entstehung
entgegenwirken, d.h. die Flussänderung zu verhindern versuchen.
Eine stromdurchflossene Spule wirkt als Energiespeicher. Die im Feld einer langen Spule
gespeicherte Energie beträgt:
B
Wm = V ∫ H ⋅ dB = π ⋅ r 2 ⋅ l ⋅
0
H⋅B
w⋅I µ⋅w⋅I 1
= π ⋅ r2 ⋅ l ⋅
⋅
= ⋅ L ⋅ I2
2
l
l
2
(3.131)
Der Ausdruck für die magnetische Energie einer Spule gilt unabhängig von der Form der
Spule.
L = µ⋅w2 ⋅
3.3.4
π⋅r2 w2
=
l
Rm
(3.132)
Magnetische Kopplung, idealer Transformator
Bisher wurden Spulen als einzelne Bauelemente betrachtet. Es ist jedoch möglich, zwei
Spulen in eine räumliche Nachbarschaft zu bringen. Die magnetischen Felder überlagen sich
dann.
Als Transformator bezeichnet man eine Anordnung aus mindestens zwei magnetisch
gekoppelten Spulen. Als einfaches Beispiel ist hier eine Anordnung von zwei Spulen mit den
Windungszahlen w1 und w2 auf einem Eisenkern gezeichnet (Bild 3.45). Transformatoren
werden meist zur Energieübertragung eingesetzt. Daher fließt der Strom in eine Spule hinein
(Primärspule, Index 1) und aus der zweiten hinaus (Sekundärspule, Index 2).
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3-40
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
i1
Primärseite
i2
Sekundärseite
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
ui1
ui2
Bild 3.45
Φ
Zwei magnetisch gekoppelte Spulen. Prinzip des
Transformators
Der Transformator wird als ideal bezeichnet, wenn:
keine Streuflüsse auftreten, d.h. der magnetische Fluss durch Spule 1 ist gleich dem Fluss
durch Spule 2 (Φ = Φ1 = Φ2)
keine Kupferverluste auftreten (R1 = R2 = 0), d.h. widerstandsloser Draht
keine Eisenverluste auftreten
der Eisenkreis ideal magnetisch leitet (µFe → ∞).
Die folgenden Betrachtungen gelten zunächst für ein endliches µFe. Das Verhalten für
unendlich leitfähiges Eisen ergibt sich aus dem Grenzübergang µFe → ∞. Die Induktivität L1
der ersten Spule kann aus den Material- und Geometriedaten des Eisenkerns berechnet
werden (siehe Gleichung (3.129)):
2
L1 = w 1 ⋅ µ Fe ⋅
A Fe
l Fe
(3.133)
Analog gilt für die zweite Spule:
2
L 2 = w 2 ⋅ µ Fe ⋅
A Fe
l Fe
(3.134)
Beide Spule sind magnetisch miteinander gekoppelt. Der gesamte magnetische Fluss wird aus
der Summenwirkung beider Spulen erzeugt:
Φ (t ) =
Ψ1 (t ) Ψ2 (t ) L1 ⋅ i 1 (t ) L 2 ⋅ i 2 (t )
=
=
−
w1
w2
w1
w2
(3.135)
Wenn die Ströme zeitlich veränderlich sind entstehen entsprechend Gleichung (3.130) auch
Induktionsspannungen in den beiden Spulen:
u i1 (t ) =
w
d
d
d
d
Ψ1 (t ) = w 1 ⋅ Φ 1 (t ) = L1 ⋅ i1 (t ) − 1 ⋅ L 2 ⋅ i 2 (t )
dt
w2
dt
dt
dt
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
(3.136)
3-41
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
u i 2 (t ) =
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
w
d
d
d
d
Ψ2 (t ) = w 2 ⋅ Φ 2 (t ) = 2 ⋅ L1 ⋅ i 1 (t ) − L 2 ⋅ i 2 (t )
dt
dt
w1
dt
dt
(3.137)
Mit Φ1 = Φ2 folgt für die Spannungen durch Division der Gleichung (3.136) durch
Gleichung (3.137):
u i1 (t ) w 1
=
u i 2 (t ) w 2
(3.138)
Bei zeitlicher Veränderung der Ströme entspricht das Verhältnis der Spannungen dem
Verhältnis der Windungszahlen. Im trivialen Fall von Gleichströmen sind beide Spannungen
Null.
Einsetzen von (3.137) in (3.138) ergibt:
u i1 (t ) =
w1
w2
w

d
d
⋅  2 ⋅ L1 ⋅ i1 (t ) − L 2 ⋅ i 2 (t )
dt
dt
 w1

(3.139)
Durch Einsetzen von (2.76) und (2.77) in (2.79) oder (2.80) erhält man für den
Grenzübergang µFE → ∞ zunächst das Verhältnis der Ableitungen der Ströme. Dieses
entspricht bis auf eine Konstante auch dem Verhältnis der Ströme:
i1 (t ) + C1 w 2
=
i 2 (t ) + C 2 w 1
(3.140)
Das Verhältnis der zeitlich veränderlichen Anteile der Ströme entspricht dem umgekehrten
Verhältnis der Windungszahlen. Gleichströme sind voneinander unabhängig.
Transformatoren werden in der Wechselstromtechnik eingesetzt.
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
3-42
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.3.5
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Ein- und Ausschaltvorgänge an Induktivitäten
Ein Strom kann sich in einer Spule nicht sprungartig ändern, da dazu eine unendlich hohe
Spannung und Leistung notwendig wäre (siehe Gleichung (3.130)). In allen realen
Schaltungen erfolgt daher eine Reihenschaltung einer Spule mit einem Widerstand (z.B. der
ohmsche Widerstand der Spule selbst).
3.3.5.1.
Einschalten einer realen Spule
Im folgenden Beispiel ist die Spule L für t ≦ 0 stromlos. Zur Zeit t = 0 wird der Schalter S
geschlossen.
S
t=0
U
R
iL
uR
uL
L
Bild 3.46
Ersatzschaltbild zur Berechnung des Einschaltvorgangs
einer Induktivität L
Die Maschenregel liefert für t ≧ 0:
U = u R (t ) + u L (t )
(3.141)
Für den Widerstand R gilt das ohmsche Gesetz:
u R (t) = R ⋅ i L (t )
(3.142)
Die Spule unterliegt der Selbstinduktion, d.h. es gilt das Grundgesetz entsprechend
Gleichung (3.130):
u L (t ) = L ⋅
di L ( t )
dt
(3.143)
Einsetzen der vorausgegangenen Gleichungen liefert die Differentialgleichung zur Berechnung des Einschaltvorgangs der Spule:
U = i L (t ) ⋅ R + L ⋅
d i L (t )
dt
(3.144)
Mit der Randbedingung iL(0) = 0 (stromlose Spule zu Beginn) folgt die Lösung für den
zeitlichen Verlauf des Spulenstroms (siehe Kapitel 3.1.4):
t
R
− 
− ⋅t 
U 
U 
τ
L
i L ( t ) = ⋅ 1 − e  = ⋅ 1 − e 
R 
 R 

Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe
Abteilung Elektrische Energiewandlung
(3.145)
3-43
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Aus dem Ergebnis (3.145) folgt durch Einsetzen in (3.143) der zeitliche Verlauf der
Spulenspannung:
u L (t ) = U ⋅ e
R
− ⋅t
L
=U⋅e
−
t
τ
(3.146)
Der Quotient L/R ist charakteristisch für den zeitlichen Ablauf des Stromaufbaus. Er hat die
Dimension einer Zeit und wird als Zeitkonstante τ des Stromkreises bezeichnet.
τ=
L
R
(3.147)
[τ] = Vs/A.Ω = Vs.A/V.A = s
Bild 3.47 zeigt die zeitlichen Verläufe der Spulenspannung und des Spulenstroms für t ≧ 0.
Werte für den berechneten Verlauf:
U = 10 V
R = 0,5Ω
L=1H
⇒τ=2s
Bild 3.47 Zeitliche Verläufe des Spulenstroms und der Spulenspannung beim Einschaltvorgang der Induktivität für t ≧ 0
Auch hier lassen sich für bestimmte ausgezeichnete Zeitpunkte einige wichtige
Feststellungen über die Wirkungsweise der Spule zusammenfassen:
Zeit
t=0
Spule wirkt wie
„Leerlauf“
t=τ
t→∞
uL(t)
u L (0) = U
u L (τ ) =
„Kurzschluss“
1
⋅U
e
u L (∞ ) = 0
iL(t)
i L (0) = 0
i L (τ) =
i C (∞ ) =
U  1
⋅ 1 − 
R  e
U
R
Tabelle 3.3 Verhalten der Spule zu bestimmten ausgezeichneten Zeitpunkten
Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe
Abteilung Elektrische Energiewandlung
3-44
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
3.3.5.2.
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
Ausschalten einer realen Spule
Mit dem in Bild 3.48 dargestellte Ersatzschaltbild kann der Ausschaltvorgang einer Spule
untersucht werden.
R
t=0 S
1
U
iL
uR
S2
uL
t=0
L
Bild 3.48
Ersatzschaltbild zur Berechnung des
Ausschaltvorgangs einer Spule
Der Schalter S1 sei lange Zeit geschlossen gewesen, sodass der stationäre Zustand vorliegt,
d.h. in der Spule fließt der stationäre Spulenstrom. Dieser kann mit (3.145) berechnet werden,
indem man den Grenzwert für t → ∞ berechnet. Es ergibt sich für den Spulenstrom zum
Zeitpunkt Null (Anfangsbedingung) der Betrachtung des Ausschaltvorgangs:
i L (0 ) =
U
R
(3.148)
Nun soll der Strom in der Spule abgeschaltet werden. Dazu wird in einem Gedankenexperiment zunächst S1 geöffnet. Es gilt:
u L (t ) = L ⋅
d i L (t )
dt
(3.149)
Da der Strom nun keine Möglichkeit mehr hat um weiterfließen zu können, müsste die
Spannung an der Spule unendlich werden, da diL(t)/dt im Ausschaltzeitpunkt unendlich groß
würde. In realen Anwendungen würde dies zum elektrischen Durchschlag des Schalters und
zur Ausbildung eines Lichtbogens, der die Energie der Spule aufnimmt, führen. Damit dies
nicht passieren kann, wird zum Zeitpunkt t = 0 zeitgleich zum öffnen des Schalters S1 der
Schalter S2 geschlossen. Damit kann der Strom im „kurzgeschlossenen“ Kreis weiterfließen.
Die zugehörige Differentialgleichung lautet:
0 = i L (t) ⋅ R + L ⋅
d i L (t )
dt
(3.150)
Mit der obigen Anfangsbedingung (3.148) für den Strom ergibt sich der zeitliche Verlauf für
den Strom und die Spannung an der Spule für den Ausschaltvorgang zu (siehe Kapitel 3.1.4):
R
t
U − L ⋅t U − τ
i L (t) =
⋅e
= ⋅e
R
R
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
(3.151)
3-45
Einführung in die Elektrotechnik Teil I
u L (t ) = − U ⋅ e
−
Kapitel 3: Elektrische und magnetische Felder
t
τ
(3.152)
Im nachfolgenden Bild 3.49 sind die zeitlichen Verläufe von Strom und Spannung für den
Ausschaltvorgang der Spule dargestellt.
Werte für den berechneten Verlauf:
U = 10 V
R = 0,5Ω
L=1H
⇒τ=2s
Bild 3.49 Zeitliche Verläufe des Spulenstroms und der Spulenspannung beim Ausschaltvorgang für t ≧ 0. (Beachte negative Werte auf der Spannungsachse)
Beispiel: Zündspule
u, i
Ri
i1
i2
i1
u1
u1
u2
UBat
u, i
S1
u2
Schließen
S1
i2
Öffnen
S1
Bild 3.50 Funktionsprinzip einer Zündspule sowie Verläufe von Spannung und Strom
Kondensator über Kontakt S1 reduziert Spannung an S1
Schalter: heute Transistor
Zündzeitpunktverstellung: früher Fliehkraft, heute elektronisches Motorsteuergerät
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Abteilung Elektrische Energiewandlung
3-46
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