Steckbare Stromversorgung im Ex-Bereich

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Sicherheit mit System
Steckbare Stromversorgung im Ex-Bereich
Ein neues System elektrischer Steckvorrichtungen von 10 A bis 125 A ermöglicht in explosionsgefährdeten Bereichen erstmals die
schnelle und kostengünstige Wartung aller elektrischer Betriebsmittel ohne Freischalten, Abklemmen oder Heißarbeitserlaubnis.
Wolfgang Twiste M.A.
Explosionsgeschützte
Steckvorrichtungen von 10 A bis 125 A
Das Problem ist trotz seiner Größe schnell
umschrieben. Die in explosionsgefährdeten Bereichen eingesetzten
elektrischen Betriebsmittel müssen so mit
elektrischer Energie versorgt werden,
dass hierbei die Zündung der sie umgebenden Atmosphäre auf keinen Fall
erfolgen kann. Diese Voraussetzungen
werden von allen bewährten Ex-Anschluss- und Verteilersystemen
erntsprechend den einschlägigen Normen
erfüllt. Problematisch wird es jedoch,
wenn die angeschlossenen elektrischen
Betriebsmittel ausgetauscht, repariert
oder gewartet werden müssen. Hierfür
sind in der Regel aufwändige Vorbereitungen wie das sichere Freischalten des
Elektroanschlusses, das Abklemmen oder
gar das Unterbinden der explosionsfähigen Atmosphäre durch betriebliche
Maßnahmen, das im Allgemeinen durch
eine Heißarbeitserlaubnis bescheinigt
wird, erforderlich. Derartige Maßnahmen
sind notwendig, da beim Abklemmen der
Betriebsmittel der Explosionsschutz des
Anschlusses nicht mehr wirksam ist und
somit ein Gefährdungspotenzial besteht.
Durch den konsequenten Einsatz explosionsgeschützter Steckvorrichtungen,
die während des Betriebes einer Anlage
auch bei Volllast verbunden oder getrennt
werden können, werden nicht nur diese
Probleme elegant gelöst.
Durch einfaches Ziehen der Steckvorrichtung werden die Betriebsmittel
jederzeit sichtbar und sicher von der
Stromversorgung getrennt, wodurch die
persönliche Sicherheit des Wartungspersonals erheblich erhöht wird.
Da hierbei für den mechanischen Ausund Einbau der Betriebsmittel vor Ort
auch keine elektrotechnischen Arbeiten
anfallen, können diese Arbeiten komplett
durch einen Betriebsschlosser ausgeführt
werden. Rechnet man alle Faktoren
zusammen, so ergibt sich neben dem
erheblichen Gewinn an Arbeitssicherheit
und den wesentlich geringerer Ausfallzeiten der Produktion ein Einsparpotential
von rund 68 Prozent (Kosten/NutzenRechnung der CEAG Sicherheitstechnik
GmbH, Mai 2003, für eine Musteranlage
mit 2000 PLT-Stellen und 15-jähriger
Laufzeit).
Explosionsgeschützte Steckvorrichtungen
für große elektrische Betriebsmittel für
Ströme zwischen 16 A und 125 A befinden
sich schon lange auf dem Markt. Bei
diesen Betriebsmitteln sind Stecker und
Buchsen im gezogenen Zustand
spannungsfrei.
Wird nun ein Stecker in eine Steckdose
eingeführt, so ist durch konstruktive
Maßnahmen gewährleistet, dass erst nach
dem vollständigen Kontaktieren zwischen
Buchse und Stift die Spannung für die
Buchse freigeschaltet wird und somit
Strom fließen kann. Beim Trennen der
Steckverbindung wird in umgekehrter
Reihenfolge erst die Buchse spannungsfrei geschaltet, bevor der Stecker herausgezogen werden kann. Somit ist ein
Abrissfunke vollständig ausgeschlossen.
Während bei den großen Steckvorrichtungen das Schalten über einen
separaten Lasttrenner erfolgt, der erst
nach dem Verriegeln des Steckers in der
Buchse zur Betätigung freigegeben ist,
wird bei kleineren Steckvorrichtungen
dieser Schaltvorgang direkt durch das
Verriegeln des Steckers in der Steckdose
ausgelöst. In allen Fällen kommen hierbei
hochwertige Schaltwerke zum Einsatz, die
auch bei Volllast der angeschlossenen
induktiven Verbraucher voll funktionsfähig sein müssen (AC-3 Schaltvermögen).
Über parallel betriebene Hilfskontakte
können derartig konstruierte Steckvorrichtungen auf ihren Zustand hin überwacht und dadurch in den Produktionsablauf integriert werden.
Da eine feste Installation elektrischer
Antriebe im Ex-Bereich bei Wartung und
Reparatur immer wieder für erhebliche
Kosten sorgt (Freischalten, Abklemmen,
Heißarbeitserlaubnis), werden in modernen Industrieanlagen immer mehr Antriebe über Steckvorrichtungen mit Energie
versorgt
Durch einfaches Abziehen der Stecker lassen sich die Antriebe sichtbar stromlos
schalten (Quelle: Bayer AG)
Die Vorteile einer solchen Installation sind
bestechend: So ist nach dem Ziehen der
Stecker eine sichtbare allpolige Trennung
der Antriebe vom Stromnetz gegeben,
wodurch bei einem Austausch von
baugleichen elektrischen Antrieben weder
eine Elektrofachkraft, noch eine Heißarbeitserlaubnis erforderlich ist. Neben
dem wesentlich verbesserten Arbeitsschutz bedeutet dies vor allem eine
immense Zeitersparnis, die bei laufendem
Betrieb entscheidend sein kann. Ferner
können dabei über eine eigensichere
Stromschleife (NAMUR Signal) der
aktuelle Schaltzustand der Steckvorrichtung via Hilfskontakt und Remote I/O
ständig dem zentralen Leitsystem mitgeteilt werden. Hierdurch ist es möglich
Prozessabläufe zu steuern und zum
Beispiel bei einer Notabschaltung den
Prozess kontrolliert herunterzufahren bzw.
das Auslösen bestimmter Prozessabläufe
zu verhindern oder die betroffenen Teile
der Prozesstechnik freizufahren.
Für die Ansteuerung frequenzgeregelter
Antriebe können auch Steckdosenkombinationen eingesetzt werden. Hierbei
verfügt das Steckdosengehäuse sowohl
über eine 4-polige Flanschsteckdose für
die Stromversorgung der Antriebe als
auch über eine 3-polige Kleinspannungssteckdose für die TMS. Auch hier kann
die Steckdosenkombination über eigensicher angesteuerte Hilfskontakte mit
äußerst geringem Übergangswiderstand
Steckdosenkombination mit Flanschsteckdose 4-polig 500 V (32 A) zur
Energieversorgung des Antriebs und
3-polig 24 V (16 A) für die TMS. Deutlich zu sehen ist auch die blaue Anschlussleitung für den eigensicheren
Hilfskontakt.(Quelle: Bayer AG)
Versuchsanordnung zum Test der Schaltkontakte explosionsgeschützter
Steckvorrichtungen
und Widerstandskombination auf ihre
Schaltzustände überwacht werden
(NAMUR Signal). Bei dieser Anschlussart
müssen drei recht unterschiedliche
Spannungsbereiche in nur einem Gehäuse
realisiert werden. Besonders wichtig bei
der Ansteuerung frequenzgeregelter
Antriebe ist natürlich das volle AC-3
Schaltvermögen, da die Belastung der
Kontakte bei abnehmender Frequenz stark
zunimmt. Messreihen eines namhaften
Schaltgeräteherstellers ergaben, dass bei
der üblichen Netzfrequenz von 50 Hz der
Abschaltfunke max. 2 Millisekunden
ansteht.
Mit abnehmender Frequenz verlängert
sich diese Zeitspanne, was bei herkömmlichen Schaltern zu Beschädigungen und
gegebenenfalls auch zur Zerstörung der
Kontakte führen kann (siehe hierzu:
CEAG Sicherheitstechnik GmbH, Untersuchung von Sicherheitsschaltern und
Steckvorrichtungen an frequenzumrichtergesteuerten Antrieben, Eberbach
2001).
Ein weiteres wichtiges Kriterium zum
Einsatz dieser Steckvorrichtungen ist der
Hilfskontakt, mit dem der jeweilige
Zustand der Steckvorrichtung (gezogen
oder gesteckt) über eine eigensichere
Stromschleife (NAMUR Signal) an ein
Busmodul übertragen werden kann. Da in
eigensicheren Stromkreisen nur äußerst
geringe Ströme fließen (ca. 1-2 mA)
müssen diese Kontakte einen gegen Null
strebenden Übergangswiderstand sicher
gewährleisten. Hierfür bieten sich Goldspitzkontakte an, die auf Grund ihres
korrosionsfreien Kontaktmaterials diese
hohen Anforderungen erfüllten. Für die
Gestaltung des Gehäuses ist es wichtig,
dass die Mindestabstände zu den anderen spannungsführenden Teilen der
Steckvorrichtung sicher eingehalten
werden. Für den Anschluss an das
Bussystem der Leittechnik können z.B.
Remote I/O für binäre Eingangssignale
eingesetzt werden.
Aktoren und Sensoren mit einer Stromaufnahme von bis zu 10 A wurden bisher
immer direkt über eine feste Installation
angesteuert. Diese An-schlussart führte
auch bei diesen Geräten mit
vergleichsweise geringer Leistungsaufnahme zu genau den gleichen Problemen bei Reparatur und Wartung wie bei
den oben beschriebenen großen Antrieben. Durch die erheblich größere Anzahl
solcher Anschlusspunkte ist das Problem
hier quantitativ jedoch wesentlich höher
Steckvorrichtungen bis 32 A im
Außenbereich (Quelle: Bayer AG)
Anschluss eines Sensors über eine explosionsgeschützte Steckvorrichtung.
zu bewerten. Doch auch für diesen
Bereich der explosionsgeschützten
Elektroinstallation gibt es seit diesem Jahr
eine Lösung.
Die beiden größten Gerätehersteller für
den Ex-Bereich stellten auf der Achema
2003 erstmals ein voll kompatibles
Steckvorrichtungssystem für Ströme bis
zu 10 A vor. Dieses System ist auch im ExBereich unter Last jederzeit steck- und
Steckvorrichtung für einen zuverlässigen
Explosionsschutz. Dies wird erreicht, in
dem sich der Vorgang des Trennens und
Verbindens in drei Bewegungsabschnitte
gliedert. Zunächst wird beim Einstecken
des Steckers in die Steckdose bis zum
Anschlag eine mechanische Verbindung
der Komponenten hergestellt und der
druckfest gekapselte Raum um die
Steckerstifte geschlossen. Danach wird
der Stecker um ca. 30° im Uhrzeigersinn
bis zur Begrenzung gedreht.
Nun erst kann der Stecker vollständig
eingesteckt und die elektrischen Kontakte
geschlossen werden.
Dieser dreistufige Ablauf sorgt zuverlässig für eine sichere elektrische und
mechanische Verbindung, die anschließend durch eine Überwurfmutter gesichert und in der hohen Schutzart IP 68
abgedichtet wird.
Die Vorteile dieses neuen Steckverbindungssystems für den Ex-Bereich
sind enorm. So kann zum Beispiel das
Wartungspersonal Feldgeräte bei Wartung und Reparatur ohne fremde Hilfe vor
Ort austauschen. Das hat neben dem
geringeren Personaleinsatz vor allem eine
erhebliche Zeiteinsparung zur Folge, was
besonders bei laufendem Betrieb zu
Buche schlägt. Weitere Vorteile entstehen
jedoch auch bei der Neuinstallation oder
der Erweiterung von Anlagen. Durch
vorkonfektionierte Anschlusskabel
entfällt das zeitaufwändige und, je nach
Montageort teils sehr schwierige Anklemmen der Betriebsmittel vor Ort. Ferner
können vormontierte Betriebsmittel wie
Rührer, Pumpen, Ventile oder Leuchten
auch noch bei laufendem Probebetrieb
über vorkonfektionierte Kabel angeschlossen und getrennt werden.
Auch nachträgliche Änderungen der
Installation sind bei Einsatz von Steckverbindungssystemen ohne weiteres
möglich, was zu einer erheblichen
Flexibilisierung der Anlage führt.
Fazit:
Durch den konsequenten Einsatz explosionsgeschützter Steckvorrichtungen
beim Anschluss elek-trischer Betriebsmitel in explosionsgefährdeten Bereichen
werden die Arbeits- und Betriebssicherheit erhöht und die Kosten nach-haltig
gesenkt. Auch während des lau-fenden
Betriebes einer hochkomplexen Chemieanlage können alle so angeschlossenen
Betriebsmittel für Reparatur- und
Wartungsarbeiten in kürzester Zeit
allpolig und sichtbar vom Netz getrennt
und gegen baugleiche Betriebsmittel
ausgetauscht werden. Freischalten,
Abklemmen oder eine Heißarbeitserlaubnis ist dabei nicht erforderlich.
Feldgerät mit explosionsgeschützter
Steckvorrichtung in Messing, vernickelt.
trennbar. Es hat darüber hinaus den
großen Vorteil, besonders kompakte
Gehäusemaße zu besitzen und daher in
allen gängigen Feldgeräten eingebaut
werden zu können. Das System bietet
unter anderem Flanschsteckdosen,
Gerätestecker, Winkelstücke, Stecker und
Kupplungen. Diese kompakten Bauteile
verfügen über keine Schaltkontakte, die
die Buchsen der Steckdosen und Kupplungen in getrenntem Zustand
spannungsfrei schalten, sondern sorgen
mit einer druckfesten Kapselung der
Kontakte während der Betätigung der
Pumpenraum mit Steckvorrichtungen bis 32 A (Quelle: Bayer AG)
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