22 wissenschaft & praxis Schilddrüsenkonsens: Schilddrüse und Schwangerschaft Schilddrüsenerkrankungen sind in Österreich bei jüngeren Frauen häufig zu finden. Sowohl Hypo- als auch Hyperthyreose reduzieren die Konzeptionsfähigkeit – unbehandelt führen sie bei Empfängnis zur Schädigung des Feten. Das im Mutter-Kind-Pass in der 16. Woche vorgesehene Labor beinhaltet kein TSH-Screening. Um fetalen Schädigungen vorzubeugen, wissenschaft & praxis ist die TSH-Bestimmung bei jeder Frau in der 12. Schwangerschaftswoche (SSW) dringend anzuraten – bei Frauen mit entsprechender Anamnese bereits in der 8.-10. SSW. Thyroxinsubstitution bei Werten >2,5. Jodsubstitution 100μg/die ist bei allen euthyroten Schwangeren (auch während der Stillzeit) indiziert, da 10 % aller Schwangeren unter Jodmangel leiden (erhöhte Strumarate der Mutter, kindliche Entwicklungsverzögerung mit reduziertem IQ). Achtung: kontraindiziert bei bestehender Hyperthyreose. Hypothyreosen bei Schwangeren verlaufen oft beschwerdefrei oder werden als Schwangerschaftsbeschwerden fehl gedeutet und bleiben unentdeckt (erhöhte Abortrate, Präeklampsie, geringes Geburtsgewicht und Beeinträchtigung der mentalen und motorischen Entwicklung des Feten). Die Therapie einer Hypothyreose bei Neugeborenen muss binnen der ersten zwei Lebenswochen etabliert sein! (Häufigkeit 1:4000 /5% maternale Ursachen; Symptome: Trinkschwäche, Motorik, Nabelhernie und Ikterus prolongatus) Aus einer subklinischen Hypothyreose während der Gravität kann sich in den Folgejahren eine manifeste Hypothyreose entwickeln. Eine unbehandelte Autoimmunthyreoiditis bedeutet ein erhöhtes Risiko einer Früh- oder Fehlgeburt. Möglichst frühe und engmaschige Kontrollen der TSH- und fT4-Werte ermöglichen eine an die individuellen Werte angepasste Gabe von Levothyroxin. Eine scheinbare subklinische Hyperthyreose in der Frühschwangerschaft ist oft HCG-induziert (häufig begleitet von Hyperemesis gravidarum) und physiologisch. Initial keine Medikation. Kontrolle nach vier Wochen und post partum. Bei einer manifesten Hyperthyreose, M. Basedow und Hashimoto-Thyreoiditis besteht eine erhöhte Abortrate, die Gefahr einer Präeklampsie, einer retardierten Entwicklung sowie Fehlbildungen bis hin zu einem intrauterinen Fruchttod. Die Hyperthyreose-Therapie gehört in die Hände eines/ einer SpezialistIn, da ab der 20. SSW eine fetale Hyperthyreose entstehen kann. Bei 2% der Neugeborenen kommt es zu einer neonatalen Hyperthyreose, daher sind ein postpartales Monitoring und das Zuziehen eines/einer NeonatologIn erforderlich. Hinter einer Hyperthyreose bei Neugeborenen steht fast immer einer maternale Erkrankung (Häufigkeit 1:50.000; Symptome: SGA [small for gestional age], Tachykardie, Motorik, Gewichtszunahme, Struma, Ikterus, Hepathosplenomegalie, Thrombopenie), führt unbehandelt zu einer Beeinträchtigung in der ZNSEntwicklung und geht mit einer erhöhten Mortalität einher. Postpartum-Thyreoiditis: Hinter einer postpartalen Depression kann sich eine Postpartum-Thyreoiditis verbergen, zu der es bei 5-8 % aller Schwangeren kommt. Nach ca. einem Jahr wird meist wieder ein euthyroter Zustand erreicht. Stillen unter Thyreostatikatherapie: Eine gut eingestellte Dosierung erlaubt ein normales Stillen. Die wichtigsten Take Home Messages des zehn Seiten umfassenden Schilddrüsenkonsens, der nachzulesen ist unter: http://bv-nuklearmedizin.at/downloads/konsensschwangerschaftfinalv14012009.pdf I Präkonzeptionelle Abklärung Die Abklärung einer SD-Erkrankung während der Gravidität schwierig II Die SD-Medikation während der Schwangerschaft nicht absetzen III Einem unerfüllten Kinderwunsch kann eine Hypothyreose zugrunde liegen – Werte noch im Normalbereich können bereits zu niedrig sein! ■ Einer Hyperemesis gravidarum kann eine SD-Erkrankung zugrunde liegen. ■ Szintigrafie während der Gravidität kontraindiziert! ■ Patientinnen mit entsprechender Anamnese gehören im Idealfall bereits vor Beginn der Gravidität zum/zur SpezialistIn. ■ Der Ausschluss einer SD-Erkrankung durch Sonographie und Bestimmung von TSH, fT4 (fT3) durch den/die HausärztIn erspart Wartezeiten auf einen Termin in den überfüllten Schilddrüsenambulanzen. ■ Schwangere haben einen erhöhten Jodbedarf (Ernährung und medikamentöse Substitution). ■ Ein Absetzen der SD-Medikation kann zu einer schweren Schädigung des Feten führen. ■ Hohe TRAK-Werte (Thyreotropin-Rezeptor-Autoantikörper) im 3. Trimenon erfordern eine neonatologische Betreuung des Feten. ■ Bei 10 % aller Schwangeren kommt es – bis zu zehn Jahre nach einer Postpartalen Thyreoiditis – zu einer n Späthypothyreose. Prof. Helene Breitschopf [email protected]