Elektromagnetismus

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Kapitel 10
Elektromagnetismus
10.1 Einführung
Der Elektromagnetismus wird heutzutage mit der Maxwellschen1
Feldtheorie behandelt. Eine Feldtheorie ist eine Theorie, die das Verhalten von Feldern beschreibt. Die Maxwellschen Gleichungen
beschreiben die Dynamik elektrischer und magnetischer Felder. Sie
haben für die Elektrodynamik eine ähnliche Bedeutung wie die Newtonschen Axiome für die klassische Mechanik.
Die Maxwellschen Gleichungen fassen in einer kompakten
mathematischen Formulierung alle Gesetze der Elektrodynamik zusammen. Sie setzen die elektrischen und magnetischen
“Vektorfelder” mit ihren “Quellen” in Beziehung.
427
Im Prinzip können alle elektromagnetischen Phänomene mit Hilfe
dieser Gleichungen erklärt werden. In der Praxis ist die Lösung der
1. James C. Maxwell (1831-1879)
Physik
428
Elektromagnetismus
Maxwellschen Gleichungen oft schwierig, und in diesen Fällen sucht
man numerische Lösungen der Gleichungen.
10.2 Das elektrische Feld
10.2.1 Definition
1 qQ r
4πε 0 r 2 r
In Kap. 6.6 haben wir die Coulombsche (elektrostatische) Kraft eingeführt. Die elektrische Kraft, die die Punktladung Q auf eine Punktladung q ausübt, ist gleich
F=
wobei ε0 die elektrische Feldkonstante, und r der Ortsvektor der
Ladung q ist. Der Ursprung des Koordinatensystems ist der Mittelpunkt der Ladung Q. Wir definieren das elektrische Feld der Punktladung Q als
1 Qr
F (r )
=
E (r ) ≡
4πε 0 r 2 r
q
Das Feld entspricht der Kraft, die eine Ladung q in diesem Feld
erfährt, dividiert durch ihre Ladung. Das Feld erklärt die Kraftwirkung auf eine endliche Distanz.
Wir sagen, dass die Punktladung Q ein elektrisches Feld im
ganzen Weltraum erzeugt. Im Allgemeinen erzeugt eine Punktladung ein elektrisches Feld in jedem Punkt des Weltraums um
sie. Dieses Feld übt eine elektrische Kraft auf eine zweite
Ladung q an deren Ort aus.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das elektrische Feld
Die zweite Ladung q spürt den lokalen Wert des Feldes und spürt
damit eine Kraft gleich
F ( r ) = qE ( r )
E
F = qE
E
q<0
Die Beziehung zwischen der Kraft und dem elektrischen Feld.
F = qE
q>0
Für eine positive Ladung q zeigt die Kraft in die Richtung des Feldes.
Für eine negative Ladung zeigt sie in entgegengesetzter Richtung.
Siehe Abb. 1.
Figur 1.
E
E
E
–Q
E
E
429
E
Definitionsgemäss zeigt das elektrische Feld einer positiven Ladung
weg von der Ladung und zu einer negativen hin. Siehe Abb. 2.
Positive Ladung
Negative Ladung
+Q
Das elektrische Feld einer positiven und einer negativen
Punktladung.
Figur 2.
Physik
430
Elektromagnetismus
10.2.2 Elektrische Feldlinien
Feldlinien liefern eine graphische Darstellung vom elektrischen Feld.
Sie werden so definiert:
Die Feldlinien folgen in allen Punkten des Raumes der Richtung des Feldes.
Die elektrischen Feldlininen beginnen bei positiven Ladungen und
enden bei negativen Ladungen oder im Unendlichen.
An einem bestimmten Punkt im Raum ist die “Liniendichte” zur
Stärke des Feldes an diesem Punkt proportional.
Um eine einzelne Punktladung sind die Feldlinien kugelsymmetrisch verteilt.
Die Anzahl der Feldlinien um eine Punktladung ist zur Grösse der
Ladung proportional.
Wir beginnen mit den elektrischen Feldlinien und erwähnen die folgenden Regeln:
1.
2.
3.
4.
E
E
Feldlinien
+Q
E
Die elektrischen Feldlininen einer Punktladung sind z.B. in der
Abb. 3 gezeigt.
E
Elektrisches Feld
+Q
Die Beziehung zwischen dem elektrischen Feld und den Feldlinien.
Die Feldlinien folgen in jedem Punkt des Raumes der Richtung des Feldes.
Figur 3.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das elektrische Feld
E
–Q
431
Demonstrationsexperiment: Elektrische Feldlinien
Ein System aus zwei gleich grossen Ladungen mit entgegengesetzten
Vorzeichen und in relativ kleinem Abstand voneinander heisst elektrischer Dipol.
Zwei Kreisscheiben werden positiv und negativ geladen und erzeugen damit das elektrische Feld eines Dipols. Mit Pulver kann eine
graphische Darstellung der Feldlinien gewonnen werden. Siehe
Abb. 4.
+Q
Elektrische Feldlinien eines Dipols. Die Linien gehen von der
positiven zur negativen Ladung.
Figur 4.
Physik
432
Elektromagnetismus
10.2.3 Elektrische potentielle Energie und elektrisches
Potential
1 qQ
4πε 0 r
Wir haben von der elektrischen potentiellen Energie schon in
Kap. 6.7 gesprochen (Siehe auch Kap. 4.13), als wir das klassische
Atom-Modell betrachtet haben. Wir haben dort bewiesen, dass wenn
sich die Punktladungen q und Q im Abstand r voneinander befinden,
die elektrische potentielle Energie gegeben ist durch
E e pot ( r) =
Die potentielle Energie hängt nur vom Betrag des Abstandes zwischen den Ladungen ab.
Das elektrische Potential (eine Zahl) wird definiert als
E e (r )
V ( r ) ≡ pot
⇔ E epot ( r ) ≡ qV ( r )
q
A
Wenn sich eine Ladung q längs eines Weges von einem Punkt A zu
einem anderen Punkt B bewegt, ist die Arbeit, die vom elektrischen
Feld geleistet wird,
B W = ∫ F .dr = −( E e pot ( rB ) − E e pot ( rA )) = −q(V ( rB ) − V ( rA ))
Damit:
e
e
B (
E
r
pot
B ) − E pot ( rA )
= −(V ( rB ) − V ( rA ))
E .dr = −
q
A
∫
Wir können daher den elektrischen Potentialunterschied zwischen zwei Punkten als die Arbeit definieren, die ein elektrisches Feld leistet, wenn es eine Einheitsladung von einem
Punkt zu einem anderen bewegt.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das elektrische Feld
Elektromagnetismus
2
r2
Magnetisches Feld
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Elektrisches Feld
Quelle der Felder: (Links) Magnetfeld eines Stabmagnets. (Rechts)
Elektrische Feldlinien einer Punktladung.
Figur 6.
Die Bereiche eines Körpers, in denen der Magnetismus konzentriert
zu sein scheint, werden als magnetische Pole bezeichnet. Experimentell beobachtet man, dass es zwei Arten von magnetischen Polen
gibt, die mit den Buchstaben N und S definiert werden. In Abb. 6 werden die Feldlinien und die Pole eines Stabmagnets gezeichnet.
Heute werden leicht Permanentmagnete gebaut. Sie sind direkte
Nachfahren der natürlichen Magnete.
Kleine Eisenstückchen, die sich natürlich anziehen konnten, wurden
schon Jahrhunderte vor Christus entdeckt. Mit der Entdeckung von
natürlichen Magneten begann die Wissenschaft vom Magnetismus.
Der Name Magnetismus leitet sich von der Provinz Magnesia in
Kleinasien ab, wo der Effekt zum ersten Mal erkannt wurde.
10.3.1 Der Magnetismus
10.3 Das magnetische Feld
U
1
434
Einheit: das Volt (V) wird definiert als ein Joule pro Coulomb
Energie] J
= =V
[Ladung] C
[V ] = [
D.h., es besteht zwischen Punkten ein Potentialunterschied von einem
Volt, wenn das elektrische Feld bei der Bewegung einer Ladung von
einem Coulomb von einem Punkt zu einem anderen eine Arbeit von
einem Joule leistet.
10.2.4 Die elektrische Spannung
Die elektrische Spannung ist gleich dem Potentialunterschied zwischen zwei Punkten (Siehe Abb. 5):
U AB ≡ V ( rA ) − V ( rB )
–
+
433
Einheit: Die Einheit der Spannung ist das Volt (d.h. dieselbe wie die
des Potentials).
Volt
meter
r1
Figur 5. Ein Voltmeter misst den Potentialunterschied zwischen zwei
Punkten. Die gestrichelten Linien sind die Äquipotentiallinien, d.h. die
Linien gleichen Potentials.
Physik
Das magnetische Feld
Elektromagnetismus
1.
2.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das Magnetfeld eines Stroms durch einen langen Draht ist in Abb. 7
gezeigt. Wir betrachten eine Ebene senkrecht zum Draht. Die Feldlinien in dieser Ebene sind konzentrische Kreise. Das Magnetfeld ist in
jedem Punkt der Kreise tangential. Wegen der Symmetrie des Drahts
zeigen die Feldlinien für jede Ebene senkrecht zum Draht konzentrische Kreise, unabhängig von der Position der Ebene entlang des
Drahtes.
10.3.4 Magnetisches Feld eines Stroms durch einen
langen Draht
Um ein Magnetfeld zu erzeugen, werden bewegte Ladungen
gebraucht. Wir betrachten dafür verschiedene geometrische Konfigurationen von elektrischen Strömen (Siehe Kap. 10.5). Wir schauen
die Feldlinien der erzeugten Felder mit Hilfe von Eisenpulver an.
Demonstrationsexperiment: Magnetfeldlinien
die elektrischen Feldlinien immer auf positiven Ladungen beginnen und auf negativen Ladungen enden. Weil es keine “magnetische Ladung” in der Natur gibt, gibt es keine Punkte im Raum, an
denen die magnetischen Feldlinien anfangen oder enden. Deshalb
bilden die magnetischen Feldlinien geschlossene Schleifen.
die Kraft, die ein elektrisches Feld auf eine Ladung ausübt, wirkt
längs der Feldlinien. Im Gegensatz dazu wirkt die Kraft des
magnetischen Feldes nur auf eine bewegte Ladung und zwar senkrecht zum B-Feld und zur Bewegungsrichtung (Siehe Kap. 10.4.1).
Es gibt zwei wesentliche Unterschiede zwischen elektrischen und
magnetischen Feldlinien. Wir bemerken dazu, dass
436
10.3.2 Elektrische Ladung und magnetisches Feld
Wir bemerken, dass eine Punktladung Q ein elektrisches Feld E in
jedem Punkt des Weltraums um sie erzeugt. Das elektrische Feld übt
die elektrische Kraft qE auf eine zweite Ladung q an deren Ort aus:
F ( r ) = qE ( r )
Wie wird ein magnetisches Feld erzeugt und was ist die Wirkung des
magnetischen Felds auf eine elektrische Ladung?
Eine bewegte Punktladung Q übt eine magnetische Kraft auf
eine zweite bewegte Ladung q aus. Diese Wechselwirkung
wird mit der Anwesenheit eines magnetischen Feldes B in
jedem Punkt des Weltraums erklärt. Das magnetische Feld
wird von der bewegten Ladung Q erzeugt.
Die elektrische und magnetische Wechselwirkung sind zwei verschiedene Aspekte einer Eigenschaft der Materie, ihrer Ladung. Man hat
nie eine “magnetische Ladung” (sogenannte Monopole) in der Natur
beobachtet. Die genaue Form der elektromagnetischen Kraft ist durch
die Lorentz-Kraft gegeben (Siehe Kap. 10.4.1).
10.3.3 Magnetische Feldlinien
Genau wie das elektrische Feld durch elektrische Feldlinien graphisch dargestellt werden kann, kann das magnetische Feld durch
magnetische Feldlinien (oder Induktionslinien) illustriert werden.
1.
2.
435
Wie bei einem elektrischen Feld gibt die Tangente in einem Punkt
an eine Induktionslinie die Richtung von B in diesem Punkt an.
Die Anzahl der Linien durch eine Fläche, die senkrecht zu den
Induktionslinien verläuft, d.h. die Dichte der Linien, ist zum
Betrag von B proportional.
Physik
Feldlinien eines Stroms durch einen vertikalen Draht.
Das magnetische Feld
Figur 7.
10.3.5 Magnetisches Feld eines Strom durch einen Ring
437
Die Feldlinien eines Magnetfelds, das ein Strom durch einen Ring
erzeugt, sind in Abb. 8 dargestellt. Wir betrachten eine Ebene senkrecht zur Ebene des Ringes. In der Nähe des Drahtes sind die Feldlinien in dieser Ebene gleich wie im Fall des einzelnen Drahtes, d.h. sie
sind konzentrische Kreise um den Draht. Im Ring ist das resultierende Feld gleich der Summe der Felder, die der Ring erzeugt. Als
Folge sind die Feldlinien desto weniger gekrümmt, je näher sie dem
Zentrum des Rings sind. Die Feldlinie, die das Zentrum des Rings
durchquert, ist geradlinig. Siehe Abb. 8.
Physik
438
Feldlinien eines Stroms durch einen Ring.
Elektromagnetismus
Figur 8.
10.3.6 Magnetisches Feld eines Solenoids
Magnetfeld eines Stroms durch ein Solenoid.
Die Feldlinien eines Solenoids sind in Abb. 9 gezeigt. Man kann ein
Solenoid bauen, indem man viele Ringleiter dicht zueinander bringt.
Das kann man z.B. mit vielen Windungen eines einzigen Drahtes
erreichen, wie in Abb. 9 gezeigt wird. Wegen der grossen Anzahl der
Windungen ist das Feld im Innern des Solenoids fast homogen und
parallel zur Achse des Solenoids gerichtet.
Figur 9.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Elektrische Ladung in elektrischen und magnetischen Feldern
Elektromagnetismus
)
1 T = 10 4 G
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
2. H. Lorentz (1853-1928).
Die Feldstärke des Erdmagnetfeldes ist ungefähr 10–4 T. Die Feldstärke eines Elektromagnets ist ungefähr 1-2 T. Supraleitende Elektromagneten können Feldstärken von ungefähr 10 T erreichen. Da das
Erdmagnetfeld eine Grössenordnung ≈10–4 T hat, benutzt man auch
das Gauss (G):
⎤
Kraft
N
≡T
[B] = ⎣⎢⎡ Ladung.Geschwindigkeit
⎥=
⎦ C ( m / s)
Die Einheit des magnetischen Feld ist das Telsa (T)
(Newton dividiert durch Coulomb).
Kraft ⎤ N
[ E ] = ⎣⎢⎡ Ladung
⎥=
⎦ C
Einheit: im SI-System ist die Einheit des elektrischen Feld gleich
wobei E das elektrische Feld und B das magnetische Feld
ist. Diese Form der elektromagnetischen Kraft heisst die Lorentz-Kraft2.
(
Die allgemeine elektromagnetische Kraft ist gleich
F ≡ FE + FB = q E + v × B
Lorentz − Kraft
der nur auf bewegte Ladungen wirkt und vom magnetischen Feld
abhängt.
440
10.3.7 Magnetisches Feld eines Torus
Feldlinien eines Stroms durch einen Torus.
Eine spezielle Konfiguration eines Solenoids ist der Torus, bei dem
die Windungen eines Solenoids zu einem Kreis geschlossen werden.
Siehe Abb. 10. Bei dieser Anordnung ist das meiste des Magnetfelds
auf das Innere des Torus begrenzt. Wir bemerken tatsächlich, dass das
Magnetfeld im Zentrum des Torus verschwindet.
Figur 10.
10.4 Elektrische Ladung in elektrischen
und magnetischen Feldern
10.4.1 Die Lorentz-Kraft
439
Die allgemeine Form der elektrischen und magnetischen (d.h. elektromagnetischen) Kraft, die auf eine elektrische Punktladung q ausgeübt wird, enthält zwei unterschiedliche Terme: der elektrische
Term, der vom elektrischen Feld abhängt, und der magnetische Term,
Physik
Elektrische Ladung in elektrischen und magnetischen Feldern
Magnetische Kraft. Wir betrachten den magnetischen Term der Lorentz-Kraft. Wir bemerken, dass
1.
2.
3.
die Kraft proportional zur Geschwindigkeit ist. Auf ein ruhendes
Teilchen wirkt keine magnetische Kraft.
Die Kraft senkrecht zur Bewegungsrichtung und zur Richtung des
Feldes wirkt.
Der Betrag der magnetischen Kraft ist gleich
FB = q v B sin α
B
v
+q
wobei α der Winkel zwischen v und B ist.
Siehe Abb. 11.
Fmag
Figur 11. Die magnetische Kraft wirkt senkrecht zur Ebene, die durch die
Geschwindigkeit und das Feld definiert ist.
10.4.2 Beschleunigung durch ein elektrisches Potential
1 eV ≡ (e) Joule = 1, 602 × 10 −19 J
441
Wir haben die Definition des Elektronvolts schon in Kap. 6.3.2
erwähnt:
Physik
442
Elektromagnetismus
Wir bemerken, dass die gesamte Energie eines Teilchens ausgedrückt
werden kann als
E = m0c 2 + E kin + E pot
= γm0c 2 + qV ( r )
1
≈ m0c 2 + m0v 2 + qV ( r ) wenn v << c
2
Das Elektronvolt ist deshalb gleich der gesamten Energiezunahme,
wenn ein Teilchen mit der Elementarladung e durch einen Potentialunterschied von 1 Volt beschleunigt wird.
10.4.3 Bewegung einer Punktladung in einem
elektrischen Feld
Unter der Wirkung der elektrischen Kraft erfährt ein Teilchen der
Ladung q und Masse m die Beschleunigung
q F = qE = ma ⇒ a = E
m
Wir bemerken, dass die Geschwindigkeit von geladenen Elementarteilchen wie Elektronen oder Protonen in elektrischen Feldern oft so
hoch ist, dass wir die relativistische Masse benutzen müssen
q E
a=
γm0
10.4.4 Bewegung einer Punktladung in einem
magnetischen Feld
Die Wirkung des magnetischen Feldes ist immer senkrecht zur Bewegungsrichtung. Es folgt, dass durch die Wirkung des magnetischen
Feldes ein Teilchen nur die Richtung und nicht den Betrag seiner
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Elektrische Ladung in elektrischen und magnetischen Feldern
Geschwindigkeit ändert. Daher ist die an einem Teilchen von der
magnetischen Kraft verrichtete Arbeit immer null:
F⊥v ⇒ W = F ⋅ ∆r = F ⋅ v ∆t = 0
Das magnetische Feld leistet somit keine Arbeit an dem Teilchen und
hat keinen Einfluss auf seine kinetische Energie.
γm0v 2
r
⇔
r=
γm0v
qB
Wir betrachten ein homogenes magnetisches Feld. Wenn sich ein
Teilchen genau senkrecht zum Feld bewegt, so beschreibt das Teilchen eine Kreisbahn. Siehe Abb. 12. Die magnetische Kraft wirkt als
eine Zentripetalkraft
qvB =
v
–q
B zeigt aus
der Blattebene heraus
Homogenes magnetisches Feld
wobei r der Radius der Kreisbahn, m0 die Ruhemasse des Teilchens,
und v die Geschwindigkeit des Teilchens ist.
Bahnkurve
F
F = (–q) v X B
443
Die Ablenkung eines Elektrons in einem homogenen magnetischen
Elektronquelle
Figur 12.
Feld.
Physik
444
Elektromagnetismus
Demonstrationsexperiment: Elektronenturbine
In diesem Experiment wurde die Krümmung von Elektronen in
einem äusseren Magnetfeld direkt beobachtet. Elektronen werden
von einem heissen Draht extrahiert. Sie werden mit einer Spannung
von ungefähr 20 kV beschleunigt. Das Magnetfeld wird mit Hilfe
zweier Helmoltz-Spulen erzeugt (Siehe die Spule in Abb. 13), durch
welche ein Strom fliesst. Das Feld hat einen Wert von 27 Gauss. Die
Bahnkurve der Elektronen wird mit einem Fluoreszenzschirm nachgewiesen. Man beobachtet die Abhängigkeit des Radius der Kreisbahn vom Magnetfeld. Wenn die Feldstärke erhöht wird, wird der
Radius kleiner: wie erwartet, ist die Kraft, die auf die Elekt-ronen
wirkt und sie ablenkt, zum Feld proportional.
Figur 13. Krümmung der Elektronenbewegung im Magnetfeld. Die
magnetische Feldstärke ist ungefähr 27 Gauss.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Der elektrische Strom
10.5 Der elektrische Strom
10.5.1 Definition
dQ
dt
Wenn eine bestimmte Menge elektrische Ladung in einem gegebenen
Zeitintervall durch eine Querschnittsfläche tritt, fliesst ein elektrischer Strom durch die Fläche. Wenn der Ladungsfluss zeitlich nicht
konstant ist, so wird die elektrische Stromstärke mit der Zeit variieren, und man definiert die momentane elektrische Stromstärke als
I ( t) ≡
wobei dQ die Ladungsmenge ist, die in der Zeit dt durch die Fläche A
tritt. Man benutzt die historische Konvention, dass die positive
Stromrichtung der Flussrichtung der positiven Ladungen folgt.
Die Stromdichte j wird als die Stromstärke pro Flächeneinheit definiert:
Stromdichte:
I
j=
A
Einheit: im SI-System wird die Stromstärke in Ampere3 (A) gemessen
1 A =1 C /s
=
A
m2
445
und die Stromdichte entspricht einer Stromstärke pro Flächeneinheit:
Ladung ]
C
=
[ j] = [
[ Zeit ][ Fläche] s.m 2
3. A. Ampère (1775-1836).
Physik
446
Elektromagnetismus
10.5.2 Mikroskopische Beschreibung
Die erste mikroskopische Beschreibung des elektrischen Stroms
wurde im Jahre 1900 von Drude gefunden. Nach seinem klassischen
Modell der elektrischen Leitung ist ein Leiter ein dreidimensionales Ionengitter, in dem sich Elektronen bewegen können.
Wenn es kein äusseres elektrisches Feld gibt, verhalten sich die Elektronen wie die Moleküle eines Gases in einem Behälter. Die freien
Elektronen sind mit den Gitterionen im thermodynamischen Gleichgewicht und tauschen durch Stösse Energie und Impuls mit ihnen aus.
vD ≡ − µ E
Wenn ein äusseres elektrisches Feld auf ein Elektron die Kraft eE
ausübt, werden die freien Elektronen beschleunigt. Das äussere elektrische Feld ist deshalb für die Driftbewegung verantwortlich und es
gilt
–
VD
–
+
+
–
+
–
+
–
+
–
+
wobei µ die Beweglichkeit der Elektronen, und vD die sogenannte
Driftgeschwindigkeit ist. Die Driftgeschwindigkeit ist proportional
zum elektrischen Feld. Die Richtung der Elektronenbewegung ist zur
Richtung des Feldes parallel, zeigt aber in entgegengesetzer Richtung. Siehe Abb. 14.
+
E
Figur 14. In einem Leiter wandern die Elektronen entgegen der Richtung
des elektrischen Feldes.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Der elektrische Strom
Wäre die Bewegung der Elektronen durch die Stösse nicht behindert,
so würden die Elektronen permanent mit einer Beschleunigung (–eE/
me) beschleunigt. Die Driftgeschwindigkeit spielt daher die Rolle
einer Grenzgeschwindigkeit.
Um die Stromstärke zu bestimmen, bemerken wir, dass jedes bewegte
Elektron eine Ladung q=–e hat, und dass es sich mit der Driftgeschwindigkeit vD bewegt. Wenn die Dichte der beweglichen Elektronen gleich n ist, dann ist die Stromsträrke, die durch eine Fläche A
fliesst, gleich
∆Q (− e)n ( AvD ∆t )
I=
=
= − enAvD
∆t
∆t
weil im Zeitintervall ∆t alle Ladungen, die sich im Volumen AvD∆t
befinden, durch die Fläche A fliessen. In vektorieller Form erhalten
wir:
I = − enAvD
10.5.3 Kraft auf einen elektrischen Strom
447
Ein elektrischer Strom besteht aus einer Ansammlung sich bewegender Ladungen. Wir erwarten daher, dass ein Magnetfeld auch auf
einen Leiter, durch den ein Strom fliesst, eine Ablenkungskraft ausübt.
Auf ein einzelnes Elektron wirkt eine Kraft gleich
f = qv × B = (−e)v D × B
Physik
448
Elektromagnetismus
Die Gesamtkraft auf einen Leiter der Querschnittsfläche A und Länge
L ist:
F = ALn(− e)vD × B = L ( − enAvD ) × B = LI × B
Oft wird diese Gleichung für ein differentielles Element des Stroms
so geschrieben:
dF = LdI × B = IdL × B
Hier haben wir ein differentielles Element des Leiters als dL (zeigt in
die Stromrichtung) und den Betrag der Stromstärke als I bezeichnet.
10.5.4 Kraft zwischen zwei parallelen Leitern
Wir betrachten zwei parallele, lange gerade Leiter im Abstand r voneinander. Durch die beiden Leiter fliessen die Ströme I1 und I2.
Der Leiter mit Strom I1 erzeugt ein magnetisches Feld. Das Feld zeigt
am Ort des Leiters mit I2 nach unten (Siehe Abb. 15). Der Leiter mit
Strom I2 befindet sich daher in einem Magnetfeld. Ein Abschnitt L
dieses Leiters erfährt eine Kraft, die seitlich wirkt, mit dem Betrag:
F = LBI 2
LI1 I 2
r
Man beobachtet experimentell, dass gilt:
F∝
Die Kraft ist zum Produkt der Stromstärke proportional.
Sie ist zum Inversen des Abstands proportional.
D.h.,
1.
2.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Kraft zwischen zwei parallelen Leitern
LI I ⎫
F∝ 1 2
F
1 LI I
I
⎪
1
2
∝
∝ 1
r ⎬ ⇔ B(r ) =
LI 2 LI 2 r
r
F = BLI 2 ⎭⎪
Sie ist zur Länge der parallelen Leiter proportional.
Der elektrische Strom
3.
Es folgt:
Figur 15.
Mit der vektoriellen Beziehung
F = LI × B
Physik
449
450
Elektromagnetismus
erwarten wir, dass die Kraft, die auf den Leiter mit Strom I2 wirkt, in
der Ebene der Leiter liegt. Sie wirkt nach links. In ähnlicher Weise
wirkt eine Kraft auf den Leiter mit Strom I1. Sie liegt in der Ebene
der Leiter und wirkt nach rechts. Die Leiter ziehen einander an. Würden die zwei Ströme in entgegengesetze Richtungen fliessen, würden
die Leiter sich abstossen.
Demonstrationsexperiment: Stromwaage
Stromwaage: die Kraft zwischen zwei Strömen wird gemessen.
Im Experiment fliesst derselbe Strom durch zwei gerade parallele
Leiter (Siehe Abb. 16) und man misst mit Hilfe einer Waage die
Abhängigkeit der Kraft, die zwischen den Leitern wirkt, als Funktion
der Stromstärke. Die Kraft ist zum Quadrat des Stroms proportional.
Man wiederholt das Experiment mit einem verdoppelten Abstand
zwischen den Leitern und beobachtet, dass die Kraft zum Inversen
des Abstands proportional ist.
Figur 16.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Mathematische Unterlagen
10.6 Mathematische Unterlagen
10.6.1 Vektorfelder
Ein Vektorfeld definiert einen Vektor in jedem Punkt des Raumes. Als
Beispiel definieren wir das Vektorfeld:
y x
F = ( Fx , Fy , Fz ) = ( , − , 0 )
z z
y
Siehe Abb. 17 (hier 1<z<3). In der Abbildung zeigen die Pfeilen den
Betrag und die Richtung der Vektoren in einigen Punkten des Raums.
z
x
451
Figur 17. Graphische Darstellung eines Vektorfeldes. In jedem Punkt des
Raums wird ein Vektor definiert. In der Abbildung werden die Vektoren in
verschiedenen Punkten des Raums mit Pfeilen gezeichnet.
Physik
452
Elektromagnetismus
10.6.2 Der Nabla-Operator
Bevor wir die Maxwellschen Gleichungen diskutieren, bemerken wir,
dass sie den Nabla-Operator in verschiedener Form verwenden. Das
Nabla-Symbol hat die folgende Bedeutung:
⎛ ∂ ∂ ∂⎞
∇≡⎜ , , ⎟
⎝ ∂x ∂y ∂z ⎠
∂f ∂f ∂f G = ∇f = ex + ey + ez
∂x
∂y
∂z
Es muss immer auf etwas wirken, d.h. es ist ein Operator. Im Fall des
Gradienten einer Funktion f haben wir den folgenden Vektor bei der
Wirkung des Nabla-Operators auf die Funktion f gefunden (Siehe
Kap. 4.12):
Gradient (Vektorgrösse ) :
Der Gradient wird in jedem Punkt des Raums definiert und liefert
einen Vektor in diesem Punkt, nämlich:
f
x
y
z
f
x
y
∂
(
,
,
)
∂
(
,
,
z
)
∂
f
(
x
, y, z ) G ( x, y, z ) = ∇f ( x, y, z ) =
ex +
ey +
ez
∂x
∂y
∂z
Als Beispiel wird in Abb. 18 eine Funktion f(x,y) geplottet. Die vertikale Achse entspricht dem Wert der Funktion in jedem Punkt der
Ebene. Der Gradient dieser Funktion ist in Abb. 19 gezeichnet. Die
Pfeile zeigen den Betrag und die Richtung des Gradienten in
bestimmten Punkten der Ebene.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
4
3
2
0
-2
1
x
x
0
1
2
-2
Graphische Darstellung eine Funktion f(x,y).
-1
Mathematische Unterlagen
f
f(x,y)
Figur 18.
y
x
-1
0
1
y
y
2
453
Figur 19. Graphische Darstellung des Gradienten der Funktion f(x,y), die in
Abb. 18 dargestellt ist.
Physik
454
Elektromagnetismus
In den Maxwellschen Gleichungen werden die Divergenz und die
Rotation der Felder verwendet.
⎛ ∂F ∂Fy ∂Fz ⎞
d = ∇⋅F = ⎜ x +
+
⎝ ∂x
∂y
∂z ⎠⎟
Die Divergenz eines Feldvektors ist eine Zahl und wird so
definiert:
Divergenz (Skalargrösse) :
Das Skalarprodukt des Nabla-Symbols mit einem vektoriellen Funktion ergibt die Divergenz (eine Zahl). Die Divergenz, wie der Gradient, wird in jedem Punkt des Raums definiert und liefert eine Zahl in
diesem Punkt, nämlich:
⎛ ∂F ( x, y, z ) ∂Fy ( x, y, z ) ∂Fz ( x, y, z ) ⎞
+
+
d ( x, y, z ) = ∇ ⋅ F ( x, y, z ) = ⎜ x
⎝
⎠⎟
∂x
∂y
∂z
Das Kreuzprodukt des Nabla-Symbols mit einer vektoriellen Funktion, die in jedem Punkt des Raums definiert ist, ergibt die Rotation:
∂Fy ⎞ ⎛
∂
F
R=∇×F ≡⎜ z −
ex −
⎝ ∂y
∂z ⎠⎟
Die Rotation eines Feldvektors ist ein Vektor und wird so definiert:
Rotation (Vektorgrösse) :
⎛ ∂Fz ∂Fx ⎞ ⎛ ∂Fy ∂Fx ⎞ −
−
ez
⎟ ey + ⎜
⎝⎜ ∂x
⎝ ∂x
∂y ⎠⎟
∂z ⎠
Die Rotation definiert einen Vektor in jedem Punkt des Raums.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Mathematische Unterlagen
10.6.3 Die Definition des Flusses
Der Fluss ist eine charakteristische Grösse, die man für alle Vektorfelder einführen kann.
Der Fluss dφ eines Vektorfeldes durch eine infinitesimale Fläche dA wird definiert als (der Fluss ist eine Zahl)
dφ ≡ F ⋅ dA = F dA cosθ
wobei dA ein Vektor ist, der dem infinitesimalen Flächenelement dA entspricht.
Die infinitesimale Oberfläche wird als eben betrachtet. Der Betrag
des Vektors dA ist gleich der Fläche der infinitesimalen Oberfläche
und die Richtung ist senkrecht zur Ebene der Fläche.
F
dA
θ
φ<0
dA
F
φ=0
90°
F
Definition des Flusses durch eine infinitesimale Fläche dA.
dA
455
Der Winkel θ ist der Winkel zwischen dem Vektor F und dem Vektor
des Flächenelements dA. Siehe Abb. 20. Der Fluss ist gleich dem
Produkt aus der Komponente des Vektors F, die senkrecht zur Oberfläche der Fläche dA steht, und dem Betrag der Fläche dA.
φ>0
θ
Figur 20.
Physik
456
Elektromagnetismus
A
Fläche A
Für eine endliche Fläche von beliebiger Form wird der Fluss durch
Integration der infinitesimalen ebenen Flächenelemente gewonnen
(Siehe Abb. 21). Der gesamte Fluss durch die Oberfläche A ist deshalb gleich
φ ≡ ∫∫ F ⋅ dA
( Integration über die gesamte Fläche A)
dA
Figur 21. Eine endliche Fläche wird in infinitesimale ebene Flächenelemente
unterteilt.
Häufig sind wir am Fluss durch eine geschlossene Oberfläche interessiert. Definitionsgemäss zeigen in diesem Fall die infinitesimalen
Flächen dA an jedem Punkt der Oberfläche nach aussen (Siehe
Abb. 22).
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Mathematische Unterlagen
∫∫
geschlossene A
dA
dA
Eine geschlossene Fläche. Die Flächen dA zeigen nach aussen.
geschlossene Fläche A
dA
Das Integral über eine solche Oberfläche wird so bezeichnet
( geschlossene Oberfläche A)
F ⋅ dA
φ≡
Figur 22.
10.6.4 Das Theorem von Gauss
dV = dxdydz
457
Wir betrachten nun den Fluss durch eine geschlossene Oberfläche,
die ein infinitesimales Volumenenelement dV umschliesst. Das Volumenelement ist gleich
Physik
458
Elektromagnetismus
(
)
Siehe Abb. 23. Das Feld besitzt die folgenden drei Komponenten:
F = Fx , Fy , Fz
Wenn das Volumenelement infinitesimal ist, können wir annehmen,
dass das Feld über jede seiner Oberflächen konstant ist. Der Fluss
durch die Fläche dA1 ist gleich
dφ1 = Fy ( x, y + dy, z) dxdz
z
dy
y
dz
dx
Ein infinitesimales Volumenelement.
x
dA1
wobei wir das Feld über die Fläche dxdz konstant angenommen
haben.
dA2
Figur 23.
Der Fluss durch die Fläche dA2 ist gleich
dφ 2 = − Fy ( x, y, z) dxdz
wobei das negative Vorzeichen daher kommt, dass der Winkel zwischen dem Feld und der Fläche, die nach aussen zeigt, gleich 180° ist.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Mathematische Unterlagen
Die Summe der Flüsse ist gleich
)
dφ1 + dφ 2 = Fy ( x, y + dy, z) dxdz − Fy ( x, y, z) dxdz
(
y
∂F ( x, y, z)
dydxdz
∂y
= Fy ( x, y + dy, z) − Fy ( x, y, z) dxdz
=
Eine ähnliche Herleitung gilt auch für die zwei anderen Komponenten. Der gesamte Fluss durch die Oberfläche ist dann gleich
⎛ ∂Fy ⎞
⎛ ∂F ⎞
⎛ ∂F ⎞
dy⎟ dxdz + ⎜ z dz⎟ dxdy
dφ tot ( x, y, z) = ⎜ x dx⎟ dydz + ⎜
⎝ ∂x ⎠
⎝ ∂z ⎠
⎝ ∂y ⎠
Divergenz von F
⎛ ∂F ( x, y, z) ∂Fy ( x, y, z) ∂F ( x, y, z) ⎞
+
+ z
=⎜ x
⎟ dxdydz
⎝
∂x
∂y
∂z
⎠
)
wobei die Divergenz des Vektorfeldes F am Punkt (x,y,z) verwendet
wurde.
(
Die Divergenz des Feldes in jedem Punkt (x,y,z) ist gleich dem
Fluss, der das Volumenelement im Punkt (x,y,z) des Volumens
dxdydz verlässt, pro Volumeneinheit.
dφ tot ( x, y, z) = ∇ ⋅ F ( x, y, z) dxdydz
wobei wir den Nabla-Operator für die Divergenz des Feldes
im Punkt (x,y,z) verwendet haben.
459
Nehmen wir einmal an, dass wir zwei Volumenelemente dV1 im
Punkt (x1,y1,z1) und dV2 im Punkt (x2,y2,z2) so nebeneinander stellen, dass sie sich berühren. Wir berechnen den gesamten Fluss, der
beide Volumenenelemente verlässt.
Physik
460
Elektromagnetismus
Wir betrachten die Oberfläche, die beide Volumenelemente verbindet.
Der Fluss, der durch diese Oberfläche das Volumenelement dV1 verlässt, wird in das Volumenelement dV2 eindringen. In diesem Grenzpunkt werden die Flüsse, die dV1 verlassen und in dV2 eindringen,
einander kompensieren.
Wir können deshalb den gesamten Fluss, der beide Volumenelemente
verlässt, als die Summe der Flüsse, die die einzelnen Volumenelemente verlassen, betrachten:
(
)
(
)
dφ tot = dφ ( x1, y1, z1 ) + dφ ( x 2 , y 2 , z2 )
= ∇ ⋅ F ( x1, y1, z1 ) dxdydz + ∇ ⋅ F ( x 2 , y 2 , z2 ) dxdydz
V
V
(
)
V
(
)
Um dieses Ergebnis auf ein endliches, nicht-infinitesimales Volumen
zu erweitern, addieren wir die Flüsse, die in jedem Punkt des ganzen
Volumens die infinitesimalen Volumen dV verlassen:
φ tot = ∫∫∫ dφ = ∫∫∫ ∇ ⋅ F ( x, y, z) dxdydz = ∫∫∫ ∇ ⋅ F dV
Zusammenfassend:
)
Volumenintegral
(
Wir haben das Theorem von Gauss für den gesamten Fluss
φtot, der ein Volumen V verlässt, hergeleitet:
φ tot ≡ ∫∫ F ⋅ dA = ∫∫∫ ∇ ⋅ F dV
A =∂
V V
Flächenintegral
wobei A die Oberfläche ist, die das Volumen V umschliesst.
Dieses Theorem stellt ein Flächenintegral mit einem Volumenintegral in Beziehung.
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Mathematische Unterlagen
10.6.5 Das Theorem von Stokes
B F .dr
A
∫
Wir betrachten ein Vektorfeld und wir sind am Integral des Feldes
über eine bestimmte Kurve C von einem Punkt A zu einem Punkt B
interessiert
Kurve C
Fi
Linienintegral über die Kurve C.
i
dr i
B
Das Ergebnis dieses Linienintegrals ist eine Zahl, die die Summe der
einzelnen Skalarprodukte entlang der Kurve darstellt. Siehe Abb. 24.
A
Figur 24.
Wenn wir einen geschlossenen Weg betrachten wie in Abb. 25
gezeigt, dann wird das Integral so bezeichnet
∫ F .dr
C
wobei C eine geschlossene Kurve ist.
461
Wir bemerken nun, dass eine beliebige Fläche immer von einer
geschlossenen Kurve eingeschlossen werden kann. Wir definieren die
Richtung der Fläche mit Hilfe der Rechte-Hand-Regel. Siehe
Abb. 26.
Physik
462
Kurve C
Eine geschlossene Kurve C.
Elektromagnetismus
Figur 25.
i
dr i
Fi
Das Theorem von Stokes setzt das Linienintegral über die geschlossene Kurve C mit dem Flächenintegral über die Fläche A in Beziehung:
A
)
Rotation des
Feldes
(
Das Linienintegral eines Feldes F über eine geschlossene
Kurve C ist gleich dem Flächenintegral der Rotation des Feldes über die Fläche A, wobei A von C umrandet wird, d.h.:
F .dr = ∫∫ ∇ × F ⋅ dA
Theorem von Stokes
∫
C =∂A
F ist ein Vektorfeld und A eine beliebige Fläche; C ist die
geschlossene Kurve, die die Fläche A einschliesst.
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Die Ladungs- und Stromdichte
Figur 26. Eine Fläche A kann immer von einer geschlossenen Kurve C
eingeschlossen werden. Die Richtung der Fläche ist durch die RechteHand-Regel gegeben.
10.7 Die Ladungs- und Stromdichte
10.7.1 Die Ladungsdichte
Raumladungsdichte
463
In einer mikroskopischen Beschreibung tritt die gesamte elektrische
Ladung immer als ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung
(Siehe Kap. 6.5) auf. In der Praxis können wir manchmal die Ladung
in einem bestimmten Raumgebiet als kontinuierlich verteilt betrachten. Wir werden deshalb die Raumladungsdichte ρ benutzen, die so
definiert ist
dq
ρ( r ) ≡
dV
wobei dq die infinitesimale Ladung im Volumenelement dV ist.
Physik
464
Elektromagnetismus
V
( Integration über das gesamte Volumen V )
V
Die Raumladungsdichte ist eine Zahl in jedem Punkt des Raumes. Es
folgt, dass die gesamte Ladung eines Körpers gleich
Q ≡ ∫ dq = ∫∫∫ ρ( r ) dV = ∫∫∫ ρ( x, y, z) dxdydz
ist.
10.7.2 Die vektorielle Stromdichte
A
≡ ∫∫ j ( r ) ⋅ dA
Wir definieren die vektorielle Stromdichte j(r), so dass ihre Summe
über eine endliche Fläche A gleich der gesamten Stromstärke ist, die
durch die Fläche A fliesst:
I
Strom durch
die Oberfläche A
i = j ⋅ dA
Hier ist die Stromstärke durch eine infinitesimale Fläche dA gleich
(Siehe Abb. 27):
I
Figur 27. Stromdichte in einem Leiter. Die Stromstärke i fliesst durch den
Leiter. Die Stromstärke durch die Fläche dA wird als das Skalarprodukt
der Stromdichte und des Flächenvektors definiert.
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Die Maxwellschen Gleichungen
10.8 Die Maxwellschen Gleichungen
In den Maxwellschen Gleichungen werden die Divergenz und die
Rotation der elektrischen und magnetischen Vektorfelder beschrieben. Die Gleichungen können in der sogenannten differentiellen oder
integralen Form ausgedrückt werden. Wir diskutieren hier die differentielle Form.
)
(
)
∇⋅ B = 0
E
∂
∇ × B = µ 0 j + ε 0µ 0
∂t
Maxwellsche Gleichungen
Die differentielle Form der Maxwellschen Gleichungen:
(
ε0 ∇ ⋅ E = ρ
B
∂
∇× E = −
∂t
Die Gleichungen gelten in jedem Punkt des Raumes. Es gilt:
E ( x, y, z, t ) = das elektrische Vektorfeld
B( x, y, z, t ) = das magnetische Vektorfeld
ρ( x, y, z, t ) = die Ladungsdichte
j ( x, y, z, t )= die Stromdichte
Die physikalischen Konstanten sind:
Elektrische Feldkonstante: ε 0 = 8, 854 × 10 −12 C 2 N −1m −2
Magnetische Feldkonstante: µ0 = 4π × 10 −7 NA −2
1
= c ≈ 2, 998 × 10 8 m / s
ε 0 µ0
465
Eine Verbindung mit der Relativitätstheorie liefert zusätzlich,
dass:
Physik
466
Elektromagnetismus
10.9 Das Gauss’sche Gesetz
10.9.1 Der elektrische Fluss
A
Der elektrische Fluss durch eine Fläche A wird definiert als der Fluss
des elektrischen Feldes durch die Fläche
φ E ≡ ∫∫ E ⋅ dA
( Elektrischer Fluss)
Können wir die physikalische Bedeutung dieses Integrals finden? Die
elektrischen Feldlinien können uns helfen, uns den elektrischen Fluss
vorzustellen.
1.
2.
An Punkten der Oberfläche, an denen die elektrischen Feldlinien
die Oberfläche verlassen, zeigt das Feld E ebenfalls nach aussen.
Der Fluss ist dann positiv.
An Punkten der Oberfläche, an denen die elektrischen Feldlinien
in die Oberfläche eindringen, zeigt das Feld E nach innen. Der
Fluss ist dann negativ.
Wir erinnern uns daran, dass die elektrischen Feldlinien bei positiven
Ladungen beginnen und bei negativen Ladungen enden. Siehe
Abb. 28.
Deshalb werden positive Ladungen als Quelle und negative
Ladungen als Senke des elektrischen Flusses betrachtet.
Positive Ladungen erzeugen elektrischen Fluss und negative
Ladungen vernichten ihn.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das Gauss’sche Gesetz
Q=+5
Feldlinien von pos. und neg. Punktladungen
Q=–3
Figur 28. Die elektrischen Feldlinien beginnen bei positiven Ladungen und
enden bei negativen Ladungen.
Es gibt eine anschauliche Beziehung zwischen dem Fluss und den
Feldlinien. Wir bemerken, dass der gesamte Fluss proportional ist
zur Zahl der Feldlinien, die die Oberfläche verlassen, minus der
Zahl der Feldlinien, die in die Oberfläche eindringen. (Wir erinnern uns daran, dass an einem bestimmen Punkt im Raum die “Liniendichte” zur Stärke des Feldes an diesem Punkt proportional ist. Es
folgt daraus, dass der Fluss durch die Fläche von der Zahl der Feldlinien, die die Oberfläche kreuzen, abhängt.).
In der Abb. 29 beobachtet man, dass der Fluss durch die Fläche A
proportional zu +5 ist, weil 5 Feldlinien sie verlassen. Der Fluss
durch die Fläche B ist zu –3 proportional, weil 3 Feldlinien in sie eindringen. Der Fluss durch die Fläche C ist proportional zu 2, weil nur
zwei Feldlinien sie verlassen.
467
Wir müssen die positive Ladung als eine Flussquelle von 5 Einheiten
und die negative Ladung als Flusssenke, die 3 Einheiten vernichtet,
Physik
468
Elektromagnetismus
+5(Quelle) − 3( Senke) = 2
+5
C
A
betrachten. Der Fluss durch C ist die Summe der Quelle minus der
Senke und ist deshalb zu
proportional.
B
–3
Figur 29. Der elektrische Fluss. Der Fluss ist zur Zahl der Linien, die die
Oberfläche verlassen, minus der Zahl der Linien, die in die Oberfläche
endringen, proportional.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das Gauss’sche Gesetz
10.9.2 Elektrischer Fluss durch eine geschlossene
Oberfläche, die eine Punktladung umfasst
Wir bestimmen nun quantitativ die Flüsse durch zwei kugelförmige
(geschlossene) Oberflächen, die als A1 und A2 bezeichnet werden, in
deren Mittelpunkt eine Punktladung Q liegt.Siehe Abb. 30.
A1
Der Fluss durch die Fläche A1 mit Radius R1 ist gleich
φ A1 ≡ ∫∫ E ⋅ dA
A1
E (r ) =
)
1
1 Q
4πε 0 r 2
1
∫∫ dA =
1
(
2
1
)
Im Fall der Punktladung kennen wir den Ausdruck für das Feld als
Funktion des Abstandes r. Der Betrag des Feldes ist durch das Coulombsche Gesetz gegeben:
A1
(
≡ ∫∫ E ⋅ dA = ∫∫ E
(
)
E2 4π R22 =
1 Q
Q
4π R12 =
4πε 0 R12
ε0
A2
∫∫ E ⋅ dA =
A1
(
)
1 Q
Q
4π R22 =
4πε 0 R22
ε0
469
Wir bemerken, dass das elektrische Feld überall auf der Oberfläche
A1 denselben Betrag besitzt und dass es immer radial ist. Es folgt,
dA cosθ = E
E 4π R
φ
A1
=
φ A2 ≡
Für die Fläche A2 gilt es
Physik
470
Elektromagnetismus
E2
E1
Q
r1
A1
A2
r2
Figur 30. Fluss durch zwei kugelförmige Oberflächen, die eine Punktladung
umfassen.
Wir beobachten, dass
1.
der Fluss durch die Fläche A1 gleich dem Fluss durch die Fläche
A2 ist. Es war zu erwarten, weil die Zahl von Feldlinien, die die
beiden Oberflächen kreuzen, dieselbe ist (die Feldlinien sind
radial, und jede Linie, die A1 kreuzt, wird auch A2 kreuzen!)
φ A1 = φ A 2
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Das Gauss’sche Gesetz
2.
der Fluss zur Punktladung Q, die von der Fläche eingeschlossen
wird, proportional ist. Die Proportionalitätskonstante ist die elektrische Feldkonstante
Q = ε 0φ A1 = ε 0φ A 2
Die physikalische Interpretation dieser Resultate ist die folgende: die
Ladung Q erzeugt den elektrischen Fluss. Der Fluss fliesst radial und
wird nicht vernichtet oder zerstört (es gibt keine andere Ladung in der
Umgebung). Daher muss der gesamte Fluss erhalten werden. Der
totale Fluss durch die verschiedenen Flächen A1 und A2 müssen
gleich sein.
10.9.3 Gauss’ches Gesetz für das elektrische Feld
(
)
Wir haben gesehen, dass positive Ladungen elektrischen Fluss erzeugen und dass negative Ladungen ihn vernichten. Diese Eigenschaft
wird im Gesetz von Gauss (d.h. die erste Maxwellsche Gleichung)
zusammengefasst:
ε 0 ∇ ⋅ E ( r ) = ρ( r )
Gesetz von Gauss für das elektrische Feld
Diese Beziehung zwischen der Divergenz des elektrischen Feldes und der Ladungdichte in jedem Punkt des Raumes entspricht einem fundamentalen Gesetz des Elektomagnetismus.
Die Beziehung gilt in jedem Punkt des Raumes. Sie sagt nichts über
das Feld aus, sondern nur etwas über dessen Divergenz (die Summe
der partiellen Ableitungen des Feldes).
471
Wir betrachten nun ein infinitesimales kugelförmiges Volumenelement
dV in einem Punkt (x,y,z), das eine Ladung dq enthält. Die Ladung
verhält sich wie eine Flussquelle (dq>0) oder eine Flusssenke
Physik
472
Elektromagnetismus
ε 0 dφ = dq
(dq<0). Der Fluss, der das Volumenelement wegen der Anwesenheit
der Ladung verlässt, ist gleich
oder
(
)
ε 0 ∇ ⋅ E ( x, y, z) dV = ρ( x, y, z) dV
wobei wir den Fluss, der das Volumenelment verlässt, durch die
Divergenz des Feldes im Punkt (x,y,z) ersetzt haben. Dies ist genau
die Bedeutung des Gesetzes von Gauss.
∫∫
A =∂V
(
)
Q
1
E ⋅ dA = ∫∫∫ ∇ ⋅ E dV = ∫∫∫ ρ( r ) dV = innerhalb
ε0 V
ε0
V
Mit Hilfe des Theorems der Divergenz können wir eine fundamentale
Beziehung für ein endliches Volumen V herleiten.
Es gilt
φ tot ≡
wobei A die Oberfläche ist, die das Volumen V umschliesst,
und Qinnerhalb ist die gesamte Ladung, die von der Oberfläche
A eingeschlossen wird, oder die sich im Volumen V befindet.
10.9.4 Berechnung des elektrischen Feldes mit Hilfe des
Gauss’schen Gesetzes
A =∂V
∫∫
Das Gauss’sche Gesetz für ein endliches Volumen lautet
E ⋅ dA = Qinnerhalb
ε0
wobei A die Fläche ist, die das Volumen V umschliesst. Qinnerhalb ist
die gesamte Ladung, die sich im Volumen V befindet.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Divergenz des magnetischen Feldes
Elektromagnetismus
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
wobei j(r) die Stromdichte und µ0 die magnetische Feldkonstante ist.
Gesetz von Ampère für das magnetische Feld
0
(∇ × B)(r) = µ j (r)
Das Gesetz basiert auf der vierten Maxwellschen Gleichung (Siehe
Kap. 10.8), wobei wir den zeitabhängigen Teil vernachlässigt haben:
10.11.1 Das Ampèrsche Gesetz
10.11 Das Ampèresche Gesetz
Diese Bedingung für die Divergenz des magnetischen Feldes
in jedem Punkt des Raumes entspricht einem zweiten fundamentalen Gesetz des Elektomagnetismus.
Eine Folgerung daraus ist, dass der magnetische Fluss durch eine
geschlossene Oberfläche immer gleich null ist.
Die Divergenz des magnetischen Feldes muss deshalb in
jedem Punkt des Raumes gleich null sein:
∇ ⋅ B( r ) = 0
Gesetz von Gauss für das magnetische Feld
Im Kap. 10.3.3 haben wir schon erwähnt, dass man noch nie eine
“magnetische” Ladung (sogenannte Monopole) in der Natur beobachtet hat. Es folgt, dass nie magnetischer Fluss erzeugt oder vernichtet wird. Es gibt keine Punkte im Raum, an denen die magnetischen Feldlinien anfangen oder enden.
0
474
Für eine sehr symmetrische Ladungsverteilung können wir Oberflächen finden, bei denen der Betrag des elektrischen Feldes konstant ist
und das Feld senkrecht zur Oberfläche steht. Der gesamte elektrische
Fluss durch diese Oberfläche wird leicht berechnet.
Beispiel: Elektrisches Feld einer geladenen Kugel mit Radius R und
Ladung Q
A
∫∫ E ⋅ dA = ε E (4πr )
Mit dem Gesetz von Gauss wird es leicht hergeleitet, dass das elektrische Feld (ausserhalb) einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung
dasselbe ist, wie wenn die ganze Ladung im Zentrum der Kugel konzentriert wäre (das Gesetz gilt natürlich auch für die Gravitationskraft!). Wir nehmen eine kugelförmige Oberfläche A mit Radius r>R.
Es gilt,
2
ε
0
Die gesamte Ladung innerhalb der Oberfläche A ist die Gesamtladung Q:
1 Q
gilt für r > R
ε 0 E ( 4πr 2 ) = Q ⇒ E ( r) =
4πε 0 r 2
10.10 Divergenz des magnetischen
Feldes
A
473
Der Fluss des magnetischen Feldes durch eine Fläche A wird in Analogie zum elektrischen Fluss definiert als
φ B ≡ ∫∫ B ⋅ dA
( Magnetischer Fluss)
Physik
Das Ampèresche Gesetz
A
(
)
A
Mit Hilfe des Theorems von Stokes, finden wir
B.dr = ∫∫ ∇ × B ⋅ dA = µ 0 I = ∫∫ µ 0 j ⋅ dA
∫
C =∂A
Das Ampèresche4 Gesetz sagt daher voraus:
0
∫ B.dr = µ I
C
d.h. das Linienintegral des Feldes ist zu der von der geschlossenen Kurve C eingeschlossenen Stromstärke proportional. Es
gilt für jede mögliche Anordnung von (stationären) elektrischen Strömen und für jeden Integrationsweg.
Wie im Fall des Gesetzes von Gauss, kann das Gesetz von Ampère
benutzt werden, um das magnetische Feld zu bestimmen, wenn die
geometrische Anordnung der Störme zu einer Symmetrie des Feldes
führt. Man sucht in diesem Fall eine Kurve, für die das Linienintegral
sich einfach als das Produkt des Feldes und der Länge schreiben lässt.
Beispiel: Das Solenoid
Wir wickeln einen isolierten Draht in dicht nebeneinanderliegenden
Windungen auf. Wir erhalten eine zylindrische Spule, die als Solenoid bezeichnet wird. Die Länge der Spule soll relativ zu ihrem
Durchmesser gross sein.
475
In Punkten nahe einer einzelnen Windung ist das magnetische Feld
fast gleich demjenigen eines geraden Leiters. Die Feldlinien bilden
konzentrische Kreise um diese Windung. Die Felder aller Windungen
der Spule addieren sich vektoriell zu einem Gesamtfeld. Siehe
Abb. 31.
4. A. Ampère (1775-1836).
Physik
476
i
Elektromagnetismus
d
h
L
n = N/L ist
gleich der
Zahl der
Windungen
pro
Längeneinheit
Das magnetische Feld eines Solenoids.
N Windungen
Figur 31.
i
B
Im Innenrn der Spule resultiert ein paralleles Feld, welches bei einer
sehr eng gewickelten Spule tatsätchlich homogen ist.
Wir betrachten eine geschlossene Kurve (Siehe Abb. 31) für die Integration des Feldes. Es gilt
Nh
⇒ B ≈ µ 0 In
0
L
∫ B.dr ≈ Bh = µ I
C
wobei n=N/L die Zahl der Windungen pro Längeneinheit ist.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz)
10.12 Gesetz von Faraday
(Induktionsgesetz)
Was wir nun studieren wollen, sind die Teile der Maxwellschen Gleichungen mit den Zeitableitungen der Felder
∂
B
∂
E
∇×E =−
und
∇ × B = ε 0 µ0
∂t
∂t
Aus diesen Gleichungen folgt eine sehr wichtige physikalische
Regel:
Ein zeitveränderliches magnetisches (bez. elektrisches) Feld
erzeugt ein elektrisches (bez. magnetisches) Feld.
10.12.1 Die induzierte Spannung
Dass eine elektrische Spannung (die Induktionsspannung) durch
die Änderung eines magnetischen Feldes durch eine Leiterschleife
erzeugt wird, beobachteten zuerst im Jahr 1830 Faraday und Henry5.
Man sagt, dass eine Spannung induziert wird.
Demonstrationsexperiment: Grundversuch der Induktion - Drahtschleife und Stabmagnet
477
Wir beobachten experimentell die Induktion in einer Drahtschleife
durch einen bewegten Stabmagnet. Der Stabmagnet ist ein Permanentmagnet, der ein magnetisches Feld mit typ. Feldlinien (Siehe
Abb. 6) erzeugt. Wir bemerken, dass die Anwesenheit des magnetischen Felds im Bereich der Schleife keine induzierte Spannung
erzeugt! Nur wenn man den Stabmagnet bewegt, d.h. wenn das
5. M. Faraday (1791-1867), J. Henry (1797-1878).
Physik
478
Elektromagnetismus
Induktion in Drahtschleife durch bewegten Stabmagnet.
Magnetfeld in der Nähe der Schleife sich ändert, wird ein Strom
induziert. Man beobachtet, dass das Vorzeichen der induzierten Spannung von der Bewegungsrichtungs des Stabs abhängt: wenn der Stabmagnet in die Schleife eindringt, besitzt die Spannung ein gewisses
Vorzeichen. Wenn der Stabmagnet aus der Schleife herausgezogen
wird, hat die Spannung ein entgegengesetztes Vorzeichen.
Figur 32.
Demonstrationsexperiment: Induktion im Erdfeld
In diesem Experiment zeigen wir, dass die relevante Grösse für die
Induktion die relative Geschwindigkeit zwischen dem magnetischen
Feld und dem Leiter ist. Tatsächlich kann ein elektrisch leitendes
“Lasso” (Siehe Abb. 33) im Erdfeld herumgeschwungen werden: die
elektrische Spannung zwischen den beiden Enden des Lassos wird
gemessen und man beobachtet, dass die Bewegung des Lassos im
Erdfeld eine induzierte Spannung erzeugt.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Induktion im Erdmagnetfeld.
Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz)
Figur 33.
10.12.2 Das Induktiongesetz
Wir betrachten eine Leiterschleife in einem magnetischen Feld. Wir
nehmen an, dass sich das Feld mit der Zeit ändert. Eine Induktionsspannung wird erzeugt. Siehe Abb. 34.
F = qE
479
Wenn sich eine Ladung in der Schleife befindet, muss aufgrund der
Induktionsspannung eine Kraft auf sie wirken. Die Kraft wirkt aufgrund des elektrischen Feldes, das wegen der Änderung des magnetischen Feldes erzeugt wird:
Physik
480
Elektromagnetismus
W AB
=
q
q
A
B F ⋅ dr
B = ∫ E ⋅ dr
A
∫
Die vom Feld geleistete Arbeit ist
U AB =
+
_
A
UAB
Das Linienintegral des elektrischen Feldes über die geschlossene Schleife ist deshalb gleich der Induktionsspannung:
U induziert = ∫ E ⋅ dr
E q
E dr
B
Figur 34. Die in der Schleife induzierte Spannung ist gleich dem
Linienintegral des elektrischen Feldes über die Schleife.
⇒
C
Bisher haben wir elektrische Felder betrachtet, die durch elektrische
Ladungen erzeugt wurden. Das Linienintegral über eine geschlossene
Kurve von solchen elektrostatischen Feldern verschwindet immer:
∫ E .dr = 0 (konservatives E − Feld)
(∇ × E ) ≡ 0
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
(
Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz)
)
C =∂A
E .dr = U induziert
Solche Felder haben wir als konservativ bezeichnet (Siehe Kap. 4.8).
Im Fall der Induktionsspannung ist das Linienintegral nicht gleich
null, und es gilt
d
∂B ∂B
⋅ dA = − ∫∫ B ⋅ dA
⇒ ∫∫ ∇ × E ⋅ dA = − ∫∫
∇× E = −
dt A
∂t
∂t
A
A
Weil
A
∫∫ (∇ × E ) ⋅ dA = ∫
∫
C =∂A
folgt das Induktionsgesetz
d
d
φ
E .dr = − ∫∫ B ⋅ dA = − B
dt
dt A
U induziert =
wobei φB der magnetische Fluss durch die Fläche A ist, und C
ist die Kurve, die die Fläche A einschliesst.
Wenn wir das Faradaysche Gesetz auf eine Schleife mit N Windungen
anwenden, so wird in jeder der Windungen eine Spannung induziert,
weil der magnetische Fluss durch jede Windung gleich gross ist.
dφ B
dt
Die induzierte Spannung ist in diesem Fall gleich
U induziert = − N
481
Nun müssen wir etwas über das Vorzeichen der induzierten Spannung
sagen. Wir bemerken, dass die induzierte Spannung ein negatives
Vorzeichen besitzt. Siehe Abb. 35.
Physik
482
Elektromagnetismus
Das negative Vorzeichen kommt vom Vorzeichen in der Maxwellschen Gleichung:
∂B
∇× E = −
∂t
E
Rechte-Hand-Regel
Wir nehmen an, dass ein nach unten gerichtetes magnetisches Feld
mit der Zeit abnimmt. Die zeitliche Ableitung des magnetischen
Feldvektors zeigt nach oben. Siehe Abb. 36.
Positive
Richtung
∂B
∂t
B
nimmt nach
oben,zu
∇× E =−
Figur 35. Die Richtung des induzierten Stromes (in Richtung vom E-Feld).
Das magnetische Feld zeigt nach oben und nimmt mit der Zeit zu.
Wegen dem negativen Vorzeichen zeigt das induzierte elektrische
Feld im Uhrzeigersinn. Im Gegensatz dazu erzeugt ein nach oben
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz)
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
E
∂B
∂t
X
X
X
X
X
X
E
induziertes
elektrisches
Feld
∇ × B = µ0 j
i
nach oben
gerichteter Strom
nach oben
gerichtet
B
Magnetisches Feld
um den Strom
gerichteter Strom ein magnetisches Feld, das gegen den Uhrzeigersinn zeigt.
X
X
X
X
nach unten gerichtetes
magnetisches Feld, das mit der Zeit
abnimmt (Die zeitliche Änderung
zeigt nach oben)
E
∇× E =−
nach oben
gerichtet
Figur 36. Richtung der induzierten Spannung. Ein nach unten gerichtetes
magnetisches Feld nimmt mit der Zeit ab. Seine zeitliche Ableitung zeigt
nach oben. Wegen dem negativen Vorzeichen zeigt das induzierte
elektrische Feld im Uhrzeigersinn. Im Fall des Gesetzes von Ampère
erzeugt ein nach oben gerichteter Strom ein magnetisches Feld, das gegen
den Uhrzeigersinn zeigt.
10.12.3 Induktion durch Bewegung
Wir betrachten einen Leiterstab, der sich in einem magnetischen Feld
bewegt. Wir beobachten, dass eine Spannung induziert wird, wenn
der Leiter sich bewegt. Dieser Effekt kann auch mit Induktion erklärt
werden.
Demonstrationsexperiment: Induktion durch Verschieben eines Leiters im Magnetfeld.
483
Ein grosses Magnetfeld von ungefähr 600 Gauss wird mit Hilfe von
zwei Spulen (Siehe Abb. 37) erzeugt. Wir verwenden zwei metallische Räder, die mit einer leitenden Achse verbunden sind. Das
System kann sich auf Schienen bewegen. Die zwei Schienen sind
Physik
484
Elektromagnetismus
Induktion durch Bewegung im Magnetfeld.
auch metallisch und werden daher leiten. Wir messen die elektrische
Spannung zwischen den Schienen, wenn das Achse-Räder-System
sich bewegt. Die Spannung hängt von der Geschwindigkeit ab. Das
Vorzeichen der Spannung hängt von der Richtung der Bewegung ab
(Siehe Abb. 38).
Figur 37.
Figur 38. Induktion durch Bewegung: wenn das Achse-Räder-System sich
im Magnetfeld bewegt, beobachten wir eine induzierte Spannung.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Gesetz von Faraday (Induktionsgesetz)
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
x
X
h
V
Um diese experimentelle Beobachtung zu erklären, betrachten wir
den magnetischen Fluss durch die Fläche einer Schleife (Siehe
Abb. 39). Wir nehmen an, dass das Magnetfeld nach unten zeigt und
sich mit der Zeit nicht ändert.
v
X
nach unten
gerichtetes magnetisches
Feld
Figur 39. Ein Stab bewegt sich in einem magnetischen Feld, das nach unten
senkrecht zur Blattebene zeigt.
Wir schauen die Schleife als einen geschlossenen Stromkeis an. Der
magnetische Fluss durch die Fläche, die der Stromkreis umschliesst,
ist gleich
A
φ B = ∫∫ B ⋅ dA = Bhx
485
wobei das Produkt hx der Fläche des Magnetfelds entspricht, der vom
Stromkreis eingeschlossen wird. Wir bemerken, dass diese Fläche mit
der Zeit zunimmt, weil der Stab sich mit einer Geschwindigkeit v
nach links bewegt. Die Fläche des Stromkreises nimmt mit der Zeit
zu und daher wird der resultierende magnetische Fluss durch die
Physik
486
Elektromagnetismus
zunehmende Fläche entsprechend zunehmen, obwohl das magnetische Feld konstant ist:
dx
dφ B d
= Bhx = Bh
= Bhv
dt
dt
dt
dφ B
= − Bhv
dt
Die Änderung des Flusses sowie der induzierte Strom hängen daher
von der Geschwindigkeit ab:
U induziert = −
Demonstrationsexperiment: Induktion mit Stromschaukel
Ein horizontaler leitender Stab wird an zwei vertikalen auch leitenden
Stäben aufgehängt (Siehe Abb. 40 (links)). Das System kann schwingen und wir messen die induzierte Spannung. Wenn das System periodisch schwingt, erwarten wir, dass die induzierte Spannung ein periodisches Verhalten zeigt, weil sie direkt der Geschwindigkeit des
Stabs im Feld entspricht. Für kleine Amplituden erwarten wir, dass
die Bewegung harmonisch ist, d.h. die induzierte Spannung sinusförmig aussieht. Das ist tatsächlich der Fall (Siehe Abb. 40 (rechts)).
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die elektromagnetischen Wellen
Figur 40. (links) Permanentmagnet mit leitendem Stab (rechts)
Zeitabhängigkeit der induzierten Spannung
10.13 Die elektromagnetischen Wellen
Die Relativitätstheorie sagt voraus, dass die Information über die
Bewegung einer elektrischen Ladung sich nicht schneller als mit
Lichtgeschwindigkeit ausbreiten kann. Wenn eine elektrische Ladung
sich bewegt, kann das Feld sich nicht gleichzeitig und spontan in
allen Punkten des Raumes ändern!
487
Wir nehmen deshalb an, dass die Änderung des Feldes sich mit einer
Geschwindigkeit v durch den Raum ausbreitet, wobei die
Physik
488
Elektromagnetismus
Geschwindigkeit v später bestimmt wird. Diese sich fortpflanzende
Störung entspricht einer elektromagnetischen Wellen.
Aus den Maxwellschen Gleichungen folgt die Existenz der
elektromagnetischen Wellen. Maxwell hat im Jahr 1865 die
elektromagnetischen Wellen vorhergesagt.
Im Allgemeinen werden elektromagnetische Wellen erzeugt,
wenn geladene Teilchen beschleunigt werden.
Hertz6 hat erst 20 Jahre später einen experimentellen Nachweis der elektromagnetischen Wellen erbracht.
)
)
Wir beginnen mit den Maxwellschen Gleichungen im Vakuum (d.h.
die Ladungsdichte ρ=0 und die Stromdichte j=0)
⎧ ∂B
⎪∇ × E = −
⎪
∂t
⎨
∂E
⎪ ⎪⎩∇ × B = ε 0µ 0 ∂t
(
(
Wir bilden die Rotation der beiden Gleichungen:
⎧ ∂ ∂
B
= − ∇× B
⎪∇ × ∇ × E = −∇ ×
⎪
∂t
∂t
⎨
∂E
∂ ⎪ ∇× E
= ε 0µ 0
∇ × ∇ × B = ε 0µ 0 ∇ ×
∂t
∂t
⎩⎪
Nun benutzen wir eine mathematische Beziehung für ein beliebiges
Vektorfeld F:
(
) (
) (
)
∇ × ∇ × F = ∇ ∇⋅ F − ∇⋅∇ F
6. H. Hertz (1857-1894).
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die elektromagnetischen Wellen
)
)
Laplace − Operator
wobei der Laplace-Operator (eine Skalargrösse) gegeben ist durch
2
2
∂2
∂
∂
∇ ⋅ ∇ = ∇2 = 2 + 2 + 2
∂z
∂y
∂x
(
(
Es folgt,
2
⎧ ⎛ ⎞ ⎛
⎞
⎛
⎞
∂
∂
∂
∂
E
E
= −ε 0µ 0 2
εµ
⎪∇ ∇ ⋅ E − ∇ ⋅ ∇ E = − ∇ × B = −
⎜
⎟
⎜
⎟
∂t
∂t
∂t ⎝⎜ 0 0 ∂t ⎠⎟
⎪ ⎝ = 0 ⎠ ⎝ ∇ 2 ⎠
⎨
∂2B
∂ ⎪ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞
⋅ B⎟ − ⎜ ∇
⋅ ∇⎟ B = ε 0µ 0
∇ × E = −ε 0µ 0 2
⎪∇⎜ ∇
∂t
∂t
⎩ ⎝ =0 ⎠ ⎝ ∇ 2 ⎠
oder die Wellengleichungen der elektromagnetischen Wellen
∂2B
∂2 E
∇ 2 B = ε 0µ 0 2
und
∇ 2 E = ε 0µ 0 2
∂t
∂t
Diese vektoriellen Gleichungen entsprechen einem System von 6
Gleichungen, eine für jede Komponente der Felder
∂ 2ξ 1 ∂ 2ξ
∂ 2ξ ∂ 2ξ ∂ 2ξ
∇ 2ξ = 2 + 2 + 2 = ε 0µ 0 2 ≡ 2 2
∂t
∂z
∂y
∂x
v ∂t
wobei ξ(x,y,z,t)=Ex, Ey, Ez, Bx, By, und Bz.
1
= c 2 !!!
ε 0µ 0
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen, die aus der Wellengleichung folgt, ist daher gleich (Siehe Kap. 10.8)
v2 =
489
Wir haben bewiesen, dass sich die elektromagnetischen Wellen mit
Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.
Physik
490
Elektromagnetismus
E =cB
für elektromagnetische Wellen
oder
Die Beziehung zwischen den Beträgen der Felder ist die folgende:
v 1 ⎛
⎞
B = ⎜ 2⎟ E = E
⎝c ⎠
c
10.13.1 Harmonische ebene Wellen
Die ebenen Wellen breiten sich in einer Richtung aus, die immer
senkrecht zu den elektrischen und magnetischen Feldern ist. Die Ausbreitungsrichtung kann mit Hilfe des Wellenvektors k ausgedrückt
werden:
(
)
k ≡ kx , ky , kz = Wellenvektor
Die Felder einer harmonischen, ebenen, elektromagnetischen
Welle werden dann geschrieben als:
⎪⎧ E ( r , t) = E 0 sin( k ⋅ r − ωt)
⎨ ⎩⎪B( r , t) = B0 sin( k ⋅ r − ωt)
wobei E0 und B0 die Amplitudenvektoren sind. Sie besitzen einen
Betrag und eine Richtung, die der Polarisation der Welle entspricht.
Eine Beziehung zwischen k und ω haben wir in Kap. 5.3 hergeleitet:
ω
oder
c= ω= kc
k
Aus den Maxwellschen Gleichungen
∇ ⋅ E = 0 und ∇ ⋅ B = 0
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
)
Die elektromagnetischen Wellen
folgt
(
(
)
(
)
⎛ ∂E
∂E y ∂E z ⎞
x
+
+
wobei E = E 0 x , E 0 y , E 0 z sin( k ⋅ r − ωt)
∇⋅ E =
⎜
⎟
⎝ ∂x
∂z ⎠
∂y
= E 0 x kx + E 0 y ky + E 0 z kz cos( k ⋅ r − ωt)
= k ⋅ E 0 cos( k ⋅ r − ωt) = 0
und
∇ ⋅ B = k ⋅ B0 cos( k ⋅ r − ωt) = 0
(
)
491
Wie schon erwähnt, müssen die Felder senkrecht zur Ausbreitungsrichtung sein:
k ⋅ E 0 = k ⋅ B0 = 0 ⇒ k ⊥E 0 und k ⊥B0
)
)
Und aus der Maxwellschen Gleichung
B
∂
∇× E = −
∂t
folgt
(
(
1
1 B = k × E 0 sin( k ⋅ r − ωt) =
k×E
ω
ω
B
∂
∇ × E 0 sin( k ⋅ r − ωt) = k × E 0 cos( k ⋅ r − ωt) = −
∂t
und deshalb
Physik
492
Elektromagnetismus
Das magnetische Feld ist gleich dem Vektorprodukt des Wellenvektors und des elektrischen Feldes. Es ist deshalb, wie erwartet, senkrecht zum elektrischen Feld und zur Ausbreitungsrichtung.
1
E
kE =
c
ω
Der Betrag dieses Vektors ist gleich
B=
Ebene, harmonische, elektromagnetische Welle.
c
Eine solche ebene, harmonische, elektromagnetische Welle wird in
Abb. 41 dargestellt.
c
Figur 41.
Eine solche Welle kann z.B. beobachtet werden, wenn ein sinusförmiger Strom durch einen langen geraden Draht fliesst, und wir weit
entfernt vom Draht die erzeugte Welle beobachten.
10.13.2 Das elektromagnetische Spektrum
Radiowellen,
Mikrowellen,
Infrarotstrahlung,
sichtbares Licht,
Ultraviolettstrahlung,
Röntgenstrahlung,
Elektromagnetische Wellen überstreichen einen weiten Bereich verschiedener Frequenzen oder Wellenlängen und treten auf in Form von
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
und Gammastrahlung.
Die elektromagnetischen Wellen
7.
c = λν
Diese verschiedenen Arten elektromagnetischer Strahlung unterscheiden sich nur durch ihre Frequenz ν (und ihre Wellenlänge λ):
E
h
⇔
E = hν
Die entsprechende Energie (wir werden im Kap. 11.4 sehen, dass
diese Energie der Energie eines Elementarteilchens, das als Photon
bezeichnet wird, entspricht) ist durch die folgende Beziehung mit der
Frequenz gegeben (Siehe auch Kap. 7.3.3):
ν=
h ≈ 6, 626 × 10 −34 Js
wobei h die sogenannte Plancksche Konstante ist:
Plancksche − Konstante:
In Abb. 42 ist die Klassifikation der elektromagnetischen Bereiche als
Funktion der Frequenzen, Energien und Wellenlängen gezeigt. Diese
Klassifikation hat keine scharfen Grenzen, die verschiedenen Bereiche überlappen sich. Wir diskutieren diese Bereiche kurz:
1.
2.
493
Radiowellen: Diese Wellen mit Wellenlängen von Kilometern bis
hinunter zu ≈30cm werden im allgemeinen für Radio- und Fernsehübertragungssysteme verwendet. Ihr Frequenzbereich erstreckt
sich von weniger Hz bis zu ≈109 Hz. Sie werden von elektronischen Geräten erzeugt und zwar hauptsächlich von elektrischen
Schwingkreisen.
Mikrowellen: Die Wellenlängen zwischen 30cm bis hinunter zu
10–3 m werden z.B. für Radar und andere Kommunikationssysteme verwendet (wie z.B. GSM-Handys, die 900 MHz und 1800
MHz (oder 1900 MHz in den USA) verwenden). Der Frequenzbereich geht von 109 Hz bis zu 3×1011 Hz. Sie werden auch als UHF
Physik
494
Röntgenstrahlen: Die Wellenlängen zwischen 10–9 m bis hinunter zu 6×10–12 m entsprechen den Röntgenstrahlen. Der Frequenz-
Ultraviolette Strahlen: Die Wellenlängen zwischen 3,8×10–7 m
bis hinunter zu 6×10–10 m entsprechen dem ultravioletten Bereich.
Der Frequenzbereich erstreckt sich von 8×1014 Hz bis zu
3×1017 Hz. Ihre Energie liegt in der Grössenordnung der Energie,
die an vielen chemischen Reaktionen beteiligt ist, was die vielen
chemischen Auswirkungen dieser Strahlung erklärt, wie z.B. die
Photodissoziation, usw.
Infrarotspektrum: Die Wellenlängen zwischen 10–3 m bis hinunter zu ≈780 nm (oder 7,8×10–7 m) entsprechen dem Infrarotspektrum. Der Frequenzbereich erstreckt sich von 3×1011 Hz bis zu
4×1014 Hz. Diese Wellen werden von Molekülen und heissen Körpern (Siehe Wärmestrahlung im Kap. 7.3) erzeugt.
Sichtbares Spektrum: Wir haben im Kap. 6.7.3 schon erwähnt,
dass die Frequenzen zwischen ungefähr 4 und 8×1014 Hz dem
sichtbaren Spektrum entsprechen. Die Wellenlängen erstrecken
sich zwischen 780 nm bis hinunter zu 380 nm. Diese elektromagnetischen Wellen entsprechen einem schmalen Band, indem unsere
Retina empfindlich ist, und sie werden deshalb als sichtbares Licht
bezeichnet. Die Farben hängen von der Frequenz ab. Für einen
Durchschnittsmenschen entsprechen sie den Bereichen, die in
Tabelle 2 des Kapitels 6.7.3 angegeben sind.
(Ultrahohe Frequenz) relativ zur Radiofrequenz bezeichnet. Sie
werden ebenfalls von elektronischen Geräten erzeugt. Ihre Energie
ist genügend, um bestimmte Bewegungsmoden von Molekülen
und Atomen anzuregen. Mikrowellen werden z.B. von Wassermolekülen wirksam absorbiert. Dies erklärt das Prinzip des Mikrowellenofens. Die Energie der von Wassermolekülen absorbierten
Mikrowellen wird nach der Absorption in Wärmeenergie umgewandelt und wird die Temperatur des Wassers erhöhen.
Elektromagnetismus
3.
4.
5.
6.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
bereich erstreckt sich von 3×1017 Hz bis zu 5×1019 Hz. Sie
wurden 1895 vom Physiker W. Röntgen7 entdeckt. Röntgenstrahlen werden z.B. in der medizinischen Diagnose verwendet, da ihre
stärkere Absorption durch Knochen im Vergleich zum Gewebe
einen Schattenwurf auf einem photographischen Film ermöglicht.
Als Folge der chemischen und atomaren Prozesse, die sie hervorrufen können, bewirken sie auch schwere Schäden in lebenden
Organismen. Daher werden Röntgenstrahlen auch zur Behandlung
von Krebs verwendet, um krankes Gewebe zu zerstören. Kleine
Mengen von Röntgenstrahlen werden leider auch gesundes
Gebewe zerstören. Grosse Mengen können Krankheit und Tod hervorrufen.
Die elektromagnetischen Wellen
7.
495
Gammastrahlen (γγ-Strahlen): Die Wellenlängen von 10–10 m
und kleiner entsprechen den Gammastrahlen. Der Frequenzbereich
beginnt bei 3×1018 Hz. Gammastrahlen bis zu einer Frequenz von
≈1021 Hz haben ihren Ursprung im Kern und ihre Energie kann zu
Kernveränderungen führen. Gammastrahlen werden von vielen
radioaktiven Substanzen emittiert und sind in grosser Intensität in
Kernreaktoren vorhanden. Sie werden von Materie nicht leicht
absorbiert; wenn sie jedoch von Organismen absorbiert werden,
haben sie schwerwiegende Folgen. Die Handhabung von Gammastrahlen erfordert schwere Schutzschilder und extreme Vorsicht.
Gammastrahlen mit höheren Frequenzen und Energien (grösser als
≈MeV) gibt es in der kosmischen Strahlung oder bei Teilchenphysikexperimenten (z.B. bei Hochenenergiebeschleunigern).
7. W.C. Röntgen (1845-1923).
Physik
496
Energie
eV
106
1000
1
10–3
10–6
10–9
Das elektromagnetische Spektrum.
Elektromagnetismus
Figur 42.
10.14 Die Polarisation des Lichts
Licht ist wie jede elektromagnetische Strahlung eine transversale
Welle: in jedem Punkt sind die elektrischen und magnetischen Felder
senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle. In einem beliebigen
Punkt des Raums bilden das elektrische Feld und die Ausbreitungs-
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
c) Kombination
Ex
E
Elektromagnetismus
b) Horizontale Polarisation
Ey
Die Polarisation des Lichts
E
a) Vertikale Polarisation
Definition der Polarisation.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Siehe Abb. 45 und 46.
Der Polarisator: es gibt bestimmte Platten aus einem polarisierenden Material, die nur die Wellen hindurchlassen, deren
Polarisation parallel zu einer bestimmten Transmissionsrichtung sind. Die Wellen, die senkrecht zu dieser Richtung polarisiert sind, werden von der Platte absorbiert.
Es gibt Materialien, die auf die Polarisation der Welle empfindlich
sind. Man kann eine Platte solcher Materialien betrachten. Damit
kann ein Polarisator gebildet werden. In der Platte wird eine
bestimmte charakteristische Polarisationsrichtung vorgegeben. Die
Platte wird nur die Wellen hindurchlassen, deren Polarisation parallel
zur Polarisationsrichtung des Polarisators ist:
10.14.1 Polarisationsfilter
Die Polarisation der Welle besitzt daher zwei unabhängige Komponenten, Ex und Ey, die zur Definition der Polarisation verwendet werden können.
Figur 44.
E
Die Zerlegung des elektrischen Feldes in diese zwei Richtungen
ergibt zwei Komponenten des Feldes, die als Ex und Ey bezeichnet
werden können.
498
richtung eine Ebene, die sogenannte Schwingungsebene der elektromagnetischen Welle.
Wir definieren die Polarisation der Welle als die Richtung des
elektrischen Feldes.
B
Magnetisches
Feld
Sind die Ebenen, die das elektrische Feld und die Ausbreitungsrichtung bilden, für alle Punkte der Welle parallel zueinander, so heisst die Welle linear polarisiert.
Elektrisches
E
Feld
E
Elektrisches
Feld
Die horizontale und vertikale Polarisation der Welle.
c
b) Horizontal polarisierte elektromagnetische Welle
Magnetisches
B
Feld
c
a) Vertikal polarisierte elektromagnetische Welle
Siehe Abb. 43.
c
c
Figur 43.
497
Weil das elektrische Feld in der Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung liegen muss, gibt es nur zwei unabhängige Komponenten des
elektrischen Feldes einer elektromagnetischen Welle. Siehe Abb. 44.
Physik
Die Polarisation des Lichts
Ex
Ey
Ausbreitungsrichtung
Polarisation
Polarisationsfolie
Ey
Polarisation
Polarisationsfolie
Figur 45. Eine Polarisationsfolie: sie erzeugt linear polarisiertes Licht aus
unpolarisiertem: z.B. eine vertikale Polarisation.
Ex
Ey
Ex
Figur 46. Eine Polarisationsfolie: sie erzeugt linear polarisiertes Licht aus
unpolarisiertem: z.B. eine horizontale Polarisation.
10.14.2 Polarisator und Analysator
499
Wir benutzen zwei Polarisationsfolien hintereinander. Die erste Folie
wirkt als Polarisator und die zweite als Analysator.
Physik
500
Elektromagnetismus
Zwei Polarisationsfolien.
Ey
unpolarisiertes Licht
Ex
Figur 47.
Polarisator
Analysator
Polarisation
θ
Wenn die beiden Transmissionsrichtungen senkrecht zueinander sind,
gelangt keine Welle durch die Anordnung. Wenn beide parallel zueinander sind, ist die Transmission maximal. Die Amplitude des elektrischen Feldes, das durch den Polarisator hindurchgelassen wurde, und
das durch den Analysator hindurchgelassen wird, ist gleich:
E1 cosθ
wobei E1 das Feld des Lichts, das durch den Polarisator hindurchgelassen wird und auf den Analysator fällt; θ ist der Winkel zwischen
den Transmissionsrichtungen vom Polarisator und Analysator. Die
Intensität ist zum Quadrat des Kosinus des Winkels proportional:
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die Polarisation des Lichts
Gesetz von Malus8: Wenn der Winkel zwischen den Transmissionsrichtungen gleich θ ist, ist die Intensität der durchgelassenen Welle
I = I 0 cos2 θ
wobei I0 das Maximum der hindurchgelassenen Intensität ist.
Demonstrationsexperiment: Polaroidfolie mit sichtbarem Licht
Zwei Polaroidfolien (Polarisator-Analysator-System).
501
Wir beobachten die Intensität des Lichts durch zwei Polaroidfolien,
die als Polarisator und Analysator wirken. Siehe Abb. 48.
Figur 48.
8. E.L. Malus (1775-1812).
Physik
502
Elektromagnetismus
Demonstrationsexperiment: Gitter mit 3cm elektromagnetischen
Wellen (Mikrowellen).
Polarisation von Mikrowellen.
Wir zeigen experimentell, dass ein metallisches Gitter die Rolle eines
Polarisators für Mikrowellen spielen kann. Das Gitter wird zwischen
die Quelle und den Empfänger gestellt (Siehe Abb. 49) und wir beobachten die Intensität, die vom Empfänger gemessen wird, als Funktion der Richtung des Gitters. Das Gitter wird gedreht und die
Intensität ändert sich entsprechend.
Figur 49.
Physik, SS2005, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
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