Piedmont Residence. - Carlton Architecture

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Nummer 3/2014
Nummer 3/2014
Piedmont
Residence.
Rob Carlton oder
alpine US–Architektur
ohne Lederhosen
Das MAK Wien ist 150. Direktor Christoph Thun-Hohenstein
im Interview / Brüssel. Einrichten auf ganz hohem Niveau /
Tokio. Das Architektenduo Yui
und Takaharu Tezuka im Porträt / Kolumbien. Faszinierendes Upgrade der Fique-Faser
/ Electronics. Soundbars und
Sounddecks / Die Gestalter
der Zeit. Studio Hannes Wettstein / Hotel Caro Valencia.
Wo die Geschichte atmet /
Martyn L. Bullard. Bel Air
meets Bali / BIC Cristal. Ikone
und Designwunder u. v. a. m.
E 9.80
Architektur im Fokus
Lage und Ausstattung der Piedmont Residence
bieten ganz besondere Ein- und Ausblicke.
Vor allem gartenseitig, wo sich der
Komplex fast zur Gänze
transparent zeigt.
Piedmont Residence (USA)
UNIQUE
STYLE OF
ARCHITECTURE
Wie man dem angestaubten US-Alpinstil neues Leben einhaucht,
beweist Rob Carlton mit der Piedmont Residence in North Carolina.
Ein exzellentes Beispiel einer unverwechselbaren Handschrift.
Carlos Oberlerchner Text
Carlton Architects/David Dietrich Fotos
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Architektur im Fokus
Piedmont Residence (USA)
PIEDMONT RESIDENCE – EIN KOMPLEX DER SICH VON ALLEN SEITEN …
A
lmost heaven, West Virginia, Blue Ridge Mountains,
Shenandoah River ...“ So Manche(r) dürfte sich an diese Textzeilen noch bestens erinnern. Richtig, sie stammen aus dem Song „Take Me Home, Country Roads“
(1971) von John Denver. Darin werden die Schönheit von West
Virginia im Allgemeinen, und die der Blue Ridge Mountains
im Besonderen besungen. Hätte sich die Country-Musik-Ikone seine Berge jedoch von North Carolina statt von Virginia
aus angesehen, dann wäre „Country Roads“ wohl nicht nur
zum Hit, sondern sogar zur Hymne geworden. Denn die besungenen „blauen Bergkämme“ zeigen ihre volle Pracht erst
in Virginias Nachbarstaat. Dort zählen sie als prominentester
Teil der Appalachen mit zu Amerikas schönsten Naturschutzgebieten und die Perle in der Auster ist die Piedmont-Region.
Eine plateauförmige Hügellandschaft am Fuße der Blue Ridge
Mountains, mit Blick sowohl auf deren Erhebungen als auch
auf das weite Land davor.
Ebendort erwarb ein kunstsinniges und naturverbundenes
Ehepaar ein wunderbares Stück Land. Nahe genug zur nächsten Großstadt, Charlotte, um per International Airport an den
Rest der Welt angeschlossen zu sein und dennoch abseits genug,
um sich der ländlichen Idylle hinzugeben. Der Wunsch, ein Gebäude zu errichten, welches dem Bedürfnis nach Offenheit samt
Landschaftsblick als auch dem Schutz der Privatsphäre gleichermaßen nachkommt, war daher das entscheidende Kriterium auf
der Suche nach dem „passenden“ Architekten.
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Straßenseitig erkennt man zu linker Hand den tiefergelegten
Garagenbereich sowie den wunderbar „aufgeräumten“ Vorplatz.
Der Blick von unterhalb des Gartens zeigt die Eleganz und
Ästhetik der ineinander ge- und verschobenen Baukörper,
die in Summe ein stimmiges Ganzes ergeben.
Im Gegensatz zum großflächigen Einsatz von Zypressenund Zedernholz, wurde für den Eingangsbereich mit
weit auskragendem Vordach Weiße Eiche verwendet.
… ALS EINZIGARTIGES UND UNVERWECHSELBARES GESAMTKUNSTWERK DARSTELLT.
Die Angebotsquantität wäre grundsätzlich kein Problem gewesen. Zahlreiche Architekten und Baumeister dieser Gegend
haben sich auf den „Appalachian Mountain Home“-Stil spezialisiert. Eine Art „Lederhosenarchitektur made in USA“, die
von außen mit viel Holz und Stein zumindest partiell zu gefallen weiß, im Inneren mit geschnitztem Allerlei, Stukkaturdecken und wuchtigen Polstermobiliar den Bogen dann doch
heftig überspannt. Ein ganz anderes Verständnis von ortsgebundener Tradition und zeitgenössischer Moderne vertritt
hingegen Rob Carlton. Der Architekt und Head von Carlton
Architecture+DesignRebuild mit Sitz in Asheville/NC wusste
schon mit seinen ersten Bauten im alpinen Bereich, Anfang
der 2000er, zu überzeugen. Vor allem Jene, die spektakulären
Minimalismus statt opulentes Spektakel präferieren.
Rechte Seite:
Durch die Verschwenkung der
Baukörper entstehen unerwartete und variantenreiche
Sichtbezüge.
Vom stirnseitig angeordneten
Büroraum (samt ausgeklapptem Schrankbett) erstreckt
sich die beeindruckende
Aussicht über gleich drei
Himmelsrichtungen.
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Architektur im Fokus
Rechts:
Abgang zur Garage, dessen
vermeintliche Beengtheit durch
das raumhohe Fenster an der
Stirnseite virtuos aufgelöst wird.
Wohnbereich mit terrassenseitiger
Mediawand. Zum Eingangsbereich
hin dient die zwischen den I-Trägern
eingespannte Trennwand samt Ablage als funktionaler Sichtschutz.
Der unmittelbar an den Wohnraum
anschließende Ess- und Kochbereich
wird zu beiden Seiten von Außengängen begrenzt. Zur Straßenseite hin
(linker Hand) ist der Gang blickdicht
gestaltet, während der rechte Gang
sich gartenseitig komplett öffnet.
DRAMATURGIE STATT INSZENIERUNG
Auf ein 12.500 m2 großes Grundstück eine Riesenranch draufzuklatschen, von deren Terrassen aus man den PanoramaMaximus-Blick hat, wäre wohl kein allzu großes Kunststück
gewesen. Doch Architekt und Bauherren strebten nach etwas
Anderem und zogen dabei am gleichen (kreativen) Strang.
Als Resultat einer 18-monatigen Bauzeit, unterstützt von gegenseitigem Gedankenaustausch vor und während des Konstruktionsprozesses, zeigt sich mit der Piedmont Residence ein
baulicher Organismus, der in seiner schlichten Eleganz das natürliche Ambiente nicht konterkariert und dennoch in seiner
gestalterischen Souveränität das Gelände enorm bereichert.
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Die Option, den Panoramablick auf das Gebirge bzw. auf den
prachtvollen Bergsee im Tal von (fast) jedem Raum des Gebäudes aus genießen zu können und außerdem die umliegenden
Wälder direkt in das Haus hereinzuholen, führte dazu, dass das
Gebäude extrem durchlässig gestaltet wurde. Dass diese offensive Transparenz trotzdem kein reines Glashaus zeitigte, liegt
u.a. in der geschickten Abfolge von offenen, geschlossenen und
halboffenen Bereichen.
Die Haupträume einfach mit großen Fensterfronten auszustatten und derart jedem Zimmer eine Art PassepartoutCharakter zu verleihen, wäre der übliche gestalterische Weg.
Doch Carlton ist keiner, der inszeniert. Er setzt vielmehr auf
die Dramaturgie eines durchdachten Konzeptes. Dieses lässt
sich schon am Grundriss ablesen: So wurde das ebenerdige
Gebäude (nur die Garage ist tiefergelegt) in drei Bereiche unterteilt. Vom mittigen Eingang straßenseitig aus zeigt sich zu
rechter Hand der Privat- und Schlafbereich. Links vom Eingang findet man den Wohn-/Ess-/Kochbereich, an den sich
wiederum der Gästebereich anschließt. Diese drei Teile sind
verschwenkt angeordnet und schlagen damit gleich zwei Fliegen mit einer Klatsche: Einerseits wird dem auf 350 m2 Grundfläche positionierten Komplex das Volumen genommen, den
ein geradliniger Monolith implizieren würde. Andererseits hat
man aufgrund der verschwenkten Bauweise stets neue Sichtbezüge und Blickwinkel auf die Landschaft. Begibt man sich
zum Beispiel vom links außen gelegenen Gästezimmer zum
am anderen Ende des Hauses befindlichen Fitnessraum, geht
man praktisch „um die Landschaft herum“ und hat sie dabei
stets im Blick. Das ist genau jene Dramaturgie, welche durch
geschickte Raumabfolge und pointiert gesetzte Gehwege geschaffen wurde.
Aber auch im Wohnbereich versteht es Carlton exzellent,
Spannung aufzubauen: Straßenseitig durch eine exakt gestaffelte Abfolge von offenen und geschlossenen
>>
Architektur im Fokus
Architektur im Fokus
Privatsphäre einmal anders. Statt dicker Vorhänge oder Jalousien regiert auch
im Master Bedroom die totale Transparenz. Vor neugierigen Blicken von außen
schützt hier ein dichter Baumbestand und das abfallende Gelände.
Ein Panoramabad in Wort, BIld und Tat. Egal, ob vor dem Waschbecken oder beim
Schaumbad in der freistehenden Wanne – hier ist man inmitten der Natur und
dennoch behüt(t)et.
Durchdachte Details, wohin man blickt. Wie hier etwa der Anschluss
des Hauses an den Garten. Beim Übergang zwischen Grün und
Mauerwerk wurde ein „Puffer“ aus Kieselsteinen angelegt,
unter dem sich eine umlaufende Drainage befindet.
Wandflächen so weit blickdicht gestaltet, dass man von außen
nur sporadisch ins Innere sehen kann, öffnet sich die Gartenfassade so transparent wie möglich. Raumhohe Fensterflächen
erlauben den Weitblick auf See und Berge, allerdings nicht von
jedem Platz im Wohnzimmer aus. Gerade hier ist der Rückzugscharakter ein wesentlicher psychologischer Wohlfühlfaktor. Genau deshalb hat Carlton diesen sensiblen Bereich nicht
bis an die Außenmauern herangeführt, sondern bewusst zurück- und einen längsseitig verglasten Außengang vorgesetzt.
Der Wohnraum als auch Teile der Küche werden zu diesem
„Gang mit Ausblick“ durch eine deckenseitig offene Trennwand-Kasten-Kombination abgegrenzt, nur im Essbereich ist
der Gang durchlässig ausgebildet, womit man während den
Mahlzeiten stets mit der vorhandenen Postkartenidylle konfrontiert wird. Schutzbedürfnis und Transparenz ziehen sich
auf diese Weise durch den ganzen Komplex. Eine Dramaturgie,
die nie langweilig wird und einen facettenreichen Austausch
zwischen gebauter und natürlicher Umgebung garantiert.
Fußboden im Master Bedroom aus heller Zypresse besteht, die
auch bei sämtlichen Fensterrahmen verwendet wird – dort jedoch, aus konstruktiven Gründen, in Verbindung mit Alu.
Der Blick aus dem Schlafzimmer zeigt den gegenüberliegenden
Wohnbereich, dessen Fassade aus I-Trägern und angerosteten
Stahlpaneelen zusammengesetzt ist. Die Dachuntersicht zeigt
sich als Mix aus verputzten Flächen und dunklem Zedernholz,
während die Hauseingangstüre aus weißer Eiche gesägt wurde.
Mehr als nur eine optische Aufwertung ist der vor dem Privattrakt gartenseitig angelegte Pool. Er ist in seiner langgestreckten Form bewusst als Schwimm- und nicht als Plantschbecken
ausgebildet, um den sportiven Bedürfnissen der Bewohner
nachzukommen. Dazu gehört auch der rundum verglaste Fitnessraum gegenüber dem Master Bedroom.
„Fit“ sind in diesem Fall jedoch sämtliche Beteiligte: Bauherren mit Sinn für kreative Lösungen einerseits und ein Architekt,
der es verstand, dem Ort seinen Stempel aufzudrücken, ohne die
vorhandene Natur zu beleidigen. Great job done. m
Auch materialmäßig weiß Carlton absolut souverän zu überzeugen. So ist etwa der Boden im Bad aus dem bekannten Tennessee „Crab Orchard“-Naturstein, während der
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Architektur im Fokus
Weitblick bei der Planung führt zum Panoramablick beim Wohnen, wie der transparente Koch-/Ess-/Wohntrakt zeigt.
Auch im Inneren: Materialvielfalt, perfekt aufeinander abgestimmt.
1 - Eingang
2 - Wohnen
3 - Essen
4 - Kochen
5 - Büro
6 - Wäsche
7 - Bibliothek
8 - Gäste-Suite
9 - Fitness
10 - Bad
11 - Schrankraum
12 - Schlafen
13 - Sportbecken
14 - Terrasse
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MAIN LEVEL FLOOR PLAN
1 - ENTRY
2 - LIVING
3 - DINING
4 - KITCHEN
5 - STUDY
6 - LAUNDRY
7 - LIBRARY
8 - GUEST SUITE
9 - EXERCISE
10 - MASTER BATH
11 - MASTER CLOSET
12 - MASTER SUITE
13 - LAP POOL
14 - TERRACE
PROJEKTDATEN
PIEDMONT RESIDENCE
NÄHE CHARLOTTE/NORTH CAROLINA/USA
ROB CARLTON
Bauzeit: 2012–2013
Bewohner: 2 Personen
Grundstücksgröße: 12.500 m2
Nutzfläche: 350 m2
Material: Zypressen- und Zedernholz, Baustahl,
natürlich verrostete Stahlpaneele (Wände innen und außen),
Holz-Alu (Fenster), Weiße Eiche Riftschnitt (Eingangstüren)
Fußböden: Holzparkett und Naturstein
(Tennessee Crab Orchard)
Heiz-/Klimasystem: Geothermisches HLK-System
(HLK = Heizung/Lüftung/Klimatechnik)
Planung & Ausführung: Carlton Architecture+DesignRebuild
Nach seinem Abschluss an der University of Tennessee in Knoxville
Mitte der 90er und nach Jahren der Praxis mit größeren Unternehmen in Tennessee und Asheville gründete Rob Carlton das Architekturbüro Carlton Architects mit der Zielsetzung den alteingesessenen „Appalachian Mountain Home“-Stil neu zu definieren. Resultat
dieser Bemühungen sind u.a. mehrere Villen, welche Tradition und
Moderne souverän verbinden.
Als lizensierter Generalunternehmer in North und South Carolina
gründete der Architekt neben seinem Gestaltungsbüro auch Carlton
DesignRebuild, welches quasi als „konstruktiver Arm“ Carltons gestalterische Visionen (in den meisten Fällen) auch umsetzt.
www.carltonarchitect.com
132 morethandesign
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