Versuchsanleitung Polarisation

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Naturwissenschaftlich-Technische Fakultät
Fachrichtung Physik
UNIVERSITÄT
DES
SAARLANDES
Physikalisches Grundpraktikum
Probestudium Physik 2017
Polarisation
Werde ich wohl
durchgehen?
Dilemma eines Photons
Grundpraktikum Physik: http://grundpraktikum.physik.uni-saarland.de/
0H
Version 3 (1/2017 MD)
2
Polarisation
Sicherheitshinweise
Bei diesem Versuch arbeiten Sie mit Lasern (Leistung 1 mW), die bei falschem Umgang zu
Augenschäden führen können. Die folgenden Regeln dienen Ihrer eigenen Sicherheit während
der Arbeit im Labor
•
Schauen Sie niemals direkt in den Laserstrahl.
•
Ihre Augen sollten sich niemals auf der Höhe des optischen Tisches befinden. Schauen
Sie immer von oben auf das Experiment.
•
Wegen der möglichen unkontrollierten Reflexion des Laserlichtes dürfen Sie an den
Händen keine Ringe, keine Armreife und keine Armbanduhr tragen. Lange Halsketten
sollten Sie ebenfalls ablegen.
•
Der Laserstrahl darf beim Experimentieren niemals über den eigenen Tisch hinaus
leuchten. Hierfür befinden sich bei jedem Arbeitsplatz entsprechende schwarze und
weiße Abschirmungen zum Abfangen des Laserstrahls.
1.
Ziel des Versuchs
In diesem Versuch wird Licht als elektromagnetische Welle betrachtet. Am Phänomen der
Polarisation wird in diesem Versuch erfahrbar, dass Licht eine Transversalwelle ist. Der Versuch soll auch dazu anregen, die erzielten Ergebnisse im Photonenbild des Lichts zu interpretieren.
2.
Einführende Literatur
•
Wikipedia Polarisation
http://de.wikipedia.org/wiki/Polarisation
•
D. Meschede, Gerthsen Physik
25. Auflage (Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2015)
Kap. 11.2
http://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-662-45977-5
•
H. J. Eichler, H.-D. Kronfeldt, J. Sahm, Das Neue Physikalische Grundpraktikum
3. Aufl. (Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2016) S. 335
http://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-662-49023-5
•
V. Scarani, L. Chua, S. Liu, Six Quantum Pieces
(World Scientific, Singapore 2010)
Chap. 1
(Die Web-Links für die Bücher erlauben den Zugriff im Netz innerhalb der Universität des Saarlandes)
Titelbild „Dilemma eines Photons“ nach [1]
Polarisation
3
3.
Grundlagen
3.1
Licht als elektromagnetische Welle
Das Licht besteht aus elektromagnetischen
Wellen, die transversal sind. Solche Wellen kön
nen linear polarisiert sein; d.h. der E -Vektor und der B -Vektor schwingen jeweils senkrecht
zueinander in einer festen Ebene, die durch den Vektor der Ausbreitungsrichtung und dem
jeweiligen Feldvektor aufgespannt werden (Abb. 1).
Elektrisches Feld
E
Ausbreitungsrichtung
B
Magnetfeld
Abb 1: Elektrischer und magnetischer Feldvektor einer elektromagnetischen
Welle [2].
Man kann jede elektromagnetische Strahlung als Überlagerung von unterschiedlich linear
polarisierten Wellen auffassen. Das Licht einer Glühbirne enthält, über längere Zeiten betrachtet, alle möglichen Polarisationsrichtungen. Bei weißem Licht ändert sich für den aus
Vektoraddition aller monochromatischen Komponenten resultierenden momentanen Feldvektor sowohl Betrag als auch Richtung statistisch. Durch ein Polarisationsfilter (Polarisator)
kann man daraus linear polarisiertes Licht ausfiltern, indem nur Wellen einer Schwingungsrichtung des Feldvektors durchgelassen werden.
3.2
Polarisatoren
E|
E0
E ||
E0
Detektor
Lichtquelle
Polarisator
Analysator
Abb 2: Ein Linearpolarisator lässt nur die Feldkomponente parallel zur Polarisatorrichtung durch. Der nachgeschaltete Analysator bestimmt die Feldkomponente parallel zur Analysatorrichtung.
Unter einem Polarisator versteht man ein optisches Element, mit dessen Hilfe aus unpolarisiertem Licht Licht mit einem definiertem Polarisationszustand erzeugt werden kann. Dazu
wird die Abhängigkeit der Ausbreitungseigenschaften von Licht von seiner Polarisationsrichtung in bestimmten Materialien benutzt. Je nach Typ der erzeugten Polarisation spricht man
von einem Linearpolarisator, Zirkularpolarisator oder einem elliptischen Polarisator. Allen
Polarisatoren liegt das gleiche physikalische Funktionsprinzip zugrunde: Polarisatoren besitzen eine optisch asymmetrische Komponente, die in der Lage ist, Licht der unerwünschten
4
Polarisation
Polarisationsrichtung zu unterdrücken. Dazu werden im Wesentlichen vier Mechanismen
verwendet: Reflexion, Streuung, richtungsselektive Absorption (Dichroismus) und Doppelbrechung. Abb. 2 zeigt das Prinzip eines Linearpolarisators.
Im Versuch werden dichroitische Polarisationsfilter benutzt. Von Dichroismus spricht man,
wenn ein Material eine bestimmte Polarisationskomponente bevorzugt absorbiert. Schwingt
das elektrische Feld in einer durch das Material ausgezeichneten Richtung, so ist das Material
für Licht undurchlässig, während es senkrecht dazu transparent ist. Ein Drahtgitter ist ein einfaches dichroitisches System für cm-Wellen. Schwingt das elektrische Feld parallel zu den
leitenden Drähten, so tritt aufgrund der in den Drähten induzierten Ströme eine starke Absorption auf, für die dazu senkrechte Richtung ist die Absorption dagegen sehr klein. Das Prinzip
lässt sich auf dichroitische Materialien, die mit Licht im sichtbaren Bereich arbeiten, direkt
übertragen.
3.3
Gesetz von Malus
Das Gesetz von Malus [3] (benannt nach Étienne-Louis Malus [4]) beschreibt die Transmission von linear polarisiertem Licht der Intensität I0 durch einen (perfekten) Analysator als
Funktion des Winkels θ zwischen der ursprünglichen Polarisationsrichtung und der Achse des
Analysators:
I = I 0 cos 2 θ
(1)
Für unpolarisiertes Licht (eine gleichverteilte Mischung linear polarisierten Lichts über alle
Polarisationsrichtungen) ergibt sich durch den Mittelwert von cos2θ
I 1
=
I0 2
(2)
Tatsächlich ist die Transmission von unpolarisiertem Licht durch die hier benutzten Polarisationsfolien ungefähr 40%.
Das Gesetz von Malus lässt sich vollständig im Wellenbild der elektromagnetische Strahlung
verstehen (s. Abb. 2). Das Gesetz von Malus ist unabhängig von der ursprünglichen Lichtintensität. Wenn wir die Intensität so weit verringern, dass einzelne Photonen beobachtbar werden, erhalten wir das gleiche Ergebnis, d.h. jedes Photon trägt die Information über die Polarisation des Lichts. Wenn der Analysator in einem Winkel von 45° zum Polarisator steht, gilt
für die durchgelassene Intensität I = I0/2 (Gl. (1)). Im Photonenbild ist die Intensität proportional zur Anzahl der Photonen, die in einem Zeitintervall durchgelassen werden multipliziert
mit der Energie jedes Photons. Da Polarisatoren die Wellenlänge des Lichts nicht ändern,
muss auch die Energie der Photonen vor und nach dem Durchgang durch den Polarisator
gleich sein. Die einzige Möglichkeit, die Reduktion der Intensität um 50% beim Durchgang
durch den Analysator unter 45° zu erklären ist, dass nur die Hälfte der senkrecht polarisierten
Photonen den Analysator unter 45° passieren. Von den durchgelassenen Photonen werden alle
auch durch einen zweiten Analysator unter 45° durchgelassen. Dies ist nur möglich, wenn
sich die ursprüngliche senkrechte Polarisation der Photonen zu einer 45°-Polarisation geändert hat.
Diese Schlussfolgerung unterscheidet sich radikal von der Anschauung der klassischen Physik. Ein Strom identisch vertikal polarisierter Photonen kann zur Hälfte den Analysator unter
45° passieren und zur Hälfte nicht. Es zeigt sich auch, dass die zeitliche Verteilung der Photonen, die durchgelassen oder absorbiert werden, zufällig ist, wie die Ergebnisse einer Reihe
von Münzwürfen. Damit hat jedes Photon eine Wahrscheinlichkeit von 50% durchgelassen zu
Polarisation
5
werden und von 50% absorbiert zu werden. Verallgemeinert gilt, das die Wahrscheinlichkeiten für den Durchlass durch cos2(θ) und für die Absorption durch sin2(θ) gegeben sind.
4.
Versuchsaufbau und Versuchsdurchführung
Als Lichtquelle dient ein Dioden-Laser, der rotes Licht (teilweise polarisiert) mit einer Wellenlänge von 650 nm und einer Leistung von 1 mW emittiert. Die Intensität der Strahlung
wird mit einer Fotodiode gemessen. Dabei entsteht ein Fotostrom (typisch im Bereich von 1
µA bis 100 µA), der proportional zur Bestrahlungsstärke ist. Der Fotostrom kann mit einem
empfindlichen Strommessgerät direkt gemessen werden. Eine andere, hier benutzte Möglichkeit ist, den Spannungsabfall über einen Lastwiderstand zu messen, der mit der in Sperrrichtung geschalteten Fotodiode in Reihe geschaltet ist. Abb. 3 zeigt die Schaltung. Die Fotodiode
ist mit 5 V in Sperrrichtung geschaltet, d.h. ohne Beleuchtung fließt kein Strom, außer einem
sehr kleinen Dunkelstrom. Sobald die Diode einen Fotostrom erzeugt, fließt dieser über den
Lastwiderstand RL = 20 kΩ und erzeugt einen Spannungsabfall U, der zum Fotostrom proportional ist. Diese Spannung von einigen Volt kann mit einem einfachen Multimeer gemessen
werden.
-
RL = 20 kΩ
+
U
Abb 3: Schaltung der Fotodiode zur Messung des
Fotostroms über die an einem Lastwiderstand RL
abfallende Spannung U.
Analysator
Fotodiode
Polarisator
Laser
Multimeter
Abb 4: Anordnung von Laser, Polarisatoren und Fotodiode auf der optischen
Bank.
6
Polarisation
Als Polarisatoren bzw. Analysatoren werden dichroitische Polarisationsfolien benutzt. Diese
Polarisationsfilter erzeugen linear polarisiertes Licht mit einem Polarisationsgrad von etwa
99%. Abb. 4 zeigt die Anordnung der einzelnen Komponenten auf der optischen Bank.
Aufgabe 1:
Machen Sie sich mit dem Versuchsaufbau vertraut. Justieren Sie (ohne Polarisatoren) den
Laser und die Fotodiode so, das der Laser optimal die Fotodiode ausleuchtet. Messen Sie den
Spannungsabfall über den Lastwiderstand RL mit und ohne Laserlicht. Setzen Sie nun einen
Analysator vor den Laser und messen Sie die Polarisation des Laserlichts als Funktion des
Analysatorwinkels zwischen 0° und 90° in 10°-Schritten.
Aufgabe 2: Gesetz von Malus
Setzen Sie einen Polarisator vor den Laser und justieren ihn auf maximalen Durchlass. Messen Sie mit der Fotodiode die Lichtintensität I hinter dem Analysator als Funktion des Analysatorwinkels θ zwischen -90° und +90° in 5°-Schritten. Stellen Sie die Messergebnisse in der
Form I = f(θ) graphisch dar und vergleichen Sie die Ergebnisse mit dem theoretischen Verlauf
(siehe Hinweise zur Datenauswertung).
Aufgabe 3: Drei-Polarisatoren-Experiment
Bringen sie Polarisator und Analysator in gekreuzte Stellung und stellen Sie einen dritten Polarisator dazwischen. Variieren sie die Winkelstellung des dritten Polarisators und beobachten
Sie dabei die Änderung der Lichtintensität. Für welche Stellung des mittleren Polarisators ist
der durchgehende Strahl am intensivsten? Erklären Sie, warum durch den Einsatz des dritten
Polarisators das Licht vom Analysator teilweise durchgelassen wird und versuchen Sie, das
Gesetz von Malus (Gl. (1)) für den Fall von 2 Polarisatoren und 1 Analysator zu erweitern.
5.
Hinweise zur Datenauswertung
Sie können natürlich die Ergebnisse Ihrer Messungen „traditionell“ mit Taschenrechner und
Zeichnungen auf Papier auswerten.
Allerdings gibt es speziell zur Auswertung und Darstellung wissenschaftlicher Messungen
eine Reihe von mehr oder weniger benutzerfreundlichen PC-Programmen. Eines ist das Freeware-Programm SciDAVis, das Sie unter http://scidavis.sourceforge.net/ herunterladen können
und das auch auf den PCs im Praktikum installiert ist.
•
Tragen Sie Ihre Messwerte für die Winkel als X und die gemessene Spannung U als Y in
eine Tabelle in SciDAVis ein. Geben Sie den Spalten aussagekräftige Namen.
•
Normieren Sie die Spannungswerte auf 1: Rechtsclick auf den Spaltenkopf => Normalize
Columns.
•
Erzeugen Sie eine Grafik: Markieren Sie die erzeugten Spalten mit dem Winkel (x-Spalte)
und der normierten Spannung (y-Spalte) und wählen Sie Plot => Scatter. Mit einem Doppelclick auf die x- bzw. y-Achse erhalten Sie ein Menü, in dem Sie den Bereich der Darstellung, die Formatierung und die Achsenbeschriftung ändern können.
•
Ergänzen Sie Ihre Grafik mit einem Plot des Gesetzes von Malus (Gl. (1)). Öffnen Sie das
Menü Graph => Add Function…Geben Sie die Funktion in der Syntax von SciDAVis
ein: (cos(x*3.14159/180))^2. Achtung: SciDAVis denkt bei Winkeln in radian und nicht
in Grad. Deshalb müssen alle Winkelwerte in Grad mit dem Faktor π/180° multipliziert
werden. Setzen Sie Grenzen für die Darstellung der Funktion sinnvoll.
Polarisation
Geräteliste
•
•
•
•
•
Optische Bank
Rote Laser-Diode
Osram Silicon PIN Photodiode BPW 34
Folien-Polarisatoren und -Analysatoren
Multimeter
Literatur
[1]
V. Scarani, L. Chua, and S. Liu, Six Quantum Pieces
(World Scientific, Singapore 2010) p. 12
[2]
P.A. Tipler und G. Mosca,Physik für Wissenschaftler und Ingenieure,
7. Auflage (Springer Spektrum, Berlin Heidelberg 2015) S. 988
http://link.springer.com/book/10.1007%2F978-3-642-54166-7
[3]
M. Malus, Mémoire sur la mesure du pouvoir réfringent des corps opaques, Nouveau
bulletin des sciences de la société philomatique de Paris 1 (1807) 77
[4]
B. Kahr and K. Claborn, The Lives of Malus and His Bicentennial Law, ChemPhysChem 9 (2008) 43
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