Hilfe, wenn es hämmert Jeder Dritte leidet regelmässig an Kopfweh

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 Kopfweh Wann zum Arzt?
 Medikamente Welche helfen?
 Auslöser Was schadet?
Foto Prisma
Hilfe, wenn
es hämmert
Kopfschmerzen Keine
Angst, den Arzt zu konsultieren.
Nur selten steckt eine
gefährliche Krankheit dahinter.
Jeder Dritte leidet regelmässig an
Kopfweh. Kennt man die Ursache,
gibts Mittel, die wirklich helfen.
schweizer illustrierte
71
Schluss mit der Qual!
Menschen mit häufigen Kopfschmerzen müssen ihr
Schicksal nicht einfach hinnehmen. Es gibt Hilfe –
etwa beim Schmerzexperten. Er hat Tipps und kennt
die richtigen Mittel und Medikamente dagegen.
Kaffee, Wein & Zigaretten Wer viel Koffein konsumiert, bekommt Kopfschmerzen, wenn
die Kaffeemaschine streikt. Schmerzen auslösen kann auch ein zu viel an Nikotin und Alkohol.
Text martin Schuppli
B
ei den einen dröhnts und hämmerts links oder rechts über dem
Ohr, bei andern pochts und
stichts hinter der Stirn oder brummts
und blitzts im ganzen Schädel. Kopfschmerzen vermiesen vielen Menschen
regelmässig das Leben. Die einen flüchten ins Bett, andere greifen zu Tabletten
oder versuchen mit Hausmittelchen dem
Schmerz beizukommen. Denn mit ihm
zu leben ist fast unmöglich.
Fachleute kennen über zweihundert
verschiedene Arten von Kopf- und
Gesichtsschmerzen. Dr. Ulf Klostermann
erklärt, wie sie sich unterscheiden:
«Die zwei häufigsten sind Migräne und
Spannungskopfschmerzen», sagt der
Facharzt für Anästhesiologie und Spezialist für Schmerztherapie im Schmerz
Zentrum Zofingen AG. «90 Prozent aller
Betroffenen haben eine oder eine Kombination dieser beiden Formen. Unter
Migräne beispielsweise leiden mehrheitlich Frauen. Üblicherweise treten die
Schmerzen attackenförmig auf und
­haben pulsierenden Charakter. Die Pa­ti­
enten ziehen sich gerne zurück, da Licht
und Umweltgeräusche sie massiv belasten. Häufig wird dem Schmerzpatienten
übel, und er muss sogar erbrechen.»
Spannungskopfschmerz strahlt
wie Migräne häufig von der Nackenmuskulatur helmartig nach vorne aus. Wer
diese Art kennt, empfindet sie aber nicht
als pulsierend, sondern eher als dumpfen Dauerschmerz, der häufig an Intensität zunimmt. Er tritt meist beidseitig
auf – die Migräne dagegen häufig nur einseitig. Körperliche Aktivität verstärkt
den Spannungskopfschmerz nicht,
aber sehr wohl die Migräne. Übelkeit,
Geräusch- und Lichtempfindlichkeit
können auch beim Spannungskopfschmerz vorkommen, sind aber bei der
Migräne viel stärker ausgeprägt.
Wer unter Migräne leidet, sollte
unbedingt mit dem Hausarzt sprechen
oder einen Spezialisten für Kopfschmerzen beiziehen. Denn ertragen
muss man diese Qual nicht. Mittlerweile
gibt es dagegen hochwirksame, gut verträgliche Medikamente: die Triptane.
Wer sie einnehmen will, muss allerdings
von einer Fachperson instruiert werden.
«Es gilt vor allem, eine zu häufige Einnahme zu vermeiden», sagt Ulf Klostermann. «Wir sehen immer wieder Patienten, die ihre Migräne unspezifisch
behandeln, mit frei verkäuflichen Mischpräparaten. Das birgt zahlreiche Risiken
und Nebenwirkungen. In vielen Fällen
ist die Wirkung auch nicht sehr effektiv»,
sagt der Zofinger Arzt.
Dr. Ulf
Klostermann
Facharzt für
Anästhesiologie und
Spezialist für
Schmerztherapie im
Schmerz Zentrum
Zofingen AG
«Kopfschmerzen nicht
länger als drei Tage hinteneinander mit Medikamenten bekämpfen»
Einen stechenden, nicht pulsierenden Schmerz löst der cervicogene
Kopfschmerz aus. Er geht von der Halswirbelsäule aus und ist immer nur auf einer Kopfseite zu spüren. «Den Schmerzgeplagten wird weder übel, noch sind sie
gegen Lärm oder Licht empfindlich»,
sagt Dr. Klostermann.
Der schlimmste Kopfschmerz mit der
höchsten Schmerzintensität, der so- u
Fotos Werner Fischer / GES, Prisma
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Kopfweh!
nützliche waffen gegen kopfschmerzen
Wer fast täglich unter Kopfschmerzen
leidet, sollte den Hausarzt konsultieren.
Er hilft bei der Suche nach dem richtigen
Experten oder einer passenden Therapie.
u Migräne Medikamente mit TriptanWirkstoffen haben die früher gebräuchlichen Ergotamine abgelöst. Bei der
Migräne setzen Spezialisten neben der
Behandlung einzelner Attacken auch auf
medikamentöse Vorbeugung. Neben
Substanzen wie Magnesium, Betablockern, Calciumantagonisten sowie Antidepressiva steht neu das Antiepileptikum
Topamax zur Verfügung. Diese Therapie
wirkt sehr gut im therapeutischen Gesamtkonzept mit Verhaltenstherapie und
Entspannungsverfahren.
u Cervicogener Kopfschmerz Die
beste Waffe ist die interventionelle
Schmerztherapie. Stellt der Experte mit
röntgenkontrollierten, hochpräzisen
Nervenblockaden fest, dass die Hals­
wirbelsäule für die Kopfschmerzen
verantwortlich ist, verödet er dort kleine
Nerven mit Hitze. Das kann zu einer
massiven Schmerzreduktion führen.
u Spannungskopfschmerzen
können vorbeugend mit Antidepressiva
behandelt werden.
u Neurostimulation ist die neuste
Waffe gegen therapieresistente Kopfschmerzen. Im Gegensatz zur Hitzeläsion
werden keine Nerven abgetötet, sondern
sie werden von einem Neurostimulator
stimuliert. Das Mini-Gerät wird unter die
Haut implantiert und sendet über Elektroden Impulse an die Nerven der Kopfhaut.
Die Neurostimulation kann bei sehr
hartnäckigen Kopfschmerzen erstaun­
liche Resultate erzielen.
Kopfweh!
u bauchumfang messen Am Donners-
tag, 20. September 2007, zwischen 11.30
und 14.30 Uhr informieren die Unispitäler
von Zürich, Genf und Bern über Risikofaktoren für Herz- und Kreislaufkrankheiten.
Besucher erhalten ein Band, um ihren
Bauchumfang zu messen. Bei Männern
sollte er kleiner als 102 cm sein, bei Frauen nicht mehr als 88 cm. Kardiologen stehen Interessierten Red und Antwort. Wer
will, kann seinen Blutdruck messen lassen.
Mehr Infos: www.swissheart.ch
sucht Ist jemand abhängig von einem
bestimmten Mittel, gibts starkes Kopfweh,
wenn man darauf verzichten muss.
Spannungskopfschmerz-Patienten. Will
man das vermeiden, darf man seine
Kopfschmerzen nicht länger als drei
Tage hintereinander und nicht öfter als
zehn Tage pro Monat mit Schmerz- oder
Mi­gränemitteln bekämpfen. Das gilt
für alle Medikamente unabhängig von
den Wirkstoffen und davon, ob das
Medikament eine oder mehrere dieser Substanzen enthält. Problematisch
sind aber besonders Kombinations-
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tipp: testen sie
ihr herzrisiko
mals täglich auf, häufig auch nachts und
die Attacken dauern meist 30 bis 90 Minuten. Sie betreffen immer nur eine
Gesichtsseite. Typische Symptome sind
spontanes Nasenlaufen, Augentränen
und ein gerötetes Auge mit hängendem Lid auf der schmerzhaften Seite.
Die Schmerzstärke ist absolut vernichtend.»
Nächtliche Atemaussetzer, wie
sie häufig bei schnarchenden Patienten
auftreten, können auch Kopfschmerzen
auslösen. Wer darunter leidet, wacht am
Morgen oft mit starkem Brummschädel
auf. Das bessert sich im Verlauf des
Tages. Betroffenen rät Ulf Klostermann
die Schlafgewohnheiten untersuchen zu
lassen: «Schlafapnoe stellt ein grosses
gesundheitliches Risiko dar. Oft leidet
man dann auch unter Tagesschläfrigkeit,
und das ist vor allem im Strassenverkehr
sehr gefährlich.»
Regelmässig eingenommene Medikamente können auch zu Kopfschmerzen
führen. Dazu Ulf Klostermann: «Wir
beobachten den medikamenteninduzierten Kopfschmerz bei Migräne- und
präparate, die teilweise frei verkäuflich
sind. Sie enthalten häufig mehrere
Schmerzmittel in zu niedriger Einzeldosis sowie eine Kombination mit
Koffein, Codein oder Beruhigungsmitteln. Das kann zu einer Medikamentenabhängigkeit führen. Leidet man
darunter, gibts starkes Kopfweh, wenn
man das gewohnte Präparat nicht
nimmt, bis hin zu starken Dauerkopfschmerzen.
«Auch bewusste Lebensführung
kann helfen», sagt Dr. Ulf Klostermann.
«Bei der Migräne wissen wir, dass es
den Patienten besser geht, wenn sie ein
regelmässiges Leben führen, eine Ausdauersportart ausüben und Entspannungstechniken beherrschen.» So sollten sie etwa am Wochenende gleich
viel Koffein zur selben Zeit zu sich nehmen wie unter der Woche. «Der regelmässige Tagesrhythmus ist von
entscheidender Bedeutung.» Ulf Klostermann räumt auch mit Missverständnissen auf: «Die Behauptung Schokoladenkonsum löse eine Migräne aus,
stimmt nicht. Richtig ist, dass vor einer
bei diesen Anzeichen rasch Hilfe holen
Bei folgenden Kopfschmerz-Symptomen
sollte Sie sofort einen Arzt aufsuchen:
u erstmaliges Auftreten im Alter
von über 40 Jahren.
u Plötzliches auftreten starker
Kopfschmerzen aus heiterem Himmel.
u wechselhaft Dauer und Intensität
sind immer anders, oder die bisherige
Therapie wird unwirksam.
u Lähmungen Krampfanfälle, Bewusst-
Migräne Aurasymptome also Lichtblitze,
Sehstörungen und Flimmerphänomene
auftreten können. Möglicherweise sogar mit neurologischen Ausfällen wie
Schmerzempfindlichkeit, Sprach- und
Sprechstörungen. Oft spüren Patienten
auch sogenannte Vorboten, in der
Fachsprache: Prodromi. Patienten verspüren etwa eine Heiss­hungerattacke.
Isst die Person dann Schokolade,
seins-, Gefühls-, Gedächtnisstörungen
oder Doppelbilder.
u hOHES Fieber oder Schmerzen nach
Kopfverletzungen.
u angst Kopfschmerzen wegen eines
Hirntumors sind sehr selten und nur bei
den wenigsten Patienten einziges oder
erstes Symptom. Viele aber haben Angst
vor einem Tumor. Und gerade darüber
sollten Sie offen mit dem Arzt sprechen.
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genannte Cluster-Kopfschmerz, tritt
glücklicherweise selten auf und betrifft
eigentlich nur Männer. «Sie leiden
häufig episodisch während vier bis acht
Wochen daran und sind danach oft für
mehrere Monate beschwerdefrei», sagt
Dr. Ulf Klostermann. «Die sogenannten
Cluster-Kopfschmerzen treten mehr-
u
bekommt sie die Migräne nicht wegen
der Schoggi. Der Heisshunger war erster
Vorbote der bereits begonnenen Migräne, die Kopfschmerzen folgen dann unweigerlich.» Der Schmerzspezialist rät
Migränepatienten nur dann Lebensmittel zu meiden, wenn sie diese eindeutig
als Auslöser für die Schmerzen identifizieren können.

Infos: www.schmerzzentrum.ch
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