Jubiläumswettbewerb mit neuen Bestmarken Der 20. Deutsche Fassadenpreis ist entschieden. Für den Wettbewerb 2011 wurden so viele Objekte eingereicht wie nie zuvor. Mit insgesamt 19 Prämierungen und 20.000 Euro Preisgeldern wurde ebenfalls ein neuer Rekord aufgestellt – und gezeigt: Farbige Fassadengestaltung mit Spitzenleistungen in Entwurf und Ausführung ist gefragter denn je. Wie gestaltet man gelungen, passend zum Nutzer und den Gegebenheiten sowie mit großem Gespür für Stil und Wirkung? Unzählige Zeitschriften und TV-Formate zeigen dies für den Innenraum auf. Für den Außenraum präsentiert der Deutsche Fassadenpreis die wegweisenden Referenzobjekte – 2011 zum zwanzigsten Mal in Folge. In den vergangenen Jahren wurde der von Brillux ausgelobte Wettbewerb zum immer präziseren Spiegel der farbigen Fassadengestaltung. In insgesamt sechs Kategorien beleuchtet er, wie Handwerker und Planer mit klugen Entwürfen und prägnanter Umsetzung die Gebäudehülle und damit auch die sie umgebenden Orte aufwerten: mit Lösungen für das Wohn- und Geschäftsumfeld; mit nuancierten Ideen für Plätze, wo gelernt, verwaltet und produziert wird; mit Konzepten, die gebaute Historie bewahren, die innovativ zum Klimaschutz beitragen und kreativ-künstlerisch Akzente setzen. 444 Wettbewerbseinreichungen hatte die kundige Fachjury zu beurteilen. Die zehn Preisrichter – Handwerksmeister, Architekten, Farbgestalter und Fachjournalisten – vergaben schließlich in vier von fünf Objektkategorien jeweils den 1., 2. und 3. Preis und eine Anerkennung. Der Förderpreis für künstlerische und designbetonte Arbeiten wurde drei Mal verliehen. Auf die insgesamt 19 Preisträger verteilt sich eine Gesamtpreisgeldsumme von 20.000 Euro. Seinen feierlichen Abschluss fand der 20. Deutsche Fassadenpreis am 14. September 2011 mit der Preisverleihung auf Gut Havichhorst bei Münster. Die Welt verändert sich in zwei Jahrzehnten – und das auch durchaus zum Besseren, wie der Juryvorsitzende und Architekt Prof. Jürgen Braun feststellte: “Die Bedeutung der Fassade und ihrer Gestalt ist gewachsen, für den Architekten und den Nutzer“, bemerkte der Juryvorsitzende im Rückblick auf 20 Jahre Deutscher Fassadenpreis. „Immer mehr Fassadensanierungen – Stichwort: Energieeinsparung – standen an, für viele eine gute Möglichkeit, einmal über die Gestaltung der Fassade nachzudenken.“ Dieses Nachdenken führt bei immer mehr am Bau Beteiligten, vom ausführenden Handwerker über den Planer bis hin zum Bauherrn, immer häufiger zu meisterhaften Fassaden-Farbkonzepten: solchen, die die architektonische Idee unterstützen und positive Signale in der gebauten Umwelt setzen. Für dieses wichtigste Wettbewerbskriterium haben alle 19 Preisträger eine überzeugende Interpretation gefunden – und dies in einer Vielfalt, die so reichhaltig ist wie das Farbenspektrum an sich. Ausgezeichnet wurden Fassadengestaltungen aus ganz Deutschland in den Kategorien Wohn- und Geschäftshäuser, Öffentliche Gebäude, Historische Gebäude und Stilfassaden sowie Energieeffiziente Fassadendämmung. Allein die Sparte Industrie- und Gewerbebauten blieb in diesem Jahr ohne Prämierung. In der Wettbewerbskategorie um den künstlerischen Förderpreis gewannen gleich drei Arbeiten. Kategorie: Wohn- und Geschäftshäuser 1. Preis – Ziegel und Putz in sehenswertem Zwiegespräch An der Alsterdorfer Straße in Hamburg ist ein neues Wohnquartier entstanden, das in vielerlei Hinsicht vorbildlich ist. Mit den komplexen Standortanforderungen – einer Straße im Norden und einer Schule im Süden des Gründstücks – geht der Entwurf gelungen um. Die drei viergeschossigen Flügel bilden einen ruhigen, besonnten Innenhof und sind so ausgerichtet, dass für die Bewohner ein hohes Maß an Privatheit und Wohnqualität realisiert werden konnte. Gebaute Heimat – das ist auch das Signal, das durch die Fassadengestaltung betont wird. Ein lebendig changierendes Ziegel-Vormauerwerk in roten bis zu weiß gefleckten Tönen gibt der Fassade ein unverwechselbares und doch regionaltypisches Flair. Offen und freundlich, dabei ruhig und souverän wirkt das Ensemble durch seine Akzentuierung: Die raue, strukturierte Steinoberfläche geht dazu eine geglückte Verbindung mit reinweißen Putzoberflächen ein. Sie bekleiden die Erdgeschossausschnitte, Gebäudeecken und das zurückgesetzte Staffelgeschoss. Auch Einzelfenster werden durch Paneelflächen aus Wärmedämm-Verbundsystem zu Gruppen zusammengefasst. „Der überraschende Wechsel der unterschiedlichen haptischen Ausbildungen der beiden Fassadenmaterialien ist spannungsreich und weckt Interesse. Die ‚Elefantenhaut’ der Ziegel nähert sich durch ihren Anteil an weißen Farbflecken dem Putz bis zu diesem freundschaftlichen Dialog“, befand die Jury und belohnte dieses ausgewogene, überraschende Konzept mit dem 1. Preis in der Kategorie Wohn- und Geschäftshäuser. Er geht an den ausführenden Malerbetrieb, Allguth Service aus Parchim, und das Planungsbüro, kbnk Architekten aus Hamburg. 2. Preis – grafische Aufwertung in dezenten Tönen Eine eiserne Regel der Fassadenfarbgestaltung lautet: Farbe folgt der Architektur eines Gebäudes, deutet Bauteile aus und hält sich ansonsten bei malerischer Gestaltung der reinen Oberfläche zurück. Wie Recht ein weiterer Grundsatz – „Keine Regel ohne Ausnahme!“ – hat, zeigt der 2. Preis im diesjährigen Wettbewerb um die bemerkenswertesten Fassaden von Wohn- und Geschäftshäusern auf. Mit ihm prämiert die Fachjury die ungewöhnliche Fassadenarbeit an einem Plattenbau. Hier stand die Bauherrin, die Kommunale Wohnungsgesellschaft Senftenberg, und der Malerbetrieb, die Swanenberg & Co. Bau aus Lohsa, vor der Aufgabe, eine extrem gleichförmig anmutende Fassadenfläche farbig zu gliedern und zu akzentuieren. Das Farbkonzept erhält seine Wirkung und Harmonie aus einem fein abgestimmten Duett aus Form und Farbe. Gemalte grafische Elemente in Form von rechtwinkligen Vielecken und Streifen folgen angeordnet als durchgehende Bänder entlang der Fensterlinien waagerecht und senkrecht dem baulichen Fassadenprofil. Als Kontrapunkt geben sich die Farbtöne bewusst zurückhaltend: Die Gestaltung trennt die Wohneinheiten durch Hell-Dunkel-Kontraste und beschränkt sich bei der Farbwahl auf das Mittel Farbe zu Nichtfarbe – in diesem Fall ein gelbanteiliges Grün zu zwei nahezu neutralen Grautönen. Eine ganz neue Wertigkeit des Wohnblocks ist das Ergebnis – und eine Auszeichnung an die Bauherren und den Malerbetrieb mit dem Deutschen Fassadenpreis. 3. Preis – klein, aber fein Charmant steht in einem Düsseldorfer Hinterhof ein kleines, architektonisch strenges und konsequentes Wohnhaus. Es lehnt sich am direkt angrenzenden Sichtmauerwerk an. Mit stilsicherer Bescheidenheit fügt sich der Bau ein: Zum ockerfarbenen Naturholz des aufgestockten obersten Geschosses, der Fensterbereiche und der Freiflächen gesellt sich an der Fassade lediglich ein neutrales Anthrazit der glatten Putzflächen. Sein Hellbezugswert und seine farbige Anmutung finden in den umgebenden Flächen ihre Entsprechung. „Die Farbe der Putzflächen wird durch die Komplementärwirkung mit Ocker ins Bläuliche gedrängt, das verleiht dieser Farbgebung einen zusätzlichen Reiz“, hebt die Jury hervor und unterstreicht die Stärken dieser Arbeit prägnant: Der Malerbetrieb Supianek (Hilden) für die Umsetzung und Buddenberg Architekten (Düsseldorf) für den Entwurf erhalten hierfür einen 3. Preis. Anerkennung – Architektur akzentuiert Das Feld der Preisträger in dieser Kategorie komplettieren der Malerfachbetrieb Bergener aus Niederorschel und das Architekturbüro Stadermann aus Hausen. Bei einem barrierefreien Mehrparteien-Wohnhaus im thüringischen Leinefelde-Worbis kombinierten sie aufgelockerte Architektur mit gelungener farblicher Fassung. Die Fassadenflächen sind in einem hellen Farbton gestrichen. Sie werden im Bereich des Aufzuges und des Treppenhauses auf der Nordost-Seite und der geschlossenen Wandscheibe auf der Südwest-Seite durchbrochen. Diese „Spange“ erhält einen Verbund zum Gebäude, da sie die Farbe der Sockelfläche, ein helles Ziegelrot, aufnimmt. Einen weiteren farblichen Blickfang stellen die türkisfarbenen Bereiche zwischen den Fenstern dar, die sich an den Außenflächen des Staffelgeschosses wiederholen. Die Jury würdigt Idee und Ausführung mit einer Anerkennung an den Malerbetrieb und die Architekten. Kategorie: Öffentliche Gebäude 1. Preis – eindringliche Farbgestaltung Wo, wenn nicht auf internationalen Bauausstellungen, kann man auf avantgardistische Impulse für innovative Konzepte hoffen? Im Rahmen der Hamburger IBA (2007 bis 2013) ist mit dem Haus der Jugend im Stadtteil Kirchdorf ein Stück Zukunft schon Gegenwart geworden. Der kühne, großvolumige Entwurf dieses Auftaktprojekts der Schau bildet zusammen mit der benachbarten Kirche einen inselhaften Platz. Beide Gebäude haben einen eigenständigen skulpturalen Charakter – und verbinden sich doch zu einem Ganzen durch die Fassadengestaltung des neuen Hauses der Jugend, in dem Räume für Sport, Freizeit und Bildung untergebracht sind. Die der Betonhülle der Kirche zugewandte Seite nimmt die Materialität auf und interpretiert sie autonom als rohe, facettierte Spritzbetonfläche. Weite Teile der Außenwände sind mit silbergrauen Aluminiumverbundtafeln umhüllt. Seine Strahlkraft erhält das Objekt durch wohlorchestrierte Paukenschläge in kräftigem Rot und Grün. Außen akzentuiert eine vierlagig aufgetragene rote Lasur Nischen und Ausschnitte des Baukörpers. Die eingeschnittenen Lichthöfe im Inneren werden hingegen als grün lackierte metallene „Futterale“ ausgebildet. Der gesamte Gebäudekomplex wirkt durch diese farbigen Einschlüsse extrem anziehend. Die Jury überzeugte „der hohe Aufforderungscharakter, verbunden mit einer magisch-suggestiven Farbgestaltung“ gänzlich. Der 1. Preis in der Kategorie Öffentliche Gebäude geht deshalb an die Baumeister dieses Objekts: den Hamburger Malereibetrieb Axel Stiboy und Kersten + Kopp Architekten aus Berlin. 2. Preis – freundlicher Ort in bedachten Farben Zu hohe Energiekosten, zu wenig Barrierefreiheit und steigerungsfähige Ausstrahlung – das 1973 gebaute Bürgerhaus im hessischen Viernheim hatte mit Mängeln zu kämpfen, die viele Kommunen kennen. Bei der Sanierung nutzen die Verantwortlichen die Chance, der Fassade ein neues Gesicht zu geben und damit wirkungsvolle Zeichen zu setzen. Der Gebäudekomplex – in dem neben Verwaltungsabteilungen auch eine Schule und ein Restaurant beheimatet sind – ist an sich schwer und gedrungen. Der kantigen Silhouette, den großen Fensterflächen und der drückend wirkenden Dachlinie setzt das neue Farbkonzept freundliche Leichtigkeit in Weiß, drei Grüntönen und Beige entgegen. Das Preisgericht zeigte sich beeindruckt, wie durch das jetzt hell gestaltete Fries und „kleine Flächen mit farbigen Streifen die massive Gebäudesituation aufgelockert wird“. Der neu designte Komplex wirkt jetzt auch viel einladender und strukturierter als zuvor, was Besuchern die Orientierung erleichtert. Die Jury würdigt diese Gestaltung mit einem 2. Preis. Über die Auszeichnung freuen sich mit Norgel + Bauer aus Viernheim die Maler, die die Idee perfekt umgesetzt haben, sowie die Planer, ammon + sturm architektur (Frankfurt) und Bläß Ingenieure (Viernheim). 3. Preis – Komposition für Orientierung und Heimatgefühl Die äußere Gestalt: angenehm unbunt in sandgrauen Flächen und mit weißen Fensterbetonungen. Die drei innen liegenden, verglasten Hofräume: wohlabgestimmte komplementäre Farbklänge in Gelb-Violett, Grün-Rot-Blau und Pinkrot-Zinnober. Zusammen: ein Senioren- und Pflegeheim in Bochum, das die architektonische Idee, Heimat und Orientierung zu schaffen, mit einem so mutigen wie subtilen Farbkonzept noch verstärkt. Besonders faszinierend wirkt, wie sich die kraftvolle Farbgebung der Innenhöfe auf die weißen Flure projiziert und sich der Außenraum so mit dem Innenraum in Beziehung setzt. Für die gelungene Ausführung war der Malerbetrieb Willi Schlagheck aus Dülmen-Buldern verantwortlich; dreibund architekten und der Innenarchitekt Oliver Faber, beide Bochum, haben die Idee entwickelt. Alle drei Beteiligten zeichnet der Wettbewerb 2011 mit einem 3. Preis aus. Anerkennung – ganz einfach: stimmige Verbindung mit Charakter Die neugotische Kirche, der Kindergarten, das Pfarrhaus – in dieses Bestandsensemble sollte sich der Neubau des Pfarrheims St. Maximin in Dillingen-Pachten (Saarland) einfügen. Dies gelang – mit einem sachlichen Baukörper und einer Fassadengestaltung, die sich so einfach wie selbstverständlich in die Farbumgebung einordnet. Die Putzflächen des kubischen Gebäudes sind in einem warmen Grauton gehalten. So diskret wie ungewöhnlich ist die Oberflächenmaterialität: Ein Modellierputz, der mit einem „Besenstrich“ aufgebracht wurde, unterstützt mit seiner horizontalen Strukturierung den hohen gestalterischen Anspruch. „Bei diesem Objekt wurde die richtige Sprache gefunden“, kommentiert die Jury und vergibt eine Anerkennung – an das Büro berwanger: architektur aus St. Wendel. Kategorie: Historische Gebäude und Stilfassaden 1. Preis – Westfälisch Grün in der Oberpfalz Schlicht und ergreifend – so könnte man das Ergebnis der Neugestaltung und energetischen Sanierung eines Dreifamilienhauses im oberpfälzischen Neumarkt nennen. Das Gebäude, das um 1910 erbaut wurde, erhielt dabei den im 2. Weltkrieg zerstörten Schmuckgiebel zurück. In aufwendiger Handarbeit wurden seine Verzierungen rekonstruiert. Die Farbigkeit der Fassade wurde aufgrund historischer Überlieferungen gewählt. Dass dabei nur drei Farben für eine überzeugende Gestaltung genügen, unterstreicht die Qualität damals wie heute. Der leicht erdige Farbton der Fassade spielt die tragende Rolle. Wie auf einer Leinwand können so die Fenster im Farbton „Westfälisch Grün“ zusammen mit den Schlagläden im selben Farbton ihre Wirkung als schmückende Elemente entfalten. Hell abgesetzte Stuck-Zierprofile am Erker und dem oberen Abschluss des Ziergiebels sowie die hellen Fensterumrahmungen bilden einen zusätzlichen gestalterischen Akzent. Genauso wie die Beschichtung der Fassade mit Modellierputz, die die Handschrift des Verarbeiters deutlich erkennen lässt und so die Fläche belebt. Die hervorragende Gesamtleistung dieser Arbeit zeichnete die Jury des Deutschen Fassadenpreises mit dem 1. Preis in der Kategorie Historische Gebäude und Stilfassaden aus. Malermeister Markus Königsberger aus Trautmannshofen und das Architekturbüro Knychalla & Team aus Neumarkt sind die würdigen Preisträger. 2. Preis – feines Schmuckstück in der Ortsmitte Zwei Mal wurde das Pfarrhaus in der badischen Gemeinde Hemsbach, erbaut um 1725, grundlegend renoviert. Doch auch bei der letzten Modernisierung im Jahr 1980 wurde der Außenansicht wenig Beachtung geschenkt. Entsprechend befand sich die markante Fassade mit Mansardendach und Schindelschild in einem desolaten Zustand, als man sich 2008 für eine Gesamtrenovierung entschied. Das Gebäude liegt inmitten des alten Ortskerns an der Hauptgeschäftsstraße, und so sollte dieses Mal auch eine stimmige Farbfassung das Pfarrhaus aus seinem optischen Dornröschenschlaf wecken. Der ausführende Malerbetrieb, das Malerteam Knoth aus Hemsbach, gestaltete die Fassade reizvoll mit wenigen Farbtönen und klug eingesetzten Kontrasten von roten und komplementären grünen Farbtönen sowie weißen Fenstern. Vollends zum Blickfang wird die Fassade durch das Schindelschild des ersten Geschosses. Dieses prägende Element ist mit leicht glänzender, patinagrüner Lackfarbe beschichtet, dessen Farbe sich auf den Schlagläden wiederfindet. Das Rot des Daches taucht in den Fensterumrahmungen im Erdgeschoss und in der Abgrenzung des Sockels wieder auf. Der freundliche Beige-Farbton der Putzflächen verleiht zusammen mit dem Anthrazit des Sockels dem Gebäude eine sichere Gründung für das Farben- und Kontrastspiel. Die Jury sah in dieser Arbeit eine „mit viel Gespür ausgeführte Gestaltung, die das Pfarrhaus wieder in ein unübersehbares Schmuckstück verwandelte“. Die Prämierung, ein 2. Preis, geht an den Malerbetrieb, Malerteam Knoth aus Hemsbach, und die Architekten, Gerhard und Hans-Peter Wolf (Weinheim). 3. Preis – gelungene Eingliederung Bis vor Kurzem war das Institutsgebäude des Katholisch-Theologischen Seminars in Marburg ein unauffälliger Bau in flachen beigen Fassadentönen. Jetzt ist das historische Haus in der Deutschhausstraße ein schönes Beispiel, wie durch aufwendige Restaurationen eine Fassade wieder in das Straßenbild integriert werden kann. Die Neumontage von Stuckapplikationen und Unterteilung der Fassade mit einer Zweifarbigkeit in Weiß und Ziegelrot erwecken den Eindruck, eine Kombination aus Anstrich und Stein zu sein. Dazu wurden nicht nur die Fassade, sondern auch Bauteile wie Fenster und Dachflächen erneuert und dem jetzigen Stil angepasst. „Schlüssig konzipiert, liebevoll und detailliert ausgearbeitet“, fasst die Jury zusammen. Der 3. Preis würdigt damit die Teamleistung aus Idee und handwerklichem Können des Malerbetriebs Farben Schütz aus Marburg und von AIS Architekten aus Kassel. Anerkennung – schlichte Stimmigkeit Es braucht nicht die Vielzahl von Farbtönen und Farbnuancen, um eine wohl getaktete Gestaltung einer an Schmuck- und Dekorelementen reichen Fassade zu erzielen: Das beweist das historische Mehrfamilien- und Geschäftshaus in Berlin, das mit einer Anerkennung ausgezeichnet wurde. Denn: Das Eckgebäude kommt mit dem Minimum an farblichen Gestaltungsprinzipien aus. Der Sockel und die Hälfte des ersten Geschosses sind dunkelgrau vom Rest der hellgrauen Fassade abgesetzt. So entsteht eine verlängerte Basis, die dem hohen Gebäude einen sicheren Stand verleiht. Die stilprägenden Elemente der Fassade wie Gesimse, Gurte und Bänder wurden weiß gefasst. Insgesamt hinterlässt das Gebäude den Eindruck einer selbstbewussten Präsenz, ohne dabei seinen Fassadenschmuck durch übertriebenen Farbeinsatz aufdringlich zu Markte zu tragen. „Durch und durch gelungen“, kommentiert die Jury und zeichnet mit der Prämierung die Maler der STG-Bau-Management GmbH zusammen mit dem Architekten Joachim Menzel (beide Berlin) aus. Kategorie: Energieeffiziente Fassadendämmung 1. Preis – Charakter in „Zigelrott“ Auch visuell kraftvoll aufgeladen präsentiert sich das energetisch sanierte Wohngebäude Schenefelder Holt, Baujahr 1964, in Hamburg mit seiner starken Farbaussage. Der hohe Farbsockel in dunkler Sandkalkputzfarbe kontrastiert virtuos mit den aufgehenden Geschossen in Ziegelrot. Hier wird bewusst Bezug genommen auf die Backsteinfassaden, die man seit dem Mittelalter in hanseatischen Städten und von den Farbfassungen der gotischen Kirchen als „Zigelrott“ kennt. Einerseits bindet dieser Farbton das Wohnhaus städtebaulich ein, andererseits ist Rot die lebendigste Individualfarbe überhaupt. Bewusst steigert das Konzept den Ton durch das rote transparente Plexiglas der Balkonbrüstungen, die mit grauen Verblendungen wechselnd Farbkuben bilden. In ihnen begegnet dem Betrachter der Farbklang des Gebäudes scheinbar selbstleuchtend noch einmal in gesteigerter Form. Helle Felder neben und zwischen den Fenstern beleben den Rhythmus ähnlich dem Farbwechsel der Balkone. Das Preisgericht lobt: „Ein zu tausenden gesichtslos erbautes Wohnhaus gewinnt ungemein durch die neue Fassade und wird zur charaktervollen Persönlichkeit“, und vergibt den 1. Preis in der Kategorie Energieeffiziente Fassadendämmung in die Elbestadt: Die Maler der Preusse Baubetriebe für die Ausführung und das Architekturbüro Jedrkowiak für die Planung werden mit dieser Auszeichnung geehrt. 2. Preis – konsequente Transformation Den Startschuss für die umfassende Sanierung des Bürokomplexes in Dresden gab auch hier die mangelhafte Energieeffizienz. Und auch hier wurde die Chance ergriffen, im Zuge einer Wärmedämmung die Fassade mit positiver Fern- und Nahwirkung aufzuwerten. Der Bau besteht aus einem denkmalgeschützten Klinkerbau aus dem 19. Jahrhundert und einem Erweiterungstrakt aus den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts. Am jüngeren Trakt wurden u. a. die Waschbetonfassade entfernt, die Fenster ausgetauscht und die Wandflächen mit WDVS gedämmt. Die Aufgabe, den Erweiterungsbau harmonisch an den Altbau anzupassen, übernahm die Farbfassung. Als Fassadengrundfarbe wurde dabei das Schieferanthrazit vom Dach des Altbaus übernommen. Die Klinkerfarben Ziegelrot und Rotorange tauchen in den vertikalen Farbstreifen der Fensterbänder des sanierten Gebäudes wieder auf und harmonisieren die strenge Fensteraufteilung des ursprünglichen Zustands. Somit spiegelt sich nach der Sanierung die Farbigkeit des denkmalgeschützten Klinkergebäudes erheblich prägnanter im Erweiterungsbau wider. „Mithilfe eines transformativen Farbkonzeptes konnte die Gesamtwirkung des historisch stets zusammengehörenden Ensembles vorbildhaft wiederhergestellt werden“, begründet die Jury diesen 2. Preis. Entgegennehmen können die Auszeichnung der Malerfachbetrieb City Painter aus Ottendorf-Okrilla und die Dresdner SHP Architekten. 3. Preis – kreativer Eyecatcher Der Mut zu neuen, kreativen Wegen in der Fassadengestaltung und das besondere Gespür für den Umgang mit Farbe sind Stärken, die der Deutsche Fassadenpreis traditionell belohnt: im Fall eines Wohn- und Geschäftshauses in Bad Wörishofen mit einem 3. Preis. Hier gesellen sich zur energetischen Sanierung von zwei unterschiedlichen, zweigeschossigen Gebäuden spannende künstlerische Akzente auf der Fassade – eine ornamentale und grafisch-kreisförmige Gestaltung. Die Arabeske wurde nachts mit einem Beamer an die Fassade projiziert, und die Außenlinien nachgezeichnet; tagsüber erfolgte die helle Ausmalung des Ornaments auf dem anthrazitgrauen Grundanstrich. Die Schwierigkeit bei den Kreisen lag an der Ermittlung der Kreismittelpunkte, die zum Teil außerhalb der Fassade mit Leitern und Gerüsten freiliegend festgelegt werden mussten. Die Kreise sind in verschiedenen Grauabstufungen überlagernd erstellt und bieten als Ganzes eine harmonische Kombination von Farbe und Form auf der eher schlichten Lochfassade des Baus. Insgesamt ein stilsicherer Blickfang, den der Malereibetrieb Firma Fischer als Ausweis ihres Könnens am eigenen Gebäude verwirklicht hat – und dafür als Preisträger beim Wettbewerb 2011 mit dabei ist. Anerkennung – geradliniges Konzept Noch ein Hamburger Projekt überzeugte die Jury: Ein Wohngebäude der Schiffszimmerer Genossenschaft in der Fockenweide wurde nach der energetischen Aufwertung mit einem Wärmedämm-Verbundsystem optisch ansprechend neu gestaltet. Hier ist es die Kombination aus Putz- und Klinkerriemchenfassade, die einnehmend wirkt – und die vielen Feinheiten der Gestaltung. So ist die graue Sockelfläche mit glatten Bossen akzentuiert. Den Übergang zur lebhaften Klinkerfläche bildet eine senkrecht gestellte Klinkerreihe. Und auch bei den schneeweißen Fensterlaibungen und den – den Ton des Sockels aufnehmenden – grauen Balkonen ist die Handschrift eines überlegten Farbentwurfs ablesbar. Die Jury verleiht eine Anerkennung: dem Architekturbüro ASK Hassenstein + Pfadt (Hamburg) für das geradlinige Konzept und für die handwerklich ansprechende Ausführung den Malern. Sie kamen wieder von Preusse Bautriebe. Somit schafften die Hamburger Handwerksprofis in der aktuellen Ausschreibung einen zweiten Sprung auf das Treppchen. Förderpreise Trompe l’œil im Mega-Format Eine illusionistische Wandmalerei, die ihre Gebäudeleinwand perfekt einbezieht: Der Hingucker an der Stirnseite dieses Plattenbaus am Berliner Platz in Schwerin lässt einen quasi hinter die Fassade dieser Wohnanlage schauen. Dabei nimmt die überdimensionale, in Acrylfarben ausgeführte Bibliothek für die Regalböden die vorgegebene Gliederung der Betonplatten auf. Die Bücher selbst sind nicht nach Farben oder Autoren, sondern nach Fachgebieten sortiert. Die realistische Wirkung wird u. a. durch Gefäße und Buntstifte noch unterstrichen. Außerdem erinnert ein Post-it daran, beim nächsten Einkauf Milch und Brot nicht zu vergessen. Eine den Standort aufwertende Idee, eine bemerkenswerte Umsetzung – den Machern dieser Großwandkunst, der Berliner Agentur GRACO Urbane Lebensraumgestaltung, verleiht die Jury einen Förderpreis. Gebaute Performance „Wandel durch Kultur“ war das Motto des Ruhrgebiets als Kulturhauptstadt Europas 2010. Im Sinne eines temporären Kunstobjektes wurden in der Möllerstraße in Dortmund vom holländischen Designer Gilian Schrofer sieben leerstehende Arbeiterwohnungen äußerst farbig zu Gastunterkünften umgestaltet – eine Ode an die lange Design-Tradition der Niederlande vom Modernismus bis zur Gegenwart. Außen schrien die grauen Fassaden geradezu nach Farbe. Gilian Schrofer, dessen erstes deutsches Wort „bunt“ war, machte die Fassadenlösung zur Performance: Eine patchworkartige Bemalung aus Farbresten entstand, die die Gliederung der Betonplatten aufnimmt. Der ausführende Betrieb, Malermeister Michael Kiwall aus Dortmund, erhielt vom holländischen Designer lediglich die Anweisung, niemals zweimal dieselbe Farbe nebeneinander zu streichen – und sich ansonsten an die zufällige Reihenfolge zu halten, die die Gebindeentladung aus dem LKW vorgab. Ein plakatives Experiment – das die Jury des Deutschen Fassadenpreises mit einem Förderpreis für künstlerische Umsetzungen an das Team von Michael Kiwall bedachte. Kreatives Lernumfeld Ein weiterer Förderpreis geht ins badische Lahr. Hier verlangte das in den 1960er-Jahren erbaute Hauptgebäude des Max-Planck-Gymnasiums für die inzwischen offene Ganztagsschule eine neue Farbgestaltung. Sie sollte über die Funktionalität hinaus eine kreative Atmosphäre für den Aufenthalt der Schüler und Lehrer bieten. Im ehemaligen Innenhof hatten die Architekten vom städtischen Hochbauamt die Chance, dem Gymnasium die erforderlichen Räume und farblich neu gestalteten Flächen zu geben. Die Strategie des Bauteams, dem auch Pädagogen und Schüler angehörten, war, dem Bestandsbau bewusst farbige Kontrastpunkte entgegenzusetzen: ein magisches Violett, ein leuchtendes Gelb, ein tiefes Rot, ein kreatives Blau und ein lebendiges Grün. Die einzelnen Farbtöne wurden unter farbpsychologischen Aspekten für diesen kreativen Ort ausgewählt. Mit ihrer lebhaften Farbigkeit kommunizieren die drei massiven Baukörper jetzt eine offene, freundliche und stimmungsvolle Atmosphäre. Der Malerfachbetrieb Wolfgang Müller aus Lahr und die Abteilung Hochbauamt der Stadt Lahr erhalten die Auszeichnung gemeinsam für das visionäre Konzept und die sehenswerte Umsetzung. Jetzt notieren: Der Deutsche Fassadenpreis 2012 kommt Seit zwei Jahrzehnten ist der Deutsche Fassadenpreis ein Gewinn – für die zahlreichen Preisträger und die gesamte Architekturlandschaft im deutschsprachigen Raum. Wohl einzigartig bei diesem Wettbewerb um die farbgestaltete Fassade ist: Er bringt alle am Bau Beteiligten ins Gespräch – Handwerker, Architekten und Bauherren. Ein fruchtbarer Dialog, denn er fördert letztlich ein gemeinsames Anliegen: Wohnquartiere und Industriegebiete, öffentliche Räume und Einkaufsstraßen lebenswerter zu machen. Gespannt ist man bei Brillux schon jetzt, welche wegweisenden Farbkonzepte sich beim 21. Deutschen Fassadenpreis miteinander messen werden. Ab Januar 2012 können die Teilnahmeunterlagen dort angefordert werden: per Fax an +49 (0)251 7188-439 oder per E-Mail unter [email protected]. Alle Informationen und eine reich bebilderte Rückschau auf die Preisträgerobjekte seit 2000 hält die Wettbewerbs-Website www.fassadenpreis.de bereit. Ansprechpartner für die Presse: Nina Gravermann Telefon: +49 (0)251 7188-759 [email protected] Brillux GmbH & Co. KG Weseler Straße 401 48163 Münster Telefax: +49 (0)251 7188-439 www.brillux.de