KANT KANTON ZÜRICH Fachtagung „Abhängigkeit in Würde!“ vom 11. Januar 2007 Workshop 1 Würde in der Pflege: Vom schwierigen Umgang zwischen Nähe und Distanz Von Ursa Neuhaus Zusammenfassung / Arbeitsblatt Pflegende sind in ihrem Berufsalltag herausgefordert, in jeder Handlung die Würde ins Zentrum zu stellen. So steht es im Berufskodex der Pflege (SBK, 2002). Jede Handlung würdig zu gestalten ist eine Kunst, die gelernt werden muss. Darum sind Pflegende für moralische Situationen zu sensibilisieren. Sie müssen unterschiedliche Werte und Normen wahrnehmen können. 3 Thesen aus dem Workshop - Damit die Pflegenden würdige Situationen gestalten können, müssen sie schnell und kompetent die bestmögliche moralische Entscheidung in einer schwierigen Situation treffen können. Ein Entscheidungsfindungsmodell kann in solchen Situationen eine Stütze im Entscheidungsprozess sein. Das Modell sollte ermöglichen, dass durch das Erzählen die Nähe und durch das Nachdenken darüber die Distanz zur Situation ausgeübt werden kann. - Jede Situation ist einmalig und unterschiedlich. Trotzdem, für die Beteiligten ist es ein gemeinsam erlebtes Ereignis. Auf der Suche nach dem gemeinsamen Nenner kann die Fragen nach dem Grund bzw. Sinn der Situation eine Hilfe sein. Die Sinnfrage führt dazu, Zusammenhänge verstehen, das Bedeutsame erkennen und Distanz zur Situation wahren zu können. - Das Erkennen der Schwierigkeit in einer Situation reicht jedoch nicht aus, um handeln zu können. Das Erkannte muss den Pflegenden zur Aufgabe werden. Sie müssen sich mit der Aufgabe identifizieren können, um das Notwendige in der Handlung auszuführen. Literaturverzeichnis Helfrich, C. 1995) „Es ist ein Aschensommer in der Welt“ Rose Ausländer. Weinheim, Berlin: Quadriga Verlag. Kant, I. (2000) Grundlagen zur Metaphysik der Sitten (1785). Stuttgart: Reclam. Mirandola della, Pico (2005) De hominis dignitate. Über die Würde des Menschen. (1486/87). Stuttgart: Reclam. Neuhaus, U. (2002) „Als es nie recht war …“ - Zur Ethik des Augenblicks. In: Glöckler, M. (Hrsg.) Spirituelle Ethik. Dornach: Verlag am Goetheanum. Neuhaus, U. (2005) Der ethische Entscheidungsprozess. Arbeitsskript. Aarau: WE’G. Pieper, A. (1997) Selber denken. Anstiftung zum Philosophieren. Leipzig: Reclam Verlag. Schweizerischer Berufsverband für Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (2003). Ethik in der Pflegepraxis. Bern: SBK-ASI. Steiner, R. (1995) Die Philosophie der Freiheit. GA 4. Dornach: Rudolf Steiner Verlag. Thomasma, D. C. (1994) Toward a New Medical Ethics: Implications for Ethics in Nursing. In: Benner, P. (ed.) Interpretive Phenomenology. Embodiment, Caring, and Ethics in Health and Illness. Thousand Oaks, London, New Dehli: SAGE Publications. Tösstalstrasse 23 – 8400 Winterthur – Tel. 052 202 51 11 – Fax 052 202 52 62 – [email protected] - www.curaviva-zh.ch KANT KANTON ZÜRICH Fachtagung „Abhängigkeit in Würde!“ vom 11. Januar 2007 Entscheidungsfindungsmodell nach Neuhaus (2005) Beschreibung der Schritte Thema 1. Situationsbeschreibung Die Realität Was ereignete sich tatsächlich? Aus der Sicht - der Pflegenden / Betreuenden - der Patientin / des Patienten - der Angehörigen - andere mitbeteiligte Personen Welche Gedanken und Gefühle beschäftigen mich? 2. Einflussfaktoren in der Situation Welche Einflussfaktoren wirken auf die Situation? - Beziehung (Rollenverständnis, persönliche und berufliche Werte, Befinden) - Lebens- und Krankheitsverlauf - Umgebung Die Sinnfrage 3. Ethischen Aspekte der Situation Wie wird die Situation eingeschätzt? Wie lautet die ethische Fragestellung, welche sich aus der Situation ergibt? 4. Entscheidungsperson Bewusst werden Authentizität Wer muss in dieser Situation entscheiden? Wer trägt die rechtliche Verantwortung? Welche Aufgabe fällt den Pflegenden zu? 5. Handlungsmöglichkeiten Welche möglichen Handlungen gibt es zur Lösung der Situation? Handeln Schritt für Schritt 6. Entscheidung Es wird entschieden, welche Handlungsmöglichkeit durchgeführt wird. 7. Durchführung Die Handlungen werden durchgeführt und dokumentiert. Es ist klar, wer für was zuständig ist. Fähigkeitsbildung 8. Evaluation & Reflexion Wer evaluiert und reflektiert die Situation wann und wo? Lebensdankbarkeit Bemerkungen Tösstalstrasse 23 – 8400 Winterthur – Tel. 052 202 51 11 – Fax 052 202 52 62 – [email protected] - www.curaviva-zh.ch