Wagen wir das Moderne Ein Jahr läuft dem anderen nach. Die Zeit rennt immer schneller und läuft uns davon. Im Wartezimmer der Praxis höre ich oft ältere Patienten, die über die schönen (?) alten Zeiten sprechen. Sie beklagen sich über die Schliessung der Postämter, die zusätzlichen Gebühren, wenn sie am Schalter zahlen, die Kontoführungsgebühren der Banken, das Fernsehen, das man mit der Antenne sah und für das man jetzt den Satelliten oder das Internet braucht. Nebenbei gesagt, was ist denn eigentlich dieses Interdet? Ist das der Lapis, der einem ihrer Vettern um den Kopf geflogen ist, oder war es vielleicht ein Kaktus? Auf jeden Fall braucht man ein schönes ketchup und wehe, wenn die Krankenkasse es wagt, die Beiträge zu erhöhen, Gott bewahre. Und auch die Sehkraft lässt nach und man bekommt die presbiterio und den gatta rata… und so weiter… Das alles ist Fortschritt und nichts mehr für sie. Darauf verzichten, verbessert die Sachlage allerdings nicht. Oder hätten sie lieber wieder den Katarakt mit Spitalaufenthalt wie vor 40 Jahren? Das glaube ich nicht. Ich habe gerade den Artikel eines jungen griechischen FEBO Kollegen gelesen, der eine Spaltlampe motorisiert hat, um sie mit Fernbedienung über das Smartphone benutzen zu können und die Bilder von den entfernt liegenden griechischen Inseln zu erhalten. Es hat vor, mit der Innendruckmessung das gleiche zu machen. Er hat dem griechischen Gesundheitsminister das Projekt vorgelegt, er hat Komplimente erhalten, aber dann nichts mehr gehört. In der Schweiz sind wir besser dran. Niemand dürfte mehr blind werden, weil er keinen Zugang zu Diagnose und Behandlung hat. Aber das alles kostet Geld. Abgesehen von den ethischen Betrachtungen bleibe ich davon überzeugt, dass es langfristig gesehen besser ist, vorzubeugen als dann später behandeln zu müssen. Und eines muss deutlich gesagt werden: Der größte Teil der ärztlichen und chirurgischen Eingriffe kostet im Vergleich zu denen vor 30 Jahren nicht mehr als damals. Und die bestmögliche Medizin wird es nie zu den niedrigsten Kosten geben, auch wenn bestimmte Politiker das gern hätten. Sogar ein Auto von heute scheint in Vergleich zu demselben Modell von vor 30 Jahren mehr zu kosten. Aber wenn wir die richtigen Vergleiche bei Sicherheit und Effizienz anstellen, gewinnt die Modernität, und das zudem zu einem tieferen Preis. Ich wünsche Ihnen allen und insbesondere den jungen Kolleginnen und Kollegen, die gerade Ihren Beruf anfangen, eine freudige und strahlende Zukunft. Und vergessen wir nicht: Sie werden es sein, die uns morgen operieren! Gian Luca Pedroli Präsident SOG SSO