3. Süddeutscher Hypophysen- und Nebennierentag 05.05.2007 Beschwerden bei Hypophyseninsuffizienz - anhand von Fallbeispielen - Ann-Cathrin Koschker Schwerpunkt Endokrinologie Uniklinik Würzburg Was IST eine Hypophyseninsuffizienz? Was IST eine Hypophyseninsuffizienz? Hypophyse – Hirnanhangsdrüse Insuffizienz – unzureichende Funktionsfähigkeit eines Organs Das kann im Fall der Hypophyse alle ihre Funktionen betreffen oder nur einzelne Funktionen („partielle Hypophyseninsuffizienz“), wobei die jeweiligen Funktionen vollständig ausgefallen oder nur beeinträchtigt sein können. Was macht die Hypophyse eigentlich? Der Hypothalamus und die ihm nachgeschaltete Hypophyse sind elementarer Bestandteil mehrerer hormoneller Regelkreise Was macht die Hypophyse eigentlich? Sie bildet… ACTH TSH Wachstumshormon LH und FSH Prolaktin …und setzt ADH frei Was passiert bei einer Hypophyseninsuffizienz? Fall 1: Frau R., *1971 Vorerkrankungen: Neurodermitis Autounfall 1978 Blinddarmoperation 1989 August 2000: Nach einer unkomplizierten Schwangerschaft bekommt Frau R. ihr erstes Kind, ein gesundes Mädchen Aktuelle Medikation: “Pille” Fall 1: Frau R., *1971 Mitte September 2000, Vorstellung bei einer Internistin: Fall 1: Frau R., *1971 Oktober 2001, stationäre Aufnahme: Diagnose einer sekundären Nebenniereninsuffizienz, sekundären Hypothyreose, hypogonadotropen Hypogonadismus, Wachstumshormonmangel: Komplette Hypophysenvorderlappeninsuffizienz V.a. Sheehan-Syndrom Dezember 2001, ambulante Verlaufskontrolle: geht soweit gut unter Substitution mit Hydrocortison 10-5-0mg, 50µg L-Thyroxin und Cyclo-Menorette; Noch deutliche Einschränkung der Libido Fall 1: Frau R., *1971 April 2007: Die Patientin bringt mit geplantem Kaiserschnitt ein gesundes Kind zur Welt. Die Schwangerschaft kam nach Stimulationsbehandlung in Zusammenarbeit mit der gynäkologischen Abteilung zustande. In der Schwangerschaft erfolgten die notwendigen Dosisanpassungen von Hydrocortison und LThyroxin. Patientin und Kind sind wohlauf. Fall 2: Herr B., *1939 Mai 2005: Ein 66-jähriger Patient wird stationär eingewiesen mit Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfällen seit mehreren Tagen, ausgesprochene Kraftlosigkeit, Kopfschmerzen Im vergangenen Jahr habe er 20kg Gewicht verloren, auch sei er im letzten Jahr schon nicht mehr leistungsfähig gewesen, habe einen deutlichen Kraftverlust gehabt Fall 2: Herr B., *1939 Vorerkrankungen: Asthma bronchiale Glaukom (grüner Star) Januar 2004: Wegen Verlust der Körperbehaarung beim Hautarzt gewesen, keine Ursache gefunden. Zunehmende Schlappheit, Verlust der Libido schon schleichend seit Monaten, Erektionsprobleme, Schmerzen in Armen und Beinen, v.a. nachts. “V.a. Depression”, “V.a. Sarkoidose” Fall 2: Herr B., *1939 Fall 2: Herr B., *1939 Nun in der Klinik: Natrium im Serum 128mmol/l (erniedrigt), Kalium normal, Hb (roter Blutfarbstoff) 11,8 (erniedrigt), Cortisol (morgens um 8.00h) stark erniedrigt und ACTH unter der Nachweisgrenze, Testosteron ebenfalls, fT4 deutlich erniedrigt bei niedrigem TSH, IGF-1 niedrig: Vollständige Hypophysenvorderlappeninsuffizienz Gabe von 100mg Hydrocortison i.v. als Bolus und weitere 100mg als Dauerinfusion über 24h, dann Umstellung auf Hydrocortison in Tablettenform. Beginn L-Thyroxin. Fall 2: Herr B., *1939 MRT: 1,7cm großer Hypophysentumor, in der Diagnostik ohne Hormonproduktion Wenige Tage später Übernahme in die Neurochirurgie, wo der Hypophysentumor gut entfernt werden kann Fall 2: Herr B., *1939 November 2005: Herr B. hat 7 kg zugenommen, mehr möchte er nicht an Gewicht zunehmen, daher treibt er viel Sport. Mit Hydrocortison und L-Thyroxin fühlt er sich wieder “wie er selbst”. Er hat mittlerweile auch ein Testosteronpräparat, seitdem sei auch die Libido wieder “wie vorher”. Im MRT kein Anhalt für ein Nachwachsen des Tumors. Klinische Zeichen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 79 Patienten mit sekundärer NNR-Insuffizienz Häufigkeit in % 0 Müdigkeit/Leistungsmangel Müdigkeit/Leistungsmangel Kopfschmerzen Kopfschmerzen Abnahme des sexuellen Interesses Libidoverlust Verlust von Achsel-u. Verlust d. Sekundärbehaarung Schambehaarung Hauttrockenheit Hauttrockenheit art. Hypotonie niedriger Blutdruck Muskel-u. Gelenkschmerzen Muskel- u. Gelenkschmerzen Blässe Gewichtsverlust Erbrechen Blässe Gewichtsverlust Erbrechen 10 20 30 40 50 60 70 Nebennierenkrise In Stresssituationen droht Gefahr („Nebennierenkrise“): Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, niedriger Blutdruck und Blutzucker, schwere Blutsalzverschiebung, Eintrübung bis zum Koma Hydrocortison! Fehlen/verminderte Bildung von TSH und damit der Schilddrüsenhormone: Schlapp, müde, nicht leistungsfähig Gewichtszunahme Leichtes Frieren Trockene Haut, Haarausfall, brüchige Nägel Langsamer Puls, niedriger Blutdruck Neigung zu Verstopfung Wachstumhormonmangel Störung des Wohlbefindens Veränderte Fettverteilung, mehr Fett im Bauchbereich Ungünstige Auswirkungen auf HerzKreislauf-System Osteoporose Was lernen wir daraus? …die take-home-messages… … Die Hypophyse ist ein lebenswichtiges Organ Das Stellen der Diagnose einer Hypophyseninsuffizienz ist nicht banal, ihre Symptome sind häufig typisch, aber unspezifisch und vielfältig Viele der Beschwerden können mit Hilfe einer Substitution der fehlenden Hormone gebessert oder beseitigt werden, aber immer noch fühlen sich Patienten mit Hypophyseninsuffizienz im Durchschnitt schlechter als Gesunde, auch mit einer Standard-Substitutionstherapie Patienten mit einer Hypophyseninsuffizienz, v.a. mit einer sekundären NNInsuffizienz, müssen gut geschult werden, damit sie eine sich anbahnende NN-Krise erkennen und darauf reagieren können Vielen Dank! Prospektive Studie zum Auftreten von Nebennierenkrisen bei chronischer primärer oder sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz Ziel: Aufklärung von Häufigkeiten, typischen Ursachen bzw. Risikofaktoren für das Auftreten von Nebennierenkrisen Entwicklung von Vermeidungsstrategien Prospektive Studie zum Auftreten von Nebennierenkrisen bei chronischer primärer oder sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz Wer kann teilnehmen? Patienten mit chronischer (Krankheitsdauer > 6 Monate) primärer o. sekundärer NN-Insuffizienz und dauerhafter Hormonersatztherapie mit Hydrocortison, Cortisonacetat o. Prednison/Prednisolon. Alter ≥ 18 Jahre Keine zusätzliche Dauertherapie mit „Cortison“-Präparaten in hoher Dosis wegen anderer Erkrankungen wie z. B. Asthma oder rheumatische Erkrankungen Prospektive Studie zum Auftreten von Nebennierenkrisen bei chronischer primärer oder sekundärer Nebennierenrindeninsuffizienz Ablauf der Studie: Dauer 2 Jahre Alle 6 Monate Kontaktaufnahme (insgesamt 5 x) per Postweg und Befragung mittels Fragebogen zu Allgemeinbefinden, Notwendigkeit von Dosisanpassungen der Glucocorticoiddosis, notwendigen Krankenhausaufenthalten, möglicherweise stattgefundenen Nebennierenkrisen Es ist keine persönliche Vorstellung in Würzburg notwendig