Versuch 9 - sven.köppel.org

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Versuch 9:
Kondensator und Spule im Wechselstromkreis
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Aufgaben:
Bestimmung von Kapazitäten und Induktivitäten im Wechselstromkreis,
letztere in Abhängigkeit von der Einschubtiefe von Eisenkernen. Bestimmung der Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung mit
dem Oszilloskop.
Messverfahren:
Messung von Wechselstromwiderständen mit Mehrfachinstrumenten,
Aufnahme des zeitlichen Verlaufs von Strom und Spannung mit dem
Zweikanaloszilloskop.
Vorkenntnisse:
Wechselstromwiderstand, Zusammenhang zwischen Ladung, Strom
und Spannung an Kondensator und Spule (Selbstinduktion).
Lehrinhalt:
Einführung in die Wechselstromlehre; Wechselstromwiderstände, Phasenverschiebung, Effektivwert, elektrische Arbeit und Leistung; Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren, Auswirkung verschiedenartiger Eisenkerne auf die Drosselwirkung von Spulen.
Literatur:
Die Lehrbücher der Physik und Elektrotechnik.
I. Kondensator im Wechselstromkreis
1. Einführung
Legt man eine Gleichspannung an einen Kondensator, so fließt nach anfänglicher Aufladung
kein Strom; da die Kondensatorplatten gegeneinander durch ein Dielektrikum isoliert sind,
kann keine Ladung von der einen auf die andere Seite durch den Kondensator hindurch gelangen (Gleichstromwiderstand unendlich).
Legt man eine Wechselspannung an, so fließt durch den Kondensator scheinbar ein Wechselstrom. Die Spannung ist mit einer entsprechenden Ladung auf den Platten verbunden; sie
werden durch den im äußeren Kreis fließenden Wechselstrom periodisch umgeladen.
Während einer Halbwelle des Stromes wird der Kondensator zunächst entladen, dann mit
umgekehrtem Vorzeichen aufgeladen. Mit dem Nulldurchgang des Stromes, d.h. der Umkehr
der Stromrichtung, setzt dabei jedesmal die Entladung ein, zu diesem Zeitpunkt hat deshalb
die Ladung q auf den Kondensatorplatten und damit die Spannung u = q/C (C = Kapazität des
Kondensators; SI-Einheit: Farad) jeweils ihren größten Wert. Daher ist die Spannungskurve
gegenüber der Stromkurve um 1/4 einer Schwingungsdauer zu größeren Zeiten hin verschoben (Phasenverschiebung π/2).
u,i
u (t)
t
i (t)
Abb. 1
Strom i und Spannung u als
Funktionen der Zeit bei einem
Kondensator im
Wechselstromkreis
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Abb. 1 zeigt den zeitlichen Zusammenhang zwischen Strom und Spannung über zwei Perioden. - Geht man von der Spannung aus, so erhält man das gleiche Resultat; der Zusammenhang zwischen Strom und Spannung ist in jedem Fall durch i = C du/dt gegeben.
Der im Kreis fließende Wechselstrom ist bei gegebener Spannung umso höher, je größer die
Kapazität ist und je höher die Frequenz ist, denn in um so kürzerer Zeit wird jeweils die ganze Ladung Q = CÛ (Û = Amplitude der Wechselspannung) von der einen auf die andere
Kondensatorplatte transportiert. Der kapazitive Wechselstromwiderstand ist deshalb (U, I:
Effektivwerte)
U
1
= ZC =
.
(1)
I
ω ⋅C
Die Frequenz des Wechselstromnetzes, das wir bei diesem Versuch benutzen, beträgt 50 Hz
(ω = 2πv = 314 s-1).
Maßeinheiten:
1 C (" Coulomb")
,
1 V (" Volt" )
1
1 Ω (" Ohm" ) = -1
.
-1
s ("Sekunde " ) ⋅ F (" Farad" )
1 F (" Farad" ) =
2. Aufgaben
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Es sollen die Kapazitäten zweier Kondensatoren einzeln, in Reihen- und in Parallelschaltung bestimmt werden.
Es soll die Formel für die Kapazität einer Parallelschaltung zweier Kondensatoren
verifiziert werden.
Es soll die Formel für die Kapazität einer Reihenschaltung zweier Kondensatoren
verifiziert werden.
Man sehe sich die Phasenverschiebung auf dem Oszilloskop an und skizziere das Ergebnis im Protokoll (zur Registrierung des Stromes wird der Spannungsabfall am Amperemeter benutzt).
Beeinflusst der Eigenverbrauch der Instrumente das Messergebnis?
Herleitung der Impedanz eines Kondensators, Zeigerdiagramm für U, I, ZC.
3. Durchführung
A
~
4V
V
C
Abb. 2 Schaltung zur Bestimmung des Wechselstromwiderstandes von Kondensatoren. Zur Wahl der Instrumente siehe die beiliegende Gerätebeschreibung.
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Man überzeuge sich zunächst, dass durch einen Kondensator bei Anlegen einer Gleichspannung kein Strom fließt. Dann baue man für jeden der beiden beigegebenen Kondensatoren die
Schaltung nach Abb. 2 auf und bestimme den Wechselstromwiderstand durch einfache
Strom- und Spannungsmessung. Die Kapazität des Kondensators kann durch Auflösen von
Glg. (1) nach C dann jeweils daraus berechnet werden.
Anschließend wird die Kapazität der Parallelschaltung und der Reihenschaltung der beiden
Kondensatoren bestimmt. Man gebe die zugehörigen Formeln an (Herleitung!) und vergleiche
die aus den Einzelkapazitäten berechneten mit den direkt gemessenen Werten.
4. Fehlerbetrachtung
Man gebe die maximalen Fehler für die Einzelkapazitäten sowie für die berechneten und die
gemessenen Kondensatorkombinationen an (Genauigkeitsklassen der Instrumente).
direkte Messungen:
∆C ∆ U ~ ∆ I ~ ∆ ω ~
=
+
+
.
C
U~
ω~
I~
errechnete Werte:
Parallelschaltung:
∆C = ∆C1 + ∆C2 ,
Reihenschaltung:
∆
∆ 
∆C =  C2 1 + C2 2  C 2 .
C2 
 C1
II. Spule im Wechselstromkreis
1. Einführung
Legt man eine Gleichspannung U= an eine Spule, so fließt nach anfänglichem Aufbau des
Magnetfeldes ein Gleichstrom, dessen Höhe - außer von der Spannung - vom ohmschen Widerstand R des Spulendrahtes bestimmt ist:
U= .
I==
R
Legt man eine Wechselspannung an, so fließt durch die Spule ein Wechselstrom; dieser ist
mit einem sich im gleichen Rhythmus ändernden Magnetfeld verbunden.
Während einer Halbwelle des Stromes nimmt das Magnetfeld zunächst zu, dann mit abnehmendem Strom wieder ab. Ein sich zeitlich änderndes Magnetfeld ist nach dem Induktionsgesetz mit einer induzierten Spannung u verknüpft. Da hier das Magnetfeld vom Strom der
Spule selbst herrührt, ist u = L di/dt (L = Selbstinduktion der Spule; SI - Einheit: Henry) und
bei Vernachlässigung des ohmschen Widerstandes gleich der angelegten Spannung. Beim
Nulldurchgang des Stromes, d.h. im Zeitpunkt seiner größten zeitlichen Änderung, ist deshalb
die Spannung an der Spule am größten, im Maximum des Stromes ist sie andererseits gleich
Null. Die Spannung läuft daher um 1/4 einer Schwingungsdauer dem Strom voraus (PhasenPhysikalisches Anfängerpraktikum 2 – ElektrizitätslehreInstitut für Angewandte Physik der Goethe-Universität Frankfurt am Main
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verschiebung π/2 in umgekehrter Richtung wie beim Kondensator).
Abb. 3 zeigt den zeitlichen Zusammenhang zwischen Strom und Spannung. - Sieht man die
Spannung als gegeben an, so erhält man das gleiche Resultat; die Beziehung zwischen Strom
und Spannung ist eindeutig durch u = L di/dt festgelegt.
i,u
u (t)
t
i (t)
Abb. 3 Strom i und Spannung u als Funktion der Zeit bei einer Spule im Wechselstromkreis, ohmscher Widerstand der Spule vernachlässigt.
Die Selbstinduktivität L der Spule vergrößert sich, wenn man einen Eisenkern einschiebt,
dessen Induktion (B-Feld) das der eisenfreien Spule weit übersteigt. Sowohl die Qualität des
Eisens ("magnetische Permeabilität") als auch die Raumerfüllung bzw. die Einschubtiefe des
Eisenkernes wirken sich dabei auf die Induktivität aus. Auf diese Weise lässt sich die Stärke
eines Wechselstromes leicht regeln (Drosselwirkung).
Der durch die Spule fließende Wechselstrom ist bei Vernachlässigung des ohmschen Drahtwiderstandes umso kleiner, je höher die Frequenz und je größer die Selbstinduktion sind,
denn die Geschwindigkeit der Stromänderung und die Größe der Selbstinduktion wirken sich
nach dem Vorangegangenen beide in gleicher Weise "hemmend" auf die Ausbildung des
Stromes aus. Der Wechselstromwiderstand der idealen Spule, d.h. ohne ohmschen Drahtwiderstand, ist deshalb (U, I Effektivwerte)
U
= Z L = ωL .
(2)
I
Maßeinheiten:
1 H (" Henry" ) =
1 V (" Volt" ) ⋅ 1 s (" Sekunde" )
,
1 A (" Ampere" )
1 Ω (" Ohm" ) = s-1 (" Sekunde-1" ) ⋅ 1 H (" Henry" ) .
Bisher haben wir das Verhalten einer "reinen Induktivität" betrachtet. Eine Spule besitzt aber
neben dem induktiven Widerstand noch den im ersten Abschnitt bereits erwähnten ohmschen
Widerstand des Drahtes, der sich bei Wechselstrom selbstverständlich auch auswirkt. Die
Spule stellt für Wechselstrom also eine Kombination beider Widerstände dar. Da derselbe
Strom sowohl den ohmschen als auch den induktiven Widerstand "überwinden" muss, können wir das Verhalten der Spule durch eine Reihenschaltung von ohmschem Widerstand und
Selbstinduktion beschreiben (siehe Abb.4).
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R
Abb. 4
L
Ersatzschaltbild einer Spule unter Berücksichtigung des ohmschen Widerstandes des Spulendrahtes. R = ohmscher Drahtwiderstand, L = Selbstinduktion der Spulenwicklung.
Wir definieren den Wechselstromwiderstand wieder als das Verhältnis von Spannung zu
Strom. Bei Berechnung des Wechselstromwiderstandes der betrachteten Reihenschaltung tritt
jetzt folgende Komplikation auf: Der Spannungsabfall am ohmschen Widerstand ist mit dem
Strom in Phase, die Spannung an der Induktivität dagegen läuft um π/2 vor. Dies führt zu
einer Phasenverschiebung n zwischen Strom und Spannung an den Enden der Spule (Vorzeichenzählung U vor I):
ωL
tan ϕ =
,
R
und für den Wechselstromwiderstand ZR+L gilt:
U
= Z R+L = R 2 + ω 2 L 2 .
I
2.Aufgaben
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Es soll die Induktivität einer eisenfreien Spule aus ihrem Wechselstromwiderstand
bestimmt werden.
Es soll die Induktivität derselben Spule als Funktion der Einschubtiefe zweier verschiedener Eisenkerne bestimmt werden.
Man sehe sich die Phasenverschiebung für beide Eisenkerne auf dem Oszilloskop an
und skizziere das Ergebnis im Protokoll (zur Registrierung des Stromes wird der
Spannungsabfall am Amperemeter benutzt).
Die Drosselwirkung einer Spule mit Eisenkern wird in der Technik oft zur Begrenzung von Wechselströmen benutzt. Man gebe an, worin dabei der Vorteil gegenüber
einem ohmschen Vorwiderstand liegt. Man erkläre den Unterschied in der Drosselwirkung zwischen Massivkern und lamelliertem Kern (Transformatorblechkern) unter
der (tatsächlich hier nicht ganz zutreffenden) Annahme gleicher Permeabilität und
gleicher Raumerfüllung des Eisens. Ist es physikalisch richtig, bzgl. der von dem
Massivkern bewirkten Drosselwirkung nur von einer Induktivität zu sprechen?
Beeinflußt der Eigenverbrauch der Instrumente das Messergebnis?
Herleitung der Impedanz einer Spule, Betrag der Impedanz, Zeigerdiagramm.
3. Durchführung
Man baue zunächst die Gleichstromschaltung nach Abb. 5a auf und bestimme den Gleichstromwiderstand R der Spule durch Strom- und Spannungsmessung.
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Man baue anschließend die Wechselstromschaltung nach Abb. 5b auf und bestimme den
Wechselstromwiderstand der eisenfreien Spule durch Strom- und Spannungsmessung. Aus
dem Gleichstromwiderstand R und den Wechselstromwiderstand ZR+L kann nach Glg. (3) die
Induktivität L der Spule berechnet werden.
I
I
A
A
5V
V
=
L
U
a)
~
4V
V
L
U
b)
Abb. 5 Schaltungen zur Bestimmung des Gleich- und des Wechselstromwiderstandes
einer Spule. Zur Wahl der Instrumente siehe die beiliegende Gerätebeschreibung.
Man schiebe schrittweise einen der beiden Eisenkerne in die Spule ein und messe jeweils den
Strom. Man kontrolliere dabei laufend die Spannung (kleinere Spannungsschwankungen sind
in der Rechnung zu berücksichtigen). - Es sind der Strom und die nach Glg. (3) berechnete
zugehörige "Induktivität" als Funktion der Einschubtiefe des Eisenkernes graphisch in einer
Zeichnung mit zwei verschiedenen Ordinaten darzustellen.
Man wiederhole die Messreihe und die Auswertung mit dem anderen Eisenkern und trage zur
besseren Vergleichsmöglichkeit die beiden Kurven in die erste Zeichnung mit ein.
4. Fehlerbetrachtung
Man überlege unter Bezugnahme auf die beiliegende Gerätebeschreibung, bei welchen Messungen bzw. Einstellungen die zufälligen und bei welchen die systematischen Fehler überwiegen. Man gebe die danach bestehende Unsicherheit des gemessenen ohmschen Widerstandes
und der Induktivität der eisenfreien Spule an und trage die Unsicherheit des Stromes und der
Induktivität mit lamelliertem Eisenkern als Fehlerbalken nach unten und oben an einigen
Stellen in die Zeichnung ein.
4.1. Näherung für den maximalen relativen Fehler von L
Formel für L:
L=
1
ω
2
2
Z -R
Näherungsweise (ωL >> R):
mit
Z=
U_
U
, R= = .
I_
I=
∆L ∆ U _ ∆ I _
=
+
.
L
U_
I_
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4.2. Berechnung der Standardabweichung sL für alle R
Es ist
2
L =
1
ω
2
2
( Z 2 - R 2 ) , also das totale Differential von L
2L dL =
1
ω2
(2Z dZ - 2R dR) .
ω wurde dabei als konstant angesehen, es schwankt höchstens um einige Promille (Verbundbetrieb der Kraftwerke).
Demnach ist die Messgenauigkeit von L im ungünstigsten Fall (Amaximaler Fehler@):
1
∆ L= 2
(Z ∆Z + R ∆R) .
ω L
Nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz (Fehlerverteilung von Z und R voneinander stochastisch unabhängig bei Messung mit verschiedenen Geräten bzw. in verschiedenen Messbereichen) ist die Standardabweichung von L
sL =
1
ω L
2
2
2
2
2
Z ∆Z +R ∆R .
R, Z und L selbst sind schon berechnet. Für ∆R und ∆Z gilt nach der Fehlerregel für Potenzprodukte:
 ∆U = ∆ I = 
 ∆R 
∆R ≡ R 
+
 ,
 = R 
 R 
I= 
 U=
 ∆U ~ ∆I ~ 
 ∆Z 
 .
∆Z ≡ Z 
+
 = Z 
U
I
 Z 
~ 
 ~
Also ist
∆L =
∆
1  2  ∆U ~ ∆I ~ 
∆ 
 + R2  U = + I =  
+
 Z 
2
I~ 
ω L   U~
I=  
 U=
bzw. wegen der quadratischen Addition der einzelnen Fehlerterme beim Fehlerfortpflanzungsgesetz:
2
2
  ∆U 2  ∆I 2 

1
 ∆ I=  
4
4  ∆U = 
~
~
 + 
  + R  
 +
 .
sL = 2
Z  
ω L
  U ~   I ~  
  U =   I =  
Natürlich kann die gleiche Formel, wenn auch mit mehr Rechenarbeit, über die Berechnung
der partiellen Differentialquotienten im totalen Differential von L selbst gewonnen werden.
Dieser umständlich erscheinende Ausdruck verliert bei genauerem Hinsehen sofort seinen
Schrecken: R, Z, L, ω sind berechnet bzw. bekannt, die vier relativen Fehler der U- bzw. IMessung sind durch die Genauigkeitsklassen der Messinstrument in Verbindung mit dem
jeweiligen Zeigerausschlag gegeben, können also auch sofort eingesetzt werden.
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Für Z >> R ergibt sich darüber hinaus mit Z . ω @ L sofort wieder die einfache Näherung:
∆L ∆Z
∆Z
,
=
oder ∆ L = L ⋅
L
Z
Z
also
2
2
 ∆U ~   ∆I ~ 
 + 

s L = L 
U
I
 ~   ~ 
.
Tragen Sie das so abgeschätzte sL als Fehlerbalken nach unten und oben jeweils einmal für
kleine, mittlere und große Einschubtiefe an die Kurve der aus den Messungen berechneten
Induktivität als Funktion der Einschubtiefe des Eisenkernes ein (nur für den lamellierten
Kern).
Die nach obiger Formel bestimmte Fehlergrenze ist noch eine Unterschätzung des tatsächlichen Fehlers: Wirbelstrom- und Hystereseverluste wurden dabei vernachlässigt; der ohmsche
Widertand im Reihenersatzschaltbild ist nicht einfach gleich dem Drahtwiderstand, sondern
mit zunehmender Einschubtiefe des Kernes wegen der genannten Effekte größer. - Aus dem
gemessenen Strom im Resonanzfall des Reihenkreises kann man sofort für mittlere Einschubtiefe den Wert des tatsächlichen Verlustwiderstandes bestimmen.
Zum Unterschied der Wirkung von lamelliertem und massivem Kern
Ohne ohmschen Widerstand gilt für die ideale Spule ohne Eisenkern das Induktionsgesetz
(ohne Berücksichtigung des Vorzeichens):
u (t) = n
dΦ
.
dt
(1)
Dabei bedeuten u(t) die Spannung an der Spule, also die Spannung der Spannungsquelle, n
die Windungszahl der Spule und Φ den magnetischen Induktionsfluss, d.h. das Produkt aus
Querschnittsfläche der Spule und Induktion B im Innenraum der Spule. Der Fluss rührt vom
Leitungsstrom i(t) durch die Spule her:
n Φ = L i(t)
(2)
mit dem Selbstinduktionskoeffizienten L. Der Strom i(t) ist um 900 gegenüber der angelegten
Spannung u(t) phasenverschoben, gibt also keine Leistung ab (P = Ueff @ Ieff @ cos n). - Gl. (2)
gilt auch mit lamelliertem Eisenkern, lediglich die Induktivität L ist dann gegenüber der leeren Spule durch die magnetische Wirkung des Eisens sehr viel größer (ideales Weicheisen
ohne Hysterese).
Die magnetischen Eigenschaften des Massivkernes seien die gleichen wie die des lamellierten
Kernes. Beim Massivkern treten aber zusätzlich Wirbelströme um die Achse auf der ganzen
Länge des Kernes auf. Auch diese Wirbelströme machen ein Magnetfeld. Im Induktionsgesetz
(1) ist jetzt also auch der magnetische Fluss der Wirbelströme zu berücksichtigen. Der resultierende magnetische Fluss Φ bleibt aber unverändert, da die Spannung der Spannungsquelle
in (1) fest vorgegeben ist. Der durch die Spule selbst fließende Strom muss sich also ändern,
und zwar so, dass die Summe aus dem magnetischen Fluss des Spulenstromes und dem
magnetischen Fluss der Wirbelströme wieder die gleiche ist wie ohne Wirbelströme. Da das
Feld der Wirbelströme teils dem Feld des Spulenstromes direkt entgegengerichtet, teils 900
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phasenverschoben ist (Feldkomponenten, LENZsche Regel), ist der Spulenstrom jetzt größer
als ohne Wirbelströme; der neue zusätzliche Anteil des Leitungsstromes kompensiert mit
seinem Magnetfeld gerade das Feld der Wirbelströme, so dass der resultierende magnetische
Fluss wieder der gleiche ist wie beim lamellierten Kern. Die so entstandene Vergrößerung des
Leitungsstromes erscheint als Verringerung der Induktivität der Spule mit Massivkern gegenüber dem lamellierten Kern, wenn man einfach diesen größeren Stromwert in die Formel für
die Berechnung von L einsetzt.
Der Wirbelstrom erwärmt aber den Eisenkern, d.h. es gibt elektrische Verluste. Der neue größere Leitungsstrom durch die Spule kann also nicht mehr um 900 gegenüber der Spannung
phasenverschoben sein, sondern muss eine geringere Phasenverschiebung haben; nur so kann
die im Eisen in Form von Wärme abgegebene Energie aufgebracht werden. Das aber heißt:
Die Spule mit Massivkern ist gar keine reine Induktivität, das Ersatzschaltbild enthält vielmehr einen ohmschen Anteil. Die Berechnung von L darf also jetzt eigentlich gar nicht mehr
unter Benutzung nur des ohmschen Drahtwiderstandes in der Formel für L erfolgen, wie wir
das der Einfachheit halber gemacht haben.
Im Sinn der Transformatortheorie ist der Wirbelstrom ein Strom in der Sekundärspule; die
oben skizzierten Zusammenhänge werden deshalb erst richtig klar (Komponentenzerlegung,
Phasenverschiebung), wenn man das Zeigerdiagramm des belasteten Transformators bzw.
sein Ersatzschaltbild mit dem Wirbelstrom als Sekundärstrom zeichnet.
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